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Auguste, genannt Gusti, ist seit über 30 Jahren meine beste Freundin. Ein liebenswerter Mensch aber zuweilen eine Chaotin. Ihr sind deswegen schon die witzigsten Dinge passiert. Von einer besonders lustigen Begebenheit will ich hier erzählen.

Dazu muss man wissen, dass sie nicht gerade die beste Hausfrau, die man sich vorstellen kann, ist. Aber mit dem Entsorgen von unnützem Zeugs nimmt sie es immer sehr genau. Ob es Reklame, alte Zeitungen oder der Mist ist, irgendwelche alte Hosen, Röcke oder Schuhe sind, ständig rennt sie zum Müllplatz um sich dessen zu entledigen. Wir sind Nachbarinnen in einer großen Siedlung am Stadtrand, wo für all diese Sachen Container stehen und darauf warten befüllt zu werden.

Es war Valentinstag - Tag der Liebenden. Natürlich verwöhnt man sich da gegenseitig mit großen oder kleinen Geschenken und so bekam auch Gusti von ihrem Liebsten Geschenkgutscheine in beachtlicher Höhe. Tja der Liebste! Leider ein verheirateter Mann, der sich nie und nimmer von seiner Frau trennen würde. Aber damit hat sich Gusti schon längst abgefunden…

Es war wieder mal so ein „Entsorgungstag“ und am Nachmittag lud sie mich, was oft vor kommt, auf ein Kaffeetratscherl ein. „Schau mal, was ich von Alex zum Valentinstag bekommen habe.“ Sie wurde schnell ganz hektisch, rannte durch die Wohnung, suchte und suchte, aber fand das gesuchte Geschenk nicht. „Aber das kann doch nicht wahr sein, wo ist das Kuvert? Ich bilde mir ein, dass es eben noch auf dem Vorzimmerschrank lag!“ rief sie. Ich hatte schon eine leise Ahnung, was jetzt kommen würde…

„Sag, ich hab dich doch vormittags beim Mistbunker gesehen. Kann es nicht sein, dass das Kuvert irrtümlich zu den Zeitungen gerutscht ist und jetzt im Container liegt?“ So schnell konnte ich gar nicht schauen und sie war bei der Tür draußen. Nach einigen Minuten kam sie keuchend in den 3. Stock gelaufen. „Ich komm nicht zu den Zeitungen, ich brauch eine Leiter." Schnappte sich diese und weg war sie.

Ich wartete und wartete … Es vergingen 10 Minuten, 20 Minuten, aber sie tauchte nicht auf. Da dachte ich, dass sie vielleicht wieder mal irgendjemand zum Quatschen (was sie auch leidenschaftlich gern tat) gefunden hatte. Dann dauerte es mir aber doch zu lang, ich wurde schön langsam unruhig und ich machte mich auf den Weg zu den Con- tainern.

Die Türe zum Mistbunker war sperrangelweit offen, ich konnte ein Stück von der umgefallenen Leiter sehen und hörte ein leises Schluchzen. Als ich eintrat sah ich sie zuerst gar nicht, doch plötzlich ragte ein blondes Haar- büschel aus dem Papiercontainer. Gusti versuchte verzweifelt und völlig aufgelöst aus dem riesigen Ding wieder herauszukommen. Zu ihrem Pech war der Container erst kürzlich geleert worden und so war es ihr mit ihren 1,60 m und ihrer Unsportlichkeit nicht möglich, aus diesem „Gefängnis“ zu entkommen.

Ich konnte mich vor lachen kaum halten, stellte die Leiter auf und half ihr heraus. „Beim Reinkraxeln hab’ ich die blöde Leiter umgestoßen. Soviel ich mich auch bemühte, ich kam allein nicht raus und ausgerechnet jetzt war kein Mensch war weit und breit zu sehen“, sagte sie und wischte sich die Tränen ab. „Aber schau mal, ich hab’s gefunden!“ Sie zog das vermisste Kuvert triumphierend aus ihrem Hosensack.

Die ganze Aufregung hatte sich also gelohnt und bei einer Flasche Sekt haben wir dann noch den ganzen Abend herzlich über das seltsame Missgeschick gelacht.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.03.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meiner besten Freundin Gusti gewidmet

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