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GONNNNNNGGG – „Zur .............. Straße. Ein verletzter Schwan!“ Heute waren die Alarmdurchsagen wieder besonders laut. Sechs Beinpaare setzten sich in Bewegung und liefen zur Fahrzeughalle.

Ein Schwan. Verletzt. Na Klar!

Feuerwehrleute fühlen sich oft ein wenig unterfordert, wenn es um die Tierrettung geht. Nicht dass man mit der leidenden Kreatur kein Mitleid hätte oder so was. Aber oft muss man sich auch mit intensiv besorgten Mitbürgern auseinandersetzen. Man hat manchmal den Eindruck, als ob die Leute für Tiere erheblich viel mehr Mitleid und Besorgnis aufbringen als für – womöglich fremde - Menschen. Manche/r MitbürgerIn äußert sich sogar unverhohlen in dieser Richtung. Aber gut. Fahren wir also an diesem schönen Winter Sonntagnachmittag zum Schwäneretten.

Die Straße in die wir einbiegen ist ziemlich eng und zugeparkt. Parallel dazu fließt, in eine ordentliche Rinne einbetoniert, das Schwabinger Bächl. Wir erkennen eine ältliche Frau im Wintermantel, pralle Plastiktüten in der einen Hand, auf dem Gehsteig zwischen Straße und Bächl. Der Meister steigt aus. „Haben Sie die Feuerwehr alarmiert? – Ja? – Wo ist denn der verletzte Schwan?“ Wir steigen aus und gehen über den Gehsteig, über einen schmalen, verschneiten Rasenstreifen zum Betonufer des Schwabinger Bächls. Zwischen den beiden Betonufern schwimmt ein Schwan. „Dem fehlt ja gar nichts!“ „Doch ...“ wird uns erwidert. „Der ist absolut krank. Normalerweise schwimmt er auf dem Olympiasee mit seiner Freundin herum.“ „Sie kennen den Schwan wohl persönlich“ versuche ich zu scherzen. „Ja, selbstverständlich. Ich kenne alle Schwäne hier.“ Eine tief ernste Antwort. Sie öffnet vor unseren Augen die Plastiktüten und erläutert uns deren Inhalt. Da ist nicht etwa nur einfaches Vogelfutter drinnen. Umständlich werden wir in Kenntnis gesetzt, wie man optimales Schwanen- und sonstiges Futter artgerecht, vitaminbedacht zusammenstellt und wie eine verantwortliche Vogelfütterung auszusehen habe.

Aha!

Die richtige Reaktion unseres Meisters wäre gewesen: „Geben Sie mir mal bitte ihre Adresse. Der Schwan ist offensichtlich gesund. Wenn Sie noch einmal wegen diesem Schwan anrufen bekommen Sie eine Anzeige wegen Missbrauch einer Notrufnummer. Auf Wiedersehen.“ Aber man will ja freundlich sein. Erst einmal eingehen auf die engagierte Mitbürgerin, guten Willen zeigen.

„Holts die Steckleiter herunter und das Netz.“ Wir holen also die vierteilige Steckleiter vom Dach des HLF herunter. Zwei Teile zusammengesteckt sind so lang, dass wir sie quer über den Bach legen können. Ich streife mir eine Schwimmweste über (Vorschrift), nehme das Tierfangnetz und klettere auf die Steckleiter. Der Schwan sieht mir mit unergründlichem Blick zu. Er macht allerdings keinerlei Anstalten, auf mich zuzuschwimmen um sich „retten“ zu lassen. Er hält einen gewissen Sicherheitsabstand ein. Meine Kollegen bemühen sich vom Ufer aus das Tier mit wilden Gesten in meine Richtung zu treiben. Ich mache mich dazu bereit, ihm im richtigen Augenblick das Netz überzuwerfen. Der Schwan durchschaut jedoch das durchsichtige Manöver und hält nun nicht nur zu mir sondern auch zu den beiden Betonufern des Schwabinger Bächls einen Sicherheitsabstand ein. Wir geben es auf. „O.K. Bevor noch einer ins Wasser fällt, packts wieder zusammen.“

Das sieht die Schwanenfreundin völlig anders. Inzwischen sind noch zwei Freundinnen von ihr eingetroffen. Gemeinsam fallen sie zeternd über unseren Meister her, wilden Hühnern nicht unähnlich die sich um einen Wurm raufen. Unser Meister – ein gutmütiger – versucht den Damen die Beweggründe für seine Entscheidung auseinanderzusetzen. Er diskutiert, rechtfertigt sich, bittet um Verständnis. Wir packen die Steckleiter zusammen und verstauen sie wieder auf dem Dach des Fahrzeugs. Unser Meister ist umstellt. Von allen Seiten wird aufgeregt auf ihn eingestikuliert. Der Tonfall wird schriller. Von „Zur Zeitung gehen“ ist die Rede und von mangelndem Engagement dem armen Tier gegenüber. Die Feuerwehr als Ganzes wird in Frage gestellt. Während ich die Schwimmweste wieder ausziehe denke ich mir, das ist dem Schwan gegenüber eigentlich auch nicht gerecht, ihn aus seiner Sonntagsruhe aufzuscheuchen wegen der Verbohrtheit einer einsamen ältlichen Frau.

Unser Meister diskutiert immer noch. Wir warten. Jetzt könnte er eigentlich einmal Schluss machen, damit wir wieder heimkommen. Aber die Tierfreundinnen denken gar nicht daran, ihre Beute wieder aus den Fängen zu lassen. Endlich kämpft er sich frei und stapft, angesäuert, wieder auf unser Auto zu, aggressives Gezeter im Schlepptau. Erst die zuschlagende Tür dämpft den Klangteppich. Wir setzen uns ab. Aus den Fenstern sehen wir noch, wie der Schwan, dem es wohl zu unruhig geworden war, aus dem Wasser aufsteigt um sich ein ruhigeres Plätzchen zu suchen.

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Tag der Veröffentlichung: 09.11.2008

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