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Achterbahn der Gefühle

„Mamutschka? Es ist mal wieder so weit. Unser Mutter-Tochter-Tag steht bevor. Hast du eine Idee, was abgeht kommendes Wochenende?“

Eher gelangweilt saß mir meine fast 20jährige Tochter Manola beim Abendbrot in unserer gemeinsamen Küche gegenüber. Ihre unergründlich dunklen Augen schauten durch mich hindurch. Sie gefiel mir gar nicht, mein kleines Mädchen. Kleines Mädchen? Leider schon lange nicht mehr, sie war zu einer jungen Frau gereift. Studierte Medizin und hatte große Pläne für ihre Zukunft. Aber sie würde immer mein kleines Mädchen bleiben, da war ich mir sicher. Und heilfroh über unsere Mutter-Tochter-Tage, die wir so eingerichtet hatten, dass diese vierteljährlich - immer am ersten Samstag - stattfinden konnten. Und diesen Monat war es wieder so weit und ich hoffte, sie vielleicht ablenken zu können. Momentan hatte Manola schlimmen Liebeskummer und ich litt als Mutter mit. Tobi, mit dem sie ein knappes Jahr zusammen war, verließ sie von heute auf morgen für ein anderes Mädchen. Er hatte seine jetzige Freundin – ganz klassisch – auf seiner neuen Arbeitsstelle kennen gelernt. Dagegen war kein Kraut gewachsen und Manolo machtlos, das war ihr mit ihren knapp 20 Jahren schon klar. Also hatte sie gar nicht erst versucht, um Tobi zu kämpfen. Dafür war sie ohnehin viel zu stolz. Da kam sie ganz nach ihrem spanischen Vater. Alejandro war ein Vollblutspanier und der Stolz in Person. Das war nur einer der Gründe für unsere Scheidung vor ein paar Jahren: Sein verdammter Stolz! Leider hatte Manola ihn zum Teil geerbt, was mitunter zu Schwierigkeiten führen konnte. Viele Leute, die meine Tochter nicht kannten, hielten sie deshalb für arrogant oder unsensibel. Aber das war meiner Tochter im Gegensatz zu mir schlicht egal. Ihre fast schwarzen Locken und die schönen, dunkelbraunen Augen entschädigten für alles. Wirklich für alles? Aus meiner kleinen Manola war eine wunderschöne, junge Dame geworden.

Nach der Scheidung zogen wir in dieses kleine Kaff hier, das sich Friedland nennt. Auch bekannt unter „Tor zur Freiheit“. Alejandro war ziemlich schnell mit seiner Geliebten, mit der ich ihn in flagranti erwischt hatte, zurück nach Spanien gegangen. Er liebte mich zwar damals noch, aber sein Stolz verbot ihm, um mich zu kämpfen und so reichte ich einige Monate später die Scheidung ein. Dass seine Geliebte nur die Nummer 2 war, tröstete mich nicht wirklich, auch wenn meine beste Freundin Alice mir das einreden wollte. Mir war lediglich wichtig, dass meine Tochter bei mir leben wollen würde. Glücklicherweise entschied sie sich so und mein Herzenswunsch wurde erfüllt. Dafür verbrachte Manola die Semesterferien immer bei ihrem Vater, was ihr sehr gefiel. So konnte sie kostenlosen Urlaub auf einer schönen Insel machen und gleichzeitig Zeit mit Alejandro verbringen. Für mich war das in Ordnung, denn auch seine Affäre änderte nichts daran, dass er immer ihr Vater bleiben würde. Die ersten Monate nach seinem Fehltritt war Manola sehr wütend und enttäuscht von Alejandro, weil wir keine Familie im klassischen Sinne mehr waren, aber nach und nach verstand sie, dass wir beide immer ihre Eltern bleiben würden, egal was passiert war. Alles in Allem hatten meine Tochter und ich ein gutes Leben miteinander.

Vor ein paar Tagen fand ich im Internet einen Artikel, dass sich ab kommendes Wochenende ein Langzeit-Rummel in Friedland einnisten würde. Manola liebte den Jahrmarkt, schon seit sie ein kleines Kind war. Wir hatten mehr Zeit auf der Kirmes verbracht, als auf Spielplätzen. Also schlug ich ihr einen ausgiebigen Besuch auf dem neuen Jahrmarkt vor. Manola sprang auf, riss ihre Teetasse dabei um, was sie völlig unbeeindruckt ließ, hechtete zu mir rüber und drückte mich an sich.

„Gebongt Mamutschka! Da gehen wir am Samstag hin!“ Ihre Augen strahlten. „Endlich mal wieder eine Kirmes sehen und erleben! Der Wahnsinn!“

Meine Tochter war völlig aus dem Häuschen, rannte nach oben in ihr Zimmer und suchte schon mal ein passendes Outfit für dieses Highlight raus. Sorgfältig hängte sie ihr 'kleines Schwarzes' an einem Bügel vor ihr Dachfenster. Ich entfernte die Reste ihres Früchtee's und legte mir ebenfalls etwas schickes zum anziehen raus. Meine Wahl traf auf mein momentanes Lieblingsstück: Ein dunkelblauer, ärmelloser Jumpsuit mit einem hübschen V-Ausschnitt und dazu glänzend weiße High Heels, die mich größer wirken ließen, als ich bin.

Ehe wir uns versahen, war der große Tag da. Manola trug ihr elegantes, schwarzes Etuikleid und dazu passende Sandalen mit hohem Absatz, was zur Folge hatte, dass sie mich um ein paar Zentimeter überragte. Sie sah einfach hinreißend aus und es gab mir einen Stich ins Herzerl. Aus meinem kleinen Mädchen war unweigerlich eine schöne, junge Dame geworden. Damit musste ich mich abfinden, je eher je besser. Und dennoch, etwas gab mir Hoffnung, dass wir noch ein paar schöne Jahre zusammen haben würden: Hand in Hand, wie früher, spazierten wir über den riesigen Rummelplatz und ich genoss dieses Gefühl der unbeschwerten Zusammengehörigkeit total. Wir staunten über allerlei neues Fahrgeschäft, welches wir noch nie vorher gesehen hatten und probierten fast alles aus. Manola und ich hatten einen Heidenspaß, bis wir dann vor der imposanten Achterbahn standen. Denn da gab es ein Problem: Sie war mit einem Looping ausgestattet. Davor hatte ich nämlich einen Heidenrespekt.

„Na, darf ich die hübschen Schwestern zu einer Achterbahnfahrt einladen?“ tönte eine dunkle Stimme hinter uns auf. Manola drehte sich um und prustete ungeniert los.  Ich hingegen wurde rot wie eine Tomate, das fühlte ich ganz deutlich. Leider. Vor einigen Monaten hatte ich meinen 40. Geburtstag gefeiert und der Typ, der zugegebenermaßen sehr attraktiv war, dachte allen Ernstes, wir seien Schwestern? Verkehrte Welt. Nun gut, ich wurde immer rund 10 Jahre jünger geschätzt, aber Schwestern war definitiv mehr als geschmeichelt.

„Da werden Sie wohl mit meiner Tochter Vorlieb nehmen müssen“, sagte ich, nachdem ich mich wieder gefangen hatte, „ich habe vorerst genug im Himmel gesurft.“

Erst lachte er, aber dann sah er mich ungläubig an:

„Tochter? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen!“ Sein Blick glitt anerkennend an mir herauf und wieder herunter. Ja, ich hielt mich mit Sport und gesunder Ernährung einigermaßen fit und das sah man(n) wohl auch.

„Ich bin übrigens Adrian“, stellte er sich vor und reichte erst mir und dann meiner Tochter die Hand.

„Ich bin Manola und meine Mutter heißt Sonja“, machte meine Tochter die Vorstellungsrunde komplett und ließ währenddessen Adrians Hand gar nicht erst los, sondern zog ihn einfach mit sich an die Kasse der Achterbahn des Todes. Auf die gefährlichsten Dinger traute ich mich, nur nicht auf eine Achterbahn mit Looping. Keine Ahnung, warum mir das Angst machte, ich nahm es einfach als gegeben hin. Adrian warf mir einen entschuldigenden Blick zu, besorgte 2 Chips an der Kasse und machte es sich dann neben meiner kleinen Manola in einem der Höllenwagen bequem.

'Sie ist nicht mehr deine kleine Manola!' mahnte eine Stimme in meinem Kopf.

>>Halt die Klappe, sie wird immer mein kleines Mädchen bleiben, egal wie alt sie ist!<< schnitt ich meinem anderen Ich das Wort ab und konzentrierte mich nun auf die rasante Fahrt der beiden. Mir blieb jedes mal die Luft weg, wenn Manola und Adrian durch die Luftschleife rasten. Wow, die beiden hatten echt Mumm in den Knochen! Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie wohlbehalten wieder bei mir am Boden standen. Manola strahlte, Adrian gefiel ihr offensichtlich.

„Womit könnte ich Ihnen denn eine Freude machen?“ wandte er sich nun an mich.

„Ich weiß!“ mischte sich meine Tochter ein, „wir gehen zum Schießstand und du versuchst, Rosen für uns zu treffen!“

Wieder nahm sie einfach seine Hand und zog ihn mit sich. Gegen die Power meines Mädchens kam er nicht an und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass er sich ungern von ihr entführen ließ. Leider traf Adrian nur eine Rose und stand nun blöd da. Sein Blick glitt zwischen Manola und mir hin und her. Fieberhaft suchte er nach einer Entscheidung, die ich ihm dann abnahm:

„Es heißt ja: Alter vor Schönheit, aber in diesem Falle lasse ich der Jugend den Vortritt.“

Strahlend nahm meine Tochter die Rose entgegen und wich von nun an nicht mehr von Adrians Seite. Aber auch mir gefiel der Südländer. Er mochte ungefähr Mitte 30 sein und deshalb fand ich ihn für Manola eigentlich zu alt und für mich fast schon zu jung. Meiner Tochter und unserer neuen Bekanntschaft war das allerdings schlichtweg egal. Wir tranken einen Kaffee zusammen an einer dieser Fressbuden und unterhielten uns ein wenig. Adrian erzählte, dass er hier nur einen Zwischenstopp machte, um einen geschichtlichen Artikel über „Das Tor zur Freiheit“ zu schreiben. Er war Journalist. Manola langweilte unser Gespräch und so erzählte sie Adrian, dass sie studierte und verwickelte ihn in einen Smalltalk. Mir hingegen fiel nach einiger Zeit ein junger, hübscher Mann auf, der uns schon seit längerem beobachtete. Ich konnte ihn gut verstehen, meine Tochter war nun mal eine schöne, junge Frau und heute sah sie erst recht umwerfend aus. Zaghaft näherte sich seine Gestalt, bis er fast an unserem Tisch war. Schüchtern lächelte er und ich nickte ihm aufmunternd zu. Er steckte in verwaschenen Jeans und einem weißen Shirt, auf dem in schwarzen Lettern „Sorry, perhaps tomorrow...“ stand. Das brachte mich zum Schmunzeln. Irgendwie witzig und mal etwas anderes als das Normale. Seine blonden Haare waren zu einem Undercut frisiert und das stand ihm ziemlich gut. Freche, grüne Augen musterten mich neugierig.

„Darf ich mich vielleicht dazu gesellen?“ fragte er etwas schüchtern und fuhr durch seine Haare.

„Sorry, vielleicht morgen“, feixte ich und schlug ihn mit seinem eigenen Shirt-Motto. Er lachte und zog nun auch die Aufmerksamkeit von Manola und Adrian auf sich.

„Klar!“ bestimmte meine Tochter kurzerhand, „ich nehme einen Milchkaffee ohne Zucker!“

Jetzt war ich ehrlich platt. Sie war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass er sie einladen wollte. Überrumpelt von ihrer forschen Art bestellte er einfach 4 Milchkaffee, wovon er mir den ersten gab, ihr den zweiten und Adrian den dritten. Was war denn heute bloß mit meiner Tochter los? Spielten ihre Hormone verrückt? Am liebsten hätte ich mich verkrochen, weil mir ihre merkwürdige Art langsam ein wenig unangenehm wurde.

„Beim nächsten Rummelbesuch werde ich definitiv ein anderes Shirt tragen!“ sagte der junge Bursche an mich gewandt und unterbrach damit meine Gedanken.

„Warum denn? Mir gefällt's!“ entgegnete ich lachend.

Er schaute in die Runde und stellte sich uns als Ragnar vor. Interessanter Name, das erklärte den nordischen Touch, den er ausstrahlte. Ich fragte mich, wie weit er wohl von der 30 noch entfernt war. Manola war da wesentlich forscher als ich und fragte die beiden Männer einfach nach ihrem Alter. Und so erfuhren wir, dass Ragnar ein 29jähriger Student und Adrian reife 36 Jahre alt war. In meinen Augen waren die Herren zu alt für Manola und zu jung für mich, wenn auch beide nicht nur sympathisch, sondern auch sehr intelligent wirkten. Meine Tochter jedoch war offenbar von beiden ziemlich angetan, obgleich die Herren unterschiedlicher nicht hätten sein können vom Typ her. Südländer vs. Nordboy!

Ich hingegen wurde immer stiller und fungierte eher als Zuhörer. Doch irgendwann nahm mich plötzlich jemand an die Hand und zog mich einfach mit sich.

„Ich entführe deine Mutter mal kurz für eine kleine Fahrt auf der Herzbahn!“ rief Ragnar meiner Tochter zu und schleppte mich zur berühmten Raupenbahn mit den Herzen und dem Verdeck, das sich in regelmäßigen Abständen über die Wagen legte. Jetzt war ich perplex und aufgeregt zugleich. Seine Hand in meiner fühlte sich gut an und trotzdem zog ich sie zurück. Er war doch viel zu jung! Warum hatte er nicht Manola entführt? Als wir dann kurz später ganz dicht nebeneinander in einem der Wagen saßen, bekam ich furchtbares Herzklopfen und sicher wieder einen roten Kopf. Ragnar war plötzlich gar nicht mehr schüchtern, denn er legte seinen Arm um mich. Und nicht nur das, in der nächsten dunklen Phase küsste er mich einfach. Dieser freche Kerl! Dummerweise gefiel es mir auch noch. Dennoch stieß ich ihn von mir weg. Und gab ihm reflexartig eine schallende Ohrfeige. Ragnar rieb sich seine Wange und schaute so verwirrt drein, dass es mir gleich wieder leid tat. Weiß der Geier, welcher Teufel mich da geritten hatte, aber in der nächsten Dunkelphase zog ich ihn einfach zu mir heran und küsste ihn meinerseits. Der attraktive Nordboy drückte mich eng an sich und schob seine Zunge in meine Mundhöhle, um sie zu erkunden. Und plötzlich fühlte ich mich in die Neunziger zurück versetzt und wie ein verliebter Teenie. Gott, war das aufregend und auch erregend, wie mir mein Unterleib samt kleiner Perle zuflüsterte. Wir verlängerten noch um eine Fahrt und als wir ausstiegen, sah ich direkt in das zornige Gesicht meiner Tochter. Was war denn jetzt los? Hatte ich etwas verbrochen? Ich errötete erneut, weil ich mich ertappt fühlte, obwohl niemand unseren heimlichen, zärtlichen Kuss hatte sehen können. Manola nahm meine Hand und zog mich ein Stück weg von den Männern.

„Du bist voll peinlich, Mamutschka!“ raunzte sie mich an, „Ragnar ist doch viel zu jung für dich!“

Ich war völlig perplex. Davon abgesehen war mir auch so klar, dass ich 11 Jahre älter war als der attraktive Nordmann und deshalb völlig unnötig von meinem Fräulein Tochter, mich daran zu erinnern.

„Mano, du bist meine Tochter und ich liebe dich, aber ich erlaube dir nicht, so mit mir zu sprechen! Und wenn wir schon beim Thema sind: Peinlich ist mir dein bisheriger Auftritt auch!“ stellte ich klar. Manola verschränkte die Arme vor der Brust und ich wusste, jetzt würde es zickig werden.

„Ich unterbreche euch ja nur ungern, aber ich würde jetzt auch gern mal mit deiner hübschen Mum die Herzbahn besteigen“, beendete Adrian unseren Zwist.

„Dein Ernst?“ fragte Manola verblüfft, als könnte sie nicht glauben, dass das andere Geschlecht sich noch für mich interessierte. Seit wann war meine Tochter denn so spießig?

„Manoschatz, ich will ja nicht sagen, dass du verklemmt bist“, flüsterte ich ihr ins Ohr, „aber: Wenn man dir einen Klumpen Kohle in dein Hinterteil drückt, hat man nach 2 Wochen einen Diamanten.“

Sprachlos starrte sie mich an und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Den Spruch hatte ich in einem Film gehört und fand ihn an dieser Stelle einfach passend. Meine Tochter wohl weniger, aber diesen Denkzettel hatte sie verdient. Ich schnappte mir Adrians Hand und drehte auch mit ihm eine Runde in der berüchtigten Raupenbahn. Er aber blieb brav und versuchte nicht, mir näher zu kommen oder mich zu küssen. Eigentlich schade, denn ich hätte schon gern gewusst, ob er auch so gut schmeckte wie Ragnar, der eine Mischung aus Minze und Kirsche in meinem Mund hinterlassen hatte. Das kam wohl durch den Kaugummi, den er bis vor der Fahrt gekaut hatte. Adrian war ein vollendeter Gentleman, der mir aus dem Wagen half und mich die 5 Metallstufen nach unten auf den Boden zurück führte. Bevor er mich wieder den anderen überließ, hauchte er mir noch einen Kuss links und rechts auf meine Wangen. Dann wandte er sich an meine Tochter: „Darf ich bitten, Gnädigste?“ „Na klar!“ rief Manola verzückt, strahlte Adrian an und ließ sich von ihm in einen der Wagen geleiten. Während er es sich neben ihr gemütlich machte, warf sie mir einen Blick zu, der mehr sagte als tausend Worte. Sie war eifersüchtig! Im Gegensatz zu Ragnar, der das alles ganz gelassen sah, machte Manola scheinbar aus diesem bisher eigentlich schönen Nachmittag einen Konkurrenzkampf.

„Und wir zwei? Hast du Lust auf ein Glas Wein?“ fragte Ragnar und erlöste mich somit aus meinen destruktiven Gedanken. „Gern“, lächelte ich und nickte. Wieder legte er seine Hand in meine und wir spazierten zu einem Weinstand. 'Manola ist kein Kind mehr, sie wird schon klar kommen', wischte meine innere Stimme meine aufkeimende Sorge fort. Wir nahmen einen lieblichen Merlot, der ungemein süffig war und ich aufpassen musste, bei dem warmen Wetter keinen Schwips zu bekommen. Beim dritten Glas steckten meine Bedenken in einem Safe auf dem Meeresgrund und unsere Köpfe so nah beieinander, dass nichts mehr zwischen uns passte. Ragnar war mittlerweile aufgetaut und überhaupt nicht mehr schüchtern. Sein Arm ruhte auf meiner Taille, während er mir obszöne Dinge ins Ohr flüsterte und ich kicherte wie ein Schulmädchen. Seit der Scheidung von Alejandro hatte ich mich nur noch auf meine Tochter konzentriert und Männer gar nicht mehr wahrgenommen. Das rächte sich jetzt in Form von Hitzewellen und einem feuchten Schritt!

„Was geht denn hier ab?“ fragte eine Stimme, zugleich zickig und zornig. Das konnte nur mein kleines Mädchen sein. Lachend drehte ich mich zu ihr um: „Das siehst du doch, Mano. Ragnar und ich gönnen uns einen herrlichen Merlot.“

Argwöhnisch schaute Adrian uns an. „Na, das waren aber doch eher zwei oder drei Gläser Wein“, stellte er fest und klang irgendwie beleidigt.

„Na und?“ fragte ich frech, „das ist doch Ragnars und meine Sache!“

Ohne jede Vorwarnung reckte sich Manola und drückte ihre Lippen auf Adrians Mund. Der wich im ersten Moment erst einmal erschreckt zurück und wehrte meine Tochter ab. Als er dann bemerkte, dass ich meinen Kopf wieder auf Ragnars Schulter legte und seine Nähe suchte, fasste er plötzlich mein forsches Töchterlein bei den Hüften und zog sie zu sich heran. Mein Magen drehte sich herum bei dem Anblick. Er hätte doch ihr Vater sein können! Aber hatte ich das Recht, darüber zu urteilen? Sie war erwachsen und ich durfte mich da nicht einmischen. Ich selbst fühlte mich ja auch zu einem Mann hingezogen, der 11 Jahre jünger war als ich und den ich schon im verborgenen Dunkeln der Raupenbahn geküsst hatte. Also verdrängte ich erneut die Stimmungsvernichtenden Gedanken und tat es ihr gleich. Gab mich Ragnar völlig hin und ließ mich leidenschaftlich von ihm küssen. Wir vier gaben sicherlich ein merkwürdiges Bild ab, vielleicht dachten manche sogar, wir hätten einen Partnertausch veranstaltet.

„Ach du Scheisse! Nola? Bist du das?“ polterte eine mir vertraute, männliche Stimme ins feuchtfröhliche Geschehen und wir vier stoben ertappt auseinander. Ohnehin gab es nur einen Menschen auf der Welt, der meine Tochter Nola nannte. Ihr Exfreund Tobi! Und genau der starrte uns gerade ungläubig an. Dieser Samstag war genau so erlesen wie der leckere Merlot, dessen Geschmack noch auf meiner Zunge perlte. Und er würde wohl in die Geschichte eingehen, da war ich mir sicher. Manola war tatsächlich rot geworden, weil Tobi sie mit Adrian erwischt hatte. So konsterniert hatte ich sie selten erlebt, meine Kleine. Sie stammelte vor sich hin, aber plötzlich schrie sie: „Was willst du eigentlich, Tobi? Du hast mich verlassen, also lass mich in Ruhe und verzieh dich!“

„Und der Opa ist jetzt dein Neuer?“ blaffte ihr Exfreund zurück und zeigte auf Adrian, dem das gar nicht gefiel. War Tobi etwa eifersüchtig? So langsam kannte ich mich gar nicht mehr aus. Was für ein Tag! Was für ein Abend! Es dämmerte mittlerweile. Adrian trat drohend auf Tobi zu und ich stellte mich gerade noch zwischen die beiden und konnte Schlimmeres verhindern. Manolas "Neuer" wollte doch nicht wirklich ihren Exfreund schlagen, hoffte ich zumindest. 

"Ihr beide führt jetzt mal ein erwachsenes Gespräch unter vier Augen", sagte ich an meine Tochter und ihren Exfreund gewandt. Dann drehte ich mich zu Adrian: "Und du brauchst dringend eine Abkühlung!" Der wollte protestieren, merkte aber dann wohl doch, dass er sowohl bei meiner Tochter als auch mir aus dem Rennen war. Fluchend entfernte er sich und mir wurde schlagartig klar, was in Manola vorging. Ihr Verhalten war ein einziger Aufschrei ihres Selbstwertgefühls, an dem die Trennung von Tobi ganz arg genagt hatte. Die Tatsache, dass er sie für ein anderes Mädchen verlassen hatte, setzte ihr so sehr zu, dass sie sogar mit mir in einen Konkurrenzkampf verfiel. Ich nahm mir vor, das später mit ihr zu klären, denn hier und jetzt war das Gespräch zwischen den beiden wichtig. Und Ragnar und mein innerer Vulkan! Er hatte mich mit seinen heißen Küssen ziemlich in Wallung gebracht. Und nun hatte ich Lust auf mehr bekommen, zwischen meinen Schenkeln brodelte pure Lava. Der attraktive Nordboy hatte ein Feuer der Leidenschaft in mir entfacht und dieses Gefühl brachte mich fast um den Verstand. Hatte der Ex meiner Tochter uns nun gestört oder mich gerettet? Ich wusste es nicht und es wurde mir mehr und mehr egal. Diesmal ergriff ich Ragnars Hand und zog ihn mit in das angrenzende Wäldchen hinein. Fernab der Besucher des Jahrmarktes ließ ich meiner Begierde freien Lauf. Der Vulkan in meiner Körpermitte drohte mich zu verbrennen und Ragnar war mein Retter. Wir entledigten uns der störenden Klamotten und stürzten uns aufeinander wie hungrige Wölfe. Das war Leidenschaft pur. Erst in dem Moment stellte ich fest, wie ausgehungert ich tatsächlich war und Ragnar buchstäblich zu meiner Beute wurde. Unsere Körper brannten vor Verlangen und wir begannen sofort zu schwitzen, als wir uns gegeneinander pressten. Ragnars Hände waren gefühlt überall gleichzeitig. An meinem Rücken, runter bis zum Po, auf meinen Brüsten, die er liebevoll knetete und abwechselnd an meinen Knospen saugte. Auf meinem flachen Bauch, der den Weg zu meiner brodelnden Lava ebnete. Er hatte wahrlich magische Hände, die lustvolle Laute aus meiner trockenen Kehle zauberte und in der Dämmerung des Waldes verhallten. Danach tat ich es ihm gleich und erkundete seinen knackigen Körper mit meinen Händen, meinen Lippen und meiner Zunge. Seine Brustwarzen waren besonders empfindlich, denn er stöhne leise auf, als ich sie sanft mit meinen Fingern zwirbelte und mit meiner Zunge darüber fuhr. Dann umschloss ich sie mit meinen Lippen und saugte zärtlich an seinen Nippeln, was dazu führte, dass seine Eichel flüssige Vorfreude absonderte, die ich umgehend ebenfalls mit meiner Zunge auffangen musste. Wäre doch schade um die kostbaren Lusttropfen gewesen. Ragnar jedoch machte das ganz verrückt und meine Lust auf den Nordboy wuchs ins Unermessliche. Ich erkannte mich kaum wieder, so wild und leidenschaftlich war ich lange nicht mehr. Und Ragnar genoss das in vollen Zügen. Während wir uns küssten, verschlangen wir uns ineinander. Seine harte Männlichkeit verharrte vor dem Eingang meines heißes Paradieses. Ich war mehr als positiv überrascht, dass mein junger Gespiele in Sachen Sex den reiferen Herren in nichts nachstand. Er brachte mich nicht nur schier um den Verstand, sondern auch zu einem gigantomanischen Orgasmus und ich flehte ihn förmlich an, endlich in mein Paradies zu stoßen. Das tat er dann auch und liebte mich in den Himmel. Erschöpft sanken wir danach nebeneinander auf die warme Erde des Waldes.

 

Sechs wunderbare Monate später...

 

Meine Tochter und Tobi haben nach einigen klärenden Gesprächen und Treffen wieder zueinander gefunden und wohnen mittlerweile zusammen. Unsere Mutter-Tochter-Tage finden jetzt einmal im Monat statt. Mal unternehmen wir etwas allein und manchmal zu viert. Ragnar ist bei mir eingezogen, weil ich mehr Platz habe als er in seiner kleinen Studentenbude. Komische Blicke und Bermerkungen wird es immer geben, aber so lange wir zusammenhalten, kann uns nichts trennen.

 

ENDE

 

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Texte: Alle Rechte bei der Autorin
Cover: google
Tag der Veröffentlichung: 04.08.2019

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