„Ist das nicht eine tolle Party?“ Mira strahlte übers ganze Gesicht. „Danke, dass du mich endlich mal mitgenommen hast, Peggy!“ Sie zog an ihrem Halm, der aus einem Cocktail zwischen ihre Lippen ragte. „Das werde ich dir nie vergessen!“
Die blonde Peggy lachte nur, drehte sich um und mischte sich unter die Leute. Verträumt verfolgte die schüchterne Mira das Geschehen. Ihre beste Freundin war so schön, einfach viel attraktiver als sie selbst. Ihr schien alles in den Schoß zu fallen und die Männer scharrten sich um sie, wie die Motten um das Licht. Blaue Augen, blonde Wallenmähne, roter Kussmund und eine wahnsinnig gute Figur, das war Peggy. Sie hatte einfach so ein verdammtes Glück!
Mira war das genaue Gegenteil von ihr: kurze, dunkle Haare, die sie zu einer frechen Frisur gestylt trug und ein wenig moppelig, weil sie einfach zu gern aß und besonders groß war sie auch nicht. Ihre dunklen Augen allerdings, die von dichten, schwarzen Wimpern umrahmt waren, die mochte sie recht gern.
„Träumst du wieder, kleine Pummelfee?“ Diese Stimme erkannte Mira unter tausenden, denn sie gehörte Alexander, dem neuen Freund ihrer besten Freundin. Er mochte sie nicht und ließ Mira das bei jeder sich bietenden Gelegenheit spüren. Alexander sah in Miras Glas und verzog das Gesicht.
„Darin schwimmen mindestens 1000 Kalorien, so etwas solltest du dir echt verkneifen, Darling“, sagte er mit einem Blick auf ihre Rundungen und nahm ihr den Cocktail frech aus der Hand.
„Sag mal, geht’s noch, du unsensibler Honk?“
Mira war so sauer, dass sie Alexander spontan den Cocktail aus der Hand riss und ihm den Inhalt in sein aalglatt rasiertes Gesicht schüttete. Der Cocktail färbte sein eben noch weißes Hemd bunt. Über sich selbst erschrocken, hielt sie sich die Hand vor den offenen Mund und starrte auf das Desaster vor ihr. Damit hatte sie Alexander so richtig wütend gemacht.
„Du saublöde Bitch! Das Hemd ist von Armani, das wirst du mir ersetzen und wenn es dich dein gesamtes Monatsgehalt kosten wird!“
Mira fand langsam ihre Sprache wieder und die Wut hatte sie erneut gepackt.
„Diesen albernen Fetzen werde ich dir sicherlich nicht ersetzen!“
Damit drehte sie sich um, bestellte einen neuen Cocktail und ließ ihn einfach stehen. Mira hasste Alexander vom ersten Augenblick an. Denn schon bei ihrer ersten Begegnung hatte er sich benommen wie die Axt im Walde. Es war quasi Hass auf den ersten Blick zwischen ihnen beiden. Sie hatte ihm damals nur aus Rücksicht auf Peggy seine Unverschämtheiten durchgehen lassen. Peggy konnte ihn zwar schnell ausbremsen, aber seitdem ließ er keine Gelegenheit aus, sie zu triezen, wenn er sie allein erwischte. So wie jetzt, auf der Weihnachtsfeier, die Peggys Chef jedes Jahr gab. Jeder Mitarbeiter durfte zwei Personen mitbringen. Und Peggy hatte sich von ihrer besten Freundin endlich weichklopfen lassen, dass sie sie nur einmal mit zur legendären Weihnachtsparty mitnimmt. Zudem wollte sie unbedingt einen so tollen Chef kennenlernen und wartete gespannt auf diese Gelegenheit, denn bisher hatte sich noch nichts getan.
„Dein Ernst, Mira?“ flötete eine saure Stimme kurz später neben ihr. Peggy! Er hatte also gepetzt, dieser Blödmann! Mira mochte nicht, wenn ihre beste Freundin sauer auf sie war, das gab ihr ein schlechtes Gefühl. Also entschuldigte sie sich brav bei Peggy und schwor, sich nie wieder von Alexander provozieren zu lassen. „Du kennst ihn doch, Herzchen, er ist nun mal ehrlich.“
„Ehrlich? Verletzend würde es doch wohl eher treffen“, wollte Mira Peggy entgegen schleudern, aber nichts dergleichen kam über ihre Lippen. Feingefühl war weder Peggys, noch Alexanders Stärke und je mehr Mira darüber nachdachte, desto mehr wollte sie weg von den beiden. Das wurde ihr erst jetzt, in diesem Moment, so richtig bewusst. Die beiden passten wirklich hervorragend zusammen! Es war ja nicht so, dass sie nicht noch andere Freundinnen hatte, aber mit Peggy verband sie mehr, als mit jedem anderen Menschen auf diesem Planeten. Trotzdem! Ab sofort wollte Mira sich nicht mehr alles gefallen lassen. Entschlossen hob sie ihr Glas vor einem großen Spiegel, schaute mit festem Blick auf ihr Spiegelbild und sagte laut:
„Auf den einzigen Menschen, auf den ich mich bisher wirklich verlassen konnte. Prost Mira!“
Ein lautes Klatschen erschreckte sie und Miras Cocktail glitt erneut aus ihren Händen.
„So ein Mist, schon zum zweiten Mal geht mein Drink heute flöten!“ schimpfte sie, „der Barkeeper muss ja glauben, ich saufe wie ein Loch.“ Ein herzliches Lachen ließ Mira herumfahren und dann sah sie ihn. Den frechen Kerl, der wohl gerade seinen Applaus abgegeben hatte für ihre kleine Rede. Groß, blond, breitschultrig und himmelblaue Augen, in denen sie gerade versank.
„Ich bin der Nikolaus“, stellte er sich artig vor. Mira musste unwillkürlich lachen. „Hast du denn auch deine Rute dabei? Ich war heute nämlich sehr unartig!“
Wo kam denn plötzlich diese Schlagfertigkeit her? So kannte Mira sich gar nicht, das musste wohl am Alkohol liegen. Hatten etwa die Prozente ihre Schüchternheit einfach fortgespült?
„Nicht sehr einfallsreich, oder?“ kam es von ihm nur knapp zurück, „für seinen Namen kann man nichts. Wenn man blöd ist, sieht die Sache schon anders aus.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust. War der jetzt etwa beleidigt?
„Tut...tut mir leid, aber die Vorlage war einfach zu verlockend.“ Mira lächelte entschuldigend und lief rot an. „Aber wahrscheinlich haben Sie das schon gefühlt tausend Mal gehört, nicht wahr?“
Er ging einen Schritt näher an Mira heran und sah ihr tief in ihre schönen, dunklen Augen. Berauscht vom Alkohol kam sie seinem Mund näher und näher und schloss ihre Augen.
„Echt schade, echt richtig schade...ich dachte, Sie wären anders.“
Damit drehte er sich um und ließ sie einfach stehen. Zeigte ihr frech die kalte Schulter, nachdem er sie doch irgendwie angemacht hatte, oder nicht? Damit hatte sie nicht gerechnet. Nun stand Mira da wie ein begossener Pudel. Sie war wirklich dem Irrtum unterlegen, dass der Nikolaus sie küssen wollte. Natürlich wollte er das nicht, sie war nun mal keine Peggy, sondern nur eine dusselige Pummelfee. Ihr Gesicht wurde für einen Moment traurig, doch dann straffte sie die Schultern und blickte fest in ihr Spiegelbild. Trübsal blasen kam heute nicht in Frage, also holte Mira sich einen neuen Drink, leerte ihn in einem Zug und begab sich auf die Tanzfläche. Zum ersten Mal in ihrem Leben ging sie freiwillig und alleine auf eine solche. Leider spielte der DJ in dem Moment einen langsamen Song und den konnte man wahrlich schwer alleine tanzen, doch Mira tat es trotzdem. Zudem es sich um ihren liebsten Song zur Weihnachtszeit handelte: Last Christmas. Sie schloss ihre Augen und gab sich einfach den lieblichen Klängen hin. Wiegte ihren Körper zur Musik hin und her, ganz geschmeidig und ließ ihre Hüften kreisen. Ihr war nicht bewusst, wie erotisch sie dabei aussah, denn mehrere Augenpaare beobachteten sie bei ihrer Session lustvoll. Doch dann zuckte sie zusammen, als sich plötzlich zwei Arme um ihre Taille legten und sie beim Tanzen führten. Ihr Besitzer schmiegte sich eng an Mira und sie genoss diesen Augenblick mit jeder Faser ihres Körpers.
„Bist ja doch a lecker Madl“, flüsterte eine männliche Stimme erregt in ihr Ohr und ließ sie erschauern. Aber sie wollte das gar nicht schön finden, denn es war die Stimme, die sie unter tausenden sofort erkennen würde: Alexanders!
Sie fuhr herum und befreite sich aus seinem Klammergriff. Zugegeben, nur sehr ungern, aber das ging doch nicht! Das durfte sie nicht und er auch nicht! Offenbar sehnte sie sich nach Zärtlichkeit, das lag bestimmt an der Weihnachtszeit. Aber doch nicht mit Alexander. Niemals! Und wo war eigentlich Peggy? Stattdessen stand mit einem Mal dieser Nikolaus neben ihr und sah sie schmunzelnd an. Was war das bloß für ein Abend?
„Was fällt dir ein, Alex? Bist du von allen guten Geistern verlassen?“ fragte Mira entgeistert.
Plötzlich war es ganz still geworden und alle starrten auf die junge Frau und das Geschehen.
„Was ist denn hier los?“ polterte Peggy, die endlich wieder aufgetaucht war. Wo hatte sie bloß die ganze Zeit gesteckt?
„Wieso bitte macht sich dein Freund an mich ran, Peg?“
Miras beste Freundin prustete los und traf damit direkt in Miras ohnehin schon schweres Herz. „Das musst du geträumt haben! Im Leben nicht! Schau mal mich an und dann wirf einen Blick in den Spiegel. Dann fällt dir wohl selbst auf, dass das niemals passieren würde!“
Alle Augenpaare waren auf sie gerichtet und sämtliche Nerven schienen zum Zerreißen gespannt. Jetzt wandelte sich Miras Schmerz in Wut und ihr platzte der Kragen. Sie schaute in die Runde und sagte:
„Heute ist der dritte Advent und nicht der 'Ich benehme mich wie die Axt im Walde - Tag'! Was ist nur los mit euch?“
„Na, ich schätze mal, die haben am Nikolausmorgen einen leeren Stiefel vorgefunden und sich deshalb selbst in welche verwandelt. In Stinkstiefel allerdings!“ Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge. Niemand wagte auch nur zu atmen, nur Mira lachte los und drehte sich zu der Person, die diese geniale Erklärung vorgebracht hatte. Es war Peggys Chef höchstpersönlich, der mit diesem Fazit die Firmenweihnachtssfeier offiziell für beendet erklärte. Tatsächlich komplimentierte er alle raus, außer Mira. Denn sie war ihm sofort aufgefallen. Zum einen wegen ihrer natürlichen Ausstrahlung und zum anderen faszinierte ihn ihre direkte, ehrliche Art. Mira hatte Till Mölling bisher noch nicht kennengelernt und war dementsprechend überrascht. Auch über sein Handeln, das ihr sehr imponierte.
"Wollen wir noch etwas trinken gehen?" fragte Nikolaus auf dem Weg zur Tür und erntete einen erstaunten Blick von Mira. Doch statt einer Antwort lachte sie nur und drehte sich weg. Kalte Schulter konnte sie auch! Die anderen Gäste verließen teils schimpfend, teils verständnisvoll und teils überrascht, aber in jedem Falle nur widerwillig die schöne Villa vorzeitig. Denn nun konnten sie dieses Jahr nicht die alljährliche Tombola spielen, die das Highlight um Mitternacht bildete und sehr beliebt bei Möllings Angestellten war. Denn der Hauptgewinn hatte es in sich: Ein Wochenende in einer Romantikhütte für zwei Personen, die der Chef höchstpersönlich spendierte.
„Man muss seine Angestellten stets bei Laune halten“, so seine Devise und er konnte sich das leisten. Entsprechend verärgert hatten einige Leute reagiert, weil es dieses Jahr nichts zu holen gab. Das würden sie sicher an der schönen Peggy auslassen, aber das war Mira momentan eher egal. Sie war auch kein Unschuldslamm. Mölling blieb gelassen, bis auch der letzte Gast sein Haus verlassen hatte. Als Mira und Till alleine im Flur standen, zeigte dieser plötzlich wortlos nach oben. Miras dunkle Augen folgten seinem Finger und sie erblickten einen Mistelzweig. Schelmisch grinste er sie an und wartete auf ihre Zustimmung. Mira nickte und Till Mölling näherte sich ihren roten Lippen. Es war nur ein ganz zartes Küsschen, eher ein unbeholfener Hauch eines Kusses. Er räusperte sich, fuhr durch sein Haar und ging dann in die große Inselküche. Dort holte er zwei Gläser Wein, reichte ihr eines davon, setzte sich auf das bequeme Sofa und zeigte auf den Platz neben sich. Nur zu gern folgte Mira seiner Einladung. Aus dem Kamin gegenüber knisterte es wohlig. Dann stellte er sich erst einmal vor, bot Mira das Du an und stieß klirrend gegen ihr Weinglas. Sie war sofort hin und weg gewesen von seiner charmanten und vor allem humorvollen Art, die Leute zurechtzustutzen. Und schon bald wagte er einen Vorstoß, indem er eine Hand auf Miras Arm legte um dann nur mit den Fingern über ihre nackte Haut zu streichen, bis er schlussendlich auf ihrem Oberschenkel verharrte. Er ließ sie dabei nicht aus den Augen. Miras Körper schien wie elektrisiert, sie spürte ein Kribbeln, überall. Es durchzuckte sie wie ein Blitz und so ließ sie es geschehen. Till Mölling war ein wenig älter als sie, aber trotz seiner leicht ergrauten Schläfen sehr attraktiv. Daher wehrte sie sich auch nicht, als seine Hand forsch zwischen ihren Schenkeln verschwand und sich nach ihrer Erregung erkundete. Mira wusste genau, wie feucht sie war, denn ihr Slip klebte an ihren Schamlippen. Vielleicht weinte ihre Grotte aber auch einfach voller Vorfreude. Auf das, was sie in dieser Adventssnacht noch alles erwartete. Der Chef ihrer doch nicht ganz so besten Freundin nahm sich, was er begehrte. Er musste Mira auch nicht groß fragen, er sah das Verlangen in ihren Augen und spürte ihre Leidenschaft. Mira hingegen nahm sich vor, ihrer sogenannten besten Freundin die nächste Zeit erstmal die kalte Schulter zu zeigen.
Diese Feier aber würde wohl keiner der Beteiligten jemals vergessen, so viel stand fest.
ENDE
Texte: Alle Rechte bei der Autorin
Bildmaterialien: google
Tag der Veröffentlichung: 05.12.2018
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Mein überarbeiteter Beitrag zum Erotik-WB 2022