Cover

Rendezvous der Puppen

Antonia hatte so gar keine Lust auf ihren Geburtstag. Denn es würde tatsächlich schon wieder ein runder werden. Die letzten zehn Jahre waren wie im Flug vergangen.

Schon seit Tagen lag diese Spannung in der Luft, ihr schwante, dass ihre Freunde sich etwas Besonderes für sie ausdachten.

Ständig steckten Maja, Vicki und Tony die Köpfe zusammen und tuschelten, um dann regelrecht auseinander zu fahren, sobald Antonia dazu kam. Sie hasste es jetzt schon, ohne zu wissen, was sie erwartete.

Am liebsten würde sie ihren Dreißigsten irgendwo alleine verbringen.

Ohne Menschen, Lärm, Heuchelei und ohne ihre manchmal nervenden Freunde.

 

In letzter Zeit war sie nur noch gestresst, von allem und jedem. Ihr Job machte ihr keinen Spaß mehr und die meiste Zeit verkroch sie sich in ihrem kleinen Appartement am Stadtrand von Hamburg.

Antonia wohnte noch nicht wirklich lange in diesem Viertel und fühlte sich auch bisher alles andere als heimisch dort. Obwohl ihr kleines Heim in Blankenese sehr schön und idyllisch lag.

 

Im nahen Treppenviertel schmiegten sich imposante Stadtvillen an die Hänge des Elbufers und stellten mit ihren weißen Fassaden und dem vielen Grün eine absolute Besonderheit dar.

Dazu trugen auch die knapp fünftausend Stufen bei, die die Einheimischen, Touristen oder Urlauber durch das Viertel führten.

 

Antonias Lieblingsort jedoch war seit einigen Wochen das Puppenmuseum Falkenstein.

Diese imposante weiße Villa hatte sie durch Zufall bei einem Spaziergang mit einer Freundin entdeckt und war sofort begeistert. Ganz im Gegensatz zu Maja, die dem nichts abgewinnen konnte.

Seit diesem einen Sonntag im April war sie jede Woche im Museum zu finden.

Dort fühlte sie sich wohl, dort lebte sie ihre Fantasien einer heilen Welt aus.

Eine Welt, die sie selbst so nie hatte.

Eine Welt, in der sie gern gelebt hätte…

 

Das Museum bot nicht nur einen nostalgischen Blick auf verspielte Miniaturwelten, sondern auch originalgetreue Abbilder der Wohnkultur aus vergangenen Epochen. Ebenso erinnerten die Puppen mit ihrem an alte Zeiten angelehntem Aussehen an früher.

 

Antonia war jeden Sonntag immer wieder auf‘s Neue fasziniert von diesen kleinen Welten.

Verträumt starrte sie in Ankleidezimmer, Küchen oder Wohnstuben.

Sie war so versunken, dass vor ihrem inneren Auge die Püppchen und Möbel zum Leben erwachten.

Das waren die Momente, in denen sie alles um sich herum vergaß und nur den Augenblick genoss.

Momente der inneren Ruhe, frei von Zweifeln oder Ängsten.

 

Vorletztes Jahr im Frühling war sie noch glücklich verheiratet, zumindest dachte sie das.

Sie und Jörg hatten sich einige Jahre vorher im Supermarkt kennen gelernt, als er ihr lachend seine Hilfe anbot, weil Antonia beim Versuch, etwas vom obersten Regal zu angeln, einige Lebensmittel aus den unteren Fächern zu Boden riss. Als sich die beiden gleichzeitig bückten, stießen sie mit den Köpfen zusammen und dann musste auch Antonia lachen.

Jörg lud sie daruafhin spontan zum Essen ein. Der Abend im Restaurant verlief sehr harmonisch und so kam Eines zum Anderen. Sie verliebten sich und zogen sehr bald zusammen in eine schöne Wohnung in Hamburg. Ein Jahr später heirateten sie.

Alles lief sehr gut, nur Jörgs sehnlichster Wunsch erfüllte sich nicht. Er wollte unbedingt Kinder und da Antonia nicht schwanger wurde, ließen sich beide untersuchen.

Jedoch lag es nicht an Jörg, sondern an der Unfruchtbarkeit Antonias.

 

Bis zu dieser Untersuchung wusste sie selbst nichts davon und stand erst einmal tagelang unter Schock. War weder ansprechbar, noch in der Lage, vor die Tür oder unter Menschen zu gehen.

Sie zog sich immer mehr zurück.

Es kam wie es kommen musste, Jörg wollte die Scheidung. Nicht allein deshalb, weil er den Kinderwunsch nicht aufgeben wollte, sondern auch, weil er nicht mehr mit Antonias Verhalten klar kam.

Nach einer eher ruhigen Trennung zog sie von der gemeinsamen Eigentumswohnung in Altona in das kleine Appartement nach Blankenese.

Die Scheidung ging zügig über die Bühne, weil der Richter diese tragischen Umstände beiden nicht länger zumuten wollte.

Antonia lebte nun seit einem knappen Jahr alleine und hatte bisher keinen anderen Mann an sich heran gelassen, auch wenn sie hier und da mal jemanden kennen gelernt hatte.

 

Sie fühlte sich nicht mehr als richtige Frau, seit sie von ihrer Unfruchtbarkeit wusste.

Sah sich nur noch als halben Menschen, mit einem toten Unterleib.

 

 

                                       ***

 

Wunderschöne Arbeiten, oder? Unglaublich filigran. Da müssen echte Zauberhände am Werk gewesen sein...“

 

Wieder einmal war es Sonntagmittag und Antonia befand sich in der alten Villa, die das Puppenmuseum beheimatete. Die männliche Stimme, die gerade in ihr Ohr drang, riss sie aus ihren Gedanken und ihrer heilen Welt.

 

Lassen Sie mich in Ruhe...“ sagte sie deshalb leise, aber barsch. Jedoch ohne den Blick von dem Puppenhaus zu wenden, vor dem sie gerade stand.

 

Wer wird denn an so einem herrlich sonnigen Tag schlechte Laune haben?“

 

Haben Sie nicht gehört?“ fuhr sie herum.

Und sah in ein Paar dunkle Augen. Fast schwarz wirkten sie und blickten Antonia durchdringend an. Sie räusperte sich, denn sie fühlte, wie die Schamesröte ihr Gesicht färbte.

Auch das noch, sie war doch kein Teenager mehr!

Antonia hatte den Mann noch nie vorher gesehen und doch kam es ihr so vor, als könnte er direkt in ihre Seele blicken.

Als würde sie nackt vor ihm stehen.

 

Irritiert wandte sie sich wieder den Häusern zu und versuchte beharrlich, den frechen Kerl neben sich zu ignorieren. Schon bald war sie wieder abgetaucht in ihre eigene, kleine und heile Welt.

 

Unglaublich schön, oder? Welches Zimmer ist Ihr liebstes?“ hörte Antonia ihn eine Weile später fragen. Der hatte ja Nerven!

Langsam wurde sie wütend. Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein?

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nun den Rest der Zeit in Ruhe ließen“, entgegnete Antonia genervt und tippte auf ihre Armbanduhr.

Das Museum würde schon bald schließen und sie war meist fast die gesamte Öffnungszeit vor Ort. Ab und zu ging sie in ein nahe gelegenes Café, um sich dort zu stärken und etwas in der Sonne zu sitzen. Sonst wäre sie vermutlich noch blasser, als sie ohnehin schon war.

Antonia fühlte die Augen des Mannes auf sich ruhen. Jedoch wagte sie nicht, ihn anzusehen, hatte regelrecht Angst vor seinem wissenden Blick.

 

Ich habe mir zu Hause mein eigenes Museum gebastelt. Und auch, wenn es nicht im Geringsten mit diesem hier konkurrieren kann, so ist es trotzdem wunderschön. Und es ist meins, ganz alleine meines...“ erzählte der Fremde und seine Stimme bekam einen anderen Klang.

Irgendwie warm und fast zärtlich.

 

Jetzt drehte Antonia sich doch zu ihm und schaute erneut in seine fast schwarzen Augen.

Ihre Neugierde war zwar geweckt, dennoch ließ sie sich nichts anmerken.

 

Schön für Sie“, sagte sie daher knapp und ließ ihn stehen.

 

Einige Minuten später saß sie in ihrem Lieblingscafé im Park, nippte an einem Eiskaffee und hing ihren Gedanken nach, wie so oft.

Als sie sah, wer es sich nur kurz später am Tisch schräg gegenüber gemütlich gemacht hatte, hätte sie sich beinahe verschluckt. Na, der hatte ja Nerven, ihr einfach ins Café zu folgen!

 

Der Mann aus dem Museum hatte sie genau im Blick und lächelte sie freundlich an.

Obwohl sie vorhin so schroff zu ihm gewesen war. Antonia wurde verlegen, rang sich ein Lächeln ab und tat dann so, als würde sie die Zeitung lesen, die auf dem Tisch lag.

Erneut spürte sie seinen durchdringenden Blick auf sich. Es schien, als würden seine Augen in ihre Seele schauen und ihre innere Aufruhr sehen können…

 

Während sie einen Schluck ihres Getränks nahm, nutzte sie die Gelegenheit, ihn zu betrachten. Dunkle, mittellange Haare schmiegten sich um sein Gesicht. Seine Nase war recht groß und die Lippen eher schmal. Seine Statur schlank bis sehnig. Alles in allem recht unauffällig und so gar nicht Antonias Typ.

Es war sein stechend tiefer Blick, der sie nervös machte. Auf der Straße wäre er ihr vermutlich nicht einmal aufgefallen.

Erneut schaute er zu ihr herüber. Sein Blick glitt an ihr hoch und wieder herunter.

Völlig unerwartet überzog plötzlich eine Gänsehaut Antonias Körper. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu!

Seine Augen musterten sie so intensiv, dass ihr heiß wurde. Zudem spürte sie, wie ihre Wangen begannen zu glühen und was sie am meisten irritierte: Auch ihr Unterleib meldete sich mit einem leichten Ziehen zurück ins Leben.

Was zum Teufel stellte der Kerl denn da bloß mit ihr an?

Antonia verstand die Welt nicht mehr.

Seit wann führte ihr Unterleib ein Eigenleben?

Sie entschied immer noch selbst, was sich da unten abspielte!

 

Schnaubend stand sie auf und wollte das Café verlassen. Sein Blick ließ immer noch nicht von ihr ab und sie fuhr erschrocken herum, als die Bedienung sie freundlich daran erinnerte, dass sie noch zahlen müsste. Gott, war das peinlich! Inzwischen war ihr Gesicht wahrscheinlich dunkelrot angelaufen. Fast fluchtartig lief sie nach Hause.

 

Noch Stunden später dachte Antonia an das Erlebnis vom Nachmittag. Ihre Gedanken kreisten so sehr um diesen frechen Kerl, dass sie kein Auge zu bekam und im Gegenteil immer noch erregt war. Dieses Kribbeln wollte einfach nicht verschwinden und irgendwann wanderte ihre Hand wie von selbst unter die Bettdecke in ihren Slip. Ihr Höschen war sogar etwas feucht!

Antonia war nicht wenig schockiert. Aber mehr noch schämte sie sich ihrer Gefühle wegen.

 

Dieser Fremde und seine intensiven Blicke erregten sie offenbar so sehr, dass ihre tot geglaubte Libido zum Leben erweckt wurde.

Als sie sich vorsichtig berührte, ließen ihre Lippen ein zaghaftes Stöhnen in die Dunkelheit, für das sie sich erst noch schämte. Doch bald schon gluckste sie nicht mehr nur leise, sondern keuchte und stöhnte vor Lust. Der ersehnte Höhepunkt ließ nicht sehr lange auf sich warten und Antonia wälzte sich in ihren warmen Laken hin und her.

Es war Monate oder gar Jahre her, dass sie einen Orgasmus erlebte, entsprechend explosiv und intensiv war dieser jetzt.

Sie verspürte sogar einen kleinen Schmerz im Unterleib.

 

Am folgenden Sonntag betrat sie das Puppenmuseum mit einem völlig anderen Gefühl als die Wochen davor. Sie war unglaublich nervös und hoffte, nicht auf den Fremden stoßen zu müssen.

Antonia hatte Angst. Sie glaubte, er würde ihr sofort ansehen, in welches Gefühlschaos er sie gebracht hatte. Das wollte sie nicht, unter keinen Umständen!

 

Auch nach Stunden tauchte er nicht auf und als Antonia im Café einen Cappuccino trank, war dort ebenfalls nichts von ihm zu sehen. So blieb es die für die nächsten zwei Sonntage.

 

Antonia jedoch streichelte sich nun regelmäßig und genoss diesen leichten Schmerz, den der Höhepunkt fast jedes Mal mit sich brachte.

Und langsam wurde sie tatsächlich wieder ruhiger, wenn sie an ihrem Lieblingsort zu Gast war.

 

Wie immer war sie auch dieses Mal so in Gedanken versunken und in ihrer eigenen Welt, dass sie ihn erst gar nicht bemerkte. Als er jedoch so nah an sie herantrat, dass sein Atem ihren Nacken streifte, spürte sie wider Erwarten sofort dieses kribbelige Gefühl im Körper. Ohne ihn zu sehen, wusste sie, dass er es ist. Ihre erhitzten Wangen glühten und unwillkürlich biss sich Antonia vor Aufregung auf die Lippen. Nach außen hin jedoch blieb sie wie versteinert.

Beide sprachen kein Wort.

Antonia hörte ihn nur atmen und hielt selbigen an, als sie plötzlich unvorbereitet seine kühlen Finger in ihrem Nacken spürte. Sie schloss ihre Augen und genoss diesen Moment.

Sanft fuhr er von ihrem Haaransatz über die Wirbelsäule nach unten und hielt dann inne.

 

Nicht aufhören...“ wollte sie sagen, aber kein Wort kam über ihre Lippen.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sie die Augen und drehte sich um.

Doch er war nicht da.

Lediglich eine kleine Familie tummelte sich vor den Puppenhäusern, von ihm keine Spur.

 

Antonia seufzte tief und machte sich dann auf den Weg ins Café. Sie bestellte sich einen Milchkaffee und hoffte. Aber auch nach einer halben Stunde tauchte der Fremde nicht auf.

 

Wer hatte sie im Museum so sanft berührt? Das konnte nur er gewesen sein. Ansonsten hätte ihr Körper nicht derart reagiert. Sie hing noch eine Weile ihren Gedanken nach…

 

Gerade als sie sich auf den Weg machen wollte, nahm er am selben Tisch Platz wie beim ersten Mal. Lässig schlug er die Beine übereinander und lächelte sie wissend an. Antonia wurde es heiß und kalt. Und nicht nur das, ihr Slip klebte an ihren Schamlippen. Sie war schon wieder erregt.

 

Und jetzt? Was sollte sie nun tun? Zu ihm an den Tisch gehen und ihn ansprechen?

Nein, das traute sie sich nicht. Überhaupt, was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein?

Sie einfach anzufassen. Demonstrativ steckte sie die Nase in die Zeitung, die wie immer auf dem Tisch lag. Er spielte mit ihr und das wollte sie auf keinen Fall mitmachen.

Nein, nicht mit ihr.

 

Doch nach einer Weile konnte sie nicht anders und schaute zu seinem Tisch rüber.

Sein Blick ruhte noch immer auf ihr. Antonia fragte sich, wieso er die Distanz hielt und nicht einfach zu ihr an den Tisch kam. Dann stand er plötzlich auf und kam auf sie zu, quälend langsam.

Eine ungekannte Unruhe überfiel die junge Frau, sie begann zu schwitzen und ihre Hände wurden feucht. Instinktiv wischte sie über die Jeans. Jetzt war er fast vor ihr, Antonias Mund glich einer Wüste und sie hätte nie im Leben ein Wort herausbringen können in diesem Moment. Er war so nah, dass sein After Shave in ihre Nase kroch. Der Mann streckte seine Hand aus und berührte ihr Haar, nur ganz leicht. Und doch fuhr eine Art Stromschlag durch Antonias Körper. Automatisch schloss sie die Augen und harrte aus. Krampfhaft behielt sie die Zeitung in der rechten Hand.

Was würde er jetzt tun? Sie einfach küssen oder doch eher ansprechen?

Als jedoch nichts geschah, öffnete sie nach einer gefühlten Ewigkeit ihre Lider.

Und wieder einmal war er einfach fort, wie vom Erboden verschluckt. Antonia konnte es kaum glauben. Was dachte er sich dabei?

Am folgenden Sonntag auch im Museum keine Spur von ihm, er blieb ihr ein absolutes Rätsel.

Vor allem aber wusste sie nicht, warum sie derart auf diesen Kerl reagierte.

 

Einige Sonntage später traf sie ihn wieder. Freundlich lächelte er sie an und Antonias Wut war fast wie weggeblasen. Sie hatte so gehofft, ihn zu sehen. Tatsächlich hatte sich mittlerweile eine kleine Sehnsucht nach ihm eingeschlichen.

Seine schwarzen Augen musterten sie, fast ein wenig schelmisch.

 

Magst du mich mal besuchen und dir mein eigenes, kleines Puppenreich ansehen?

 

Auf eine Art war er Antonia fast ein wenig vertraut geworden und ein Teil von ihr wollte sein Werk unbedingt sehen. Wie ferngesteuert nickte sie ihm zu und als er ihre Hand ergriff, ließ sie es geschehen.

 

Ich bin übrigens Rafael“, stellte er sich endlich vor.

 

Mehr als ein geflüstertes „Antonia“ kam nicht über ihre trockenen Lippen. Ihr Herz hämmerte wie der Bass in einer zu lauten Discothek und schmerzte ein wenig im Brustkorb.

 

Es dauerte nicht sehr lange, bis sie an seiner Wohnungstür angekommen waren.

 

„Bist du sicher, dass du mit rauf willst?“ fragte er und sah Antonia mit einem merkwürdigen Blick an. Sie begann zu frösteln, doch ihre Neugierde auf seine Wohnung und sein kleines Museum war größer als ihre Bedenken. Sie gingen noch durch einen spärlich beleuchteten Innenhof und stiegen drei Etagen nach oben, bevor Antonia endlich im Flur einer kleinen Wohnung stand.

 

Schließe deine Augen!“ befahl er.

 

Sie erschrak etwas über seinen barschen Ton, folgte aber seiner Aufforderung. Er ging kurz weg und stellte sich dann ganz dicht hinter sie. Antonias Lider waren noch immer geschlossen und so spürte sie nur, wie sich etwas Weiches um ihre Augen legte.

 

Sicher ist sicher“, flüsterte er verheißungsvoll an ihrem Ohr.

 

Erneut überzog sich ihr Körper mit einer Gänsehaut.

Nur ein paar Schritte und Augenblicke später brachte er sie zum Stehen und befreite sie sanft von ihrer Augenbinde. Neugierig öffnete sie ihre Augen und was sie dann erblickte, würde sie nie wieder im Leben vergessen. Das war noch tausendmal schöner und intensiver als im Puppenmuseum. Die kleinen Lichter, die die einzelnen Zimmer beleuchteten, erzeugten eine romantische Stimmung.

Wie hypnotisiert starrte sie auf Rafaels kleinen Schatz und als er unerwartet seine Hände um ihre Hüften schlang, schien alles perfekt. Was seine Berührungen, seine Nähe und seine Blicke in ihr auslösten war der pure Wahnsinn für Antonia. Nie gekannte Gefühle nahmen Besitz von ihrem Körper.

 

Während sie noch auf die kleine Welt vor sich schaute, spürte sie Rafaels Atem im Nacken.

 

Ich will dich...“ flüsterte er heiser und streichelte ihre Seiten und ihre Körpermitte, ohne ihre Brüste zu berühren. In diesem Moment wünschte sie sich jedoch genau das: Er sollte endlich ihren Busen liebkosen, mit seiner Zunge, seinen Lippen und den schlanken Händen…

 

Einen Moment noch genoss sie seine Zuwendung, bevor die Neugierde ihre Augen wieder aufgehen ließen.

 

Ihr Blick fing plötzlich etwas ein, das sie verwirrte. Sie entdeckte ein Zimmer, das nicht zu den anderen passte. Es hatte nicht diesen Charme und auch keine kleinen Lämpchen, die es sanft beleuchten. Im Gegenteil wirkte es dunkel, leblos und kühl auf Antonia.

 

Ihr Körper verkrampfte sich unwillkürlich, als sie erkannte, dass es eine Folterkammer darstellte.

Gerade, als sie Rafael danach fragen wollte, packte er sie und warf sie unsanft auf das große Bett, das mitten im Raum stand. Vor lauter Begeisterung war ihr vorher überhaupt nicht aufgefallen, dass dort eines stand. Ein schwarzes Holzbett mit dunklen Laken, Kissen und Decken.

 

So schwarz wie seine Augen, die sie nun begierig anblitzten.

 

Gekonnt schnell hatte er sie an Handgelenken und Füßknöcheln fixiert. Antonia war so geschockt, dass sie alles wehrlos über sich ergehen ließ. Erst, als er ihr erneut die weiche Augenbinde anlegte, realisierte sie die Situation.

Sie war gefangen und ihm willenlos ausgeliefert. Er konnte jetzt mit ihr tun, was er wollte.

Sie versuchte, sich zu befreien, aber je mehr sie an den Bändern zerrte, desto mehr tat es weh.

Angst nistete sich beharrlich in ihre Hirnwindungen und ließ ihren Körper zittern und beben.

Sie schluchzte unaufhörlich. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und erschwerte das Atmen.

 

Pscht...du musst keine Angst haben, meine Schöne...“ wollte er sie beruhigen.

 

Aber es half nicht, die Angst blieb bei Antonia.

Als sie dann jedoch seine kühlen Finger in ihrem Gesicht spürte, fühlte sie noch etwas anderes.

Neugierde.

Wann war zum letzten Mal auf etwas neugierig gewesen?

Sanft wischte er ihre Tränen fort und dann wanderten seine Hände über ihren schlanken Hals weiter nach unten.

 

Ich ziehe dir jetzt die Bluse aus, Antonia...“ klärte er sie auf und machte sich an den Knöpfen dieser zu schaffen. Flink streifte er sie ab, so weit es ging und nun lag sie obenherum nackt vor ihm.

 

Er keuchte schwer, als er entdeckte, dass sie keinen Büstenhalter trug und er ihre kleinen, straffen Brüste entblößt hatte.

Antonias Körper war in heller Aufruhr, es vermischten sich Angst, Neugierde und Erregung.

 

Gierig umfassten seine Hände ihren Busen. Als hätte er schon Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet.

Aber dann hielt er inne.

Nein, nein, nein, das geht so nicht, Rafael...du bist zu schnell...“ flüsterte es plötzlich leise.

 

Antonia horchte auf. War da etwa noch jemand im Raum?

Jedoch traute sie sich nicht etwas zu sagen.

 

Du musst dich beherrschen, Rafael, du musst...du weißt, was sonst passiert….“

 

Antonia lauschte atemlos den gesprochenen Worten.

 

Sie ist zu schade“, hörte sie Rafael zärtlich flüstern.

 

Und dann fühlte sie erneut seine Hände auf ihrem Körper.

Er war so zärtlich...aber mit wem redete er da?

Ihr Herz setzte einen Moment aus, als sich jemand am Hosenbund ihrer Jeans zu schaffen machte.

Würde jetzt ihre Scham freigelegt werden? Ihre intimste Stelle?

 

Nein!“ fand Antonia endlich ihre Stimme wieder.

Nein, bitte nicht...“ flehte sie leise, aber weder konnte sie Rafael überzeugen, noch sich selbst.

Sie war so erregt, dass ihr Höschen bereits feucht war. Und wieder schämte sie sich ihrer Gefühle.

 

Plötzlich hörte sie ein Geräusch, eine Schublade wurde geöffnet und etwas heraus geholt.

 

Ich schneide jetzt deine Jeans auf...“ warnte er Antonia vor, doch sie hob automatisch willig ihr Becken an. Völlig geschockt über ihr eigenes Verhalten hielt sie den Atem an.

Geschickt befreite er sie von der störenden Hose und dem unschuldigen, weißen Slip.

 

Ein Stöhnen entfuhr ihm, als er ihre vor Erregung schimmernde Scham erblickte.

 

Weißt du eigentlich, wie schön du bist, Antonia?“

 

Diese Worte schickten ein ungekanntes, intensives Kribbeln durch ihren gesamten Körper.

 

Antonia war total durch den Wind. Angst, Neugier, Erregung und Scham sorgten gleichzeitig für einen tosenden Sturm in ihrem Inneren. Noch nie hatte sie vergleichbares erlebt.

 

Sie wusste nicht, was sie tun sollte, also verhielt sie sich einfach ruhig. Rafael hatte immerhin irgend eine Waffe in der Hand, eine Schere oder ein Messer, sie hatte das kühle Metall deutlich gespürt, als er ihren Slip damit durchtrennte. Langsam dämmerte ihr, dass Rafael immer noch alleine war, er sprach mit sich selbst...

 

Absurder Weise gefiel ihr, was er mit ihr tat!. Sie verstand sich gerade selbst überhaupt kein Bisschen.

Was war nur mit ihr los?

 

Du bist ein Traum, Antonia...“, flüsterte er fast liebevoll, „ich kann es nicht...ich kann dich nicht töten, so wie all die anderen...“

 

Mit einem Mal war Antonia hellwach und wieder klar bei Verstand. Was hatte er da gerade gesagt?

Er sollte ein Mörder sein?

Also würde sie vielleicht nicht lebend aus dieser Situation heraus kommen?

 

 „Dann tu es nicht, Rafael...“ bat sie ihn ängstlich und sanft zugleich.

 

Sei still!“ befahl er.

 

Du bist die erste, die freiwillig in mein Reich gekommen ist. All die anderen musste ich zwingen oder mit Geld locken...“

Seine Stimme bekam einen traurigen Klang, der Antonia gegen ihren Willen berührte.

 

Liebe wird für mich immer ein Traum bleiben, ich kann sie nicht leben, jedenfalls war es bisher so...“

 

Dann lass es uns zusammen ändern...“ erwiderte Antonia und sie war sich nicht sicher, ob sie das tatsächlich ernst meinte oder nur versuchte, ihr Leben zu retten.

 

 

 

Impressum

Texte: alle Rechte bei der Autorin
Bildmaterialien: Google.de
Tag der Veröffentlichung: 06.06.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Verfasst für den Erotikwettbewerb Mai/Juni 2017 :-))

Nächste Seite
Seite 1 /