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Warum will er mich?
Er fragt nicht. Er kommt einfach und ist da.
Einmal ließ er sich wegschicken. Für 2 Jahre.
Aber dann kam er wieder.
Energischer als zuvor.
Er lässt sich nicht einfach so wegschicken.


Aufstehen.
Warum?
Einfach liegen bleiben.
Den Tag aussperren.
Im Dunkeln bleiben.
Warten.
Warten auf was?
Auf die endgültige Dunkelheit.
Jeden Morgen plagt sie sich mit diesen Gedanken. Schwer wie Blei. Und ihr Körper wird immer leichter.
Komm. Mach schon. Zieh dich hübsch an. Beginne den Tag . Vielleicht wird alles wieder gut.
Auch diese Gedanken hat sie jeden Morgen. Heute will sie es glauben und steht auf. Schaut in den Spiegel und erschrickt vor sich selbst.
Das bin ich?
Sie weiß, dass sie es ist. Aber zum Beweis zupft sie kraftlos an ihrem linken Ohr und sieht dabei seinen Ring an ihrem Finger. Das hätte sie nicht tun sollen. Tränen steigen ihr in die Augen. Sie unterdrückt sie. Das kann sie mittlerweile ganz gut.
Du fehlst mir so.
Tränenerstickt flüstert sie die Worte, als wenn irgendwo im Raum derjenige stehen würde, der ihre Worte hören sollte.
Dabei hast du genau das getan, worum ich dich gebeten habe. Ich wollte, dass du mich verlässt. Ich bin dir dankbar dafür. Ehrlich. Denn so solltest du mich nie sehen. Ich wusste, dass ich das nicht ertragen könnte. Keinen Tag. Ich hasse mich dafür.
Müde schlägt sie ihre Augen nieder und hält sich am Waschbecken fest. Wieder sieht sie den Ring und denkt, dass sie ihn ablegen sollte. Er würde ihr sonst noch vom Finger rutschen.
Nicht heute. Später.
Langsam, ganz bedächtig, fängt sie an sich dezent zu schminken. Eher gedankenverloren, weiß sie doch immer noch nicht, wofür. Plötzlich sieht sie sich lächeln. Darüber muss sie lächeln.
Na also es geht doch. Warum nicht mal wieder roten Lippenstift auflegen?
Sie tut es und stellt fest, dass sie gleich ganz anders aussieht. Wärme breitet sich in ihrem Herzen aus.
Trotzdem fröstelt ihr.
Niedergeschlagen schaut sie aus dem Fenster und sieht, dass es geschneit hat.
Weiß.
Unberührt.
Unschuldig.
Was für eine Pracht.
Gerne hätte sie den Schneeflocken zugeschaut. Ärgerlich wird sie darüber, dass sie den schönen Augenblick der tanzenden Schneeflocken verpasst hat. Einfach verpasst hat. Nur weil sie wieder so kraftlos dagelegen hatte und nicht aufstehen konnte.
Nun schneit es nicht mehr. Ist es vorbei.
Das macht sie mit einem Schlag unglaublich traurig.
Nun kann sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie weint wie ein kleines Kind. Hemmungslos. Sie versucht sich zu beruhigen.
In ein paar Stunden kann es doch schon wieder schneien. Oder Morgen. Aber was wird Morgen sein?
Sie fängt an zu summen. Ein Lied aus ihrer Kinderzeit.
Schneeflöckchen tanze.
Sie weint.
Und summt.
Leise.
Plötzlich soll alles vorbei sein. So schnell. Sie wird all ihre Pläne nicht mehr schaffen. Soviel Traurigkeit auf einmal kann sie kaum ertragen. Sie legt ihre Hände auf ihren Kopf und schließt die Augen. Sie bittet ihn, sie heute in Ruhe zu lassen.
Nur für ein paar Stunden. Das muss doch wohl möglich sein.
Sie fleht ihn an und bedankt sich im Voraus für seine Nachsicht.
Schnell schlüpft sie in ihre Wintersachen, weiß sie doch, dass auf ihn nicht allzu viel Verlass ist.
Dabei sagt man doch immer, dass Krebse rückwärts gehen. Oder wenigstens seitwärts. Aber doch nicht so rasant vorwärts.
Warum legt er für mich nicht den Rückwärtsgang ein?
Schnell muss sie sein.
In allem was sie noch will, muss sie nun immer schnell sein.
Sie weiß es.
Sie spürt es.
Also schnell noch ein mal die Chance ergreifen, um im Schnee spazieren zu gehen.
Es tut ihr unglaublich gut. Sie genießt den Augenblick. Mehr bleibt ihr nicht. Das zu wissen, tut ihr unglaublich weh.

Er hat ihr doch tatsächlich diese kleine Verschnaufpause gegönnt, um die sie ihn gebeten hat. Um so freudiger ist jedoch sein Empfang.
Sie hat ihm gefehlt.

Impressum

Texte: Text alle Rechte beim Autoren
Bildmaterialien: Cover alle Rechte beim Autoren
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich denke an Dich und wünsche Dir viel Kraft. Kämpfe den Kampf. Hoffnungsvoll und mit Zuversicht.

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