Wer während den Corona-Lockdowns einen festen Partner hatte, war sicherlich besser dran und glücklicher als ich. Kein Zustand dauert jedoch ewig und die Covid 19-Beschränkungen waren irgendwann Schnee von gestern. Nun hatte ich mir fest vorgenommen, wieder nach einem Mann und einer festen Partnerschaft Ausschau zu halten.
Eine Freundin zeigte mir, wie Findern funktionierte und sprach mir Mut zu. Ich erstellte ein Profil mit ansprechenden Fotos, stellte es online und war gespannt auf das, was da auf mich zukommen würde. Ob man als Ü60-Frau noch Chancen hatte? Aber sicher doch! Da hatte ich mir ganz unnötige Sorgen gemacht.
Nach einem Jahr, gefühlten 100 Matches, unzähligen Chats und einigen Dates, stellte ich fest, dass die meisten Männer entweder nach einem Pendant suchten, das sie irgendwie zwischen ihre familiären Verpflichtungen und zahlreichen Freizeitaktivitäten einbauen konnten oder nach einer Freundschaft+ strebten. Letzteres bedeutet, dass man Sex hat, aber nicht nur mit einem festen Partner, sondern auch mit weiteren und keiner ist dem Anderen Rechenschaft schuldig. Sollte ich mich darauf einlassen? Ich sehnte mich ja wieder nach Zweisamkeit, Zärtlichkeiten und natürlich auch nach Sex. Von „diesem einen Mann“ hatte ich noch keine genaue Vorstellung. Ich wollte mich überraschen und das Herz sprechen lassen, obwohl es natürlich ein paar absolute No-Gos gab.
Welche interessanten Begegnungen ich hatte und welche Abenteuer ich erlebte, könnt ihr in meinen Memoiren lesen. Ob ich jedoch wirklich zu einem Pendant mutierte, mich auf eine Freundschaft+ eingelassen habe – und in einer dieser Konstellationen glücklich wurde – oder ob ich doch noch einen Mr. Right gefunden habe oder vielleicht immer noch auf der Suche bin, erfahrt ihr selbstverständlich auch.
Ich wünsche meinen Lesern viel Vergnügen bei der Lektüre. Vielleicht findet sich ja der eine oder die andere in meinen Geschichten wieder. Namen und Orte habe ich selbstverständlich geändert, außer den zahlreichen Jens, Jürgen und Michaels, die sicherlich nicht direkt zugeordnet werden können.
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Wer während den Corona-Zeiten einen festen Partner hatte, war sicherlich besser dran und glücklicher als ich. Kein Zustand dauert jedoch ewig und die Covid 19-Beschränkungen waren irgendwann Schnee von gestern. Nun hatte ich mir fest vorgenommen, wieder nach einem Mann und einer festen Partnerschaft Ausschau zu halten.
Und an einem Abend, Ende März, beschloss ich, mich endlich bei Finder anzumelden. Im Vorfeld hatte ich bei einer Freundin gespinkst, wie das so in diesem Dating-Portal läuft. Es schien gar nicht so schwer zu sein, einen Match-Partner zu finden, zu chatten und sich zu einem Date zu verabreden.
Übers Internet fand ich den Link, der mich zum gewünschten online-Dating-Portal führte und über meinen Google-account konnte ich mich problemlos anmelden. Da ich mich ja schon schlau gemacht hatte, wusste ich, dass frau kostenlos findern kann. Gleich wurde mir jedoch die kostenpflichtige Finder-plus-Mitgliedschaft vorgeschlagen, die mir alle möglichen Vorteile versprach. Dies lehnte ich entrüstet ab. Ich wollte diese App zunächst einmal kostenfrei testen. Nun musste ich ein Profil anlegen und sollte die erforderlichen Eckdaten eingeben.
Bei meiner sexuellen Orientierung hatte ich zur Auswahl: hetero, schwul, lesbisch, bi-sexuell, a-sexuell, transgender und was weiß ich nicht sonst noch alles. Das fing ja gut an! Ich konnte mich jedoch gleich als hetero outen. Als maximale Dating-Entfernung gab ich 80 km Umkreis an. Nun schrieb ich einen kleinen Begleittext, hübschte mit weiteren Angaben mein Profil noch ein wenig auf, lud zwei, drei nette Fotos hoch und begab mich auf die Suche.
Neugierig schaute ich die angebotene Männerschar durch, wischte meist nach links, nur selten nach rechts, schaltete mein Smartphone aus und begab mich zu Bett …
Am nächsten Morgen, als ich mich wieder einloggte … Überraschung! Da hatte ich schon mein allererstes Match, und zwar mit einem auf seinem Profilfoto sehr gut aussehenden Daniel, dessen Alter mit 55 angegeben wurde.
Ich: Hallo, freut mich!
Er: Guten Morgen.
Ich: Guten Morgen. Wo wohnst du denn?
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass Finder ja immer Vorschläge von Personen macht, die in dem gewünschten Radius weilen, den man angegeben hat. Das hatte ich nicht berücksichtigt.
Er: Warum willst du das denn wissen?
Ich: Ja, weil ich deinen Wohnort wissen möchte.
Mit einem breiten Lachsmiley kam zurück: Saarbrücken. Ich kann mich heute nicht mit dir treffen. Das muss organisiert werden … also geht es dir nur um Sex!
Ich: Wie bitte? Nur um Sex? Nach Saarbrücken sind es ca. 300 km von Düsseldorf aus und bei den heutigen Benzinpreisen möchte ich nicht immer so weit fahren, wenn ich meinen Freund treffen will.
Er: Also geht es dir nur ums Geld! Meine Freudinnen haben genug Geld fürs Autofahren ….
Ich: Dann triff dich doch mit denen …
Es folgte ein unschöner Kommentar, den ich hier nicht wiedergeben möchte und damit war mein erstes Match beendet. Puh, das war ja gar nicht gut gelaufen! Hoffentlich würde das nächste besser!
Abends grüßte mich dann ein Geoffrey aus den Niederlanden auf Holländisch, der auf seinem Profilfoto eigentlich viel zu schön aussah, um echt zu sein. Ich bat ihn, auf Deutsch zu schreiben. Auf sein ‚Guten Abend, wie geht es dir?‘ Schrieb ich: ‚Danke, gut. Und dir?‘ Darauf kam eine Antwort, die mit einem Internet-Übersetzer gemacht zu sein schien. Als ich ihm meine Vermutung mitteilte, war der Schönling ganz plötzlich weg. Bestimmt handelte es sich um einen Romance Scammer. Später fand ich eine Funktion, mit der frau solche Fakes auch melden kann (das kannte ich ja schon von Facebook).
Am dritten Tag schrieb mir ein Jürgen aus der Nachbarstadt auf der anderen Rheinseite, den ich mit einem erfreuten ‚Hallo, Nachbar‘ begrüßte, dass er einen 90%gen Leistenbruch und gleich um neun einen OP-Termin hätte. Dachte er etwa auch, dass ich gleich auf Sex aus war und hatte er deshalb sofort abgeblockt? Jetzt verstand ich: zunächst nicht nach dem genauen Wohnort oder der Wohnung fragen, sich auch nicht zu nachbarschaftlichen Begrüßungen hinreißen lassen … das könnte gleich missverstanden werden. Ja, findern ist doch nicht so einfach!
Gedankenlos wischte ich ein paar Mal weiter, statt nach links, nach rechts und hatte folglich ein Match mit einem Ahmed, Vorarbeiter im Straßenbau. Nun ich habe nichts gegen Türken. In dem Stadtviertel, in dem ich wohne, leben auch viele Menschen aus diesem Land, Straßenbau ist auch eine ehrenwerte Tätigkeit … aber ich suche einen Mann, mit dem ich nicht gerade meine rudimentären Türkischkenntnisse vertiefen möchte. Ahmed sandte mir einen Morgengruß mit zwei Blumen und orthografischen Fehlern. Ich bin ja kein Unmensch und schrieb ihm zurück, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hätte und ich ihm viel Glück für seine weitere Suche wünschte.
Aus meinen Fehlern hatte ich gelernt! Jetzt vervollständigte ich meinen Finder-account mit weiteren Angaben: Suche netten Ihn mit den drei Hs (Hirn, Herz und Humor), ONS No-Go, gab auch ein paar Hobbies und Vorlieben preis.
Ich sah die ‚angebotenen Männer‘ weiter durch. Dabei habe ich viele Falten, Bäuche, ungepflegte Haarschöpfe und Bärte gesehen. Leider begreife ich nicht, weshalb die meisten Herren der Schöpfung nicht in der Lage sind, ein nettes Foto von sich hochzuladen und sich mit einem kleinen wohl formulierten Text vorzustellen.
Immerhin war ich jetzt ganz vorsichtig mit dem „Nach-rechts-Wischen“, ein solcher Fauxpas wie mit Achmed sollte mir nicht wieder passieren.
In den nächsten Tagen meldete sich ein Richard von der anderen Rheinseite, pflegerisch tätig, mit dem ich am zweiten Tag telefonierte. Er meinte, dass ich eine sexy Stimme hätte und wenn ich beim Lachen so kieksen würde, würde ihn das mega anmachen. Nun ich bin ja nicht unempfänglich für Schmeicheleien und buchte diese Bemerkung als einen Pluspunkt für mich. Am nächsten Tag, als ich ihn jedoch ohne Vorankündigung anrief, erwischte ich ihn wohl auf falschem Fuß. Er wäre gerade mit dem Auto unterwegs, da er Schichtdienst hätte. Leider läge sein Vater auf der Intensiv-Station im Krankenhaus und sein Bruder säße mit einem Schlaganfall zuhause bei der Mutter. Er müsste sich um alle kümmern und hätte leider keine Zeit für ein Date. Nun wunderte ich mich, weshalb er bei Finder auf der Suche nach einer Freundin war. Ich löschte unser Match. Wochen später wurde Richard mir mehrmals wieder bei Finder vorgestellt. Ich denke, dass er immer noch auf der Suche ist.
Der sportliche und 1,90-m-große-Rolf aus einer weiteren Nachbarstadt, mit dem ich chattete und auch einmal telefonierte, arbeitete ebenfalls im Schichtdienst, allerdings in einem Chemie-Werk. Er hatte leider plötzlich Corona und musste danach wochenlang in Quarantäne. Ich habe nie wieder etwas von ihm gehört.
Ein Jürgen, 59 Jahre, auf seinem Foto sehr sexy braungebrannt am Strand anzusehen, für alle Schandtaten offen, chattete munter mit mir, vergaß dann aber, sich am nächsten Morgen noch einmal zu melden.
Ein mit Rastalocken versehener Sahin teilte mir vertraulich mit, dass er auf Füße stehen würde und dass ihm mein Foto mit meinen nackten Beinen im Strandkorb sehr gefallen hätte. Er würde mich gerne mit einer Fußmassage verwöhnen. Leider verschwitzte er die ausgemachte Uhrzeit – wir wollten Samstagabend telefonieren – und nach seiner halbherzigen Entschuldigung am Sonntagmorgen hatte ich keine Lust mehr, unseren Kontakt zu vertiefen.
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Zum Glück hatte ich am Vorabend jedoch zu einem, auf seinen Fotos sehr lieb anzusehenden Derk gesagt, dass ich gerne am Sonntagmorgen mit ihm chatten würde. Und Derk (57 Jahre, 1,81 groß und schlank) meldete sich tatsächlich, als ich gerade im Bett frühstückte. Nachdem wir gleich ein paar Eckdaten abgeklärt hatten – er war lt. seinen Angaben geschieden und Single – haben wir wirklich nett mit einander geplaudert und sind auch gleich zu WhatsApp
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Rebekka Weber
Cover: pixelio, Flirt, Juergen Jotzo, for free common use/ gemeinnützig
Lektorat: Rebekka Weber
Tag der Veröffentlichung: 20.10.2023
ISBN: 978-3-7554-5967-5
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