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In der ersten Dekade des 16. Jahrhunderts, ungefähr zur Zeit von Christoph Columbus, entdeckten die Portugiesen dieses schöne Eiland und nutzten es als Handels- und Missionsstützpunkt. Die Holländer, die ca. 150 Jahre später die Insel betraten, besetzten die Küstenregionen und bauten Forts. Um ca. 1800 n. Chr. eroberten schließlich die Engländer das ganze Land und blieben dort ziemlich lange, nämlich bis 1948. In jenem Jahr wurde Ceylon aus der Kolonialherrschaft entlassen und Mitglied des Commonwealth. Aber erst 1972 kam die Tropeninsel ganz frei und wurde eine unabhängige Republik. Sie nannte sich von nun an Sri Lanka, was übersetzt „Strahlend Schönes Land“ bedeutet und treffender hätte sie ihren Namen nicht wählen können.

 

Früher reisten die Kolonialherren mit dem Schiff und waren oft monatelang, manchmal sogar Jahre, unterwegs. Heutzutage geht die Anreise natürlich viel schneller. Innerhalb von zehn Flugstunden erreicht man von Deutschland aus die Hauptstadt Colombo und hat dann noch ca. vier bis sechs Stunden Fahrt mit Bus oder Auto vor sich, um die Ferienorte, die sich wie eine Perlenschnur an der Südwestküste aneinanderreihen, zu erreichen.

 
  Es war im Dezember 1992, als ich das Tropenparadies für mich entdeckte und dort meinen ersten Urlaub verbrachte. Ich wollte dem Weihnachtsrummel in der Heimat entfliehen und war sehr aufgeregt und gespannt, ob meine Flucht gelingen und wie ich den Jahreswechsel unter tropischer Sonne erleben würde. Am Flughafen von Colombo nickten zu meiner Begrüßung schon die Kokospalmen, die dort das Rollfeld säumen, in der Ankunftshalle jedoch wurde ich gleich völlig unerwartet mit Weihnachtsliedern berieselt und mit geschmückten Weihnachtsbäumen konfrontiert. Obwohl die meisten Srilanker Buddhisten sind, haben sie doch viel von unserem Kulturkreis übernommen, was sicherlich nicht immer zu gutheißen ist.

 

In lebhafter Erinnerung ist mir das Festessen an diesem Heiligen Abend unter tropischem Himmel geblieben, das wir bei angenehmen, warmen Temperaturen auf der Hotelterrasse im Freien einnahmen! Die lokalen Curry-Spezialitäten schmeckten zwar anfangs etwas ungewohnt, obwohl sie für uns Touristen natürlich etwas milder als für die einheimische Küche gewürzt waren. Zur musikalischen Untermalung spielte eine wirklich gute Calypso-Band, die im mit Lampions geschmückten Garten musizierte und von Tisch zu Tisch umherging und nach unseren Musikwünschen fragte. Die Idylle wurde nach diesem stimmigen Programmpunkt leider getrübt, als plötzlich Weihnachtslieder vom Band erklangen. In besonders schauriger Erinnerung sind mir dabei das Lied „Leise rieselt der Schnee“ und der Gesang von Heintje, der „Mama“ schluchzte, geblieben.

 

Unvergessen ist mir auch dieser Silvesterabend auf der Insel geblieben! Im Hotel fand eine Party statt, meine Begleitung und ich stahlen uns jedoch davon und machten einen ausgedehnten Spaziergang am menschenleeren Strand entlang. Dort war es ganz still und es gab keinen Trubel. Wir gingen barfuß über den weichen Sand, tauchten unsere Füße in das immer noch badewannenwarme Meerwasser und bewunderten die Sterne und die Milchstraße, die hell leuchteten und klar zu erkennen waren. Es war einfach traumhaft und gefiel mir weitaus besser als die obligatorische Silvesterknallerei in der Heimat!

 
  Während dieses ersten Aufenthaltes in S.L. habe ich mehrere Ausflüge und eine Rundreise zu Zielen gemacht, auf die das Land sehr stolz ist und die auch im Reiseführer angepriesen werden: Ich besuchte die alte Königsstadt Kandy mit dem beeindruckenden Zahntempel, in dem ein „Zahn Buddhas“ aufbewahrt wird, stand bewundernd vor den aus Fels gehauenen, majestätischen Buddha-Statuen in Polonnaruwa und vor den Malereien der bezaubernden Wolkenmädchen in Sigiriya.

 
  Ganz besonders fasziniert war ich jedoch vom Elefanten- waisenhaus in Pinnawela! Es liegt ganz malerisch in einem Flusstal und wenn man von oben den Hügel hinuntergeht, hat man einen herrlichen Blick auf die Dickhäuter, die sich unten im Wasser suhlen. Bei meinem zweiten Besuch ein paar Jahre später begleitete mich sogar mein damals noch kleiner Sohn. Es ist unglaublich beeindruckend, Elefanten ganz aus der Nähe erleben zu dürfen, vor allem die kleinen Babyelefanten waren zu niedlich! Wir durften sie auch streicheln und mein Sohn fragte, ob er einen mit nach Hause nehmen dürfte. Ich hielt allerdings immer gebührenden Abstand von den großen Tieren, sicher war sicher.
 
  Es gibt so viele traumhaft schöne Plätze und Orte auf S.L. zu entdecken, da diese Insel nicht nur ein Badeparadies mit türkisgrünem, klarem Wasser und Traumstränden ist, sondern, wie schon gesagt, viele Kulturstätten besitzt und ein atemberaubendes Hinterland mit Bergen hat, die bis zu 2.500 m in die Höhe ragen. Ich erinnere mich an mehrere Fahrten ins Hochland, die ich bei meinen späteren Urlauben selbst mit Freunden und Verwandten per kleinem Bus organisiert hatte. Unterwegs hielten wir oft an, um Fotos von der spektakulären Landschaft zu schießen: malerische Reisfelder in den Ebenen, saftig grüne Teeplantagen im Hochland, tief hinabstürzende Wasserfälle und immer wieder weite Ausblicke auf die unglaublich schöne Bergwelt.
 
  Ich bin in den neunziger Jahren bis 2001 fast jedes Jahr einmal auf der Tropeninsel gewesen. Als jedoch 2004 der Tsunami auch Sri Lanka mit voller Wucht traf, viele Menschen in den Tod riss und schlimme Zerstörungen anrichtete, wollte ich nicht mehr auf die Insel reisen. Ein verwüstetes Land passte nicht mehr in die schönen Erinnerungen, die ich von meinen Urlauben her hegte. Verwandte und Freunde berichteten mir jedoch, dass nach einiger Zeit alles wieder aufgebaut worden war. 2006 wollte ich dann einen neuen Besuch wagen, aber da brach der Bürgerkrieg, der schon seit mehr als zwanzig Jahren im Norden der Insel tobte, mit aller Gewalt wieder aus. Seit Mai 2009 herrscht jedoch Frieden, der abtrünnige Norden wurde wieder angegliedert und seit diesem Zeitpunkt sind auch keine neuen Terroranschläge und Gewaltausbrüche zu verzeichnen gewesen.
 
  Die Sehnsucht in mir, die Tropeninseldie - die aufgrund ihrer geografischen Lage auch die Träne Indiens genannt wird – noch einmal zu besuchen, wird immer größer und ich habe mir fest vorgenommen, in den nächsten Jahren unbedingt wieder dorthin zu fliegen. Denn sobald ich srilankischen Boden betrete, werde ich ein anderer Mensch: Angesichts des heißen Klimas muss ich einfach kürzer treten, die Hektik ablegen und mich dem gemächlichen Trott der Einwohner anpassen, ansonsten wäre ich nach wenigen Minuten schweißgebadet. Und diese langsamere Gangart tut mir gut! Die Freundlichkeit der Einwohner, die mich immer willkommen geheißen haben, wirkt auch extrem ansteckend und schon nach wenigen Stunden ist die Miesepetrigkeit aus meinem Gesicht wie weggezaubert!
 
  Es sind jedoch nicht nur die vielen landschaftlichen Schönheiten und Kulturdenkmäler, die mich auf der Insel so be eindruckt haben, nein, es gibt so viele ganz persönliche Erlebnisse und besondere Eindrücke, an die ich mich immer wieder gerne erinnere und die ich so gerne wieder erleben möchte:



  Abends am Strand zu sitzen und die spektakulären Sonnenuntergänge zu beobachten,
wie die untergehende Sonne ein prächtiges Farbenspiel an den Himmel zaubert, im Meer versinkt, um dann noch einmal kurz aufzutauchen, um für diesen Tag ein letztes Mal Lebewohl zu sagen,


  den Fischerbooten in Hikkaduwa zuzuschauen, wie sie sanft in der Abendbrise auf den Wellen schaukeln,


  im Meer zu baden und sich auf dem Rücken liegend im badewannenwarmen Wasser treiben zu lassen,


  aus einer frisch aufgeschlagenen King-Coconut die Kokosmilch mit einem Strohhalm zu schlürfen,


  mit den Fingern köstlich duftende und exotisch gewürzte Curry-Gerichte zu essen,


  unter Palmen in der Bilderbuchbucht von Unawatuna zu sitzen und ein Glas des Nationalgetränks Arrak zu genießen...



  Seufz… ach, ich träum‘ mich jetzt einfach weg... auf meine Insel!

 

* * *


  Und… auf immer und ewig werde ich mit dem „Strahlend Schönen Land“ verbunden sein:

  Durch meinen Sohn, dessen Vater aus diesem Land kommt!

  

* * *




Die Bucht von Unawatuna






King Coconut




 Heimische Flora






 Im Elefantenwaisenhaus











Mein Sohn mit Surfbrett

 

 


Am Strand von Hikkaduwa

Impressum

Texte: Rebekka Weber
Bildmaterialien: eigene Fotos, außer Bilder Pinnawela aus wikipedia commons
Tag der Veröffentlichung: 07.10.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
+++ 3. Platz im Wettbewerb autobiografischer Texte Oktober 2012 +++

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