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FLAMMENTANZ - Teil I - Funken - XXL-Leseprobe

FLAMMENTANZ

Teil I - Funken

 

Autorin: Isabella Mey

Impressum

 

© 2016 LikeBook Verlag
Postfach 800147, 65901Frankfurt

Email: Verlag.LikeBook@gmail.com

 

Buchdesign und Coverillustration: Isabella Mey
Fotovorlage: Lizenz Fotolia.com

Email der Autorin: isabella.mey.schreiben@gmail.com

Der Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

Die Verwendung in anderen Medien ist verboten.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

 

Index



Inhalt

XXL-Leseprobe des fünfteiligen gefühlvollen
Fantasy-Liebesromans


Inea sieht Dinge, die andere nicht sehen können und hält sich deshalb für verrückt. Alles ändert sich jedoch, als zwei rätselhafte Männer auftauchen und ihr bisheriges Leben damit komplett auf den Kopf stellen.


1 – Das Spiegelproblem

Inea

Ich gähne herzhaft und strecke alle meine Glieder von mir, um die Müdigkeit aus meinen Knochen zu vertreiben. Die Sommersonne schickt ihre Strahlen durch die hohen Fenster der alten Villa bereits bis in mein Bett hinein. Ich blinzle verschlafen, als mein Blick einen Gegenstand fixiert, der dort absolut nicht hingehört. Ich springe erschrocken auf die Füße, schwanke jedoch bedenklich, da mein Kreislauf noch immer untertourig läuft.

Wer, verdammt nochmal, hat diesen Spiegel hier hereingebracht?

Es ist absolut nicht meine Art zu fluchen, aber das bringt mich völlig aus der Fassung. Nicht ohne Grund habe ich sämtliche Spiegel letztes Jahr in den Keller verbannt. Auf diese Weise gelang es mir, relativ erfolgreich das zu verdrängen, was nicht sein kann und nicht sein darf. Auf der Hut, wie vor einem wilden Tier, umschleiche ich die Spiegelfläche und taste mich ohne hineinzusehen zur Rückseite vor.

Warum muss es ausgerechnet auch noch dieser schrecklich große und viel zu schwere Standspiegel sein? Sicherlich stecken mal wieder die Zwillinge dahinter! Man sollte nicht meinen, dass sie bereits ihr zwanzigstes Lebensjahr überschritten haben, bei dem Blödsinn, der den beiden immer im Kopf herumspukt!

Ich stemme mein Hinterteil gegen die Rückseite und packe die linke sowie die rechte Seitenstange, dann schiebe ich den Spiegel Stück für Stück um die eigene Achse, so lange, bis sich die Gefahrenseite der Textiltapete zuwendet.

Das wäre geschafft!

Doch mein Puls rast noch immer auf 180.

Ich will mich nicht schon wieder für verrückt halten, das ertrage ich nicht!

Aber die Erinnerung drängt sich unvermeidlich in mein Bewusstsein und damit auch die Angst und die unangenehme Frage, ob sich das Ganze widerholen könnte – ob mein Spiegelbild noch immer…

Ich schüttele mich, will das alles nur noch vergessen.

Dieser Spiegel muss verschwinden! Noch heute! Ich werde ein ernstes Wort mit meinen WG-Mitbewohnern reden!

Noch immer heftig erregt, stülpe ich mir den Bademantel über das Nachthemd und schlurfe in meinen flauschigen Lieblingshausschuhen über den kunstvoll mit verschiedenfarbigen Holzsorten verzierten Parkettboden auf den Flur hinaus. Aus dem Esszimmer vernehme ich das schelmische Lachen der Zwillinge Max und Moritz.

Nein, das ist kein Witz!

Ich habe mich auch schon mehr als einmal gefragt, unter welchen psychedelischen Drogen die Eltern der beiden standen, als sie auf die Idee kamen, ihre Söhne Max und Moritz zu taufen. Ob es an diesem Omen lag oder ob der Zufall dem Schicksal gleich zwei Streiche spielen wollte, lässt sich schwerlich beurteilen, jedoch stehen die Zwillinge ihren lausbübischen Namensvettern von Wilhelm Busch in nichts nach. Zum großen Bedauern der beiden, sehen sie sich als zweieiige Zwillinge zwar ähnlich, aber eben wie gleichaltrige Brüder, nicht wie ein Ei dem anderen. Zumindest wurden beide Jungs von ihren Eltern mit tiefblauen Augen sowie dunkelblondem Haar gesegnet, welches stets in allen Richtungen abzustehen scheint. Da Max und Moritz zudem gleiche Frisur und Kleidung tragen, erkennt man die kleinen Unterschiede im Gesicht daher meist erst auf den zweiten Blick.

Ich schiele zur Tür herein, als Max gerade einen köstlich duftenden Kaffee hinunterkippt, während Moritz, der ihm gegenüber am Esstisch sitzt, die Schale seines Frühstückseis zu kleinen Krümelchen zusammenklopft.

«Hey, ich kann ja nachvollziehen, dass du Kalzium als lebenswichtiges Mineral zu schätzen weißt, aber ist es dafür wirklich notwendig, die Eierschale komplett zu pulverisieren?», neckt Max seinen Bruder, während er die Tasse zurück in ihren Untersatz befördert.

«Haha, warte es nur ab! Dir wird gleich die Ehre zuteil, Zeuge des überaus grandiosen Sitake-Eiertricks zu werden! Achtung!»

Ich habe den Spiegel inzwischen weder verdaut noch vergessen, aber den Sitake (Familienname der Zwillinge) – Eiertrick will ich noch sehen, bevor ich die beiden Jungs zusammenfalte. So bleibe ich im Türrahmen stehen und beobachte Moritz, der nun die dünne Eihaut samt der zerbröselten Schale spiralförmig, gleich einer Apfelschale, herunterzieht, bis sie schließlich in einem langen Band von seiner Hand herabbaumelt.

«Tata!», triumphiert Moritz und Max applaudiert überschwänglich.

«Bravo! Bruderherz, damit hast du das Eierschälen komplett revolutioniert! Kein Mensch wird sich mehr damit begnügen, seinem Frühstücksei den Kopf abzuschlagen. Nein, das Komplett-Weichklopfen, kombiniert mit dem quälend langsamen Abschälen der inneren Haut, übertrifft jede Eier-Foltermethode in ihrem Sadismus!»

Max trieft dermaßen vor Pathetik, dass ich für eine Sekunde den Spiegel tatsächlich vergesse und lauthals lospruste. Augenblicklich wenden sich beide Blondschöpfe in meine Richtung.

«Ineachen! Sag, hast du meinen revolutionären Sitake-Eiertrick mitverfolgt?»

«Ja! Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, mein Ei jemals wieder auf eine andere Art zu schälen», antworte ich schmunzelnd, während ich mich zu den Zwillingen an den einladend gedeckten Frühstücktisch hocke.

Kaum sitze ich, fühlt sich Max auch gleich dazu aufgefordert, mir ein Ei vor die Nase zu setzten. Ich seufzte tief, denn mir ist eigentlich überhaupt nicht nach Späßen und auch nicht nach Essen zumute. Zu sehr sitzt mir noch der Schock mit dem Spiegel im Nacken.

«Sagt mal, was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht, mir den Standspiegel ins Zimmer zu stellen?»

Beide Zwillinge schütteln übertrieben empört die Köpfe.

«Aber Ineachen, was denn für einen Spiegel?», fragt Moritz dermaßen theatralisch, dass jedem Einfallspinsel klar sein müsste, dass er ganz genau weiß, wovon ich rede.

Mir entfährt ein weiterer tiefer Seufzer.

Wie sollten die beiden auch ahnen, dass dies für mich nicht einfach ein normaler Scherz ist? Und den Grund kann ich ihnen schon gar nicht nennen!

«Ich habe ein psychologisches Problem mit Spiegeln! Die Dinger standen nicht umsonst im Keller! Klar?»

«Ein psychologisches Problem?», fragen die Zwillinge wie aus einem Mund und starren mich dabei an, als hätte ich ihnen gerade mein Outing zur Lesbe offenbart.

Oh je, ein “psychologisches Problem“ vorzuschieben, war wohl keine besonders glorreiche Idee, aber wie sonst sollte ich meine Spiegelphobie sinnvoll begründen?

«Ja, aber ich will nicht drüber reden!», wehre ich sofort ab.

Doch so können das die beiden natürlich nicht stehen lassen.

Was hatte ich auch anderes erwartet?

«Aber Inea-Mäuschen, wie kann das sein? Ich meine, wenn deine grünen Augen dir zu groß, deine vollen Lippen zu rot oder deine perfekte Figur zu elegant wirken sollte, könnte ich die Phobie ja noch einigermaßen nachvollziehen, aber wegen einer einzelnen zu groß geratenen Sommersprosse so ein Aufheben zu machen…», lässt sich Max gespielt empört über mich aus.

Ich schüttele seufzend den Kopf.

«Ich habe doch überhaupt keine Sommersprossen!»

«Naja, vielleicht ist ja genau das dein Problem!», folgert Moritz mit erhobenem Zeigefinger.

«Ach, vergesst es doch einfach! Es liegt nicht an meinem Aussehen! Ich bin zufrieden mit mir!»

«Gehe ich dann recht in der Annahme, dass die Ursachen in einer frühkindlichen Entwicklungsphase vergraben liegen? Sind deine Eltern nicht bei einem Hausbrand ums Leben gekommen, als du noch ein Baby warst? Könnte ein Spiegel die Ursache für das Feuer gewesen sein?»

Bei aller Freundschaft, aber das geht mir nun eindeutig zu weit!

«Man weiß nicht, was den Brand ausgelöst hat!», entgegne ich nun ziemlich patzig. «Lasst es gut sein, OK!»

Innerlich bebe ich. Ich habe zwar keine Erinnerung an meine Eltern, aber auf dieses sensible Thema reagiere ich äußerst empfindsam. Außerdem erinnert es mich schon wieder an das Spiegelproblem, weil ich nicht weiß, wer ich bin, weil ich auch nicht weiß, wer meine Eltern waren und ob es vielleicht an ihnen lag, dass mir diese Dinge passieren mussten.

Aber das Schlimmste ist, ich kann mit niemandem darüber reden. Ich habe es damals getan, habe mich meinem Ex-Partner Sven anvertraut, mit dem Ergebnis, dass er mich in die Psychiatrie einweisen lassen wollte. Und jetzt ist er einfach weg, für immer fort!

«Für wieviel Uhr hat sich eigentlich die neue Flamme angekündigt?», wechselt Max nun abrupt das Thema und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Spätestens nach meiner patzigen Antwort ist den Zwillingen dann doch klargeworden, dass das Spiegelproblem-Thema bei mir auf der schwarzen Liste steht. Innerlich atme ich erleichtert auf, mich endlich wieder den alltäglichen Dingen widmen zu können.

«Sie hat sich für 16:00 Uhr angekündigt», erkläre ich.

Die geräumige Wohnung in der alten Villa am Berghang von Eppstein im Taunus war das Einzige, was mir meine Eltern hinterließen. Noch vor einem Jahr habe ich hier mit meinem Partner Sven gelebt, aber um die Leere nach seinem Verschwinden mit Leben zu füllen, habe ich kurzerhand eine WG gegründet – für mich alleine ist die Wohnung sowieso viel zu groß, so dass man sich recht einsam und verloren in den hohen, stuckverzierten Räumen fühlt. Immerhin belegt die Wohnung mit ihren sechs geräumigen Zimmern das gesamte Stockwerk. Drei davon bewohnen Max, Moritz und ich, während wir das Ess- und das Wohnzimmer gemeinsam nutzen. Bleibt noch ein weiteres Zimmer, das bisher noch keinen geeigneten Mieter gefunden hat. Natürlich gab es schon einige Bewerber für das noble Villenzimmer, wenn man jedoch in einer Wohngemeinschaft zusammenlebt, muss man schließlich gut miteinander auskommen, deshalb bin ich zugegebener Maßen recht wählerisch bei der Auswahl und natürlich sollte die Kandidatin oder der Kandidat auch die Zustimmung der Zwillinge erhalten. Für heute Nachmittag hat sich eine Bewerberin für das Zimmer angekündigt und ich bin schon sehr gespannt darauf, ob sie in unsere WG passen könnte.

«Wie sieht sie eigentlich aus? Hast du dir ein Foto zuschicken lassen?», will Moritz wissen.

«Nein, habe ich nicht! Schließlich geht es hier nicht um Partnervermittlung!»

«Ach, man könnte doch durchaus das eine mit dem anderen verbinden, findet ihr nicht?», widerspricht Moritz.

«Das fehlte noch, wenn wir hier Paare bilden und dann der Bruderstreit zwischen euch losbricht, weil ihr euch alle beide in die Neue verliebt!», gebe ich zu bedenken.

«Musst du immer alles so schwarzsehen, Ineachen? Wir teilen natürlich alles redlich!», erklärt Moritz todernst und Max pflichtet seinem Bruder eifrig nickend bei.

Da muss ich jetzt aber doch lachen.

«Auch die Frauen, ja? Da müsst ihr aber erst einmal eine finden, die sich auf so etwas einlässt!»

«Was? Wieso? Sie kann zwei Prachtkerle auf einmal haben! Wer könnte da widerstehen?»

«Naja, ich denke, die geschätzten 90 Prozent der Frauen, die von einer monogamen Partnerschaft träumen, zum Beispiel!»

«Ach, dieser Spießerkram von vorgestern! Außerdem, wer redet denn gleich von einer festen Beziehung? Wir wollen doch nur unseren Spaß! Stimmt‘s Brüderchen?»

Der Angesprochene weitet übertrieben die Augen und nickt dabei so heftig mit dem Kopf, dass mir schon alleine vom Zusehen schwindelig wird.

Ich verdrehe die Augen und seufze.

Zum wievielten Mal heute? Ich sollte eine Seufzer-Strichliste führen! Ob diese Kindsköpfe jemals erwachsen werden? Aber ich will mich nicht beklagen, denn ihre heitere Art tut mir gut, bringt Freude und Lebendigkeit in mein Leben.

Uns trennen gerade mal vier Jahre – ich habe mein 26stes Lebensjahr vollendet, die Zwillinge sind 22, aber hin und wieder fühle ich mich in die Rolle ihrer Mami genötigt, die ihre ungezogenen Söhne in die Schranken zu weisen hat. Vielleicht liegt das aber auch teilweise daran, dass ich als Erzieherin im Kindergarten den ganzen Tag lang diese Rolle übernehme und dann zu Hause einfach damit fortfahre. Von der neuen Mitbewohnerin erhoffe ich mir daher eine echte Freundin auf Augenhöhe, mit der ich auch einmal über ernstere Themen sprechen kann und sicherlich werde ich sie nicht nach Kriterien auswählen, die sie zum Lustobjekt der Zwillinge degradieren.

Inzwischen hat Moritz für mich die Aufgabe übernommen, mein Ei nach dem Sitake-Eiertrick zu pellen und jetzt hockt es nackt im Eierbecher und lacht mich mit seinem Senfgesicht an, das einer der Zwillinge darauf gemalt hat.

«Komm, iss mich doch endlich, Ineachen!», brabbelt Moritz mit verstellter Stimme, während er das Ei mit dem Zeigefinger sanft niederdrückt, so als würde es tatsächlich mit mir sprechen.

Da muss ich herzhaft lachen. Wenn es die beiden nicht hinbekommen, einem gute Laune zu machen, dann schafft das niemand! Und endlich verspüre ich auch ausreichend Appetit, um das kleine Frühstücks-Kunstwerk zu verzehren. Ich gönne mir noch eine Tasse Kaffee und ein Vollkornbrötchen mit Käse und Gurkenscheiben darauf, die jemand in einem rätselhaften Muster zugeschnitten hat.

«Sollen das Kleeblätter sein?», frage ich mit Blick auf die zerschnipselten Gurkenstücke.

«Ihr Frauen denkt doch immer nur an das Eine: Blumen und Pflanzen! Derweil ist Max schlichtweg am kläglichen Versuch gescheitert, ein Pärchen bei der Kopulation herauszuarbeiten!»

Fast hätte ich mich an meinem Essen verschluckt. Ich kann gerade noch ein lautes Losprusten verhindern.

«Aber ihr Männer denkt nicht immer nur an das eine, oder was?», entgegne ich lachend, nachdem ich mein Essen hastig hinuntergewürgt habe.

«Ha, sie ist drauf reingefallen!», mokiert sich Max über mich. «Aber du hast es richtig erkannt! Es sollten tatsächlich nur simple Kleeblätter werden!»

Die antike Standuhr setzt zum 7-Uhr-Gong an und lässt mich erschrocken zusammenfahren. Ich bin definitiv spät dran! Noch während ich aufspringe, schlucke ich den letzten Bissen hinunter.

«Du bist spät dran, Inea

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: LikeBook Verlag e.K.
Tag der Veröffentlichung: 08.06.2016
ISBN: 978-3-7396-5955-8

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