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pictures of you

Ich habe dich nicht vergessen; wandere auf Wegen, die wir einst gemeinsam gegangen sind.


Ich suche dich, versuche, deine Gegenwart zu spüren- hier, heute, nach so langer Zeit. Ich finde dich nicht. Alles ist anders. Auch finde ich keine Ruhe, meine Erwartung an diesem magischen Ort die Antworten auf meine Fragen zu finden, liegt zu hoch.

 

Ich zittere. Wie kann das sein? Dreißig Jahre Warten, um an diesen besonderen Ort zurückzukehren. Dreißig Jahre, an denen kaum ein Tag vergangen ist, an dem ich nicht an dich dachte. Ich setze mich, atme die Luft langsam ein und aus.

 

Nur zögerlich sammelt sich mein Körper, meine Sinne. Zu viel zu erwarten macht den Moment kaputt. Hast und Eile sind die Feinde, gegen die ich kämpfe.


Wo bist du?

 

Habe ich wirklich geglaubt, dich hier zu finden? Wo magst du sein, auf dieser großen Welt? Du warst hier, mit mir- vor dreißig Jahren.


Wir wollten uns nicht trennen und doch musste ich fort, nur für ein paar Tage. Als ich zurückkehrte, warst du nicht mehr da. Man erzählte mir, dass du nach Hause fliegen musstest, um deiner Familie nach dem plötzlichen Tod deines Vaters beizustehen.
Alles, was du mir hinterlassen hast, sind diese zwei Karten, von denen du nur die Eine beschrieben hast.

 

„Ich liebe dich, so, wie ich diesen Ort für immer lieben werde.“

 

Zärtlich streichle ich die mir vertraute Karte. Die andere ist unbeschrieben, frei. Ich habe sie geschont für diesen einen Tag. Doch heute fehlen mir die Worte. Der Platz reicht gar nicht aus für das, was ich dir sagen will.

 

Ich bin nicht mehr hübsch, nicht mehr jung, nicht mehr verrückt und frei. Das Alter zeichnet tiefe Falten ins Gesicht und das Leben färbt die Haare grau. Würde ich dich erkennen- oder du mich?

 

Ein Gesang dringt zu mir herüber, Kinderlachen und auf der anderen Seite steht ein Kiosk, an dem man beinahe alles kaufen kann. Die Idylle und die Ruhe von einst sind längst vorüber. Dieser, unser Ort ist sehr beliebt geworden. Touristen bevölkern ihn, mir wird schlecht. 

 

Verzweifelt suche ich den inneren Weg zu dir, den Bezug zu einst. Er ist fort, verloren, zertreten von all den Menschen, die diesen Platz zu ihrem gemacht haben. Nichts ist geblieben.

 

Neue Geschichten werden entstehen.

 

Dort vorne sehe ich ein junges Pärchen, das sich so verliebt in den Armen liegt. Tränen steigen in mir auf. Ja, das ist das Leben, das die Geschichten schreibt. Unsere ist vorüber. Ob SIE auch eines Tages zurückkehren wird, in der Hoffnung, IHN zu finden?


Ob sie ebenso enttäuscht sein wird, wie ich?

 

Oder machen die zwei es besser und halten sich einfach fest?

 

Hast du mich jemals gesucht? Bist du hierher zurückgekehrt? Was habe ich erwartet? Ich wünsche mir von Herzen, dass du glücklich bist- und hoffe dennoch, dass du hin und wieder an mich denkst. Sehnsucht ist ein scharfes Schwert und es zerreißt mein Herz- genau in diesem Moment.

 

Ein Fußball, der direkt vor meinen Füßen landet, reißt mich aus den Gedanken. Ich reiche ihn dem kleinen Jungen zurück. Nein, er hat nichts mit dir gemein. Niemand hat etwas mit dir gemein- jemals gehabt.

 

Nach dreißig Jahren entweihe ich deine Karte. Schreibe in schnellen Zügen ein paar Worte darauf, die du wahrscheinlich niemals lesen wirst. Dennoch, ich fühle mich besser als zuvor, irgendwie von einer schweren Last befreit. Einer Last, die sich Hoffnung nennt. Sie ist erloschen, verblichen, so wie auch diese Karte verbleichen wird, die ich an den Baum pinne.

 

 

„Unser Ort ist ein Platz im Himmel, denn ein für immer lässt die Welt nicht zu.“

Impressum

Texte: Petra Peuleke
Bildmaterialien: Geli Ammann
Tag der Veröffentlichung: 12.07.2018

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Danke für das schöne Cover, liebe Geli!

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