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Präriewind Impressum

 

 

 

Sand in ihren Händen II

 

-Präriewind-

 

Von Petra Peuleke


Erhältlich auch als
Taschenbuch:

 ISBN: 9781980477105

 

Cover von frenta/bigstockphoto.com


1. Auflage, März 2018
© Petra Peuleke – alle Rechte liegen beim Autor.

 


p.peuleke@t-online.de
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https://tinyurl.com/Petra-Peuleke

 

 

Verloren in Summit Springs

 

Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit war das, was ihn umgab. Kein Stern stand am Himmel, und selbst der Mond schenkte nur ein fahles Licht, auf einen gespenstisch ruhigen Ort, das kaum merkbar war. Er versuchte, sich zu erinnern.

Er weinte, so fern ihm das gelang. Sein Gesicht fühlte sich auf der rechten Hälfte starr und unwirklich an. Es schmerzte, so, wie alles an seinem Körper. Er versuchte, sich zu bewegen, und rutschte etwas Tiefer.

Er fragte sich, wo er da lag, und fühlte mit der Hand danach. Es war feucht und weich, uneben und hart. Es stank. Er hoffte, dass sich seine Augen an das schwache Licht gewöhnten, das der Mond gab. Ihn beschlich eine gewisse Ahnung, die mit jeder Stunde mehr und mehr Gewissheit wurde.

Leichen. Aufgerissene Körper, Augen und Gedärme. Die Leichen seiner Freunde, in deren Mitte er jetzt lag. Kojoten holten sich ihre Beute. Es war genug für alle Aasfresser da.

 

Am Morgen kamen die Vögel und pickten ihre Augen aus. Ihm war so schlecht, dass er sich in den Leichenberg übergab. Er spukte Blut und Galle. Sein Körper zitterte vor Anstrengung so sehr, dass er wieder tiefer zwischen den Leichen versank.

Der Gestank raubte ihm fast den Atem. Fliegen schwirrten über den Berg von Toten. Er war außer Stande, sich zu bewegen, und lag reglos da. Er starrte in die dunklen Wolken, die am Himmel vorüber zogen. Ein leichter Wind trieb sie voran. Dort oben war man frei. Bald würde er ihnen folgen, dessen war er sich sicher. Der Tod hatte ihn vergessen, oder nur für später aufbewahrt. Seine Sinne schwanden, und er fiel zurück in einen tiefen Schlaf.

 

Es regnete und der Wind kam auf. Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, nahm aber an, dass es wohl Mittag war. Er bemühte sich, sich zu konzentrieren, bevor er seinen Gliedern erneut Befehle gab. Er versuchte, seinen Kopf zu heben, dem heftigen Schmerz nicht zu unterliegen, und rollte sich mit aller Kraft den Leichenberg hinunter.

Schmerzen durchzogen seinen Körper, doch er hatte es geschafft. Er konnte nicht aufstehen. Sein linkes Bein war von Kugeln getroffen und seine Rippen waren gebrochen, zumindest, so nahm er an, ein paar.

Dort unten lag der Fluss. Bis dahin wollte er es schaffen. Er hatte Durst, versuchte immer wieder, ein paar Tropfen Regen mit dem Mund aufzufangen. Er zog sich mit den Armen vorwärts und schob seinen schlaffen Körper mit dem rechten Bein nach. Nach gefühlten Stunden hatte er ihn erreicht. Den South Platte River. Hier konnte er sich erfrischen, sich ausruhen. Hier war er bereit, der Ewigkeit zu begegnen.

 

Er sah zur anderen Seite hinüber und erinnerte sich an das, was geschehen war. Er hörte wieder die verzweifelten Rufe der Frauen, hörte die Kinder schreien, und die Gewehrschüsse, die nicht abbrachen.

Keine Gnade, kein Ergeben. Nur am Ende, ein Berg von Leichen, und ein Mann, der immer wieder auf ihn eintrat. Er hatte sich General Foster ergeben, als es kein Entrinnen mehr gab. Seine Munition hatte er verschossen und bewegen konnte er sich ohnehin nicht mehr. Foster schleifte ihn zu den anderen Versehrten.

 

„Sieh zu, mein Freund, was ich mit deinen Dog Soldiers mache!“ Er erschoss den Ersten. „Los, bettel um ihr Leben! Das kannst du doch so gut!“, schrie er und trat erneut.

Er erschoss den Zweiten. „Bettel um ihr Leben! Deins ist sowieso dahin!“ Wieder spannte er den Hahn. „Bitte“, hatte Bo gesagt, „bitte, tun Sie das nicht.“ Foster erschoss den Dritten, steckte seine Waffe dann jedoch wieder ein.

 

„Für dich, mein Freund, ist eine Kugel viel zu schade! Dir schlag ich so den Schädel ein. Und er schlug, immer wieder, bis er außer Atem war. Dann trat er wieder auf ihn ein. Seine Därme hatten sich entleert und Foster lachte.

„Schlaf nur nicht ein! Brauchst du Wasser? Das kannst du haben!“ Er pisste ihm ins Gesicht. „Trink!“, befahl er und ließ ihm seinen Mund öffnen. „Erstick daran, Rothaut“, dann kniete er sich auf ihn und zog seinen Colt erneut.

 

„Ich kann leider nicht riskieren, dass du mir noch einmal über den Weg läufst!“ Er spannte den Hahn und griff ihm in die Haare. Dann setzte er ihm den Colt auf die Stirn.

Mit letzter Kraft hatte Bo sich aufgebäumt und ihm seine Pisse wieder ins Gesicht zurückgespuckt. Dann hörte er den Knall und alles um ihn herum wurde still.

 

Er fühlte seine Stirn. Überall war Blut. Die Kugel hatte ihn nur gestreift. Offenbar hatte Foster das nicht bemerkt. Er versuchte, sich zu waschen. Tränen schossen ihm in die Augen, zu groß war der Schmerz, den er empfand.

Foster hatte ihm alles genommen. Seine Freunde, seine Freiheit und auch seinen Stolz. Er hörte, wie ein Reiter kam, wand sich aber nicht nach ihm um. Er wünschte, Foster hätte besser getroffen und, wer auch immer es war, der da gekommen war, sollte diesen Fehler wiedergutmachen.

 

Denver

 

Christine starrte auf den Brief, den sie bekommen hatte. Die Regierung des Staates Colorado hatte ihn an sie gesandt. Sie fürchtete sich, ihn zu öffnen. Schließlich tat sie es doch.

Man teilte ihr mit, dass ihr Ehemann in Summit Springs gefallen war und bekundete der Form halber Beileid. Zum Bedauern der Regierung wurde jedoch festgestellt, dass ihr Mann Teil einer kriegerischen Verbindung war und man ihm somit die erworbenen Auszeichnungen, sowie die Friedensmedaille aberkennen würde.

Seine Kinder hätten, bedingt durch sein unehrenhaftes Verhalten, ihren Anspruch verloren, als Teil der Gesellschaft in Freiheit zu leben. Man wies sie an, sich bis zum Ende des Monats in ein Reservat überführen zu lassen, sollten sie nicht auf ihr Angebot eingehen, den Staat Colorado zu verlassen.

 

Christine setzte sich und las den Brief erneut, dann nahm sie sich ein Glas und trank einen Whisky. Tabeja war aus der Schule heimgekommen und setzte sich zu ihr. „Was ist geschehen?“, fragte sie und nahm ihre Hand. Christine reichte ihr den Brief und sie versuchte, ihn zu lesen.

„Ich verstehe den Inhalt nicht“, meinte sie, als sie zu Ende gelesen hatte, „aber leider beherrsche ich die Sprache noch nicht so gut.“ „Nein“, antwortete Christine, „es liegt nicht an der Sprache.“ „Dann müssen wir gehen?“, fragte Tabeja ängstlich und Christine nickte stumm. „Ich werde es Tharo sagen.“

 

Tharo kam zu ihnen und las den Brief, doch zum Erstaunen der Frauen war er nicht entsetzt. Er lächelte sogar. „Freut dich das etwa?“, fragte Christine ihn. „Wir haben damit gerechnet“, antwortete er ruhig und trank auch ein Glas, dann nahm er seine Frau in den Arm.

„Du wolltest unser Kind doch gerne hier zur Welt bringen, nicht wahr?“ „Ja, das wünsche ich mir“, antwortete Tabeja und küsste ihn. Christine war aufgestanden und legte ihm flehend die Hand auf den Arm. „Tharo, bitte sag mir, wer ist wir?“

„Bo ist in Summit Springs gestorben, Chris“, erwiderte er leise, als er die Hoffnung in ihren Augen sah. „Er kommt nicht zu uns zurück“, nun nahm er ihre Hand, „aber damit haben wir damals schon gerechnet. Uns wird nichts geschehen.“ Er nahm den Brief, ging hinaus und ließ die beiden Frauen fragend stehen.

 

Tabeja war bereits zu Bett gegangen, als Tharo spät am Abend zurückkehrte. Christine hatte auf ihn gewartet und bat ihn, mit ihr zu sprechen. „Es ist alles gut“, beruhigte er wieder, „alles läuft genau so, wie wir es vermutet haben. Wir haben Vorkehrungen getroffen. Wir müssen nicht gehen. Im Gegenteil, man wird uns das Leben etwas leichter machen.“

„Ich verstehe kein Wort von dem, was du sagst, Tharo. Alles, was in dem Brief steht, ist doch wahr. Er war bei Tall Bull. Er hat mit ihm gekämpft, und er hat verloren!“ Wieder lächelte Tharo. „Glaubst du“, fragte er nun sanft, „er hätte riskiert, seinen letzten Kampf zu verlieren?“

Christine sah ihm nachdenklich in seine tiefen, dunklen Augen. Dann schüttelte sie kaum merklich mit dem Kopf. „Was hast du vor? Tharo, bitte sag es mir.“ „Wir werden Klagen.“ „Das ist nicht dein Ernst“, meinte sie entsetzt. „Doch, das ist es“, antwortete er bedächtig und sein Lächeln wurde breiter.

 

In den nachfolgenden Tagen kamen viele Briefe an, doch nicht einer war für Christine bestimmt. Tharo nahm seine Post, bearbeitete sie im Salon, den er zu einem Büro umfunktioniert hatte. Dann schloss er die Tür und schwieg.

Christine kümmerte sich um Tabeja, als sie ihr erstes Kind bekam und stellte verwundert fest, dass Tharo das wenig interessierte. Sie hatten einen Sohn bekommen und Christine fragte ihn, wie er denn heißen sollte. „Bo“, erklärte er bestimmt. „Bo Cederick Stanford“, dann ging er wieder in sein Zimmer.

 

„Gefällt dir der Name?“, fragte Christine die Mutter. Tabeja lächelte. „Ich hätte sicherlich den Gleichen gewählt.“ Christine nahm den kleinen Jungen auf den Arm und betrachtete ihn nachdenklich. Tränen schlichen sich in ihre Augen. „Hallo Bo“, wisperte sie leise und küsste das Kind. Dann gab sie das Baby seiner Mutter zurück und verließ schnellen Schrittes den Raum.

Auf dem Flur stolperte sie beinahe über Tharo. „Ich muss für ein paar Tage fort“, erklärte er, ohne sie weiter anzusehen, „sag du es Tabeja.“ „Nein“, widersprach sie ihm, „das machst du selbst.“

 

Er achtete nicht auf sie und ging aus dem Haus. „Tharo!“, rief sie und lief ihm nach, „tu das nicht. Sag es ihr selbst. Bitte!“ Er blieb stehen und wandte sich zu ihr um. Christine erschrak, ihr war, als sähe sie in das Gesicht seines Vaters. „Bei Gott“ stöhnte sie leise und schloss die Augen.

Er ließ sie stehen, nahm sein Pferd, und verschwand in der Dunkelheit.

 

„Er ist für ein paar Tage fort“, versuchte sie, Tabeja zu erklären. Tabeja nickte und stillte schweigend ihr Kind. „Weißt du, wohin er geht?“, fragte Christine weiter. „Nein“, antwortete sie freundlich. „Warum sollte ich das Wissen wollen?“, fuhr sie schließlich fort, als Christine immer noch selbstvergessen an der Tür stand.

„Schläft Sunny schon? Ich habe sie den ganzen Tag noch nicht gesehen.“ „Ich weiß es nicht“, gestand Christine ehrlich, „ich sollte sie von Jeannette abholen.“ Die Indianerin lächelte unsicher. „Hast du dein Kind vergessen?“ Christine nickte, dann drehte sie sich langsam um, ging zu Jeannette, und holte ihre Tochter.

 

Es vergingen viele Tage, doch Tharo kehrte nicht zurück. Seine Post stapelte sich und Christine fragte seine Frau, ob sie sie nicht öffnen wollte. „Nein“, entgegnete sie sicher, „die ist nicht für mich bestimmt“, dann arbeitete sie weiter.

„Und wenn er nicht zurückkommt?“, fragte Christine nun. „Warum sollte er nicht zurückkommen, Chris?“ „Vielleicht ist ihm was passiert“ antwortete sie zögernd. Tabeja lächelte sie verständnislos an. „Es geht ihm gut, er kommt bald zurück.“

„Woher weißt du das?“ „Ich kann es fühlen“, sie schien verwundert, „kannst du das nicht?“ „Nein, so etwas kann ich nicht.“ „Du hast nichts gespürt, als dein Mann starb?“

„Nein“ stammelte Christine fast unhörbar, „ich habe es erst gewusst, als David zu mir kam. An seinem Blick habe ich es gesehen.“ „Das tut mir leid“, entgegnete die Indianerin mitleidig. „Wenn du es nicht fühlst, wird es dir schwerfallen, mit ihm abzuschließen. Seine Leiche hast du nie gesehen, nicht wahr?“

Christine schüttelte verneinend den Kopf. „Ich bin froh, dass ich sie nicht gesehen habe. Ich will nicht mit ihm abschließen.“ Tabeja nahm sie in den Arm. „Wenn du ihn nicht gehen lässt, wird er seinen Weg in die Freiheit nicht finden.“

 

 

Schwere Schläge klopften an die Tür. Christine zögerte einen Moment, um sie zu öffnen. „Versuchen Sie immer noch, unsere Tür zu zerbrechen, General Foster?“, fragte sie zum Erstaunen des Mannes, der davor stand. „Oh ja“ antwortete er, „wie geht es dir, Indianerhure?“

„Mrs. Stanford“ entschied sie sicher und sah ihm in die Augen. „Was wollen Sie von uns?“ „Wo ist das Milchgesicht?“, fragte er und drängte sich an ihr vorbei ins Haus. „Gehen Sie“, rief Tabeja und hielt zum Nachdruck ihrer Worte ein Gewehr in der Hand. „Sonst wird es mir ein besonderes Vergnügen sein, Sie zu erschießen.“

 

Foster blieb stehen. „Wo ist Tharo?“, fragte er erneut und fügte schließlich, nachdem er keine Antwort erhielt, hinzu. „Ich wollte mich nur für seine Anklage persönlich bedanken!“

„Und ich dachte schon, Sie wollten ihn einsperren“, entgegnete Christine. „Nein, Mrs. Stanford, auch ich habe gelernt. Einen Stanford kann man nur töten, nicht einsperren, wenn man ihn loswerden will. Hier ist der Brief mit dem Verhandlungstermin, geben Sie ihn ihm.“

„Wann ist die Verhandlung?“, fragte Christine, als er sich bereits abgewandt hatte. „In drei Tagen“, antwortete er und ging. „Lass uns etwas Essen“, schlug Tabeja vor und stellte das Gewehr zur Seite. „Ich habe Hunger.“

„Du hast Hunger?“, fragte Christine ungläubig. „Wie kannst du jetzt Hunger haben? Die Verhandlung ist in drei Tagen und Tharo ist nicht da. Er hat all die Briefe nicht gelesen und kann sich nicht vorbereiten. Er schafft es nicht. Nicht einmal, wenn er da wäre!“

„Und deshalb verspürst du keinen Hunger mehr?“, fragte die Indianerin verwundert. „Gib mir Sunny. Vielleicht ist es besser, wenn ich sie füttere. Ich denke, sie hat genauso viel Hunger wie Bo.“

Christine holte ihre Tochter und setzte sich zu Tabeja in die Küche, die jetzt ihren Sohn fütterte und dabei selbst ein Brot verschlang. „Wird er rechtzeitig da sein?“, fragte Chris. „Ja, natürlich“, antwortete Tabeja sanft. „Warum hast du kein Vertrauen? Was geschehen soll, geschieht. Er sagte doch, dass sie alles geplant haben.“

 

 

Tharo kam am Abend vor der Verhandlung. Er kam auch nicht allein, sondern hatte seine Brüder und Strong Elk dabei. Chris freute sich sehr und für einen Moment war die tiefe Traurigkeit vorbei, die sich seit Bos Tod, auf ihre Seele gelegt hatte.

„Warum habt ihr Marnie nicht mitgebracht?“, fragte sie fröhlich. Die beiden Jungs antworteten ihr nicht, sondern sahen Tharo fragend an. Er lächelte provozierend und suchte ihre Augen. Als er sie gefunden hatte, antwortete er schließlich: „Sie bekommt ein Kind.“ Christine hielt seinem Blick stand. „Tatsächlich“, lächelte sie sogar, „das freut mich sehr.“

Tharo zweifelte an ihren Worten, auch wenn diese ehrlich klangen. Er ging zu ihr hinüber und zog sie an sich. „Tharo!“, schimpfte sie und wehrte sich gegen seine Umarmung. „Was machst du?“, fragte sie lauter, als er sie nicht losließ. „Sieh mich an“, forderte er schließlich und hielt ihren Kopf fest, als sie dem nicht nachkam.

„Sieh mich an“, bat er nun freundlicher, und Christine gehorchte. „Chavaree wird Sunny, Hope und dich morgen nach Colorado Springs bringen. Dort werdet ihr bleiben, bis wir eine Lösung haben.“ Christine lachte leise. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, Tharo? Aus welchem Grund meinst du, du kannst über unser Leben entscheiden?“

„Bo wollte, dass ich auf euch achte. Ich kann euch hier nicht schützen, deshalb wird Chavaree das übernehmen.“ „Nein“, entschied sie entschlossen, schob ihn von sich fort und begann leise zu weinen. Dann nahm sie ihre Tochter, verabschiedete sich von den anderen und ging zu Bett.

 

„Wird es nicht besser?“, fragte Tharo seine Frau. „Nein“, antwortete sie ihm, „Christine ist unendlich traurig. Schick sie nicht fort. Bleib du bei ihr.“ „Ich bin nicht er“, widersprach er ruhig, dennoch hörte er, wie seine Familie leise Lachte.

„Wie kann sie ihn vergessen, wenn sie dich ansieht?“, fragte Strong Elk nun. „Du hast seine Augen, du hast sein Gesicht und dein Kind trägt seinen Namen.“ „Ich bin ein paar Jahre jünger“, wandte Tharo ein.

„Die paar Jahre zählen nicht. Aus dem Jungen ist ein Mann geworden. Dein Vater wäre Stolz auf dich.“

 

 

Wert und Wertigkeit

 

„Du bist genauso feige, wie dein Vater, Stanford!“, begrüßte Foster ihn vor dem Gerichtsgebäude. „Ich habe dich gesucht.“ Tharo beachtete ihn nicht und wollte an ihm vorbei gehen, doch Foster hielt ihn fest.

„Gewimmert hat er“, lachte Foster boshaft, „als wäre er ein kleines Kind, bevor ich ihn getötet habe.“ Tharo machte sich von ihm los und setzte seinen Weg unbeirrbar fort. Nur Chavaree fauchte ihn an. „Ich werde Sie töten, Foster!“

Tharo hatte sich zu seinem Bruder umgedreht. „Komm jetzt!“, fuhr er ihn an und zog ihn vorwärts. „Du schweigst oder du gehst.“ „Es wird nicht erträglich sein, nicht wahr? Wolltest du uns deshalb wegschicken?“

Tharo nickte. Dann ging er zu Christine, die auch gekommen war. „Geh nach Hause, bitte. Ich will dir nicht weh tun.“ „Ich kann nicht gehen. Foster hat mich als Zeugin geladen. Heute Morgen. Ich weiß nicht, was er von mir will.“

„Quälen will er dich, mehr nicht. Geh nach Hause, ich werde das nicht zulassen.“ „Ich möchte dabei sein und ich werde es aushalten, wirklich.“ „Dann achte auf Chavaree. Er muss sich beherrschen. Es ist sehr wichtig für mich.“ „Ich weiß“, bestätigte sie, „du bist einfach der Sohn deines Vaters. Ich wünsche dir Glück.“

 

Der Richter begrüßte die Anwesenden beider Parteien und die Zuschauer, die zahlreich gekommen waren.

„Mister Stanford“, begann er ruhig, „ich habe Ihren Antrag geprüft und diesem stattgegeben. Wir werden in diesem Verfahren hoffentlich klären können, ob Ihr Vater Teil einer kriegerischen Verbindung war, oder, wie Sie es behaupten, von General Foster vorsätzlich ermordet wurde, da er einzig und allein auf Grund von Friedensverhandlungen vor Ort war.

Benennen Sie Ihre Zeugen, Mister Stanford.“ Tharo stand auf und ging zum Richter hinüber. Er übergab ihm zwei Dokumente.

„Das erste Dokument“, sagte er, „ist eine beglaubigte Abschrift von dem Begnadigungsschreiben, welches meinem Vater bei seiner letzten Verhandlung in diesem Gerichtssaal vom Bundesrichter Jim Tyler übergeben wurde.

Das zweite Schreiben ist die Beauftragung meines Vaters, neue Friedensverhandlungen mit dem Stamm, oder wie Sie es nennen, mit den Abtrünnigen von Tall Bull aufzunehmen, ihn und sein Volk in Kenntnis von der erfolgten Begnadigung zu setzen, und ihn somit zur Aufgabe zu bewegen.“

 

Foster lachte. „Machen Sie sich nicht lächerlich. Ihr Vater hat das Schreiben gar nicht ernst genommen und es weggeworfen.“ „Wenn er es weggeworfen hätte, hätte ich es nicht vorliegen. Ich bitte Sie darum, den Bundesrichter Jim Tyler als meinen ersten Zeugen aufzurufen.“

Der Richter tat es, und Jim Tyler setzte sich in den Zeugenstand.

„Sind diese beiden Dokumente echt?“, fragte ihn der Richter.

„Ja“, antwortete Jim. „Das Dokument wurde drei Mal ausgefertigt. Eins war für unsere Unterlagen, eins für Stanford selbst, und das andere für Tall Bull und sein Volk.“

 

„Wollen Sie uns glaubhaft erklären, dass Sie Bo Cederick Stanford, der vorab nachweislich an den Überfällen am South Platte River beteiligt war, eingesetzt haben, um Friedensverhandlungen zu führen? Der Mann wurde begnadigt und war somit als Indianerbeauftragter nicht mehr im Amt.“

Foster fluchte leise. „Was soll der Unfug, Mister Tyler? Er war ein Mörder. Er ist tot. Seien Sie dankbar dafür!“

„Es ist in der Tat sehr ungewöhnlich, Mister Tyler, dass Sie einen begnadigten Mann beauftragt haben, Tall Bull zur Aufgabe zu bewegen“, wandte der Richter ein.

 

„Gab es eine andere Möglichkeit?“, fragte Jim ruhig. „General Foster hat fünf Jahre gebraucht, um Tall Bull zu finden. Wir gaben Bo Stanford acht Monate Zeit, danach galt die Begnadigung für Tall Bull und sein Volk als erloschen.“

„Wer, außer Ihnen, wusste noch von Stanfords Auftrag?“

„Mayor van Joost, General Foster, einige Offiziere. Es war ein ganz normaler Auftrag, der ebenso behandelt wurde, wie alle anderen, die er zuvor für uns erledigt hatte.“

„Ein ganz normaler Auftrag!“ Foster lachte lauthals. „Niemand hat diesen Wisch Ernst genommen. Bo Stanford am Allerwenigsten! Er hat beinahe fünf Monate verschenkt, bevor er sich überhaupt auf den Weg gemacht hat!“

 

„Woher wissen Sie das?“, fragte der Richter. „Wir haben ihn beobachtet, wir konnten ihm nicht trauen.“

„Was haben Sie denn beobachtet?“, fragte Tharo nun.

„Dass ihm dieser Wisch egal war und er keinerlei Anstalten machte, überhaupt aufzubrechen.“

„Warum ist Ihr Vater nicht eher aufgebrochen, Tharo?“ „Er hat bemerkt, dass die Soldaten ihn beobachtet haben und wollte die Armee nicht zu Tall Bull führen. Er hat General Foster keine ehrlichen Absichten zugetraut.“

„Ihr Vater war ein Bastard, ein Mörder! Solch ein Mann verdient keine ehrlichen Absichten. Und er war feige. Er hat sich versteckt und um Gnade gebettelt, bevor ich ihn erschossen habe.“ „General Foster“, mahnte der Richter, „mäßigen Sie sich.“

 

Chavaree zitterte vor Erregung, vor Hass und Christine nahm seine Hand. „Warum lässt er zu, dass Foster ihn so beleidigt?“ „Vertrauen wir ihm“, beruhigte sie ihn und wischte sich selbst eine Träne aus den Augen.

Tharo wirkte ruhig und gefasst. „General Foster“, sprach er bedächtig, „in dem Moment, als mein Vater Sie um sein Leben angebettelt hat, wird er doch bestimmt seine Begnadigung erwähnt haben, in der ihm dieses zugesichert wurde, oder nicht?“

 

Tharo wandte sich von Foster ab, ohne eine Antwort zu erwarten. Dabei sah er zu Chavaree, der seine Hand zu einer Faust geballt hatte. Tharo schüttelte unmerklich den Kopf und deutete ihm an ruhig zu bleiben.

„General Foster“, fuhr nun der Richter fort, „antworten Sie auf die Frage der Anklage.“

„Er hat auf uns geschossen und den Zettel nicht erwähnt. Erst als er keine andere Wahl mehr hatte, wollte er, dass wir ihn verschonen. Tall Bull und seine Leute hat er nicht einmal erwähnt. So war er, Ihr Vermittler und Friedensengel. Er hat den Tod verdient.“

Tharo schenkte ihm einen nachdenklichen Blick. „Wenn Sie es sagen“, fuhr er fort. Dann wandte er sich wieder an Jim, der immer noch im Zeugenstand war.

„Mister Tyler, war Bo Cederick Stanford berechtigt, am Tag seines Todes die Verhandlungen mit Tall Bull zu führen?“

„Ja, an dem Tag und in den sechs Monaten zuvor, sowie in den zwei Folgemonaten.“

„Dann war er also zum Zeitpunkt seines Todes ein Regierungsbeauftragter?“

„Ja, das war er.“

„Hätte General Foster, der zugegeben hat, dass er diesen Vertrag kannte, ihm zwei Monate mehr Zeit geben müssen?“

Foster wurde bleich. „Zum Teufel!“, schrie er.

„Ich habe Sie nicht angesprochen, General Foster“, entgegnete Tharo barsch. „Mister Tyler, bitte beantworten Sie meine Frage.“

„Foster hätte ihm zwei Monate mehr Zeit geben müssen“, antwortete Jim Tyler ruhig.

„Dann hat General Foster wissentlich einen anderen Regierungsbeauftragten erschossen“, fügte Tharo hinzu.

„Ich weiß es nicht“, bedachte Jim, „wir waren nicht dabei.“

„Nein, wir nicht. Aber Foster, der meinem Vater das Leben nahm, obwohl dieser doch so sehr um Gnade bettelte!“

„General Foster“, fuhr jetzt der Richter fort, „möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?“

„Ja“, entgegnete dieser nun mehr leise, „die Wahrheit ist, ich wusste nicht, dass Stanford dort ist. Wir dachten, er würde Tall Bull nicht aufsuchen, da er sich fünf Monate gar nicht bewegt hat. Wir haben nicht geglaubt, dass er ihn so schnell finden würde, wenn er sich doch noch Aufraffen würde. Wir wollten den Sommer nicht abwarten, deshalb sind wir vorzeitig aufgebrochen. Wir wollten Tall Bull suchen. Wir haben ihn gefunden. Er ist tot. Er hätte sich auch einem Bo Stanford nicht ergeben. Das ist die Wahrheit, und jeder weiß das.“

„Dann haben Sie nicht mit ihm gesprochen?“, fragte nun der Richter.

„Nein“, antwortete Foster knapp.

„Sie sagten, er hätte Sie um sein Leben angefleht“, insistierte der Richter. .

„Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Ich habe ihn erst gesehen, als er bereits tot war.“

Tharo ging zu ihm und sah ihm in die Augen. „Das ist nicht wahr, Foster. Sie haben ihn ermordet, obwohl er Sie um Gnade gebeten hatte.“

„Nein“, widersprach dieser, „das habe ich nicht.“

„Oh doch“, beharrte Tharo ernst, „dafür gibt es Zeugen.“

„Dann rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf, Mister Stanford. Oder gibt es noch Fragen an den Bundesrichter Jim Tyler?“ Es gab keine Fragen mehr an Jim und Strong Elk trat in den Zeugenstand.

 

„Was will die verdammte Rothaut hier?“, fragte Foster irritiert, „Sie wurden in ein Reservat deportiert und haben kein Anrecht auf Ausgang.“

„Wir befinden uns im Besitz eines Passierscheins für Strong Elk.“ Tharo legte den dem Richter vor. „Strong Elk ist der Letzte, der meinen Vater lebend gesehen hat und ich benötige seine Aussage, um hier die Wahrheit zu finden.“

„Gut“, entschied der Richter, „befragen Sie Ihren Zeugen, oder benötigt er einen Übersetzer?“

„Ich verstehe Ihre Sprache gut“, erklärte Strong Elk ruhig, „und werde auf Ihre Fragen antworten.“

„Wer sind Sie?“, fragte der Richter ihn. „Ich bin Cheyenne. Ein Dog Soldier und habe viele Jahre mit Tall Bull gekämpft.“

„Dann waren Sie auch beteiligt an den Überfällen am South Platte River?“

„Ja“, entgegnete ihm dieser kurz.

„Warum?“, fragte nun der Richter weiter.

Strong Elk blickte dem Richter in die Augen. „Einst hatte ich eine Frau. Einst hatte ich drei Kinder. Einst habe ich Ihrem Frieden geglaubt. Mit dem Tod meiner Familie am Sand Creek ist auch mein Glaube an Ihren Frieden gestorben. Wenn man alles verliert, beginnt man zu hassen. Wenn man hasst, trifft man oft Unschuldige. Das war am Sand Creek so. Das war am South Platte so. Anfangs hatten wir nur Hunger. Auf den Great Plains lebte kein Büffel mehr und wir baten um Essen. Wenn man es uns gab, haben wir sie verschont. Hat man es uns verwehrt, haben wir sie getötet.“

„Und Bo Stanford war auch dabei?“, fragte der Richter interessiert.

„Ja“, fuhr Strong Elk bedächtig fort, „nur ist er mitgekommen, um Leben zu erhalten. Hätten wir damals geahnt, dass er weder Frauen noch Kinder tötet, hätten wir ihn niemals mitgenommen.“

„Also mochten Sie ihn nicht?“ Strong Elk lächelte nun.

„Stanford war ein unverbesserlicher Idealist, der an das Gesetz der Weißen geglaubt hat. So wie sein Vater zuvor. So wie sein Sohn danach. Ob ich ihn mochte? Ich weiß es nicht. Er hat uns viel versprochen und wenig davon gehalten.“

„Was hat er Ihnen versprochen?“

„Er hat uns am Sand Creek einen Frieden versprochen, ein Reservat, in dem wir frei sein würden, so lange wir dieses nicht verlassen. Dieses Reservat hat es nie gegeben. Wir fanden nur den Tod.“

„Und weiter?“

„Er hat uns in den Black Hills Frieden versprochen. Einen Frieden, den es nie gab.“ Strong Elk sah zum Richter. „Und er hat uns in Summit Springs Freiheit versprochen. Freiheit, die es nicht gab. Ich lebe nun in einem Reservat, das ich nicht verlassen darf und meine Heimat werde ich vermutlich niemals wieder sehen. Und Sie fragen mich tatsächlich, ob ich ihn mochte?“

 

Der Richter schwieg und Tharo fuhr fort.

„Erzählen Sie uns von dem Tag, an dem mein Vater zu Ihnen kam.“

„Stanford hatte Whisky mitgebracht und wir tranken. Tall Bull freute sich, ihn zu sehen, denn er schätzte ihn, weil er seinem Idealismus treu blieb. Beide waren Führer. Beide kämpften in einem aussichtslosen Krieg.“

„Dann haben sie sich gut verstanden?“, fragte der Richter wieder.

„Ja“, erwiderte Strong Elk gefasst, „man konnte annehmen, sie waren Freunde.“

„Hat Stanford die Begnadigung erwähnt?“, fragte der Richter weiter.

„Ja, das hat er. Er hat uns allen erzählt, dass wir begnadigt wurden und einem Leben in Freiheit nichts entgegensteht, wenn wir unsere Waffen nieder legen.“

„Wie hat Tall Bull reagiert?“, wollte Tharo wissen.

 

„Er hat ihn ausgelacht!“, rief Foster, doch Strong Elk fuhr unbeirrbar fort.

„Tall Bull wollte über sein Angebot nachdenken. Wir hatten es sehr schwer, denn die Great Plains hatten kaum noch Nahrung zu bieten, kein Zuhause. Alle Stämme, die uns Nahrung abgegeben haben, hatten sich zurückgezogen. Farmen gab es auch nicht mehr. Wir hatten Hunger. Wir waren müde. Die Frauen und Kinder konnten nicht mehr.“

„Warum hat er dann das Gnadengesuch nicht unterzeichnet?“

„Bo Stanford hat ihn nicht bedrängt. Vermutlich dachte er, er würde etwas mehr Zeit haben.“

Der Richter nickte. „Haben Sie weitere Fragen?“

„Ja“, antwortete Tharo. „Waren Sie dabei, als Bo Stanford starb?“ Strong Elk bejahte. „Was ist geschehen?“

„Wir hatten die Spuren der Soldaten gesehen und es als besser erachtet, den South Platte zu überqueren. Die Kinder waren schon drüben und die Frauen folgten ihnen. Nachdem sich ein Seil gelöst hatte, sah ich die Soldaten. Ich rief nach Stanford und warnte die anderen.“

„Was hat mein Vater getan?“, fragte Tharo sanft.

„Er hat sich ihnen entgegengestellt, geschrien, dass sie aufhören sollen. Doch das taten sie nicht. Sie haben auf ihn geschossen. Sie haben auf uns alle geschossen. Er hat versucht, hinter einem Baumstamm Deckung zu finden, und sich verteidigt. Die Soldaten waren überall. Wenige konnten sich in den Fluss retten. Tall Bull war tot. Stanford war tot. Ich wurde gefasst, habe meine Waffe, so wie er es zuvor gesagt hatte, nieder gelegt und bin am Leben geblieben.“

„War es so?“, fragte Tharo Foster ernst.

„Nein. Ich habe Ihren Vater erst gesehen, als er bereits tot war. Wie hätte ich ihn auch erkennen sollen“, fuhr er fort, „alle trugen Kriegsbemalung.“

Strong Elk lachte. „Nein. Wir waren nicht bemalt. Wofür? Unser einziger Feind war der Hunger, die Strömung des South Platte, die Einsamkeit.“

„Was geschah, als der Kampf vorbei war?“, wollte Tharo wissen. Strong Elk sah zu ihm, zum Richter und zu Chavaree.

„Man hat die Leichen der Männer nebeneinander geworfen. Foster hat sie begutachtet. Er hat Bo Stanford sofort erkannt. Foster wollte ihn skalpieren. General Morgan hat ihn jedoch davon abgehalten. Wir mussten uns in eine Reihe zum Erschießen aufstellen. Dieser Morgan hatte offenbar Stanfords Zettel gefunden und man hat uns verschont. Dann ist Foster zu ihm zurückgegangen, hat auf ihn eingetreten und auf ihn gepisst.“

„Durftet ihr eure Toten bestatten?“

„Nein“, wieder sah Strong Elk zu Chavaree, der mittlerweile lautlos weinte. „Die Soldaten haben sie liegen lassen und uns nach Fort Laramie gebracht.“

Tharo atmete tief durch, bevor er fortfuhr. „Weshalb war mein Vater bei euch? Wollte er mit euch kämpfen? Wollte er mit euch leben? Warum ist er zu euch gekommen?“

„Dein Vater hat uns unsere Freiheit angeboten, wie ich bereits sagte. Dein Vater wollte nach Hause. Er wollte zu dir, zu seiner Frau und seinen anderen Kindern. Er liebte sein Leben und hat sich immer für das der anderen eingesetzt, auch wenn er oft enttäuscht wurde. Er suchte Frieden. Für sich und für sein Volk.“

„Hat mein Vater um Gnade gebeten?“, fragte Tharo eindringlich und sah Strong Elk fest an.

„Ja, das hat er.“

„Hast du um Gnade gebeten?“

„Ja. Das habe ich. Das haben wir alle, schon viele Jahre.“

Foster sprang von seinem Stuhl auf. „Das ist gelogen, Stanford. Ihr Vater war ein arroganter Hund, wie all die anderen Dog Soldiers! Er hätte niemals um Gnade gebeten!“

„Doch das hat er, laut Ihrer eigenen Aussage hat er darum gefleht!“ Tharo machte eine kurze Pause und wandte sich wieder an Strong Elk. „Du sagtest, ihr hättet die Frauen und Kinder über den South Platte gebracht. Was ist aus ihnen geworden?“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht leben sie noch irgendwo dort, vielleicht sind sie auch verhungert. Ich weiß es nicht.“

„Würdest du das Gnadengesuch heute unterschreiben?“

„Das würde ich.“ Tharo ging zum Richter und nahm das Schreiben wieder an sich. Dann legte er es Strong Elk zur Unterzeichnung vor.

 

„Das ist lächerlich, Stanford!“, rief Foster. „Die Frist ist längst verstrichen!“

 

„Nein“, widersprach Tharo ruhig. „Die Frist kann nicht verstreichen, nur weil Sie ihm seine Rechte vorenthalten. Ihm und all den anderen, die Sie getötet haben.“

„General Foster“, fragte der Richter nun, „sind Sie sich immer noch sicher, dass Sie keinen Anwalt brauchen?“

„Ja, das bin ich“ schimpfte er erzürnt, „und du, Tharo, du wirst langsam Sterben. Winseln wirst du, wie dein verfluchter Vater! Bo Stanford hat diesen Wisch niemals ernst genommen. Auch dafür gibt es Zeugen.“

„Dann benennen Sie Ihren Zeugen, General Foster, oder gibt es noch Fragen an Strong Elk?“

„Ich bitte Christine Stanford in den Zeugenstand.“ Strong Elk erhob sich und Christine setzte sich.

„Mrs. Stanford“, begann Foster, „hat Ihr Mann das Begnadigungsschreiben im Gerichtssaal unterzeichnet?“

„Nein“, antwortete sie zögernd und sah zu Tharo.

„Was hat er mit dem Schreiben gemacht?“

„Er hat es weggelegt“, berichtete sie zögernd.

„Nein, das hat er nicht!“, rief Foster erbost. „Er hat es in die Ecke geworfen.“

„Ja. Zuerst. Aber Tharo hat es wieder aufgehoben und Zuhause hat er es dann weggelegt.“

„Worauf wollen Sie hinaus, General Foster?“, fragte der Richter jetzt. „Bo Stanford hat das Gnadengesuch unterzeichnet.“ Der Richter sah sich das Schreiben an. „Am 12. Februar dieses Jahres. Sogar mit Zeugenunterschrift vom Friedensrichter Howard Thompson. Seine Unterschrift ist echt, nicht wahr?“ Der Richter sah zu Howard Thompson, der im Gerichtssaal anwesend war.

„Ja“, bestätigte dieser. „Er hat es in meinem Beisein unterzeichnet.“

Foster sah zu Boden. „Das habe ich nicht gewusst. Es tut mir leid.“

„Was tut Ihnen leid?“, fragte Christine jetzt. „Dass Sie ihn getötet haben? Dass Sie sein Volk ermordet haben? Dass Sie auf ihn“ Sie machte eine Pause und begann zu weinen. „Dass sie ihm in sein Gesicht“, ihre Stimme überschlug sich, „dass Sie seine Leiche.“

Tharo war aufgestanden und zu ihr gegangen. Er legte seine Hand auf ihre Schulter. „Haben Sie noch Fragen, General Foster? Oder haben Sie sie genug gequält?“ Foster schüttelte verneinend den Kopf und Tharo entließ Chris aus dem Zeugenstand.

 

„Mrs. Stanford“, vermittelte nun der Richter, „Sie können die Verhandlung gerne verlassen. Vielleicht sollten Sie auch Ihren Sohn mitnehmen.“ Christine ging zu Chavaree, dem immer noch die Tränen aus den Augen liefen. Sie wollte ihn zu sich hochziehen, doch er blieb sitzen und schüttelte verneinend den Kopf. Sie setzte sich zu ihm und nahm seine Hand.

„Mister Thompson“, fuhr jetzt der Richter fort. „Sie sind als nächster Zeuge geladen.“

„Mister Thompson“, begann Tharo, „kannten Sie meinen Vater gut?“

„Ja. Von Anfang an, sein ganzes Leben.“

„Dann können Sie uns sicher sagen, in welcher Verfassung mein Vater am 12. Februar war.“

„Ja. Das kann ich. Er war zufrieden, glücklich verheiratet mit seiner Frau. Er liebte seine kleine Tochter. Er wünschte sich, Chavaree und Hope nach Denver zurückzuholen, wollte, dass sie die Schule beenden.“

„Also ein Mann, der noch Pläne hatte?“, fragte Tharo weiter.

„Ja. Er hatte sogar große Pläne. Er hat mit seinem Sohn Tharo Ausarbeitungen zur Gleichstellung der Indianer gemacht. Ein paar gravierende Änderungen sind den beiden auch gelungen.“

„Was zum Beispiel?“, fragte nun der Richter interessiert.

„Änderungen im Erbrecht. Indianer können heute erben und vererben, das war vorher nicht so. Ihm war das besonders wichtig, da er alle Verträge, die er für die Indianer gemacht hatte, aufgehoben hatte.“

„Er wollte die Einhaltung der Verträge einklagen?“, fragte nun der Richter überrascht.

Thompson lächelte. „Nein, er wollte alle Verträge vererben. Alle, bis auf einen, den wollte er einklagen.“

„Welchen Vertrag wollte er einklagen?“, fragte Foster nun, „Sie meinen doch nicht wirklich den Schwachsinn mit den Black Hills, was der andere Dummkopf da gerade versucht?“

„Doch. Das war sein voller Ernst. Ihm gefiel das Land und er wollte eine Heimat für sein Volk zurück. Einen Ort wo die Cheyenne ohne die Gnade der Weißen Leben konnten.“

„Dann ist er so spät aufgebrochen, weil er beschäftigt war?“, fragte Tharo.

„Nein“, widersprach Thompson und sah zu Chavaree. „Er ist so spät aufgebrochen, weil er sich gefürchtet hat.“

„Das ist nicht wahr!“, schrie Chavaree jetzt.

„Doch, das ist es!“, entgegnete Tharo bestimmt und sah seinem Bruder mahnend in die Augen. „Hier ist eine Abschrift des Briefes, den wir nach Fort Laramie geschickt haben. Wir haben darum gebeten, dass General Foster endlich damit aufhört, meinem Vater nachzustellen, damit er sich auf den Weg zu Tall Bull machen kann. Am Tag seiner Abreise habe ich Mayor van Joost ein Telegramm geschickt und ihn darüber informiert, dass mein Vater seinen Auftrag jetzt ausführt.“

Tharo ging zu Foster. „Sehen Sie mich an!“, seine Stimme klang bedrohlich. „Wem wollen Sie erzählen, dass Sie nicht gewusst haben, dass mein Vater bei Tall Bull war?“

„Gibt es noch weitere Fragen an Mister Thompson?“ Tharo verneinte und Foster schwieg.

„Ich rate Ihnen dringend, sich einen Anwalt zu nehmen, General Foster“, mahnte der Richter und vertagte die Verhandlung auf den kommenden Tag.

 

 

Die zwei Seiten der Wahrheit

 

 

„Sieh nach Chavaree“, bat Tabeja ihren Mann, als er vom Gericht zurückkam. „Er sitzt im Stall und trinkt. Er ist sehr verzweifelt.“

Tharo wunderte sich, dass Christine bei ihm war und sie sich offensichtlich den Whisky teilten. „Es tut mir leid“, entschuldigte sich Tharo nun und setzte sich zu ihnen. „Es geht nicht anders“, dann griff er zur Flasche. Chavaree hielt sie fest.

„Verschwinde, du elender Bastard! Ich hasse dich!“ „Gib sie her. Du hast genug. Wir reden morgen.“ Tharo entriss ihm die Flasche und wollte gehen.

„Bleib stehen!“, rief Chavaree. „Foster hat ihm alles genommen. Warum kannst du ihm nicht zumindest seine Ehre lassen?“ „Weil es Dinge gibt, die ihm wichtiger als die Ehre waren.“

„Nichts ist wichtiger als die eigene Ehre“, protestierte Chavaree. „Doch“, entgegnete sein Bruder ihm, „Gerechtigkeit und Freiheit für unser Volk, dafür wäre er gern gestorben.“

„Und du kannst das erreichen, ja?“ Chavaree lachte bitter, „indem du ihm seine Ehre nimmst? Du bist wirklich schwachsinnig! Hör auf damit, oder“ „Oder was?“, fragte Tharo nun. „Sonst werde ich die Wahrheit sagen!“

„Du kennst die Wahrheit nicht. Du warst nicht da. Wir haben das besprochen.“ „Niemals, Tharo. Vielleicht hast du ihn überredet, ihn gebeten, diesen Wisch zu unterschreiben, das weiß ich nicht. Bestimmt hast du ihm nicht erzählt, was du damit vorhast!“

„Doch das habe ich“, antwortete Tharo ernst. „Ich habe ihm auch gesagt, dass ich auf Einhaltung des Vertrages in den Black Hills klagen werde.“ „Und, was hat er gesagt?“, fragte Chavaree etwas Milder.

„Er hat gesagt, dass es nicht klappt“, Tharo nahm jetzt seine Hand, „wenn niemand es versucht. Ich bitte dich, lass mich nicht im Stich. Ich brauche dich“, nun sah er auch zu Christine, „euch alle, um eine neue Welt für uns aufzubauen.“

„Und er ist die Erde, die dich trägt?“, fragte Chavaree verzweifelt und wieder schlichen sich Tränen in seine Augen.

„Er ist die Erde, die uns alle trägt“, wiederholte Tharo langsam, nahm einen ordentlichen Schluck aus der Flasche, und wischte sich nun seine eigenen Tränen fort. „Hätte ihm das nicht gefallen?“

 

„Mayor van Joost“, begann der Anwalt, der Foster nun vertrat. „Sie haben einen Brief erhalten, in dem Bo Stanford Ihnen mitteilte, dass er Tall Bull aufsuchen würde. Ist das richtig?“

„Das ist richtig. Nur kam der Brief zu spät. Ich konnte den Inhalt General Foster nicht mehr mitteilen.“

„Sie hatten also keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten?“

„Nein. Es war zu spät.“

„Konnte man davon ausgehen, dass er die Dog Soldiers dieses Mal findet? Gab es eine Spur?“

„Nein, die gab es nicht. Wir haben nicht damit gerechnet, dass Foster sie findet. Von Stanford ganz zu schweigen. Laut Ihren Daten hat er knapp 10 Tage gebraucht. Das ist unmöglich. Er kann den Brief nicht geschrieben haben, selbst wenn es so scheint.“ Der Anwalt setzte sich, und Tharo ging zu ihm.

„Die Daten stimmen“, beharrte er und wandte sich zum Richter. „Ich kann Ihnen ein Dutzend Zeugen nennen, die ihn am Tag seiner Abreise noch gesehen haben. Mein Vater war immer schnell, er brauchte keine Pause. Jeannette Smith kann bezeugen, dass er den Brief unterzeichnet hat. Sie war damals anwesend.“

Tharo sah zu ihr und sie bestätigte das durch ein Kopfnicken. „Reicht Ihnen das?“, fuhr er fort, „oder soll ich sie als Zeugin aufrufen?“

„Ich denke, das wird nicht nötig sein“, antwortete der Richter. „Vielleicht später. Fahren Sie fort.“

„Mayor van Joost, abgesehen von dem Brief, den mein Vater Ihnen geschickt hat, war Ihnen doch auch das Begnadigungsschreiben bekannt, das mein Vater bei seinem Prozess erhalten hatte, oder nicht?“

„Doch. Aber er hatte keinen Wert darauf gelegt und es weggeschmissen. Wir konnten nicht davon ausgehen, dass er es wieder aufhebt. Für uns war der Fall erledigt.“

„Warum haben Sie dann, ein paar Tage später, mit General Foster, dem Bundesrichter Tyler, meinem Vater und mir die achtmonatige Frist festgelegt?“

„Weil Tyler das so angeordnet hat und Sie darauf bestanden haben. Ihr Vater hat das Ganze ebenso wenig ernst genommen, wie wir.“

„Aber mein Vater hat in Ihrem Beisein unterschrieben.“

„Ja, das hat er“, van Joost sah jetzt zum Richter, „und er hat uns ausgelacht.“

„Er hat gelacht“, bestätigte Tharo und lächelte jetzt auch ein wenig, weil der Tag ihm bestens in Erinnerung war. „Laut dieser Zusage hätte General Foster Tall Bull erst im September jagen dürfen. Nicht wahr?“

„Ihr Vater war ein arroganter Hund, der den Indianern nur Zeit verschaffen wollte, nichts weiter. Er hat das Ganze überhaupt nicht ernst genommen. Er hat uns ausgelacht.“

„Antworten Sie auf meine Frage!“ „Das habe ich.“

„Beantworten Sie die Frage“, mahnte jetzt der Richter und sah zu Tharo.

„Soll ich sie wiederholen?“, fragte dieser nun, doch van Joost schüttelte wütend mit dem Kopf.

„Ja. Laut diesem Wisch erst im September.“

„Dann hat General Foster gegen einen Vertrag verstoßen, nicht? Einen Vertrag, den er selbst unterschrieben hat.“

„Er hat ihn nicht ernst genommen. Wir alle nicht!“

„Dann hätten Sie nicht unterzeichnen dürfen!“, rief Tharo scharf. „Hat General Foster gegen einen bestehenden Vertrag verstoßen?“

„Wenn dieser Wisch ein Vertrag gewesen sein soll, dann ja.“

Fosters Anwalt stand auf. „Wir werden den Vertrag prüfen.“

„Das haben wir gestern bereits getan“, entgegnete ihm der Richter. „Haben Sie noch Fragen an Mayor van Joost?“ Der Anwalt verneinte, doch Tharo blieb stehen.

„Ich habe noch eine Frage“, setzte er fort. „In dem Vertrag wurde meinem Vater ausdrücklich gestattet, Verhandlungen mit Tall Bull zu führen, nicht wahr?“

Der Mayor zögerte und Tharo sprach weiter. „Wollen Sie ihn noch mal lesen? Wir haben ihn hier vorliegen.“

„Nein, das brauche ich nicht. Ich erinnere mich gut. Ihr Vater hat 120$ von mir kassiert, dafür, dass er das macht.“

„War Bo Cederick Stanford, unser Vater“, er zeigte auf Chavaree, „und ihr Ehemann“, nun deutete er auf Christine, „zum Zeitpunkt seines Todes ein Regierungsbeauftragter?“

„Wenn er den Vertrag ernst genommen hätte, ja.“

„Das hat er. Sie haben ihn für seine Arbeit bezahlt. General Foster hat ihn ermordet, einen Regierungsbeauftragten, vorsätzlich. Aber das war ihm nicht genug. Er hat noch seine Leiche geschändet und ihn dort liegen lassen, mit all den anderen, denen er sein Wort gegeben hatte. Weil er wieder einmal einen Vertrag in den Händen hielt, den die Regierung nicht ernst genommen hatte.“

Tharo setzte sich und atmete schwer.

„Brauchen Sie eine Pause?“, fragte ihn der Richter. Tharo verneinte. „Haben Sie noch Fragen an den Mayor?“ Wieder verneinte er. „Dann rufen Sie Ihren nächsten Zeugen auf.

 

Zu Christines Erstaunen trat General David Morgan in den Zeugenstand. Man sah ihm an, dass er sich nicht wohl fühlte.

„Stört Sie irgendetwas?“, fragte ihn der Richter.

„Ja“, gab er leise zu, „die Anwesenheit seiner Familie.“

„Seine Familie hat ein Recht darauf zu erfahren, was in Summit Springs passiert ist“, erklärte Tharo ruhig. „Das Schlimmste wissen sie bereits.“

David suchte Christines Augen, doch er fand sie nicht.

 

„Bitte erzählen Sie uns, General Morgan, wie Ihr Auftrag lautete.“

„Wir sollten Tall Bull stellen und in ein Reservat bringen, falls uns das gelingt“, erklärte David.

„Wussten Sie, dass es einen Vertrag gab, der eine Verfolgung der Dog Soldiers bis zum September ausschloss?“

„Nein. Zumindest wusste ich nichts davon. Ich hatte den gleichen Befehl, wie jedes Jahr.“

„Was ist geschehen, als Sie sie gefunden hatten?“

„Wir haben sie völlig überrascht. Sie waren dabei ihre Frauen und Kinder auf die andere Seite des South Platte zu bringen.“

„Waren die Soldaten in der Überzahl?“

„Ja, weitaus. Sie waren beinahe wehrlos.“

„Dann hätte man sie einfach festnehmen können?“

„Vielleicht, wir haben es nicht überlegt, denn sie galten als gefährlich.“

„Aber die Möglichkeit bestand?“

„Ja.“

„Erzählen Sie uns, was dann geschehen ist“, bat Tharo.

„Wir haben auf sie geschossen“, berichtete David. „Sie haben sich kaum gewehrt. Die Meisten hatten nicht einmal ein Gewehr dabei.“

„Dann hätte man sie immer noch festnehmen können?“

„Ja“, gab David zu, „sie wollten sich ergeben. Zumindest hat einer das gerufen.“

„Und Foster?“

„Er hat ihn erschossen.“

„Und dann?“

„Wir haben fünfzig Gefangene gemacht. Alle anderen starben. Die Frauen und Kinder haben vom anderen Ufer her geschrien. Foster befahl, sie auch zu töten, doch die Strömung war zu stark. Wir konnten den South Platte nicht überwinden. Wir haben die Leichen der Männer aufeinander geschmissen und wollten sie verbrennen.“

David zögerte und sah wieder zu Christine, die ihm jetzt doch einen Blick schenkte.

„Er hat es nicht erlaubt. Er hat nach jemandem gesucht.“

„Nach meinem Vater?“, fragte Tharo.

„Nein, den hatte er ja vorher zu den Verletzten geschleppt. Er suchte nach Tall Bull und wollte ihn skalpieren, stoppte aber, als ich ihn fragte, wer das ist.“

 

David bemerkte, dass ihm keiner mehr zuhörte. Eine eisige Stille hatte den Raum erfasst. Tharo zitterte. „Mein Vater lebt?“

David blickte sich unsicher im Raum um. Er sah zu Foster, doch der hatte seine Hand vor seine Augen gelegt.

„Was ist mit Stanford passiert?“, fragte nun der Richter. „Antworten Sie!“

„Foster hat ihn erschossen!“, rief Strong Elk und David nickte.

Der Richter sah zu Strong Elk, der seinem Blick standhielt. „Ich möchte Sie und General Morgan alleine sprechen. In meinem Zimmer.“

Tharo stand auf. „Ich möchte dabei sein.“ „Nein, das ist nicht gut.“ „Es ist sein Recht“, widersprach jetzt Fosters Anwalt, „und wir nehmen das Unsere auch in Anspruch.“

Der Richter betrachtete Tharo nachdenklich. Er sah seinem Vater fast täuschend ähnlich. Stand jetzt gefasst und entschlossen vor ihm, mit dem Mut der Verzweiflung im Gesicht. Er schätzte ihn auf Anfang Zwanzig und nur das Zittern seines Körpers verriet, dass er die Antwort auf die bislang unausgesprochenen Fragen bereits wusste.

„Gut“ entschied der Richter, „dann kommen Sie.“

 

Sie zogen sich zur Beratung zurück und kamen erst nach einer Weile wieder. David setzte sich zurück in den Zeugenstand und sah zu Boden.

„Bo Stanford ist tot“, erklärte der Richter den Anwesenden. „General Foster hat ihn erschossen, wie er vorhin schon gesagt hat. Berichten Sie uns, was nach seinem Tod geschehen ist.“

„Ich habe Stanfords Taschen durchsucht“, fuhr David fort, „und seine Sachen an mich genommen. Dabei habe ich den Vertrag gefunden. Mittlerweile hatte Foster die fünfzig Gefangenen in einer Reihe aufstellen lassen. Er wollte sie erschießen. Ich habe ihn auf den Vertrag angesprochen und er hat geflucht. Wir haben die Gefangenen am Leben gelassen und nach Fort Laramie gebracht. Von dort aus wurden sie zu den Sioux deportiert.“

„Und die Frauen und Kinder?“, fragte der

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Petra Peuleke
Bildmaterialien: gekauftes Bild
Tag der Veröffentlichung: 05.03.2018
ISBN: 978-3-7438-5948-7

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Kerstin "Sand in ihren Händen" ist eine fiktive Geschichte, die sich größtenteils an die historischen Daten hält. Eine zufällige Ähnlichkeit mit historischen Persönlichkeiten ist unbeabsichtigt. Personen, die tatsächlich zu jenem Zeitpunkt gelebt haben und namentlich erwähnt werden, stehen ausschließlich im positiven Zusammenhang mit den Ereignissen.

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