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Und dann kam Sam.
Von
Martin Stölting


Gegen alle Widrigkeiten


Ich hatte eigentlich immer vor ein „ normales „ Leben zu führen. Eine Familie ein Haus und ein Auto. So stellte ich mir meine Glückseligkeit vor. Bescheiden? Meinen sie? Wie man es nimmt. Meine Vergangenheit ist sehr, naja sagen wir bewegt. Ich arbeitete als Barmann im Rotlicht Bezirk von Hamburg. St. Pauli ist für viele ein Begriff. Ich arbeitete in den Kneipen mit der höchsten Anzahl von gestrauchelten Alkoholikern. Siebzehn Jahre meines Lebens verbrachte ich damit, Bier und andere Getränke an das feierwütige Publikum, zu verkaufen. Selbst immer am Rand, Alkohol abhängig zu werden. Nach einer gescheiterten Beziehung lernte ich meine jetzige große Liebe kennen. Sabrina. Zwölf Jahre jünger als ich und mit einem ziemlich großen Mundwerk ausgestattet. Sie hatte das gewisse Etwas. Eigentlich haben wir uns schon viel früher kennen gelernt, nur das ich damals geschlafen hatte. Neun Jahre zuvor, wohnte ich bei einer gemeinsamen Bekannten zur Untermiete. Sabrina, damals erst süße sechzehn Jahre alt, sollte die Katze meiner Vermieterin füttern. Vorher hatte sie mich wohl schon ein paar mal am Fenster gesehen. Als sie nun die Katze fütterte stand meine Tür wohl einen Spalt auf. Ich schlief, da ich Nachtschicht hatte. Sabrina beobachtete mich durch den Spalt. Sie konnte mir sogar neun Jahre später sagen welche Farbe meine Boxershort hatte. Was für ein Aufhänger für eine glückliche Beziehung. Wir kamen zusammen und heirateten sehr schnell, nach sieben Monaten. Sie war diejenige die mir zeigte, dass es noch etwas anderes gab als den Kiez. Den nach einigen Jahren. Merkten wir das die Arbeit in der Kneipe, auch ihre Spuren hinterlassen hatten. Körperlich und seelisch. Sie hatte immer Angst wenn ich mich zur Nachtschicht aufmachte. Denn friedlich ist es in diesen Läden selten gewesen. Von harmlosen Gästen bis zum gefährlichen Verbrecher war alles vertreten. Es reichte. Ich beschloss einen Schlussstrich unter meine Gastronomiekarriere zu ziehen. Ich wollte und konnte nicht mehr meine Knochen für andere hinhalten. Was noch dazu beitrug, mir meinen Ausstieg zu erleichtern war, wir erwarteten Nachwuchs. Sabrina war sehr schnell und sehr gewollt schwanger geworden. Ich wollte nicht das meine Kinder, später auch immer Angst um mich haben mussten. Der Ausstieg viel mir nicht wirklich schwer. Denn durch die damalige Umstellung von D- Mark auf den Euro und das Anti- Rauchergesetz waren die Umsätze deutlich zurückgegangen. Das hieß viel Arbeit für wenig oder gar kein Geld. Also kündigte ich.
Es begann eine Odyssee durch verschiedenste Jobs. Vom Auslieferungsfahrer bis zum Callcenter Agent. Selbst in einer berühmten Fastfood Kette versuchte ich mich. „ Alles besser als auf dem Kiez zu arbeiten.“ Sabrina ermunterte mich mit diesem Satz immer wieder. Aber es fiel auch immer öfter der Satz: „ Ich möchte das wir uns einen Hund kaufen.“ Anfangs versuchte ich diesen Satz gepflegt zu über hören. Den ein Hund hieß noch mehr zusätzliche Arbeit und Kosten. Nicht mit mir, dachte ich. Sie wird schon irgendwann damit aufhören. Dachte ich mir fälschlicher Weise auch. Unsere Tochter, die Sabrina mit in die Ehe brachte, war aufgeregt als sie mit bekam das sie bald einen Bruder hatte und das Mama dabei war Papa zu überreden einen Hund zu kaufen. Kurz, sie schlug sich natürlich auch auf die Seite von Mama. „ Bitte Papa, einen Hund brauchen wir aber unbedingt.“ Ich blieb hart. Ich versuchte es. Es half mir immer, hart zu bleiben, wenn ich ein Bild visualisierte. Nachts es regnet. Es ist kalt und ich stehe mit der Hundeleine in der einen Hand und in der anderen halte ich einen Hundekotbeutel. Hier stehe ich und warte darauf das der Flohzirkus an der Leine sein Geschäft verrichtet. Ich bin bis auf die Knochen nass und zittere vor Kälte. Es half hart zu bleiben. Die beiden Mädels wurden dann kurz abgelenkt durch die Geburt unseres Sohnes. Aber nicht wirklich lange. Denn nach einiger Zeit ging es weiter. Es wurden Bücher über Hunde gekauft, beim Spaziergang wurde mit Hundebesitzern gefachsimpelt. Da merkte ich, das die Entscheidung schon lange gefallen war und meine Zustimmung nur noch Pro forma nötig war. Aber die wollte ich jetzt aus Trotz noch nicht geben. Jetzt wurden stärkere Geschütze gegen mich aufgeboten. Wenn ihr eine Partnerin habt und das schon länger, kennt ihr das vielleicht. „ Oh nein ist der süß. Guck mal, Schatz.“ dieser Satz fällt Minimum zehn bis zwanzig Mal am Tag. Egal ob ein Vierbeiner einem draußen über den Weg läuft oder im Internet Hundewelpen angesehen werden. Frauen können einen damit weich kneten. Als Beispiel. Abends, die Kinder schlafen. Ich sehe mir einen spannenden Film an. Sabrina sitzt am Computer. Immer wieder werde ich von diesem Guck-mal-Schatz Satz aus dem Film gerissen. Und wehe ich gucke mal nicht. „ Ist dir das den gar nicht wichtig?“ Nein denke ich bei mir. Und widerwillig sehe ich mir das Pelzknäuel auf dem Bildschirm an. „ Ja niedlich. Aber ich will keinen Hund!“ Dann folgt die Aussage die ich ihr nie geglaubt habe. „ Ich weiß. Ich gucke ja nur.“ Diesen Satz habe ich gefühlte zwei Millionen Mal gehört und genau gewusst das es so etwas wie „Ich gucke nur“ bei meiner Frau nicht gibt.
Genauso war es auf der Straße. Jede noch so hässliche Promenadenmischung war ja so süß und musste gestreichelt werden.
Irgendwann ließ ich mich, warum auch immer, zu einem Besuch im Tierheim überreden. Vorfreude ist nicht das richtige Wort dafür was meine beiden Damen empfanden. Es glich eher einem Kriegstanz den Indianer aufführen wenn sie ihren Gegner an den Marterpfahl banden.
Wir kamen an dem Tierheim an. Gesichert wie eine Justizvollzuganstalt. Mit hohen Zäunen und Stacheldraht. Von weitem konnte ich schon das Gekläffe hören. „ Wir sehen uns nur mal um, Okay?“ Ich wollte nur sicher stellen das sich an meinem Standpunkt, nichts geändert hatte. Ein flüchtiges Ja ja der beiden war die Antwort. Und so betraten wir den gesicherten Bereich des Tierheimes. Man musste sich anmelden. Eine ziemlich arrogante Dame am Empfang wies uns in die Gepflogenheiten des Tierheimes ein. „Sie dürfen sich gern umschauen. Wenn sie einen Hund gefunden haben der ihnen gefällt, merken sie sich die Käfignummer und melden sich dann hier wieder. Um die Formalitäten zu klären.“ Das ging mir zu schnell. Ich wollte auf gar keinen Fall hier und heute irgendwelche Formalitäten klären. „ Danke wir wollen uns aber erstmal nur umsehen.“ Diese Aussage hatte ein mildes fast mitleidiges Lächeln der Empfangsdame zur Folge. Als wollte sie mir sagen: „ Ja klar. Du hast verloren. Keine Chance.“ Sabrina und Elma stürmten schon aus der Tür. Ich mit dem sperrigen Kinderwagen hinterher. Ich holte die beiden an den ersten Käfigen ein. „Nur umsehen, Schatz. Wir wollen uns nur umsehen.“ Ich wurde ignoriert. Im ersten Käfig saß ein riesiger Schnauzer und starrte uns an. Pechschwarz saß er einfach da. „ Ohh, Papa der ist aber niedlich.“ Ich fand ihn eher erschreckend groß. „ Ich glaube wenn der bei uns einzieht müssen wir raus.“ Sabrina war schon ein Käfig weiter. „ Ohh, nein.“ Ich konnte es wirklich nicht mehr hören. Ich näherte mich dem Gitter an dem meine Frau klebte. Ein undefinierbares Fellknäuel hüpfte da auf und ab. „ Der freut sich uns zu sehen.“ Beim betrachten dieses „ Hundes“ musste ich laut los lachen. Denn es war nicht eindeutig zuzuordnen ob er mit dem Hinterteil oder dem Kopf zu uns blickte. „ Wieso lachst du jetzt?“ „ Hoffentlich ist das auch der Kopf mit dem er dir entgegen springt. Ansonsten könnte ich an nehmen das er dir sein Hintern zeigt.“ Sabrina musste auch lachen. „ Aber der sieht so kuschelig aus.“ Wir gingen weiter. Wir hatten noch etwa dreißig Käfige vor uns und in jedem saß mindestens ein Hund. Mitleid kam in mir auf. Woher stammen diese Hunde. Von irgendwo her mussten sie ja kommen. Mindestens eine mehr oder weniger traurige Geschichte in jeder Zelle. Am nächsten Käfig konnte ich auch nicht mehr anders. „ Ohh!“ Ich erschrak fast vor mir selbst. Aber der kleine Kerl sah mich an und hielt seinen Kopf schräge. Die Rasse war nicht zu erkennen. Als ich an das Gitter trat, kam der kleine auf mich zu. Mit den Vorderbeinen stellte er sich an das Gitter und sah mich mit seinem Hundeblick an. Ich steckte einen Finger durch das Gitter. Sofort wurde ich abgeschleckt. Ich war sofort weich gekocht. Ein lieber kleiner Kerl allein in einem Käfig und wartet auf jemanden den er lieb haben kann. Sabrina legte ihre Hand auf meine Schulter. „ Ich liebe dich. Du mein harter Kerl.“ Ich mag ihren Humor und sie hat mir an der Nasenspitze angesehen das dieser Hund mein Herz berührte. „ Lass uns noch die anderen ansehen bevor...“ weiter kam sie nicht. Elma hatte etwas entdeckt. „ Mama, Papa. Schnell kommt her das müsst ihr sehen. Den will ich haben.“ Ich riss mich schweren Herzens von meinem neuen Freund los und ging rüber zu Elma. Sabrina war schon da. „ Auf keinen Fall!“ Ich sah in den Käfig. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Ein Hund, glaube ich, aber ohne Haare. Nur am Kopf ein paar Zotteln. „ Bitte Mama, der ist doch niedlich.“ Ich musste mir ein Lachen verkneifen. „ Zumindest brauchen wir uns dann keine Sorgen über Haare auf dem Teppich zu machen.“ sagte lachend. Sabrina musste auch lachen. „ Es ist aber ein sehr edles Tier und es ist nicht gerade pflegeleicht.“ Eine Pflegerin hatte sich unbemerkt zu uns gesellt. „ Das ist ein chinesischer Nackthund. Dadurch das er kein Fell hat muss er im Sommer eingecremt werden und im Winter vor der Kälte geschützt werden. Und er ist nicht sehr gut auf Kinder zu sprechen. Hallo ich bin Tina, ich arbeite hier. Vielleicht kann ich ihnen ein bisschen helfen. Was suchen sie den?“ Sie war nett und schien eine gute Beraterin zu sein. „ Wir suchen einen kinderlieben Familienhund.“ preschte Sabrina vor. Tina nickte kurz und zeigte uns dann einige Kandidaten. Zuerst war es eine kleine Shih Tzu Dame, die uns aber ein wenig zu klein war. Danach zeigte sie uns einen Labrador. Stämmig und Schokoladen braun. Der wäre es vielleicht gewesen. Er war nur leider schon zehn Jahre alt. Als nächstes kam eine Tibet Terrier Hündin an die Reihe. „ Das ist Nani. Sie ist drei Jahre jung. Sie ist ein kleiner Wirbelwind. Wenn sie möchten können sie Sie mal an der Leine über das Gelände führen. Um sie besser kennen zu lernen?“ Bevor ich auch nur eine Chance zum antworten hatte. Kam mir meine Damen zuvor. Und schon hatten sie einen Hund an der Leine. Sabrina´s Blick verriet mir was sie dachte. „ Ohh, nein ist der süß“ Sie brauchte es nicht einmal mehr aussprechen. Ich sah mir die Terrier Dame an. Haare überall. Nani hatte ein Fell das zum streicheln einlud. Man kam nur nicht dazu, weil sie die ganze zeit in Bewegung war. Sie flitzte an der Leine umher und beschnüffelte alles und jeden. Elma hatte den kleinen Hund an der Leine und er zog sie in alle Richtungen. Ihr wurde es langsam unheimlich und gab Sabrina die Leine. Wir gingen noch ein Stück. „ Willst du auch mal?“ Ich sah mir die pelzige Dame an. Wie auf Stichwort trafen sich unsere Blicke. Unter dem wilden Pony. Konnte man die Augen vermuten. Langsam streckte ich die Hand aus und ergriff die Leine. Sofort zog Nani los. Nicht größer als ein Kasten Mineralwasser, aber deutlich mehr Kraft. Sie zog mich in Richtung der anderen Käfige. Es sah so aus als würde sie stolz vor anderen Hunden herumstolzieren. Irgendwie mochte ich sie. Ein kleines Energiebündel, aber immer darauf bedacht einen Blick auf denjenigen zu werfen der die Leine führte. Sabrina schien an meinem Grinsen zu merken dass ich mich mit einem Hund, in unserer Familie, angefreundet hatte. Mein Widerstand schien mit jedem Meter den ich mit Nani ging, dahin zu schmelzen. „ Und was meinst du?“ fragte Sabrina nach einer Weile. Diese Frage hatte ich befürchtet. Einfach zugeben das es doch ganz schön war mit einem vierbeinigen Familienmitglied, wollte ich auch nicht. „ Nett ist sie ja, aber so aktiv. Was kostet es wenn wir sie mit nehmen würden. Nur als Info?“ Ich sah das Tina in der Nähe mit gehört hatte und jetzt auf uns zu kam. „ Hab mir gedacht das sie ihnen gefällt. Hier ist die Nummer von Nani. Gehen sie damit ins Büro. Dort wird dann alles weitere besprochen.“ Sie riss einen Zettel aus einen Notizbuch und reichte in mir. „ Ich bringe Nani erstmal zurück.“ Ein wenig tat Nani mir schon Leid. Man sah ihr an das sie nicht im geringsten daran interessiert war wieder in ihren Käfig zu kommen.
Also auf in das Büro. Ich legte den Zettel mit Nani´s Nummer auf den Tresen und holte Luft. „ Wir möchten den Hund haben!“ Kam meine Frau mir zuvor. Auf meinen verdutzten Blick, kam nur noch ein „ Oder?“ Ich drehte mich um und sah in die Augen der genervt drein blickenden Gefängnisdirektorin, die uns begrüßt hatte. Sie schob ihre Brille hoch . „ Ist das so?“ Die Frage an sich ist ja nichts schlimmes, aber der Ton der Dame, gefiel mir ganz und gar nicht. Egal, wir wollten ja etwas von ihr. Also antwortete ich freundlich: „ Ja, ich glaube das war Liebe auf den ersten Blick.“ Sabrina nickte zustimmend. Eigentlich hoffte ich dadurch die Stimmung der genervten Frau zu verbessern. Wir wollten ja einen Hund aus dem Tierheim ein neues Zu hause bieten. Also in ihrem Interesse. Weit gefehlt. Als wären wir eine unerwartete Belastung für sie bat sie uns einen Augenblick Platz zu nehmen. „ Da vorn können sie Platz nehmen. Ich bin gleich bei ihnen und dann habe ich noch einige Fragen an sie.“ Ich war verwirrt. Hatte ich etwas falsch gemacht? Wir nahmen Platz und warteten. Ich sah wie die genervte Frau durch ihr Büro lief und dabei diverse Papierblätter zusammen sammelte. Dann, nach etwa fünf Minuten, kam sie mit einem Stapel Unterlagen an den Tisch und setzte sich zu uns. Peng, lagen etwa fünf Zentimeter Papierkram auf dem Tisch. Ich sah meine Frau an. Die zuckte nur mit den Schultern. Was jetzt begann war in meinen Augen ein polizeiliches Verhör. Ohne die Spur einer menschlichen Regung, stellte sie uns circa 250 Fragen zu unserer Person und unseren Verhältnissen. Nach zwanzig Minuten hatte wir gut zwei Drittel des Papierstapels abgearbeitet. Und mir begann die Hutschnur hoch zugehen. Ich riss mich zusammen. Eigentlich wollte ich die Gefängnisvorsteherin fragen was das sollte, aber ein nicht ganz schmerzfreier Tritt meiner geliebten Frau, hielt mich im Zaum. Ihr ging es wohl nicht besser, aber sie wollte den Hund. „ Haben sie jetzt noch Fragen?“ endete das Verhör plötzlich. „ Ja was kostet es uns, wenn wir sie heute mitnehmen?“ wollte ich wissen. Die Dame sah mich an und ich könnte schwören das ein satanisches Lächeln über das sonst bewegungslose Gesicht huschte. „ So funktioniert es nicht. Erstmal müssen wir sicher gehen, dass es dem Hunde bei ihnen gut geht. Dann wird entschieden ob sie den Zuschlag bekommen. Kosten würde sie das Tier dann 370 Euro. Sie ist ja schließlich reinrassig.“ ich sagte nichts. „ Die nächsten Tage wird ein Mitarbeiter von uns sie besuchen. Da wird dann überprüft ob ihre Wohnverhältnisse hundgerecht sind und ob sie in der Lage sind einen Hund zu halten.“ Bleib ruhig“, sagte ich mir. Nicht nur das ich den Preis ein wenig zu hoch fand, nein wir sollten überprüft werden. Eine fremde Person sollte unsere Familie aburteilen, ob wir in der Lage sind einen Hund zu halten. Das besondere an der Beziehung zu meiner Frau ist, dass wir uns ohne Worte verstehen. Ein Blick, eine Geste oder eine Mine, und ich weiß was sie denkt und umgekehrt genauso. Ich sah zu ihr rüber und wusste das sie das gleiche dachte wie ich. Die spinnen wohl. „ Ganz ehrlich gesagt, finde ich es ein wenig übertrieben, einen solchen Aufwand zu betreiben.“ sagte ich so ruhig wie ich konnte. Pause. Der vorher eher ausdruckslose Gesichtsausdruck der Dame änderte sich in eine „habe ichs doch gewusst“ Fratze. „Diesen Aufwand, wie sie es nennen, betreiben wir um ganz sicher zu stellen, dass der Hund ein gutes Zu Hause bekommt. Entweder so oder gar nicht.“ Wenn es eine Sache gibt die mich oder meine Frau in Rage bringt, sind es Menschen die einen von oben herab behandeln. Und der Ton den diese „Tierschützerin“ jetzt anschlug, war etwa Mount Everest Höhe. Sabrina stand auf und begann wortlos unsere Sachen zusammen packen. Ich merkte es war Gefahr im Verzug. Sabrina ist eigentlich ein friedlicher Mensch, aber wenn sie still wird, ist es kurz vor einer Explosion. Und jetzt stand der Stromboli kurz vor dem Ausbruch. „ Ich glaube wir brechen hier ab. Wir haben uns soeben für gar nicht entschieden. Es tut mir Leid für den Hund, aber wir sind nicht bereit unsere Hosen soweit runter zu lassen. Auf Wiedersehen.“ Ich schob Sabrina und Elma samt Kinderwagen in Richtung Tür. Nicht das hier ein falscher Eindruck entsteht. Sabrina wäre auf keinen Fall handgreiflich geworden, nur sehr ausfallend. Wir waren schon fast aus der Tür, als Frau Wichtig ihren letzten Kommentar los ließ. „ Genau deswegen machen wir es so schwer, damit Leute wie sie keinen Hund bekommen.“ Dank meiner Tätigkeit, habe ich erstens ein dickes Fell, damit solche Provokationen von mir abprallen, zweitens kann ich als Wand fungieren, um Streithähne zu trennen. Sabrina wollte auf dem Absatz umdrehen und wieder ins Büro, um ihre Meinung lautstark zu vertreten. Ich stand ihr im Weg und ließ sie nicht durch. „ Lass uns hier weg gehen. Sie ist es nicht wert, dass wir uns über ihr arrogantes Verhalten aufregen.“ Damit ließ ich die Tür krachend ins Schloss fallen. Ich selbst war auch sehr verärgert über das Auftreten dieser Person. Ich schob meine Familie so schnell ich konnte vom Gelände des Tierheimes. Draußen machte sich Sabrina Luft und schimpfte wie ein Rohrspatz. Selbst als wir schon im Auto konnte sie sich nicht beruhigen. Enttäuscht und ohne Nani hatten wir das Feld geräumt. Sabrina brachte es auf den Punkt. „ Es ist kein Wunder das die Tierheime überfüllt sind, wenn adoptionswillige so behandelt werden.“ Später zu Hause haben wir in diversen Internet Foren berichte gefunden denen es ähnlich ergangen war. Überall in Deutschland. Zur Rettung der Tierheime sei aber gesagt, dass in den Foren noch mehr Tierheime gelobt wurden. Als Tipp für zukünftige Hunde- oder Katzenbesitzer sei gesagt: Holt euch so viele Informationen über die Tierheime in eurer Gegend und geht nicht zu dem erst besten, es lohnt sich. Nach diesem Vorfall hatte sich der Wunsch nach einem Hund bei meiner Familie noch mehr festgesetzt. Auch ich war jetzt infiziert. Selbst heute denke ich manchmal an Nani. Die zehn Minuten mit der kleinen haben bei mir die Liebe zu den Hunden geweckt. Es gibt nur wenige Menschen die mich in einer so kurzen Zeit beeindruckt haben und die ich nicht vergessen habe. Nani weckte in mir den Wunsch nach einem solchen haarigen Gefährten.

Von Betrügern und anderen Verbrechern


Vierzehn Tage später fand ich eine Anzeige im Internet. Seit unserem Besuch im Tierheim war ich auch auf der Suche. Ich habe Literatur gewälzt und nach Hunden gesucht. Ja und auch mir ist mehr als einmal passiert. „ Ohh nein, ist der süß“ rutschte es mir heraus. Sehr zum Vergnügen meiner Familie. Ist man erstmal von diesem Virus infiziert, kann man sich schwer den Eindrücken entziehen die unsere vierbeinigen Freunde auf uns machen. Ich ertappte mich immer öfter dabei, wie ich mit vor Läden angeleinten Hunden sprach und sie (wenn sie es zu ließen) streichelte. Es stand fest, wir wollten einen Hund. Ich recherchierte im Internet. Dabei stieß ich auf diese besagte Anzeige. Dort wurden weiße Schäferhunde angeboten zu einem unschlagbaren Preis. Ich sah mir die Fotos an und war sofort verliebt. Auf den Bildern sah man drei Welpen die miteinander spielten. Seit ich diesen Virus hatte konnte ich mir solche Bilder nicht mehr an sehen ohne den Kopf zur Seite zu legen oder verzückt zu grinsen. Bei diesen Bildern musste ich verzückt grinsen und legte den Kopf zu Seite. Der Anbieter schrieb das die Hunde nur an seriöse Leute abgegeben werden würden. Bei Interesse sollte man sich per E Mail melden. Preis 150 ¤ war wie gesagt günstig für einen reinrassigen weißen Schäferhund mit Papieren. Langsam wurde ich Fachmann für Hunderassen. Früher gab es nur eine Rasse die ich kannte. Hund. Jetzt konnte ich sogar schon Mischlinge erkennen. Welche Rassen bei ihnen vereinigt waren. Weiße Schäferhunde hatten mir es einfach angetan. Ich freute mich und schrieb ein Nachricht an den Anbieter. Ich konnte es kaum abwarten Sabrina und Elma von meinem Fund zu erzählen. Als die beiden später kamen konnte ich es nicht abwarten Sabrina vor den Bildschirm zu bugsieren. Ich setzte sie auf den Stuhl und öffnete die Bilddatei. Als das Bild auf dem Bildschirm erschien war ihre Reaktion wie erwartet. „ Ohh, nein. Die sind ja knuddelig. Die sehen ja aus wie kleine Eisbären. Elma komm her sieh mal.“ Auch bei ihr die gleiche Reaktion. „ Es sind weiße Schäferhunde. Und gar nicht mal so teuer.“ sagte ich siegesgewiss. „ Woher kommen die denn?“ Ich zuckte mit den Schultern. „ Keine Ahnung. Sie standen in der Kategorie Norddeutschland. Also werden sie nicht aus Bayern kommen, oder? Ich habe schon eine Mail geschrieben, aber noch hat keiner geantwortet.“ Wir warteten auf diese Mail einen ganzen Tag. Eigentlich hatte ich mich schon fast damit abgefunden, dass sich da niemand mehr melden würde. Klar bei diesem Angebot, schlagen bestimmt hunderte zu. Doch dann kam doch eine Antwort. Ich las die Nachricht und konnte es kaum glauben. Ein gewisser Mr. Smith aus Kamerun bot mir in dieser Mail tatsächlich weiße Schäferhunde an. Diese befänden sich bei ihm zu Hause in guter Pflege. Wenn sie alt genug wären, würde er sie dann per Lebendfracht nach Deutschland überführen, mit dem Flugzeug. Alle bis dahin anfallenden Kosten, wie Tierarzt und Pflege würde Mr. Smith übernehmen. Ich müsste mich lediglich an den Frachtkosten beteiligen und den Kaufpreis von 150 ¤. Ich schüttelte den Kopf und las weiter. Wenn ich die Gesamtkosten im voraus überweisen würde, könnte ich meinen Hund schon bald vom Flughafen abholen. „ So ein Beschiss!“ entfuhr es mir laut. Sabrina die dabei war eines ihrer super leckeren Essen zu kochen, kam aus der Küche gestürmt. „ Was ist los?“ Ich deutete auf den Bildschirm. „ Ließ selbst. Ich fasse es nicht. So ein offensichtlicher Betrug.“ Sabrina las. „ Glaubst du das es Menschen gibt die da wirklich Geld überweisen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „ Wenn es nur einige tun, hätte es sich für den Verbrecher schon gelohnt.“ „ Man muss alle vor solchen Betrügern warnen.“ Ich nickte. Aber wie? Ich begann wieder im Internet zu recherchieren. Was habe ich bloß früher ohne dieses elektronische Wunder gemacht. Schnell wurde ich fündig. Wir waren bei weitem nicht die einzigen die auf eine solche Anzeige geantwortet haben. Es schien als würden die Betrüger im großen Stil auf der ganzen Welt solche Anzeigen schalten. Und diese dingfest zu machen schien den Behörden nicht möglich. Es gab auch schon viele Geschädigte, die wirklich viel Geld auf blauen Dunst überwiesen hatten. Das einzige was diese erhalten haben, sind nur ein paar Fotos von Hunden. Das Geld war weg und es gab keine Möglichkeit da je wieder ran zu kommen. Nicht nur Hunde wurden so zum Schein angeboten. Es gab Katzen, Kleintiere und Reptilien. In einem Forum fand ich einen Hinweis von einem Züchter, der den Rat gab, Tiere die zum Kauf angeboten werden immer in Augenschein zunehmen. Als Grundsatz gelte immer „ Ware“ gegen Geld. Nie auf Angebote eingehen die nur mit Versprechen arbeiten. Nach dieser Erfahrung, nahmen wir uns diesen Rat zu Herzen. Nicht nur im Internet, sondern auch in Tages oder Wochenzeitungen gibt es immer wieder Annoncen, die mit der Tierliebe der Menschen spielen und nur das eine Ziel haben. Unser Geld. Wenn man nicht viel Geld hat, kann man sich einen solchen Betrug nicht leisten. Und meine berufliche Situation war in dieser Zeit nicht gerade rosig. Wir beschlossen noch ein wenig zu warten und zu sparen. Auf keinen Fall gaben wir aber unser Vorhaben auf. Jeder der mit dem Gedanken spielt sich ein Haustier zuzulegen sollte immer vorsichtig sein und sich informieren. Ein Schnellschuss bei einem vermeintlichen Schnäppchen, kann sich schnell als teures Nichts entpuppen.

Zwei Monate später hatte ich wieder Arbeit. Es war nicht mein Traumjob, aber wir konnten von dem Gehalt einigermaßen leben. Als Callcenter Agent telefonierte ich mit Menschen die meistens nicht erfreut waren mit mir sprechen zu müssen. Mein dickes Fell half mir wieder einmal auch hier meinen Mann zustehen. Wieder begannen wir einen vierbeinigen Freund zu suchen. In vielen Gesprächen hatten Sabrina und ich beschlossen keinen Welpen zu uns zu holen. Aufwand und Pflege, wären neben unseren Kindern zu viel Arbeit. Auch viele Hundebesitzer haben uns abgeraten einen Welpen zu holen. Lieber einen etwa einjährigen, der schon über eine gewisse Grunderziehung verfügt. Welpen sind süß, aber auch sehr sehr zeitaufwändig und die eigenen „Welpen“ dürfen auch nicht zu kurz kommen. Es ist vielleicht auch schön einen Hund von klein auf groß zu ziehen, aber die Verantwortung die man damit eingeht ist riesig. Es war also beschlossene Sache keinen Welpen. Nur die Sache mit der Rasse war noch zu klären. 400 verschiedene Rassen gibt es. Davon fallen alle weg die nicht als Familienhund geeignet sind. Zum Beispiel ist ein Rotweiler ein sehr schönes Tier. Besitzer von Rotweilern sehen es mir bitte nach. Aber einen so großen und bulligen Hund in der Nähe von meinen Kindern, macht mich nicht ruhiger. Bitte nicht falsch verstehen. Ich kenne viele Familien die einen Rotweiler als lieben Familienhund haben. Doch ist von seinem Erscheinungsbild her und seinem Ruf, macht er mir eher Angst. Jeder Hund der falsch behandelt oder erzogen wird kann eine Gefahr für Mitmenschen werden. Abgesehen von den kleinsten vielleicht. Dazu aber später mehr.
In unsere engere Wahl kamen, weiße Schäferhunde, Berner Sennenhund oder Golden Retriver. Wir suchten also einen etwa einjährigen Hund. Das Geschlecht war uns eigentlich egal. Zählen würde nur Sympathie und erster Eindruck. Wer sich einmal umgeschaut hat wird merken es gibt eine schier unzählige Menge an Angeboten. Von den betrügerischen Annoncen mal abgesehen. Wir antworteten auf viele Anzeigen. Die erste Antwort die wir erhielten war von einem Besitzer eines weißen Schäferhundes. Schnell wurde per Telefon ein Termin abgemacht. Und am nächsten Wochenende machten wir uns Sabrina Elma und Vincent in seiner Babyschale, auf den Weg.Nach etwa 180 km mit dem Auto, kamen wir in einem Dorf irgendwo in Pampa an. Das Dorf bestand aus fünf Häusern und unser Zielhaus, lag am Rand des Dorfes. Ich steuerte unseren Ford auf das Gelände des Hofes. Ein altes ziemlich heruntergekommenes Bauernhaus. Mehrere Fenster waren kaputt und mit Pappe notdürftig repariert. Als ich den Motor abstellte, sah Sabrina mich an. „ Meinst du hier sind wir richtig? Ist mir irgendwie unheimlich.“ Ich sah zur Kontrolle nochmal auf den Zettel. „ Alles richtig. Hausnummer 5. Und das ist die ein zigste Straße hier im Ort.“ Ganz wohl war mir auch nicht. Erst recht als sich die Haustür öffnete und dicker grauhaariger Mann in Jogginghose erschien. Er sah grimmig zu uns rüber und strich durch seinen ungepflegten grauen Bart. „ Oh mein Gott, lass uns wieder wegfahren.“ Ich teilte Sabrina´s Gefühl und hatte schon die Hand am Zündschlüssel. Da rang sich der Mann ein Lächeln ab und winkte uns zu. Ich winkte zaghaft zurück. „ Ich fände es unhöflich wenn wir jetzt einfach wieder losfahren.“ versuchte ich mein Frauchen zum aussteigen zu bewegen. „ Das ist mir so was von egal. Ich bleib im Auto. Du kannst ja mit diesem Zombie reden.“ Ich setzte ein gequältes Lächeln auf und stieg aus. Wenn wir nicht aus einem bestimmten Grund hier gewesen wären, wäre ich bestimmt wieder ab gedampft. Aber ich wollte mir den weißen Schäferhund wenigstens einmal ansehen. Ich schloss die Autotür und ließ Frau und Kinder zurück. Der Mann kam mir entgegen und streckte mir seine Hand entgegen. „ Hallo ich bin Robert. Du kommst wegen dem Hund.“ Ich nickte nur, denn ich war etwas entsetzt über die zahnärztliche Meisterleistung in Roberts Mund. Wie kriegt man so wenig Zähne, so schwarz. Ich wollte etwas sagen, aber bevor ich dazu kam, brach ein unheimliches Gebell los. Ich zuckte zusammen. Rechts neben mir, an einer halben Stalltür, erschien ein Hundekopf und fletschte bellend die Zähne. Es war ein weißer Schäferhund und er machte mir klar, dass ich hier in sein Revier eindrang. „ Schnauze, Thor!“ übertönte mein Gegenüber das Gebell. Thor hört augenblicklich auf und verschwand wieder hinter der Stalltür. „ Das ist der Vater von dem kleinen. Den sie mit nehmen wollen.“ Ich nickte verunsichert. „ Ein guter Wachhund, oder?“ Robert grinste mich an und zeigte mir wieder seine ganze schwarze Pracht im Mund. „ Das will ich meinen. Die Tür ist tagsüber zu, aus Sicherheitsgründen. Er ist scharf und geht auf alles los was er nicht kennt. Kommen sie rein. Will ihre Frau nicht mit kommen?“ Ich sah zu Sabrina und winkte sie zu mir. Sie öffnete nur das Fenster und rief mir zu: „ Geh du nur. Die Kinder schlafen, ich bleib bei ihnen.“ Ich dankte ihr still für ihre Unterstützung. „ Okay, Schatz.“ Ich folgte Robert in die Ruine, die er Haus nannte. „ Ich mache uns erstmal einen Kaffee. Oder möchtest du etwas anderes?“ „ Bitte keine Umstände.“ Versuchte ich mich vor seiner Gastfreundlichkeit zu drücken. Denn wenn ich mir vorstellte wie diese Tasse Kaffee aussah, verging mir jede Art von Durst. Ich sah mich um und war überrascht. So unsauber Robert und sein Haus von aussahen, dachte ich das mich eine Art von Messiwohnung erwartete. Aber hier drinnen war es sauber und aufgeräumt. Er führte mich in die Küche. Dort wartete eine Frau in Kittelschürze, die mich freundlich begrüßte. „ Hallo ich bin Rita.“ Ich gab ihr die Hand und war überrascht. Den ihr Lächeln war makellos. Auch sonst war ihre Erscheinung so ganz anders als die von Robert. „ Hat mein Mann ihnen schon etwas zu trinken angeboten?“ Ihr Mann? Sie waren tatsächlich ein Paar. „ Kaffee?“ fragte sie mich und schenkte ohne auf Antwort zu warten ein. Ich nickte nur noch und setzte mich. „ Seine Frau sitzt noch im Wagen.“ „ Warum denn? Ich hole sie mal.“ sprach sie und verschwand. „ Hatten sie schon mal einen Hund?“ fragte Robert mich und ließ sich auf einen Stuhl plumpsen. „ Nein, bis jetzt noch nie.“ Er begann sich eine Zigarette zu drehen und schlürfte einen Schluck Kaffee. „ Ich habe schon mein ganzes Leben Hunde. Haben sie denn genug Platz für einen Hund. Die brauchen nämlich viel Auslauf.“ Ich nickte. „ Wir wohnen ein wenig außerhalb von Hamburg und haben jede Menge Wald vor der Haustür.“ „ Das ist gut.“ Er leckte die Zigarette an und steckte sie in den Mund. Beim anzünden entwickelte er paffend eine Rauchwolke hinter der er fast verschwand. „ Kann ich den Hund den mal sehen?“ „ Na klar.“ kam eine Stimme durch den beißenden Zigarettenqualm. „ Ich rauche eben nur auf und dann gehen wir in den Stall.“ Ich hoffte das er nicht so lange für seinen Glimmstengel brauchte. Ich bin selbst Raucher, aber das Kraut, das Robert rauchte, musst aus alter Matratze bestehen. Meine Augen begannen zu tränen und im Hals kratzte jeder Atemzug. Dann kam Rita wieder, mit meiner Frau und den Kindern im Schlepptau. „ So setzen sie sich. Sie brauchen ja nicht die ganze Zeit im Auto warten. Ich schenke ihnen einen Kaffee ein.“ dann bemerkte sie die Dunstwolke die ihr Mann verbreitete. „ Robert, kannst du nicht mal jetzt Rücksicht nehmen. Geh deine Kippe draußen rauchen. Hier sind Kinder.“ Sie ging zum Fenster und öffnete es weit. Augenblicklich verzog sich der Qualm und mit ihm Robert. „ Wir gehen in den Stall und sehen uns mal ihren Hund an.“ Ich folgte ihm neugierig. Robert blieb rauchend vor Thor´s Stalltür stehen. „ Warte mal kurz. Ich muss Thor erstmal fest machen. Nicht das dir nachher der Arm fehlt.“ Er lachte über seinen platten Witz und verschwand im Stall. Ganz wohl war mir nicht, da gleich hinein zu gehen. Ich wartete das Robert mich rein bat. Das dauerte etwa zwei Minuten. Dann erschien Robert in der Tür. „ Jetzt ist es sicher. Komm rein.“ Vorsichtig lugte ich in das innere des Stalls. „ Ich hab Thor im hinteren Teil angebunden. Versuche einfach ihn zu ignorieren. Nicht ansehen.“ Mutig ging ich hinein. Ziemlich dunkel und stickig war es hier drin. Es roch nach Kot und Urin. „ Vorsichtig wo du hin trittst. Thor hat wieder ein paar stinkende Tretminen hinlassen.“ wieder lachte er. Kein Wunder wenn der Hund aggressiv wurde. Ich war nur eine Minute hier drinnen und wollte hier so schnell wie möglich heraus. „ Hier drüben ist er.“ Ich hatte mich noch nicht an die Lichtverhältnisse im Stall gewöhnt und schlich in Richtung von Roberts Stimme. Langsam erkannte ich mehr. Ich sah das Thor in der Ecke stand und mich genau im Auge behielt. Ein leises Knurren ließ er mir zu kommen. Jetzt sah ich Robert vor einer geschlossenen Box. Er sah über den Rand der Box. Ich trat zu ihm und sah auch drüber. Erst sah ich nichts. Dann in der äußersten Ecke der Box, die eigentlich für Pferde gedacht war, bewegte sich etwas. „ Komm mal her kleiner.“ Robert sprach leise und freundlich zu seinem Schützling. Langsam tapste ein junger weißer Schäferhund in unser Blickfeld. „ Wie heißt er den?“ fragte ich. „ Bis jetzt hat er noch keinen Namen.“ Ich war entsetzt. Laut der Anzeige war der Hund fast ein Jahr alt und er hatte noch keinen Namen? „ Wieso den das nicht?“ ich konnte nur schwer meine Empörung verbergen. „ Wir hatten insgesamt sechs Welpen. Fünf Stück habe ich verkauft. Nur ihn wollte bis jetzt niemand haben. Hier braucht er noch keinen Namen, den kannst du ihm ja geben.“ Diese Gleichgültigkeit machte mich wütend. Man merkte diesem Typen an das er nur auf das Geld scharf war. „ Wo ist den die Mutter des kleinen?“ Robert schien diese Frage unangenehm. „ Tja, die vor einigen Wochen gestorben. Hatte Krebs, war nicht mehr zu retten. Ich hol ihn mal raus. Kannst ihn dir dann bei Tageslicht ansehen.“ Ohne ein Wort verließ ich den Stall und wartete draußen auf Robert und den Hund ohne Namen. Ein jämmerlicher Anblick bot sich mir als die beiden ins Licht traten. Mit eingeklemmten Schwanz und ziemlich verdreckt, kam dieser arme junge Hund aus dem Stall. Robert hatte ihm ein raues Seil um den Hals gelegt. Wut stieg in mir auf. Ich kniete mich runter und wollte den Namenlosen streicheln. Doch sobald sich meine Hand ihm näherte zuckte dieser ängstlich zurück. Robert zog am Seil. „ Lass das! Du dummer Hund. Er tut dir doch nichts.“ Völlig eingeschüchtert quiekte das Tier auf und legte sich demütig zu Boden. Man sah das er bestimmt den einen oder anderen Schlag abbekommen hatte. Denn bei jeder kleinsten Bewegung zuckte er in Deckung. Ich hatte genug gesehen. „ Sie sind eingetragener Züchter?“ Ich musste mich zusammen reißen, sonst wäre ich auf diesen Unmenschen losgegangen. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Sabrina mit Elma Vincent und Rita auf den Hof traten. „ Ja ich bin im Zuchtverband. Wieso?“ Ich baute mich vor ihm auf. „ Weil ich sie für den miesesten Züchter halte den es gibt. Das Tier ist vernachlässigt und vollkommen verstört.“ Er sah mich an als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. „ Was haben sie gesagt?“ Ich sah zu Sabrina rüber. „ Steig bitte in den Wagen. Wir fahren weg.“ Sie nickte mir zu und packte die Babyschale mit Vincent und Elma in den Wagen. Sie selbst stieg nicht ein und kam zu mir. „ Komm Schatz lass uns fahren, bitte.“ Robert hatte Zeit genug gehabt zu verarbeiten, was ich zu ihm gesagt hatte. „ Was glaubst du eigentlich wer du bist? So lass ich nicht mit mir reden.“ Er machte einen Schritt auf mich zu. Ich war auf der Hut, wich aber nicht zurück. „ Einen so skrupellosen Menschen, wie sie einer sind, muss man das Handwerk legen.“ Robert wurde puterrot und seine Adern auf der Stirn traten hervor. „ Verlassen sie sofort mein Grundstück, oder ich rufe die Polizei.“ Ich wollte es drauf ankommen lassen, aber Sabrina zog mich zurück. „ Lass uns jetzt verschwinden, die Kinder. Bitte.“ Ich sah zum Auto und sah Elma´s ängstlichen Blick. „ Gut ich werde gehen, aber ich werde sie anzeigen. Das ist Tierquälerei.“ Ich ging mit Sabrina zum Wagen und stieg ein. Als wir rückwärts aus der Ausfahrt fuhren, konnte ich sehen wie Rita ihren Mann beschimpfte und wütend im Haus verschwand. Robert sah mir nach und zeigte mir den Stinkefinger. Ich fuhr in den nächst größeren Ort und zur Polizei. Auf dem Weg erklärte ich Sabrina was ich in diesem Stall gesehen hatte. „ Ich werde diese Schwein jetzt anzeigen.“ Sabrina nickte. „ Ja, es tut mir Leid für den Hund. Ich glaub wir hätten ihn einfach mit nehmen sollen. Wer weiß was ihm jetzt passiert.“ Ich hatte auch erst daran gedacht. „ Wenn wir das getan hätten, wäre es Diebstahl gewesen. Wenn wir dem Tier helfen wollen, müssen wir die Polizei zur Hilfe holen.“ Wir kamen an einer Wache an. Sabrina blieb mit den Kindern im Auto und ich ging hinein. Der Beamte hinter dem Tresen nahm anfangs unbeteiligt meine Anzeige auf. Doch als ich ihm von den Verhältnissen dort erzählte und von dem kleinen Hund, wurde er aufmerksam. „ Ich habe selbst zwei Hunde. Wenn es so ist wie sie sagen, werden wir sofort handeln.“ Nachdem meine Anzeige aufgenommen war, machte sich ein Streifenwagen auf den Weg um die Sachlage bei Robert zu klären. Wir hätten jetzt nach hause fahren können, aber meine Neugier war zu groß. Ich wollte wissen wie es weiter geht. Leider. Es dauerte etwa eine Stunde bis der Streifenwagen wieder vor der Wache hielt. Die Beamten stiegen aus und öffneten die Hintertür des Wagens. Da stieg in Handschellen, Robert aus. Er stieß wüste Beschimpfungen aus, als er mich sah. Zuerst war ich befriedigt das dieser Tierquäler in Gewahrsam war, doch dann erfuhr ich das die Beamten ihn festgenommen hatten weil er den Namenlosen Hund erschlagen hatte. Als die Polizei bei ihm auftauchte war er gerade dabei den Kadaver zu vergraben. Er widersetzte sich der Verhaftung und wurde dann in Handschellen abgeführt. Ich war am Boden zerstört. Er hatte das Tier getötet um die Beweise diese Tierquälerei verschwinden zu lassen. Der Beamte der mir die Details erzählte sagte mir auch, dass ich mir keine Vorwürfe machen sollte. Das Tier hat bestimmt unsägliche Qualen erlitten, von denen es jetzt befreit wäre. Beruhigen konnte mich das überhaupt nicht. Ehrlich gesagt, habe ich diesen und die folgenden Nächte geweint. Und jetzt wo ich diese Zeilen schreibe bekomme ich auch feuchte Augen und habe einen Kloß im Hals. Robert wurde vor Gericht gestellt. Er bekam eine Geldstrafe, für die mutwillige Tötung eines Wirbeltieres und sieben Monate ohne Bewährung, weil er Beweismittel für eine Straftat beseitigen wollte. In dem Prozess war ich als Zeuge geladen und als ich Robert gegen überstand, kam unbändiger Hass in mir hoch. Der Richter sagte bei der Urteilsverkündung, dass er ihn gern für länger weg sperren würde. Das deutsche Gesetz ihn aber leider nicht härter bestrafen kann. Als Auflage bekam er, das er nie wieder Hund halten noch züchten darf. Das ist ein kleiner Lichtblick, aber wer kontrolliert so etwas. Ich bin mir sicher das es für diesen schlechten Menschen eine Lehre war, aber ob er sich dadurch wirklich ändert wage ich zu bezweifeln. In Gedenken an den lieben kleinen namenlosen Kerl.


Wir lassen uns finden


Wir suchten nach diesem Vorfall, noch verbissener nach einem Vierbeiner. Wir überlegten uns sogar einen Hund aus Spanien zu holen. Dort gibt es so viele Streuner, so viele dass der Staat sie dort nach einer kurzen Wartezeit tötet. Wie viele traurige Geschichten wir auf unserer Suche erlebten habe ich nicht gezählt. Aber für uns stand fest, wir würden dem Hund der zu uns kommt ein gutes Zuhause bieten. Zu dieser Zeit kam Sabrina auf eine Idee. Warum auf hunderte Anzeigen antworten. Einfach mal selbst eine schalten. Sie entwarf eine niedliche Anzeige und stellte sie Online. Sie lautete:“Hallo wenn du kinderlieb bist und einigermaßen an der Leine laufen kannst. Wenn Du auch mal kurz alleine bleiben kannst und pausenlos geknuddelt werden willst. Wenn Du verwöhnt werden und einen Kuschelplatz haben willst, dann melde dich bei uns! „ Als ich von der Arbeit nach Hause kam zeigte sie mir ihren Anzeigentext. Ich fand die Idee und den Text richtig gut und die Idee den Hund anzusprechen schlicht weg für genial. Es dauerte nicht lange bis die ersten Angebote kamen. Darunter war auch ein viel versprechender Golden Retriver. Seine Besitzerin meldete sich bei uns, weil ihr die Anzeige so gut gefallen hatte. Sie musste sich von ihrem einjährigen Goldie Rüden trennen, weil sie sich aus beruflichen Gründen nicht mehr so viel um ihren „ Sam“ kümmern konnte. Er müsste immer so lange allein zu Hause bleiben. Deshalb suchte sie für ihn ein neues und vor allem gutes Zu Hause. Wir riefen sie gleich an. Sie war wirklich sehr traurig das sie Sam abgeben musste. Aber sie musste ihn mehr als acht Stunden täglich allein lassen und das wäre nicht fair dem Hund gegen über. Sie schickte ein Bild von ihm mit. Sabrina war schlagartig in diesen Hund verliebt. Warum weiß ich nicht, aber die Entscheidung war gefallen.Und Sams Bild wurde auf unserem Rechner gleich als Bildschirmhintergrund installiert. Seine Besitzerin wollte 150 ¤ für ihn haben. Er war geimpft und gesund. Sam war ein reinrassiger Golden Retriver, er hatte nur keine Papiere. Das war uns aber völlig egal. Ich fand das Photo auch niedlich, aber verliebt war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Noch nicht. Mein geliebtes Frauchen hat eine Eigenart. Denn wenn sie etwas haben will, gibt es für sie kein warten. Nein dann muss es gleich und sofort sein egal wie. Mein Vorschlag war bis zum Wochenende zu warten und dann Sam zu uns zu holen. Sabrina wollte aber aus mir unerklärlichen Gründen nicht warten. Ich musste nächsten Tag wieder arbeiten und konnte mir so kurzfristig aber kein frei nehmen. Jetzt schlug die Stunde vom „ Organisator“. Sabrina machte halb Hamburg verrückt, um jemanden zu finden der mit ihr nach Lübeck fuhr um Sam zu uns zu holen. Der neue Freund ihrer Schwester wurde verpflichtet sie zu fahren und meine Schwägerin wurde zum Babysitter verdonnert. Wie gesagt wenn sie etwas unbedingt haben will, wird sie zum Tier. Die ganze Organisation stand innerhalb einer halben Stunde. Der „ Organisator“ hatte wieder einmal erfolgreich zu geschlagen. Wir gingen am nächsten Morgen gemeinsam aus dem Haus. Ich zur Arbeit und sie unseren Hund holen. Ich ging mit ihr nochmal alle Kriterien durch, die uns wichtig waren. Ungeduldig machten sie sich auf den Weg. Auf der Arbeit merkte ich sofort, dass ich selbst auch freudig erregt war. Würde sie endlich mit dem lang ersehnten Vierbeiner zurück kommen. An arbeiten war nicht wirklich zu denken. Der Vormittag verlief auch nicht so produktiv wie man es von mir gewohnt war. Kurz vor der Mittagspause hatte ich im Gespräch mit meinem Vorgesetzten, meine Situation erklärt und er gab mir den Rest des Tages frei. Ich muss nicht erwähnen das er selbst auch Hundebesitzer war.
Ich machte mich schleunigst auf den Weg nach Hause. Unterwegs kam eine SMS von Sabrina.“ Ich habe ihn. Er ist genau der richtige für uns.“ Zu Hause wartete ich mit meiner Schwägerin auf die Ankunft unseres neuen Hausgenossen. Ich kam mir vor wie damals als Kind, kurz vor der weihnachtlichen Bescherung. Dann war es soweit. Es klingelte, ich rannte zur Tür und drückte auf den Summer. Und dann kam Sam. Bevor jemand anderes erschien, kam Sam um die Ecke gefegt.Ein Golden Retriver wie er im Buch steht. Den Schwanz aufgestellt wie eine Fahne, wenn er ihn denn mal still hält. Das golden braune Fell weich und kuschelig, dass man nur noch rein greifen möchte um es durch zu wuseln. Sein Gesicht war einfach zum verlieben schön, mit einem leichten Grinsen. Er kam zu mir als wären wir alte Bekannte. Er wedelte mit dem Schwanz und nieste immer wieder, während ich ihn streichelte. Dieses Niesen, wie wir später merkten, machte Sam immer wenn er aufgeregt war. Unser Hund war angekommen. Jetzt kam auch meine Frau um die Ecke. Wenn sie keine Ohren gehabt hätte, hätte sie im Kreis gegrinst. So breit war ihr Lächeln. Sam war an mir vorbei in die Wohnung und schnüffelte und untersuchte jede Ecke. Jetzt war es auch um mich geschehen. Ich kannte diesen Hund erst eine Minute und war fest davon überzeugt das er für uns geschaffen war. Eine Hürde gab es noch. Wie würden die Kinder reagieren und wie reagierte Sam auf sie? Unsere Bedenken waren aber völlig überflüssig. Sam fand Elma zuerst. Elma schrie weil sie sich erschrak. Sam kam im vollen lauf auf sie zu und schmiss sich vor ihr auf den Rücken. Sie sollte ihn streicheln. Der Aufforderung kam sie gerne ausgiebig nach. Sabrina erzählte mir dann von ihrer ersten Begegnung mit ihm. Er hatte sie schon im Garten überschwänglich begrüßt. Bevor sie noch die Besitzerin kennen gelernt hatte, als hätte er nur auf Sabrina gewartet. Seine Besitzerin war eine junge Frau, der es schwer fiel sich von ihrem Hund zu trennen. Deshalb wollte sie das Sabrina ihn so schnell wie möglich mit nahm. Sabrina verstand das, Schnell wurden nochmal Telefonnummern ausgetauscht und Geld. Dann nahm sie Sam mit zum Auto. Die Frau rannte schluchzend ins Haus zurück und schloss die Tür. Leider haben wir nie wieder etwas von ihr gehört. Den ganzen restlichen Tag wurde nun gekuschelt und gespielt. Es klingt vielleicht abgedroschen, aber wir hatten den besten Hund der Welt. Warum? Ich habe noch nie einen treueren Kameraden gesehen, der einen mit seiner bedingungslosen Liebe bedankt. Tag für Tag.
Der erste Abend neigte sich dem Ende. Wir hatten uns einen großen Hundekorb aus Plastik besorgt, mit einem genauso großen Kissen. Das sollte eigentlich Sams Hundeplatz werden. Doch Sam legte sich lieber auf den Flur vor die Haustür, auf den kalten Boden. Glücklich schliefen die Kinder, Wir und der Hund ein. Der erste Tag entschädigte uns total für die schlimmen Erfahrungen der Suche. Eine Eigenart von Sam ist es auch Nachts alle Räume zu untersuchen und nach dem rechten zu sehen. Was mich in der ersten Nacht etwas erschrak. Ich wollte nachts etwas trinken und stolperte schlaftrunken in Richtung Küche. Sam hatte wohl gerade die selbe Idee und wir trafen uns in der Küche. Wenn man sich noch nicht an seinen Mitbewohner gewöhnt hat, kann man sich schon erschrecken wenn ein Oberschenkel hoher schwanzwedelnder Kuschler vor einem steht und niest. So geschehen in der ersten Nacht. Als Sam mich entdeckte nieste er zweimal und wollte dann gleich gestreichelt werden. Trotzdem ich mich erschreckte konnte ich nicht anders als ihn weitere zehn Minuten zu streicheln. Als ich wieder zu Bett ging, folgte er mir und lies sich direkt neben meinem Bett krachend nieder und schlief ein.


Ein Kuschelmonster im Haus


Ich öffnete meine Augen. Ich brauche morgens zwei bis drei Minuten, bis alle Sinne funktionieren. Ich machte verschwommen einen Hundekopf aus. Der sich dicht vor meinem Gesicht befand. Ganz langsam drehte mein Verstand meine Optik schärfer. Zwei braune Augen starrten mich an. Sam stand ganz ruhig vor meinem Bett und wartete auf eine Regung von mir. Ich hob müde meine Hand um sie Sam auf den Kopf zu legen. Darauf hatte er nur gewartet. Mit einem freudigen Knurren begrüßte er mich. Ich war froh das Sam nicht seine Zunge benutzte um mich zu wecken. Ich setzte mich auf, was Sam mit intensiven Schwanz wedeln beantwortete. Sein ganzer Körper bewegte sich dabei. Ich saß auf dem Bett und rieb mir die Augen. Sabrina neben mir sagte mit geschlossenen Augen: „ Ich glaub er will raus.“ Ich sah Sam an. „ Willst du raus?“ Ich gewöhnte mir schnell ab ihn so etwas zu fragen. Denn er freute sich so sehr das er dreimal hinter einander nieste. Dabei traf er meine nackten Beine, mit seinen Nieströpfchen. „Okay, ich bin jetzt wach!“ sagte ich ihm und wischte über meine Beine. Ich zog mich an und schnappte mir seine Leine. Dabei rannte Sam die ganze Zeit um mich herum und nieste. Wir gingen vor die Tür. Draußen sog die frische Morgenluft ein. Ich sah zu Sam der schon schnüffelnd einen Platz für seine Notdurft suchte. Wir hatten Premiere. Ich war das erste Mal mit ihm Gassi. Gestern war Sabrina zweimal mit ihm vor der Tür. Ein leichtes Grinsen huschte über mein Gesicht. Ich wollte gerade los gehen als ein Geruch meine Nase traf. Beißender Kot Gestank. Sam hatte einen riesigen Haufen auf den Rasen gesetzt. Ich griff in meine Jackentasche und zog einen Hundekotbeutel aus der Tasche. Diese Beutel gibt es in Hamburg in einer Drogeriekette kostenlos. Eine gute Sache dachte ich. Doch als ich diesen dampfenden stinkenden Riesenhaufen einsammelte, wurde mir doch etwas anders. „ Und das am frühen Morgen, auf nüchternen Magen.“ Die Tüte reichte nur eben so für die Menge. Mit schräg gehaltenem Kopf sah mir Sam dabei zu, als würde er sagen wollen. „ Wollen wir das wirklich mitnehmen?“ Ich warf die gefüllte Tüte in den Müllcontainer. Sam hüpfte die ganze Zeit aufgeregt an der Leine auf und ab. Ich ertappte mich dabei wie ich mit ihm redete. „ Wo wollen wir denn hin? Ja fein.“ Ich wusste das Hunde Sprache nur als Töne wahrnehmen. Sie reagieren nur auf Tonfall und nicht auf die Bedeutung der Worte. So steht es in allen Hundebüchern. Doch irgendwie habe ich das Gefühl, seit ich Sam kenne, das Hunde mehr als nur den Tonfall wahrnehmen. Wir setzten unseren Morgenspaziergang fort. Ich hatte immer Hundebesitzer bedauert die von ihrem Hund durch die Gegend gezogen wurden und dabei wie wild an der Leine rissen. Das konnte Sam auch, aber wenn man ihm sagte das er damit aufhören solle, ließ er es. Ein einfaches „ Lass das!“ oder „Sam“ reichte schon. Kein an der Leine reißen oder „ Aus“ Gebrüll, war nötig. Sam gehorcht sehr gut. Es sei denn es gab andere Hunde in der Nähe. Dann war es schwer für ihn sich auf Herrchen oder Frauchen zu konzentrieren. Und noch eine Eigenart von Sam. Er weigerte sich beharrlich, das Bein beim pullern zu heben. Er pinkelte immer wie ein Mädchen. Nicht das uns das störte oder wir uns Sorgen gemacht hätten. Er ging immer in die Hocke zum Wasserlassen. Ich merkte bei unserem ersten Spaziergang wie viel Spaß und Freude man an einem Hund haben kann. Zum Glück gibt es bei uns in der Nähe, eine sogenannte Hundefreilauffläche. Dort und nur dort darf der Hund ohne Leine laufen. Dort führte mich der Weg jetzt nun jeden Tag hin. Als wir diesen Morgen dort das erste Mal ankamen, war noch niemand zu sehen. Ich öffnete das Tor der umzäunten Fläche und ging rein. Als ich das Tor wieder geschlossen hatte, ließ ich Sam von der Leine. Wie ein geölter Blitz rannte Sam los und erkundete diesen riesigen Käfig. Die umzäunte Fläche hatte die Größe von 30 mal 70 Metern, also jede Menge Platz zu herum laufen. Für Herrchen und Frauchen gab es Bänke, wenn man diese nutzen wollte. Sam freute sich einfach nur so herum zu rennen. Dann tauchte Gustaf auf. Gustaf war ein Labrador. Pechschwarz und die Ruhe selbst. Ich entdeckte ihn vor Sam. Ich hatte bedenken, solange wir allein waren, lief Sam ja ruhig herum. Wie würde er auf andere Hunde reagieren. Die Antwort kam prompt. Gustaf sah Sam auf dem Hundeplatz und ließ einen tiefen Beller los. Sam bremste aus vollem Lauf und blieb wie angewurzelt stehen sah sich um und entdeckte Gustaf. Sofort rannte er in seine Richtung und bellte was das Zeug hielt. Den ganzen Zaun entlang, bis zum Eingang. Gustaf´s Frauchen hatte Mühe mit ihrem Schützling Schritt zu halten. Am Tor angekommen musste ich Sam erstmal beiseite nehmen, sonst hätte er die beiden wohl nicht rein gelassen. Der kräftige Gustaf zog sein Frauchen durch den Eingang. Die machte ihn so schnell sie konnte los, um nicht um zufallen. Und nun begann eine wilde Jagd. Gustaf und Sam rannten übers Gelände und tollten mit einander herum. Meine anfänglichen Bedenken waren wie weggeblasen. Gustaf´s Frauchen begrüßte mich. „ Guten Morgen, ich dachte wir wären allein heute Morgen. So ist Gustaf aber beschäftigt, auch gut. Ihrer ist aber schön. Wie alt?“ Hundebesitzer haben auch eine Eigenart. Wenn man sich trifft gibt es immer nur ein Thema. Hunde. Die Fragen gleichen sich auch meistens. „ Wie alt ist er den?“ oder „ Männchen oder Weibchen?“ Sam und Gustaf war das egal. Sie hatten offensichtlich Spaß. Gustaf war gerade dabei einige Stellen zu markieren. Sam beobachtete ihn neugierig, um danach jede Stelle mit seiner Duftmarke über zu markieren. Natürlich in der Hocke. Die beiden wurden Freunde und trafen sich von da ab fast jeden Morgen und Abend. Wir machten uns nach einer halben Stunde wieder auf den Rückweg. Sam war geschafft. Langsam trottete er neben mir her. Zu Hause angekommen, ging er müde auf seinen Platz und schlief, nachdem er ein große Schale Wasser soff, wobei er wie immer eine tropfende Spur durch die Wohnung hinterließ. Für mich war dieser erste Ausflug zur Hundefreilauffläche auch eine Wende. Ich beendete mein Couchpotatoe Dasein und fing an mich mehr zu bewegen. Danke Sam.


Erziehung???


Was mir an Sam am besten gefällt sind seine sehr guten Manieren. Er hört auf´s Wort. Wenn nicht beim ersten, dann aber auf jeden Fall auf das zweite.
Sam ist so gut erzogen das er, wenn wir ihm sein Futter hinstellen, er so lange wartet bis ihm einer von uns sagt, dass er fressen darf.
Er nimmt nichts von Fremden an. Selbst als Gustaf´s Frauchen ihm ein Hundekuchen vor die Schnauze hielt hat er ihn nicht genommen. Er ist ein richtiger Vorbildhund. Es sei denn er kriegt seine drollige fünf Minuten. Dann dreht er so richtig auf. Egal ob er draußen oder in der Wohnung ist. Das passierte immer , wen n er sich ins Spiel rein steigerte. Dann rannte er los. Und zwar so dass man das Gefühl hatte, sein Hinterteil wäre schneller. Fast sitzend raste er durch die Gegend. In der Wohnung ist das nicht ganz so lustig. Denn wenn das passierte raste eine über dreißig Kilogramm schwere Fellblitz durch die Flure. Da wir überall Laminat verlegt hatten, konnte Sam auch nicht bremsen oder lenken wohin er rutschte. Immer wieder drehte er Pirouetten oder rutsche irgendwo gegen. Das ihm nichts schlimmeres passierte, grenzt an ein Wunder. Den einige Male knallte er dermaßen an die Wand, dass ich mir ernsthaft Sorgen um ihn machte. Er schüttelte sich dann nur kurz und rannte weiter. Aus diesem Grund haben wir überall kleine Teppiche und Läufer auf das Laminat geklebt. Das sollte eigentlich das Unfallrisiko für senken. Aber Sam schaffte es meistens, bei seinen drolligen fünf Minuten, alle Teppiche und Läufer zu umrennen. Ich bin der Meinung das ihm die Rutschpartien durch die Wohnung Spaß bereitete. Denn er sah nach seinem Gerenne immer zufrieden und glücklich aus.
Es gibt bestimmt auch nicht viel Hunde die so rücksichtsvoll durch die Wohnung schleichen, wenn alles schläft. Sam kontrollierte Nachts immer alle Zimmer. Er schlich durch die Wohnung und steckte den Kopf in jedes Zimmer. Warum er das machte weiß ich nicht, er tat es wahrscheinlich um sein Rudel zusammen zu halten. Das Merkwürdige dabei war, normalerweise hörte man jeden Schritt von Sam in der Wohnung. Seine Krallen tapsten über den Bodenbelag und machten bei jeder Berührung ein klickendes Geräusch. Nachts schien er auf Samtpfoten zu laufen. Ich hatte ihn schon ein paar Nachts beobachtet. Er schlich fast ohne ein Geräusch durch die Wohnung, öffnete mit der Schnauze jede Zimmertür einen Spalt und steckte seinen Kopf hindurch. Dann verharrte er einen Augenblick um dann seinen Kontrollgang fortzusetzen. Können Hunde eigentlich ihre Krallen genauso einziehen wie Katzen. Es schien zumindest so. Denn immer wenn Sam dachte alles würde schlafen, zog er wohl seine Krallen ein und ging auf Schleichfahrt. Bis er merkte das ich ihn beobachtete. Dann schaltete er wieder auf Normal und kam klickend zu mir um vielleicht noch eine Steicheleinheit abzustauben.


Der erste Besuch


Einen Hund zu haben, bedeutet mehr Verantwortung und mehr Arbeit zu haben. Das liest und hört man immer wieder. Das kam mir bei Sam nicht so vor. Im Gegenteil je länger er bei uns war um so unentbehrlicher wurde er. Man hört immer von Hunden die sich zu Hause aufführen wie Bestien und die Einrichtung demolieren oder Schuhe und Klamotten zerpflücken. Sam hat auch das eine oder andere kaputt gemacht, aber eher aus Unachtsamkeit. Er hat schon mal einen Kaffeebecher mit dem Schwanz vom Wohnzimmertisch gefegt. Oder er hat wenn er jemanden zur Begrüßung anspringt, mit seiner Tatze ein Loch in den Pullover gemacht. Doch weder hatte er es auf unsere Schuhe abgesehen noch auf unsere Möbel. Das einzige wo er sich kaum im Zaum hielt war wenn Besuch kam. Bellen oder Beschützerinstinkt waren nicht das Problem. Nein er war nicht mehr zu halten wenn jemand zu Besuch kam. Jeder Fremde wurde aufgefordert mit zu spielen und ihn zu streicheln. Das tat er aber in einer so intensiven Weise, das wir ihn immer erst ins Badezimmer einsperren mussten, damit Besuch überhaupt erstmal rein kommen konnte. Wenn wir die Besucher dann vorbereitet hatten, ließen wir die Kuschelbestie los. Dann wurde gedrängelt, mit der Schnauze gestupst und freudig geknurrt. Erst wenn er von allen neuen Personen gestreichelt wurde, kehrte Ruhe ein. Egal wer kam. Ob es nun Verwandtschaft war oder der Mann der die Heizung ablas, jeder musste erst Sam streicheln. Als Beispiel, der Besuch meiner Schwiegermutter. Die Mutter von Sabrina, war eine selbst ernannte Hundekennerin. Scherzhaft von mir Hundeflüsterin genannt, oder Klugschwätzerin. Carina hatte selbst zwei Hunde zu Hause. Wenn man diese Hunde sah, wusste man wie hundeverständig sie wirklich war. Es waren zwei Pinscher. Eigentlich handelt sich es bei dieser Rasse um sehr zierlich Hunde. Ihre waren aber so fett gemästet dass sie völlig unförmig aussahen. Kleine Köpfe und auf zierlichen dünnen Beinen einen gewaltigen fetten Rumpf. Ein Rüden, den man sich nur mit äußerster Vorsicht nähern durfte, weil er sich sofort in alles verbiss was ihm vor die Schnauze kam. Und ein Weibchen die eigentlich nur niedlich wäre wenn sie nicht so dicklich wäre. Bei beiden konnte man die Folgen nicht nur sehen, sondern auch hören. Sie atmeten wie alte Dampflokomotiven. Das waren die Hunde meiner Schwiegermutter, einer die sich eben mit Hunden aus kannte. Ich freute mich nicht wirklich auf ihren Besuch, denn neben ihrem Hundverstand hatte sie auch eine starke Vorliebe für Gerstensaft und das roch man auch. Bei uns wird weniger getrunken. Selbst Weinflaschen die Sabrina und ich am Abend manchmal öffneten wurden nie leer. Es sei denn wir hatten Lust auf ein Bierchen, dann holten wir uns jeder eine Flasche bestes Guinness, was allerdings selten vor kam. Wenn meine Schwiegermutter zu Besuch war brachte sie sich meistens selbst einige Flaschen mit.
Es klingelte und Sam war hell auf begeistert. Wir hatten Sam vielleicht eine Woche und noch keinen Besuch bekommen. Also dachte ich mir nichts dabei als ich die Tür öffnete um Meine Schwiegermutter herein zu lassen. Sam hielt sich am Ende des Flures bereit und stand in den Startlöchern. Als meine Schwiegermutter in sein Blickfeld kam, gab es kein halten mehr für ihn. Freudig knurrend raste er auf sie zu. Eigentlich kenne ich sie nicht als schreckhaft Frau, aber jetzt hörte ich einen spitzen Aufschrei. Sam war an mir vorbei geflitzt und stürmte direkt auf sie zu. Er hatte sie nicht angesprungen, aber er rammte mit seinen 30 kg ihre Beine. Durch die Wucht wurde sie auf ihren Aller-wertesten katapultiert. Krachend landete dabei ihr Beutel mit den Bierflaschen auf dem Steinfußboden. Klirrend gingen die zu Bruch. Sam, durch den Lärm verstört, rannte wieder an mir vorbei in die Wohnung und versteckte sich hinter Sabrina. Das alles passierte so schnell, dass ich nicht hätte eingreifen können. Ich blickte auf Carina die auf dem Boden saß und dann zu Sam und Sabrina. Und obwohl mir Carina irgendwo Leid tat, musste ich laut los lachen. Erst recht als Carina sauer auf ihre zerbrochenen Bierflaschen im Beutel sah. Ich konnte mich nur schwer beruhigen. Erst als Sabrina mich von hinten knuffte, half ich meiner Schwiegermutter auf die Beine.Glucksend fragte ich sie: „ Hast du dir weh getan?“ „ Nein, aber mein Bier ist Schrott. Das Vieh ist wohl wahnsinnig geworden.“ Sagte sie richtig sauer. Immer noch gegen einen Lachkrampf ankämpfend antwortete ich: „ Er wollte doch nur hallo sagen.“ „ Ihr müsst ihn besser erziehen.“ und da war sie die Hundekennerin. Sabrina wollte die Situation retten, „ Ist doch nur Bier.“ Erst wollte sie mit Sam schimpfen. Aber als sie ihn ansah und er sie mit hängenden Ohren und seinem Hundeblick ansah konnte sie es nicht. „ Sam hat sich doch auch erschrocken, er kann doch nichts dafür. Ich mach das gleich weg. Komm erst Mal rein.“ Carina kam rein und war wenig begeistert, dass Sam keine Strafe bekam. Der traute sich nach einer Weile vorsichtig an sie heran. Er beschnüffelte sie und setzte sich wie zur Entschuldigung auf ihre Füße. Wie Sam es mit jedem tut, hatte er meine Schwiegermutter schnell auf seine Seite gezogen. Dafür beneide ich ihn.Sie gab uns den Nachmittag noch unendlich viele Tipps zur Hundeerziehung. Sie musste uns leider schon sehr früh verlassen. Denn sie hatte nur noch zwei Bier aus dem Beutel retten können. Und ganz ehrlich wer hält schon länger als drei Stunden aus, mit nur zwei Bierflaschen. Außerdem warteten ihre voll gefressenen Presswürste zu Hause auf sie. Wirklich wehmütig verabschiedeten wir sie.
Sie sollte aber lange nicht die letzte sein die Sam umwarf. Irgendwie hat er sich daraus einen Spaß gemacht. Selbst als wir die Polizei im Haus hatten. Respekt konnten die nicht von Sam erwarten. Die zwei Beamten klingelten bei uns weil unsere Auto aufgebrochen wurde. Sam hatte ich vorsichtshalber in das Badezimmer gebracht. Der eine Polizist meinte das dass nicht nötig wäre und ob ich ihn nicht raus lassen wollte. „ Ich habe auch zwei Hunde zu Hause. Da bin ich schon einiges gewohnt.“ Gut wenn das ein Gesetzeshüter zu einem sagt, will man ja auch nicht widersprechen. Ich ließ Sam raus. Der hatte natürlich gehört das Fremde in der Wohnung waren. Vorsichtig trottete er in Richtung Wohnzimmer und lugte um die Ecke. „ Na da ist er ja! Komm mal her!“ sagte der Hundebesitzende Beamte. Das war Sam´s Stichwort. Er rannte auf den hockenden Polizisten zu, bremste kurz vor ihm ab und dreht ihm seine Seite zu. So rammte er den Beamten, der umfiel. Sein Kollege hätte sich vor lachen fast daneben gesetzt. „ Er hat dich gewarnt.“ Der am auf dem Hosenboden sitzende Beamte wurde von Sam mit einem langen und intensiven Schlecker durchs Gesicht bedacht. Wir lachten alle zusammen und Sam wurde ausgiebig gestreichelt.

Wenn Uns jemand besuchen möchte sollte er auf mein Kuschelmonster gefasst sein und auf festen Beinen stehen. Es ist von Sam bestimmt nicht böse gemeint. Es ist nur seine Art sich zu freuen. Er kann auch anders, denn er ist sehr vorsichtig im Umgang mit den Kindern. Selbst wenn Vincent mal wieder Sam mit einer Kletterburg verwechselt und über ihn kraxelt, nimmt Sam das mit einem gelangweilten Blick zur Kenntnis. Erst wenn es ihm zu viel wird zieht er sich zurück.


Auf Entdeckungstour


Genauso gerne wie Sam kuschelt, genauso neugierig ist er. Alles und jeder wurde kontrolliert und untersucht. Mehr als einmal hat ihn das auch in Schwierigkeiten gebracht.
Eines Morgens, ich hatte Urlaub, tobten Sam und ich auf der Wiese vor unserem Haus. Eigentlich hatte er sich auf dem Hundeplatz schon richtig aus getobt. Aus anfänglichen zwei Hunden ist eine stattliche Morgenrunde mit meistens sechs bis sieben Hunden geworden. Glücklich tollten wir noch auf dem Rasen, als Sam plötzlich den Kater unserer Nachbarn erblickte. Stocksteif stand Sam da und starrte in die Richtung. Der Kater , wegen seiner Zeichnung im Gesicht immer nur Adolf genannt, stoppte kurz seinen Trott und blickte zu Sam. Dieser Kater war ein ganz schönes Kaliber und hielt Sam wohl nicht für eine Gefahr. Sam spurtete mit einem Mal los. Kurz vor Adolf, eigentlich hieß er ja Peterle, stoppte er und wollte ihn zum spielen animieren. Das Hinterteil hochgereckt und mit den Vorderpfoten und Oberkörper am Boden. Adolf ging sofort in Angriffsposition und stellte sich auf die Hinterpfoten. Er fauchte und wischte mit seinen Tatzen zur Warnung in Richtung Sam. Der verstand die Warnung aber völlig anders. Sein Gegenüber winkte ihm zu, also ein Freund. Ich versuchte Sam zurück zurufen. Nicht das ich Angst hatte das etwas passiert. Sam hatte schon des öfteren, Kaninchen oder andere Kleintiere gestellt. Nie hatte er auch nur den Ansatz zum töten gezeigt. Es sah eher aus als hätte er einen höllischen Spaß daran den Tieren einen Mordsschrecken einzujagen. Den sobald er sie gestellt hatte waren sie uninteressant für ihn und er ging einfach weg. So dachte ich würde es dieses mal auch sein. Sam machte vor dem verärgerten Adolf eine Rolle. Was Adolf mit noch lauterem Fauchen quittierte. Es hörte sich echt gefährlich an, aber Sam ging einfach noch dichter an den Kater heran. Schwanz wedelnd wollte er seinen neuen Freund begrüßen. Adolf schien das eindeutig zu weit zu gehen. Er holte blitzartig aus und verpasste Sam einen Schlag mit seiner Tatze. Er traf ihn direkt auf der Schnauze. Einen Moment stand Sam einfach nur da. Dann spürte er wohl den Schmerz des Katzenhiebes und lief jaulend zu mir. Er nieste und jaulte. Er versuchte mit seinen Pfoten über die Nase zu wischen. Ich kniete mich zu ihm runter um ihn zu untersuchen. Auf der Schnauze kurz hinter der Nase hatte er einen schwach blutenden Kratzer. Man merkte das Sam Schmerzen hatte. Er versuchte sich bei mir zu verkriechen und machte sich ganz klein. Als ich aufstand wollte er sogar auf den Arm. Ich ging schnell mit ihm rein. Sam verkroch sich gleich in seinen Hundekorb und strich sich über die Schnauze mit den Pfoten und nieste immer wieder. Ich rief bei unserer Tierärztin an. Die beruhigte mich. Wenn es stärker bluten würde hätte ich vorbei kommen müssen. Ich sah nach und es blutete gar nicht mehr. Eine schmerzhafte Erfahrung für Sam. Seit diesem Zeitpunkt machte Sam immer einen großen Bogen um Adolf und ein kleiner weißer Strich auf der Schnauze blieb trotzdem. Seiner Neugier, war nach diesem Vorfall, genauso groß wie vorher. Leider, den ansonsten wäre ihm die Begegnung mit Tyson erspart geblieben und uns auch. Tyson wahr ein riesiger Dogo Argentino. Ein Stadtbekannter Raufbold bekannt für seine Angriffslust. Normalerweise trug Tyson einen Maulkorb und war immer angeleint nur an diesem Samstagmorgen nicht. Er musste seinem Besitzer entwischt sein und lief führungslos durch den Park,durch den auch Sam und ich gehen mussten wenn wir zum Hundeplatz wollten. Wir waren sehr früh unterwegs, weil wir später noch etwas vor hatten. Sam und ich gingen durch den um diese Zeit menschen - und hundeleeren Park und wie so oft wenn wir so früh dort waren ließ ich Sam von der Leine. Was sollte schon passieren. Wir hatten unser Ziel schon fast erreicht als ich in fünfzig Metern Entfernung einen weißen Hund sah. Weit und breit war sonst kein Mensch zu sehen. Der Hund war allein. Zu spät erkannte ich Tyson, denn Sam hatte ihn auch entdeckt und spurtete auf ihn zu. Ich hatte Tyson schon gesehen. Selbst an der Leine und mit Maulkorb ging von dem Hund eine unbändige Aggression aus. Ich schrie: „ Hierher Sam. Aus! Komm her.“ Doch zu spät. Tyson entdeckte meinen Sam und rannte ihm das letzte Stück entgegen. Beide Hunde ignorierten mein Gebrüll völlig. Sam freute sich und wollte seinen vermeintlichen Spielkameraden begrüßen. Doch der massige Tyson griff ihn im vollen Lauf an und riss Sam zu Boden. Quiekend und jaulend trudelte Sam völlig überrascht über den Boden. Ich rannte los, die Leine in der Luft schwingend. Ich hatte keine Angst um mich, nur um Sam. Tyson hatte sich nach der ersten Attacke umgedreht und ging ein zweites Mal auf den am Boden liegenden Sam los und biss ihn. Ein markerschütternder Schrei verriet mir das es schlimm um Sam stand. Ich hatte ihn fast erreicht, als Tyson zum dritten Angriff ansetzte. Wieder wollte er Sam beißen, dann erreichte ich Tyson. Wie von Sinnen trat ich nach ihm und erwischte ihn voll. Bumm! Mein Tritt traf ihn am Brustkorb und hinderte ihn nochmals seine Zähne in Sam´s Fleisch zu graben. Der lag hechelnd am Boden. Mein Tritt, obwohl mit aller Kraft ausgeführt, hatte Tyson nur kurzfristig aus dem Konzept gebracht. Mit gesenktem Kopf starrte er mich an. Jetzt hatte ich Angst. Was sollte ich tun? Diese Rasse wurde für die Großwildjagd gezüchtet. Selbst eine Raubkatze wie ein Puma zählte zu dem Wild was sie jagten und zur Strecke brachten. Ich hatte nichts weiter als meine Leine in der Hand. Tiefes Grollen kam aus Tyson`s Kehle, gleich würde er auf mich losgehen. Dann tauchte, knurrend und Zähne fletschend, Sam neben mir auf. Ich sah eine tiefe und stark blutende Wunde an seiner Seite. Trotzdem stand er neben mir um mich zu beschützen. Tyson weiterhin mit gesenktem Kopf kam ganz langsam etwas näher. Er würde angreifen so viel war sicher. Ich sah mir meine Leine an. An beiden Enden hatte sie relativ schwere Karabinerverschlüsse. Ch griff die Leine mittig so dass die beiden Karabiner am Ende baumelten. Aus der Ferne sah ich jemanden auf uns zu rennen. Tysons Besitzer. Er hätte uns zu spät erreicht. Denn als er aus der Ferne Tyson anschrie setzte dieser zum Angriff an. Reflexartig schleuderte ich die Leinenenden gegen den Angreifer und traf. Beide Karabiner trafen, laut krachend, Tyson´s Schnauze. Jetzt jaulte dieser auf vor Schmerz. Bevor sich diese Bestie wieder berappelte, erreichte uns sein Herrchen. Dieser hechtete auf seinen Hund und nahm ihn mit kräftigen Armen in den Würgegriff. „ Ich habe ihn!“ sagte er zu mir. „ Leider viel zu spät!“ brüllte ich ihn an. Sam stand immer noch neben mir. Schwer atmend und sichtlich geschockt. Was tun? Nach Hause laufen wäre zu weit gewesen um Sam zu tragen Ich nahm mein Handy aus der Tasche und suchte die Nummer unserer Tierärztin heraus. Während das Handy wählte fiel mir ein das sie bestimmt nicht in der Praxis war um diese Zeit. Ich versuchte es trotzdem und betete das jemand ran ging. Mit der freien Hand fingerte ich ein sauberes Taschentuch aus der Jackentasche und drückte es Sam, der sich ins Gras gelegt hatte, fest auf die große Wunde. Es war ein Wunder, jemand am anderen Ende der Leitung ging müde ans Telefon. Mein Tierärztin. Hektisch erklärte ich was passiert war und fragte was ich tun sollte. Die Tierärztin versuchte mich zu beruhigen, doch bei dem Anblick des durch gebluteten Taschtuches auf Sam´s Wunde, war das unmöglich. Schließlich fragte sie mich wo ich sei. Sie würde sich sofort auf den Weg zu mir machen und helfen. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich nahm ein neues Taschentuch und drückte es wieder auf die Wunde. Tyson war inzwischen von seinem Besitzer angeleint und an einem Baum gebunden worden. Er kam zu mir. „ Sie haben meinen Hund verletzt. Er blutet.“ Ich sprang auf und packte den Mann am Kragen. „ Ja, ist das nicht furchtbar? Wenn ich gekonnt hätte wäre das jetzt sein kleinstes Problem.“ Schrie ich ihn an. Fast wäre mir die Hand ausgerutscht. Sein Hund blutete? Ich sah zu diesem Kampfhund rüber. Der tobte an der Leine und wenn er gekonnt hätte, hätte er da weiter gemacht wo er aufgehört hatte. „ Ich werde sie anzeigen.“ sagte der Mann zu mir. Der bullige Mann der gut einen Kopf größer war als ich, klang ein wenig klein laut. Ich hatte keine Lust mich mit ihm weiter auseinander zu setzen. „ Tun sie was sie nicht lassen können.“ sagte ich und stieß ihn von mir weg. Ich musste mich um Sam kümmern. Der lag immer noch auf der Seite im Gras. Ich setzte mich wieder neben ihn und drückte noch ein Taschentuch auf die Wunde. Ich begann mit ihm zu reden. „ Alles in Ordnung mein Freund. Du bist ein feiner. Das kommt alles wieder in Ordnung. Ganz ruhig.“ Er sah mich traurig an und legte den Kopf wieder ins Gras. Vier weitere Taschentücher später kam unsere Tierärztin angelaufen. Als ich sie sah war ich so erleichtert, dass ich sie hätte küssen können. „ Danke das sie so schnell gekommen sind.“ Sie lächelte. „ Sie hatten Glück, normalerweise gehe ich um diese Zeit nicht ans Telefon. So lassen sie mich mal sehen.“ Sie untersuchte Sam eine Weile. In der zwischen Zeit hatte Tyson´s Besitzer die Polizei gerufen. Der Trottel glaubte sich tatsächlich auch noch im Recht. Mir kam die Galle hoch. Ein Streifenwagen kam den Weg hoch gefahren. Die Beamten stiegen aus und der Trottel ging zu ihnen und zeigte auf mich. „ Es sieht wahrscheinlich schlimmer aus als es ist. Ich möchte ihn aber mitnehmen und in meiner Praxis genauer untersuchen. Zumindest hat er einen Schock.“ sagte meine Tierärztin von unten. „ Sam, komm mal her.“ Sie rief ihn und er stand wackelig auf. Dann kamen die Beamten zu uns. „ Guten Morgen, was ist denn hier passiert?“ fragte der Polizist mich freundlich. Ich erklärte was geschehen war und gab ihm meinen Ausweis. „ Ich möchte meinen Hund jetzt untersuchen lassen.“ Sam stand immer noch wackelig da. „ Ich habe meinen Wagen an der Straße stehen. Wir bringen ihn erstmal dorthin. Mal sehen ob Sam laufen kann.“ ich ging vor und rief ihn. Sam setzte sich wieder hin und wollte nicht laufen. „ Dann müssen wir ihn wohl oder übel tragen. Die Tierärztin ging vor und der Polizist half mir Sam zum Wagen zu tragen. Dort nahm er meine Personalien auf und meine Aussage, dann ließ er mich mit der Ärztin losfahren. In der Praxis versorgte sie Sam´s Wunden. Ich hatte bis dato, nur die eine klaffende Wunde gesehen Aber Sam hatte am ganzen Körper Biss und Kratzwunden. Er ließ alles über sich ergehen sogar das rasieren. Ich rief inzwischen Sabrina an und erzählte ihr von dem Vorfall und beruhigte sie erstmal. Sie war trotzdem den Tränen nah. Die Ärztin kam zu mir. „ So, Sam geht es soweit ganz gut. Er hat aber ordentlich etwas abgekriegt. Ich habe ihm jetzt ein Schmerzmittel gespritzt und etwas zur Beruhigung. Er wird heute viel Ruhe brauchen. Machen sie es ihm gemütlich und sie sich keine Sorgen. Der kommt schnell wieder auf die Beine.“ Etwas beruhigter rief ich mir ein Taxi und fuhr mit einem benommenen Sam nach Hause. Dort baute ich ihm ein Nest im Badezimmer wo er sich ausruhen konnte. Die große Wunde heilte ziemlich schnell. Nur die vielen kleinen Biss entzündeten sich ziemlich stark. Sam bekam hohes Fieber. Die Tierärztin kam fast täglich zu uns um nach ihm zu sehen. Sam fraß nichts mehr und lag nur noch im Badezimmer. Obwohl er sofort ärztlich versorgt wurde holten ihn diese kleinen Bißwunden, derart von den Beinen, dass sich die Ärztin ernstliche Sorgen machte. Eine Woche nachdem Sam Fieber gekriegt hatte sagte sie zu uns: „ Ich kann nichts mehr tun. Wenn er nicht die nächsten zwei Tage frisst, sollten sie darüber nachdenken, ihn von seinem Leiden zu erlösen.“ Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und Sabrina weigerte sich einfach zu akzeptieren das Sam leidete. Die nächsten zwei Tage wich sie Sam nicht von der Seite und versuchte ihn immer wieder zum fressen zu bewegen. Nichts. Nach zwei Tagen, ganz früh am Morgen es war noch dunkel. Wurde ich durch ein Geräusch wach. Sabrina saß im Badezimmer und war eingeschlafen. Sie wollte Sam nicht allein lassen. Das Geräusch kam aus der Küche. Ich knipste das Licht an und sah wie Sam über seinem Futternapf stand und fraß. Ich gebe es zu eine kleine Träne lief mir über die Wange. Ich weckte Sabrina und zeigte ihr Sam. Überglücklich fielen wir uns in die Arme. Sam sah aus wie ein gerupftes abgemagertes Hühnchen. Aber er war wieder da.
So fiel Glück hatte Tyson nicht. Die Anzeige seines Besitzers beantwortete ich natürlich mit einer Gegenanzeige. Ein Richter verurteilte Tyson zu einem intensiven Wesenstest und seinen Besitzer zu einer saftigen Geldstrafe. Tyson fiel beim Wesenstest durch. Er sollte an einem Kinderwagen vorbei gehen. Das schaffte er nicht und zerlegte ihn komplett. Tyson´s Besitzer erhielt keine Haltegenehmigung mehr und musste Tyson weggeben. Den der hatte auch in der Vergangenheit immer wieder Hunde und Menschen gebissen. Für uns war das zweitrangig. Wichtig war es das Sam diesen Angriff und das Fieber danach überlebt hatte. Es dauerte noch etwa zwei Wochen, bis Sam wieder ganz gesund war. Die rasierten Stellen wuchsen auch schnell wieder nach. Trotz der schwere seiner Verletzung und dem Angriff konnte ich bis heute keine Wesensänderungen an ihm feststellen. Er war der Alte. Neugierig und ein Schritt weiter als er dachte. So wenig wie Sam sich an diesen Vorfall zu erinnern schien, genauso sehr traumatisierte mich dieses Erlebnis. Immer wenn ein Hund ohne Besitzer in der Nähe war zog ich Sam dicht zu mir. Nochmal würde ich nicht zulassen, dass er so verletzt wird.


Sam´s siebter Sinn


Ich glaubte nie an übersinnliches oder übernatürliches. Für alles gab es eine plausible Erklärung. Bis Sam in unser Leben trat. Ich weiß das es sich merkwürdig anhört, aber dieser Hund hatte übersinnliche Fähigkeiten.
Nach der Geburt unseres zweiten Sohnes, ging es Sabrina nicht so gut. Ihr fiel es immer schwerer am Familienleben teilzunehmen. Sie war Antriebslos und wollte kaum noch raus. Sam reagierte als erstes auf die Veränderungen seines Frauchens. Es war jetzt nicht so wie bei Lassie. Aber er beschäftigte ausschließlich mit ihr und wich ihr kaum von der Seite. Selbst zu raus gehen musste man ihn regelrecht zwingen. Ich hielt Sabrina´s Zustand für den Babyblues wie ihn viele Frauen nach der Geburt haben. Sam merkte aber das es ernster um sein Frauchen stand und bewachte sie. Erlag den ganzen Tag und die ganze Nacht an ihrer Seite. Immer wenn sie sich bewegte wurde er wachsam und versuchte sie zum streicheln zu animieren oder mit ihr zu spielen. Als es ihr nach einem Monat noch schlechter ging, brachte ich sie zum Arzt. Der stellte eine ausgewachsene Depression fest. Zu ihrer Antriebslosigkeit, gesellten sich noch Angstzustände und Panikattacken. Wenn sie sich überwand und mit mir zum einkaufen ging hielt sie es keine zehn Minuten im Laden aus und musste an die Luft. Auch machten enge Räume und Menschenansammlungen zu schaffen. Depressionen wünscht man niemanden. Keiner kannte die Ursache für diese Erkrankung. Der Arzt vermutete eine versteckte Depression die nach der Geburt unseres Nesthäkchens vollends ausbrach. Ich machte mir große Sorgen um sie. Auch die Kinder merkten das es Mama nicht gut ging. Sie bekam Medikamente die sie völlig außer Gefecht setzten. Das einzige was sie ein wenig aufmunterte war Noah unser Nesthäkchen und Sam. Man spürte wie sehr Sam die Situation belastete. Wenn ich ihn dazu bekam mit mir vor die Tür zu gehen, dann nur um seine Notdurft zu verrichten und um gleich wieder zurück zu Sabrina zu kehren. Ihm war die ganze Zeit über nicht nach spielen oder austoben. In den zwei Monaten wo es meiner Frau richtig schlecht ging habe ich gerade einmal geschafft ihn zum Hundeplatz zu kriegen. Dort angekommen tollte er zwar herum, aber nicht lange. Dann stand er wartend am Tor und wollte wieder heim. Sabrina ging in diesen zwei Monaten durch die Hölle und ich auch. Sie hatte sogar Selbstmordgedanken. Sam passte immer auf sie auf. Später berichtete sie mir, als es besonders schlimm war, sei Sam sogar zu ihr ins Bett gekrochen und hätte sich ganz dicht an sie geschmiegt.
Endlich fand der Psychiater, die richtige Medikation. Langsam ging es wieder Berg auf mit ihr. Sie konnte wieder fast Beschwerdefrei am Leben teilnehmen. Sie konnte endlich mit einer Therapie anfangen. Das furchtbare an Depressionen ist das sie eigentlich nie weggehen. Man kann nur lernen mit ihnen zu Leben.
Sam begann auch wieder herum zu spielen und seinen Auslauf wieder im vollen Umfang in Anspruch zu nehmen. Wie feinfühlig er reagierte merkte man immer wenn jemand krank wurde. Demjenigen dem es schlecht ging, um den kümmerte sich immer Dr., Sam. Selbst als Noah einmal einen schlimmen Husten hatte, war Sam immer in seiner Nähe. Wir hatten Mühe ihn davon abzuhalten Nachts aus dem Zimmer zu bleiben. Man könnte sagen Sam ist der Medizinmann seines Rudels war. Auch mich ließ er nicht allein. Ich hatte mir einen Hexenschuss zu gezogen. Wer das kennt weiß wie unangenehm und schmerzhaft so etwas ist. Am besten half mir mich flach auf den Boden zu legen. Sam war wieder einmal zur Stelle und legte sich zu mir. Es half vielleicht nicht physisch aber es tat gut das er da war. Ich drehte mich langsam auf die Seite und wollte mich vorsichtig erheben, als Sam sich an meinen Rücken schmiegte. Ich spürte wie sein Rücken an meinem lag und die Wärme die von ihm ausging mir Linderung verschaffte. Seitdem ist diese umgekehrte Löffelchenstellung, fester Bestandteil unseres allabendlichen Kuschrituales.

Das ist nur ein Beispiel für den siebten Sinn von Sam. Manchmal Abends oder Nachts sitzt er im Flur und starrt auf eine Stelle auf der Wand. Er sitzt da mit erhobenen Ohren als ob er jemandem zu hört. Es ist aber immer die selbe Stelle. Ich habe schon mit vielen Hundeexperten gesprochen ( Mit Ausnahme meiner Schwiegermutter), aber keiner hatte ein Erklärung für Sam´s Verhalten. Ich untersuchte die Stelle in der Wand. Es verlaufen weder elektrische Leitungen noch andere Sachen in dieser Wand. Es ist einfach eine Wand. Ich habe Sam immer wieder beobachtet. Es beginnt plötzlich. Er kommt angelaufen, egal wo er sich gerade in der Wohnung auf hält. Ob er frisst oder schläft. Er unterbricht alles und rennt zu diesem Punkt an der Wand und setzt sich davor und lauscht. Manchmal hält er den Kopf schräg, was er eigentlich nur tut wenn jemand mit ihm redet. Genauso plötzlich wie es begann, genauso plötzlich war es immer wieder vorbei und Sam ging seiner Beschäftigung nach die er unterbrochen hatte. Ich suchte nach einer Lösung, fand aber keine. Ich beschloss einen Bekannten zu fragen. Der beschäftigte sich mit übernatürlichen Phänomenen, hobbymäßig. Ich schilderte ihm Sam´s Verhalten. Eigentlich habe ich Thorsten´s Hobby immer belächelt, aber ich wusste mir sonst keinen Rat. Nun lächelte Thorsten. „ Hunde haben viel feinere Sinnesorgane, als Menschen. Vielleicht hast du genau an diesem Punkt ein sehr leises Echo und Sam hört das. Oder, diese Erklärung wird dir nicht gefallen, du hast einen Geist im Haus.“ er lächelte weiter. „ Ich nehme das Echo. Ich glaube nicht an Geister.“ „ Hunde haben durch ihre geschärften Sinne, einen viel besseren Zugang zu solchen Dingen. Du brauchst nicht an Geister glauben. Es ist auch nichts schlimmes einen Geist zu haben. Schlimm wäre es nur wenn du dich in der Nähe dieses Punktes, den Sam anstarrt, unwohl oder ängstlich fühlst. Solange du aber keine Angst verspürst, ist alles in Ordnung.“ Er zeigte mir noch mehr übersinnlichen Schnickschnack, mit Hunden. Interessant aber ich beschloss das er wirklich mit dem Echo recht hatte. Sicher war ich mir nicht. Am Abend wieder das gleiche Spiel. Sam lag auf seinem Platz und kaute auf seinem Spielzeug. Plötzlich sprang er auf und rannte in den Flur. Ich folgte ihm und wieder saß er an der gleichen Stelle. Ich kniete mich zu ihm und versuchte zu lauschen. Ich hörte überhaupt nichts. Sam schien aber etwas zu hören. Wieder legte er den Kopf zur Seite. Ich erinnerte mich was meine Bekannter zu mir gesagt hatte. Ich achtete auf mein Gefühl. Ich spürte eigentlich gar nichts. Nur ganz tief in mir verspürte ich ein wenig Geborgenheit. Ob das mit dem diesem Punkt zu tun hatte, wage ich zu bezweifeln. Aber Fakt wahr das sich irgend etwas an dieser Stelle befand. Ich legte meine Hand auf die Wand und tastete darüber. Ein Fleck von etwa zwanzig Zentimetern fühlte sich wärmer an als der Rest der Wand. Erstaunlich war das schon, aber erstaunlicher war, Sam bellte. Genau in dem Moment wo ich meine Hand auf diese Stelle legte. Sam bellte, das tat er eigentlich nur wenn er im Hausflur ein ungewöhnliches Geräusch hörte. Ich sah ihn an und er kam schwanzwedelnd zwischen meine Beine. Ich streichelte ihn. Ich hatte keine Ahnung was das alles bedeuten sollte. Sam verzog sich dann wieder auf seinen Platz und bearbeitete wieder sein Spielzeug. Ich stand im Flur und legte nochmals meine Hand auf die Stelle. Kein Unterschied zur restlichen Wand. Ich erzählte Sabrina davon und wollte es ihr am nächsten Abend zeigen. Wir warteten, aber nichts passierte. Sam saß nie wieder vor dieser Stelle. Ich habe keine Erklärung für dieses Phänomen, aber seit diesem Vorfall, bin ich nicht mehr so überzeugt das es keine Geister gibt. Wenn es welche gibt, bin ich überzeugt, dass Sam sie sehen kann.


Ohne Hund???


Sam wurde älter und die Kinder größer. Ich denke oft bei unseren Spaziergängen darüber nach, was wir getan hätten wenn Sam uns nicht gefunden hätte. Unser Leben wäre ganz anders verlaufen. Ob es vielleicht noch besser verlaufen wäre glaube ich weniger. Dieser Hund war und ist ein solcher Zuggewinn für uns gewesen, dass er überhaupt nicht mehr weg zu denken wäre.
Wirkliche Schwierigkeiten hat er uns eigentlich nie gemacht. Sam ist immer da wenn man ihn braucht, oder wir für ihn. Ich wurde traurig wenn ich daran dachte dass er nicht so lange lebt wie ich. Ich weiß wir alle haben nur begrenzt Zeit, aber warum hat er nur so wenig? Mir graute vor dem Tag an dem er nicht mehr bei uns sein würde. Oder schlimmer noch wir ihn töten lassen müssten . Noch ging es diesem friedlichem Kerl gesundheitlich gut. Aber was wenn es ihm irgendwann so schlecht geht das er leidet. Hätte ich dann die Stärke zu sagen: „ Es ist besser so!“ Nein, ich glaube das ich das nicht könnte. Im Gegenzug könnte ich unseren treuen Gefährten nicht leiden sehen.
Warum ich mir solche Gedanken machte? Ich traf Gustaf´s Frauchen. Allein. Sam sah sie auch und suchte alles nach seinem Freund ab. Mit Tränen in den Augen erzählte sie mir das Gustaf nicht mehr lebte. Wortlos und geschockt hörte ich ihr weiter zu. Gustaf stand eines Morgens nicht wie gewohnt durch die Wohnung gelaufen und lag winselnd auf seinem Platz. Sein Frauchen ist sofort mit ihm zum Tierarzt gefahren. Gustaf konnte nicht mehr laufen vor Schmerzen und musste vom Wagen aus getragen werden. Die Untersuchung zog sich hin und sie musste draußen warten. Was eigentlich immer ein schlechtes Zeichen ist. Als der Arzt zu ihr kam, sagte er ihr, ohne Umschweife, dass es für Gustaf keine Rettung mehr gab. Sein Körper war voller Geschwüre und die waren bösartig. Krebs im Endstadium. Für Sie brach eine Welt zusammen. Gustaf war gerade mal sieben Jahre alt geworden. Am Tag zuvor tobte er noch mit Sam auf dem Hundeplatz und keiner hatte geahnt wie krank er eigentlich war. Der Arzt erklärte ihr das Hunde eher nach innen leiden. Man merkt ziemlich spät oder überhaupt nicht wenn sie starke Schmerzen haben. Dann versuchte er sie davon zu überzeugen, dass es besser für Gustaf sei wenn er sofort eingeschläfert würde. Sie wehrte sich zu Anfang und verweigerte ihre Zustimmung und wollte zu ihrem Hund. Der Arzt nickte und er brachte sie zu Gustaf. Der lag auf einem OP-Tisch, teilweise rasiert um ihn besser zu untersuchen. In seinem Bein steckte ein Zugang an dem ein Tropf hing. Sie hatten ihm starke Schmerzmittel verabreicht. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, als Gustaf müde seinen Kopf hob und sie an sah. Sie umarmte den todkranken Gustaf lange. Der Arzt bat sie inständig sich es nochmal zu überlegen. Gustaf hatte so vielleicht noch ein paar Tage voller Schmerzen vor sich, ob sie dass wirklich wolle. Wie zur Bestätigung sah Gustaf sie an und versuchte mit dem Schwanz zu wackeln. Sie musste ihn gehen lassen. Sie bat den Arzt darum dabei zu sein. Der nickte und begann mit einer Helferin alles vorzubereiten. Der Arzt erklärte ihr was sie dann taten, aber sie hörte nicht mehr zu. Sie hielt Gustaf fest im Arm. Ein tiefer Seufzer kam von dem ehemaligen Kraftpaket. Dann setzte der Arzt die erste Spritze. Sekunden später schlief Gustaf ein. Dicke Tränen liefen über ihr Gesicht als er seine Augen schloss. Wenige Augenblicke später wurde die tödlich Injektion gesetzt. Gustaf nahm schlafend noch einen tiefen Atemzug und atmete lang aus. Dann war es still. Gustaf war tot.
Ich hatte beim Zuhören einen solchen dicken Kloß im Hals als wäre ich dabei gewesen. Tränen stiegen mir in die Augen. Gustaf´s Frauchen begann hemmungslos zu weinen. Ich nahm sie tröstend in den Arm. Ich konnte ihr nichts sagen. Einen Augenblick standen wir da, als Sam uns daran erinnerte das es trotzdem weiter gehen muss. Er kam zu uns und stupste Gustaf´s Frauchen mit seiner Schnauze. Als sie nicht gleich reagierte, bugsierte er ihre Hand über seien Schädel und ließ sie da liegen. Schluchzend beugte sie sich zu Sam herunter und umarmte auch ihn. Der tröstete sie auf Hundeart. Er schleckt ihr durch das Gesicht. Sie redete noch kurz mit Sam und streichelte ihn. Dann wollte sie weg. Ich wollte noch etwas tröstendes sagen, aber mir viel beim besten Willen nichts ein. Was sollte ich auch sagen. Das Leben geht weiter, oder das wird schon wieder. Nein das passte alles nicht. Wer nicht selbst schon einmal einen Hund hatte kann nur schwer den Schmerz dieses Verlustes, nachempfinden. Ich blickte ihr einfach nur hinterher. Sam und ich gingen auf den Hundeplatz. Ich weiß nicht wieso, aber ich glaube Sam wusste das er seinen Kumpel nicht so schnell wiedersehen würde. Sam tobte über die Wiese, schaute aber immer wieder in die Richtung aus der Gustaf immer gekommen war. Seitdem machte ich mir immer wieder Gedanken wie ich in einer solchen Situation handeln oder reagieren würde. Ich weiß es nicht. Ich stand Abends auf dem Balkon und rauchte eine Zigarette. Ich sah zum Himmel und sagte: „ Alles Gute Gustaf. Wir sehen uns irgendwann wieder.“
Ich berichtete Sabrina später was passiert war. Sie kannte Gustaf auch gut und Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Sam lag vor unserem Bett und schnarchte schon. Wir sahen ihn an und wussten das wir ihn unter keinen Umständen verlieren wollten.

Bis heute ist unser Wunsch in Erfüllung gegangen. Sam ist immer noch bei uns und lebt ein glückliches Hundeleben. Ausreichend Futter und Liebe, sind für ihn das wichtigste.
Traurig werde ich nur wenn ich daran denke das er nicht so viel Zeit hat wie Wir.


Ende


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Tag der Veröffentlichung: 19.12.2010

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