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fee und frosch


Fee und Frosch



sitzt fee am rand des tümpels – sonne scheint, milde wärme zum ende des sommers – alles friedlich. fee beobachtet libellen, blau und rot jagen sie sich über die wasseroberfläche - seerosenblätter treiben langsam um ihre stängel herum und frosch sitzt neben ihr – schaut ihr zu, schaut ihr beim zuschauen zu, sabbert ein wenig in einer falte ihres kleides und wünscht sich, von ihrem tellerchen zu essen und in ihrem bettchen zu schlafen. die fee. sie glimmt, sie leuchtet – für frosch unerreichbar, aber er sitzt neben ihr, sabbert ein wenig und patscht hin und wieder ihren unterarm ¬– sie wischt ihn weg, er sabbert auf ihren unterarm – sie wischt ihn weg – er hüpft in ihren schoß und fee schaut ihn an. ihre rechte hand - ihr rechter zeigefinger berührt seinen kopf. die augen von frosch drehen sich nach oben – er sucht das gesicht von fee, ihren blick – und sieht nichts – fee schaut schon wieder den libellen zu und ihr rechter zeigefinger wandert am rücken von frosch entlang. ist frosch kitzelig? er dreht sich, stützt seine vorderbeine auf fees linken oberschenkel und richtet sich auf, was ist so interessant, dass fee ihren blick nicht vom wasser lassen kann? libellen – ja, blätter ja – , frosch ist doch auch grün und lebt am tümpel. frosch patscht ein wenig auf fees schenkel herum.

fee nimmt frosch in ihre linke hand und hält ihn fest – sie mag das patschen nicht, jetzt nicht. sie schaut ihn an – frosch ist fast glücklich und strengt sich an, jetzt die richtigen worte und sätze finden, jetzt fee seine liebe gestehen – aber fee schaut schon wieder aufs wasser und senkt ihre hand, legt sie auf ihren schoß, zieht sie fort und frosch sitzt weiter auf ihrem schoß. fee legt wieder ihren rechten zeigefinger auf seinen kopf und patscht ihn leicht – frosch fängt an , sich wohl zu fühlen und richtet sich auf ihrem schoß ein, er sucht die falten ihres kleides und sabbert – fee ist jetzt mit ihrem finger auf seinem rü-cken und packt sein rechtes bein. da fliegen zwei blaue libellen vorbei und werfen fast einen schatten auf fee und frosch – wenn sie nicht so schnell wären; fee springt auf, schaut den libellen nach und reißt dabei frosch sein rechtes bein aus.

das ist schlimm. frosch ist erschrocken – erstaunt und geschockt als er fee mit seinem bein in der hand sitzen sieht. fee merkt nicht, was sie mit frosch gemacht hat. frosch ist enttäuscht, dass fee ihn noch immer nicht beachtet, nur sein rechtes bein in der hand hält – frosch fühlt keinen schmerz und versucht, sich im schoß von fee aufzurichten, was nicht einfach ist, wenn man nur ein bein hat. frosch quakt, fee hört nicht. frosch quakt lauter, fee schaut nicht hin. frosch patscht die fee und fee nimmt ihn auf. frosch ist fast glücklich und hofft auf ein tröstendes wort, auf eine entschuldigung, ein wort des bedauerns von fee – doch sie setzt ihn wortlos neben sich. zwei sekunden später steht sie auf und geht auf die suche nach himbeeren.

frosch ist enttäuscht und der schmerz seiner unerwiderten liebe ist stärker als der schmerz des fehlenden beins. er will ihr nachhüpfen, so schnell gibt er nicht auf – aber die neue realität ist stärker als seine absichten. er fällt auf die seite, als er einen großen satz machen will; er rappelt sich auf – und versucht einen neuen satz, der ihn vorwärts aber auch nach rechts in die gräser trägt. frosch beginnt zu verstehen, er wird nicht mehr ohne weiteres in der nähe von fee sein können. fee ist längst in den himbeersträuchern verschwunden, er kann sie nicht mehr sehen. fee ist schnell und löst sich oft in licht auf. frosch ist langsam und haftet an der erde. frosch will fee wiederfinden und hüpft mit seinem einem bein in richtung der himbeersträucher. er erschrickt, als er plötzlich sein rechtes bein im gras findet, das fee weggeworfen hat – was soll sie auch mit einem froschbein: essen mag sie es nicht, zum spielen taugt es nicht und sie kann damit auch keine anderen tiere anlocken.

frosch ist noch mehr enttäuscht; er hätte gerne sein bein für fee gegeben – dass fee sein bein einfach wegwirft, gibt ihm einen stich – in seinem froschherzen, in seinem frosch-körper schmerzt es und er sitzt einen moment regungslos. es ist still – im gras, in der nähe der himbeeren, kein lüftchen regt sich, kein blatt bewegt sich. frosch spürt die sonne auf seinem rücken – wo ist fee? frosch legt sich auf die seite und versucht, sein bein aufzuheben; er will es mit ins wasser nehmen. mühsam schleppt er sich mit einem bein und seinem bein zwischen seinen armen zum teich. fee ist nicht zu sehen. das bein ist überraschend schwer, frosch kann seine arme nicht zum hüpfen benutzen, das bein ist im weg. er schlingt seine zunge um das bein und zieht es hinter sich her – so kommt er besser voran. der teich ist in sicht.

frosch schiebt sich ins wasser, da fühlt er sich wohl, kann schwimmen und vermisst das bein nicht so sehr. das bein liegt am ufer. von fee ist weiter nichts zu sehen. frosch ist traurig. er vermisst fee, hat angst, dass er jetzt nicht mehr auf ihren schoß springen kann, dass sie ihn jetzt nicht mehr ansehen wird – einen einbeinigen frosch, wer will den schon sehen, wer will den schon berühren. die sonne geht unter, der himmel leuchtet orange und violett, feenfarben und frosch sitzt auf einem seerosenblatt, schaut in den himmel. manchmal kann er um diese zeit fee im wald sehen, sie leuchtet dann in der dämmerung. heute bleibt der wald dunkel, der teich auch. frosch ist sehr erschöpft und schläft ein. das bein liegt am ufer.

am nächsten morgen liegt ein kleiner nebel über dem teich. frosch wacht auf, es ist kühl und er lässt sich ins wasser fallen. schwimmen mit einem bein. die bewegung tut ihm gut. frosch sucht nach seinem bein – es ist nicht mehr da. der nebel driftet hin und her und frosch sieht in einer nebellücke fee vor ihrer höhle sitzen. sie hat eine decke über den schultern und sieht traurig aus. frosch hüpft mit seinen vorderbeinen zu fee, er strengt sich sehr an, fee verschwindet of so schnell – früher konnte er ihr folgen, mit einem bein schafft er das nicht mehr. er will zu ihr, will sich in den falten ihres kleides wärmen. vielleicht nimmt sie ihn auf und schaut ihn an, mit ihren himbeeraugen, patscht ihm den rücken. frosch hält es nicht aus, wenn fee traurig ist – was ist seine traurigkeit gegen fees traurigkeit. er weiß, warum er traurig ist – weil sein bein weg ist oder weil fee ihn nicht liebhat. fee weiß nicht, warum sie traurig ist, vielleicht weiß sie noch nicht einmal, dass sie traurig ist. fee bewegt sich nicht, frosch sitzt jetzt vor ihr und quakt leise.

der nebel liegt feucht auf fees schultern, frosch macht das nichts aus, aber fee friert, an diesem morgen. frosch quakt noch einmal und fee schnappt ihn, hält ihn in ihrer linken hand und nimmt ihn mit in ihre höhle. frosch staunt. er hat noch nie eine feenhöhle von innen gesehen – es ist dunkel, aber nicht kühl. fee leuchtet im dunkeln, frosch sieht die wände der höhle in einem dunklen blau. er kann nicht viel erkennen und fee setzt ihn ab. der boden der höhle ist trocken und sehr weich. ein wenig wie die falten von fees kleid. die augen von frosch gewöhnen sich an die dunkelheit, er kann verschiedene gegenstände unterscheiden. fee wickelt sich in ihre decke und nimmt einen schluck tee. frosch patscht mit seinen armen auf fees decke. fee schaut ihn an, abwesend, und berührt ihn mit ihrem finger. frosch empfindet diese berührung als sanft und sabbert ein wenig auf fees decke. fee lässt ihn, wischt ihn nicht weg.

frosch quakt sehr leise, mehrmals hintereinander. fast scheint es, als würde fee ihm zuhören, sie bewegt sich nicht. frosch schaut sich in der höhle um – und sein herz hüpft plötzlich. er sieht sein bein, sein bein in fees höhle. er zupft an fees decke und quakt jetzt lauter. fee schaut ihn an, sie weiß nicht, was frosch meint. frosch zupft an fees decke, und robbt sich in richtung bein. fee schaut ihm nach, sie nimmt noch einen schluck tee. frosch mag die höhle von fee, der boden ist weich und trocken, dunkelblau, wie manchmal das wasser im tümpel. er erreicht sein bein und schleppt es langsam in richtung fee. er will es ihr schenken, er ist glücklich – sie hat sein bein am ufer des tümpels gefunden und in ihre höhle mitgenommen. sie hat sein bein. vielleicht möchte sie auch sein herz? seine zunge, sein anderes bein?

frosch legt das bein vor fee auf den boden der höhle. fee schaut das bein an, schaut ihn an. frosch quakt, sabbert ein wenig, er ist aufgeregt. fee nimmt das bein in die eine und frosch in die andere hand. das herz von frosch schlägt ganz schnell, wird fee sein bein behalten? nimmt sie sein geschenk an? versteht sie nun, dass er sie liebt? er zeigt ihr seine zunge und patscht auf ihrer hand herum. fee schaut ihm zu, und frosch findet, dass sie jetzt nicht mehr traurig aussieht. fee beobachtet seine zunge. und dann – frosch fasst es nicht – nimmt sie sein bein und leckt es ab, und leckt die stelle ab, an der das bein sitzen sollte. das kitzelt und frosch ist überglücklich – sie küsst ihn, sie küsst sein bein, sie liebt ihn, was bedeutet da noch ein ausgerissenes bein. fee macht eine schnelle bewegung – und hält das bein an seine hüfte, setzt es an die richtige stelle, drückt es ein wenig an. es hält.

frosch fühlt ein kribbeln, das bein zuckt, gehorcht ihm noch nicht wieder ganz, aber er kann es bewegen. er richtet sich auf fees hand auf, verwundert, er schaut sie an. und fee setzt ihn ab, neben sich – sie nimmt einen schluck tee. frosch ist ganz still. das bein zuckt ein wenig. er macht einen kleinen satz in fees richtung. er springt auf ihren schoß. fee schaut zum eingang der höhle, der nebel ist jetzt weniger dicht. frosch patscht den arm von fee; er weiß noch nicht, ob er glücklich sein soll, sein bein wieder zu haben oder unglücklich, weil fee sein bein nicht behalten hat. fee schaut dem nebel zu, sie wickelt sich aus ihrer decke und patscht frosch kurz auf den rücken. sie leuchtet jetzt sehr hell, ohne decke. frosch schließt die augen, das licht blendet ihn und er verliert einen moment die orientierung.

als er wieder klar sehen kann, ist er allein in der höhle, fee ist draußen, auf dem weg in die himbeeren. frosch ist allein, mit seinem bein. er hüpft in der höhle herum, nimmt einen schluck von fees tee, sabbert ein wenig auf fees decke und genießt den weichen boden der höhle. dann macht er einen großen satz ins licht, vor die höhle – fee ist nicht zu sehen. frosch schaut sich um. vom teich hört er das surren der libellen. der tag wird schön. frosch hüpft zum teich. heute nachmittag wird fee zurück sein, satt, voller himbeeren sitzt sie dann am rand des tümpels und frosch wird auf ihren schoß springen. und mit fee zusammen den libellen zuschauen.

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Tag der Veröffentlichung: 22.10.2011

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