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Große Pause


Zu Lausbubengeschichten fällt mir eigentlich nicht viel ein. Wir Mädchen waren damals einfach zu brav und haben nicht viel angestellt, oder?
Ich kann mich jedenfalls nicht an viele Begebenheiten erinnern die man in diese Kategorie aufnehmen könnte. Ob es nun daran liegt, das ich viele Späße und Scherze einfach vergessen habe, weil sie eigentlich gar nicht erwähnenswert sind, oder weil ich wirklich nicht, aber überhaupt gar nichts angestellt habe.
Aber vielleicht passt ja meine kleine Pausenhofgeschichte.
Pausen sind ja bekanntlich wie das Salz in der Suppe. Als ich von der Grundschule auf die Realschule wechselte, war es schon spannend. Meine neue Schule lag in einem anderen Stadtteil, den ich nur mit dem Fahrrad oder dem Schulbus erreichen konnte. -Ach, nee.- Zu Fuß wäre es auch noch gegangen, aber da hätte ich mindestens 30 Minuten laufen müssen. In den Sommermonaten bin ich dann geradelt und im Winter bekam ich eine Fahrkarte für den Bus. Jedenfalls hatte meine neue Schule nicht viel mit der alten gemein. Sie war viel, viel größer, hatte einen mindestens dreimal so großen Pausenhof und die Schüler waren auch alle viel größer. Kein Wunder, es war ja eine weiterführende Schule, da gehörte ich nun wieder zu den Jüngsten. Die ersten Tage waren jedenfalls sehr aufregend und man stelle sich mal vor, hier gab es sogar eine Raucherecke.
Was mich und meine Freundinnen allerdings viel mehr interessierte war der Kiosk vor der Schule.
So etwas kannten wir noch gar nicht, in der Grundschule dürfte man keine Süßigkeiten verzehren, jedenfalls nicht im Dabeisein der Lehrer. Der Kiosk wurde nun zum Dreh- und Angelpunkt für uns kleinen Dötze und wir schleppten so einiges an Taschengeld dorthin.
Während der Schulzeit war es verboten den Pausenhof zu verlassen und zum Kiosk zu gehen. Die ersten Wochen hielten wir uns auch daran, schließlich konnten wir unsere Süßigkeiten ja vor oder nach der Schule kaufen.
Nach einiger Zeit stellten wir jedoch fest, dass sich einige der älteren Schüler während der Pausen heimlich vom Schulhof schlichen und dort trotz Verbots dort einkauften. Ein paar Tage beobachtete ich mit meinen Freundinnen das rege Treiben und dann wollten wir es auch mal versuchen. Hat ja schon etwas Verbotenes, einfach während der großen Pause an den Aufsichtspersonen vorbei zu schleichen und sich dann mit Süßigkeiten einzudecken.
Die abgebrühten von uns Schüler machten das schon recht öffentlich, während die Ängstlichen eher den Weg über den Schulzaun nahmen.
Ein paar Tage ging auch alles gut, wir kauften in der Pause die leckeren Silberling und Lakritz-Smileys und fühlten und ganz schön überlegen. Nachdem jedoch mal eine meiner Freundinnen erwischt wurde und eine Strafarbeit schreiben musste verlegten wir unsere Einkäufe in die schulfreien Zeiten.
Meist taten wir das vor dem Unterricht. Bei uns Freundinnen war es die Regel, dass wir reihum ein Tüte Süßkram kauften und dann unter uns aufteilten.
Mittwochs war meist mein Einkaufstag. An einem der Tage kam ich fast zu spät zur Schule und schaffte es daher nicht mehr zum Kiosk. Irgendwie war es schon blöd, das ich nichts mehr kaufen konnte, aber sonst wäre ich ja zu spät zum Unterricht erschienen. Das war so gar nicht mein Ding, denn meine Eltern haben mich zur Pünktlichkeit erzogen und ich habe mich weitgehend daran gehalten.
Also gab es an diesem Mittwoch nicht zum Schnuckern im Unterricht. In der großen Pause wollte ich daher den Schulhof kurz verlassen um meinen Einkauf nach zu holen. Das sollte an diesem Tag aber gar nicht so einfach sein. Auf dem Schulhof waren diesmal zwei Aufsichtspersonen, ein Vorbeikommen war nahezu ausgeschlossen.
Aber da gab es ja noch den Weg zwischen den großen Bäumen über den Zaun. Sollte eigentlich kein Problem sein, dachte ich. Zwei meiner Freundinnen sollten „Wache“ halten und dann machte ich mich auf dem Weg. Flugs kletterte ich über den Zaun, Alles gutgegangen, ich atmete auf und rannte schnell auf die Bude zu. Welch ein Andrang, die Schüler der 10.Klasse kauften ihre Zigaretten und es dauerte ewig bis ich endlich meine Bestellung aufgeben konnte. Kurz vorm Bezahlen hörte ich schon den Schulgong. Die Pause war um. Ich musste mich beeilen, rannte schnell zurück und kletterte schnell auf den Zaun, meine Freundinnen gingen schon zurück zur Klasse. Da passierte es, ich verfing mich mit meinem Fuß irgendwie im Zaun und rutschte ab.
Aua!
-Mein Oberschenkel schmerzte. Das war echt fies .Es brannte ziemlich, ich fasste an meinen schmerzenden Schenkel und fühlte etwas Feuchtes.
So ein Mist!
An dem Draht vom Zaun habe ich mir den Schenkel aufgeritzt und es blutete. Außerdem tat es weh und mein Rock hatte ebenfalls einen kleinen Riss. Langsam humpelte ich mit dem schmerzenden Bein zur Klasse und setzte mich schnell auf meinen Platz. Auf die Süßigkeiten hatte ich nun keinen Hunger mehr. Meine beiden Freundinnen versorgten mich noch schnell mit einem Pflaster, dann ging der Unterricht wieder los. An die Englischstunde kann ich mich noch gut erinnern, denn ich wurde mehrmals drangenommen und brachte nichts Gescheites zustande. Nach der Stunde war dann schon Schulschluss.
Ich suchte die Toilette auf und sah mir die Bescherung an, der Rock war verschmiert, hatte einen kleinen Riss und mein Oberschenkel war ebenfalls angeschrammt. Zum Glück war sonst nichts passiert und ich bin auch nicht erwischt worden. Aber nach diesem Erlebnis habe ich keine Kletterpartieren über den Schulzaun mehr unternommen. Irgendwann im Laufe des Schuljahres war der Kiosk auch nicht mehr so interessant, es war alltäglich geworden. Der Reiz des Neuen war schnell verflogen.


Impressum

Texte: Karin Blome
Tag der Veröffentlichung: 14.11.2012

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