Cover

Vorspann

 

Der Zuschauerraum liegt in einem dämmrigen Licht. Aus den Lautsprechern krächzt Bob sein hoffnungsvolles „… knock, knock, knockin´ on Heaven’s door!“

Das Licht auf der kleinen Bühne wird bedächtig und dem Anlass entsprechend heller. Die Zuschauer sitzen im Dunkeln.

Der Vorhang an der linken Seite der Bühne (aus der Perspektive des Publikums ist es die rechte Seite) bewegt sich.

Ein vollbärtiger und grauhaariger Ansager betritt die  Bühne. Er ist mit schlechtsitzenden Blue-Jeans und einem für seine füllige Figur etwas zu klein geratenen, grobgestrickten Pullover, mit waagrechten schwarzen, roten und gelben Streifen gekleidet.

Die Zuschauer hören Bob Dylans brüchige Stimme: „… i can´t shoot them anymore!”

Die Musik wird leiser und endet abrupt mit einem kratzenden Geräusch von der Schallplatte. Ein Scheinwerfer beleuchtet den Herrn auf der Bühne.

Der Sprecher räuspert sich.

Er fasst mit beiden Händen in die Vordertaschen seiner Hose. Nach einem kurzen Taschenzwischenspiel greift er mit der rechten Hand an seine rechte Gesäßtasche und zieht ein zerknittertes Papierstück heraus. Er faltet es umständlich auseinander, dreht es einmal um und schaut suchend darauf. Dann hält er seine linke Hand vor den Mund und hüstelt zweimal kurz in seine Faust.

„Verehrtes Publikum, die Direktion des Hauses und auch ich begrüßen sie sehr herzlich zur heutigen Abendvorstellung in unserem Haus.“

Er schweigt, hebt den Kopf und blickt etwas unsicher ins Publikum. Dann rückt er mit der linken Hand seine kleine, randlose Brille zurecht und schaut wieder auf das faltige Papier in seiner rechten Hand.

Der belehrende Unterton in seiner Stimme ist unüberhörbar.

„Bevor wir nun mit der heutigen Aufführung beginnen, gestatten sie mir einige instruktive Worte.“

Zustimmungsheischend blickt er ins Publikum. Nach einer minimalistischen, aber nichtssagenden Reaktion auf seine rhetorische Frage senkt er wieder den Kopf und liest von seinem Papier ab: „Wie sie unschwer erkennen können, befinden wir uns in einer Lokalität, die ihre besten Jahre schon lange hinter sich hat.“

Ohne sich umzusehen deutet er mit dem Daumen seiner linken Hand nach hinten.  

„Früher, vor vielen Jahren, war das was sie auf der Bühne hinter mir sehen, eine sogenannte Studentenkneipe. Aber aus den Studierenden sind inzwischen Väter und sogar Großväter geworden, und heute ist das hier …“

Diesmal folgt eine ausladende Armbewegung nach hinten „… eine Kneipe, die man mit viel Glück und noch mehr Ortskenntnis in manchen Stadtvierteln der Groß- und Universitätsstädte finden kann, vielleicht weil man in Erinnerungen schwelgen, oder das Bedürfnis nach Nostalgischem verspürt.“

Aus dem Zuschauerraum kommt die leise, aber unüberhörbare Bemerkung: „Oder weil man auf´s Klo muss.“

Der missbilligende Blick des Herrn im handgestrickten Pullover schweift über stoisch blickende Zuschauerköpfe, aber der subversive Querulant ist nicht auszumachen.

Er räuspert und redet weiter: „Im Laufe der Jahre haben die Wirte und auch das Personal gewechselt, aber einige Stammgäste sind geblieben, und sie sind zusammen mit dem Inventar älter geworden.“

Der Sprecher kratzt sich mit der linken Hand zuerst am Hals, dann streicht er bedächtig über seinen im Thiersestyle gezauselten Kinnbart.

„Richten wir nun unser Augenmerk auf das Ambiente der Lokalität und die für die heutige Aufführung wichtigen Details.“

Der Sprecher räuspert sich und schaut wieder auf seine Notizen.

„An der Wand sehen wir ein Bild von Che …“

Routiniert und ohne von seinen Notizen aufzusehen, deutet er auf die linke Seite der Rückwand der Bühne, an der ein gerahmtes, aber durch den Zahn der Zeit sehr vergilbtes Bild mit einem großen Sprung im Glas hängt. Unter dem Bild steht ein verschrammtes, schwarzes Klavier. Auf dem Klavier befindet sich eine Plastiklampe, die durch den Rauch ungezählter Zigaretten gelbe Patina angesetzt. Die Lampe stellt einen liegenden und grinsenden Weihnachtsmann dar, der offensichtlich schon längere Zeit dort liegt.

„… der war vor langer Zeit unser Idol ...“

Seine linke Hand ballt sich kurz zu einer Faust, aber er unterdrückt den Reflex, spontan den Arm zum sozialistischen Gruß zu recken.

„… leider ist er tot“ beendet er sichtlich ergriffen seinen Satz.

Der Plastikweihnachtsmann grinst stoisch, und das Publikum lacht. Der Sprecher hüstelt kurz. Dann schiebt er ein belehrend wirkendes, und zu lautes „ermordet“ hinterher.

Der Sprecher deutet auf die rechte Seite der Bühne. An der Wand hängt ein großer, goldfarbener Bilderrahmen, der durch die Jahre, durch Nikotin und scharfe Putzmittel, viel von seinem ehemaligen Glanz verloren hat. Seine linke Hand ballt sich jetzt in der Tasche des Beinkleides aus der Produktion des Klassenfeindes.

„Hier, auf dieser Seite sehen wir ein Bild mit den Herren Marx, Engels …“

Er zögert, er runzelt die Stirn, dann schaut er auf sein Papier - er dreht es um und hält es etwas dichter vor sein Gesicht. Offensichtlich ist ihm etwas entfallen. Er schaut kurz ins Publikum und spricht weiter: „… und Lenin.“

Er schweigt einen Moment, und fügt dann ein „auch schon tot“ hinzu.

Der Conférencier rückt wieder seine Brille zurecht und räuspert sich wieder.

„Hinter uns befindet sich eine lange Theke. Auf der Theke, ganz links steht ein blauer Blumenübertopf mit einem stacheligen Douglasie-Zögling.“

Ein Scheinwerfer wird mit einem hörbaren Geräusch eingeschaltet. Dann bewegt sich das Licht an der Theke entlang. In einem blauen Plastikeimer, der als Blumentopf-Ersatz dient, ist eine etwa fünfzig Zentimeter hohe Douglastanne eingepflanzt, die mit roten Plastiksternen, lieblos weihnachtlich geschmückt ist.

„Unmittelbar daneben sehen sie einen roten Bonbonspender und hinter dem Arrangement steht Sabine.“

Der Sprecher dreht sich kurz um und lächelt aufmunternd. Das Publikum sieht eine etwas füllige Frau mit einer mächtig gelockten hennaroten Minipli-Frisur, die mit heftigen Handbewegungen und einem grün-rot karierten Tuch Gläser poliert.

Dann spricht er zum Publikum: „Unsere Sabine ist nicht die alleinige Chefin, denn die Lokalität wird seit einigen Jahren und mit viel Herzblut als Sozialistisches Kneipen-Kollektiv, abgekürzt SKK geführt.“

Plötzlich ist das laute Scheppern von metallischen Gerätschaften zu hören. Das steht nicht im Drehbuch und der Sprecher dreht sich erschrocken um. Ein Scheinwerfer beleuchtet kurz ein giftgrünes Wahlplakat der Grünen vom vorletzten Wahlkampf, mit dem Motto „WIR LASSEN DIE SAU RAUS.“

Kopfschüttelnd blickt er auf einen beleuchteten Durchgang mit einer Schwingtür, die entfernt an den folkloristischen Eingang eines Western-Saloons erinnert, und der wie anzunehmen ist, in die Küche und in die Nebenräume der Gaststätte führt. 

„In der Küche werkelt Sarah. Wir sehen sie noch nicht, aber wir können Sarah hören.“

Aus dem Publikum kommt vereinzeltes Gelächter. Zufrieden, dass sein Scherz den gewünschten Erfolg hat, wendet er sich kurz dem Publikum zu, und sieht dann auf sein Manuskript.

„Verehrte Herrschaften, richten sie nun bitte Ihr Augenmerk auf die linke Seite der Bühne, also von ihnen aus gesehen auf die rechte Seite.“

Er deutet ohne hinzusehen auf die linke Seite der Bühne.

„Sie sehen ein hölzernes Fass und darauf eine schwere, runde Holz-Tischplatte.“

Der Scheinwerferstrahl, der zuerst die Douglasie, dann Che und den Weihnachtsmann angeleuchtet hat, schwenkt zitternd über die Bühne und beleuchtet den Tisch.

„Dieser rustikale Tisch spielt in unserer Aufführung eine wichtige Rolle. Es ist, wie sie an dem kleinen roten Wimpel auf dem Tisch erkennen können, der Stammtisch der Original-68er ...“

Der Sprecher hustet kurz und fügt dann hinzu: „…ein eingetragener, aber nicht als gemeinnützig anerkannter Verein seit November 1989.“

Er schweigt einen Moment, um seinen bisherigen Vortrag auf das Publikum wirken zu lassen.

Das Publikum reagiert nicht.

Dann referiert er weiter: „Auf dem langen Marsch durch die Instanzen sind die Teilnehmer des Original-68er Stammtisches zu einer festen Institution in dieser Lokalität geworden. Man kann sogar behaupten, dass der runde Original-68er Stammtisch eine tragende Funktion in diesem Etablissement hat, denn ohne die 68er würde es die Kneipe schon lange nicht mehr geben …“

Er räuspert sich kurz.

„… und ohne die Kneipe hätten die Patienten (er räuspert sich wieder) ich meine die Stammtischteilnehmer vermutlich keine Wahl – sie hätten sich in alle Himmelsrichtungen zerstreut.“

Nach einem Griff an seine Brille, dann an seinen Bart, und einem kurzen Blick auf seine Notizen referiert er weiter: „Einige Stammtischteilnehmer treffen sich nunmehr seit fünfundzwanzig Jahren an diesem Platz, und wie jedes Jahr, besteht für die noch lebenden Mitglieder des Stammtisches am 9. November Anwesenheitspflicht. Aber wie es im Leben so ist, auch hier in diesen alt-ehrwürdigen Räumen macht sich der Generationenwandel bemerkbar. Mehrere Gründungsmitglieder sind inzwischen verstorben, andere im Laufe der Jahre im assimilierenden Niemandsland der Geschichte verloren gegangen, manchmal sind auch Neue mit anderen Gesinnungen dazu gekommen, und wieder verschwunden. Nur das alte Fass steht wie ein mächtiger Affenfels in der Brandung, und geblieben sind die, die immer hier sitzen.“

Im Publikum sind vereinzelte Lacher zu hören, und auch der Ansager lächelt.

„Betrachten wir nun auch die nähere Umgebung des Stammtisches. Hinter dem Stammtisch - links an der Wand, unmittelbar neben dem Durchgang zu den Sanitärräumen - sehen sie ein hölzernes Wagenrad. Daneben ist ein fleckiges und vergilbtes Plakat, mit der Aufschrift „I WANT YOU“ an die Wand genagelt.“

Mit einer verächtlich wirkenden und kurzen Handbewegung zeigt er auf das Plakat.

„Trotz den vielen Ablagerungen die die Zeit nun mal so mit sich bringt, können wir immer noch erkennen, dass auf dem Plakat ein bärtiger und weißhaariger Herr mit einem Zylinder abgebildet ist, der mit seinem Zeigefinger ein imaginäres Ziel im Raum fixiert.“

Nach einer rhetorischen Pause spricht er weiter: „Verehrtes Publikum, ich bitten nun um ihr besonderes Interesse, denn ich möchte sie auf eine Besonderheit hinweisen.

Wenn sie das Bild aufmerksam betrachten, werden sie feststellen, dass der Finger des Herrn mit Zylinder auf den Stammtisch deutet. Aber auch aus jedem anderen Standpunkt im Raum, wird sein Finger auf sie deuten. Aber dieser imperialistisch-reaktionäre Manipulationsversuch ihrer Sinne ist für unsere Aufführung nur am Rande wichtig. Wichtig ist, dass der abgebildete Herr und seine Administrationen schon öfter ziemlichen Ärger verursacht haben.“

Aus dem Publikum sind vereinzelte Beifallsbezeugungen durch solidarische Lacher und erste Händeklatscher zu hören.

„Wir wissen es nicht genau, aber vermutlich im Jahr 1978 hat ein jugendlicher Gast aus Duisburg im Überschwang der Gefühle und mit Filzstift „God save the Queen“ über die Schrift gemalt. Die damaligen Betreiber haben es zu meinem Bedauern unterlassen, die reaktionäre Doppelmoral der Aufschrift ausreichend zu hinterfragen. Aus dem unschuldigen Blickwinkel des damaligen Zeitgeistes erschien es als eine allseits zu feiernde Tat mit dubios-revolutionärem Charakter, die das kapitalistische Wertesystem an den Pranger stellt. Erst viele Jahre später, im Spannungsfeld des Irak-Krieges und der britischen Kolonialpolitik wurden Bedenken angemeldet und ausdiskutiert, aber inzwischen hat das Sozialistische Kneipen-Kollektiv dem Täter verziehen.“

Der Sprecher redet schneller, und aus dem Tonfall kann man ein Quäntchen Selbstzufriedenheit heraus hören. 

„Das Sozialistische Kneipen-Kollektiv ist mit seinem Wahlspruch FREIHEIT FÜR SELBSTBESTIMMUNG stolz darauf, dass aus Gründen eines paritätischen Meinungsbildungsprozesses, wechselnder Gäste und divergierenden politischen Ansichten, auch dieses Plakat als frühes Relikt einer Sturm- und Drangzeit wenn auch lädiert und mit zweifelhafter Aussage, alle Anschläge auf die freiheitlich-demokratische Kneipenordnung überlebt hat, und vermutlich für alle Zeiten an dieser Wand hängen wird.“

Der Sprecher dreht sein Manuskript um.

„Betrachten wir nun die Hauptakteure des heutigen Abends. Ganz links auf der Bank, also von Ihnen aus gesehen rechts, da wo sich die Tür zur Toilette befindet, sitzt Manfred. Es ist seit dem Frühling 1990 Manfreds Platz, und wir können mit Stolz annehmen, dass Manfred auch in Zukunft unverrückbar auf dieser Bank an dieser Stelle sitzen, und nicht zur moderneren Burger-Konkurrenz rüber machen wird. Manfred hat vor sich ein Glas mit gutgezapftem und korrekt gekühltem Köstritzer Bier stehen, und es wird wie jeden Abend, nicht seine einzige Füllung bleiben.

Mit etwas Distanz und auf der rechten Seite des Stammtisches sehen wir Raoul. Raoul sitzt auf einem Barhocker mit gekürzten Füßen. Es ist Raouls Stamm- und Lieblingshocker. Aber ein Gast hatte sich mit der Hoffnung auf bevorzugte Behandlung verpflichtet gefühlt, der Geschäftsleitung des Etablissements zu hinterbringen, dass Raoul der Meinung wäre, dass auf Dauer faltiger Fleischersatz den Hunger des Volkes nach Frischware nicht stillen könne. Um eine Revolution zu unterbinden und auf einstimmigen Beschluss des SKK[1] wurden Disziplinierungsmaßnahmen eingeleitet. Ein Stammtischteilnehmer der der linken Fraktion zuzuordnen ist, hatte eine radikale Lösung empfohlen, und Sabine hatte sich genötigt gefühlt, die radikale Niveauregulierung des Barhockers mittels einer Dolpima PS 290 Säge vorzunehmen,  um den Höhenunterschied zwischen Stammtisch, Stammtischgästen und Raoul (der ausbeuterischen Kapitalistensau) auszugleichen. Raoul hat gegen diesen Gewaltakt nicht protestiert. Er hat mit dem Argument: „Ein gerader Rücken braucht keine Lehne“ und „in erster Linie habe ich stets die Regel befolgt, mir deprimierende Gedanken fernzuhaltenauch diese Tat als zu respektierenden Beschluss des ZK des SKK[2] akzeptiert.

Raoul wendet uns momentan noch den Rücken zu, aber er sitzt immer da, denn es ist sein Stammplatz, und sein persönlicher Barhocker. In die Sitzfläche hat Raoul vor vielen Jahren mit einem Schweizer Taschenmesser den Slogan „Power to the people“ eingeritzt, aber der Slogan wurde von einem Saboteur zu „Bauer to the people“ verhunzt. Dennoch gibt Raoul den Stammplatz trotz vieler Angriffe nicht auf[3], denn um den Hocker ranken sich viele Legenden.

Obwohl die Betreiberinnen der gastlichen Stätte durch politische und fiskalische Umstände gezwungen sind, auch ein Wirtschaftsunternehmen zu betreiben, steht vor Raoul kein Getränk. Das hat einen tieferen Grund, auf den ich später zurückkommen werde.

Verehrtes Publikum, sie sehen, dass Raoul mit seinen Fingern einen Bierdeckel zerpflückt, und zwischendurch scheinbar gelangweilt die Einzelteile des brüchigen Bieruntersetzers wie bunte Mauerstückchen auf dem Stammtisch hin und her schiebt. Das kann durchaus als politischer Akt verstanden werden, aber aus Zeitgründen verzichten wir heute auf eine tiefenpsychologisch fundierte Deutung der destruktiven Tat.

Manfred schweigt und auch Raoul sagt nichts. Beide kennen sich nunmehr seit mehr als zwanzig Jahren. Sie sind zwar nicht mehr durch einen Antiimperialistischen Schutzwall voreinander geschützt, aber wegen konträrer politischer Ansichten wird auch weiterhin ein weltenloses Niemandsland zwischen den Beiden liegen.“

 

Plötzlich ertönt laute Musik und das Publikum hört zu harten Gitarrenriffs die Stimme eines übermotivierten Sängers: „… the time is right, for fighting in the street …“

 

Wegen der offensichtlich unerwarteten Einblendung zuckt der Sprecher zusammen. Mit einem resignierten Blick nach oben und mit seinen Händen und dem Papier wedelnd gibt er Zeichen, die Lautstärke der Musik zu dämpfen. Das geschieht, und mit einem einmaligen Achselzucken, verbunden mit einem Seufzer spricht er weiter.

„Die Direktion des Hauses hat sich aus Kostengründen entschlossen, auf meine weitere Beschreibung der Darsteller zu verzichten. Darum nenne ich Ihnen zwar politisch korrekt, aber gendermäßig nicht den dem derzeitigen Trend folgend, die Hauptakteure des Bühnenstücks.

Es sind in alphabethischer Reihenfolge: Axel (der Geheimnisvolle) mit Pfeife und philosophischen Zeit-Raum-Ambitionen. Anton, der auch „Oddo“, oder „der Alte vom Hügel“ genannt wird, Manfred, der noch immer auf der Suche nach seinen verlorenen Idealen ist, und zwischenzeitlich an einer Fortsetzung seines Kompendiums der Weltkriminalistik schreibt, Martin der sensibel-idealistische Eheberater und Raoul der schwäbische Stänkerer, von Freund und Feind je nach Stimmung, Lage und Geschlecht, gern mit einem aufheulenden Beiklang auch „Hhraouuuuull“ genannt.

Sabine die Füllig-Revolutionäre mit ausgeprägtem Hang zu Feministisch-Spirituellem und wehend-weiten Röcken, und Sarah die Hüterin der getrenntgeschlechtlichen Douglasie, die es gern gesehen hätte, wenn aus der „Kneipe“ ein literarisches Cafe mit kulturellem Anspruch entstanden wäre. Sabine und Sarah sind das ZK des SSK[4] und führen mit viel Engagement und noch mehr verhuschtem Enthusiasmus das Lokal.

Außer den erwähnten Personen sehen sie an den anderen Tischen hinter mir eine starkgeschminkte junge Dame mit einem lustigen Hütchen. Es ist eine angehende Literatur-Agentin, die unter Zuhilfenahme eines Kleinkredits und der Bürgschaft ihres zukünftigen Ex-Ehemanns beabsichtigt, einen Verlag für weltweit erfolgreiche Bestseller aufzubauen. Zu diesem Zweck frequentiert sie einschlägige Lokalitäten, immer auf der Suche nach frischen Talenten und jungen bis  sehr jungen Autoren.

Ganz hinten hat ein nicht sehr gut riechender Herr sein Haupt auf der Tischplatte liegen. Es ist ein Schrotthändler aus dem Ruhrgebiet. Auch dieser Herr hat einen Hang zur Literatur. Man muss jedoch klar erkennen, dass seine Werke über viele (zu viele) Seiten unlesbar, und darum auch noch keine nennenswerte Leserschaft gefunden haben.   

Einige Andere - manchmal mehr und oft auch weniger begabte Laiendarsteller - werden die Handlung der heutigen Aufführung abrunden. Alle Teilnehmer verbindet die Liebe zum geschriebenen Wort, und alle Teilnehmer sind erfolglose Verfasser mehr oder weniger gehaltvoller Schriftwerke. 

An dieser Stelle möchte ich das geschätzte Publikum darauf aufmerksam machen, dass mich die Direktion des Hauses gebeten hat, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass alle Namen, die handelnden Personen, die Zeiten, Orte, Dialoge und das Geschehen auf der Bühne frei erfunden sind. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Falls sie liebe Zuschauer, sich wie in einem Spiegel wiederzuerkennen glauben, bittet die Direktion um Nennung der darstellenden Person. Eine ausführlich beschriftete Packungsbeilage zu den Urheberrechten erhalten sie am Ausgang. Zu meinem größten Bedauern kann ihnen die Direktion des Hauses bei aufkommendem Unwohlsein das Eintrittsgeld nicht zurück erstatten.“

 

Der Conférencier nimmt seine linke Hand aus der Hosentasche. Er hebt seinen linken Arm und ballt seine Hand zu einer Faust. Dann ruft er ins Publikum: „Seien wir realistisch sein, versuchen wir das Unmögliche. Ich wünsche ihnen nun viel Vergnügen.“

Er verlässt er die Bühne. Bob Dylan singt wieder und wird dann mit einem leiser werdenden „I feel i ´m knockin´ on Heaven’s door …” ausgeblendet.

 

[1] Sozialistisches Kneipen-Kollektiv

[2] Zentral-Komitee des Sozialistischen Kneipen-Kollektivs

[3] Raouls Stamm-Barhocker, auf dem angeblich sogar mal sein Kumpel John Lennon gesessen hatte. Das behauptet Raoul seit mehr als vierzig Jahren nach dem System der „gesprungenen Schallplatte.“ Dadurch ist ein Märchen zur Sage und dann zur Tatsache geworden, und hat wesentlich zur Legendenbildung, rund um die Kneipe beigetragen.

[4] Zentralkomitee des Sozialistischen Kneipen-Kollektivs 

Erster Akt Marx, Murks und Mustang

 

Die Tür auf der linken Seite (aus der Zuschauerperspektive) der Bühne - offensichtlich die Eingangstür der Kneipe - geht auf.

„Also ich muss euch etwas zeigen. Ist das nicht ein Gedicht?“

Sabine poliert ohne aufzusehen mit ihrem grün-rot karierten Tuch die Gläser und Oddo geht mit schnellen Schritten durch den Raum auf den Stammtisch zu und wirft ein bekanntes Automagazin auf den Tisch.

Manfred wischt sich mit dem linken Handrücken den Bierschaum aus dem Schnäuzer und murmelt: „Wenn das das Primat des Kapitals ist, dann sehe ich für unsere Ideale schwarz …“

Oddo überhört die Bemerkung und ruft mit freudiger Stimme: „Sieht er nicht schön aus?“

Raoul fragt stirnrunzelnd: „Wer? Mamfred?“

Oddo: „Nein nicht der Manfred. Hier, der Ford Mustang, ein Original 68er …“

Manfred nimmt noch einen bedächtigen Schluck aus seinem Glas, setzt es ab, schaut bedächtig, überlegt seine Wortstellungen und antwortet: „Also ich als Marxist-Leninist, der ich uneingeschränkt war, erlaube mir die Bemerkung, dass ich einen Trabant 601 Hycomat in blau und mit wartungsfreien Spurstangenköpfen hatte, und damit war ich sehr zufrieden. Damit sind wir bis an den Plattensee gekommen, und sogar zurück.“

Raoul bemerkt etwas gelangweilt: „Das T-Modell der Zone. Der blaue Ford Capri des Ostblocks.“

Aus den Lautsprechern hört man die mit Southern Comfort gut geölten Worte: „Oh lord won´t you buy me a Mercedes Benz …“

Vom Nachbartisch in der Mitte des Raums ist ein „Hihi“ von der stark geschminkten Dame mit dem lustigen Hütchen zu hören.

Oddo deutet aufgeregt auf das Bild in der Zeitung: „Alles Original und in einem Top-Zustand. Sogar mit Chromfelgen und Weißwandreifen.“

Dann ruft er: „Sabine bringst mir mal eine Weißweinschorle.“

„Sofort“ ist die Antwort. Sabine poliert mit dem grün-rot karierten Küchentuch ihre Gläser, denn sie vertritt die These. „Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Manfred hat seine linke Hand (Daumen und Zeigefinger gespreizt) am Kinn und sagt: „Also in meinem Herzen bin ich ja immer noch Marxist, und ich muss noch einmal betonen - es war nicht alles schlecht.“

Raoul schaut Manfred stirnrunzelnd an und fragt: „Du meinst doch nicht etwa den Trabbi?“, und murmelt dann ohne eine Antwort abzuwarten auf die Autozeitschrift blickend: „Fort mit dem Ford und zurück mit dem Zug, aber immer mit Stil und Weißbandreifen.“

Sabine stellt die polierten Gläser ins Regal hinterm Tresen, und wischt dann kurz den Tresen ab. Oddo korrigiert Raouls Einwand ohne aufzusehen: „Weißwandreifen.“

Raoul guckt verständnislos und Sabine bückt sich und holt eine Literflasche ohne Etikett aus dem Kühlschrank. Sie nimmt ein Weinglas aus dem Regal, hält es prüfend gegen das Licht und füllt das Glas zur Hälfte. Dann öffnet sie eine Plastikflasche und füllt das Glas auf. Dann geht sie auf den Stammtisch zu. Sie lässt einen Bierdeckel auf den Tisch fallen und stellt das Glas vor Oddo ab. Mit einem Bleistift, den sie zwischen das Band ihrer Armbanduhr geklemmt hat, macht sie einen Strich auf dem Bierdeckel.

Sie dreht sich ohne Raoul zu beachten um und geht zurück zum Tresen. Raoul zerbröselt mit trockenem Hals seinen Bierdeckel in handliche Mini-Einzelteile. Er schließt das linke Auge und sein Kopf befindet sich wegen der gekürzten Stuhlbeine dicht über der Tischplatte. Mit zwei Fingern schnippt er einzelne Stücke in den Raum, die Sabine hinterher fliegen.

Raoul murmelt: „Frischfleisch, ich sag nur Frischfleisch. Das ist das was dem Laden fehlt.“

Von der Dame vom Nachbartisch hört man: „Ich hätte gern leckere Gamberetti und dazu einen gut gekühlten Pinot Grigio …“

Sabine ruft in Richtung Küche: „Sarahschätzchen, einmal Gambas und einen Weißen. Ich hab´ hier zu tun …“

Aus der Küche hört man: „Is´ nur noch ein Beutel mit Shrimps da?“

Aus der gleichen Richtung kommt das Geräusch eines zersplitternden Geschirrteils und der Aufschrei: „Scheiße.“

Im gleichen Moment geht die lindgrüne Toilettentür mit einem deutlich hörbaren Quietschen auf. Manfred biegt, ohne sich umzusehen, seinen Oberkörper etwas nach links (aus der Perspektive des Publikums nach rechts).

Martin nestelt am linken Träger seiner lindgrünen, offensichtlich mit Pflanzenfarbe selbst eingefärbten Latzhose und setzt sich dann auf den freien Stuhl, rechts neben Manfred.

Raoul ruft in Sabines Richtung: „Ich bekomm auch ein Pilsbierchen und ein Schnitzel, aber gut abgeschnitten“, und bekommt, bevor er hinzufügen kann „aus Fleisch und kein Tofu-Schnitzel“ und bevor Sabine in der Küche verschwindet um nach dem Schaden zu sehen, die schnippische Antwort: „Tannenzäpfle[1] haben wir nicht.“

Janis singt aus dem Off: „… my friends all drive porsches, i must make amends …”, und vom Nachbartisch von der Dame mit Hütchen hört man ein schadenfrohes „Hihi.”

Oddo sagt: „Also über den (er deutet auf die Zeitung) könnte ich einen Roman schreiben ...“

Martin legt die Stirn in sorgenvolle Falten. Manfred guckt zweifelnd und sagt: „Ihr werdet wie Kinder …“

Oddo legt seinen gewichtig wirkenden, und als Einleitung zu längeren Monologen gefürchteten Gesichtsausdruck auf.

„Ursprünglich dachte ich an eine kleine und leichte Kurzgeschichte. Aber wenn ich den 68er Mustang so vor mir sehe, habe ich schon alles in meinem Kopf. Das entwickelt sich langsam in Richtung Roman.“

Martin antwortet diplomatisch und um Oddo von seinen Literatur-Ambitionen abzulenken: „Also ich brauch kein Auto. Ich werde die internationalen Konzerne und die Diktatur des Kapitals nicht unterstützen. Mein Fahrrad reicht mir aus, und ich bin für eine moderne Tauschwirtschaft …“

Raoul fragt: „Hat dein Fahrrad Weißbandreifen gehabt, oder war es das klassische Hanoi-Modell?“

Dann flüstert er zu Oddo: „Das haben die dem gestern auf dem Wochenmarkt unterm Hintern weggeklaut. Sogar die gammeligen Kiwis die er eingetauscht hat, und die alte Jutetasche haben die mitgehen lassen.“

Martin hat Raouls Bemerkung gehört, aber antwortet nicht, denn Martin ist wie Manfred auch dem linken Stammtisch-Lager zuzuordnen, das traditionell nur im äußersten Notfall mit dem Klassenfeind kommuniziert.

Raoul betrachtet das Bild in der Zeitung und sagt: „Also ich finde, dein Ford Mustang ist hübsch, aber eigentlich Murks. Eine 68er Corvette mit Weißbandreifen ist besser - und dazu ein 19er Polin, scharf ausrasiert aus Litauen …“

Oddo nimmt einen Schluck Weißweinschorle aus seinem Glas und schaut Raoul missbilligend an: „Also ich muss das dir endlich mal sagen. Deine Sprüche stehen mir hier …“ (er macht eine Handbewegung in Höhe seines Halses, um den Stand seiner moralischen Verärgerung anzudeuten.)

Von der stark geschminkten Dame am Nachbartisch ist ein „Hihi“ zu hören.

„… und wenn ich deine sexistischen Sprüche höre, denk ich immer, dass deine Eier eigentlich wie der Brennkern eines Atomkraftwerks glühen müssen. Bestimmen die eigentlich nur noch dein Sein?“

Vom Nachbartisch ist wieder ein „Hihi“ zu hören, und Raoul lächelt, weil er nicht weiß, ob er Oddos Bemerkung als anerkennendes Lob, oder als Neid wegen einer bedauerlichen und von dessen Frau früher hin und wieder beklagten, aber wegen anderweitigen Engagements inzwischen gern akzeptierten Benachteiligung deuten soll.

Oddo hat das „Hihi“ auch gehört und schaut zum Nachbartisch. Dann sagt er etwas zu laut und zu freundlich der Dame zu nickend: „Das beweist mir wieder einmal, dass Frauen die Menschen mit dem stärkeren Charakter sind“, und erntet dafür ein Lächeln vom Nachbartisch, garniert mit blauen Kuhaugen und einem „Hihi.“

Raoul flüstert: „Schleimer. Nimm doch mal die Zunge aus dem feministischen Anus“, und dann in normaler Unterhaltungslautstärke: „Mit Weißbandreifen hab´ ich halt so meine Erfahrungen.“  

Oddo antwortet ungehalten: „Dein Einwand die Weißwandreifen betreffend sind selbstverständlich eine Grundlage zur sachlichen Reflexion, sogar zur Überprüfung. Und dein Hinweis auf die 68er Corvette und wohlgemerkt nicht auf die neunzehnjährige Polin sind, hier mein Widerspruch, durchaus in ihrer Schlussendlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Wir können das Thema gern an anderer Stelle vertiefen, wenn du dich mit meinen oberflächlichen Erläuterungen bezüglich der Leistungsmerkmale eines 68er Mustangs nicht zufrieden gibst. Nur sollte es dann bitte auf der Sachebene bleiben. Betonen möchte ich, dass du mit deiner Radikalpolemik in Bezug auf die Weißwandreifen und der Qualität meines präferierten Ford Mustangs falsch liegst. Hier wäre von deiner Seite eine faktische Auseinandersetzung angebrachter, weil man damit mehr anfangen, besser darauf eingehen kann.“

Manfred wirft ein „wir hatten unseren Trabant, und wir waren immer sehr zufrieden“ in die Gesprächsrunde, und bekommt von Raoul die Antwort: „Plaste und Elaste mit Klopapier aus Schkopau, und es sind doch Weißbandreifen und keine Weißwandreifen.“

Aus dem Off spricht eine mahnende Stimme: „Nu Nu …“ und dann: „… guden Dach Mamfred. Lange nicht gesehen. Was machen die Ginder.“

Oddo dreht sich um und fragt Manfred, der erschrocken guckt: „Wer war denn das.“

Manfred antwortet mit eingezogenem Kopf und etwas vorneüber gebeugt: „Das war unser Erster Sekretär des ZK der SED Walter Ulbricht, der Erfinder der sozialistische Menschengemeinschaft.“

Martin nimmt, einem spontanen Impuls folgend, den roten Wimpel mit der goldenen Fransenborde und der Stickarbeit „Original-68er Stammtisch“ vom Original-68er Stammtisch und hält ihn am Fahnenbefestigungselement hoch, um mit dem Wink-Element Sabine einen sozialistischen Gruß zu erbieten und Zeichen zum Zeichen der Geschlossenheit und Ergebenheit mit dem SKK[2] zu geben.

Raoul fängt leise an zu singen: „Die Fahanen hooooch, die Reihen …“

Manfred hört, dass gesungen wird und ergänzt den Refrain: „… auf zum letzten Gefehehecht. Die Internahationahale …“ Er wippt mit dem Fuß und erntet von Martin, zur Erinnerung an die  straffe Parteidisziplin des marxistisch-leninistischen Organisationsprinzips, einen strengen Tadeln in Form eines sanften Fußtritts unterm Tisch.

Sabine hat die Zeichen der Zeit verstanden. Sie kommt an den Stammtisch und der Genosse bekommt das leere Glas abgenommen und durch ein frisch und mit Liebe gezapftes, Original-Köstritzer ersetzt.

Raoul denkt an den Wahlspruch „wo ein Genosse ist, da ist die Partei.“ Er lächelt ergeben und mit seinem schönsten Kapitalistenblick, aber ohne Bier.

Martin sagt zu der hurtig herbeigeeilten, aber sich bereits in einer Drehbewegung befindlichen Sabine: „Ich hätte gern einen Pfefferminztee, aber den von den selbstgepflückten Pfefferminzblättern. Und eine leckere Spreewaldgurke wäre auch sehr schön. Und vielleicht auch etwas von dem Harzer Roller.“

Sabine ruft in Richtung der Küche: „Schätzchen mach mal für den Martin einen Pfefferminztee und leg eine Spreewaldgurke zum Harzer.“

Aus der Küche kommt die unüberhörbare Antwort: „Sag Martin, dass er hat noch ´nen offenen Deckel mit zweiundfuffzich Euros hat.“

Sarah kommt aus der Küche und sieht, dass das goldgerahmte Bild von Marx, Engels und Lenin etwas schief hängt. Sie schaut sich um, kann aber den Verursacher der Schieflage der Idole nicht entdecken. Sie wischt sich ihre Hände an dem grün-rot karierten Geschirrtuch ab, das immer noch auf dem Tresen liegt. Dann korrigiert sie mit den Fingerspitzen den sozialistischen Schiefhang, denn Sabine besteht im SKK[3] auf korrekten Fließ-Kontext.

Aus dem Off kommt wieder Walter Ulbrichts Stimme: „Eines Dages wird man widerstrebend anerkennen müssen, dass die Arbeiterschaft in den großen grundsätzlichen Fragen der Wirtschaftspolitik weiter gesehen hat, als das Undernehmerdum.“

Sarah sieht, dass Raoul kein Bier hat und greift zum Zapfhahn. Raoul erkennt die Gunst der Stunde und ruft: „Honey, machst mir ein Stauder[4].“

Sarah lächelt liebevoll und nickt. Sie lässt Bier in ein frisch poliertes Glas laufen. Gleichzeitig schaltet sie einen hellblauen Wasserkocher an, und greift nach einer Tasse im Regal. Sie pustet kurz in das Gefäß um eventuellen Staub zu entfernen. Inzwischen läuft das für Raoul bestimmte Bier über. Der Wasserkocher aus dem VEB Elektro- und Metallwaren Zwintschöna signalisiert mit einem klackenden Geräusch, dass das Wasser im sozialistischen Behälter warm ist.

Sabine steht jetzt auch an der Bierzapfanlage. Sie schiebt Raouls Bierglas beiseite, und zapft Manfred ein frisches Köstritzer, denn sie hat mit sozialistischem Weitblick erkannt, dass Manfreds Glas demnächst leer wird.

Sarah nimmt einen Teebeutel und hängt ihn in die Tasse. Dann füllt sie die Tasse mit warmem Wasser aus dem Wasserkocher auf. Sie dreht sich um und geht in die Küche. Sie kommt wieder zurück und in der Hand hält sie ein Glas mit der Aufschrift „Kühnes Beste.“ Sie entfernt den Metalldeckel und nimmt mit spitzen Fingern eine Gurke aus dem Glas. Sie legt die Gurke auf einen Teller und leckt dann ihre Finger ab, was Raoul mit einem raumübergreifenden Lächeln quittiert.

Sarah öffnet den parteipolitisch-korrekt mit bunten Persil-Blumen beklebten Bauknecht-Kühlschrank, und nimmt eine blaue Plastikbox aus amerikanischer Massenfertigung heraus. Sie öffnet die Plastikbox und entnimmt mit gerümpfter Nase ein undefinierbares Stück Lebensmittel mit imposantem Duft. Mit einem großen Küchenmesser schneidet Sarah eine Ecke aus einem Käsestück ab und legt es neben die Gurke, und das Küchenmesser auf die Theke zwischen den roten Bonbonspender und den Topf mit dem weihnachtlich dekorierten Douglasie-Zögling.

Sabine holt eine Gabel und ein Messer aus einem Schubfach. Dann nimmt sie das Besteck, die Tasse mit warmem Tee und den Teller mit der jetzt als solche geadelten Spreewaldgurke und dem Käse, aber nicht Raouls Bier und auch nicht sein vergessenes Schnitzel, und geht zum Stammtisch.

Mit dem Hinweis: „Hier Martin, dein Spreewaldgürkchen und dein Tee“ stellt sie Teller und Tasse vor Martin auf den Tisch, und legt das Besteck dazu. Eine Serviette bekommt Martin nicht, denn Martin ist gegen Ressourcenverschwendung und außerdem genießt er als Stammgast gewisse Privilegien, und darf Sonderwünsche äußern. 

Martin sagt: „Danke Sabine. Das ist sehr lieb von dir.“

Sabine antwortet gurrend: „Guten Appetit.“

Raoul fragt etwas lauter: „Wo ist mein Bier und wo bleibt mein Frischfleisch?“ und bekommt keine Antwort.

Als sich Sabine geschätzte zwei Meter vom Stammtisch entfernt hat, brummelt er leise: „Die könnte ihren Hintern auch etwas schneller bewegen.“

Vom Nachbartisch kommt ein „Hihi“, und aus den Lautsprechern tönt: „… es gibt kein Bier auf Hawaii …“ weil Sarah versehentlich an die Senderwahl der Musikanlage gekommen ist.

Im Hintergrund hat der schlafende Herr seinen Kopf gehoben, und man hört: „Ein Bombom, meine Omma will ein Bombom.“  

Mit einem dumpfen Geräusch schlägt sein Kopf auf dem Tisch auf. Niemand beachtet ihn, denn auch er ist ein Stammgast mit gewissen Sonderrechten.

Raoul fragt Oddo: „Du bist doch ein gebildeter Mensch und Poet. Sag mal ein Kurzgedicht mit Oberlicht.“

Oddo kann das nicht, denn Oddo lebt auf einem Hügel und ist auch ansonsten eher von der mundfaulen Wesensart.

Raoul twittert: „Ob es wohl am Ober liecht, dass man hier kein Bier griecht.“

Oddo versteht nicht, weil Oddo auch sonst wenig, und auch keinen Spaß versteht.

Die Kneipentür öffnet sich. Axel winkt Sabine und Sarah zu und geht zum Stammtisch. Er setzt sich neben Oddo, der immer noch versucht, Manfred für den abgebildeten Ford Mustang zu interessieren, was dieser aber nur mit distanzierter Aufmerksamkeit quittiert. 

Axel folgt mit seinem Blick dem Zeigefinger des an die Wand genagelten Herrn mit Zylinder, und schaut darum interessiert auf das Automagazin auf dem Stammtisch.

Oddo deutet den Blick als Interesse an dem abgebildeten Ford Mustang und dreht die Zeitung so, dass Axel das Bild und den Text besser betrachten kann.

Axel überlegt drei längere Momente und sagt nach einer weiteren Pause und einem bedächtigen Zug an seiner Pfeife spontan: „Für eine relevante Zielgruppe sichert sehr schön, aber man muss das ganz sachlich betrachten. Das Fahrzeug ist unter Berücksichtigung der Achtundsechziger nur ein Rückblick auf diese Epoche, und nur das macht vermutlich den Reiz eines ganzen Genres aus.“

Oddo antwortet aufgeregt: „Genau das ist es, was ich immer sage. Jeder hat seine Zeit anders, persönlich und ganz differenziert erlebt.“

Raoul guckt verständnislos und murmelt: „Und es sind doch Weißbandreifen und hellblaue Trabbis sind olle Ossischeiße …“

Axel mit wichtigem Klang in der Stimme und etwas lauter: „Ihr kennt ja meine Definition von Zeit?“

Manfred, Oddo, Martin und Raoul schauen verständnislos. Sarah verschwindet in der Küche und Sabine verdreht die Augen. Ihre Mimik besagt: „Nicht schon wieder …“

Bob Dylan hat das Stichwort verstanden und singt noch lauter aus dem Off: „… for the times they are a-changin´ …” und die Antwort von Manfred auf die Frage von Axel geht in Dylans mit lautem Gitarrengeräusch garniertem Genuschel unter.  

Vom Nachbartisch ist ein „Hihi“ zu hören.

Raoul antwortet interessiert erscheinend: „Nein, also das mit der Zeit ist mir momentan entfallen, aber ein leckeres Stauder-Pilsbierchen und ein Schnitzel im Hier und Jetzt wär´ nicht schlecht.“

Aus der Richtung des dösenden Herrn kommt die gelallte Frage: „Ein Bombom, wer will ein Bombom?“

Niemand achtet darauf. Dann ist wieder ein dumpfes Geräusch zu hören, wie wenn eine Wassermelone auf eine graugesprenkelte Pressspantischplatte geworfen wird.

Die Dame mit Hütchen bewegt ihren Kopf rhythmisch hin und her und gibt ein unmotiviert gackerndes „Hihi“ von sich.

Raoul runzelt die Stirn und fragt Manfred: „Sag mal kennst du die Tusse? Die kommt mir irgendwie bekannt vor?“

Manfred antwortet nicht, weil Sabine zwischenzeitlich ein frisches Köstritzer vor ihm abgestellt hat. Er lässt das Hopfenkaltgetränk in seine Getränkeaufnahmeöffnung laufen.

Martin schlürft seinen warmen Pfefferminztee und fragt Raoul: „Wen meinst du?“

Raoul antwortet: „Nicht die da, auch nicht die da, die da am Nachbartisch. Die da so rumgackert. Die mit dem lustigen Hütchen auf.“

Raoul hat zu laut gesprochen, und vom Nachbartisch kommt die unüberhörbare Bemerkung: „Das ist kein Hütchen, das ist eine Mütze.“

Oddo bekommt von Sabine eine frische Weißweinschorle und einen zweiten Strich auf seinem Bierdeckel, und Axel das frisch gezapftes Stauder-Pils, das für Raoul bestimmt war, denn Sarah ist in der Küche, um nach den Shrimps zu sehen. Manfred bekommt ein frisches Köstritzer, und im Hintergrund ist das „Ping“ der Mikrowelle zu hören.

Raoul schnippt immer noch kleine Bierdeckelreste in den Raum.

Raoul fragt Sabine mit kleinlautem Unterton: „Herzallerliebste Sabine. Bekomm ich jetzt auch ein kleines Pilsbierchen?“ und fügt dann noch demütig hinzu: „… und vielleicht ein Schnitzelchen, aber nicht aus Tofu, bütte bütte mit Fleisch.“

Sabine ruft zu Sarah. „Sabine, mach dem Herrn mal ein Bier“ und mit hörbarem Abscheu in der Stimme „der will auch ein paniertes Stück von einem toten Tier.“

Sarah ruft mit glockenheller Stimme aus der Küche: „Aber gern“ und Sabine dreht sich ohne Raoul eines Blickes zu würdigen um und geht zum Tresen zurück. Sarah kommt aus der Küche und sieht, dass Raoul immer noch kein Bier hat, und beginnt wieder zu zapfen. Das Schnitzel hat sie vergessen, denn Sarah hat ein eindimensionales Gedächtnis und zu viel Fleisch ist nicht gut für Raoul.  

Martin beißt in seine Original Spreewaldgurke und sagt kauend: „Als wir im Osten die ganzen neuen Westwaren bekamen, war ich schwer beeindruckt, wie interessant und farbig und sogar ästhetisch alles aussah. Heute fällt es mir kaum noch auf. Ich kaufe sogar nach wie vor den Harzer Roller mit seiner hässlichen Folie drum herum, und zwar deshalb, weil er mir schmeckt. Und ich kaufe immer noch das gleiche Toilettenpapier, weil der gleiche Inhalt in auch in einer teureren Verpackung steckt.“

Manfred sagt bedächtig zustimmend: „Nicht alles war schlecht.“

Raoul antwortet Manfred: „Und vergiss die Autobahnen nicht, die hat Honecker gebaut“, und zu Axel: „Wenn ich nur von Staatsknete und meiner Frau leben würde, würde ich auch so reden ...“

Dann zu Martin: „Frag doch mal Oddo. Vielleicht gibt er dir seine Zeitung. Da kannst mal richtig sparen, und dir mit Ford Mustang einlagig im sozialistischen Sinn die ABM-Ausscheidungs-Bedürfnis-Muffe nach der Qualitätsvorschrift TGL 28977 reinigen ...“

Obwohl Axel nicht auf der gleichen Humor-Wellenlänge wie Raoul kommuniziert, hat er den Dialog mit dem sparsamen Anflug eines Schmunzelns zur Kenntnis genommen. Für Axel ist das eine Initialzündung für einen interdisziplinären Prozess des Überlegens im Übergang zur wohldurchdachten Argumentation. Doch bevor der Prozess abgeschlossen ist, flüstert Raoul: „… außerdem tust du noch ein gutes Werk. Sein Ford Mustang ist wie Ford Capri echt für´n Arsch.“

Oddo antwortet ungehalten: „Von meinen diesbezüglichen Irritationen einmal abgesehen, teile ich natürlich deinen Andeutung einer möglicherweise interessanten Entwicklung bei der von dir genannten Perspektive. Einige deiner Hinweise habe ich aufgenommen, andere habe ich klargestellt, ein paar muss ich nochmals abchecken. Doch kann dies aus meiner Sicht betrachtet nur auf der Basis des von mir explizit beschriebenen Ford Mustangs in der 68er Original-Version geschehen.“

Raoul sagt: „Das hast du schön formuliert, aber da reißen die Weißbandreifen auch nichts mehr raus …“, um dann leise hinzuzufügen: „… nimm doch mal den Daumen aus dem Arsch, dann wird´s einfacher.“

Oddo hat das gehört und kontert sichtlich verärgert: „Analerotiker.“

Raoul mault nach einigen taktlosen Sekunden zurück: „Daumenlutscher.“

Von der geschminkten Dame am Nachbartisch kommt wieder ein lautes „Hihi.“

Sabine kommt aus der Küche und geht zu der Dame mit Hütchen. Sie nimmt das grün-rot karierte Handtuch und wischt den Tisch ab. Dann legt sie eine geblümte Papier-Serviette auf den Tisch und darauf ein Messer und eine Gabel.

Die junge Frau mit Hütchen schiebt gedankenlos und ohne den symbolischen Akt zu durchschauen, mit den Fingerspitzen die Serviette mit Messer und Gabel von der linken auf ihre rechte Seite.

Manfred hat sein Glas ausgetrunken, und festgestellt, dass die Trabbi-Frage noch nicht abschließend im Kontext der aktuellen, politischen Entwicklung beantwortet ist. Mit einem Fingerzeichen ordert er ein Köstritzer und sagt: „Nach den Grundlehren der marxistisch-leninistischen Philosophie war es nicht der Sozialismus, der den Trabbi kaputt gemacht hat, es war die überragende Leistungsfähigkeit des Trabant, der den Sozialismus kaputt gemacht hat. Wenn nichts kaputt geht, muss auch nichts produziert werden. Und wenn nichts produziert wird, entsteht Mangel, weil der kapitalistische Westen auf Ge- und Verbrauch ausgerichtet ist, und kein Interesse an haltbaren und praktischen Produkten hat – ist doch logisch.“

„Logisch“ antwortet Raoul, und auch Oddo stimmt mit einem Kopfnicken zu, aber Raoul muss noch ein „und wenn doch, dann mit einem Hamsterhaken als Sonderausstattung, um den Klappfix[5] durch die Gegend zu ziehen“ hinzufügen.

Aus dem Off kommt eine Stimme: „Ein sozialistischer Arbeiter fährt kein Auto, wie der Klassenfeind. Das wäre eine konterrevolutionäre ...“

Eine weitere Stimme antwortet: „… und nur ganz naive Optimisten können vergessen, wie wenig noch die Masse der Arbeiter von den Zielen des Sozialismus und den Mitteln zu seiner Verwirklichung weiß.“

Manfred nickt mit dem Kopf und sagt: „Ich besitze viertausendfünfhundert Bücher und bin auch heute noch regelmäßiger Bezieher des Arguments der Woche.“

Oddo reagiert nicht, denn er ist über den Defätisten Raoul verärgert.

Axel guckt verwirrt und schweigt vier Momente, und Manfred sagt: „Das war jetzt aber nicht unser Genosse Walter Ulbricht.“

Raoul antwortet: „Achte nicht auf den. Das war mein Oppa, eine rote Sozen-Socke. Der hat einen Stammtisch mit Kalli, Adi, Goeppi und Wladimir. Oppa war für die Wiedereinführung des Bartersystems, und jetzt hat er da oben (Raoul deutet Richtung Himmel) eine Menge Kumpels mit verrückten Ideen gefunden, mit denen er bis in alle Ewigkeit diskutieren kann.“

Von einem Tisch im Hintergrund kommt die Frage: „Oppa willse auch ´n Bombom?“

Sabine bewegt sich zum Stammtisch und stellt vor Manfred ein frisches Köstritzer, und wortlos ein Bier ohne Schaum vor Raoul ab. Dann nimmt sie dem ideologisch unreifen Raoul, ohne etwas zu sagen und wie einem ungezogenen Kind, die letzten Einzelteile des ersten, und Manfreds Bierdeckel, den Raoul in einem Moment der Unaufmerksamkeit an sich genommen hat, aus den Fingern.  

Raoul sagt nichts, denn er ist die rigide Behandlung von Sabine gewohnt. Der Grund ist in einer einmaligen Verfehlung zu suchen, als sich ihm Sabine nach Geschäftsschluss auf dem Stammtisch hingegeben hat. Sabine kann sich das nicht verzeihen, denn nach ihrer Meinung sind alle Männer potenzielle Vergewaltiger, und Raoul der alleinige Verantworter, denn Raoul hatte während der Tatausübung eine respektlose Bemerkung über Sabines wildwuchernde 70er Jahre Körperbehaarung gemacht, und nicht auf weitere Wiederholungen bestanden. Darüber ist Sabine immer noch sehr verärgert.

Mutig und großkotzig sagt Raoul: „Und mach mal auf meinen Deckel ´ne Runde Schnaps, aber vom Guten aus der Toskana, und für die Genossen Vudka.“ Dann fügt er noch ein „und denk an mein Schnitzel“ hinzu, aber er bekommt keine Antwort, denn nach Ansicht von Sabine sind fleischfressende Männer zu allem und vor allem zu Schändungen auf Stammtischen fähig.

Manfred trinkt einen Schluck Köstritzer und gibt zu bedenken: „Ich denke, die Gesellschaft muss weg von der Religion des stetigen Wachstums …“ dann mit Blick auf Raouls Bier: „… hin zum gerechten Verteilungssystem. Nur ein paar Gedanken, aber sie beschäftigen mich eben.“

Raoul sieht sein Bier ohne Schaum und denkt an Einheit und Reinheit seines Getränkes. Er sagt: „Sozialismus ist kollektive Scheiße. Ford Mustang und Trabbi sind auch Scheiße. Am besten alles in Dosen packen und Oddo schreibt ein Gedicht darüber …“

Oddo sagt unüberhörbar zu Raoul: „Du Analerotiker. Vögeln gehört wie essen, trinken, Luft einatmen, Pinkeln und Scheißen zum Leben. Alles hat zu seiner Zeit seinen genussvollen Höhepunkt. Du scheinst mir jedoch damit Schwierigkeiten zu haben.“

Raoul ist wegen Oddos emotionalem Ausbruch für einen Moment sprachlos, und sagt dann beschwichtigend: „Oddo, in die Dosen soll doch nur der Schrott. Und dann Soße dazu. Original Schrott-Griletta mit brauner und roter Soße. Manfred kann dir bestimmt ein Rezept geben, und vielleicht schreibt er ein Kompendium über Schrott in Dosen oder so …“

Oddo wendet sich mit einem beruhigenden Tonfall in der Stimme an den sensiblen Martin: „Verzeihung Martin, aber das musste ich dem Eromanen mal deutlich sagen.“

Raoul antwortet: „Roto Oddo, roto. Es heißt Erotomane und nicht Eromane. Wenn du nicht mal richtig schreiben kannst, wird dein Mustang-Buch genauso ein Murks wie das Kapital von Marx und Manfreds Kompendium der sozialistischen Weltgeschichte.“

Das Bild von Marx, Engels und Lenin bewegt sich etwas, und der Herr mit dem Zylinder grinst und deutet mit dem Finger auf Axel. 

Axel erkennt intuitiv die Zeichen der Zeit im Raum. Er überlegt drei Momentchen und legt spontan noch zwei Überlegensmomentchen dazu. Dann zieht er an seiner Pfeife, gibt zwei schmatzende Laute von sich, und nach einem weiteren Momentchen zu bedenken: „Anfang der 70er reifte mein eigenes politisch-soziales Verständnis, doch durch den Lauf der Dinge erlebte ich die besten Jahre als Twen. Wir waren doch alle mal jung und ich wäre fast auch mal zu einer Demo nach Minga mitgenommen worden. Darum kommt zurück zum Thema, sozusagen a-moll andante infinito.“

Sabine kommt mit einer eckigen Flasche, auf der ein gelbes Etikett mit dem Schriftzug „ALDI“ klebt, und einer mit „Gorbatschow-Wodka etikettierten Flasche an den Tisch. Sie stellt kleine Gläser auf den Tisch und füllt die Gläser. Manfred und Martin trinken Wodka. Sie greifen nach den Gläsern und halten die Gläser wie ihr großes Vorbild  Josef Wissarionowitsch Stalin mit Daumen, Zeigefinger und abgespreizten Restfingern am Rand. Raoul sagt: „Dann geben wir den alten Säufernieren mal Gutes“, und die Herren leeren die Gläser. Raoul bekommt einen frischen Bierdeckel und Sabine malt mit ihrem Bleistift zwei Fünferpäckchen[6] darauf. Dann steckt sie den Stift wie eine Haarnadel in ihre Minipli-Frisur. Sie geht in die Küche, und kommt kurze Zeit später zurück, um der Dame mit Hütchen die warmen Shrimps in einem Glas zu servieren. Sie stellt ein mutmaßlich weidengeflochtenes Brotkörbchen mit zwei Scheiben Toastbrot dazu. 

Raoul fragt Axel: „Du hattest bestimmt deine total revolutionären Jingler-Jeans an – damals Anfang der 70er - in München?“

Aus dem Off kommt die Stimme von Walter Ulbricht: „Die Verbesserung der Lebenshaltung der Werktätigen hängt von der Erhöhung der Arbeitsproduktivität und von der strengsten Sparsamkeit ab.“

Manfred sagt: „Wir hatten unsere Cottino-Hosen …“, und Raoul ergänzt: „… das waren die freien Radikalen in der Ostzone.“

Oddo ist immer noch verärgert und sagt zu Raoul, dem Verursacher: „Ich habe mir vergangens zweimal die Mühe gemacht, deine Einwürfe mit der dir gebührenden Ernsthaftigkeit zu kommentieren. Ein Kommentar setzt, ergo, voraus, dass ich mich mit dir auseinandersetzte. Deine Reaktionen bezüglich des 68er Mustangs, lieber Vögelfreund, waren bis jetzt mehr als armselig. Dachte ich bis zur Abgabe meiner Kommentierungen, daraus könnten sich Dialoge ergeben, musste ich hinnehmen, dass von dir nicht mehr kam, als blindwütige Analerotik. Es besteht natürlich die Möglichkeit, dies sollte ich bedenken, dass ich deinem intellektuellem Niveau nicht entspreche?“

Martin guckt verständnislos und auch Raoul sagt nichts, weil er sich die einzig mögliche Antwort denkt.

Vom Nachbartisch kommt kein „Hihi“, weil die Dame mit Hütchen nach ihren Shrimps gabelt und gleichzeitig den Kopf mehrere Male nach vorn und wieder zurück bewegt.

Raoul trinkt schweigend und hungrig sein lauwarmes Bier und der schale Geschmack regt sein Erinnerungsvermögen an. Plötzlich hat er einen Gedankenflash und ruft: „Jetzt fällt ´s mir wieder ein. Die kenne ich. Der bin ich doch auf der Bleibtreustraße an ihr Literatur-Wägelchen gefahren. Die hatte so einen blöden Aufkleber auf der Scheibe I LOVE T.C. BOYLE und hinten auf der Ablage so  eine angemalte Schaufensterbüste drin, und ich hab sie noch gefragt, ob die Büste innen hohl wäre, dann würde das Hütchen ganz gut auf den Kopf passen.“

Axel sagt überraschend spontan: „Ja, ich erinner´ mich auch. Deine damalige Argumentation bezüglich der Kopfbedeckung ist sicherlich im Nachhinein und mit dem heutigen, mehrmals überdachten Wissen über Ursachen und Auswirkungen, finalen Ergebnissen einfacher mit stichhaltiger Beweisführung anzuprangern oder in den Himmel zu verklären, als in historische Ebenen einzutauchen und aus dem noch nicht analytisch sondierten Umfeld Perspektiven zu erkennen.“

Martin, Manfred und auch Oddo gucken verwundert, und Raoul grüßt zum Nachbartisch. „Hallo Frau Nachbarin. Lange nicht gesehen. Sie sind so gut gelaunt. Sie waren heute sicher schon in Wellville und haben ihre Klismaphilie-Kur genossen?“

Die junge Frau hat die Shrimps im Mund und sieht Raoul verärgert aber verständnislos an. Sie hat etwas Mayonnaise an der Oberlippe und sieht eigentlich entzückend aus. Raoul lächelt die Dame mit Hütchen lieb an und drückt dabei seine Zungenspitze mehrere Male gegen die rechte Innenseite seines Mundes. Die Dame mit Hütchen wendet sich ab und spült die warmen Würmchen mit einem Schluck Pinot Grigio der keiner ist hinunter. Dann antwortet sie: „Eines Tages steck ich Ihnen meine dreckige Unterhose ins dreckige Maul Herr Hhraouuuuull.“

Raoul sagt darauf nichts, weil er als phantasievoller Mensch und literarischer Analerotiker seinen Gedanken nachhängt.

Manfred greift das Thema auf und sagt vor einem Schluck frischem Köstritzer: „Also unsere Damenunterwäsche war zwar schlicht, aber hygienisch zweckmäßig, der arbeitsintensiven Lebensweise entsprechend und gleichzeitig frisch und markant dekorativ.“

Raoul fragt: „Und wo habt ihr die gekauft? Im Konsum?“

Manfred antwortet etwas pikiert: „Der Sozialismus hat eine gute Unterkleidung für alle ermöglicht, ohne Standesprivilegien, ohne luxuriöse Überspitzungen, aber von geschultem Geschmack und mit Freude an Farbe und Form."

Raoul ruft: „Jawoll. Gingst du Lederol gekleidet, jeder Westler hat dich beneidet."

Aus dem Off kommt die Stimme von Walter Ulbricht: „Der VEB Trikotex hat bei der VoPo Unterhose eine Produktionssteigerung von vierhundertfünfundsiebzig Prozent über den Zielen des Fünfjahresplans erreicht. Wir danken den Genossen und Genossinnen der Betriebskampfgruppe …“ 

Oddo ist mitteilungsbedürftig weil ihn Damenunterwäsche generell nicht mehr interessiert. Er sagt mit versöhnlichem Ton in der Stimme zu Raoul: „Also das mit der Fitness ist im Moment auch meine Krux, in der ich stecke. Aber der Gedanke an Ford Mustang hat sich aufgrund meiner Überlegungen, meines Wollens und dank eurer Einlassungen in meinem Bauch und in meinem Kopf weiter entwickelt. Dafür danke ich euch.“

Dann fragt er: „Ist Wellville ein neues Fitnessstudio? Und diese Klismaphilie-Kur, wird die auch von der Krankenkasse bezahlt? Kannst du die empfehlen?“

Raoul antwortet mit ehrlichem Blick: „Selbstverständlich lieber Oddo. Für was sind Freunde denn da.“

Die Dame mit Hütchen sagt nichts. Sie ist still und blass geworden. Plötzlich hält sie ihre Hand vor den Mund. Dann ist das Quietschen der lindgrünen Toilettentür zu hören.

Martin hat interessiert zugehört und sagt: „Letztlich muss ich allerdings Karl Marx ein Stück Verantwortung anlasten. Nach eigenem Bekunden hat er ja die Hegelsche Dialektik vom Kopf auf die Füße gestellt. Damit hat er aber auch der Tatsache Vorschub geleistet, dass nun nicht mehr von der Dialektik der Ideen die Rede war, sondern so getan wurde, als sei es die materielle Geschichte selbst, die sich zwingend so oder so entwickelt. Heutigen Geschichtsschreibern fällt die Aufgabe zu, die Dialektik auf den Kopf zu stellen. Es sind immer noch Ideen, von denen wir sprechen, und die gesellschaftliche Realität ist eine andere.“

Raoul hat nichts verstanden, wendet aber ein: „Lieber Martin, deine Theorie bezüglich der Hegelschen Dialektik ist grundsätzlich richtig, aber letztendlich sublimiert sich alles was in der Zeit und im Raum geschieht auf einer höheren Ebene, die geprägt ist vom ewigen  Kampf der Gegensätze, vom ewigen Widerspruch der Polaritäten ...“

Martin guckt verdutzt, und auch Alex ist wegen Raouls komplexem Gedankenblitz perplex. Spontan schaltet er in den Übergang vom Denk- zum Argumentationsfindungsprozess.

Raoul nutzt die Gunst der Situation und ergänzt seine Argumentation: „… man kann es auch anders ausdrücken. Nicht immer kommt das was oben reinkommt, auch verdaut unten wieder raus. Manchmal kommt das was ober drin ist auch oben wieder raus – und manchmal kommt auch was raus, wenn nichts drin ist.“  

Martin bekommt plötzlich ein solidarisches Gefühl. Er wird blass und hält die Hand vor den Mund. Manfred biegt seinen Oberkörper wieder etwas nach links, um dem Genossen den Durchmarsch zum stillen Ort zu erleichtern. Wieder ist das Quietschen der lindgrünen Toilettentür zu hören.

Raoul sagt zu Axel: „Der könnte auch mal wieder zum Friseur. Ich kenn da einen scheiß-erfolglosen Friseur.“

Sabine hat das gehört und ruft: „Dieter Bohlen als Zitatengeber anzugeben, bringt das Fass zum überlaufen.“

Sarah versteht nur Fass und ruft: „Sabine, kannst du mal in den Keller gehen und ein neues Bierfass anstechen.“

Dann legt sie eine andere Musikscheibe in das Abspielgerät, und zu den Klängen von „Cheri, cheri lady. Going through a motion. Love is where you find it. Listen to your heart …“ wiegt sie sich in den vollen Hüften.

Sabine will nach dem käseverschmierten Allzweckküchenmesser greifen und schaut mit blitzenden Augen in Raouls Richtung: „Ich steche gleich was anderes an.“

Raoul duckt sich, und Sabine lässt das Messer liegen wo es liegt, und stellt die Musik leiser. Dann dreht sie sich wütend um und verschwindet durch die Küchentür zum Kellerzugang.

Sarah dreht die Musik wieder lauter. Dann zapft sie gewissenhaft ein frisches Bier und vergisst das Schnitzel für Raoul.

Auf der von Raoul für Sarah gebrannten CD ist jetzt Joe Cocker an der Reihe. Joe singt: „Baby take off your coat real slow 
take off your shoes I'll take off your shoes 
baby take off your dress yes yes yes 
you can leave your hat on …”

Sarah versteht die Botschaft, und lächelt in Raouls Richtung. Aus dem Off spricht Walter Ulbricht: „Auf Grund unserer neuen, demokratischen Ordnung ist es möglich geworden, ein Tempo in der industriellen Fertigung für Verbrauchsgüter zu erreichen, welches für kein kapitalistisches Land größer ist. Zum Beispiel bringt der WC-mat aus dem VEB Polymer Pößneck für 5,00 DDR Mark erfrischenden Duft ins WC der Genossinnen und Genossen.“

Die nicht mehr korrekt geschminkte Dame mit dem Hütchen kommt etwas blass und auch im Gesicht etwas faltig aus den im zarten lindgrün gefliesten und gekachelten Bedürfniserleichterungsräumen zurück, und in der Toilette liegt eine tote WC-Ente neben einer nassen und grauen Papphülse.

Raoul flüstert zu Oddo: „Ich hab da ein gutes Rezept gegen Falten. Faltenfrei mit Literatur[7]. Das funktioniert. Ich hab da mal drüber geschrieben und viele zufriedene Anwenderinnen bekommen.“

Oddo sagt: „Ach, das ist interessant. Wäre das auch etwas für meine Frau?“

Raoul hilft wo er kann und antwortet: „Aber ja lieber Oddo. Sag ihr, sie soll mich mal anrufen.“

Die ehemals lindgrüne Tür quietscht und auch Martin kommt aus der Toilette. Er ruft: „Sarah, Toilettenpapier ist aus.“

Sarah ruft zurück: „Die Rolle kostet zweiundfuffzig Euros.“

Manfred trinkt einen Schluck Köstritzer und gibt zur Antwort: „Dessau Standard hat bei uns aber nur fünfzig Pfennige gekostet.“

Martin nestelt an seiner farblich zur Toilettentür passenden Latzhose und fragt Raoul: „Kann ich den Text auch mal bekommen. Ich schreib dann auch eine Rezension und ich korrigiere den Text auch gern.“

Raoul antwortet: „Danke Martin, aber lass mal gut sein …“

Oddo sagt zu Martin: „Raoul darf man nicht kritisieren …“, dann zu Raoul: „… dennoch, auch auf die Gefahr hin, künftig mein Leben als Kastrat zu fristen - deine Vögeltexte gehen mir nicht besonders an die Nieren, rühren mich nicht auf, finde sie in geballter Form jedoch mehr als langweilig. Es fällt mir auf, dass sich bei dir alles um das Bermuda-Dreieck herum bewegt. Ich frage mich häufig, ob meine Mitmänner in den vergangenen Jahren entweder zu wenig Tarzan auf dem Kleiderschrank spielen durften oder über doppelt so viele Ostereier im Nest verfügen oder ob ich unwissend ein Kastrat bin. Vielleicht hat mich ja auch bereits die kalte Sofie geküsst und meine Libido schockgefrostet.“

Raoul antwortet betroffen: „Oddo, das tut mir für dich sehr leid, wenn das von dir als Bermuda-Dreieck bezeichnete Gebiet für dich unerforschte Gefilde sind. Kann ich helfen? Möchtest du darüber reden? Vielleicht ist´s ein fortgeschrittenes Rittersöhnchen-Syndrom? Vielleicht hilft die manuelle Handhabung von Doktor Spitzvogel.“

Die Dame mit dem Hütchen bestellt bei Sarah einen Williams Christ Birnenbrand.

Sarah nimmt die eckige Flasche und bringt der Dame den Schnaps und weil Sabine noch im Keller weilt, bekommt Raoul auch ein schön gezapftes Bier mit vorbildlicher Krone.

Sie lächelt Raoul an, und Raoul fragt: „Honey denkst du an das Fleisch.“ Gleichzeitig tätschelt er Sarahs Kehrseite, und legt als generöse Zugabe noch einen Klaps nach.

Sarah kichert geschmeichelt.

Die Dame am Nachbartisch bemerkt Raouls interaktive Kommunikation mit Sarah und mault mit spitzem Unterton in der Stimme: „Gut dass ich nicht zum Hhraouuuuull-Freundeskreis gehöre. Für den muss ich meinen Arsch nicht bewegen.“

Sarah flüstert Raoul ins Ohr: „Für dich beweg ich meinen Hintern gern und ich hab das Fleisch nicht vergessen.“ Dann dreht sie sich um und geht mit gekonntem Hüftschwung zum Tresen zurück.

Sarahs schnürend-fließende Bewegungen sind nicht unbemerkt geblieben. Raoul sieht ihr mit einem anerkennenden Blick hinterher.

Er sagt: „… wirklich gut. Mit einer anderen Verpackung wäre das Törtchen der Hammer.“

Raoul lächelt in liebevoller Vorfreude auf den Feierabend und Oddo schaut finster. „Ich sag´s ja. Eier wie Brennstäbe in einem Atommeiler.“

Sabine kommt mit nassen Haaren, nassem Shirt und nassem Rock aus dem Bierkeller zurück und schimpft: „Das Fass ist übergelaufen.“ 

Raoul sieht das Bier-Malheur und sagt respektlos: „Ein nasser Goldbroiler im Faltenrock.“

Die Kneipentür geht auf, und ein junger Mann betritt mit forschem Schritt den Raum. Mit exaltierten Bewegungen geht er schnurstracks zu der Dame mit Hütchen und gibt ihr ein angedeutetes Küsschen auf die linke, dann auf die rechte und wieder auf die linke Wange.

Die Dame mit Hütchen spitzt den Mund und beugt sich vor, aber der junge Mann kraust die Nase, vermutlich weil es ihm vor dem Atem graust.

„Meine Beste, das du dich mal zwischen Hotelbroschüren und Preistabellen von deinem schweren Job als Putze freimachen konntest, ist herzallerliebst. Du siehst heute wieder bezaubernd aus. Wie machst du das nur …“ um dann ein „… aber die Fältchen da im Gesicht, also da musst was tun“ hinzuzufügen.

Vom Stammtisch ist Raouls „Hihi“ zu hören.

Aus dem Off klingt die sonore Stimme von Doktor Spitzvogel: „Meine manuelle Handhabung erzielt in solchen Fällen wahre Wunder.“

Eine weibliche Stimme sagt aus dem Off: „Ich empfehle die Therapie Schwanzlutschen, Literatur und Faltenfrei[8] nach Herrn Yannik.“

Raoul grinst und die Dame mit Hütchen guckt verständnislos, denn sie weiß weder wer Doktor Spitzvogel ist, noch wem die Damenstimme aus dem Off gehört.

Der junge Mann ruft mit einem Fingerschnippen Sarah zu: „Bedienung, ich hätte gern einen Baileys-Latte.“

Manfred guckt.

Martin guckt.

Oddo guckt und Raoul sagt zu Axel, der sich noch im kommunikativen Standby-Modus befindet: „Das glaub ich dem gern. Sag mal, kennst du die kleine Schwuchtel?“

Martin hat Raouls Frage gehört und fügt empört hinzu: „Ich bitte um eine etwas respektvollere Annäherung an eine gesellschaftliche Randgruppe.“ 

Axel antwortet überraschend schnell: „Das ist der Marvin von den Fischers.“

Raoul dreht den Kopf und schaut auf die junge Dame mit Hütchen, und dann zu dem exaltierten Herrn am Nachbartisch. Dann beugt er sich zu Axel und murmelt: „In den 80ern gab´s mal den Begriff Arschlochkinder. Die Alten von denen haben in der Toskana die Schwarzkohle gebunkert und die Kids haben sich altklug überall eingemischt. Ich hab´ mich immer gefragt, was aus denen geworden ist.“

Axel überlegt drei Momentchen und legt sicherheitshalber noch ein viertes Doppelmomentchen nach. Dann fragt er Martin mit einer Kopfbewegung zum Nachbartisch: „Das wäre doch was für deine Paartherapie.“

Raoul korrigiert erbsenzählerisch: „Marxistische Familiensoziologie. Axel das heißt Marxistische Familiensoziologie“

Martin fühlt sich spontan berufen und antwortet: „Ich erkenne im Verhalten der jungen Leute tatsächlich einige Verhaltensmuster, die mir aus der paartherapeutischen Arbeit, und auch dem eigenen Leben, gut bekannt sind.“

Raoul bemerkt für sich: „Ich sag´s ja. Faltenfrei und Literatur.“

Dann fragt er neugierig: „Verdienst du eigentlich gut mit Marxistischer Familiensoziologie?“

Sarah ruft vom Tresen: „Martin, vergiss die zweiundfuffzig Euros nicht.“

Manfred trinkt sein Glas mit Köstritzer aus und hebt seine linke Wink-Extremität zum Zweck der Order eines frischen Köstritzer Bieres.

Martin ignoriert den Zuruf eines untergeordneten Mitglieds des Vorstands eines erzkapitalistischen Betriebs.

Der schlafende Herr mit den Bonbons ist aufgewacht. Er torkelt zum Stammtisch und legt seinen Arm um Raoul: „Dem Hhraouuuuull sein Buch kann man im biegigen Drahtgestell am Bahnhof kaufen.“

Raoul wehrt den schwankenden und nicht gut riechenden Herrn ab. „Ich schreibe kein Buch, das sind die da“ sagt er, und deutet auf Oddo und Manfred.

Der Herr vom anderen Tisch schwankt weiter zu Oddo und umarmt ihn. Dann schaut er auf das Bild mit dem Ford Mustang: „Watt is datt denn hier? Ein Insgesamt-Kunst-Werk? Veräppelung? Schwachsinn? Reflexion? Passiert da im Mustang auch mal was? Und jetzt? Augenbrauen abrasieren? Was soll ich tun? Wissu Kaugummi oder ein Bombom?“

Dann dreht er sich um und schreit Raoul an: „Hau doch ab du alte Scheiße …“ und wankt zum roten Bonbonspender auf dem Tresen, um das Gerät zu umarmen.

Martin sieht dem Wankenden hinterher und spricht: „Wir als Avantgarde des Proletariats müssen aufpassen, dass wir den ideologischen Gehalt unserer heutigen Gesellschaftsordnung nicht übersehen. Immer dann, wenn irgendwo ein Aufschrei ertönt: Das geht nicht, das ist doch sozialistisch! Oder: Das ist gegen die Marktwirtschaft! Oder Privateigentum ist unantastbar, äußert sich darin eine Ideologie. Eine Ideologie, die dennoch nicht erklären kann, warum Wälder und Seen privatisiert werden müssen. Eine Ideologie, die nicht erklären kann, warum es erlaubt sein soll, sich mit finanziellen Spekulationen eine goldene Nase zu verdienen, während die Bevölkerungen ganzer Staaten die Zeche zahlen müssen. Und das fängt hier, hier an der Basis beim Bonbonausgabegerät an …“

Manfred ergänzt Martins Ausführungen: „… Die Deutsche Demokratische Republik war ein vorbildlicher, sozialistischer Staat unter Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei ...“

Aus dem Off kommt die Stimme von Walter Ulbricht: „Wir fordern die Enteignung der Konzerne und die Übergabe der Betriebe in die Hände des Volkes.“

Raoul summt: „… mit fehestem Tritt und Schritt ...“

Manfred singt leise weiter: „… auhuf zuhum lehetzten Gefehecht.“

Raoul grinst und Manfred bekommt von Martin unterm Stammtisch zwecks Erinnerung an die Einhaltung einer hohen sozialistischen Ordnung, einen heftigen Auftritt mit dem Absatz auf sein rechtsseitiges Hühnerauge.  

Martin holt jetzt zum finalen Verbalschlag auf der kommunikativen Ebene aus: „… und es gibt eine Reihe von Ideen, die auf der gegensätzlichen Seite der dialektischen Entwicklung auf ihre Renaissance warten: Die Allmende, das zur gemeinschaftlichen Nutzung bestimmte Land.  Die Währung, die eigentlich ein Tausch- und kein Hortungsmittel sein sollte. Die gezielte Verteuerung von Ressourcen, zum Beispiel Bodenschätze, Luft, Wasser über Steuern, um die menschliche Arbeitskraft wieder konkurrenzfähig zu machen. Wir müssen ´s nur begreifen.“

Dann steht er auf und ruft: „Es hängt an uns. Wir können es gestalten.“

Der Herr mit Zylinder grinst, und für einen Moment sieht es aus, als ob er sich von der Wand lösen und Martin umarmen wollte, denn gewollt oder ungewollt - Martin hat die Grundsätze des seligen Herrn John D. Rockefeller ausgesprochen. Das Bild von Marx, Engels und Lenin hängt immer noch schief, und Che hat einen kleinen Wasserfleck im linken Auge. Der beleuchtete Weihnachtsmann auf dem Klavier lächelt breiter und sein Licht leuchtet etwas heller. Dann flackert sein Licht und die Birne in seinem Kopf brennt durch.

 Der junge Mann am Nachbartisch redet mit hoher Stimme auf die Dame mit Hütchen ein: „Also Liebste, du glaubst ja nicht, was mir heute passiert ist …“

Und ohne eine Antwort abzuwarten: „… also die Penner die tun ja jetzt endlich was. Wird ja auch mal Zeit. Also da hat mir heute einer ein fast neues Damenfahrrad angeboten. Und du glaubst ja nicht, was ich dafür bezahlt hab. Nur zehn Euro. Und ich hab sogar einen totschicken Beutel mit Kiwis dazu bekommen.“

Plötzlich ist der Aufschlag eines schweren Gegenstandes auf dem Boden und dazu das Klirren von zerbrechendem Glas zu hören. Der schwankende Herr ist zusammen mit dem roten Bonbonspender und dem blauen Topf mit dem Douglasie-Zögling auf dem Boden aufgeschlagen. Neunundneunzig bunte Bonbons und zwölf rote Plastik-Weihnachtsterne aus einem schwedischen Möbelhaus kullern auf dem Stragula herum, der in vierzig Jahren zwar schon alles Mögliche erlebt und aus seiner Perspektive auch mehr gesehen hat als Sabine denkt, aber noch nie mit einem Bonbonspender und einem mit Weihnachtsschmuck behängten Douglasie-Zögling in Berührung gekommen ist. 

Sarah heult auf: „Der schöne Bonbonspender.“

Sabine schreit auf: „Der blöde Bonbonspender.“

Der liegende Herr ruft: „Wer will ein Bombom“ und kriecht zwischen den Bonbons, Scherben, Weihnachtsbaumbehang und Douglasie-Resten am Boden herum.

Sabine schluchzt: „Meine Pseudotsuga …“

Martin kann zuerst nicht glauben was er sieht und zu hören bekommt. Er zaudert und versucht Prioritäten zwischen materiellem Besitz und Rettung des SKK-Volksvermögens zu setzen. Dann beschließt er, Prioritäten zu setzen. Er springt auf und ruft empört: „Das ist mein Rad. Das hat man mir gestern geklaut.“

Manfred hält Martin an der Latzhose fest, weil Martin zum Zweck einer gewalttätigen Auseinandersetzung auf den jungen Mann zugehen will, um die Angelegenheit ruhig und sachlich, sozusagen von Mann zu Mann, auszudiskutieren.

„Martin, tu jetzt nichts Unüberlegtes. Man muss das mit deinem Fahrrad kritisch hinterfragen. In einer sozialistischen Tauschgesellschaft …“ ist Manfreds Beschwichtigungsversuch. 

Martin antwortet unwirsch: „Halt dein Maul, der hat mein Rad.“

Oddo ergänzt: „… und den Beutel mit deinen Kiwis.“

Raoul ruft beschwichtigend: „Aber Maartin ...“ und fragt dann den exaltierten Herrn am Nachbartisch: „Sag mal Süßer, hat das Rad Weißbandreifen?“

Oddo versucht die Gemüter zu beruhigen: „Lieber Martin, die Fahrradfrage ist eine Angelegenheit der inneren Festigkeit und inwieweit man seinen eigenen Ruhepol ausgelotet hat. Sie mich an. Ich habe jahrelang freiberuflich gearbeitet habe und auch dort ist so manche Verlockung nicht durch meine Schwarte gedrungen ...“

Manfred fällt ihm ins Wort: „… davon abgesehen,  ist die Frage über Mein und Dein in einer sozialistischen Gesellschaft nicht opportun. Sie auch mich an. Ich habe mir so manche Beule und blutige Schrammen geholt. Glücklicherweise war ich, auch durch meine berufliche Kompetenz, immer in der Lage, mich nicht verbiegen zu müssen. Das hat mir zwar im Nachhinein auch nichts genützt - was meine berufliche Entwicklung betrifft - aber ich habe mein Selbstwertgefühl erhalten.“

Dann steht Manfred etwas schwankend auf und hebt stramm seine rechte Grußextremität. Er führt sein Glas zum Mund, um es in einem Zug zu leeren. Dann ruft er: „Schabine machscht mir nochn Kotschrischter.“

Raoul hört was Manfred sagt und antwortet scheinheilig: „Manfred, also das tut mir leid für dich, dass du als sozialistischer Konformist so wenig Erfolg im Paradies der Werktätigen hattest.“

Aus dem Off klingt die empörte Stimme von Karl Marx: „… hier ist der Sammelpunkt des Widerstandes gegen die Gewalttaten des Kapitals. Der Zweck wird verfehlt, sobald die Massen von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen ...“

Walter Ulbricht bestätigt pflichtbewusst aus dem Off: „… ohne den politischen Kampf der Einheitsfront der Arbeiterparteien können die Lebensinteressen der Arbeitermassen nicht mit Erfolg durchgesetzt werden.“

Raoul hält Martin am Träger seiner blassgrüngefleckten Latzhose fest und sagt: „Das waren die heutigen Richtlinien von deinem Zentralkomitee.“

Raoul deutet mit dem Zeigefinger seiner linken Hand nach oben.

Martin heult: „Aber das ist mein Fahrrad.“

Sarah steigt vorsichtig über den Herrn am Boden, im Arm die Reste der von ihr aufgesammelten Douglasie. Vorsichtig bettet sie die Wurzeln des Restgewächses in ein Weißbierglas, fügt etwas Wasser hinzu und stellt die Pflanze im Glas auf den Tresen. Dann nimmt sie das von Sabine gezapfte Köstritzer und geht zum Stammtisch.

Sie serviert Manfred das Getränk und fragt: „Soll ich das was der Martin gehabt hat, auch auf deinen Deckel schreiben?“

Manfred guckt verlegen und sagt sicherheitshalber nichts. Sein Blick sagt aber, dass er nicht gewillt ist, die Schulden des Genossen zu übernehmen.

Aus dem Off kommt die Stimme von Walter Ulbricht: „Es gilt, durch die Entwicklung einer neuen, fortschrittlichen Literatur, den heldenhaften Kampf gegen den Imperialismus, gegen Versklavung und nationale Unterdrückung, das Große der demokratischen Umwandlung, des Neuaufbaus, der neuen Menschen und ihrer gegenseitigen Beziehungen zu gestalten und dadurch die Volksmassen zu erziehen und die in ihnen ruhenden unerschöpflichen Kräfte zur Entfaltung zu bringen.“

Das Bild von Marx, Engels und Lenin fällt von der Wand und das Glas zersplittert auf dem Boden.

Sarah fragt ungehalten: „Was is´n jetzt. Wer zahlt ´n nun für Martin?“

„Honey, also ich hätt´ gern noch ein Pilschen. Und ich freu mich auf mein lecker Frischfleisch“ antwortet Raoul.

Sarah schaut demonstrativ auf ihre Armbanduhr und zwinkert Raoul zu.

Aus dem Off kommt die Stimme von Walter Ulbricht: „Besser wirtschaften lernen. Das Sequestrieren, die Beschlagnahme von Betrieben, das habt ihr nicht schlecht gemacht. Aber jetzt müsst ihr beweisen, dass ihr auch besser wirtschaften könnt ...“

Raoul fügt hinzu: „… und nicht nur von der Staatsknete leben wollen wie manche Paarberater.“

Axel meldet sich nach drei Überlegensmomentchen bedächtig zu Wort: „Da ich mit meinen Gedanken immer ein paar Tage hinterher hinke, und meine eventuellen Beitragsvorhaben sich innerhalb von kurzer Zeit selbst überholen, möchte ich an dieser Stelle nur schnell zwei-drei nicht ganz unwichtige Punkte einflechten, bevor die Diskussion in eine weitere Phase eintritt ...“

Martin schreit: „Ich will sofort mein Fahrrad zurück.“

Raoul ergänzt: „Und vergiss die Jutetasche mit den Kiwis nicht.“

Manfred trinkt sein Köstritzer und Raoul lässt Martins Latzhose los. Martin nutzt die Möglichkeit, sich dem möglichen Zugriff des nachlässigen Klassenfeindes zu entziehen.

Raoul ruft: „Sarahschätzchen noch `ne Runde Durchsichtiges für den Stammtisch. Alles auf meinen Deckel und ich kann zahlen.“

Martin geht auf den Nachbartisch zu, übersieht aber die bunten Bonbons auf dem Boden. Er rutscht aus, und beim Fallen versucht er sich am Tresen festzuhalten, bekommt aber nur das mit Harzer Roller beschmierte Küchenmesser zu greifen. Er fällt über den Herrn am Boden, der immer noch versucht, zwischen blauem Plastikeimer und den Resten der Douglasie die bunten Bonbons aufzulesen und nach Farben zu sortieren.

Martin rappelt sich auf und hat das Küchenmesser in der Hand. Er schreit: „Ich will sofort mein Fahrrad.“

Oddo sieht Martin mit dem Messer und sagt: „Also ich hatte früher ein Stilett. Da kam die Klinge so an der Seite raus.“

Raoul antwortet: „Oddo, das war ein Springmesser. Beim Stilett kommt die Klinge vorne raus.“

Oddo antwortet wütend: „Das ist doch vollkommen gleichgültig du agitatorischer Anarchist.“

Manfred trinkt sein Glas aus und beginnt zuerst leise, dann etwas lauter zu singen: „… mit ruhig fehestem Schritt.“ Dazu schlägt er mit der Stammtischfahne im Rhythmus auf den Tisch.

Raoul singt aus Sympathie mit: „… die Internationahale erkämpft das Mehenschenrecht.“

Der junge Mann vom Nachbartisch sieht Martin mit dem Messer und ruft: „Huuch, Hilfe, Mörder …“ und versucht sich unter dem Tisch in Sicherheit zu bringen.

Die Dame mit dem Hütchen klemmt die Beine zusammen. Dann kriecht sie unter den Tisch und Martin rutscht noch einmal auf den bunten Bonbons aus. Im Fallen rammt er das Küchenmesser in den Stammtisch und durchbohrt dabei den handgestickten Stammtischwimpel.

Sarah ruft mit lauter Stimme: „Wer zahlt denn nun?“

Onno wendet sich demonstrativ Raoul zu, um mit ihm auf sachlicher Ebene zu kommunizieren: „Heute bin ich leider etwas kaputt, da ich den ganzen Tag im Garten gewirkt habe. Bohnen, Kartoffeln, Tomaten, Zucchine, Kräuter, Salat und Co. mussten noch inne Erde.“

Raoul achtet nicht auf Oddo und ruft laut zurück: „Honey, ich freue mich auf das Fleisch.“

Sarah antwortet: „Später, zuerst wird gezahlt.“

Die nicht mehr korrekt geschminkte Dame will nicht in fremde Konflikte verwickelt werden und kriecht ohne Hütchen, aber zusammen mit dem exaltierten Herrn auf allen Vieren zu Eingangstür.

Raoul sieht der jungen Dame und dem verängstigten Herrn hinterher und denkt: „Das Mädel ist schön, schlank und führt einen netten Fuß. Unterm Dach mag´s aussehen, wie´s will. Darüber guckt man bei den Schnitten ja gern weg, wenn´s der liebe Gott und Marx im Parterre nicht hat fehlen lassen ...“

Dann murmelt er: „… dafür hat sie einen hübschen Arsch.“ Um nach einem kleinen Überlegensmomentchen hinzuzufügen: „Aber was will der Arsch mit dem Arsch?“  

Das lustige Hütchen bleibt wie ein kleiner toter Vogel auf dem Tisch zurück.

Aus der Musik-Anlage klingt: „Wake me up before you go go 
don´t leave me …”

Für einen Moment wird das giftig-grüne Plakat mit dem Slogan „WIR LASSEN DIE SAU RAUS“ angeleuchtet, dann fällt der Vorhang.

 

[1] Das biedere Tannenzäpfle-Bier aus dem Schwarzwald hat in deutschen Großstädten Kultstatus. Zum Teil hat die Marke dort ihren Absatz verdoppelt – und das ohne Werbung. Dabei will die Brauerei nur ihre Ruhe. Mehr Infos gibt´s hier: http://www.spiegel.de/wirtschaft/bier-kultmarke-wider-willen-a-461719.html

[2] Sozialistisches Kneipen-Kollektiv

[3] Sozialistisches Kneipen-Kollektiv

[4] Die Privatbrauerei Jacob Stauder GmbH & Co. KG ist eine Brauerei im Essener Stadtteil Altenessen.

[5] Klappfix war ein Campingtourist-Anhänger mit Zeltaufbau; auch ironisch für Stasi-Angehörige wegen ihres querformatigen, aufklappbaren Dienstausweises.

[6] Zehn Striche

[7] Und hier ist der Link zum Werk https://www.yumpu.com/de/document/view/20392594/faltenfrei-und-literatur-aus-leben-mit-viola

[8] Und hier ist der Link zum Werk https://www.yumpu.com/de/document/view/20392594/faltenfrei-und-literatur-aus-leben-mit-viola

 

Nachspann

 

Von der linken Seite betritt der Conférencier die Bühne. In der rechten Hand hat er einen Blecheimer, und in der linken einen Besen. Er stellt Eimer und Besen etwas umständlich auf dem Boden ab. Dann rückt er seine Brille zurecht und räuspert sich. Ein Arm greift aus dem Vorhang und zieht Eimer und Besen hinter den Vorhang.

„Verehrtes Publikum. Dies war der erste Akt unseres interaktiven Theaterstückes, und wir machen jetzt eine kurze Pause.“

Im Publikum erhebt sich ein junger Mann und ruft: „Ich habe generell nichts gegen Satiren und Parodien mit Stil und Anstand. Ich finde alles wird in unserer Zeit parodiert und davon sollte Marx, Mustang und Sozialismus nicht ausgeschlossen sein. Aber das was hier aufgeführt wird, finde ich Geschmacklos und auch kein bisschen witzig. Ich musste nicht einmal auch nur schmunzeln, und ich lache eigentlich über alles. Entweder beleidigt ihr weniger und bringt mehr Humor, oder ihr unterlasst die weitere Aufführung.“

Der Conférencier wirkt verunsichert. Er übergeht den Zwischenruf und antwortet: „Liebes Publikum. Im Foyer haben wir für sie ein Diskussionsforum vorbereitet. Sie erkennen es an den grünen Tischen.“

Der Sprecher hebt seinen linken Arm und ruft: „Freiheit für Literatur …“

Er zögert einen Moment und ruft dann laut: „Der Kampf geht weiter …“

Das Licht im Saal geht langsam an und Janis singt aus dem Off: “… freedom´s just another word for nothing left to lose,

nothing don´t mean

nothing honey if it aint free …“

 

Impressum

Texte: Amélie von Tharach
Bildmaterialien: Amélie von Tharach
Lektorat: Amélie von Tharach
Übersetzung: Amélie von Tharach
Tag der Veröffentlichung: 19.03.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
„Raoul, deine Eier glühen wie der Brennkern eines Atomkraftwerkes und bestimmen dein Sein …“ Oddo (der Alte vom Berg)

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