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Auf gestapelte Leichen kotzen

 

 Soll ich, oder soll ich nicht? Darf mündige Frau das was ich vorhabe, oder werde ich morgen um 14:00 Uhr und keine Minute später eine unverzeihliche Todsünde begehen? Wird man mich als Verbrecherin öffentlich schänden?

Was wird mit mir geschehen, wenn ihr endlich weg seid? Werde ich einsam und wie eine Süchtige in einem kahlen Raum vegetieren, und voller Verzweiflung mit meinen Fingernägeln die schönen, neuen Tapeten (mit zartem Paisley-Motiv) von den Wänden kratzen? 

 

Ich gebe zu, ich habe keine Todesangst, aber sehr viel mehr als die üblichen Skrupel. Noch weiß ich nicht, ob meine arme Seele Schaden nehmen wird, wenn ich das was ich mit euch vorhabe, tun werde?

Aber was kümmert mich das? Ihr allein, ihr staubtrockenen Brüder und ihr schwülstig verträumten Schwestern tragt die ganze Schuld. Warum konntet ihr eure Triebe nicht beherrschen. Warum musstet ihr mit euren Ergüssen die Menschheit und mich bespritzen. Ich könnte kotzen, wenn ich sehe, wie ihr euch Jahr für Jahr wie Kanalratten vermehrt und mit euren gilbgelben Zähnen an den zarten Seelen der Manipulierbaren nagt.

Auch ich war eine von den Ahnungslosen, denen man eingeflüstert hat, dass ihr wunderbare Glücksgefühle erzeugen könnt. Die ganzen Sprüche von „must-have“ waren gelogen. Euch anzufassen war nie ein sinnliches Erlebnis. Ihr hattet euren Spaß mit mir. Ihr habt mich verarscht. Ihr habt mein Geld und ich den Frust und die Last mit euch.

 

Ich weiß, ich habe zu lange an das Gute in euch geglaubt. Weil ich die ganzen Jahre eure Scheinheiligkeit nicht erkannt habe, ist jetzt Schluss mit lustig. Nicht ich trage die Schuld. Ihr habt mich benützt und euch nächtelang in meinem Bett vergnügt. Zu spät habe ich erkannt, dass ich nur eure willenlose Sklavin war.

Ich habe zugelassen, dass ihr offen auf meinem schönen, roten Sofa herumliegen konntet – sogar als meine Eltern zu Besuch kamen. Die haben nur den Kopf geschüttelt und vorwurfsvoll gesagt: „Kind, gib nicht dein ganzes Geld für die aus. Die sind es nicht wert …“ Aber ich habe überheblich gelacht.

Auf dem Boden habe ich mich mit euch gewälzt, und dazu viel zu viel von dem Weißherbst von Aldi getrunken. Ihr habt mich fast zur Alkoholikerin und Kettenraucherin gemacht, das verzeihe ich euch, aber warum musstet ihr mich so skrupellos benützen? Ihr perversen Schweine, ihr habt mich mit euren forensischen Gedanken tief in die Psychen von Massenmördern entführt. Einige von euch durften sogar mit mir in die Badewanne, um dann blutrünstig mit Messern und Kettensägen zu metzeln. Aber das konnte ich noch ertragen. Schlimmer, viel schlimmer waren die grundbraven Hausmütterchen mit ihren ätzenden Sendungsbewusstsein, die mir Schlechtes-Gewissen-Permanenzen ins Gehirn gepflanzt hatten. Mit euren Latte Macchiato Überheblichkeiten habt ihr meiner Seele nicht geschadet, aber ihr habt mich gelangweilt.

Ich könnte nur noch kotzen, wenn ich daran denke, was ihr mit mir gemacht habt. Aber jetzt ist genug. Ich werde euch keine Träne nachweinen, das verspreche ich.

Bin ich eine herz- und gefühllose Totengräberin, weil ich euch ohne Liebe in Pappkisten werfe und den Deckel drauf verklebe?

Ich bin es nicht, aber ich sage euch, ihr seid nichts weiter als Schrott. Wer denkt noch an euch, wenn ihr bald weg seid - niemand.

Wenn ich euch so ansehe, muss ich lachen. Ihr erinnert ihr mich an gestapelte Leichen? An eurer Lage kann ich euren Wert erkennen. Ihr da, ihr mit den hässlichen und abgegriffene Hüllen, ihr habt mal zu den Guten gehört.

Die Schönen, die Aufgepimpten und Unberührten, die in langen Reihen nebeneinanderstehen und seit Monaten unberührt schmollen, das sind die Domestizierten und Dressierten. Langweilige Nerventöter, die sich in mein Leben geschlichen haben, weil Besenstiel-im-Rektum-Experte Hinz, oder Frau Oberlehreranwärterin-Ungef*** Kunz sich anheischig fühlten, mir kritisch-intellektuell vorzukotzen, dass ich Den unbedingt haben müsste, oder Die mein Leben verbessern wird - garantiert.

Ich weiß, die Schranzen und Neunmalklugen, die mich mit ihren Empfehlungen Jahrzehntelang hinters Licht geführt haben, werden mich hassen, aber ich muss es tun. Ihr hattet nur eines im Sinn, ihr wolltet mich manipulieren. Mich mit euren perversen Gedanken dazu bringen, dass ich für euch bezahle. Ihr habt euch grell aufgehübscht, wie alte Frauen vom Strich, nur damit ihr möglichst viele Käufer findet. Das war nie wahre Liebe. In euren glänzenden Verpackungen waren leere Versprechungen.

 

Eine Anleitung zum Glücklichsein? Gesch... darauf. Es hat nicht funktioniert.

Wie ich einen neuen Mann bekomme? Die Binsenweisheiten muss mir niemand sagen?

Den Alten loswerden? Dazu brauche ich euch nicht.

Ich soll mich nicht sorgen, ich soll leben?

Ich hätte besser und schöner ohne euch gelebt.

Ihr wolltet mich in Traumwelten entführen?

Ich hätte euch umtauschen, oder wegen irreführender Angaben verklagen sollen.

Wo ich auch hinsehe, überall bettelt ihr um meine Aufmerksamkeit. Ich habe keine Zeit mehr, mich um Tote zu kümmern, weil mein Lebensraum und meine Lebenszeit begrenzt sind.

Morgen, das verspreche ich euch, werde ich euch verkaufen. Ich werde mein schönstes Lächeln aufsetzen und über euren Wert, eure wunderbaren Gedanken, und eure emotionalen Ergüsse schwadronieren. Ich werde erzählen, wie schwer es mir fällt, gute Freunde wegzugeben. Ich werde mir fremde Menschen anlügen und jeden Preis akzeptieren, den man für euch bietet. Sollen die sich mit euch rumärgern. Der Rest von euch wird verschenkt und was dann noch übrig ist, kommt in die Mülltonne. Und dann werde ich endlich frei und glücklich sein.

Ich liebe mein neues iPad und morgen ist Bücherflohmarkt …

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.03.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Amélie von Tharach wird betreut von SP.Media GmbH Agentur für Texte und Autoren Heckstraße 32 45239 Essen Kontakt: autoren@fickbuecher.de

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