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Goldhochzeit ohne Feier

 

Wie ich schon öfter erzählt habe, gingen wir zwei – mein Schatz und ich – am Silvestervormittag 1970 ganz allein zum Standesamt, um die Ehe miteinander zu schließen. Das heißt, wir fuhren mit der Straßenbahn vom Rostocker Zoo aus in die Lange Straße und gingen dann zu Fuß zum Rathaus. Das Standesamt liegt direkt rechts daneben und ist ein besonders schönes altes Gebäude aus der Hansezeit. Goldene Ringe hatten wir nicht, nur sogenannte Goldmantelringe, die man im Kaufhaus für zwanzig Ostmark bekam. Wir wollten sie aber im Standesamt nicht tauschen, sondern erst bei der kirchlichen Trauung.

 

Die richtigen Goldringe konnten wir uns erst später anfertigen lassen nachdem wir genug Gold dafür gesammelt hatten. In DDR-Zeiten musste man für jedes goldene Schmuckstück, das man sich anfertigen lassen wollte, genug Gold abgeben. Gold war auch eine Mangelware. Nicht nur aus Goldmangel, sondern weil es mir so gefiel, wurden unsere richtigen Ringe nur zwei Millimeter breit, weswegen nichts eingraviert werden konnte. Aber wozu auch. Die Daten hat man ja sowieso im Kopf und im Herzen.

 

Leider war mein Bruder damals mit seiner Goldschmiedelehre noch nicht fertig. Er bekam erst 1986 seinen Meisterbrief. Sonst hätte sich sicher früher etwas machen lassen. Auch meine Schwägerin ist Goldschmiedin. Das hat uns damals aber nichts genützt.

 

Mein Mann hat seinen Ring später in einem Badesee verloren. Da war es jedoch kein Problem mehr und mein Bruder hat ihm einen neuen gemacht.

 

Es kommt ja vor, dass Ehepaare sich zur Goldenen Hochzeit neue Ringe machen lassen. Meine Eltern haben das getan. Ich wollte das nie.

 

Erstaunlich, wieviel mehr Gebrauchsspuren sein Ring hat, obwohl meiner viel älter ist.

 

Wenn man sich das Datum anschaut, ist klar – 2020 stand die „Goldene“ an.

 

Freunde wollten uns zu Silvester zu sich einladen. Das lehnte ich ab und sagte, das ginge nicht, denn sie müssten zu uns kommen und mit uns feiern wegen der „Goldenen“. Sie sagten freudig zu.

 

Ich hatte schon vor Weihnachten alles vorbereitet für unsere Silvester-Hochzeitsfeier – dann hieß es: Keine Gäste wegen dieser verdammten Seuche!

 

Auch zu Weihnachten waren wir schon nur im kleinsten Familienkreis.

 

Aus Spaß hatte ich mir sogar einen mehr oder weniger goldenen Haarreifen bestellt. Das übliche Diadem finde ich furchtbar. Aber auch der Haarreifen blieb in der Schublade..

 

 

Silvester waren wir dann zu zweit allein. Unser Enkel, der seit über einem Jahr bei uns wohnt, war schon zu Weihnachten zu seiner Mutter nach Berlin gefahren und blieb dort über Silvester

Wir haben uns dann zu zweit einen schönen Tag gemacht und die Ruhe und Gemütlichkeit genossen. Abends gab es das vorgesehene Käsefondue. Und natürlich haben wir auf unsere gemeinsamen fünfzig Jahre angestoßen und wieder einmal festgestellt, dass unsere Ehe im Laufe der Jahre immer besser geworden ist. Auch am 9. Januar gab es keine Möglichkeit, die kirchliche Goldene Hochzeit zu feiern, genauso wenig dazwischen den siebzigsten Geburtstag meines Mannes.

 

Allerdings bekamen wir von unserem Bürgermeister einen hochoffiziellen Glückwunsch mit Präsentkorb und der Bischof gratulierte uns zur „Diamantenen“…. Aber soweit ist es dann doch noch nicht!

 

 

Impressum

Bildmaterialien: Fotos: eigene Bilder
Cover: Cover: eigenes Foto
Tag der Veröffentlichung: 06.07.2021

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