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Etwa 1976 fragte eine Freundin meiner Brüder, ob sie die Schauspielerin Annekathrin Bürger mal zu meinen Eltern mitbringen dürfe. Sie brauchte den juristischen Rat meines Vaters. Sie war seit Jahren mit ihr und ihrem Mann, Rolf Römer, befreundet, hatte zeitweise bei ihnen in Köpenick gewohnt und auch immer mal von ihnen erzählt.

Die Namen der beiden waren jedem in der DDR geläufig. Besonders Annekathrin war berühmt durch Film und Fernsehen. Rolf war eine Filmlegende aus den Indianerfilmen des Ostens mit Gojko Mitic.







Natürlich waren wir alle gespannt, wie die beiden privat wären.

Irgendwann brachte P. Annekathrin und zwei Freundinnen mit ins Sommerhaus meiner Eltern. Es sollte eine private Begegnung sein – nicht offiziell in Vaters Büro. Bei dem ersten Treffen war ich nicht dabei. Aber ich hörte natürlich davon.

Annekathrin war offenbar sehr angetan von meinen Eltern und umgekehrt genauso. Es entwickelte sich eine lose, aber sehr nette Freundschaft. Rolf baute immer an irgendetwas zu Hause herum. Er kam erst später dazu. Auch mit ihm verstanden sich meine Eltern auf Anhieb, mochten seinen Witz und seine manchmal beißende Ironie.

Rolf und Annekathrin kauften oder mieteten sich in Ostseebad W. auf dem Fischland eine alte Mühle, in der sie jahrelang im Sommer jede freie Minute genossen. Und das liegt nur ein paar Kilometer vom Sommerhaus unserer Eltern entfernt.

Es war allgemein bekannt, dass es bei meinen Eltern auf dem Fischland immer nachmittags gegen fünf Tee gibt und jeder dazu willkommen ist.

So kam es immer wieder einmal vor, dass auch Rolf um diese Zeit bei ihnen erschien. Das habe ich ein paar Mal miterlebt und hatte großen Spaß an diesen Teestunden. Rolf war ein brillanter Erzähler. Er hatte immer viel zu erzählen und das mit viel Witz und Charme und ohne je ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Annekathrin blieb meistens lieber in der Mühle, um sich zu erholen von anstrengenden Drehtagen oder Bühnenauftritten oder sie musste noch arbeiten.

Rolf war Autor, Regisseur und Darsteller des in der DDR umstrittenen Fernsehfilmes „Schuldig“ aus der Reihe Polizeiruf 110. Nach der Ausstrahlung des Filmes erhielt er bei DEFA und Fernsehen keine namhaften Aufträge mehr. Bis 1989 wirkte er vor allem als Sprecher in Hörspielen und Trickfilmserien.

Er war seit der Ausbürgerung von Wolf Biermann, gegen die er und Annekathrin bei Honecker persönlich protestiert hatten, total kalt gestellt worden.

Annekathrin war eine der beliebtesten DDR-Schauspielerinnen. Sie konnte man wohl nicht so einfach aus dem Verkehr ziehen ohne sich selbst zu schaden. Sie wirkte in mehreren erotischen Komödien ihres Mannes als Hauptdarstellerin mit und war eine der wenigen „Nackten“ in DDR-Filmen. Außerdem war sie eine der wenigen Schauspielerinnen, die ins westliche Ausland reisen durften. Sie hat sogar bei Fellini in Rom auf der Couch gesessen, der sie engagieren wollte. Das lehnte sie jedoch ab und kam zurück.
1977 lud Annekathrin meine Schwestern zu sich nach Köpenick ein, wo sie dann vor der Hochzeit unseres Bruders übernachteten.

Später, als meine jüngste Schwester in Potsdam in der Berufsschule war, verbrachte sie regelmäßig die Wochenenden bei Annekathrin und Rolf, die selbst keine Kinder hatten. Die beiden waren so was wie Zweiteltern für meine kleine Schwester und hatten offenbar einen Narren an ihr gefressen. Sie war auch nie so schüchtern wie ich, sondern keineswegs auf den Mund gefallen.

Meine Schwester pflegte lange Zeit die Freundschaft mit den beiden weiter. Irgendwann nach der Wende erlebte ich Annekathrin und Rolf einmal zusammen auf dem Fischland und fand auch sie sehr sympathisch – völlig ohne Starallüren.

Als meine jüngste Schwester im Mai 1991 heiratete, lud sie die beiden zu ihrer Hochzeit ein und sie kamen tatsächlich und wir hatten viel Spaß mit ihnen.



Rolf und ich im Garten meiner Eltern


Ich weiß nicht mehr, wer auf der Hochzeit fotografiert hat, aber derjenige hat sich an Annekathrin offenbar nicht heran getraut, was sehr schade ist. Es gibt nur Bilder von hinten und ein unscharfes Foto von vorn.



Annekathrin auf der Hochzeitsfeier meiner Schwester


Sie ist heute noch mit fast sechsundsiebzig Jahren eine sehr schöne Frau.

In den neunziger Jahren wurde Rolf zunehmend frustriert, denn er bekam auch nach der Wende keine Aufträge mehr, während Annekathrin gut im Geschäft blieb, beim Tatort und anderen Produktionen. Ihm machte auch seine Gesundheit immer mehr zu schaffen.

Ich freue mich immer wieder, wenn im Fernsehen ein Film mit Annekathrin läuft. Im letzten Jahr gab es eine ganze Reihe aus Anlass ihres fünfundsiebzigsten Geburtstages.

Am 15. März 2000 hatte Rolf zu Hause in seinem Garten einen tödlichen Brandunfall.

Annekathrin erzählt von sich, dass sie danach zwei Tage wie gelähmt zu Hause saß. Dann war sie wieder auf der Bühne. Und das ist sie auch heute noch.

The show must go on!

Impressum

Bildmaterialien: Cover: privates Foto, 2 Fotos - Internet, andere privat
Tag der Veröffentlichung: 26.02.2013

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