Cover

Episode 5 - Neue Geschäfte




Am nächsten Morgen ging sofort die Arbeit los. Lancy stellte uns Brian, einen Neuling aus San Francisco, zur Seite. Brian, muskulös gebaut und mitte Zwanzig alt mit kurzen, blonden Haaren und hellblauen Augen, der frisch aus dem Knast entlassen wurde, weil er zusammen mit seinem Kumpel Kane, eine Bank überfallen hatte, anschließend in einer wüsten Schießerei mit einem halben Dutzend Toten flüchtete und schließlich eine halbe Woche später in Las Vegas geschnappt wurde. Der Banküberfall alleine hätte ihn schon einige Jahre gekostet, durch die Schießerei kamen jedoch noch mal ein paar dazu. Sein Kumpel Kane kam weniger weit, die Polizei schnappte ihn schon als er die Grenze nach Nevada überqueren wollte. Jetzt hockt er im Stadtgefängnis von San Francisco und wird in ungefähr 1 Woche entlassen.
„Es gibt Situationen im Leben, “, erzählte er uns, „Da denkst du nicht nach. Da handelst du einfach nur, ohne über den Sinn oder die Folgen nachzudenken. Als Ich und Kane aus der Bank stürmten und die Cops sahen, wie sie uns umstellt hatten, dachten wir nicht lange nach, wir hoben unsere MGs und schossen einfach. Wir hatten uns geschworen, dass Ding durchzuziehen, ganz egal ob die Cops kommen oder nicht. Es gibt Menschen, die können mit solchen Situationen nicht umgehen. Die versuchen erstmal alle möglichen Wege abzuchecken und dann den sichersten zu nehmen. Ich bin eher so der Typ Mensch, der den Weg betritt, der sich entweder gerade vor mir auftut oder am ertragreichsten für mich erscheint. So kommt man im Leben weiter, glaub mir.“
Ich schaute ihn zum ersten Mal an und er war mir sofort sympathisch. Er war ein Verlierer, ein Versager im Leben, mit 16 hat er die Schule abgebrochen, ist von seinen Eltern in Chino abgehauen und hat sich zusammen mit seinem Jugendfreund Kane nach San Francisco durchgeschlagen, wo sie sich ihren Lebensunterhalt für einige Zeit lang mit einem Job in einer Disco verdient hatten, bevor die Sache mit der Bank kam. Trotzdem, er war sympathisch, er weiß das Leben so zu nehmen, wie es ist und er vermeidet unnötigen Ärger oder Gewalt.
„Ich hasse diese Jobs manchmal“, erzählte er mir kurz darauf, während Carlos und Lancy durch die Reihen der Autos ins Büro gingen, um keine Karte zu holen, „Du lebst wie in einem einzigen Adrenalinrausch, du lebst in den Tag hinein, weißt nicht, was dir der morgige Tag bringen wird, wachst jeden Morgen mit einer anderen Frau mit Bett auf und denkst: „Das Leben ist mit 30 vorbei.“ Das ist das Beste an so einem Leben, bis du es übertreibst. Bist du so eine Scheiß Sache wie die mit der Bank machst. Du denkst dir so was wie: „Mein Gott, das Leben ist kurz, was machen dann ein paar Jahre Knast schon?““
„Bis es dich dann richtig erwischt“, sagte Ich.
„Genau, Kevin“, sagte er, „Bis sie dich kriegen und das schnelle Leben vorbei ist. Wenn du den ganzen Tag in einer grauen Zelle hocken musst und meistens nicht mal weißt, wie viel Uhr oder welcher Tag heute ist. Wenn du im Gefängnishof stehst, im Kreis läufst und über das Scheiß Leben nachdenkst, dann weißt du, dass du es übertrieben hast. In so einem Leben gibt es eine schmale Grenze, Kevin, und die meisten überschreiten sie, ohne es zu merken.“
„Wie sieht diese Grenze aus?“, fragte Ich ihn.
„Du darfst es nicht übertreiben, wenn du es in diesem Geschäft zu was bringen willst“, antwortete er mir, „Die Cops scheren sich nicht um so kleine Dinger, aber wenn sie merken, dass du es richtig ernst meinst und so Sachen kein Einzelfall sind, dann machen sie Druck, und an diesem Druck kann man zerbrechen, Kevin. Man kann eine Handlung machen, die einen vielleicht das Leben kostet. Deswegen sage Ich dir eins: Pass auf, wer deine Freunde sind und pass auf, dass du die Grenze nicht überschreitest.“
Ich schwieg nur.
„Warum machst du dann so einen Job hier?“, fragte Ich ihn schließlich.
„Weil mir das Leben so gefällt“, antwortete er, „Man muss eben nur aufpassen. Ich werde die ganze Sache langsam angehen.“
Ich lachte leicht.
„Langsam angehen? In dieser Stadt kann das Leben schnell vorbei sein, wenn du in den falschen Momenten zögerst.“
„In solchen Momenten zögere Ich auch nicht“, sagte er, „Ich weiß, wann man den Abzug drücken muss. Was Ich meine, sind so Geschichten, die die Cops wütend machen.“
„Was macht die Cops denn wütend?“
„Banküberfälle“, sagte er und lachte, „Und alles Mögliche in der Richtung eben. Sachen, die man halt nicht so leicht vertuschen kann.“
Ich nickte.
Carlos und Lancy hatten ihre Karte geholt und sie auf einem kleinen Holztisch in der Nähe von uns abgelegt. Lancy winkte uns herüber, und wir gesellten uns zu ihnen.
“Wunderbar!”, sagte er und klatschte in die Hände, “Jetzt, da ihr euch ausführlich kennen lernen konntet, kommen wir zum Geschäftlichen.”
Er rollte einen Stadtplan von Los Angeles auf einem Tisch in der Nähe aus.
“Das ist euer Gebiet”, sagte er und nahm einen roten Filzstift in die Hand, mit dem er einen Kreis um Hollywood, West Hollywood und Beverly Hills zog.
“Ziemlich großes Gebiet”, sagte Carlos.
“Wir wissen nicht, wie groß die Kundschaft ist. Wir haben bis jetzt nur Lieferaufträge von diversen Clubs gekriegt, private Kunden sind dort eher die Ausnahme”, antwortete Lancy.
Er ging zu einem Schrank in der Nähe des Tisches und holte drei Anzüge hervor.
“Hier“, sagte er und gab jedem von uns einen Anzug, “Es sieht komisch aus wenn ihr in solchen Gangsteroutfits mit so einem edlen Wagen unterwegs seid.”
Jeder von uns zog seinen Anzug an. Meiner war schwarz und hatte eine blaue Krawatte, die aus geschmacklichen Gründen lieber wegließ.
„So ein Anzug“, hatte Carlos mal gesagt, als wir noch perspektivlos auf unserer Bank im Roosevelt Park saßen, „so ein Anzug ist wie eine Bestätigung, dass du es im Leben zu was gebracht hast.“
„Habe Ich das?“, fragte Ich mich in Gedanken, während Ich das weiße Hemd zuknöpfte, „Ist das meine Bestätigung?“
Ich schaute Carlos und Brian an. Letzter sah aus wie einer der ganzen Edelgangster aus den Hollywoodfilmen über Bankräuber und Verbrecherbosse. Graues Jackett, graue Hose, hellblaue Krawatte und eine schwarze Sonnenbrille, die lässig in der Brusttasche steckte. Carlos erweckte in seinem dunkelblauen Anzug mit schwarzer Hose den Eindruck eines italienischen Immobilienmoguls, der schon ein paar Leichen im Keller hat und Ich schaute mein Spiegelbild auf der dunkelgrauen Motorhaube eines Ferraris an.
Carlos legte mir von hinten die Hand auf die Schulter.
„Auftragskiller“, sagte er und lachte leicht.
„Ich würde eher sagen: Selbstständiger Geschäftsmann“, antwortete Ich.
„Natürlich, Mr. Businessman“, sagte er und lachte wieder.
„Irgendwann werde Ich so einen Anzug täglich tragen“.
Carlos nickte nur lächelnd.
Lancy ging währenddessen zu einem Ford Mustang, einem zweitürigen, schwarzen Cabrio mit vier Sitzen, dass auf dem Parkplatz stand. Wir folgten ihm.
„Das Modell hier ist für eure Zwecke das Beste“, sagte Lancy und legte seine Hand auf die von der Mittagssonne etwas erwärmte Motorhaube, „Es ist kompakt, stabil, hat viel Platz und hat mich einiges gekostet. Wenn es drauf ankommt, schafft das nette Teil hier 100 Meter in 2 Sekunden, wenn es der Verkehr zulässt.“
Er ging um das Auto herum und öffnete den Kofferraum, in dem lauter große, weiße Plastikbeutel lagen.
„Das ist die Ware“, sagte er und schaute uns durch seine rosa Sonnenbrille an, „Kokain, Heroin und ein wenig Gras. Das sind die Sachen, die in den Clubs am meisten ankommen und die dementsprechend auch hoch gefragt sind.“
Er griff in seine Tasche und holte einen Autoschlüssel hervor, den er Carlos zuwarf.
“Und noch etwas”, sagte er, während Carlos hinter dem Steuer platz nahm und Ich den Beifahrersitz für mich beanspruchte, “Passt auf die Konkurrenz auf. Wir sind nicht die Ersten, die diese geniale Geschäftsidee hatten.”
“Kleinigkeit für uns”, sagte Ich und schloss die Tür.

Eine halbe Stunde später lenkte Carlos den Wagen auf den Hollywood Boulevard. Die Sonne schien, es war früher Nachmittag und die Palmen ragten auf in den klaren Himmel. Brian saß auf der Rücksitzbank und las die „Los Angeles Times.“ Ich saß neben Carlos, zurückgelehnt mit Sonnenbrille im Sitz und dachte über das Leben nach.
“Hey Brian, “, sagte Carlos schließlich, „Glaubst du eigentlich, Kane kommt auch nach L.A., nachdem er wieder aus dem Knast ist?“
Brian ließ die „Los Angeles Times“ sinken.
„Er wird sicher nach L.A. kommen, die Frage wird nur sein, was er hier machen wird“, sagte er.
„Er kann zu uns kommen“, antwortete Ich, „Lancy und Emilio können immer neue Männer brauchen, und ihr habt mit solchen Jobs ja Erfahrung.“
„Das wäre nicht schlecht“, sagte Lancy, „Soweit Ich weiß, hat er nicht vor, mit einem neuem Leben anzufangen.“
„Weiß er, wo die Grenze ist?“, fragte Ich Brian.
Carlos schaute mich leicht verwundert an.
„Nicht immer“. antwortete Brian, „Man muss mit ihm umgehen können. Er hat sich in letzter Zeit sehr verändert.“
„Und warum?“
„Der Knast hat ihn verändert. Er hat mit Typen gesprochen, um die selbst Ich lieber einen Bogen machte. Er war sauer auf jeden, weil wir in den Knast gekommen sind, er hat mir von seinen Racheplänen erzählt, wenn er mal einen dieser verdammten Cops in die Hände kriegt.“
„War er früher anders?“
„Ja, in gewisser Weise schon. Er hatte halt nicht dauernd Gewaltfantasien und kriminelle Gedanken, er war so wie Ich und hat eben auch nur versucht, sich durchs Leben zu schlagen.“
„Ich bin gespannt, ihn kennen zu lernen“. sagte Carlos und gab Gas, als die Ampel grün wurde.

Unser erster Kunde war der Besitzer des “Armarino Night Club” in Hollywood. Carlos fuhr den Wagen in den Hinterhof, zwei Männer erwateten uns bereits.
“Wir haben eine Lieferung für euch”, sagte Carlos und bremste den Wagen kurz vor dem Hintereingang.
Einer der Männer ging auf das Auto zu und öffnete den Kofferraum.
“Der übliche Preis?”, fragte er nut mit russischen Akzent.
Carlos schaute mich fraglos an. Ich nickte nur.
“Ja, wie immer eben”, sagte Carlos.
Der Mann holte ein Bündel Geldscheine hervor und wollte es Carlos geben.
“Er ist für die Einnahmen verantwortlich”, sagte Ich und deute auf Brian, der das Geld entgegennahm.
Die zwei Männer gingen wieder zum Kofferraum und holten zwei weiße Plastiktüten hervor. Sie gingen damit zum Eingang und verschwanden.
“Die sind offenbar nicht sehr gesprächig”, sagte Ich nur.
Carlos gab wieder Gas und führ Rückwärts aus dem Hinterhof auf den Sunset Boulevard hinaus.

So zog sich der Nachmittag hin. Von Kunde zu Kunde, meistens in irgendwelchen dreckigen Hinterhöfen, wo vom klassischen Hollywoodflair nicht viel zu spüren war und wenn der Kofferraum leer war, ging es zurück zu Lancy, um Nachschub zu holen.
Schließlich, als es schon leicht dämmerte und dieser leicht goldene Lichterteppich sich wieder über Los Angele zu legen schien, waren wir fertig. Wir hatten jeden einzelnen Kunden auf Lancys Liste beliefert und der Kofferraum war leer.


“Ich brauch einen Kaffee”, sagte Carlos, “Ich habe das Gefühl, mein Kopf würde gleich platzen.”
„Das ist die Hitze“, sagte Brian, „Ich kenne das. Ich war mal in Mexiko und habe den Fehler gemacht, am Nachmittag im Liegestuhl einzuschlafen. Als Ich aufgewacht bin hatte Ich einen Kopf, den Ich normalerweise erst nach ein paar Ordentlichen Gläsern Wodka und zu wenig Schlaf erreiche und Ich war fast am ganzen Körper rot, bis auf die Hüftzone und um die Augen.“
„Warum wurden deine Augen verschont?“, fragte Ich ihn.
„Naja, Ich hatte Glück und hatte meine Sonnenbrille auf.“
Wir lachten alle und Carlos hielt vor einem Kaffe.
„Nimm ordentlich viel Kaffe mit“, sagte er und drückte mir einen 20 Dollar Schein in die Hand, „Der Abend ist noch lang.“

Zehn Minuten später sah die Welt gleich ganz anders aus. Carlos hatte den Wagen auf einen Parkplatz in der Nähe der Ocean Ave geparkt, von der aus man über den Santa Monica Beach auf das Meer sehen konnte. Die Sonne ging gerade unter und färbte das Wasser mit ihren rötlichen Farben. Ich und Carlos saßen, mit unseren Kaffee-Bechern in der Hand, auf der Motorhaube des Wagens und schauten auf das Meer hinaus, während Brian hinter uns das Geld zählte.
“Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, selber so ein Geschäft hochzuziehen?”, fragte Ich ihn.
“Wie meinst du das?”, antwortete Carlos und trank den Rest seines Kaffees aus.
“Wir könnten uns doch mit Jason, Lancy und ein paar anderen zusammentun, bei Emilio aussteigen und unser eigenes Ding machen. Lancys Autohaus in Downtown ist eine gute Ausgangsposition, wir könnten uns noch eine Immobilie in der Nähe von Hollywood zulegen um eine legale Ausgangsposition zu haben. Dann können wir unsere eigenen Geschäfte machen.”
“Du willst Emilio und Morelli Konkurrenz machen? Das geht nicht gut aus, glaub mir. Die zwei haben den größten Teil der Stadt fest in der Hand, da ist kein Platz für Neueinsteiger.”
“Eben, die ganze Stadt gehört ihnen nicht. Wir werden uns eben um die Gebiete kümmern, die noch frei sind.“
“Was willst du dann tun? Wenn du nach Inglewood oder Lynwood gehst und ankündigst, dass das Geschäft jetzt dir gehört, nieten sie dich erstmal um. Auf die Idee sind schon viele gekommen, glaub mir Kevin, laut Schätzungen des LAPD sind in ganz L.A. an die 400 Gangs mit ca. 39.000 Mitgliedern aktiv. Und über die Hälfte von denen zieht ihre Geschäfte in Lynwood und Inglewood durch, in so einer Masse gehst du unter.”
“Wir werden uns eben Respekt verschaffen müssen”, sagte Ich.
“Wie willst du das machen? Vielleicht kann dir Emilio ja helfen, dein eigenes Kriminelles Imperium hochzuziehen, wenn du ihn freundlich fragst.”
“Emilio vertraut mir, und das kann uns helfen.”
“Du hast die Ironie in meinem Satz überhört, oder?”
“Du verstehst nicht, was Ich meine. Emilio kriegt seine Drogen billig aus Mexiko, regelmäßig schickt er ein paar seiner Männer an die Grenze, um die Deals abzuwickeln. Weißt du, was für Mengen das sind? Die sind Perfekt als Startkapital geeignet.”
“Du willst Emilio überfallen?”
“Ja, so ähnlich.”
Carlos schwieg kurz.
“Du denkst, die ganze Sache könnte klappen?”, fragte er mich
“Irgendwann hat jeder mal Glück im Leben, oder? Jetzt wir sind an der Reihe.”
Carlos lachte leicht und legte mir den Arm auf die Schulter.
“Kevin, ”, sagte er, “reden wir mal mit Lancy über die Sache. Wenn er noch ein paar andere, fähige Kerle mitbringt, bin Ich dabei. Das wird ein harter Weg nach oben.”
“Es wird sich lohnen, ihn zu gehen”, sagte Ich.
Die Sonne ist fast untergegangen und wir standen auf.

Carlos setzte sich wieder hinter das Steuer und Ich nahm neben ihm Platz. Die Rückfahrt an sich lief relativ ereignislos ab, bis wir in West Hollywood waren. Ich schaute eher zufällig in den Rückspiegel und bemerkte einen Chrysler, der sich und mit hoher Geschwindigkeit näherte.
“Schau dir mal die Karre an”, sagte Ich zu Carlos, “Das könnten Cops sein, oder die Drogenpolizei.”
Carlos schaute in den Rückspiegel. Wir fuhren inzwischen über den Santa Monica Boulevard und der Wagen schlängelte sich immer näher durch den Verkehr an uns heran.
“Sieht so aus”, sagte Carlos und gab leicht Gas, “Aber was wollen die schon machen? Unser Kofferraum ist leer, die können uns nichts beweisen.”
“Trotzdem, mir gefällt das nicht.”
Ich schaute wieder zu den braunen Wagen, der immer näher kam.
Carlos bog rechts auf die Vermont Avenue Richtung Downtown ab.
Der Wagen folgte uns.
“Schau mal im Handschuhfach nach”, sagte Carlos, als er wieder in den Rückspiegel schaute, “Vielleicht liegt da eine Waffe, für den Fall, dass es hart auf hart kommt.”
“Ihr wollt doch keine Schießerei anfangen?!”
Brian war sichtlich entsetzt, als Ich das Handschuhfach öffnete und eine MP5 hervorholte.
Ich prüfte das Magazin.
Es war vollgeladen.
Der Wagen fuhr jetzt dicht hinter uns.
“Brian, duck dich lieber”, sagte Ich nur, als Ich sah, wie uns der Wagen über die linke Seite überholte.
Brian schaute mich verwirrt an, Carlos riss das Lenkrad herum und Ich hob die MP5.
Zu spät, ein Kerl in brauner, offener Jacke und Sonnenbrille beugte sich aus dem Beifahrersitz-Fenster und feuerte mit einer Uzi auf unser Auto.
Wahrscheinlich rettete uns Carlos’ Tritt auf die Bremsen das Leben. Die meisten Kugeln gingen ins Leere als sich unser Wagen um gefühlte 200 Grad drehte und über die Straße schlitterte.
“Verdammt Scheiße!“, sagte Ich als Carlos Gas gab und der Wagen wieder die Verfolgung aufnahm, “Der Kerl kann schießen.”
“Und sein Beifahrer fahren”, fügte Carlos noch hinzu, als er einen erneuten Blick in den Rückspiegel warf.
Ich richtete mich auf meinem Sitz auf und zielte mit der MP5 auf den braunen Chrysler, der sich uns wieder in Schlangenlinien näherte. Ich drückte auf den Abzug, und obwohl der Rückstoß stark zu spüren war, nahm Ich den Finger nicht mehr weg. Meine Kugeln trafen den Wagen an der Motorhaube, der Fahrer lenkte scharf auf die Gegenfahrbahn, sodass meine Kugeln die Windschutzscheibe eines Linienbusses, der hinter ihm fuhr, zersplitterten.
Der Bus brach aus und raste genau in die Gegenfahrbahn. Das Geräusch entsetzten Hupens mischte sich mit dem von quietschenden Bremsen und krachendem Blech. Die komplette Fahrbahn der Vermont Ave wurde blockiert, einige Autos konnten nicht mehr rechtzeitig Bremsen und rasten genau in den Bus. Ich wandte meinen Blick ab und konzentrierte mich wieder auf den Wagen.
Dann hörte Ich sie.
Sirenen. Ganz in der Nähe.
Ich schenkte dem Geräusch keine Beachtung und schoss auf den Wagen. Diesmal trafen meine Kugeln die Seitenscheiben, Glas splitterte wieder und der Wagen fiel leicht zurück. Ich setzte nach, umklammerte die MP fest und zielte auf den Fahrer.
Jetzt habe Ich dich, dachte Ich als seinen Kopf genau im Visier hatte.
Ich machte mich bereit für den Rückstoß und drückte den Abzug.
Es machte Klick und mein Magen krampfte sich zusammen.
Das Magazin war leer.
Ich ließ die MP sinken und mich zurück auf den Sitz fallen.
“Das Magazin ist leer”, sagte Ich nur und durchwühlte das Handschuhfach.
“Kein Ersatzmagazin?”, fragte Carlos.
Ich schüttelte nur den Kopf. Der Wagen kam wieder näher.
“Kopf runter!”, brüllte Carlos, als der Beifahrer wieder anfing zu schießen. Die Kugeln trafen den Lack, die Windschutzscheibe und Carlos.
Er brüllte vor Schmerz, als ein paar Kugeln seine Schultern zerfetzten und unser Wagen ins schlingern geriet.
“Verdammt, Carlos!”, schrie Ich, als wir langsamer wurden und hinter den Wagen zurückfielen.
“Es geht schon”, sagte Carlos zähneknirschend und gab wieder Gas.
“Bist du dir sicher?”, fragte Ich ihn.
Er nickte nur.
“Mach diesen Bastard endlich fertig”, sagte er nur.
„Kevin!“, rief Brian hinter mir.
Ich drehte mich um. In der Hand hielt er seine Pistole, die er mir entgegenstreckte.
„Ist das so eine Situation?“, fragte Ich ihn und nahm die Pistole.
„Nur wenn sie jetzt eskaliert“, sagte Brian.
Ich drehte mich wieder um, prüfte das Magazin der Pistole. Wir näherten uns den Wagen, Ich richtete mich wieder auf und hob die Pistole.
Als wir den Wagen überholten, zielte Ich nur kurz, bevor Ich wie im Rausch das Magazin auf das Auto leer schoss.
Die Kugeln zerstörten den Lack und die restlichen Scheiben, der Wagen versuchte nach links auszuweichen, doch es war zu spät. Eine meiner Kugeln traf den rechten Vorderreifen, der Wagen brach aus und schlitterte quer über die nächste Kreuzung. Carlos drückte das Gaspedal durch, der Wagen machte einen Satz nach vorne, Ich ließ mich wieder auf den Sitz fallen.
“Hauen wir ab, bevor die Cops hier sind”, sagte Ich.

Am späten Abend kamen wir wieder bei Lancys Autohaus in Downtown an. Carlos parkte den Wagen auf einem freien Parkplatz im Hinterhof. Er sah ein wenig mitgenommen aus mit den ganzen Einschusslöchern und der zerschmetterten Scheibe und wir wollten keinen Ärger mit den Cops deswegen bekommen.
Lancy erwartete uns in der Eingangshalle.
“Ich habe im Radio von einer Schießerei in West Hollywood gehört”, sagte er und musterte uns, “Dabei wurde mein Wagenmodell erwähnt. Was ist passiert?”
“Wir wurden auf den Rückweg von einem braunen Chrysler verfolgt und beschossen”, sagte Ich, “Die Cops waren zwar in der Nähe, aber wir sind noch rechtzeitig weggekommen, trotzdem war es verdammt knapp.”
Lancy fing an, langsam im Raum auf und ab zu gehen.
“Habt ihr irgendwas provoziert?”, fragte er uns schließlich.
“Wir haben unseren Job getan, mehr nicht”, antwortete Ich.
“Ich glaube, genau das war der Fehler. Ich habe mich schon gefragt, wann er zuschlägt.”
“Wer schlägt zu?”, fragte Carlos.
“Wesley Logan”, sagte Lancy, “Die Hollywood-Gegend ist eigentlich sein Gebiet, dass er fest im Griff hat.”
“Er hat sein eigenes Geschäft dort?”
“Ja, im Laufe der Jahre hat er es sich aufgebaut. Er ist so eine Art klassische Verkörperung des ‘American Dream’, mit nichts kam er nach Los Angeles und inzwischen ist er einer der einflussreichsten Menschen in der Stadt. Ihm gehören Clubs, Läden, Immobilien und noch so einiges anderes. Er ist einer der engsten Verbündeten von Adriano Morelli.”
“Er behindert unser Geschäft”, sagte Ich.
“Ja, wahrscheinlich müssen wir erstmal eine Pause einlegen. Es ist zu riskant, ihn zu provozieren.”
“Wie hat Wesley überhaupt von dem Geschäft erfahren?”
“Der einzige, der noch eingeweiht ist, ist Emilio. Und da kommt wieder unser Maulwurf ins Spiel.”
“Du meinst, wir könnten über Wesley an den Verräter herankommen?”
“Wahrscheinlich, aber es ist zu riskant.”
Ich schwieg kurz.
“Wo wohnt er?”, fragte Ich Lancy schließlich.
“Bist du wahnsinnig?”, antwortete er mir, “Weißt du, wie viele Feinde du dir machst, wenn du ihn umlegst?”
‘”Ich werde mich dran gewöhnen müssen. Gib mir seine Adresse und ein paar Waffen, dann kümmern wir uns um ihn.”
Lancy seufzte nur.
“ADRESSE in North Hollywood. Jetzt am Abend hast du gute Chancen, ihn zu erwischen”, sagte er schließlich.
“Gut, Ich kümmere mich darum”, sagte Ich und drehte mich zu Carlos um, “Sag Jason, dass wir ihn brauchen. Wir fahren in 10 Minuten los.”
Carlos entfernte sich. Brian betrachtete einen Ferrari Spider hinter mir, als Lancy mich leicht zu sich zog.
“Wir haben ein weiteres Problem”, flüsterte er mir ins Ohr.
“Welches?”
“In dem Waffenladen, den ihr in Anaheim vor ein paar Tagen überfallen habt, erinnerst du dich an einen Mann, der einen schwarzen Ledermantel trug?”
“Sicher, der Kerl hat mich fast mit seiner Uzi erschossen.”
“Aber davor habt ihr in kaltgemacht.”
“Ja, zum Glück.”
“Ihr Idioten. Das war der Bruder von Adriano Morelli.”
Ich schwieg kurz.
“Was heißt das jetzt?”
“Krieg heißt das, Kevin. Emilio hat mich vorher angerufen dass die Lage zu eskalieren droht.”
“Wie sieht es für uns aus?”
“Nicht so gut. Emilio ist zwar gut ausgerüstet, doch der Schwachpunkt ist im Inneren.”
“Du meinst also unseren Maulwurf”, unterbrach Ich ihn.
“Genau. Wenn die Aktion mit Wesley klappt, sieht unsere Lage gar nicht mal so schlecht aus. Ich werde Emilio jetzt am besten von eurer Aktion berichten.”
“Tu das”, sagte Ich und ging Richtung Ausgang, “Wenn alles klappt, haben wir morgen unseren Verräter.”

Ich ging unsere Ausstattung durch. Neben mir saß Jason hinter dem Steuer und lenkte den Wagen über den Sunshine Boulevard nach North Hollywood. Es war inzwischen Nacht geworden, der Himmel war klar und voller Sterne und es war angenehm mild. Brian kam leider nicht mit, er wollte mit Kane telefonieren und ihn fragen, ob er Interesse an den Jobs von Lancy oder Emilio hätte.
Ich warf einen Blick auf die Uhr.
Es war kurz vor Neun.
Schlechte Zeit für solche Aktionen.
Es ist zwar dunkel und man kann meistens ungestört seinen Tätigkeiten nachgehen, doch in der Nacht werden die meisten Cops aktiv. Sie kurven dann in ihren Einsatzwagen durch die ganzen Problemviertel und ziehen jeden aus dem Verkehr, der ihnen verdächtig vorkommt.
Und wir sahen verdächtig aus.
Drei Typen in schwarzer Kleidung, die in einem billigen Ford saßen und mit einem halben Dutzend Schusswaffen im Kofferraum durch Hollywood fuhren.
“Hier muss es sein”, sagte Jason und bremste das Auto vor einem edlen Reihenhaus.
“Der Kerl ist offenbar nicht knapp bei Kasse”, sagte Carlos hinter mir und stieg aus. Wir taten es ihm gleich und Ich öffnete den Kofferraum.
Jeder nahm sich eine Pumpgun und eine Pistole, bevor wir vor die Tür von Hausnummer XY traten.
Keiner sagte etwas, jeder wusste, wie es jetzt ablaufen würde. Ich und Carlos stellten uns rechts und links von der Tür auf, Jason stand Schussbereit in der Mitte und drückte die Klingel.
Nichts rührte sich.
Dann hörten wir eine Frauenstimme.
“Scheiße, der Kerl hat Besuch”, flüsterte Ich.
“Macht das einen Unterschied?”, antwortete Jason.
Eine junge, schwarzhaarige Frau, gekleidet in Jeans und einem weißen Top öffnete die Tür und blinkte direkt in den Lauf von Jasons Pumpgun.
“Macht jetzt bloß nichts Falsches”, sagte Jason.
Die Frau fing leicht an zu zittern und ging langsam rückwärts. Jason nickte uns zu. Ich und Carlos betraten schnell die Wohnung, während Jason die Tür zu machte.
“Julia, wer ist da?”, hörten wir eine Männerstimme fragen, “Willst du ihn nicht hereinlassen?”
“Wo ist der verdammte Kerl?”, flüsterte Jason in Julias Ohr und hielt sie an den rechten Oberarm fest.
Sie deutete auf ein Zimmer am Ende des Ganges. Jason stieß sie zur Seite.
“Kümmere dich um sie”, sagte er zu Carlos und ging den Gang entlang auf das Zimmer zu. Ich folgte ihm, die Waffe im Anschlag.
Kurz vor dem Zimmer blieben wir stehen. Ich warf einen Blick hinein. Es war ein Wohnzimmer, eindeutig, groß und mit einer Glaswand, durch die man auf einen Garten blicken konnte. Ich sah Wesley, wie er vor einem Glastisch in der Mitte des Raumes saß und irgendetwas Alkoholisches trank.
Ich nickte Jason zu.
Wir stürmten in das Zimmer, Ich hob meine Pumpgun, zielte grob und drückte ab. Der Tisch vor Wesley schien in einem Scherbenhagel zu explodieren. Wesley sprang auf, zog seine Pistole hervor, doch Jason schoss ihn nieder, bevor er auch nur ansatzweise zielen konnte.
Da lag er nun, blutüberströmt in der Gegend um die rechte Schulter auf den Boden. Jason lud seine Pumpgun nach und trat auf ihn zu.
“Wir haben ein paar Fragen an dich”, sagte er und hielt die Pumpgun an Wesleys Kopf.
Wesley schaute uns an.
“Denkt ihr, Ich erzähl euch kleinen Versagern was?”, sagte er lachend.
“Provozier uns lieber nicht, oder es wird ungemütlich.”
Während Jason mit Wesley beschäftigt war, schaute Ich zur Tür. Carlos kam mit Julia, der er eine Pistole an den Kopf hielt, herein.
Ich ging auf ihn zu.
“Der Kerl wird nicht so schnell reden”, sagte Ich leise zu ihm, “Der hält dicht.”
“Nicht mehr lange”, sagte Carlos.
Mein Blick fiel auf Julia.
“Lass es uns erstmal so versuche.”
Ich ging zu Jason zurück.
“Lass mich mal mit ihm reden”, sagte Ich zu ihm. Jason schaute mich an und trat zur Seite. Ich packte Wesley am Kragen, zog ihn hoch und schleuderte ihn gegen die Wand. Er versuchte sich auf den Beinen zu halten, doch Ich ließ meine Pumpgun fallen, zog die Pistole und schoss ihn einmal in jedes Knie.
Wesley brüllte vor Schmerz auf und glitt, einen roten, breiten Strich hinterlassend, an der Wand entlang zu Boden.
Ich stand wieder vor ihm, ließ mich in die Hocke sinken und zerrte ihn am Kragen auf Augenhöhe.
“Wer aus Emilios Clan gibt Informationen an die Cops weiter?”, fragte ich ihn.
“Ich weiß nicht wovon du redest!”, schrie mir Wesley ins Gesicht.
Ich schlug ihn mit dem Pistolenkolben, sodass seine Nase blutete.
“Ich frage dich jetzt noch mal, und diesmal will Ich eine Antwort, die mich zufrieden stellt, verstanden?”, brüllte Ich ihn an, “Wer aus Emilios Clan gibt Informationen an die Cops weiter?”
“Weißt du eigentlich, was für einen großen Fehler du gerade machst?”, schrie er mich an, “Weißt du überhaupt, mit wem du dich anlegst?!”
Ich schaute ihn gelassen an.
“Ich habe Freunde, die werden dich in deine Einzelteile zerlegen, wenn sie davon erfahren!”, schrie er wieder.
Ich stand auf und trat ihn mit dem Fuß ins Gesicht.
“Wie gehen wir vor?”, fragte Ich Jason.
Jason überlegte kurz.
“Carlos, bring mal das Mädchen her”, sagte er.
Carlos hielt immer noch seine Pistole an Julias Schläfe. Jason wandte sich wieder Wesley zu.
“Deine Freundin?”, fragte er Wesley und deutete per Kopfnicken auf die wimmernde Julia.
“Wehe ihr tut ihr was!”, brüllte Wesley ihn an.
“Wir wollen einen Namen”, sagte Jason, “Dann kommt sie vielleicht davon.”
Wesley schwieg kurz, seine Lippen zitterten und er schaute hasserfüllt Jason an.
“Ich warte”, sagte Jason nur.
Wesley schwieg immer noch.
Jason stand auf, entsicherte seine Pumpgun, drehte sich zu Julia um zielte auf sie.
“Lass den Scheiß, Mann!”, schrie Wesley auf einmal.
Jason ließ die Pumpgun leicht sinken.
“Okay, Ich erzähl euch was, aber lass sie aus dem Spiel”, sagte er mit zitternder Stimme.
Ich ließ mich vor ihm auf Augenhöhe sinken.
“Wie heißt der Verräter?”, fragte Ich ihn
“Das ist eine etwas komplizierte Geschichte”, sagte Wesley.
“Wir haben Zeit und hören dir gerne zu.”
Wesley seufzte kurz.
“Ich kenn jemanden, der mir damals geholfen hat mein eigenes Geschäft in Los Angeles aufzubauen”, begann er zu erzählen, “Er ist ein Dealer bei Emilio und verdient sich mit so ein paar anderen Sachen noch zusätzlich etwas Geld dazu. Von den Drogen, die er für Emilio immer ausliefern muss, gab er immer mir einen Teil ab, so dass Ich ohne jede Verluste Geschäfte machen konnte. Meine Preise waren billiger als die Konkurrenz und vor allem in den etwas ärmeren Gebieten von Los Angeles, wie in Lynwood, South L.A., Downey oder Campton. Emilio und Morelli war das ein Dorn im Auge, es kam immer mehr zu gewalttätigeren Auseinendersetzungen. Schließlich musste Ich mir ein neues Gebiet suchen, in dem das Geschäft der beiden noch nicht so etabliert ist. Ich kam schließlich nach Hollywood. Die Cops tun seit Jahren ihr Möglichstes, um Drogengeschäfte in den Stadtteilen wie Hollywood oder Beverly Hills zu verhindern, vor allem wegen dem ‘schönen Schein’. Deshalb wusste Ich, was Ich zu tun hatte, wenn Ich mein Geschäft dauerhaft auf diesem Grund und Boden hochziehen wollte. Ich begann, mit ein paar Cops die immer um und in Hollywood unterwegs sind, einen Deal zu machen: Ich sorge dafür, dass sie ein paar Informationen aus dem Morelli-Clan und aus Emilios Organisation kriegen und mich dafür in Ruhe lassen. Es klappte auch alles wunderbar, Ich kannte jemanden, der für die Infos sorgte und Ich konnte in Ruhe meine Geschäfte abwickeln.”
“Wer ist dieser jemand?”, fragte Ich ihn.
“Brandon Newell. Er wohnt in der Missouri Ave in Westwood.”
Ich erhob mich wieder.
“Danke”, sagte Ich, zog meine Pistole und richtete sie auf seinen Kopf.
Er sagte nichts sondern schaute mich nur als ob er gewusst hätte, dass diese Situation kommen würde.
“Eines sage Ich dir noch, ”, sagte er leise, “Irgendwann kommt auch für dich diese Situation, wo man sich entscheiden muss, welchen Weg man wählt.”
Ich spannte den Hahn der Pistole.
“Wenn du es in diesem Geschäft zu was bringen willst, darfst du nicht zögern jemanden sofort zu erschießen wenn du merkst, dass dir durch ihn der Boden zu heiß wird. Ich glaube kaum, dass du das schaffst”, sagte er noch, bevor Ich abdrückte.

Es war ungefähr zehn Uhr am Abend als wir wieder bei Lancy waren. Ich nahm die Realität nicht so richtig wahr, Ich ließ mir immer noch Wesley Worte kurz vor seinem Tod durch den Kopf gehen.
Während die anderen Lancy von der Sache erzählten, ging Ich auf mein Zimmer in den ersten Stock. Annie lag schon im Bett und schlief, ihre braunen Haare waren wie ein Fächer auf dem Bettkissen ausgebreitet. Ich wollte sie nicht wecken, deswegen schlich Ich mich an ihr vorbei auf den Balkon. Ich zündete mir eine Zigarette an und blickte über das nächtliche Downtown hinweg. Die Straßen waren leer, nur ein paar Autos tauchten ab und zu auf, die Straßenlaternen sorgten für ein wenig Licht und ein paar wenige Fenster der dunklen Wolkenkratzer waren erleuchtet.
Auf einmal stand Jason neben mir.
“Carlos hat mir von eurer Geschäftsidee erzählt”, sagte er und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an, “Lancy ist recht angetan von der Geschichte, Ich glaube, er ist dabei, genauso wie Brian.”
“Bist du mit dabei?”, fragte Ich ihn.
Jason lachte leicht und stieß den Rauch in die milde Nachtluft aus.
“Ob Ich dabei bin?”, sagte er, “Natürlich bin Ich dabei! Ich will ja noch was aus meinem Leben machen.”
“Das wollen alle, aber die wenigsten schaffen es.”
Jason schwieg nur.
“Weißt du, du hast mal zu mir gesagt, wir sind in einer Position, wo man es ganz nach oben schaffen kann, wenn man nur will und die Energie und Kraft hat. Das war vor ungefähr einer Woche inzwischen, wo die Welt noch eine andere war. Jetzt schau dir mal die aktuelle Lage an: Wir haben eine geniale Ausgangsposition für unsere Unabhängigkeit, wir haben Freunde, die uns helfen und wir haben das, was den meisten anderen fehlt: Die Kraft, diesen Weg nach oben zu gehen und den Mut, auch mal gegen die Regeln zu verstoßen. Schau dir doch diese ganzen verlorenen Seelen an, die mit 40 immer noch nicht wissen, wo ihr Platz auf dieser Welt ist. Sie haben ihr ganzes Leben verschwendet, haben bis jetzt immer in der Illusion gelebt, dass die Welt ein fairer Platz ist und irgendwann ihnen gehören wird. Sie haben nie versucht, mal darüber nachzudenken wie dieses Ziel zu erreichen ist, sie haben sich immer nur vom System leiten lassen und gedacht, das sei das richtige.”
Ich drehte mich zu Jason um.
“Wenn du es in dieser Welt, in dieser Stadt zu etwas bringen willst, musst du gegen die Regeln verstoßen und nach deinen eigenen spielen. Aber du musst die Grenze kennen und wissen, wann du kurz davor bist, sie zu überschreiten.”
“Und du darfst nicht zögern jemanden sofort zu erschießen wenn du merkst, dass dir durch ihn der Boden zu heiß wird”, fügte Jason noch hinzu.
Keiner sagte etwas.
Der leichte Wind blies uns die milde Nachtluft entgegen.
Los Angeles, ein Lichtermeer der verlorenen Seelen, dachte Ich und drückte meine Zigarette am Balkongeländer aus, “Ich werde es schaffen. Ich werde nicht mit 40 im Bett auftauchen und mich fragen, was Ich eigentlich mein ganzes Leben lang gemacht habe. Ich habe ein Ziel, und dieses Ziel werde Ich erreichen.
Die Welt wird mir gehören.
Ich bin auf den besten Weg.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /