Episode 2: Business
Es sind zwei Wochen seit dem Überfall zusammen mit Dexter vergangen. Zwei Wochen… Seitdem hat sich einiges geändert. 2 Tage nach der ganzen Sache in Beverly Hills hat uns Emilio ein Angebot gemacht. Wir sollen für ihn regelmäßig zusammen mit einem anderen Neuling, Jason, Drogendeals in Downtown, Inglewood und South L.A. abschließen. Deals sind zur Zeit nicht sehr Riskant, die Cops haben wichtigeres zu tun und deswegen wäre es eine gute Gelegenheit, um unser Können unter Beweis zu stellen.
Seitdem sind wir alle 2-3 Tage Nachts im Auto unterwegs, meistens bis spät nach Mitternacht. Nach dem die Deals abgeschlossen waren, gingen wir meistens noch in Emilios Club, den “Sunday Nights Club” in Hollywood und machten die Nacht durch. Meine Eltern bemerkten nichts und fanden es auch nicht in irgendeiner Weise verdächtig, dass Ich regelmäßig erst um 4 Uhr Morgens ins Haus wanke, zugedröhnt mit Alkohol und der ein oder anderen Droge.
Jason verstand es, die Nacht zum Tag zu machen. Er war etwas älter als wir, so um 20 Jahre, und hatte schon einiges erlebt. Sein Vorstrafenregister beim LAPD liest sich angeblich wie ein Kriminalroman und so verhält er sich auch. Er trägt meistens eine Halbglatze, leichten Kinnbart und eine schwarze Lederjacke und hat immer eine Pistole dabei. Jobs nimmt er immer ernst, hat er uns mal gesagt, und als Ich ihm von der Schießerei in dem Haus erzählt habe, sagte er mir, dass er auch nicht anders gehandelt hätte.
“Wir sind die Menschen, die es irgendwann schaffen.” sagte er zu mir, als wir eines Abends bei Carlos auf dem Flachdach hockten und den Sonnenuntergang anschauten, “Wir sind die, die nach unseren Regeln spielen, und deswegen kann uns niemand aufhalten.”
Er nahm einen Schluck Martini aus einer Flasche.
“Als Ich zu Schule ging, gab es in meiner Klasse lauter Streberinnen,” begann er zu erzählen, “Lauter Mädchen, die den Drang hatten, in jeder Schulaufgabe eine Eins zu schreiben. Du weißt gar nicht, wie mich so was aufregen kann. Die ganzen kleinen Nutten, die keine Ahnung vom Leben haben und so tun, als wäre die Welt ein fairer Platz. Diese Unwissenheit, die sie dir in Gesprächen überzeugt entgegenschleudern, unfassbar. Und dann schau uns angebliche Versager an. Eines sage Ich dir, Kevin, lieber so ein Leben als bis ans Ende deiner Tage in einem Büro zu hocken und vor dem Bildschirm zu verenden. Wir können es bis ganz nach oben schaffen, denn wir kennen keine Regeln, die uns aufhalten. Im normalen Berufsleben steht dir entweder dein Abschluss oder der noch ehrgeizigere Chef im Weg.”
Er holte eine Packung Zigaretten hervor und gab mir eine ab. Wir rauchten zusammen und betrachteten, wie die Sonne in L.A. langsam unterging.
“Glaubst du, wir werden es irgendwann schaffen?” fragte Ich ihn.
“Eines sage Ich dir: Wir sind in einer Position, wo man alles schaffen kann. Hast du Respekt, hast du Macht hast du Freunde. Und die Freunde, die bringen dich dann nach oben. Aber du musst aufpassen, wem du vertraust.”
“Ich kann meine Freunde von meinen Feinden unterscheiden.”
“Emilio dachte das auch, hat er mir mal erzählt, und dann wurde er letztes Jahr fast von einem “Freund” erschossen.”
“Man muss eben aufpassen, mit wem man sich abgibt.”
“Ich gebe dir und Carlos einen Rat, Kevin: Lasst euch nicht zu sehr auf Emilios Clan ein. Das ist ein Strudel, der dich nach unten reißt und deinen Tod bedeuten kann, wenn du was falsches machst.”
“Was schlägst du vor?”
“Nützt die Zeit bei Emilio, um dir Freunde und Respekt zu verdienen, und dann mach dein eigenes Ding.”
“Wie meinst du dass?
“Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, dass jeder so eine Organisation hochziehen könnte? Schau uns drei an. Wir holen noch ein paar andere in die Sache rein und steigen aus, um unser eigenes Geschäft hochzuziehen.”
“Wir brauchen dafür Kontakte, und die haben wir nicht.”
“Die kommen ganz von alleine, wenn du eine Zeit lang für Emilio arbeitest, glaub mir.” sagte Jason nur und nahm einen weiteren Schluck Martini.
Jetzt, zwei Wochen später, bat uns Emilio um einen Gefallen. Er hat zur Zeit ein wenig Probleme mit einer anderen Mafia-Familie, dem Morelli-Clan, der Ärger in North Hollywood, Beverly Hills und St. Ana macht. Einer der wichtigen Personen in diesem Clan gehört ein Waffenladen in Anaheim, von denen die ganzen Mitglieder ihre Schusswaffen beziehen.
“Einer unserer Informanten hat uns erzählt, dass der Morelli-Clan stark geschwächt wäre, wenn eine seiner Versorgungsquellen eliminiert wäre. Wir können uns zur Zeit keinen Krieg leisten, sonst machen die Cops wieder Probleme,” sagte er uns, “Wir müssen versuchen, ihnen eine Warnung zu machen. Das Geschäft läuft gut zur Zeit und darf nicht durch solche Idioten einbrechen.”
Jason fuhr den Wagen nach Anaheim. Es war Abend, fast schon Nacht, die Sonne war kaum noch zu sehen und ein dunkler Schatten schien sich über Los Angeles zu legen. Wir hatten unser übliches Outfit an, Kapuzenpulli und weite Jogginghose. Mehr war zur Zeit nicht drinnen.
Irgendwann werde Ich einen Anzug tragen, dachte Ich während der Fahrt, Irgendwann werde Ich genug Geld haben, um ein vernünftiges Outfit zuzulegen und dann muss Ich nicht mehr diese Gangstermontur tragen. Dann wird man mich auf der Strasse respektieren, dann wird man mich überall respektieren.
Jason hielt den Wagen ein paar Meter entfernt vor dem Laden an
“Wir müssen schnell sein.” sagte er und zog seinen Revolver hervor, “Ich weiß nicht, ob Kunden in dem Laden sind oder nicht. Selbst wenn, an unseren Vorgehen ändert sich nichts. Reingehen, Magazin leer ballern und dann verschwinden. Die Cops sind schnell hier in Anaheim, und wir wollen keinen Ärger.”
“Was ist mit den Kunden?” fragte Ich und lud ein Magazin in meine Pistole.
“Wir dürfen keinen am Leben lassen. Die Warnung muss klar und eindeutlich sein, nur so können wir einem Krieg entgehen.”
Wir stiegen aus und gingen auf die Ladentür zu, jeder hatte seine Pistole in der rechten Hand.
Sirenen.
Ich hörte Sirenen im Hintergrund.
Jason stoppte kurz vor der Tür.
“Verdammt, die Cops werden schneller hier sein, als wir gedacht haben.” sagte er und legte seine Hand auf die Türklinke.
“Hat uns jemand verraten?” fragte Ich.
“Kann sein, dass jemand uns als verdächtig empfand und sich bei den Cops gemeldet hat. So oder so, wir müssen uns beeilen, los!”
Er drückte die Klinke nach unten und trat mit den Fuß die Tür ein. Wir stürmten in den Raum. Ich konnte spontan 4 Menschen ausmachen, zwei Verkäufer hinter einer länglichen Theke, ein Kunde, der gerade bezahlte und ein anderer, der sich verschiedene Modelle anschaute.
Habe kein Mitleid, dachte Ich nur, als wir anfingen zu schießen, denn niemand hat es mit dir.
Es dauerte nur kurz, aber es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Jason richtete seinen Revolver sofort auf den Verkäufer und erschoss ihn, während Carlos den Rücken des Kunden mit seinen Kugeln durchlöcherte. Ich zielte auf den anderen Verkäufer und drückte ab. Ich schoss drei mal, jeder Schuss traf ihn in der Brust und er taumelte nach hinten. Ich drehte mich zu anderen Kunden um, einen Mann um die dreißig mit Glatze und Ledermantel, der eine Uzi hervorzog.
Er war schneller als Ich. Er zielte kurz, doch bevor er abdrücken konnte, traf ihn eine Kugel von Carlos direkt in den Kopf. Er taumelte in einer Blutfontäne gegen die Wand, die sich schlagartig leicht rot färbte. Carlos schoss noch ein paar mal, der Mann sackte zusammen und rührte sich nicht mehr
Ich ließ meine Waffe sinken.
Sirenen.
Sie kommen in unsere Richtung.
Jason legte mir seine Hand auf die Schulter.
“Lass uns abhauen, bevor wir Probleme kriegen.” sagte er.
Die Probleme kamen, als wir im Auto saßen und losfuhren. Zwei Einsatzwägen des LAPD kamen unter Sirenengeheul in die Strasse eingebogen. Jason gab mehr Gas, die Reifen quietschten und das Auto machten einen Satz nach vorne.
“Werden wir die Kerle wieder los?” fragte Carlos, der hinter den Beifahrersitz saß.
“Es wird nicht einfach werden.” sagte Jason und schlitterte um eine Kurve.
Ich lud ein neues Magazin in meine Pistole.
Deine Chance, dachte Ich nur, mehr nicht.
Ich ließ das Fenster herunter und lehnte mich leicht hinaus. Die Einsatzwägen waren dicht hinter uns, Ich konnte die Beamten und ihre verzerrten Gesichter erkennen. Ich hob meine Pistole, zielte grob auf die Windschutzscheibe und drückte ein paar Mal ab.
Die Kugeln zerschmetterten die Schiebe. Der Fahrer verlor leicht die Kontrolle, als ihn ein paar Kugeln in der Schulter trafen. Ich konzentrierte mich vollkommen auf ihn und schoss mein Magazin leer. Die Kugeln zerfetzten seine Brust, Blut spritze an die Überreste der Scheibe und auf die Uniform seines Kollegen. Der Wagen verlor die Kontrolle, schleuderte nach rechts aus und krachte in die Glasfassade eines Restaurants.
Ich ließ mich auf den Sitz fallen um nachzuladen. Jason schaute mich an.
“Nicht schlecht.” sagte er und schaute in den Rückspiegel, “Du weißt, wie man bestimmte Probleme beseitigt.”
“Es ist nur noch einer, aber er hat bestimmt Verstärkung angefordert. Wenn wir uns nicht beeilen, kommen wir nicht lebend hier raus.” sagte Ich und lud ein neues Magazin in meine Pistole.
Ich lehnte mich wieder aus den Fenster und schoss auf den zweiten Einsatzwagen, der knapp hinter uns war. Es war nun Nacht, und nur die Laternen erleuchteten die Straßen. Das Mündungsfeuer der Pistole war wie ein rot-orangenes Aufblitzen in der dunklen Nacht, alles war still, bis auf die Sirene, die uns immer noch verfolgte. Ich versuchte, den Fahrer zu treffen, doch er fuhr in leichten Schlangenlinien und wich meinen Schüssen aus.
“Ich erwisch den Kerl einfach nicht.” sagte Ich und ließ mich wieder in den Sitz fallen.
“Wir können nicht zurück zum Club, solange uns die Cops am Heck hängen.” sagte Carlos hinter mir.
Jason betrachtete nachdenklich den Rückspiegel.
“Haltet euch fest.” sagte er nur.
Ich wusste nicht genau, was er vorhatte, doch als er auf die Bremsen trat und das Auto quer über eine Kreuzung schlitterte, wurde er mir bewusst, dass die ganze Geschichte auf eine Schießerei auf offener Strasse hinausläuft.
“Verlasst den Wagen so schnell ihr könnt,” brüllt Jason, während er das Auto am Straßenrand zum Stehen brachten, “Wir versuchen, durch die Seitenstrassen zu flüchten!”
Der Wagen kam schlitternd vor einer kleinen Querstrasse zu stehen, der Einsatzwagen hinter uns tat es uns gleich. Wir stiegen aus, die Pistolen in der Hand. Zwei Cops stürmten aus den Wagen, einer hielt eine Schrotflinte in der Hand.
Sie wollten so was wie “Hände hoch!” rufen, doch sie kamen nicht dazu. Jason hob seine Revolver und schoss den Mann mit der Schrotflinte in die Brust, Ich und Carlos erlegten seinen Kollegen mit ein paar gezielten Schüssen. Die Strasse färbte sich rot und Ich konnte weitere Sirenen hören.
“Los, wir verschwinden!” brüllte Ich und nahm den einen Cop seine Schrotflinte ab. Wir befanden uns in Inglewood, einen Stadtteil, der vor allem durch seine hohe Bandenkriminalität Aufmerksamkeit erregte. Cops kommen selten hierher, denn sie verlassen das Gebiet hier meistens nicht lebend. Der Stadtteil ist durchzogen von engen Gassen, die die Wohnblöcke voneinander trennen. Ein Chance für uns, doch noch aus allen herauszukommen.
Wir rannten auf eine Gasse zu, doch die Cops waren schon da. Drei Einsatzwagen rasten über die Strasse auf uns.
“Jetzt wird es heftig.” sagte Ich nur und zielte mit einer Schrotflinte auf den ersten Wagen, Carlos und Jason taten es mir mit ihren Pistolen gleich.
Es wurde heftig. Für uns und für die Cops, obwohl letztere noch schlechtere Karten als wir hatten. Die ersten Polizisten stiegen aus und eröffneten sofort das Feuer. Wir gingen rückwärts in die Gasse, suchten Deckung hinter Mülltonnen und Hauseingängen und hatten den Finger durchgehend am Abzug. Den ersten Cop erwischte Ich. Wir kauerten hinter einer Mülltonne, schossen blind aus der Deckung und gingen langsam rückwärts. Die Cops drangen immer weiter in die Gasse vor, und wenn es so weiter geht, dachte Ich, haben sie uns bald. Ich lehnte mich leicht aus der Deckung und feuerte. Ich traf den Cop, der kurz vor uns stand, genau in die Knie. Er schrie auf und krachte zusammen. Ich zögerte nur kurz, dann schoss Ich den Rest meines Magazins auf den am Boden liegenden Körper leer.
“Uns geht die Munition aus.” sagte Carlos.
“Feuert nur noch gezielt,” sagte Jason und schoss das Schloss einer Tür mit seiner Pistole auf, “Wir müssen es hier rausschaffen.”
Die Kugeln schlugen um uns herum in die Wand ein, als wir das Haus betraten. Ein langer, renovierungsbedürftiger Gang tat sich vor uns auf.
“Los, Beeilung!” brüllte Carlos und schoss das Magazin seiner Pistole blind auf die Anstürmende Truppe Cops leer.
Wir rannten den Gang entlang, die Sirenen und Schüsse im Hintergrund. Das Adrenalin in meinen Blut machte sich langsam bemerkbar, mein Herzschlag verdoppelte sich mindestens, als Jason mit der Pistole eine weitere Tür aufschoss, die in einen kleinen Hinterhof führte. Billige Reihenhäuser und triste Farben bestimmten das Bild, als wir quer über den Hof rannten und blind nach hinten auf die Cops schossen. Ich wusste nicht, ob wir jemanden getroffen haben oder nicht, es war mir auch egal. Jeder von uns wusste, was die Cops mit uns machen würden, wenn wir gestellt werden: Keine Fragen stellen, sondern einfach nur schießen. Die beste Vorgehensweise, um Probleme zu beseitigen. Keine Fragen, keine Antworten. Nur ein paar Leichen auf den blutgefärbten Boden wären unsere Überreste und vielleicht ein kleiner Nebenartikel in der L.A. Time. Mehr nicht. So unbedeutend, doch gleich gefährlich genug, um im Kugelhagel zu enden.
“Es sind nur noch 3!” rief Jason, als wir über einen kleinen Zaun auf eine offene Straße sprangen. Eine Gruppe von Teenager saß auf einer Bank am Straßenrand, rauchte und unterhielt über den Sinn des Lebens, als die ersten Kugeln durch die Luft flogen.
Es war nicht geplant, es passierte einfach. Ich lud nach, drehte mich um, zielte grob und erschoss einfach den ersten Cop, der gerade über den Zaun klettern wollte. Die Kugeln trafen ihn an der Schulter und am Kopf, er fiel nach hinten um und einer seiner Kollegen konnte ihn gerade noch ausweichen. Aber auch ihnen war nicht viel mehr Lebenszeit vergönnt, die Kugeln von Carlos und Jason bereiteten ihnen eins schnelles Ende. Der letzte wollte flüchten, drehte sich um und rannte zurück in den Hof, doch er kam nicht weit. Ich zielte und schoss den Rest meines Magazins auf seinen Rücken leer. Er stolperte nach vorne und schlitterte ein paar Meter über den Platz, bevor er sich nicht mehr rührte.
Da liegen sie nun, drei blutüberströmte Leichen auf offener Straße. Das Blut schien einem bizarren Fluss zu gleichen, der sich einen Weg über die Körper der gefallenen und auf die Strasse bahnte. Sie lagen da, drei verzerrte, unnatürlich wirkende Personen, erstarrt im letzten Moment ihres Lebens. Jeder von ihnen hatte eine Familie, schoss es mir durch den Kopf, Freunde, Verwandte vielleicht sogar Kinder, und jetzt liegen sie hier, nur um meinen Weg nach oben nicht zu blockieren?
Hatte Ich Mitleid? War Ich mir bewusst, was Ich getan hatte? Wollte Ich mich auf den Boden knien und Gott um Gnade anflehen?
Nein, der Drang war da, doch Ich versuchte ihn zu ignorieren. Ich wollte nicht über alles nachdenken, es ist passiert, ganz sicher nicht zum letzten Mal, und die ganzen Gedanken machen es auch nicht ungeschehen.
Aber wo ist die Grenze? Fragte Ich mich, als Ich sah, wie Carlos auf einen Cop, der in seinen letzten Zügen lag, zuging und einen Gnadenschuss in den Kopf verpasste.
Gibt es überhaupt eine?
Oder habe Ich sie schon überschritten?
Ich darf keinen Menschen an mich ranlassen, wurde es mir bewusst. Ich darf mich niemanden öffnen, denn um so schmerzhafter wird dann der Abschied. Du musst anders sein als die anderen, du darfst nicht zögern, die Waffe auf jemanden zu richten, wenn es nötig ist.
Nur dann wird die Welt dir gehören.
Kein Mitleid, denn niemand hat es mit dir. Alle drei hätten nicht gezögert, uns umzulegen, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätte. Trotzdem, ist es richtig einen Weg aus Leichen auf seinen Weg nach oben zu hinterlassen?
Es gibt keine andere Möglichkeit. Menschen kommen, Menschen gehen und nur du wirst bestehen. Du hast Freunde, sicher, aber würden sie auch dann noch deine Freunde sein, wenn es drauf ankommt? Würdest du zu ihnen stehen, wenn es darauf ankommt? Würdest du zu ihnen stehen, wenn Emilio dir eine Pistole ins Gesicht drückt und dich fragt, auf welcher Seite du stehst?
Es war kurz vor Mitternacht, als wir wieder bei Emilio im Büro standen. Wir berichteten ihm, wie alles gelaufen ist, und er war zufrieden mit uns.
“Ihr wisst, wie man das Geschäft angehen muss.” sagte er, während er den Safe öffnete und jeden von uns ein Bündel 50 Dollarscheine in die Hand drückte, “Das gefällt mir. Ich brauch solche Menschen wie euch.”
Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und betrachtete uns.
“Wenn das mit den Verrat stimmt, haben wir ein Problem.” sagte er nur.
“Niemand außer uns vieren wusste von den Job.” sagte Ich, “Wir haben Leck, irgendjemand gibt Informationen an die Cops weiter.”
Emilio seufzte nur.
“Ich wüsste, wie wir deswegen an ein paar Informationen kommen könnten.” sagte er und betrachtete mich, “Aber es ist brisant.”
“Warum?” fragte Carlos.
“Sein Name ist Mickey Cohen, er ist so eine Art König der Unterwelt. Er hat bis vor 5 Jahren ein Vermögen mit Prostituierten gemacht, doch dann hat er sich zur Ruhe gesetzt. Jetzt hockt er in seiner Villa in Beverly Hills und mischt nur noch manchmal in Geschäften mit.”
“Was für Geschäften?” fragte Ich ihn.”
“Er ist seinem Milieu treu geblieben: Prostitution. Er weiß alles, was in der Unterwelt vor sich geht. Ich persönlich habe nichts gegen ihn, aber er blockiert unser Geschäft, weil er sich Drogen billig aus Mexiko liefern lässt und dann in seinen Bordells zu horrenden Preisen weiterverkauft.”
“Und die Masche zieht?”
“Ja, leider. Seine Verkäufe gehen in die Höhe und unsere stagnieren, wenn auch auf hohen Niveau.”
Ich schwieg kurz.
“Wie kommen wir an ihn ran?” fragte Ich nur.
Emilio schaute mich verwundert an.
“Das ist zu riskant, Kevin, glaub mir. Mickey hat viele Freunde, du würdest dir zu viele Feinde dadurch machen.”
“Ich weiß, wie Ich mit solchen Leuten umgehen muss. Wo finde Ich ihn?”
Emilio nickte nur mit den Kopf.
“Respekt, Kevin. Du hast Mut, das gefällt mit, aber was du machst, ist gleichzeitig ein Selbstmordverfahren. Wenn ihr lebend aus der ganzen Sache raus kommst, unterhalten wir uns. Ich kann mir vorstellen, dass Ich ein paar bessere Sachen für euch zu tun habe.”
Macht.
Sie kommt näher, Ich kann es spüren. Ich arbeite mich in der Nahrungskette nach oben, mit jeden Tag, mit jeder Handlung, die Ich mache.
Respekt.
Immer mehr Menschen haben ihn vor mir. Immer Menschen kennen meinen Namen, immer mehr Menschen respektieren mich.
Die Welt wird mir gehören, spätestens nach der Sache heute Nacht.
Mickey Haus lag in der Camelita Avenue und war eines jener Villen, die man einfach nicht übersehen kann. Hoher Zaun, Palmen dahinter und ein riesiges Eingangstor. Emilio hatte uns noch einen erfahrenen Mann, Lancy, der ab und zu für die Organisation tätig war, zur Seite gestellt. Wir waren also zu viert, trotzdem war es ein waghalsiges Unternehmen, sich so eine Person vorzuknöpfen.
Wir standen vor den Eingangstor. Jason hatte das Auto ein paar hundert Meter entfernt geparkt und nun waren hier und wussten nicht weiter.
“Das war eine Scheißidee, Kevin.” sagte Carlos und blickte die Kameras, die an den Zäunen verteilt waren, an, “Da kommen wir nur mit Gewalt rein.”
“Hast du etwas gegen Gewalt?” fragte Ich ihn.
“Nicht direkt.” antworte Carlos, “Ich mag sie nur nicht, wenn Ich deswegen sterben muss.”
“Wir benehmen uns wie normale Menschen.” sagte Ich, “Klingeln, fragen nach Mickey und dann ziehen wir unsere Waffen, um uns den Weg zu ihm freizuschießen.”
Jason schüttelte den Kopf.
“Das kann nicht klappen. Wir hätten höchsten 5 Minuten bis die ersten Cops das Gebäude umstellt haben.” sagte Er.
“Dann müssen wir es eben in 5 Minuten schaffen. Wir machen Mickey klar, was wir wissen wollen, und wenn er es uns nicht sagt, werde Ich ungemütlich.” sagte Ich nur und drückte die Klingel, “Macht euch bereit.”
Keiner sagte was.
Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber meine Hände zitterten leicht. Wenn Ich jetzt versage, werde Ich bei Emilio und den anderen keine Chance mehr haben. Ich habe die Gelegenheit, es ganz nach oben zu schaffen, doch wie weit kann man gehen, bevor man alles verliert? Es ist wie russisches Roulette, irgendwann kommt der Knall. Die Frage ist nur, ob er dich oder jemand anderen erwischt.
Je höher du steigst, desto tiefer kannst du fallen, dachte Ich nur, als zwei Security Beamte auf uns zukamen.
Sie öffneten das Tor leicht und gingen auf uns zu.
“Habt ihr einen Termin?” fragte uns einer.
“Nicht direkt.” Antwortete Ich nur, holte meine Uzi hervor und zielte.
Es ging schnell, es war hart und eine weitere Sünde von vielen. Der Beamte konnte nicht reagieren, Ich drückte sofort ab und durchlöcherte ihn meinen gefühlten halben Magazin. Carlos, Lancy und Jason erschossen wie auf ein Kommando den zweiten Beamten.
Fünf Minuten, hatte Jason gesagt, war uns noch vergönnt, und Ich hoffte, das er recht hatte.
Wir stiegen wortlos über die Leichen und rannten auf den Eingang der Villa zu. Instinktiv lud Ich meine Waffe nach, als Carlos die Glastür einschoss und wir in einem Scherbenregen das Haus betraten.
Ein Frau stand vor uns, sie war jung, vielleicht 30 Jahre alt mit schwarzen haaren und mit braunen, lebendigen Augen. Sie trug gerade ein Baby auf ihren Arm in die Küche.
“Hey Kleine,” brüllte Jason sie an.
Sie drehte sich um und Jason richtete seine Pistole auf sie.
Die Frau fing an zu schreien und wollte mit den Baby im Arm in die Küche flüchten. Ich schoss ihr zur Warnung vor die Füße, sie blieb ruckartig stehen und drehte sich zu uns um.
“Was wollt ihr?” fragte sie mit zittriger Stimme.
“Wo ist dein verdammter Mann?” fragte Ich sie.
“Was wollt ihr von ihm?”
“Ich hab keine Zeit für dämliche Fragen, bring uns zu deinen verdammten Mann oder Ich erschieß dich und das Kind!” schrie Ich sie an.
Sie zitterte noch mehr.
“Okay, wir können das alles regeln,” sagte sie leise und ging langsam zur Terrasse, “Niemand muss sterben.”
“Das werden wir sehen.” sagte Lancy.
Sie führte uns auf eine Terrasse, von der aus man einen großen Garten mit Teich, Baumgruppen und Pool überblicken konnte. Drei Männer saßen dort. Der, der neben dem in der Mitte saß, war wahrscheinlich Mickey, er passte auf jedenfalls mit der Beschreibung, die uns Emilio gegeben hat, überein. Kurze, braune Haare, Sonnenbrille und Hawaii Hemd. Er war etwas dick gebaut und sah irgendwie ein wenig verschlagen aus. Die Männer neben ihm war ein wenig jünger als er , trugen einen Sonnenhut und wie Mickey auch eine Sonnenbrille. Sie saß nur in einem leichten Hemd bekleidet da und spielten mit einem Revolver herum. Wahrscheinlich waren sie Mickeys Bodyguards oder so ähnlich.
Als sie uns sahen, sprangen letztere sofort auf.
“Ich würde es lieber lassen.” sagte Carlos und richtete seine Pistole auf ihn sie. Die Männer erhoben die Hände und setzteen sich wieder. Mickey schaute sich auf.
“Was zur Hölle wollt ihr?” schnauzte er uns an, “Haben euch Zac und Carl nicht aufgehalten?”
“Die beiden liegen vorne in deiner Einfahrt und warten auf den Leichenwagen.” sagte Ich und ging auf ihn zu, “Und das selbe passiert auch mit dir, wenn du mir nicht ein paar Fragen beantwortest.”
“Was willst du, du Hurensohn? Verlass sofort mein Grundstück! Ich hole die Polizei!”
“Kümmert euch um den einen.” sagte Ich zu Jason und Lancy.
Jason und Lancy gingen auf den linken Bodyguard zu, rissen ihn vom Stuhl hoch und hielten ihn an den Armen fest, während Ich mich wieder Mickey umwandte.
“Wer gibt Informationen von Emilios Clan an die Cops weiter?” fragte Ich ihn.
“Was willst du eigentlich!” brüllte er mich an.
Mir riss die Geduld. Ich schlug ihn mit der Kolben meiner Uzi ins Gesicht und zerrte ihn anschließend mit beiden Händen vom Stuhl.
“Ich habe nicht viel Zeit. Wir wissen, dass jemand aus Emilios Clan Informationen an die Cops weitergibt, und wissen, dass du alles weißt, was im Untergrund so vor sich geht, und wenn du mir jetzt nicht auf der Stelle einen verdammten Namen nennst, wird es richtig heftig, das schwöre Ich dir.” sagte Ich ihm mit bebender Stimme ins Gesicht.
Fünf Minuten, dann wird es eng. Ich weiß nicht, wie viel wir noch haben, aber die Zeit wird knapp. Wie immer, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann.
“Ich weiß nicht wovon du redest.” sagte Mickey mit zitternder Stimme.
“Mickey, was zum Teufel geht hier vor sich?!” schrie die Frau unter Tränen.
Ich schwieg.
Aber nur kurz, dann ließ Ich ihn wieder auf den Stuhl fallen, drehte mich zu den einen Mann um, hob meine Uzi und schoss den Rest meines Magazins auf seine Brust leer. Jason und Lancy hielten seinen Körper fest, so dass er kaum zitterte, als meine Kugeln ihn durchlöcherten und er langsam zu Boden sank.
Stille.
Niemand sagte etwas, nur das Schluchzen der Frau war zu hören.
Ich ließ die nun leere Uzi zu Boden fallen und zog meine Pistole, bevor Ich mich wieder zu Mickey umdrehte und ihm den Lauf meiner Waffe ins Gesicht presste.
“Nenn mir einen verdammten Namen, oder das selbe passiert mit deiner kleinen Schlampe da drüben.” sagte Ich zu ihm.
Mickey schaute mich nur hasserfüllt an.
“Wendet euch an Jamie Hanson und setzt dort euer verdammtes Gemetzel fort.” sagte er, “Er wird euch verdammten Bastarden alles erzählen.
“Danke,” sagte Ich nur und spannte den Hahn.
“Was soll das,” sagte er, “Ich habe dir gesagt, was du wissen willst, jetzt lass mich in Ruhe!”
“Tut mir leid,” sagte Ich und zielte auf seinen Kopf, “Bei Menschen wie dir ist es zu riskant, sie am Leben zu lassen.”
Ich drückte ab. Ein gezielter Schuss in den Kopf, er war sofort tot. Blut verteilte sich über den Stuhl und die Terrasse. Die Frau fing noch stärker an zu weinen, als Ich mich zu ihr umdrehte.
“Was willst du,” schrie sie mich an, “Was willst du eigentlich? Mich auch noch erschießen? Würde es dir dann besser gehen?!”
“Ich erschieße keine Frauen.” sagte Ich und ließ die Waffe sinken, “Vor allem keine, die ein Baby in der Hand haben.”
“Was seid ihr nur für Menschen,” sagte sie und schaute mich kopfschüttelnd mit tränen verquollenen Augen an, “Ihr könnt nichts anderes tun, als irgendwelche unschuldigen Leute zu erschießen.”
“Du weißt nicht, wie das System läuft. Dein Mann hat es verdient, glaub mir.” sagte Ich, “Du hattest Glück. Du hattest einen Mann mit Geld, der dir alles ermöglicht hat, der dir alles erfüllen konnte. Und jetzt schau uns an. Wir tun den ganzen Scheiß auch nur, weil wir es im Leben mal zu etwas bringen wollen.”
“Indem man Menschen erschießt?” fragte sie mich ungläubig.
“Nein, indem man sich in der Nahrungskette nach oben arbeitet.” sagte Ich und wendete mich um. Lancy hob die Uzi wegen Fingerabdrücken auf und wir gingen zurück zum Auto, ließen die Leichen, das Blut und den Anblick des Todes hinter uns. Die Sirenen waren leicht zu hören, doch sie stellten keine Gefahr da, wir würden längst in Sicherheit sein, wenn sie hier sind.
Ich erschieße keine Frauen, habe Ich zu ihr gesagt.
Doch stimmt das auch wirklich? Ich habe es schon mal, vor zwei Wochen. Es war eine Ausnahme, dachte Ich jetzt, es musste sein. Es war meine Gelegenheit, mein unbedeutendes Dasein in South L.A. hinter mir zu lassen und der Zukunft entgegen zu blicken. Ich werde es nie wieder tun, schwor Ich mir in den Moment. Einen Mann zu erschießen, der es verdient hat, ist etwas anderes. Eine Frau ist fast immer unschuldig und war wahrscheinlich einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort.
Keine Frauen. Zeige ein wenig Mitleid auf deinen Weg nach oben. Die Sache vor 2 Wochen sollte eine Ausnahme bleiben. Die Aktion war nötig, um den ersten von vielen Steinen anzustoßen, doch jetzt kann man so was vermeiden.
Keiner von uns sagte ein Wort, als wir wieder im Auto saßen und Jason mich und Carlos zurück nach South L.A. brachte. Blut klebte an unseren Händen, und in solchen Situationen ist man nicht sehr gesprächig.
“Wir kümmern uns zusammen mit Emilio morgen um Jamie.” sagte Jason, als er mich und Carlos in der Nähe des Roosevelt Parks absetzte.
“Kein Problem. Wir sehen uns.” sagte Ich und gab ihm zum Abschlag einen Handschlag.
Es war kurz nach Mitternacht, die Nacht war klar und hell. Der Mond schien vom Himmel über eine düstere Welt und die Sterne bildeten bizarre Formen.
“Das ist also unsere Zukunft.” sagte Carlos und blickte dem davonfahrenden Auto nach, “Nicht schlecht, oder? Abwechslung, Arbeit an der frischen Luft und eine ordentliche Bezahlung, wenn man sein Handwerk versteht.”
“Ich verstehe mein Handwerk, und glaub mir, wir stehen erst am Anfang eines langen Weges.”
“Ich glaub es dir, Kevin, dich mögen sie. Du bist der Mann, den sie brauchen, und Ich bin froh, dass mich einfach nur an dich dranhängen zu brauche.”
Er lachte leicht.
“Wer weiß, “ sagte Ich zu ihm, “Vielleicht gründen wir irgendwann auch mal unseren eigenen Clan.”
“Wenn wir die richtigen Leute kennen, bin Ich dabei.” sagte Carlos und warf einen Blick auf seine Uhr.
“Wirst du mir treu bleiben, wenn es drauf ankommt?” fragte Ich ihn.
“Kevin, Ich kenne dich seit Jahren. Uns verbindet das selbe Schicksal und jetzt der selbe Weg nach oben. Glaub mir, in 20 Jahren wird uns beiden Los Angeles gehören, wenn wir so weitermachen, und du denkst, Ich würde dich verraten?”
“Wenn du mächtig gibst, ist die Grenze zwischen Wahrheit und Trug sehr verschwommen. Wenn man soweit oben ist, weiß man manchmal nicht mehr, wer Freund und wer Feind ist.”
“Als ob du dich da auskennst.” sagte Carlos leicht spöttisch.
“Ich verstehe das System, Ich verstehe die Regeln und wenn wir ganz oben sind, werden wir nach unseren Regeln spielen und deswegen immer gewinnen.”
“Wir haben zum Glück noch Zeit, über das nachzudenken.” sagte Carlos leicht lächelnd und verabschiedete sich per Handschlag von mir,” Sehen wir uns Morgen?”
“Natürlich.” sagte Ich und erwiderte seinen Handschlag.
Mein Weg nach oben, dachte Ich und blickte Carlos nach, wie er langsam in der Nacht verschwand, ein Weg, bestehend aus Leichen, Blut und Morden?
Das ist das System.
Das sind die Regeln, nach denen hier jeder spielen muss. Und Ich muss mitspielen, zumindest am Anfang. Irgendwann werde Ich dann nach meinen Regeln spielen und meinen eigenen Weg nach oben fortsetzten.
Ich ging die Graham Avenue entlang nach Hause.
Die Welt wird mir gehören.
Es ist nur eine Frage der Zeit.
Tag der Veröffentlichung: 24.06.2009
Alle Rechte vorbehalten