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Prolog

Caspar de Fries

Buchautor und Schriftsteller

Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben

Texte : Caspar de Fries

Alte Seemannsgeschichten

   Quelle: Asbjörnse/Norwegen 1881

Bildmaterialien: Caspar de Fries

Alle Rechte vorbehalten

Tag der Veröffentlichung: 22.09.2014

Vorwort

Ich fand ein uraltes, sehr zerlesenes Buch, in plattdeutscher Sprache, eines alten Fischers aus der Küstenregion Ostfrieslands. Sein Großvater, der als Küstenfischer mit seinem Boot bis in den Finnischen Meerbusen fuhr, vermachte ihm dieses Buch. Er erzählte, dass Seeleute gerne nach getaner Arbeit bei einem Köm oder heißen Hochprozentigem zusammen saßen und Geschichten aus längst vergangenen Zeiten erzählten, mit viel Wahrheit, Fantasie und Gehörtem aus anderen Erzählungen. Natürlich dichtete jeder Erzähler seine eigene Version dazu. Aber, lest es selbst, ein dickes Knäuel voller Seemannsgarn. Gerne nimmt man dieses Buch zur Hand, um den Jüngsten unter uns, gerade um die Weihnachtszeit herum, wenn es draußen so richtig knackig kalt ist, daraus etwas vor zu lesen.

 

War das Meer immer salzig?

Vor langer Zeit lebten im Küstenland zwei Brüder, der eine war sehr reich, der andere war so arm, dass er und seine reichhaltige Familie den Hühnern die Körner wegaßen, um nicht zu verhungern. Es ging auf Weihnachten zu, und der arme Bruder hatte für seine Familie kein Fleisch und kein Brot zu Hause. Er bat seinen Bruder, ihm ein paar Kleinigkeiten zu geben, gerade weil das Weihnachtsfest nahte, und es das Fest der Liebe sein sollte. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass der reiche Bruder dem Armen etwas gegeben hatte. Aber da das Weihnachtsfest nahte, wollte er seinem armen Bruder über die Zeit helfen und sagte: „Willst du tun, was ich dir sage? Dann sollst du einen ganzen Schinken haben, so wie er im Rauch hängt.“ „Ja, das will ich gerne tun, vielen Dank.“ „Da hast du ihn, und nun gehe zur Hölle!“

„Ich habe es versprochen, dann muss ich es auch tun.“ Sprach der Arme, klemmte sich den Schinken unter den Arm und ging fort. Seine Wanderung dauerte den ganzen Tag. Er wollte schon aufgeben, um sich hin zu setzen, denn die Dunkelheit nahte, und er war sichtlich erschöpft. Plötzlich erblickte er in der Ferne einen hellen Lichtschein, der immer heller wurde, je mehr er sich darauf zu bewegte. Hier muss es sein, und erblickte einen sehr alten Mann mit einem weißen langen Bart, runzeligem Gesicht und krumm gebückt. Er hackte auf einem Holzklotz Holz klein. Der Mann mit dem Rauchschinken unter dem Arm rief: „ Guten Abend.“

„ Guten Abend, wo willst du um diese Zeit mit deinem Schinken unter dem Arm hin?“ „Oh, ich wollte nur zur Hölle, aber ich weiß nicht, ob ich auf dem richtigen Weg dahin bin.“ „Ja, du hast die Hölle erreicht, “ und sprach weiter, „Wenn du die Hölle betrittst, werden wohl alle versuchen, dir deinen Schinken ab zu kaufen, denn Schweinefleisch gibt es hier recht selten. Aber verkaufe deinen Schinken nicht für Geld, sondern verlange die alte Handmühle, die hinter der Tür steht. Wenn du dann wieder mit der Mühle aus der Hölle kommst, werde ich dir zeigen, wie du die Mühle aufstellst und mit ihr umgehst.“ Der Mann mit dem Schinken unter dem Arm klopfte beim Teufel an.

Die Tür öffnete sich, und viele große und kleine Teufel umringten ihn und wollten ihm den Schinken abkaufen. Einer überbot den Anderen, bis der Mann mit dem Rauchschinken unter dem Arm rief: „Hört mir zu ihr Teufel, es war meine Absicht, diesen Schinken zum Weihnachtsabend mit meiner Frau und meinen vielen Kindern zu verspeisen. Aber weil ihr alle so erpicht auf diesen Schinken seid, will ich ihn euch nur überlassen, wenn ihr mir die alte Handmühle, die hinter der Tür steht, gegen den Schinken eintauscht.“ Diese Mühle wollte der Teufel nicht herausrücken, er wand sich, sie feilschten hin und her. Doch der Schinkenmann blieb stur, und schließlich überließ der Teufel ihm die Mühle. Der Mann verließ mit der Mühle die Hölle um sich vom alten Holzhauer zeigen zu lassen, wie man die Mühle stellt und welcher Spruch dazu gehörte.

Seine Familie erwartete ihn schon sehnsüchtig, die Kinder schauten ihn bereits halbverhungert und frierend an. „Wo in aller Welt bist du denn so lange gewesen? Wir haben uns schon Sorgen gemacht. Du wolltest doch etwas zu essen von deinem Bruder besorgen. Hast du es?“ Alle schauten ihn erwartungsvoll an. „Oh, “ sagte der Mann, „ich musste noch ein Geschäft erledigen, dabei hat es sehr lange gedauert. Der Weg war recht weit, aber es hat sich gelohnt. Hier diese alte Handmühle habe ich mitgebracht.“ Die Frau und die Kinder schauten enttäuscht auf diese alte Holzmühle. „Und was sollen wir essen? Ich hatte gerade mal zwei Holzsplitter, um die Weihnachtsgrütze zu erhitzen, aber jetzt ist sie wieder kalt, “ „Ihr werdet gleich sehen, ihr braucht nie wieder zu hungern.“ Er stellte die alte Handmühle auf den Tisch, und sie mahlte zuerst Lichter, ein Tischtuch, danach Essen und Bier, eben alles, was zu einem leckeren Weihnachtsschmaus gehört. So, wie er es sagte, mahlte die Mühle. Seine Familie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Woher hast du dieses Wunderding?“ „Gute Frau, das werde ich nicht verraten, die Mühle ist eben da, und fertig.“

So mahlte der Mann für das ganze Weihnachtsfest zu Essen und zu Trinken, alles was das Herz begehrte. Sofort nach Weihnachten bat er alle Freunde und Bekannte, nebst seinem reichen Bruder zu einem Gastmahl ein, wie es im Dorf und der Umgebung noch keiner erlebt hatte. Den reichen Bruder fraß der Neid, er gönnte seinem, bis dahin, ärmeren Bruder keinen Erfolg und machte ihn vor allen Leuten schlecht. „Am Weihnachtsabend war er noch so bettelarm, dass er zu mir kam, um mich um eine Kleinigkeit bat, jetzt fühlt er wie ein Graf und meint mit Allem angeben zu müssen. Woher – zum Satan – hast du diesen Reichtum her? Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.“ Aber er gab seinem Bruder noch keine Auskunft über sein inzwischen erworbenes Vermögen. Doch eines Tages, als alle in einer sehr heiteren Runde mit vielen scharfen Getränken beisammen saßen, konnte er sein Geheimnis nicht länger bei sich behalten und brachte die Mühle zum Vorschein. „ Das ist die Gans, die mir diesen Reichtum bescherte“, und er ließ die Mühle mal dieses und mal jenes mahlen. Sein neidischer Bruder gönnte ihm keinen Reichtum und kaufte ihm die Mühle nach vielem Hin und Her für dreihundert Taler ab. Doch Eines sagte er seinem reichen Bruder nicht, wie man die Mühle stellte, und welche weiteren Befehle der Besitzer sprechen musste.

Der Reiche stellte die Mühle auf den Küchentisch und befahl: „Mahle Hering und Milchsuppe, dass es eine Art hat.“ Den Satz „ dass es eine Art hat“ hörte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Caspar de Fries /Asbjörnse-Norwegen 1881
Bildmaterialien: Caspar de Fries
Tag der Veröffentlichung: 24.09.2014
ISBN: 978-3-7368-4414-8

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