Caspar de Fries
Schriftsteller
Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben
Texte und Bildmaterialien:
Caspar de Fries
Alle Rechte vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2014
Die Handlung und die Namen der Darsteller sind frei
erfunden, sonstige Ähnlichkeiten wären rein zufällig.
Sonderbüro der NATO, Fa. Zenit GmbH,
Wollzeile, Wien
Leiter Major Jefferson Hailey
Büroleiterin Jenny Harting
Computerspezialistin Concetta Minardi
Innendienst Maria Wohlfahrt
Abhör-Elektronik Jan Wouters
Sprengstoffe Antonio de Castello
Waffenexperte Jean Baptiste
Spuren – Labor Johann van der Kerk
Hilde Wirths, Gregor Schulte,
Sebastian de Fries
Pilot u. Co-Pilot Carlos Ramirez u.
Martin de Breu
Agenten Paul von der Brück,
Mehmet Salin
Kung Chol Chul – Charles
Choi Sung-hwan - Newton
Die Demokratische Volksrepublik Nordkorea, wie sie sich auch selbst nennt, ist ein Staat, der wenig mit einer Demokratie zu tun hat. Hier herrscht die Obrigkeit mit einer grauenhaften Selbstherrlichkeit, ein Personenkult um den Machthaber Kim Il-sung, vergleichbar mit Stalin der früheren Sowjetunion. Sein Nachfolger ist sein jüngster Sohn Kim Jong-un, der ihm an Grausamkeit noch übertrifft. Die Staatsführung gliederte seinerzeit die Bevölkerung in ein dreiteiliges „Kastensystem“, übernommen aus der chinesischen Lehre von Mao Zedong. Die „Kasten“ teilt man in die „freundlich gesinnten Kräfte“, „neutralen Kräfte“ und die „feindlich gesinnten Kräfte“. Zur untersten Klasse zählen alle, mit Familienangehörigen, die gegen das System sind, Geistliche, Unternehmer aus vorsozialistischer Zeit, Nachkommen und ehemalige Angestellte der japanischen Kolonialbehörden, sowie kleine Gauner, Diebe, Christen und Andersgläubige.
Für solche Menschen gibt es lebenslange Internierungslager, wo sie unter grausamster Lebensqualität 12 – 16 Stunden am Tag in Bergwerken oder auf dem Feld schuften müssen. Tägliche Folterungen und öffentliche Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Die Kinder, die in diesen Lagern geboren werden, bleiben auch da, und wissen nichts von der Welt, bzw. ahnen gar nicht, dass es sie gibt. Offiziell gibt es keine Priester und Mönche mehr in Nordkorea, sie wurden alle hingerichtet oder starben in Internierungslagern. Die ehemaligen Benediktinermönche aus der Abtei Tokwon erlitten dieses Martyrium, und verreckten elendig im Internierungslager 14. Christen können ihrem Glauben nur heimlich nachgehen, in ständiger Angst vor Entdeckung. Zur großen Show errichtete man in der Hauptstadt Pjöngjang vier Kirchen mit ausländischen Geldern, um ausländischen Besuchern vorzugaukeln, dass hier im Land eine verbriefte Religionsfreiheit bestände. Damit auch der Anschein erweckt wurde, dass man in diesen Kirchen den Glauben richtig praktizierte, lockte die Stadtführung von Pjöngjang acht Benediktinermönche ins Land, um allen anfallenden Gerüchten entgegenzustehen. Sie sollten für die christlichen Besucher ein geeigneter Ansprechpartner sein.
Nur, diese Mönche meldeten sich nicht nur freiwillig, sie wollten auch heimlich Nachforschungen über ihre vermissten Glaubensbrüder aufnehmen. Irgendwer verriet diese Mönche, seitdem sind sie spurlos verschwunden.
Major Jefferson Hailey, Leiter der Sonderabteilung „Zenit“ der NATO in Brüssel, erhielt vom Hauptquartier die Order, einen brisanten Fall von vermissten Benediktiner-Mönchen in Nordkorea zu übernehmen. Ihm war dieser Auftrag gar nicht so recht, da seine Mannschaft keine sehr guten Erinnerungen zu Nordkorea hatte. Das Ganze konnte auch wieder ein Roulette-Spiel des Lebens werden, weil in diesem Land ein ausländisches Leben nicht mehr wert war, als der Dreck unter den Fingernägeln. Aber man kündigte der Zenitführung schon die Anreise eines „Apostolischen Prälat“, eines päpstlichen Gesandten, an, der extra nach Wien in die Wollzeile kam, um den sehr komplizierten Fall vorzutragen. Also, kein Einwand oder Ablehnung, man nahm die Angelegenheit sehr ernst, vorderste Priorität.
Major Hailey beauftragte Paul von der Brück, seine Mannschaft zusammen zu rufen, um im großen Besprechungsraum mit dem Innendienst diese sehr komplizierte Angelegenheit zu diskutieren.
„Meine Damen und Herren, darf ich Romano Cerebotani vorstellen, Apostolischer Prälat aus Rom. Er wird uns einen sehr brisanten und gefährlichen Fall schildern, der unsere volle Aufmerksamkeit verlangt. Mr. Cerebotani, Sie haben das Wort.“
„Ja, meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihr Interesse, und hoffe auf ein positives Ergebnis. In der Tat ist das ein sehr ungewöhnlicher Fall. Die katholische Kirche unterhielt im Namen des Benediktinerordens das Kloster Tokwon in Nordkorea. Durch die verschärften, sehr brutalen politischen Verhältnisse im Land erstürmten nordkoreanische Soldaten 1971 das Kloster und nahmen alle Mönche und Priester gefangen. Man steckte sie in das Internierungslager Nr. 14. Später teilte man uns mit, dass sie an einer Lungentuberkulose verstarben. Wir baten um die Überführung der Leichname, um sie christlich zu bestatten. Der Orden erhielt nur die lapidare Antwort, sie wurden auf dem großen Gelände schon längst verscharrt. Wir haben immer wieder versucht, heimliche Nachforschungen zu stellen, aber letztlich prallten wir auf eine Mauer des Schweigens. Als die nordkoreanische Führung zur Ablenkung und Verdummung ausländischer Besucher mit ausländischem Spendengeld in Pjöngjang vier Kirchen erbaute, sahen wir unsere Chance, tätig zu werden. Es meldeten sich acht Benediktinermönche freiwillig den Kirchendienst in diesen vier Kirchen als Priester zu übernehmen. Natürlich versuchten sie durch intensive Befragung, auch in einer Beichte, die dortigen Gläubigen zu ermutigen, gewisse Hintergrundinformationen preis zu geben. Nur Irgendwer denunzierte sie bei der nordkoreanischen Obrigkeit. Seit vierzehn Tagen hörten wir nichts mehr von ihnen, selbst auf dem diplomatischen Wege stießen wir nur auf eisiges Schweigen. Als auch noch der Pabst als Kirchenoberhaupt die nordkoreanische Führung konsultierte, machte man ihm klar, dass die acht Priester als Verschwörer und Aufwiegler ihr Priesteramt missbrauchten, und sie umgehend verhaftet wurden. Selbst Diplomaten des Vatikans ließ man nicht mehr ins Land, sie wurden noch am Flughafen in Pjöngjang als unerwünschte Personen zurückgewiesen. Bitte, versuchen Sie unsere Glaubensbrüder zu finden.“ „Ja, vielen Dank, Mr. Cerebotani, wir werden heute noch mit unseren Vorermittlungen beginnen.
Zur Einstimmung auf die Gesamtsituation wird unsere Innendienstleiterin, Frau Jenny Harting, euch die nötigen Hintergrundinformationen vermitteln.“
„Nun, meine Damen und Herren, das Land Nordkorea ist von den reinen kommunistischen Systemen das asiatische Land, welches die Ideen des Kommunismus voll auslebt. Allerdings bevorzugt die Staatsführung und die oberste Elite des Landes eine übermäßig geballte, aufs Grausamste, geführte Diktatur, die das Volk in übelster Weise drangsaliert, demoralisiert, erniedrigt, und in Allem entehrt, es äußerst menschenunwürdig behandelt. Folter und öffentliche Hinrichtungen stehen auf der Tagesordnung. Die „Schlächter“ des Landes sind ständig unterwegs, um denunzierte Menschen mitsamt ihrer ganzen Sippe in sogenannte Internierungslager, oder Umerziehungslager zu stecken. In der Regel verlassen nur wenige wegen guter Führung eines dieser Straflager. Selbst kleine Vergehen ahndet man mit höchster Strafe. Außerdem verrichten die Häftlinge 12 – 16 Stunden am Tag in den zahlreichen Bergwerken oder auf den großen landwirtschaftlichen Nutzfeldern körperliche Schwerstarbeit, um zum Wohle des Volkes noch gewisse Vorteile zu erlangen. Man erklärt die Arbeit als gute Umerziehungsmaßnahme und Wiedergutmachung am Volk. Selbstverständlich erhält keiner von ihnen einen Lohn, sondern nur eine klägliche Ration Maisbrei mit Kohl, was bei so einer schweren körperlichen Arbeit nicht sehr lange auszuhalten ist. Die Leichen werden verbrannt, die Asche als guter Dünger auf den Äckern verstreut. Selten wird man Überreste von menschlichen Kadavern finden. Der Nachschub von „billigen Arbeitskräften“ ist auf alle Fälle gesichert, fast täglich erreichen neue Gefangenentransporte die zahlreichen Lager. Man schätzt, dass bald 200.000 Menschen dort verteilt in sehr großen Terrains leben, und unter unmenschlichen Zuständen dahinvegetieren. Nur Wenigen gelingt eine Flucht aus diesen gutgesicherten, mit sehr hohen Elektrozäunen umgebenen Arealen. Die Meisten, die versuchen zu fliehen, verrecken als „gegrilltes Etwas“ in den Fangzäunen der „Demokratie“. Ich danke für eure Aufmerksamkeit.“
Für eine längere Zeit sagte Keiner etwas, Alle mussten diese Schilderung erst einmal verarbeiten. Allen war bewusst, dass sie sich in Nordkorea in ein ganz gefährliches Terrain begaben, welches mit Spionen kurzen Prozess machte. Paul meldete sich als einer der Ersten zu Wort: „Ihr wisst, was uns dort erwartet. Wenn wir versuchen sollten, als offizieller Tourist einzureisen, und vielleicht sogar eine Genehmigung erhalten, werden wir Tag und Nacht durch deren Geheimdienst bewacht. Wenn wir illegal einreisen, muss sich unsere Kleidung der landesüblichen Tracht anpassen. Wir müssen von Weitem wie ein Durchschnittskoreaner aussehen. Wir haben nur keine Schlitzaugen, was natürlich die Gesamtlage erschwert. Wenn wir per Fallschirm abspringen, wird das Flugzeug von der Flugüberwachung geortet, und sofort steigen Abfangjäger auf. Ich denke, wir lassen uns mit einem U-Boot in die nordkoreanischen Gewässer bringen, und steigen irgendwo in einer einsamen Bucht ab, von wo wir uns auch wieder abholen lassen. Es wäre gut, wenn die „Todaro“, das italienische U-Boot mit Kapitän Marsini, sich auf die weite Reise begibt, damit wir bei Bedarf auf ihn zurückgreifen können, außerdem können wir so unsere ganze Ausrüstung mitnehmen. Aber in welches dieser Lager wurden die Mönche gebracht? Wie können wir das herausbekommen? Hat man sie getrennt untergebracht, oder zusammen? Ich denke, dass wir uns einen logischen Plan erarbeiten, den vielleicht die Militärs aus reiner Bequemlichkeit auch nutzten. Was meint ihr?“
Mehmet Salin, langjähriger Freund und Partner von Paul von der Brück meldete sich zu Wort: „ Es gibt noch sechs Internierungslager, aber 10 – 20 Umerziehungslager. Interessanterweise wird das Lager in Kaech`on zu beiden Zwecken verwandt, und es liegt mitten in Nordkorea. Sein offizieller Name ist Kwan-li-so Nr. 14, und hat eine Fläche von 155 Km². Dort leben 15.000 Langzeitinsassen, und das Umerziehungslager beinhaltet noch einmal 6.000 Gefangene. Einziger Unterschied zum Internierungslager besteht darin, dass das Terrain des Umerziehungslagers durch sehr hohe Mauern, wie bei einem großen Gefängniskomplex, umgeben ist. Warum hat man Beides mit einander verbunden?“
Jean Baptiste, Waffenspezialist, meinte: „Das heißt natürlich noch gar nichts, könnte aber schon ein Hinweis in der Wichtigkeit der Lager sein. Vielleicht sollte man auch die Leute befragen, die es schafften, aus diesen Höllen zu fliehen. Ein paar von ihnen leben noch versteckt in verschiedenen Ländern, und konnten die Zeit zur Veröffentlichung ihrer Aufzeichnungen nutzen.“ „Das ist eine gute Idee“, bekräftigte Major Hailey, „Wir werden der Sache nachgehen.“ „Kann man nicht eines dieser Aufklärungsdrohnen der NATO, mit Spezialkameras bestückt, über die Gebiete lenken, damit sie sofortige Aufnahmen schickt, bevor sie abgeschossen wird?“ fragte Antonio de Castello, bedeutender Sprengstoffspezialist. „Auch eine gute Idee, die wir sicherlich bei der NATO genehmigt bekommen.“ „Zusätzliche Satellitenaufnahmen mit Nahaufnahmen könnten uns sicherlich sehr dienlich sein“, sinnierte Carlos Ramirez, einer der Piloten in der Gruppe. „Das war mir klar, dass dies jemand fordert“, sagte der Major, „habe ich bereits angeordnet.“
„Zwei landeskundige Koreaner, die uns auch sprachlich unterstützen, wären eine gute Hilfe“, sagte Martin de Breu und lehnte sich etwas weiter zurück. „Habe ich bereits getan, “ sagte der Major, „darf ich euch Kung Chol Chul und Choi Sung-hwan vorstellen, zwei Nordkoreaner, die inzwischen für die „Zenit“ arbeiten. Sie werden eure Mission unterstützen.“ Die beiden Koreaner verbeugten sich nach Landessitte. Kung Chol Chul sagte: „Ich möchte, dass ihr zu mir Charles sagt, weil für Europäer mein Name nicht einfach zu sprechen ist. Vorort werdet ihr besser nichts sagen, weil das sofort problematische Folgen nach sich ziehen würde. Ich gehörte früher zur dortigen Volksarmee und verweigerte das Erschießen von Kindern. Sie sollten per Genickschuss erledigt werden. Man versuchte mich zu verhaften, ich konnte fliehen. Mehr will ich dazu nicht sagen. Ich wurde als Einzelkämpfer ausgebildet und war Nordkoreanischer Landesmeister im Kickboxen. Nur, ich wollte und konnte unter diesem Regime nicht mehr leben. Nach meiner Flucht steckten sie meine ganze Verwandtschaft in eines der großen Lager. Ich vermute ins Lager Nr. 14.“ Charles, der Koreaner, unterschied sich an Größe und Kraft von seinem Kollegen. Er war breit gebaut und sehr muskulös. Seine Gesichtsform hatte etwas Aztekisches, Unerschütterliches an sich. Seine Augen waren nur wenig geschlitzt, ein breites Kinn und eine längere Nase verliehen ihm einen unerschrockenen Eindruck.
Choi Sung- hwan dagegen, eher drahtig, katzenhaft, mittlere Größe, sehr offene, freundlich wirkende Augen, stellte sich ebenfalls vor: „ Nennt mich bitte „Newton“, es liegt daran, dass ich ein fotographisches Gedächtnis habe und sehr schnell meine Umgebung, oder das, was ich sehe und lese, behalten kann. Ich gehörte ebenfalls der Armee an und war Mitglied einer Spezialtruppe, die ohne Seil an steilen Klippen oder Hauswänden empor kletterten. Wir wurden zur angeblichen Terrorismusbekämpfung eingesetzt, nur stellte sich hinterher heraus, dass es ganz gewöhnliche Diebe waren, die vor Hunger auf dem Feld Rüben klauten.“
Paul von der Brück nickte zu diesen Ausführungen und meinte: „Hallo ihr Beiden, herzlich Willkommen in unserer Truppe. Ich hoffe auf eine sehr gute Zusammenarbeit. Ich habe hier einen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen, wie sie zum Beispiel im Lager 14 vorkamen. Grausame Folter scheint dort an der Tagesordnung zu sein. Ob Kinder oder Erwachsene, sie haben bei allen Altersgruppen ihren Spaß, die Leute zu quälen und letztlich ganz langsam sterben zu lassen. Sechsjährige kleine Mädchen werden zu Tode geprügelt, weil sie ein paar Körner Mais klauen konnten. Bei Befehlsmissachtungen hängte man die Menschen auf oder erschoss sie auf eine recht grausame Weise, man verletzte sie so, dass sie ganz langsam verbluteten. Dabei schauten die Wächter zu und hatten ihren Spaß. Mehr Menschenverachtung geht schon gar nicht mehr. Es wird Zeit, dass wir in diesem Sumpf aufräumen. Ich schlage vor, dass wir verschiedene Satellitenbilder sichten, Zeugen befragen, und uns dadurch insgesamt einen Plan zu Recht schmieden. Wir können uns nicht von diesen schlimmen Berichten ablenken lassen, sondern unseren Focus auf das Verschwinden dieser Benediktinermönche lenken.“
Neben der Auswertung etlicher Satellitenbilder, überflog eine „Drohne“ der NATO mehrere Male nordkoreanisches Staatsgebiet und hielt sich immer unter der kritischen 75-Meter-Höhenmarke, um dem Überwachungsradar der nordkoreanischen Flugsicherung zu entgehen. Unbehelligt zog sie ihre Bahnen, aufgeteilt in bestimmten planmäßigen Quadraten, ohne dass ein Abfangjäger der Luftstreitkräfte tätig wurde. Diese Drohne lenkte ein spezielles Team auf einem, vor der japanischen Küste operierendem amerikanischen Flugzeugträger. Dieses seltsame Fluggerät schaffte es, drei Mal dieselbe Strecke des fraglichen koreanischen Gebietes zu überfliegen, ohne dass ein überwachender Küstenschutz oder die Flugüberwachung etwas von dieser Aktion bemerkte. Dabei erzielten die eingebauten Spezialkameras supergenaue Aufnahmen, und untermauerten weiterhin den Beweis dieser Internierungslager. Außerdem lieferten sie einen präzisen Lagebericht über die schwierige geographische Lage der ausgewählten Areale der Lager und deren Sicherheitsstufen in den Umzäunungen. Die Auswertungen der Bilder, sowohl von der Drohne und den Satelliten, sollten eine gewisse Hilfestellung in der Befragung der eingeladenen Personen sein, die im Sonderbüro der NATO in Wien, Wollzeile, vorstellig wurden.
Man traf sich wieder im großen Besprechungsraum der „Zenit“, die Mannschaft um Paul von der Brück, der Innendienst mit dem Gesamtleiter Major Jefferson Hailey und den Gästen Shan Doug- hyuk-ok, Kim Chun Ryul, Lee-Chun Soon-ok und Chun Kim Yong.
„Meine Damen und Herren, wir haben Gäste, die sich während der Befragung selbst vorstellen und euch zusammen mit den Satelliten- und Drohnenbildern einen Eindruck vermitteln sollen, was euch dort in Nordkorea erwartet. Paul, beginnst du die weitere Befragung?“
„Ja, werde ich gerne tun, aber vorher möchte ich noch auf ein paar Einzelheiten aufmerksam machen. Wir konnten in akribischer Kleinarbeit die uns zur Verfügung gestellten Bilder sichten und auswerten. Natürlich erhielten wir keine Erkenntnisse über den Aufenthalt der verschwundenen Benediktinermönche. Es hätte mich auch gewundert, wenn wir so schnell eine präzise Antwort erhielten. Aber wir stellten fest, dass man der Einfachheit halber durch die Zusammenlegung verschiedener Lager die Sichtung einzelner Personen erschwerte, und dabei gleichzeitig das gesamte Bewachungskonzept komplizierter ausbaute. Ein normales Überwinden dieser Anlagen ist fast unmöglich, doch Jan Wouters, unser Elektronikspezialist stellte eine doch sehr einfache Theorie auf, die er uns gleich erläutern wird.“
„Wir sahen uns die Positionen der verschiedenen Lager an. Uns fiel auf, dass deren elektrische Anlagen durch zwei benachbarte Kohlekraftwerke gespeist, und in Schwerstarbeit mit abgebauter Kohle von den Häftlingen versorgt werden. Wenn wir diese Kraftwerke durch Sprengungen beschädigen könnten, wären die elektrischen Fangzäune der Lager nichts mehr wert. Dadurch erreichten wir mit der Massenflucht von Häftlingen ein großes Durcheinander und könnten eher unerkannt mit den Benediktinermönchen aus dem Land verschwinden. Nur, wie erfahren wir den Aufenthaltsort der Mönche? Welches Lager wäre die logische Folge als das nächste erreichbare Internierungslager? Oder folgte man dem Ruf der Grausamkeit, und sperrte sie genau im gleichen Lager ein, wo seinerzeit die Kollegen verreckten? Wir fanden heraus, dass die Lager Kwan-li-so Nr. 14, 15 und 18 die Nähe zur Hauptstadt Pjöngjang besaßen und eine logische Voraussetzung darstellten. Also halbierten wir bereits die Möglichkeiten. Nur, je mehr man sich in die örtlichen Begebenheiten hineindachte, je mehr glaubten wir an die Wahrscheinlichkeit von Lager Nr. 14, das auf dem direkten Wege von den neuerbauten Kirchen der Hauptstadt innerhalb von einer Stunde Fahrzeit zu erreichen war.
Das Lager liegt im Kreis Kaech`on der Provinz Pýongan-namdo-in. Es erstreckt sich im Tal des Flusses Taedong, der die südliche Begrenzung bildet und umfasst außerdem die Berge nördlich des Flusses, unter anderem den Berg Purok-san. Südlich des Flusses Taedong schließt sich das Straflager Bugchang Kwan-li-so Nr. 18, an.
Nr. 18 liegt zu weit abseits, Nr. 15 erstreckt sich noch weiter nördlich. Wir konzentrierten uns auf das grausamste Lager Nr. 14 mit seinen unzähligen Begebenheiten, die unsere koreanischen Besucher anschließend mit ihren Berichten noch untermauern werden.“ „Danke Jan, für die ersten Einschätzungen, wir werden jetzt die ehemaligen Gefangenen selber fragen. Paul beginnst du?“
„Ich frage zuerst Shun Doug-hyuk-ok, der in dem Lager 14 geboren wurde, und es schaffte von dort auszubrechen. Mr. Shun Doug, erzählen Sie uns bitte Ihren Alltag im Lager 14.“
„Vielen Dank, dass ich hier meine Geschichte erzählen darf, es dauerte lange, bis ich mich so weit von den Geschehnissen entfernte, dass ich überhaupt in der Lage war, darüber zu sprechen. Mit bereits 12 Jahren trennte man mich von meiner Mutter und zog mich zu schwerer körperlicher Feldarbeit hin, die bereits morgens um 5.00 Uhr begann, und bei Scheinwerferlicht um Mitternacht endete. Unsere Verpflegung bestand aus einer stinkenden Maisbrühe mit etwas Kohlgemüse. Wir hatten absolutes Redeverbot, wen man erwischte, der bekam Schläge auf die nackten Fußsohlen, bis sie bluteten. Beim dritten Ungehorsam sperrten die Wächter uns in eine unterirdische kleine Zelle, wo man nicht aufrecht stehen, oder
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Caspar de Fries
Bildmaterialien: Caspar de Fries
Tag der Veröffentlichung: 14.01.2014
ISBN: 978-3-7309-7760-6
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