Name: Rainer Göcht
Roman und Buchautor
Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben
Texte und Bildmaterialien:
Rainer Göcht
Alle Rechte vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2013
Die Schulentlassung der Wipperfürther Schüler von der Realschule Hückeswagen zog eine etwas größere Stadtfete in Wipperfürth nach sich. Man kennt es, wird irgendwo zünftig gefeiert, gesellen sich bald auch noch andere Freunde und Bekannte dazu, Treffpunkt war immer bei Frau Knieps in der „Donnerkuhle“, eine uralte Wipperfürther Kneipe mit eigener Geschichte. Vorhaben: Stiefeltrinken in größerer Runde.
Aufgrund der Größe und des Volumens wird er meist reihum gereicht. Die Schwierigkeit beim Trinken aus dem Stiefel besteht darin, dass sich ein Unterdruck bildet, sobald nur noch der Fußbereich mit Flüssigkeit gefüllt ist. Wer es dann versäumt, den Unterdruck durch gleichmäßiges Drehen des Glases während des Trinkens auszugleichen, dem schießt plötzlich das Bier aus dem Glas entgegen. Allerdings wird das Drehen nicht gern gesehen, vielmehr sollte man an diesem kritischen Punkt angemessene Vorsicht walten lassen und langsam trinken
Wer noch nie an einem Stiefeltrinken teilgenommen hat, dem möchte ich die strikten Regeln erklären: Ein großer Bierstiefel, Fassungsvermögen 3 - 5 Liter Bier, soll der Gegenstand sein, der an einem großen runden Tisch mit vielen Beteiligten ausgetrunken werden sollte. Jeder Beteiligte trinkt so viel nach eigenem Ermessen, wie er meint, vertragen zu können. Leert jemand den Stiefel, so muss der vor ihm Sitzende am Tisch den nächsten Stiefel bezahlen. Bei einer Runde von 10 Biertrinkern kommt einiges zusammen.
Die verschiedenen Stiefel leerten sich, die Lautstärke stieg, Witze machten die Runde, es wurden viele verschiedene Trinklieder gesungen, man sang und trank sich in die nötige Stimmung. Zu etwas fortgeschrittener Zeit kam jemand mit einem Paket Waschpulver unter dem Arm von der Toilette. Die ersten Witze darüber brachten ein unglaubliches Gejohle, dann allgemeines Gelächter, die ganze Bande verzog sich zum Marktplatz mit seinem ständig rauschenden Marktbrunnen. Arm in Arm, singend zogen wir durch die Stadt. Beim Brunnen angekommen, wurde das Waschpulverpaket feierlich geöffnet in das kühle Nass langsam aber stetig hineingeschüttet. Am Anfang passierte gar nichts, das kalte Wasser brauchte eine gewisse Zeit, die Waschpulverkrumen aufzulösen. Immer mehr Wasser pumpte durch die Brunnenleitungen, man konnte die ersten Blasen sehen, wie sie sich langsam vergrößerten und wunderschöne Farbspiele verbreitete. Bald erreichten die aufsteigenden Blasen ein enormes Ausmaß, der Brunnen war nicht mehr zu sehen, der Schaum kroch in immer größeren Mengen über den Parkplatz. Die Sache geriet außer Kontrolle. Bis alle Beteiligten in ihrem leicht alkoholisiertem Zustand begriffen, was geschah, musste man immer weiter zurückweichen, um nicht vollends vom Schaum eingeschlossen zu werden.
Wir beschlossen zu verduften, um noch in aller Ruhe ein oder zwei Bier in der Donnerkuhle zu trinken und Stillschweigen zu bewahren.
Wir saßen bereits einige Minuten schweigend uns abwartend beim Bier, als jemand ganz entsetzt ins Lokal stürmte und rief, dass der Marktplatz nicht mehr zu sehen sei. Alle waren der Meinung, er hätte zu viel getrunken oder würde träumen. Er beteuerte nein, wir sollten uns das ansehen. Und tatsächlich, alles voll Schaum, die parkenden Fahrzeuge um den Brunnen herum waren nicht mehr zu sehen. Immer und immer weiter quollen neue Schaumkombinationen aus dem Brunnen und ließen den ganzen Marktplatz in eine bizarre Schaum-Blasen-Landschaft verschwinden. Die angrenzende Hochstraße musste von der Polizei gesperrt werden, weil inzwischen hohe Schaumberge die Sicht unmöglich machten.
Inzwischen versuchte die Feuerwehr den Schaumbergen Herr zu werden, und sprühte eine chemische Lösung auf den Brunnen, damit sich die künstliche Welt verflüchtigte. Die Polizei befragte die neugierigen herumstehenden Leute, aber keiner konnte genauere Auskunft geben.
Unsere Schulentlassungsfeier nahm durch diese Aktion ganz andere Dimensionen an, und wurde gerne Gesprächsthema der nächsten Jahre.
Natürlich versuchte die Polizei die Übeltäter zu entlarven, was allerdings nie gelang.
Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Rainer Göcht
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2013
Alle Rechte vorbehalten