Name:Rainer Göcht
Land : Deutschland
Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben
Texte und Bildmaterialien:
Rainer Göcht
Alle Rechte vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 14.06.2013
Wie jedes Jahr mussten die Menschen, die an der Elbe lebten, mit ansehen, wie das Wasser des Flusses über die Ufer trat, und gnadenlos alles mit sich riss, was in Reichweite zu fassen war. Vielen Anwohnern war klar, dass nur der Teufel seine Macht über die Menschen ausüben wollte und es auch mit einem gierigen Grinsen vollendete. Aber irgendwann hatte der Teufel Langeweile und suchte andere Herausforderungen.
Ein alter Kapitän schaute traurig auf die reißende Elbe, gerade war auch sein Schiff wie ein zersplittertes Stück Holz von dem Strom davon gespült worden. Traurig schaute er hinterher und dachte an die gute Zeit auf See.
Da fasste ihn plötzlich jemand an der Schulter. Er drehte sich um, und vor ihm stand der leibhafte Teufel, der ihn mit glitzernden Augen und einem tiefen Grinsen im Gesicht ansah. Der alte Seemann, der schon so manchen Sturm und gefährliche Flut erlebte, zitterte vor Angst an allen Gliedern, denn es versprach nie etwas Gutes, wenn dieser Widerling so auf einen zukam. „Du bist doch der alte Olafsen, Du schaust so sehnsüchtig hinter Deinem alten Schiff her, was so wie so nichts taugte. Ich bin gekommen, um Dir zu helfen. Ich kenne Dein Begehren, ein seetaugliches Schiff zu besitzen, welches alle Stürme und Fluten übersteht. Stell Dich hier ans Ufer der Elbe, und wenn ein Schiff vorbeikommt, was Dir gefällt, dann rufst Du ganz laut: „ Oh Satan, das ist es.
Wenn Du aber das Ganze mit meinem Gegenspieler verwechselst, wird das gleichzeitig Dein Tod und der Tod Deiner Familie sein. Wenn Du dann von See zurückkehrst, möchte ich, dass Du mir Arbeit gibst, die ich nicht erfüllen kann, sonst ist es um Dich geschehen.“
Der alte Kapitän war sehr skeptisch, aber in seiner Not versprach er alles. Ohne weitere Überlegung, nur der Blick für das neue Schiff, trieb ihn gedanklich vorwärts. Alles Weitere, ob der Teufel eine Arbeit nicht erfüllen kann, war im Moment zweitrangig. Man wird es sehen.
Ein wunderschönes Schiff, ganz neu, schipperte flussaufwärts, nur wenige Schiffe schafften es, derartig gegen den Strom zu fahren. Er rief:
„Oh Satan, das ist es.“
Viele Wochen war der alte Kapitän mit seinem Sohn und der Mannschaft auf hoher See. Ihre Aufträge und ihre Fracht brachten viel ein. Das Wattenmeer nahte, und bald erreichte das Schiff die Elbinseln. Da dachte der alte Kapitän an sein Versprechen, was er die ganzen Wochen aus seinem Gedächtnis verdrängen konnte. Sein Sohn merkte, dass dem Vater etwas sehr schweres auf der Seele lastete. Der Alte erzählte dem jungen Mann die Geschichte in höchster Not mit dem Teufel. Aber der Sohn war nicht auf den Kopf gefallen, sondern beruhigte seinen Vater und meinte, er solle sich in der Kajüte etwas ausruhen, denn vor dem Teufel fürchtete er sich nicht, er würde diese Rechnung auch mit dem Gevatter Tod begleichen können.
Wie das nun mal so ist, auch die Elbe ist ein Tidestrom, zumindest bis zu gewissen Ortschaften. Die Flut kam, mit ihr pfiff eine scharfe Nordwestbrise, und das Schiff konnte unter Vollzeug an Cuxhaven vorbeisegeln. Plötzlich hörte der junge Mann, der am großen Steuerrad stand ein seltsames Geräusch, und zugleich erschien der Teufel an Bord, trat neben den jungen Steuermann und meinte: „ Du kennst die Vereinbarung, die der alte Kapitän mit mir beschlossen hatte?“ „Ja, mein Vater hat davon berichtet.“ „, So, dann möchte ich, dass Du meine Forderung erfüllst, oder ich gehe mit Schiff und Männern davon, gib mir die Arbeit, die ich nicht erfüllen kann.“ „Sachte,“ erwiderte der junge Steuermann, „Du sollst schon zu Deinem Recht kommen.“ Er befahl der Mannschaft, sofort und auf der Stelle vor Anker zu gehen. Die Mannschaft begriff zwar nicht, worum es ging, merkten aber an dem äußerst lauten Tonfall des Steuermannes, dass ihm dieser Befehl vollster Ernst war. Außerdem war er der Sohn vom Kapitän, und wollte sicherlich mal dieses Schiff übernehmen. Unter vollen Segeln zu ankern? Mit großer Geschwindigkeit sauste der schwere Ankerhaken in die Tiefe, dass das Seil nur so vom Spill pfiff. (Ankerspill=Spindel, drehbare Vorrichtung zum einholen von Ankertrossen).
„Greif zu und halte das Schiff!“ schrie der junge Steuermann. Da packte der Teufel herzhaft zu, um das Ankertau zu halten; aber das Schiff befand sich unter vollen Segeln in höchster Fahrt, und der Teufel wurde mit einem gewaltigen Ruck weit in die Elbmündung gerissen. Die Flut spülte ihn in die vorderen Überschwemmungsgebiete, das viele Wasser in den Dörfern und Äckern zog sich zurück, sodass die Menschen wieder in ihre Wohnstuben konnten. Das Schiff und die Elbbewohner wurden dadurch gerettet. Seit dieser Zeit hat auch niemand mehr in der Gegend einen leibhaftigen Teufel zu Gesicht bekommen.
Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Rainer Göcht
Tag der Veröffentlichung: 14.06.2013
Alle Rechte vorbehalten