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Zwischen Himmel und Erde

Name:  Rainer Göcht

Geb.  :  3. Februar 1951

 

Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben

 

Dieses Zitat begleitete mich schon sehr lange, ein Bezug auf viele Momente in meinem Leben. Oft fragte ich mich, warum habe ich mich nicht sofort vorgedrängelt? Mit meiner großen Klappe war ich oft voraus, meine zweideutigen Sprüche mochte nicht jeder, oder kam ich noch nicht an die Reihe? Vielleicht ist dieser Spruch ganz anders gemeint? Egal, ich nehme einmal Bezug auf das bisherige Leben, meine ich doch, mit der Wahl der sogenannten goldenen Mitte einen guten Schnitt meiner bisherigen Auswahlen vorgenommen zu haben. Aber, der 12.März 2013 gab mir sehr viel Stoff zum Nachdenken. Eigentlich ein Tag, wie jeder andere, es passierte nicht viel, der Ablauf des Tages spiegelte sich in vielen anderen Tagen wieder.

Der übliche Tagesablauf, keine Besonderheiten neben Einkaufen, Kochen und ein wenig aufräumen. Mein üblicher Gang zu meinem Laptop, Anstellen des Internet, Neuigkeiten lesen, bei BX herumstöbern, also nichts Ungewöhnliches. Die Uhr zeigte auf 23.45 Uhr des 12. März 2013, ich war müde und legte mich ins Bett. Schon bald bemerkte ich an mir eine leichte Unruhe, ich stand wieder auf und trank ein Glas Wasser, und legte mich wieder hin. Nach einiger Zeit muss ich wohl eingeschlafen sein, nur mit dem Unterschied, dass ich das Gefühl hatte, mein Bett würde vibrieren, sich bewegen, sich drehen. Mir war, als wenn ich schweben würde. Aus weiter Ferne hörte ich Stimmen. Ganz verrückt, die Stimmen kannte ich doch? Alles verblasste, wieder hörte ich ganz laut diese Stimmen, sie riefen: „wo warst du denn, Rainer, warum bist du weggelaufen?“ Ich laufe doch nicht weg. Wieder vernahm ich ein Rauschen, ein Vibrieren, es klirrte, ich sah auf mich herunter. Aber wie soll das gehen? Ich kann doch nicht auf mich heruntersehen, ich liege im Bett und schlafe. Wieder höre ich laute Stimmen: „Rainer, da bist du ja, warum läufst du immer weg?“ Immer diese selbe Frage. Ich schwebe, ich fliege, mir ist ganz warm, ich schwitze, aber ich kann mich gar nicht bewegen. Ich will aufstehen, es gelingt nicht. Wie aus weiter Ferne höre ich die ersten Vögel zwitschern, das Fenster ist auf, ich kann es nicht schließen, alles ist so weit weg von mir. Ich höre auf der Straße ein paar Leute reden, aber irgendwie verstehe ich es nicht. Mein Körper reagiert nicht, ich sehe in unserem Schlafzimmer alles verschwommen, schemenhaft, und doch nicht wirklich. Wieder ruft mich eine Stimme, ganz aus der Ferne: „Rainer, vielleicht sehen wir uns mal wieder.“ Die Stimme entfernt sich, wird immer leiser.

Jetzt höre ich meinen schweren Atem, ich bin in Schweiß gebadet, kalter Schweiß. Ich friere und schnattere mit den Zähnen. Ich habe Herzrasen, mein Puls flattert. Was war das Alles? Ein Alptraum? Wer hatte mich gerufen? Ein Rufen, welches ich vor vielen Jahren schon einmal gehört hatte.

 

Die Situation, die ich hier beschreibe, geschah wirklich. Es beschäftigte mich dermaßen, dass ich einen Kardiologen aufsuchte, der eine Untersuchung mit dem Herzkatheter vornahm. Man stellte fest, dass ich in der bewussten Nacht kurz vor meinem eigenen Herzstillstand gewesen war, aber bestimmte körperliche Umstände es immer wieder verhinderten, den totalen Exodus durchzusetzen. Es war kein Infarkt, kein Schlaganfall, man vermutet eine vorübergehende Verstopfung einer Arterie.

Was für ein verrückter Zustand? Wer hat mich da wohl gerufen? Fragen die mich noch weiterhin beschäftigen und mich einfach nicht loslassen. Ist es so, wenn man stirbt? Erlebt man dann alles so neben sich? Bekommt man dann vieles mit?

 

Warum schreibe ich diese Situation auf? Weil sie mich beschäftigt, und es vielleicht noch andere Leute gibt, die Ähnliches erlebten oder bemerkten. So etwas macht einen sehr nachdenklich, und man beginnt, anders über sein bisheriges Dasein nachzudenken, es vielleicht nach gewissen Prioritäten einzuteilen. Was macht Sinn, was ist unnötiger Ballast. Eines hat mir diese Angelegenheit bereits gebracht, ich genieße jeden Tag, den ich unbeschwert erleben darf.

 

 

Rainer Göcht 26.05.2013

 

 

Impressum

Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Rainer Göcht
Tag der Veröffentlichung: 26.05.2013

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