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Verirrt im Land des Lächelns

Man stelle sich vor, irgendwo im Grenzbereich zwischen Nordvietnam und China unterwegs zu sein. Endlose Wälder, Sümpfe, Bergland, viele Flüsse, die es zu überqueren gibt. Ein Tierfilmer für das deutsche Fernsehen sucht in diesen Einsamkeiten nach seltenen Tierarten und Inspirationen für ein neues Buch. Seit Wochen zieht er nun durch diesen dichten Wald, und merkt bald, dass er sich verlaufen hat. Seine Karte stimmt nicht mehr mit den markanten Punkten der Realität überein. Doch er hat Glück, er findet nach vier Wochen ohne vernünftige Nahrung und Bett in dieser Öde ein kleines Haus und klopft an.

Ein kleiner uralter Chinese öffnet ihm. Der Mann erklärt seine Notlage und der Chinese bietet ihm für die Nacht ein Bett an und bittet ihn, gastfreundlich, mit einem Lächeln im Gesicht, gemeinsam zu Abend zu essen. Doch diese Einladung beinhaltet auch eine Bedingung. Der Chinese bittet seinen Gast, diese Bedingung zu akzeptieren, denn seine kleine Enkelin wohnt bei ihm, und er möchte auf keinen Fall, dass irgendein Gast sie auch nur berührt. Der Mann nimmt die Einladung dankend an und geht auf die etwas wunderliche Bedingung ein. Da warnte ihn der alte Chinese nochmals, wenn er seine Enkelin auch nur berühren würde, so müsste er einen schrecklichen dreiteiligen chinesischen Horrortest überbestehen. Der Mann willigt nochmals ein und freut sich auf das Essen und sein Bett.

Beim Abendessen lernt der Mann die Enkelin des alten Chinesen kennen. Sie ist die hübscheste Asiatin, die er je gesehen hatte. Schmachtend konnte er seinen Blick nicht von dieser Urwaldperle lösen. Klar, nach so vielen Wochen der Einsamkeit kommen auch schon mal schnell die erotischen Gedanken einer verlorenen Männerseele hoch. Die seltsame Drohung schiebt er erst einmal zur Seite, und hat, während des Essens nur noch Augen für diese Schönheit, aber auch sie scheint Gefallen an ihm zu finden. Möglicherweise lebte sie schon seit Jahren mit ihrem Großvater in diesem Wald, demnach gab es auch sehr wenige Männerbekanntschaften. Als sich nach dem Essen jeder in sein Zimmer zurückzieht, passiert, was passieren muss. Der Mann hält es nicht mehr aus, seine Hormone tanzen Rock`n Roll. Als er meint, der Großvater befindet sich im Land der träumenden Sonne, schleicht er sich in das Zimmer des Mädchens und vollbringt mit ihr die schönste aller Nächte. Der Chinesentest ist ihm im Moment nicht so wichtig, aber eine Nacht mit dieser Frau vollendet alle Herzenswünsche.

Die Ernüchterung ereilt ihn am nächsten Morgen, als er in seinem Zimmer aufwacht. Ihn drückt ein beklemmendes Gefühl auf der Brust. Er öffnet die Augen auf und sieht auf einen großer Stein, der auf seiner Brust liegt. Auf ihm klebt ein Zettel mit der Aufschrift:

„Erster chinesischer Horrortest: Felsbrocken auf der Brust."

Der Mann denkt sich, dass der alte Chinese doch nicht so fest geschlummert hatte und wohl alles mitbekam, aber diesen dicken Stein auf seiner Brust findet er mehr als lächerlich. Er befreit sich von dem Felsbrocken und wirft ihn aus dem Fenster, und bemerkt beim Wegwerfen den zweiten Zettel an dem Stein:

„Zweiter chinesischer Horrortest: Felsbrocken mit Schnur an linkem Hoden angebunden."

Jetzt fällt dem Mann die Schnur auf, die sich an seinem linken Bein entlang schlängelt und in den unteren Bereichen seines Körpers endet. Nur, den Felsbrocken kann er nicht mehr zurückhalten und springt geistesgegenwärtig aus dem Fenster hinter dem Stein hinterher, um Schlimmeres zu verhindern.

Im Sprung aus dem Fenster, im freien Fall, bemerkt er den dritten Zettel an der Hauswand:

 „Dritter chinesischer Horrortest:

 

 

 

 

 

Rechter Hoden mit Schnur an Bettpfosten angebunden!"

 

Impressum

Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Wikipedia Ban Gioc-Wasserfälle Vietnam
Tag der Veröffentlichung: 05.04.2013

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