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Name : Rainer Göcht
Land : Deutschland
Zitat : Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben.

Liebe ist wenn.....

Ehepaar, nicht mehr ganz taufrisch. Sie, Erna, groß und stämmig gebaut, dunkle Stimme, grauen Dutt. Sie hat das Kommando, er hat zu gehorchen. Bei Befehlen stemmt sie die Hände in die Hüften und befiehlt mit lauter Stimme.
Er, Kurtchen, einen Kopf kleiner, schmächtig, Geiergesicht, hüpfender Adamsapfel, Froschaugen, Fistelstimme.
Erna mit lautem Kommandoton: „ Kurtchen, das Lebensbild meiner Mutter, also deiner Schwiegermutter, hängt schon wieder schief an der Wand. Hol die Leiter und richte es.“ Drohend, die mächtigen Arme in die Hüften gestemmt, steht sie vor Kurtchen, der gerade den Abwasch tätigt.
Mit heller fistelnder, zittriger Stimme wagt er zu sagen:„ Ja, Erna, gleich, wenn ich das Abwasch…“ „Pappelapapp, du holst jetzt die Leiter, und machst was ich dir sage.“ „Ja, Erna,“ kommt eine zaghafte Erwiderung. Kurtchen holt die schwere Anstreicherholzleiter aus dem Keller und schleppt sie ächzend die zwei Stockwerke in die gemeinsame Wohnung. Sein Atem rasselt, er schnauft und prustet, denn er ist nun auch nicht mehr der Jüngste. „Komm beeil dich, oder findest du es gut, von so einem schiefen Bild angestarrt zu werden?“ Erna widmet sich derzeitig, im Nebenraum, ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Naschen von Schokolade, zu. Kurtchen stellt mühsam die schwere Leiter auf, und klettert mit zitternden Beinen und seinen Pantoffeln auf den Leiterbock, um, trotz Höhenangst, auf Zehenspitzen stehend, an den äußeren Rand des Schwiegermutterbildes zu gelangen. Der Leiterbock schwankt, Kurtchen versucht sich noch an der Bildkante festzuhalten…..Es gibt einen lauten Knall, es scheppert und splittert, die Leiter donnert auf eine Anrichte, zerstört dort abgestelltes Porzellan und reißt noch eine Grünpflanze um…..
Das Alles wird noch von dem großen Schwiegermutterbild bedeckt.
Erna hört den Krach, stürmt in das Zimmer, sieht die Leiter, die Porzellanscherben, die große Pflanze. Dann streift ihr Blick die leere Wand, wandert weiter nach unten und sieht, zudeckend, das große Bild, darunter schauen zwei Füße mit Pantoffeln heraus. Sie beugt sich vor und meint:


„Bin ich so ein Unmensch, dass du dich vor mir verstecken musst?“

Impressum

Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Harm Bengen
Tag der Veröffentlichung: 10.02.2013

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