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Prolog

 

Caspar de Fries
     Schriftsteller

     Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben

 

Texte und Bildmaterialien:Caspar de Fries

Alle Rechte vorbehalten

Tag der Veröffentlichung: 12.05.2013

Vorwort

 

Der Hansisch – Englische Krieg nahm an unerbittlicher Härte zu. Das Jahr 1470 nutzten die Verantwortlichen der Hanse, um ihre Vormachtstellung im weiten Handel auf See zu demonstrieren. Die unangenehmen Verluste verschiedener Schiffe und den Brand ihrer Anlegebrücken nebst Lager in den Häfen Hamburg, Lübeck und Stralsund rechneten sie den Engländern zu. Die politische Lage veränderte sich, als im Herbst 1470 König Eduard IV. von England wegen innerer Machtkämpfe nach Holland geflüchtet war, bekam die Hanse Aufwind durch den Herzog Karl der Kühne von Burgund, der allen Schiffen der Hanse für ein Jahr Zugang zu seinen Landeshäfen genehmigte, um ihnen Luft im Wiederaufbau ihrer Hafenanlagen zu verschaffen. Diese Gelegenheit nutzte die Hanse als Helfer in der Rückkehr Eduards und gab ihm im Jahr 1471 bei seiner Rückkehr nach England sogar Geleitschutz. Daraus erhofften sie sich weitere Vorteile im Handelsprivileg auf den englischen Inseln. Die Hanse meinte nun, wieder gewaltig Oberwasser zu bekommen, und nutzte die flandrischen Häfen als Operationsbasen für Kaperfahrten gegen Eduards Gegner, und Handelskonvois auf dem Weg nach Frankreich. Nachdem der englische König wieder seinen Thron besteigen konnte, änderte Karl der Kühne seine Zugeständnisse an die Hanse, und versagte ihnen die weitere Nutzung seiner Häfen. Er ging sogar soweit, dass er in seinem allgemeinen Verbot auch die Söldnerdienste auf hansischen Kaper, die Proviantausgabe für die Schiffe, sowie deren Ankauf von Prisengut untersagte. Damit standen die hansischen Kaperfahrer wieder mit leeren Händen da.

Die pommersche Handelsgesellschaft Ost baute unbeirrt seine Handelsbasen im Nordmeer aus und ließ sich von den dauernden Scharmützeln auf See nicht stören. Aber als sie vom Verbot des Herzogs von Burgund hörten, wussten die Verantwortlichen aus Pommern, dass den Kaperfahrern der Hanse jedes Mittel recht war, um Prisen auf zubringen und viel Geld zu verdienen. Die Dimensionen nahmen zu, als man viele Söldner auf den Schiffen anheuerte, ihnen einigen Reichtum versprach, und dadurch normale Hanseseeleute entlastete. Das Rad der Macht begann sich wieder zu drehen.

Umdenken

 

Kasper von Greifenberg, sein Sohn Josua, Daniel Lukovic, sein Sohn Klaus, Nicolaus von Lebbin mit Neffe Ludwig, sowie Ambrosius von Lingen mit seinem Neffen Erich segelten im Frühjahr 1471 nach Kopenhagen zu einer hochherrlichen Konferenz. Hierzu lud der dänische König Christian I. verschiedene Grafen, Herzöge und Abordnungen einiger Königshäuser aus mehreren europäischen Ländern ein, um die Ausarbeitungen der gesichteten Unterlagen aus dem Geheimbund „ehrbarer Kaufmann“ auf zu arbeiten. Die Umtriebigkeit der verantwortlichen Männer aus Hamburg überstieg manchen Horizont, die Zahl der gekauften Angestellten aus dem Bereich Vertrauen war so groß, dass die Dimensionen hieraus nicht mehr auf den Schultern von nur wenigen Männern lasten sollte. Man wollte mit dem Sumpf Korruption aufräumen. Sicherlich eine ehrgeizige Aufgabe, aber gewisse Konflikte schürte man auch über das intime Wissen verschiedener Leute.

Die acht Männer trafen sich vorher mit dem Militärattaché de Burck und dem dänischen König, um verschiedene Absprachen für die Konferenz zu treffen. „Meine Herren, ich freue mich über Euer Kommen, und ich denke, es ist wichtig, einige Dokumente und Listen noch einmal durch zu gehen, damit wir uns einig in der gesamten Formulierung sind.“ „Eure Majestät, Herr de Burck, ich möchte Euch noch darum bitten, nicht unsere Namen mit der Herkunft der Listen in einem Satz zu nennen. Wir wissen aus sicherer Quelle, dass die Hanse meint, die Engländer steckten hinter gewissen Unternehmungen. Wir selbst betonen nur, dass wir uns gewehrt haben. Der Geheimbund ist vernichtet, wie jetzt alle Listen Euch zugespielt wurden, brauchten wir nicht hervor zu heben. Vielleicht bringen wir da etwas Brisanz aus der Angelegenheit.“ „Gut dass wir darüber sprechen, ich verstehe das, denn es beginnt die Zeit der vielen Kaperfahrer, und die Hanse mischt da ganz kräftig mit. Wollen wir nicht noch mehr Öl ins Feuer werfen.“ Herr de Burck räusperte sich und meinte: „ Ich finde das auch gut so, wichtig ist, dass wir die Menschen entlarvt haben, die bei uns im Vertrauen standen. Ein sehr unwirkliches Gefühl, über viele Jahre bespitzelt worden zu sein.“  „ So ganz nebenbei, was gedenkt Ihr in den nächsten Zeiten an Unternehmungen vor zu bereiten?“ „Na, ja, Ideen haben wir schon genug, da wär immer noch die ausstehende Reise nach Island, hoch in den Norden, in das Land der Samen, die finnische Küste, Ausbau der schottischen Handelsbeziehung. So können wir, eventuell, einigen Kaperfahrern aus dem Weg gehen, die sich doch mehr im Kanal und an der holländischen und französischen Küste herumtreiben.“ „Wie ich sehe, habt Ihr wieder Ideen genug. Und Ihr jungen Leute, wie sehen Eure Ideen aus?“ „Eure Majestät, Eure Exzellenz, ich habe meine Prüfung als Schiffsführer abgelegt, absolviere bald die Prüfung als Navigator, und werde dann innerhalb der Gesellschaft ein eigenes Schiff führen“, bemerkte Klaus Lukovic. „Mein Vater und ich planen eine erneute Zusammenstellung eines größeren Landunternehmens mit Fuhrwerken, welches ich gerne mit Erich von Lingen als Sicherheitsmann leiten möchte. Wir stellen uns vor, unsere Handelsbeziehungen bis in die Schweiz aus zu dehnen, “ sagte Ludwig von Lebbin. „ Und Ihr Josua von Greifenberg, wie sind Eure Pläne?“ „Eure Majestät, Eure Exzellenz, ich eröffne in Greifswald eine Kanzlei für gemeines Recht, und werde nach meiner Prüfung noch Landschaftssyndikus für die Stände. Ein älterer Syndikus beendet seine weitere Karriere und übergibt mir seine Kanzlei mit allen Mandanten.“ „Das hört sich alles sehr vielversprechend an, ich werde wohlwollend Euch alle im Auge behalten. Junge Leute mit Plänen sind unsere Zukunft.“

Die große Konferenz fand im großen Konferenzsaal statt, der auch, bis auf wenige Plätze, gefüllt war. Der dänische König Christian I. eröffnete mit seiner Begrüßung. „Meine Damen und Herren aus verschiedenen Ländern Europas, ich freue mich, dass Ihr Euch zu meiner Einladung auf den weiten Weg nach Kopenhagen gemacht habt. Jedes Land hat mit Verrat in den eigenen Reihen zu kämpfen. Korruption hat was mit „sich verkaufen“ zu tun. Diejenigen bieten sich anderen Leuten an, um für viel Geld andere zu verraten, intime Geheimnisse erzählen, aus Geltungssucht andere Menschen in Gefahr bringen. Aber wo kommen wir hin, wenn wir keinem mehr trauen können? Ist Geld für den Einzelnen alles? So etwas ist ehrlos, schändlich, respektlos, widerlich. Aber wie können wir uns vor solchen Menschen schützen? Das zu ergründen, welche Maßnahmen wir ergreifen wollen, dafür sind wir hier und heute zusammen gekommen. Wer möchte zu dieser Angelegenheit etwas sagen? Ach, Herr von Greifenberg.“ Kasper stand auf und sah den etwas irritierten Blick des Königs, lächelte etwas und schüttelte leicht den Kopf, dass dieser sich sofort beruhigte. Daniel und Nicolaus schauten sich an, hoben die Schultern, sahen auf Josua, der auch sehr angespannt nach vorne schaute, und nicht begriff, warum sein Vater so öffentlich was sagte. „Eure Majestät, Eure Exzellenz, Eure Majestäten, meine Damen und Herren. Seit vielen Jahren beobachten wir im Außenhandel gewisse Phänomene, dass unsere Gegner, Wegelagerer, Banditenhorden, Piraten und andere uns feindlich gesinnte Menschen gut unterrichtet über unsere Aktivitäten, ja selbst über unsere Fahrtroute, Bescheid wussten. Mit viel Glück, Kampf und auch List konnten wir uns aus der Klemme befreien. Wir unternahmen viel, um mehr über die Hintermänner, den Zuträgern und den Lockvögeln heraus zu bekommen, aber irgendwie sickerte immer was durch. Natürlich beginnt man an sich selbst zu zweifeln, verdächtigt Menschen, die gar nichts taten. Dazu kommt, dass man viel mehr über die wenigen schlechten Dinge nachdenkt, als über die vielen guten Seiten seiner Partner. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch bei den vielen ehrlichen Kaufleuten und Händlern, ob Privatleuten, Ämter, Parlamente, und auch bei vielen Kaufleuten der großen Hanse, entschuldigen, die zu recht mit vielen Geschehnissen nichts zu tun hatten. Natürlich kommen einem immer die schwarzen Schafe in den Sinn, und wenn sich Gleiches häuft, wirft man den Rest auch auf den großen Haufen, das ist nur zu menschlich. Nun gelang es, aus welchen Gründen auch immer, einen Geheimbund auf zu spüren, der sehr akribisch alle Aktivitäten mit den Listen der Zuträger und deren privaten Dossiers aufbewahrte, die uns allen aufzeigte, welchen Menschen man nicht mehr vertrauen konnte. Bitte geht mit diesen Informationen behutsam um und merzt nur die aus, die es wirklich verdienen. Ich bedanke mich vorab schon einmal für die Unterstützung des Könighauses von Dänemark, die uns hier Anwesenden diese Listen zur Verfügung stellten. Danke.“ Ein langer Applaus begleitete Kasper von Greifenberg, der sich auf seinen Platz setzte und gespannt die weiteren Fragen und Antwortspiele verfolgte. Einige der Grafen und Herzoge beteiligten sich auch an den Gesprächen, hier Fragen, da Antworten. Die Vertretung des Königshauses aus England und die vier Vertreter der Hanse saßen nur als Zuhörer, um sich aus allen Gesprächen das heraus zu suchen, was sie für ihre Belange gebrauchen konnten. Kasper hatte ganz bewusst so eine Ansprache gewählt, als er die Vertreter der Hanse, der Polen, der Magdeburger sah, damit man nicht jedes Mal aus Allem falsche Schlüsse zog.

Nach dem wieder sehr opulenten Abendmahl zogen sich die Frauen gesondert von den Männern zurück, es wurde getrunken, geraucht und diskutiert. Kasper setzte sich mit Josua an den Tisch des Königs, wo auch der Attaché und der Außenminister von Dänemark in einem sehr erregten Gespräch vertieft waren. Der König fragte: „Als Ihr plötzlich in die Mitte des Saales gingt, wusste ich zunächst nichts damit an zu fangen. Aber dann war mir klar, die vielen Kontrahenten früherer Tage saßen hier, und waren gespannt, welche Dinge sie wieder erfahren. Ihr habt ihnen den Wind aus den Segeln genommen, dafür danke ich, denn die Atmosphäre war sehr gespannt.“ „Euer Durchlaucht, ich bin der festen Meinung, dass sich in kurzer Zeit viele der Bestechungen widerholen. Dafür sind sich einige der Herren zu sicher, nicht erkannt zu werden. Ich muss Euch noch etwas gestehen. Ihr habt nicht die volle Liste erhalten, sondern ich behielt aus sicheren Gründen ein paar Informationen. Ich gebe Euch gleich einen kleinen Umschlag, der ist nur für Euch und vielleicht für den Attaché bestimmt, aber das entscheidet Ihr dann selbst. Darin sind Namen aus Eurem Umfeld, Dänemark, Norwegen, Schweden, Holstein und Schleswig. Diese Menschen sind korrupt bis unter die Halskrause. Nur sie arbeiten in Euren Schreibzimmern und lesen täglich Eure Post, bevor Ihr sie bekommt. Hier ist er, steckt ihn bitte sofort weg.“ Der Umschlag verschwand so geschwind in der Jacke des Königs, dass man an einen schnellen Taschenspieler erinnert wurde. „Man könnte natürlich auch falsche Informationen über die Leute verbreiten, dann schlagen wir sie mit eigenen Waffen.“ „Ach, Ihr meint…. Hmm. Das wäre eine gute Möglichkeit, ich werde darüber nachdenken.“ Kasper und Josua mischten sich unter die Menschen und hörten verschiedenen Gesprächen zu, aber interessant waren mal wieder die Kaufleute der Hanse, die sich auch prompt bei Kasper bedankten.

„ Herr von Greifenberg, vielen Dank für die netten Worte. Wir wissen von der jahrelangen Problematik des Hindernisrennens, was Ihr Unternehmen durch die Hanse erfuhr. Aber glauben sie mir, uns wäre ein friedliches Nebeneinander auch viel lieber. Vielleicht ändert sich einiges in Zukunft.“ „Ach meine Herren, die große Liebe wird es wohl nie werden, aber mir würde ein normales Nebenher schon reichen.“

Nach dieser Konferenz saßen sie noch lange, bis zum frühen Morgen, im Ruderhaus der Greifenberg am großen Kartentisch, und überlegten, wie sie jetzt weiter vorgehen sollen. „Man erzählte, dass der Kaperkapitän Paul Beneke mit der „Peter von Danzig“ im Kanalbereich, vor der französischen Küste und im Bereich Flandern schon viele Schiffe aufgebracht hat. Weiterhin soll Karl der Kühne von Burgund allen hansischen Schiffen die weitere Nutzung seiner Häfen untersagt haben. Man spricht davon, dass auf den Kaperschiffen hauptsächlich Söldner ihren Dienst versehen, damit eigene Seeleute sich mehr für die Handelsschiffe einsetzen. Die Söldner kämpften lieber um Gewinn und Prisengeld, und falls sie verlieren, braucht kein Hanseat sie zu betrauern.“ „Das sieht doch wieder nach Heuchelei aus. Die Hanse beginnt wieder, anderen Sand in die Augen zu streuen. Wir sollten uns gewaltig vorsehen, man weiß nicht, ob ein Kaperfahrer oder ein Handelsfahrer herankommt.“ „Mit anderen Worten, es hat sich nichts geändert.“ „So scheint es.“ „Die Engländer rüsten gewaltig auf, nachdem der König wieder im Land ist. Man spricht davon, dass er für zwanzig Großsegler einen Auftrag erteilt an. Bis dahin sollen Schiffe anderer Nationen die Handelsfrachter im Geleit begleiten. Sie mieten die Kriegsschiffe ihrer Nachbarn. Die Franzosen besitzen inzwischen auch eine größere Flotte. Ich glaube, da kommt viel Ärger auf uns zu.“ Kasper schaute alle an und meinte: „Sollen wir in diesem Jahr noch unsere Reise in den Norden unternehmen? Ich denke, wenn die Jungs mit Nicolaus ihre eigene Landreise vorbereiten, sollten wir unsere Nordreise nach Island durchsetzen. Wir fahren diesmal mit zwei Gruppen, aber ohne Büsen, die setzen wir besser in der Bewachung unserer inzwischen zahlreichen Depots ein. Eine Gruppe besucht die schottischen Inseln und Irland, die andere segelt über die Färöer nach Island. Wie ist Eure Meinung?“ Allgemeine Zustimmung. „Gut dann brauchen wir, nach unserer Rückkehr, uns nur noch um die Ausrüstung der Schiffe zu bemühen. Ach noch etwas, Klaus, wenn du deine Prüfung als Navigator bestanden hast, dann lässt du dich von einer der Büsen mit nötiger Ausrüstung und Mannschaft zu den eingepackten Hanseschiffen im Lysefjord bringen und rüstest eine der Kraweelen  aus. Es wäre gut, wenn du ihr noch einen Namen geben würdest, damit kein Hansefahrer das Schiff wiedererkennt. Du lässt dich dann in eines der Gruppen als Depottransferfahrer mit eingliedern. Damit ist der Anfang geschafft, denke ich.“ Klaus Lukovic grinste über das ganze Gesicht, seine drei Freunde freuten sich mit ihm.

Vorbereitung und Ausrüstung

 

Im Hafen von Greifenberg erhielten die 16 Großsegler die komplette Ausrüstung einer mehrmonatigen Handelsreise. Die Lageräume füllten sich mit vielen Handelsprodukten aus Pommern. Neuerdings gab es eigene Honigkreationen aus Barbara von Greifenbergs Honigproduktion, handwerkliche Erzeugnisse, wie Schuhe und Stiefel aus der Werkstatt von Samuel von Greifenberg, dem Bruder von Kasper. Viele Kleider und Jacken, Hosen und Westen aus der Schneiderwerkstatt von Kaspers Schwestern. Werkzeuge aller Art, und vieles mehr. Die Holzerzeugnisse waren bereits eine Selbstverständlichkeit. Vom Bauholz bis zum vormontierten Färöer-Haus, Bretter in allen Größen, Holzschindeln und Holzabfälle zum Feuern und Räuchern. Ein komplettes Sägewerk, eine Schmiede, eine Seilerei, Stellmacherei für den Wagenbau, Küferei für den Fassbau, und dazu jeweils einen gelernten Handwerker nahmen sie mit auf ihre lange beschwerliche Reise. Diese Leute sollten vor Ort den interessierten Menschen diese Handwerkskunst beibringen. Diese Idee, Handwerker als Ausbilder für ein paar Monate auf verschiedene Inseln zu bringen, um die Annäherung des dortigen Volkes als Freundschaftsdienst der pommerschen Handelsgesellschaft an zu sehen, kam von den jungen vier Nachwuchsleuten der Handelsgesellschaft. Umgedreht sollten auch aus anderen Ländern, im Austausch, ein paar Handwerker eingeladen werden, die deren Fertigkeiten vorstellen. Parallel dazu stellten Nicolaus und Ludwig von Lebbin, sowie Erich von Lingen einen großen Wagenzug zusammen, der sie bis tief in die südlichen Regionen von Südeuropa bringen sollte. Auch sie beluden die Fuhrwerke mit vielen Handelsgütern der Region. Es war das erste Mal nach Jahrzehnten, dass sich die vier Freunde in dem Bereich Handelsreise trennten. Aber Nicolaus wollte gerne den jungen Leuten mit seinen Erfahrungen beistehen.

 

Veränderte Zeiten

 

Kasper verbrachte mit seiner Frau Barbara vor der langen Reise noch viele gemeinsame Abende und Nächte, um den Vorrat ihrer gemeinsamen Träume wieder auf zu füllen. Ende Mai des Jahres 1471 stachen sie in See, verließen unter großem Jubel den Hafen von Greifenberg, passierten die Stadtmauern von Treptow, wo die Stadtwächter freundlich den Schiffern hinterher winkten. An der Mündung der Rega, im kleinen Örtchen Deep standen die wenigen Bewohner des Fischerdorfes und winkten diesen imposanten Schiffen hinterher. Ein steifer Ostwind sorgte für eine schnelle Fahrt. Sie konnten alle vorhandenen Segel nutzen, die Schiffe schnitten die Wellen in den Schaumkronen sodass der Gischt über den extralangen Bugspriet spritzte, der drei zusätzlichen Vorsegeln noch Platz für eine weitere Fahrtbeschleunigung gab. Alle Schiffe besaßen inzwischen stark verstärkte Kielbereiche und eine doppeltdicke Bordwand, um auch Berührungen mit Felsvorsprüngen aus zu halten. Jedes Schiff konnte in kalten Tagen im Kajütenbereich mit einem speziell für Schiffe hergestellten Ofen beheizt werden, eine Erfindung der Schweden. Die Sonne setzte sich an diesem Tag nur spärlich durch, und zwischendurch luden einige Wolken ihre Regenschauer ab. In den Mastkörben saß ständig ein Ausguck, um nach ungebetenen Gästen Ausschau zu halten. „Neuer Kurs 55° westliche Breite und 13° nördliche Länge.“ „Neuer Kurs liegt an.“ Kurz bevor sie die gleiche Höhe mit der Insel Rügen erreichten, rief der Ausguck: „4 Segel auf Ost.“ „Weiter beobachten.“ Wieder der Ausguck: „ 8 Segel auf West, 8 Segel auf Nord, sie kommen hinter Bornholm hervor.“ „Weiter beobachten.“  „Daniel, jetzt wird es sehr ernst, wir teilen uns, zwei Schiffe in Richtung Ost, sechs Schiffe umrunden Bornholm, acht Schiffe auf Fächerkurs.“ Daniel gab die nötigen Flaggensignale, und sofort fuhren zwei Kraweelen, die „Barbara“ und die „Hela“, den Verfolgern entgegen. Kurz vor der richtigen Schussentfernung scherten sie beide nach Backbord und nach Steuerbord aus, und griffen die vier Schiffe seitlich im schrägen Winkel an, sodass deren Breitseiten nicht zum Zuge kamen, sondern nur je eine Bugkanone zur Verfügung stand, deren Kugeln aber schlecht gezielt auf den Wellen weiterhüpften. Die beiden Kraweelen fuhren eine scharfe Halse, standen für einen kurzen Moment, der genügte, um  von den je sechs Kanonen die Granaten in einem Heulton über das Wasser zu schicken, damit sie sich tief in den Bug der Schiffe bohrten. Nur wenige Sekunden später explodierten die Granaten und rissen von den gegnerischen Schiffen den gesamten Bug weg, sodass sie wie von Geisterhand gestoppt und kopflastig in den Fluten der Ostsee in nur wenigen Minuten untergingen. Sofort machten die „Barbara“ und die „Hela“ kehrt und beteiligten sich an der weiteren Seeschlacht gegen die Kaperfahrer aus Hamburg und Danzig. Deren vorbereitete Falle ging nicht auf, oder sie mussten ihre Strategie in sehr kurzer Zeit ändern.

Daniel segelte mit der „Greifenberg“ im mittigen Bereich und hatte zwei waffenstarrende Viermaster vor sich. „Daniel wir segeln auf die Mitte zu, so als wenn wir zwischen Beiden hindurch segeln. Mit der Bugkanone können wir zwei Schüsse auf je ein Schiff abgeben, dann ändern wir den Kurs und segeln Steuerbord an dem etwas vorderen Viermaster, der „Adler von Danzig“, vorbei. Bevor sie Ihre vielen Batterien einsetzen, feuern wir mit allen Kanonen, die wir haben. Die von Backbord feuern über die Köpfe der von Steuerbord schießenden Leute. So erwischen wir den großen Pott direkt richtig.“ Daniel grinste und verstand. Er rief ein paar kurze knappe Befehle, gab noch ein paar Flaggensignale und schon mussten die Aktionen durchgeführt werden, sonst würden diese Waffenfabriken gnadenlos zuschlagen. Die Bugkanone schoss die erste Granate ab, die sich unterhalb des riesigen Bugspriets in die Außenhaut des auf Backbord kommenden Schiffes bohrte. Die zweite Granate folgte und landete am zweiten Viermaster, der „Diana von Danzig“, und traf den linken Bereich des Bugs. Beide

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Caspar de Fries
Bildmaterialien: Caspar de Fries
Tag der Veröffentlichung: 29.03.2013
ISBN: 978-3-7309-1771-8

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