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Prolog

 

Caspar de Fries

Schriftsteller

 

Zitat: Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben

 

Texte und Bildmaterialien:

Caspar de Fries

Alle Rechte vorbehalten

Vorwort

Es war Januar 1443, strenger Winter, was aber die Herrschenden in Europa nicht davon abhielt, ihre Machtstellung weiter aus zu bauen. Der Wittelsbacher Christoph von Pfalz – Neuburg wurde zum Erzkönig der dänischen Krone gewählt und regierte dadurch gleichzeitig die Gebiete der Kalmarer Union, das heißt, er war auch König von Schweden und Norwegen. Die Allianz dieser Länder beruhte rein auf materiellem Interesse, um unter dänischer Federführung sowohl wirtschaftlich, wie auch militärisch ein starkes Gewicht im Ostseeraum zu erwerben.

Das hielt aber die Osthandelsgesellschaft unter der Führung verschiedener Fuhrmänner wie Kasper von Greifenberg und Freunde nicht davon ab, im Nordosten, die Länder von Litauen, Estland und Novgorod als neue Handelspartner zu sehen. Der Herzog von Pommern war als oberster Schirmherr dieser Unternehmungen stets für solche erweiterten Partnerschaften, um die Wirtschaft, in diesem Fall das Handwerk, aus zu bauen, und die Produkte aus den Ländern zu verwerten.

Natürlich ging nicht alles immer sehr friedlich zu, entsprechend wurden die Handelsreisen von gut ausgebildeten Treckbegleitern geschützt.

Winter 1443

Der Sturm heulte um die Gebäude der Farm, sie hatten die Schlagläden vor den Fenstern befestigt, um sich noch mehr vor der bitteren Kälte zu schützen. Kasper, Barbara und Konrad saßen vor dem großen Kamin und räkelten sich am großen Holztisch auf den Bänken und ließen ihre Gedanken kreisen. Die kleine Viktoria schlief bereits, sodass sie am Abend mehr Zeit hatten, die alltäglichen Dinge zu besprechen. Hin und wieder stand einer von ihnen auf und warf ein weiteres Stück Holz nach, um das Feuer in Gang zu halten. Die Geschwister von Kasper kamen noch aus ihren Behausungen und setzten sich mit an den Tisch. Clara und Elsbeth hatten sich in der zurückliegenden Zeit gut erholt und lernten in der Schneiderwerkstatt das Schneidehandwerk. Die Meisterin meinte, dass sie selten so begabte, und engagierte junge Frauen bei der Arbeit gesehen hatte. Vielleicht war die Arbeit genau die richtige Therapie, um die vielen schlimmen Dinge, die sie erlebten, zu vergessen.

Aber bei diesem Wetter konnte keiner seiner Arbeit nachgehen, denn der Schnee türmte sich durch die Verwehungen meterhoch. Kasper holte aus seinen Vorräten noch ein paar Flaschen Wein, die sie jetzt in trauter Runde trinken konnten. Samuel, Kaspers Bruder, entwickelte sich auch zu einem kräftigen jungen Mann, der sich mit dem Hengstfohlen von der Stute Else angefreundet hatte, und dieses, mittlerweile, riesige Tier ihm auf der Weide überall hin folgte, als wäre er ein Hund. Er verteidigte auch Samuel, wenn er meinte, der junge Mann würde zu sehr bedrängt. Clara und Elsbeth bevorzugten lieber zwei Brabanterstuten, die sie gerne vor ihren leichten Zweispänner spannten, zwei sehr liebe Tiere, die sehr sanft und liebevoll mit den beiden jungen Frauen umgingen.

Der Hof verbuchte noch einen weiteren Zuwachs, einen Mischlingsrüden, der ihnen als kleiner Hund zugelaufen war, und sich gerne von allen verwöhnen ließ. Er war eine Mischung aus Schäferhund, Wolfshund und noch irgendwas Großes. Sie nannten den Hund Flocke, weil er flockenweiches, etwas längeres Fell hatte. Als er noch recht klein war, sah er auch aus wie eine große Flocke. Dabei blieb es auch. Der Hund passte sehr auf Barbara und die kleine Viktoria auf. Das Kind konnte ihm am buschigen Schwanz oder am Ohr ziehen, der Hund ließ alles sehr geduldig über sich ergehen.

Barbara druckste etwas herum: „ Was ich euch allen sagen wollte, ich bekomme wieder ein Kind.“ Kasper schaute sie an, ein breites freudiges Lachen gab er von sich und nahm seine Frau ganz fest in den Arm. „ Ja, das ist doch wunderbar, da wird sich Viktoria aber freuen.“ Die anderen in der Runde fanden es auch wunderbar. „Wann ist es denn so weit?“ fragte Elsbeth. „ Ich denke im Juni, wenn alles gut verläuft. Dann werdet ihr beiden wohl nicht da sein,“ sagte sie zu Kasper und Konrad. „ Ja, dummer Weise. Aber die neue Reise ist schon geplant, sobald das Wetter offen ist, geht es los.“ „Wo genau geht es hin?“ fragte Samuel, „Wir fahren zuerst mit den Schiffen über Danzig, Memel nach Kaunas, später nach Riga, in Litauen, von da nach Estland und weiter nach Novgorod, ein Handelsplatz im östlichsten Bereich des finnischen Meerbusens.“ Erklärte Kasper und schaute dabei seinen Bruder an.

Samuel machte seine Lehre als Schumacher, und war in Greifenberg bereits sehr gefragt, zumal er mit neuen Ideen und Kreationen die Damenwelt begeisterte. Sein Lehrmeister, der Schumachermeister aus Limburg meinte, einen noch begabteren Schüler konnte er nirgends finden, ihm selbst konnte er nicht mehr viel beibringen. „Ich brauche ein ganz bestimmtes Ziegenleder, und das gibt es in Estland, ich werde dir aufschreiben, wie die Tiere heißen und welche Farbe ich bevorzuge. Es gibt von der Rasse eine Sorte, die sind schwarzbraun, nicht die gescheckten Tiere. Davon brauche ich ein paar Lederbahnen. Die sind schwer zu beschaffen, am Besten bringst du direkt ein paar Tiere mit, damit man sie heranziehen kann.“ Kasper nickte und lächelte dazu, „ ich werde sehen, was ich vor Ort für dich tun kann.“

Der Sturm ließ nach fast drei Tagen nach, sodass sie alle begannen, den Hof und die Einfahrt zu den Ställen von Schnee frei zu räumen. Eine Mammutaufgabe, denn durch das Aufschütten sah es aus, als wenn sie in riesigen Schneetälern wohnten. Danach spannten sie die Pferdeschlitten an, damit alle nach so vielen Tagen Abwesenheit in Greifenberg ihren Tätigkeiten wieder nachgingen. Barbara wollte noch diverse Sachen einkaufen, Samuel steuerte sofort auf die Schuhmacherwerkstatt zu, die beiden jungen Damen verschwanden in der Schneiderei. Kasper und Konrad mit Viktoria auf dem Arm besuchten Samuel, den Leiter ihres Kontors der Handelsgesellschaft. Er war gerade dabei, zwei Gehilfen bestimmte Texte zu diktieren. Als ehemalige Klosterschüler, die gut lesen und schreiben konnten, aber keine Arbeit hatten, waren sie ein willkommender Gewinn für das Kontor. „Samuel, wie sehen unsere Finanzen aus? Können wir uns diverse Umbauten von Schiffen leisten?“

„ Nach Abzug aller Abzüge, wie Löhne, Materialien und vielen anderen Dingen, kommen wir auf satte 15000 Goldtaler. Unser Geschäft ist in einem guten Zustand.“ „Dank dir, lieber Samuel. Wir brauchen ungefähr 6000 Goldtaler für die Schiffe, nochmals 1000 Goldtaler für verschiedene Experimente. Also können wir uns bestimmte Vorfinanzierungen leisten.“ Ja, Geld ist genug da.“ Sie tranken mit Samuel noch zwei Doppelbrandige und verließen das Kontor, um Johann den besten Schreinermeister aus der ganzen Gegend auf zu suchen. „Hallo Johann, was machen die Aufträge?“ Kasper kannte schon die Antwort und hörte: „ Naja. Jetzt im Winter ist die Auftragslage etwas schleppender. Aber das Frühjahr ist nicht mehr weit, dann bin ich von morgens bis abends unterwegs.“

„Wir brauchen deine Hilfe. Die Schiffe müssen noch einmal umgebaut werden. An die Schiffe sollen rechts und links sogenannte bewegliche Schwerter angebracht werden, damit die Schiffe bei hoher See stabiler im Wasser liegen. Genauere Instruktionen holst du dir am Besten bei Daniel, der dir auch ein paar Einzelheiten mehr erzählen kann. Die Schiffe müssen nach der Schneeschmelze fertig sein. Wäre das ein Auftrag für dich?“ „Nächste Woche komme ich mit den Plänen und der Kalkulierung vorbei.“

„ Da hätte ich aber noch etwas. Ich brauche mobile Schleudern, die von zwei Mann gespannt werden, und ungefähr 100 Meter Sprengpakete schleudern können, ob vom Schiff oder vom Wagen. Ist so etwas möglich?“ „Ich werde nächste Woche vorbeikommen und dir sagen, ob es geht oder nicht.“

Der Frühling nahte, Johann war mit seinen Arbeiten so weit, dass er alle gewünschten Umbauten und neuentwickelten Geräte vorstellen konnte. Die Schiffe sahen jetzt recht eigentümlich aus, als hätten sie zwei große Ritterschilder an den Seiten hängen, um sich vor bestimmten Angriffen zu schützen. Aber Daniel schwor auf die Stabilität der Schiffe, und fand dies als den besten Verbesserungsvorschlag für ein sicheres Fahren auf hoher See. Die Schleudern gehörten natürlich dem allgemeinen Interesse. Kasper und Daniel probierten das Spannen dieses Gerätes, dann Kasper packte ein ovales Päckchen aus, wo ein, von der Sprengkraft her, doppelt so starker Sprengkörper verpackt war, wie die bisher mit dem Langbogen verschossenen Sprengstangen an den Pfeilen. Sie steckten die Lunte an, ließen den Spannmechanismus los, und verfolgten die Flugbahn weit über die Drage auf die Wiese der anderen Flussseite und konnten einen gewaltigen Rums feststellen, der jegliches Leben in 10 Meter Umkreis vernichtet hätte. Diese Schleuder sollte sowohl am Schiff, wie auch am Fuhrwerk einsetzbar sein, ein teuflisches Spielzeug. Johann hatte, wie immer, beste Arbeit geleistet.

Sie Schneeschmelze setzte ein, Konrad und Kasper nutzten die Zeit, um ihre Weiden ab zu reiten, denn die Tiere waren über Winter auf sich gestellt und nutzten die zusätzlichen Futterangeboten unter den verschiedenen Unterständen. Dahin wollten sie schauen, ob noch genug Heu zur Verfügung und die Unterstände baulich in Takt waren. Es sah alles recht ordentlich aus, alle Dächer hatten die schweren Schneelasten ausgehalten. Einige Brabanterstuten waren wieder trächtig, die Dülmer Wildpferde schienen sich auch sehr wohl zu fühlen, denn ihre Nachwuchsfreudigkeit zeigte es. Die Allgemeinpferde zeigten auch an, dass sie Nachwuchs erwarteten, sodass Kasper und Konrad bald eine Menge Tiere verkaufen konnten. Konrad wollte noch mit dem Vormann sprechen, damit er in ihrer Abwesenheit alles veranlasste. Kasper und Barbara verbrachten die nächsten Wochen viel Zeit mit einander, weil der Tag der längeren Trennung nahte. Ihre körperliche Verbundenheit steigerte sich bis zum Schluss in eine tiefgehende Extase, wie sie es vorher noch nicht erlebten.

Danzig

Die zehn Schiffe warteten beladen auf die Abfahrt, Nicolaus von Lebbin, der Treckführer ihres Unternehmens stand am Bug des vorderen Schiffes, schaute noch einmal auf den Anleger und die vielen Menschen, die zum Abschied winkten, hob den rechten Arm und rief: „Schiffe – Wagentreck Marsch.“ Die Schiffer riefen ihre Befehle, die Haltetaue wurden gelöst und ein Segel gesetzt, um langsam Fahrt auf zu nehmen. Die Menschen winkten, bis auch das letzte Schiff hinter der Flusskehre verschwand. Nach kurzer Zeit erreichten die zehn Schiffe die befestigte Stadt Treptow, deren Stadtwache sehr neugierig den für sie ungewöhnlichen Verband beobachtete und freundlich grüßte. Bald fuhren sie aus der Dragemündung in die Ostsee, setzten volle Segel um die leichte Westbrise für ihren Kurs in Richtung Osten zu nutzen. Das Wetter war etwas diesig, keine sehr gute Weitsicht, aber für alle vorerst zufriedenstellend.

Eine weitere Vorsichtsmaßnahme gegen aufspritzendes Wasser oder Regen waren die neuen großen Planen, die den gesamten offenen Bereich des Ladebereiches abdeckten. Daniel der Schiffer regte dies an, um nicht laufend das angesammelte Wasser aus den unteren Schiffsbereichen heraus zu schöpfen, und natürlich auch um die Pferde in ihren Boxen vor Spritzwasser zu schützen. Die Planen waren wie ein Dach mit leichter Neigung angebracht. Die Hansestadt Kolberg mit ihren Hafenanlagen zog vorbei, eine Stadt, die vom Salzhandel und Fischfang lebte, und dadurch viele wohlhabende Leute hervorbrachte. Der Mann im Mastkorb, der ständig aus reiner Vorsichtsmaßnahme besetzt war, meldete mehrere Fischerboote, die ihre Netze einholten. Die Männer schauten auf den pommerschen Küstenstreifen mit seinen abwechselnden wunderschönen Landschaftsbildern, mal war es der langgezogene Sandstrand, Dünen, Kiefern, durchgehender Wald, Wiesen. Sie näherten sich der herzoglichen Residenzstadt Rügenwalde und fuhren dort in den kleinen Hafen ein, weil der Herzog den Schiffsverband einmal kennenlernen wollte.

Eine Kutsche erwartete sie bereits, und der Herzog mit seiner Gattin und dem Reichskanzler stiegen aus und begaben sich auf den Schiffsanleger, wo die Schiffe gerade festmachten. Nicolaus und Kasper stiegen als erster vom Schiff, um ihren Landesfürsten zu begrüßen. „Meine Herren, ich freue mich, Euch auch im Namen meiner Gattin und unseres Kanzlers hier im Hafen von Rügenwalde begrüßen zu können. Wir freuen uns, dass zeitmäßig die Reiseplanung dieser ersten so wichtigen Fahrt zum Aufbau von wichtigen Handelsbeziehungen so gut geklappt hat. Ich bin schon neugierig auf die so angekündigten Veränderungen dieser Schiffe, um sie seetüchtiger zu machen. Möge ein guter Stern Eure weiteren Unternehmungen begleiten.“

Jetzt ließ er sich vom Schiffsführer Daniel Lukovic herumführen und alle Erneuerungen erklären. Kasper, Nicolaus, Konrad und Ambrosius standen bei der Herzogin, die natürlich auch viele Einzelheiten erfahren wollte, denn sie war eine sehr praktisch denkende Frau und wollte über alle Geschehnisse informiert sein. Der Reichskanzler holte aus der Kutsche noch ein größeres Paket heraus und eine Schriftrolle, die das dänische königliche Siegel zeigte. „Meine Herren, das Wichtigste hätte ich glatt vergessen. Die politische Lage in den Ländern, die Ihr bereist, ändert sich laufend. Der Deutsche Orden erlebte vor 33 Jahren in der Schlacht von Tannenberg eine empfindliche Schlappe durch die Verbände der Polen, Weißrussen und Litauer, hatte sich aber in den Jahren davor durch unrühmliche Attacken gegen Städte der Litauer und Polen keinen guten Namen gemacht. Mit anderen Worten, Deutsche sind da nicht so gut gelitten. Deswegen erhaltet Ihr hiermit eine Bestätigung des dänischen Königs, dass Ihr im Auftrag der dänischen Krone als Vorabdelegation Handelsbeziehungen aufbauen sollt, und damit offiziell als Gesandter der dänischen Krone bezeichnet werdet. Weiterhin erhaltet Ihr 10 dänische Fahnen, die am Heck der Schiffe angebracht, Eure Nationalität bestätigt.“ „Herr Kanzler, ward Ihr zur Krönung des neuen gewählten Königs in Kopenhagen?“

„Ja, und da habe ich mit meinem Amtskollegen über diese Handelsfahrt gesprochen. Er machte, unter der Bestätigung des neuen Königs, diesen Vorschlag und ließ sofort einen Schreiber kommen, der diesen Wortlaut auf diese Schriftrolle setzte.“ „Eine tolle Idee, die uns sicherlich von großem Nutzen sein wird, wir danken recht herzlich,“ meinte Nicolaus und gab einem der Seeleute das Paket mit den Fahnen, damit sie direkt montiert werden konnten.

Die Schiffe fuhren unter Vollzeug Höchstgeschwindigkeit, ein guter Wind, leichte Wellen, sodass Daniel die Schwerter ausprobieren ließ. Mit der gesamten Handhabung und vorläufigen Ergebnis schien er zu frieden zu sein. Das diesige Wetter verzog sich, sodass der Mann im Mastkorb gute Weitsicht hatte. Er meldete zwischendurch das ein oder andere Schiff, aber alle hielten ihren angepeilten Kurs bei, keines kam gefährlich nahe. Die pommersche Küste wanderte langsam an ihnen vorbei, die Landschaft änderte seine Struktur, vom Sandstrand über hohe Dünen bis zur starken Bewaldung, dazwischen grüne Wiesen, auf denen Tiere weideten. Ein friedliches Bild, kaum einmal sah man Menschen am Wasser stehen, wenn, waren es Fischer, die ihre Netze aufgespannt hatten, um sie zu reparieren. Jetzt erkannte man einen Reitertrupp, sie winkten ihnen zu, prompt erhielten sie ihren Gruß zurück.

Zuerst wollte der Schiffsverband die Hansestadt Danzig anlaufen, dazu musste aber zunächst die Halbinsel Hel umfahren werden, die einen natürlichen Schutz für die Festung Danzig nach Nordwesten bedeutete. Die Halbinsel ist eine 34KM lange Landzunge, welche die Danziger Bucht zu einem Teil von der Ostsee trennt, sie besteht aus lauter kleinen Inseln, wo die Inselzwischenräume durch Versanden langsam aneinander wachsen.
Die hohen Stadtmauern der Hansestadt wirkten sehr wuchtig und hatten bereits viele Belagerungen und Kämpfe gesehen. Eigentümer der Stadt war der Deutsche Orden, der hier, zum Unwillen der Bevölkerung, mit harter Hand regierte und keine Widerreden duldete. Als der Schiffverband mit dänischer Flagge in den Hafen von Danzig einfuhr, begrüßten das ganz heimlich einige Einheimische, die Stadtwache des Ordens beobachtete jede Bewegung der Schiffbesatzungen mit misstrauischen Blicken. Nicolaus ging sogleich zum Stadtkommandanten mit dem Schreiben des Dänischen Königs in der Tasche, um die Erlaubnis zum Festmachen ein zu holen. Die Erlaubnis wurde gewährt, aber mit der Einschränkung, dass immer zwei Mann der Stadtwache jeden Schritt der Besatzungen beobachteten und gegebenenfalls den Vorgang beim Kommandanten zu melden.

Einige Hansekoggen lagen im Hafen, deren Besatzungen schauten sehr feindselig und teils aggressiv zu den Schiffen herüber. Am Liebsten hätten sie ihre Kanonen benutzt, um eine Kugel auf die Schiffe ab zu schießen. Kasper hatte ein sehr komisches Gefühl, er dachte so bei sich, wenn das alles mal gut geht. „Konrad, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber irgendwie stimmt hier was nicht, hier sind Leute in Danzig, die uns nicht wohl gesonnen sind. Man betrachtet uns nicht wie Gäste, sondern will uns etwas unterschieben. Wir sollten die Hansekoggen im Auge behalten.“ Konrad kannte die Vorahnungen von seinem jungen Freund und machte Ambrosius auf dieses Gefühl aufmerksam, der ließ auch sofort die Wachen verstärken und im Umkreis seine besten Kundschafter nach Unregelmäßigkeiten suchen. Das hielt die drei aber nicht davon ab, die Stadt auf zu suchen, einen Krug Bier zu trinken und ein wenig herum zu schlendern.

Nicolaus war mit einigen Händlern beschäftigt, um verschiedenes ein zu kaufen, eigene Waren an zu bieten, eben Geschäftsbeziehungen zu knüpfen. Er saß mit diesen Leuten an einem Tisch, als mehrere Stadtwachen ihn und die Händler verhaften wollten. Nicolaus wehrte sich und tötete dabei zwei dieser Wachen, bis sie ihn überwältigen konnten. Man warf ihm Schmuggelgeschäfte im Namen der dänischen Krone vor.

Als Ambrosius, Konrad und Kasper über den Marktplatz kamen, bemerkten sie den Soldatenaufmarsch mit dem gefesselten Nicolaus und drei der Händler, die man in Richtung Stadtverlies abtransportierte. Nicolaus rief zu den Dreien: „Man hat uns schändlich verraten und verkauft. Die Hanse wirft uns Schmuggel vor. Rettet die Schiffe.“ Die drei machten sich hastig auf den Weg und kamen noch rechtzeitig an, als verschiedene Soldaten versuchten die Schiffe in Besitz zu nehmen, was ihnen aber nicht gelang, weil die Besatzungen mit den Treckbegleitern auf der Hut waren, und den Trupp Soldaten in die Zange nahmen. Es waren dreißig Soldaten, mit einem Jungen Leutnant an der Spitze. „Wenn ihr euch nicht unverzüglich ergebt, betrachtet der Deutsche Orden das als Affront, ihr werdet die Stadt Danzig nie verlassen können. Mit Schmugglern und Dieben machen wir kurzen Prozess.“ „Wer behauptet, dass wir Schmuggler und Diebe sind?“ Kasper bekam darauf erst einmal keine Antwort.

„Wie mir scheint, sind das nicht haltbare Worte. Ich vermute zunächst, dass unsere Freunde von den Hansekoggen sich diese Märchen ausgedacht haben, ist es so Herr Leutnant?“ Kaspers Ton wurde wesentlich schärfer, als vorher. Der Gesichtsausdruck des Offiziers sagte alles. „Also doch, scheint hier um eine Konkurrenzverschwörung zu gehen. Tja, Herr Leutnant, sagt Euren Soldaten, dass sie ihre Waffen ablegen sollen, wir werden Euch hier als Faustpfand gegen die Gefangenen im Verlies hierbehalten. Einer Eurer Männer, Eurer Wahl, kann die Nachricht dem Stadtkommandanten überbringen. Sollten wir innerhalb der nächsten Stunde Herrn von Lebbin und die Händler, mit ihrem ganzen Gepäck, nicht hier auf den Schiffen haben, werden wir, fünf eurer Männer erschießen. Sollten wir beschossen werden, seid Ihr des Todes und wir werden die Hansekoggen in Brand schießen.“

Der Leutnant schluckte ganz kräftig und bestimmte einen der Soldaten zur Weiterleitung der Nachricht. Den Soldatentrupp sperrten sie in die Schiffe und warteten auf eine Nachricht. „Sag mal Kasper, meinst Du das wirklich so? Oder hast Du nur geblufft?“ fragte Konrad und schaute auch Ambrosius dabei an. „Ich glaube nicht, dass wir die Burg stürmen können. Unsere Schwierigkeiten sind noch längst nicht vorbei, wir werden noch mächtig viel zu tun haben. So leicht lassen die sich nicht erweichen. Gleich wird erst mal ein größerer Trupp in Stellung gehen. Wir müssen jetzt gleich eine Verteidigungsstellung aufbauen. Ich hätte da eine Idee….“

Kasper rief die maßgeblichen Leute zusammen und stellte seinen Plan vor. Daniel und seine Schiffer stellten die Schiffe fächerförmig aus einander und bauten die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Caspar de Fries
Bildmaterialien: Caspar de Fries
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2012
ISBN: 978-3-95500-433-0

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