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Vorwort

Name: Rainer Göcht

Land  :  Deutschland

Zitat:  Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben

 

Texte und Bildmaterialien:

Rainer Göcht

Alle Rechte vorbehalten

Tag der erneuten Veröffentlichung: 26.07.2013

Angst, ein schlechter Begleiter

Schwarzer Mai

 

Das Datum zeigte auf den 18. Mai 1995, 9.03 Uhr Ortszeit in Gummersbach- Lantenbach, 49. Geburtstag von Kurt W. dem Sparkassenleiter. Unser Bürobeginn 9.00 Uhr, die Türen der Sparkasse und die von unserem Büro standen offen, Rita lehnte in der Tür der Sparkasse und gratulierte gerade zum Geburtstag.

Reifen quietschten, Autotüren schlugen zu, Spektakel.

Ich saß am vorderen Schreibtisch und sah, wie drei maskierte bewaffnete Männer in die Sparkasse stürmten, einer hielt Rita den Revolver an die Wange, ein anderer haute einem älteren Herrn an den Kopf, dass dieser neben den Kontoautomaten fiel. Die drei Gangster gingen unglaublich brutal, aber sehr gezielt zu Werke. Sie bedrohten die Sparkassenangestellten mit automatischen Waffen und verlangten vom Sparkassenleiter die Herausgabe des Bargeldes und die Öffnung des Safes. Plötzlich entwischte Rita ihrem Revolvermenschen, rannte in unser Büro, auf die Toilette, schloss ab und schrie, ich solle das Büro abschließen. Aber so einfach ging das nun nicht, denn ich fand in der Aufregung keinen Schlüssel. Die Gangster ließen sich von dieser Flucht nicht beirren und setzten ihren angefangenen Überfall fort.

Aus reiner Gewohnheit, ohne weiter zu überlegen, griff ich zum Telefon und informierte die Polizei, und erzählte ihnen, was ich weiterhin sah und wie sich das Trio verhielt. Der Polizeikoordinator an der anderen Seite der Telefonleitung stellte direkt meine mit zu hörende Schilderung auf alle Fahrzeuge der Polizei um, damit jeder von ihnen direkt über die Vorgänge in der Sparkasse Bescheid wusste.

Die drei Gangster packten ihre Beute in mitgebrachte Sporttaschen und liefen geduckt, nach allen Seiten sichernd, die Revolver im Anschlag auf ein Fahrzeug mit laufendem Motor zu, rissen die Türen auf, sprangen in den Wagen und der wartende Fahrer raste mit durchgedrehten Reifen in Richtung Meinerzhagen davon.

Diesen ganzen Vorgang mit allen Details schilderte ich, als Live-Schaltung, der Polizei am Telefon. Nach einigen Minuten fuhren mehrere Zivilfahrzeuge der Polizei auf den Sparkassenparkplatz, die Fahrzeuge mit Blaulicht jagten in Richtung Meinerzhagen.

Welch ein Wahnsinn, alles war geschockt, ein Alptraum. Rita`s Nickelallergie machte sich sehr schnell bemerkbar, es bildete sich ein rötlicher Kranz durch das Andrücken des Revolvers auf ihrer Wange.

Dieses ganze Theater musste erst einmal verdaut und überlegt werden, was in Zukunft zu tun sei.

Die Polizei stellte Fragen über Fragen. Einer von Ihnen begann mit unserem Computer sein Protokoll zu schreiben, sein Ein-Finger-Suchsystem konnte sich sehen lassen. Rita erlöste den überforderten Mann und schrieb als Geschädigte das Polizeiprotokoll selbst, eine makabre Vorstellung.

Die nächsten Tage und Wochen bedeuteten für Rita und mich ein Mathyrium, sie litt unter Alpträumen, hatte fürchterliche Angstzustände und wagte sich vorerst in keinen Schalterraum einer Bank. Aber so konnte es nicht weiter gehen, deshalb suchten wir für sie einen Psychotherapeuten, Herrn Dr. Samen, auf, der ihr eventuell weiterhalf. Neben dieser Therapie besuchte ich mit Rita einen Kursus für autogenes Training, Leiterin Frau Morgenstern. Wir waren beide von der Art und dem kontinuierlichen Aufbau des Trainings sehr angetan und übten mit Hilfe bestimmter Hintergrundmusik und den einschmeichelnden Aufforderungen der Frau Morgenstern auf einer Musikkassette zu Hause täglich eine halbe Stunde die Trainingseinheiten. Diese Maßnahme bewehrte sich sehr.

 

 

 

 

Die Angst als ständiger Begleiter

 

Ich hatte mit Rita einen Ehegatten-Arbeitsvertrag abgeschlossen, mit sämtlichen gleichen Rechten einer normalen Angestellten, mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sechswöchige Gehaltsweiterzahlung im Falle einer Krankheit, Renten-und Krankenversichert, also alles was das tarifliche Beschäftigungsgesetz vorschrieb.

Nun erlitt sie einen Art „Arbeitsunfall“, wobei die Berufsgenossenschaft den genauen Ablauf mit allem wie und warum erfahren wollte. Ich steckte arbeitsmäßig als Arbeitgeber in der Klemme, denn aus moralischen und rechtlichen Gründen konnte ich nicht einfach sagen, das war es, ich suche mir eine andere Mitarbeiterin, aus finanzieller Sicht bedeutete die letzte Variante meinen finanziellen Kollaps.

Rita versuchte sich zusammen zu reißen und mir (uns) im Büro weiter zur Verfügung zu stehen. Man merkte ihr an, dass sie fürchterliche Angst hatte überhaupt einen Fuß in das Büro zu stellen, denn es könnte schon bald der nächste Überfall stattfinden. Die misstrauischen Blicke nach draußen blieben ein ständiger Begleiter, es kehrte eine wirkliche Ruhe vor dem möglichen Sturm ein.

Frau P. und ihre Kollegin Frau G. der Sparkasse, die sonst immer zum Scherzen aufgelegt waren, bemühten sich ihre Fassung zu behalten. Frau G. erhielt innerhalb der Sparkassenfilialen einen anderen Arbeitsplatz, sie schaffte die nervliche Belastung nicht mehr.

 

November 1995

 

Donnerstag, 30.November 1995, kurz vor 18.00 Uhr, SchlaDo, genannt scheißlanger Donnerstag. An diesen Tagen hatten die Banken und Sparkassen ihren „langen Tag“, dieser Regelung zwecks Öffnungszeiten schloss ich mich an. Draußen war es bereits dunkel, ich wollte Feierabend machen und packte alle herumliegenden Akten zusammen, um sie ein zu schließen.

Ich hörte einen dumpfen Knall und dachte, dass wieder ein Auto gegen die Betonblumenkästen auf dem Parkplatz vor der Sparkasse gefahren war. Ich nahm meine Tasche, war im Begriff das Licht neben der Eingangstür des Büros aus zu machen, öffnete die Bürotür und schaute in den Doppellauf einer Schrotflinte. Vor mir stand eine dunkelgekleidete, maskierte, eher schmächtig wirkende Gestalt, die gerade die Sparkasse verließ und mich durchdringend, eher musternd anschaute, ein Blick, den ich nicht vergesse. Ich stand da, und bewegte mich nicht. Dieser Moment dauerte vielleicht fünf Sekunden. Dann lief diese Person sehr athletisch in leicht gebückter Haltung zu einem schwarzen BMW, Marke 318, an den Seiten hochgespritzter Dreck, Kennzeichen GM-   ? Mein erster Gedanke, das konnte nur eine Frau gewesen sein, und das behaupte ich heute noch.

Ich rief die Polizei an und teilte den Überfall mit. Dann klopfte ich an die Sparkassentür, eine Mitarbeiterin mit ganz blassem und verstörtem Gesicht öffnete. Ich sah Kurt W., der auf einem Stuhl saß und die Angelegenheit erst einmal verdauen musste. Er zeigte nur auf den Aktenschrank mit dem großen Loch. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Was war geschehen?

Der Bankräuber fuchtelte mit der Schrotflinte herum, stolperte nach hinten, dabei löste sich ein Schuss und zerfetzte den Schrank mit gehacktem Blei. Kurt W. machte in diesem Moment nur eine Seitenbewegung, das rettete sein Leben, sonst hätte ihn der Schuss getroffen. Der Räuber ließ sich von diesem Vorfall nicht beirren, sondern nutzte diese Einschüchterung um noch schneller seine Forderung auf Herausgabe des Geldes zu untermauern.

Tage später sah ich in Gummersbach auf einem Parkplatz diesen vermeintlichen Wagen stehen und informierte die Polizei, die auch gleich eine Halterprüfung vornahm. Das Fahrzeug gehörte einer Kundin von mir und der Sparkasse. Leider gab es keine Beweise.

 

 

 

 

PS:

Die Namen von Mitarbeitern der Sparkasse habe ich aus Sicherheitsgründen nicht genannt.

 


 
 
 
 
 
 

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Texte: Rainer Göcht
Bildmaterialien: Rainer Göcht
Tag der Veröffentlichung: 01.06.2012

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