Virginia Simmons stand am Fenster ihres kleinen Landhotels, dass sie zusammen mit ihrer Freundin Joanne Handerson betrieb.
Es war erst Ende Oktober, und doch hatte es letzte Nacht angefangen zu schneien. Dicke Flocken verhüllten die Erde mit einer weißen Decke, alles wirkte ruhig und kuschelig. Das Wetter war normal für Montana, früher Schnee war hier die Regel.
Kapitel 1
Virginia seufzte, so sehr sie Schnee mochte, aber wenn das so weiter ging war auf der kleinen Straße die zum Mountain Inn führte bald kein durchkommen mehr. Sie drehte sich um und ging in die Küche, wo Joanne die Vorräte durchging.
„Na, haben wir alles oder soll ich Scott anrufen.“
Joanne drehte sich um, ihr Gesicht war mit Mehl vom Brot backen bestäubt. „Ähm, na ja, wenn es morgen aufhört zu schneien, dann reicht es noch, aber da ich das nicht glaube, ist es besser, wir rufen Scott an.“ Virginia nickte, gerade wollte sie sich auf den Weg machen, als Joanne sie zurückhielt. „Die Andrews aus Louisiana haben angerufen und abgesagt. Sie kommen mit dem Flieger nicht durch. Der Flughafen in Boise hat gesperrt, da schneit es anscheinend schon länger.“
Virginia fuhr sich durch die Haare. „Das heißt, wir haben die nächsten 3 Wochen keine Gäste? Oh ha...das ist ja wie Urlaub.“
Sie verließ die Küche, insgeheim fand sie es nicht schlimm, dass Gäste abgesagt hatte. Joanne und sie waren nicht so unvermögend, wie es auf den ersten Blick schien. Drei Wochen Ausfall machten dort nicht unbedingt viel aus.
Nickolas Mathers stand in eine dicke Daunenjacke eingehüllt am Straßenrand und starrte die Straße hinauf, so als ob er dadurch einen funktionierenden Bus herbeirufen könne.
Im Hintergrund hörte er seinen Bandkollegen Alexander Slaughter die wildesten Flüche ausstoßen, die man je gehört hatte.
Mit Kevin London und Howard Robinson bildeten beide die Rockband Graveyard, eine der erfolgreichsten Bands in den USA.
Vor zwei Wochen hatten sie ihre Tour beendet, danach alle zusammen Urlaub gemacht und nun wollten sie eigentlich mit dem Van zum Flughafen fahren, aber der Motor hatte den vieren einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Nickolas, von den anderen nur Nick genannt, ging zurück zu Kevin, der jämmerlich versuchte sein Handy in Gang zu bekommen, aber er hatte ein Funkloch. Howards Laune war auf dem Tiefpunkt. Wütend sah er um sich.
„Wer hatte eigentlich diese Scheißidee, hier Urlaub zu machen? Hätten wir nicht wie stinknormale Leute in den Urlaub fahren können? Aber nein, Kevin wollte ja in die Berge. Prima, hier sind deine Scheißberge und Schnee hast du auch gleich.“
Kevin sah in empört an. „1. Ihr wolltet mit, und 2. kann ich nichts dafür wenn der Scheißmotor den Geist aufgibt. Vielleicht hätten wir Alex nicht fahren lassen sollen..“ Alex wollte gerade was erwidern, als eben ihnen ein alter Truck hielt. Der Fahrer kurbelte die Scheibe runter. „Na Jungens, Panne?“
Kevin ging auf den Truck zu. „Yeah, ähm der Motor hat schlapp gemacht. Gibt es hier einen Abschleppdienst?“
Erst sah der Fahrer verdutzt aus, dann fing er schallend an zu lachen. „Jungchen schau dich mal um, hier ist kein durchkommen mehr, wir schneien ein, der Abschleppdienst kommt hier bis nächste Woche garantiert nicht mehr durch. Ich könnte euch und euer Gepäck höchstens zu einem Hotel mitnehmen, da habt ihr es warm und könnt warten.“
Kevin überlegte kurz und ging dann zu den anderen, um ihnen die Sachlage zu erklären. Wenig später war das Gepäck im Truck und die vier quetschten sich auf der Beifahrerseite zusammen. Der Fahrer schenkte ihnen ein zahnloses Grinsen.
„Bin übrigens Scott. So dann macht euch mal auf eine interessante Fahrt gefasst.“
Im Schneckentempo schlingerte der Truck auf der vereisten Fahrbahn los.
Scott rumpelte mit dem Truck eine kleine enge Straße entlang ehe er vor einem riesigen alten Farmhaus hielt.
Alexander sah ihn an. „Wo ist das Hotel, ich will nur noch in den Whirlpool.“ Verdattert musterte ihn Scott, ehe er erneut in Lachen ausbrach, dann ausstieg und sich eine Pfeife anzündete. „Jungchen, das ist das Hotel. Und ich glaube nicht, das es da einen Whirlpool gibt, aber die besten Rühreier mit Speck die du je gegessen hast.“
Kapitel 2
Als Virginia den Truck hörte, stand sie vom Schreibtisch auf und zog sich eine dicke Fleecejacke an. Dann ging sie aus dem Haus um Scott zu helfen.
Von weitem erkannte sie, dass er nicht alleine war. Sie erkannte vier junge Männer, die der Körperhaltung nach, nicht sehr begeistert wirkten.
Scott kam auf sie zu. „Virginia, ich habe dir und Joanne Gäste mitgebracht. Hatten eine Autopanne, dachte ihr habt Platz.“
Virginia nickte und machte sich dann auf den Weg zu den vieren. „Hi, ihr hattet also eine Autopanne. Ich bin Virginia, ihr könnt mir mal mit abladen helfen, das dauert sonst zu lange.“
Alexander und Nick starrten die junge Frau mit roten Haaren und den Sommersprossen an. Howard kicherte, nur Kevin war das ganze peinlich.
„Ähm Kevin hi. Wir sollen was machen?“
„Abladen helfen, sonst gibt es das Abendbrot nicht, weil es dunkel ist...oder hat hier wer ein Problem damit.“ Innerlich schüttelte sie den Kopf, so viel Dreistigkeit hatte sie noch nie erlebt.
Zaghaft packten Alexander und Nick sich einen Sack Mehl. Virginia seufzte laut auf. „Mensch Jungs, packt den richtig an, das ist unser Vorrat. Der Sack beißt euch nicht, lasst ihn bloß nicht fallen.“
Nick verzog das Gesicht. „Wenn es dir nicht passt trag ihn selbst, oder lass es uns so machen wie wir denken. Wo soll der Kram hin.“
Langsam ging sie auf ihn zu und blitzte ihn an. „Hör zu kleiner, entweder du machst das so, wie ich es dir sage oder du kannst im Stall pennen. Wir haben eine Kuh, die hat mindestens genauso viel Arroganz wie du.“
Zögernd setzten sich Nick und Alex in Bewegung, so eine Behandlung waren sie von Hotelpersonal nicht gewöhnt.
Joanne schaute aus dem Küchenfenster, Die Schneeflocken wurden immer dichter. Als sie ein Poltern und dann einen derben Fluch hörte, ging sie aus der Küche nachsehen. Vor ihr standen zwei junge Männer, der eine hatte blonde Haare und babyblaue Augen und der andere war dunkelhaarig mit dunklen Augen.
Beide sahen sauer aus.
Der blonde sah sie an. „Wo soll der Sack hin?“
Sie machte Platz. „In den Vorratsraum. Ich wusste gar nicht dass Schott, Leute zum Helfen eingestellt hat.“
„Hat er auch nicht.“ ertönte Virginias Stimme. Sie trug einen Korb mit Nudeln und Reis. „Das sind unsere neuen Gäste und wenn die weiterhin so arrogant sind, dann schick ich sie in den Schnee, nackt.“
Der Blonde kam zurück, anscheinend hatte er Virginia gehört, denn er baute sich vor ihr auf und lächelte sie spöttisch an. „Eh du mich in den Schnee schickst, reiß ich das Hotel wie ihr den Bau hier nennt ab und bau ein richtiges. Du weißt anscheinend nicht mit wen du redest.“
Virginia wollte ihrer Wut Luft machen, als sie von Kevin unterbrochen wurde. „Nick es reicht. Halt deine Klappe und hol den Rest.“ Wortlos ging Nick gefolgt von Alex nach draußen. Kevin sah Virginia und Joanne entschuldigend an. „Sorry, aber ist manchmal etwas..,na ja...er ist halt jung.“
Virginia sah zu ihm hoch, Kevin überragte sie um einiges. „Ach ja? Er ist jung? Dann bist du wohl auch noch grün hinter Ohren, du hast genauso eine blöde Frage gestellt.“ Mit saurem Gesicht rauschte sie an ihm vorbei und machte sich auf zum Pferdestall.
Joanne zog zischen die Luft ein. „Macht euch darauf gefasst, dass sie bis morgen nicht mit euch redet. Das kann sie gut, sie ist es nicht gewohnt, wenn einer Wiederworte hat. Ich bin übrigens Joanne.“ Sie reichte ihm ihre mehlige Hand, die er ohne mit der Wimper zu zucken ergriff.
Nick, Alexander und Howard kamen wieder ins Haus, mit ihrem Gepäck in den Händen. Erwartungsvoll sahen sie Joanne an. Die wischte sich nachlässig die Hände an ihrem Jeans ab. „Okay, dann wollen wir mal. Ich brauche eure Namen, Adresse und Kreditkartennummer.“
Virginia stand in der Box ihres Hengstes Moonlight und streichelte den Hals des Tieres um sich abzuregen. „Moon, wir haben vielleicht Idioten als Gäste gekriegt, so was arrogantes hast du noch nie gesehen. Und wie die angezogen sind, die Klamotten kann man doch gleich vernichten, nachdem man gearbeitet hat. Ich bezweifle, dass die überhaupt mal einen Finger mit krümmen.“ Moonlight schnaubte in ihre Haare. Sie kicherte. „Genau, wir schnauben drauf.“
Kevin betrat den Stall, mit der Order von Joanne Virginia zum Abendessen zu holen. Tief sog er den Geruch der Pferde ein. Das erinnerte ihn an seine Kindheit. Er hätte sich Ohrfeigen können, dass er zu Virginia vorhin so bescheuert gewesen war.
Kevin hatte das dumme Gefühl, dass sie immer noch beleidigt war, obwohl er mit Alex, Nick und Howard geredet hatte und die ihm versprochen hatten, die Starallüren sein zu lassen.
Alex und Howard konnte er da vertrauen, aber Nick? Das stand auf einem anderen Blatt.
Sie stand in einer Box, neben sich ein schwarzes Ungetüm. Ihre roten Haare leuchteten im Licht der Stalllampe und Kevin durchzog ein Kribbeln, das sich langsam in seiner Magengrube ausbreitete.
Leise räusperte er sich und sie fuhr herum. „Hi..“
„Ach sag bloß du traust dich deine teuren Schuhe mit Stallmist zu beschmutzen.“
Er sah kurz auf den Boden und dann zu ihr. „Die waren gar nicht so teuer und stell dir mal vor, ich hatte schon öfter Stallmist auf meinen Schuhen. Ich soll dich holen, das Abendessen ist fertig.“
Virginia sah ihn an, wie er da so vor ihr stand. Die halblangen schwarzen Haare, die ihm in die Augen fielen und sich aus dem Zopf gelöst hatte und diese leuchtenden Augen, die sie an die Wiesen in Montana im Hochsommer erinnerten.
Sie drehte sich wieder zu Moonlight. „Was hat sie gekocht?“ Aus einem ihr unbegreiflich Grund, stimmte sein Anblick sie etwas versöhnlich.
Kevin musste lächeln, sie konnte also auch nett sein. „Käsemaccaroni. Und wenn wir nicht schneller sind, dann ist alles weg. Nick und Alex essen ziemlich viel.“
Virginia nickte nur, was hätte sie auch darauf sagen sollen? Sie kam aus der Box und schloss die Boxentür, dann ging sie den Stallflur nach hinten entlang. Kevin war verdutzt. Der Ausgang befand sich an der anderen Seite.
„Hey, wo willst du denn hin?“
Im gehen drehte sie sich um. „Nach Florence gucken. Komm doch mit, wenn du dir keine Sorgen um deine Schuhe machst!“
Er ging ihr hinterher, sie verstand es wirklich zu sticheln. Die Pferde beäugten ihn kritisch, der fremde Geruch machte sie nervös.
An der letzten großen Box blieb sie stehen. „Das ist Florence, und demnächst ist es soweit. Dann fohlt sie. Wenn du weißt was das ist.“
Kevin nickte, ja sie stichelte wirklich nur zu gerne. „ Wann kommt der Nachwuchs? Demnächst kann ja alles sein!“
Virginia biss sich auf die Lippen, konnte er nicht wieder zickig sein? Dann hätte sie einen grund gehabt ihn nicht zu mögen, aber wenn er so weiter machte...
„Eigentlich in 2 Tagen. Aber sie hat ein Risiko. Das ist ihr zweites Fohlen, das erste ist gestorben.“ Automatisch musste sie an den kleinen Pferdekörper denken, der nur kurz geatmet hatte.
Als beide kamen, saßen die anderen schon am Tisch. Joanne wuselte in der Küche herum, gerad eholte sie die Nudeln aus dem Ofen, als Virginia eintrat.
„Und wie geht es ihr? Ist Kevin mitgekommen oder hast du ihn gefressen.“ Schwungvoll stellte sie die Auflaufform auf ein Holzbrett.
„Er ist bei den anderen. Er wusste was fohlen ist!“
Joanne musste lachen, als sie Virginias Gesichtsausdruck sah. „Tja, nicht nur du kennst dich mit Pferden aus. Nick hat erzählt, er wäre auf einer Farm großgeworden.“
Virginias Gesichtsausdruck wurde noch komischer. „Wie der spricht mit dir? Warum bist du so rosa im Gesicht? OH nein, JO, mach das bloß nicht!“
Beide hörten Schritte dann erklang Howards Stimme: „Sie soll was nicht machen?“ Virginia drehte sich zu ihm um. „Nick Rattengift ins Essen tun, da wären die Nudeln zu schade für!“
Kapitel 3
Also Joanne am nächsten morgen um 7 aufwachte, war noch mehr Schnee gefallen. Nach dem sie aus dem Fenster gesehen hatte, erkannte sie eine Spur Fußspuren, die zum Pferdestall hinführten aber nicht wieder zurück.
Sie musste lächeln, Virginias erster Gedanke galt ihren Pferden, jeden Morgen, jeden Monat und jedes Jahr.
Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie die Treppe herunter in die Küche.
Dort nahm sie sich den Melkeimer. Als sie in den Flur trat prallte sie mit Alex zusammen.
„Guten Morgen! Habt ihr gut geschlafen?“
Alex nickte, dann fiel sein Blick auf den Eimer. „Wo willst du denn drauflos?“
„Na melken, oder wollt ihr keine Milch?“ Sie ließ ihn mit einem verdutzten Gesicht stehen. Diese Städter, dass die doch immer glauben mussten, die Milch käme aus dem Supermarkt.
Als Kevin aufwachte, merkte er, dass er seit langer Zeit mal wieder richtig ausgeschlafen war.
Er sah auf die Uhr, es war gerade mal acht.
Das Haus war still. Langsam stand er auf und sah aus dem Fenster. Die Schneedecke war über Nacht noch dicker geworden.
Sein Blick ging zum Pferdestall, man konnte nur eine Sour erkennen. Kevin konnte sich denken, wer im Pferdestall war.
Nachdem er geduscht und sich etwas angezogen hatte, sah er nach ob die anderen schon wach waren.
Howard schlief noch, genau wie Nick. Nur Alex saß unten im Wohnzimmer und las in einem Buch.
„Morgen, na gut geschlafen?“
Alex sah auf und nickte dann. „Kannst du dir vorstellen, dass es hier keine Milch in Flaschen gibt? Joanne muss selbst melken! Nick ist immer noch sauer!“
Kevin setzte sich zu Alex auf das Sofa. „Warum, weil wir hier festhängen? Sei doch ehrlich, hier tauchen so schnell keine Fans auf, und die beiden Mädels scheinen uns auch nicht zu kennen.“
„Der ist sauer, weil Virginia seine Art nicht hat durchgehen lassen. Wenn ich ganz ehrlich bin, finde ich es hier gar nicht soo schlecht. Ich gehe nachher mal raus, mich umsehen.“
Ein Poltern auf der Treppe unterbrach beide. Nick sah verschlafen aus, seine Haare standen ihm zu Berge.
„Warum willst du dich hier umsehen? Wollen wir etwa HIER bleiben? Nee, Jungs ohne mich. Hier gibt es keinen Club, nur Tiere, Bäume und die nächste Stadt ist 1000 Meilen weg.“
Alex grinste. „20 Meilen.“
„Häh, wie 20.“ „
Nick es sind nur 20 Meilen. Aber der Tierarzt ist nur 6 Meilen weg, wenn also jemand von uns krank wird..“
Die Haustür öffnete sich und Joanne kam mit der frischen Milch herein. Sie hatte zerzauste Haare und ganz rote Wangen.
Erstaunt war sie, als sie die Jungs im Wohnzimmer sitzen sah. „Oh, ihr seid schon wach? Ich mach gleich frühstück!“
Kevin stand auf und nahm ihr die Milch ab. „Komm ich helf dir.“ Beide verschwanden in der Küche.
Nick nahm dies halbwegs geschockt war. „Was macht Kevin in der Küche? Haallooo wir sind hier Gast!“
Alex schüttelte den Kopf. „Nick, das ist laut Joanne kein einfaches Hotel. Andere Gäste helfen hier mit, machen draußen das Holz usw. Ich denke, dass sollten wir auch. Die beiden wissen nicht wer wir sind!“
Nick wurde sauer. „Na das wird ja immer besser! Wissen nicht wer wir sind. Ich geh wieder schlafen!“
Virginia ritt mit Moonlight durch den zur Farm gehörenden Wald, alles war still. Die Schneedecke war fest genug, so dass ihr Pferd nicht rutschen konnte. Sie durfte gar nicht an das Frühstück denken. Und an Nick diesen arroganten Vollidioten. Wie konnten die anderen nur mit ihm auskommen, das passte irgendwie gar nicht. Nach einem Blick auf die Uhr, beschloss sie umzukehren. Als sie im Stall ankam, hörte sie eine leise Stimme. „Na Hübsche, bald hast du es geschafft, wirst schon sehen, das geht diesmal gut! Glaub mir, diesmal kannst du dein Baby behalten!“ Virginia erschauderte, als sie die Stimme erkannte. Kevin redete mit einem Pferd. Anscheinend war sein Verhalten von gestern, doch echt gewesen. Sie sattelte Moonlight ab und legte ihm die Trockendecke m. Dann ging sie leise zu Kevin. „Du bist schon wach!“ Er erschrak, drehte sich dann zu ihr um. „Morgen! Ich habe gedacht ich schaue mal nach ihr!“ Virginia nickte und öffnete dann die Box. Vorsichtig tastete sie den Bauch der Stute ab. Kevin beobachtete sie, ihre Handgriffe waren so sicher. Nach kurzer Zeit stand sie auf und kam wieder zu ihm. „Ich werde nachher zu Dr. Edwards reiten, und die Medikamente anholen und was man sonst so braucht! Ich glaube, es passiert diese Woche!“ Beide gingen nach draußen. „Wenn du willst dann helfe ich dir..“ sie lachte auf. „DU willst ein Fohlen entbinden? Sicher...“ Virginia beschleunigte ihre Schritte, jetzt hörte sich doch alles auf. Kevin folgte ihr. „Ich meinte nicht das entbinden, obwohl ich es schon gemacht habe, ich meinte ich reite mit dir mit nachher!“ Sie verkniff sich ein Kommentar. Gut er war auf einer Farm großgeworden vielleicht konnte er reiten aber auf einem Mustang sitzen zu bleiben, das war etwas anderes.
Joanne saß mit Howard und Alex am Tisch. Virginia war noch nicht zurück, Kevin war im Stall verschwunden, nachdem er stolz Pancakes gemacht hatte und Nick weigerte sich aufzustehen. Als Virginia und Kevin eintraten sahen die drei auf. Kevin stutze. „Alex, wo ist Nick?“ Howard zeigte die Treppen hoch, was Kevin dazu veranlasste nach oben zu gehen. Virginia setzte sich neben Alex, das konnte ja heiter werden. Eine viertel Stunde später, nach dem man von oben lautes Gebrüll vernommen hatte, kamen Kevin und Nick nach unten. Nick war komisch still und an Kevins gerötetem Gesicht, erkannten die anderen, das es reichlich gekracht hatte. Alex schob sich ein Stück Pancake in den Mund. Er kaute und grinste dann. „Hey, warum schmecken die hier besser..“ Lächelnd sah Virginia ihn an, langsam wurde die drei Ihr bis auf Nick sympathisch. „Ganz einfach, frisch gelegte Eier, frisch gemolkene Milch...alles frisch halt und nicht wie in LA aus der Flasche.“ Erstaunt sah Howard sie an. „Woher weißt du wie es in LA ist..“ Joanne kicherte, als sie sein verdutztes Gesicht sah. „Wir sind keine Hinterwäldler, wie ihr vielleicht gedacht habt. Virginia hat in LA studiert und ich in San Francisco. Aber wir sind hier geboren und als unsere Eltern..“ Virginia stellte mit einem Knall ihre Tasse auf den Tisch, dann sah sie Joanne sauer an. „Jo, ich glaube das geht keinen was an geschweige denn das sie es interessiert.“ Hastig stand sie auf und räumte den Tisch auf. Dann ging sie hoch um sich umzuziehen, vorher wandte sie sich an Kevin. „Wenn du wirklich mit willst dann zieh dir was dickes an, wird kalt und wir sind erst abends wieder da.“
Joanne saß immer noch am Tisch, sie verstand Virginia nicht, wie konnte sie nur so reagieren. Es war 2 Jahre her und die vier konnten nichts dafür. Kopfschüttelnd stand sie auf und ging in die Küche um abzuwaschen, zu ihrem Erstaunen folgte ihr Howard und nahm wie selbstverständlich das Abtrocknen in Angriff.
Alex blieb bei Nick und sah ihn forschend an. „Du solltest dich nicht immer wie ein Arsch aufführen, sondern netter sein. Wenn wir nicht hier wären, dann wären wir jetzt erfroren auf der Landstraße, oder glaubst wenn du wieder in LA bist, dann kommt Penny zu dir zurück? Sie wird nicht kommen Nick, sie hat dich von hinten bis vorne verarscht. Meinetwegen fang an zu heulen und leb deinen Liebeskummer aus aber terrorisier hier nicht die Leute okay?“ Nick schluckte hart bei Alex Worten. Wortlos stand er auf und ging nach oben, vielleicht machte die klare Luft seinen Kopf wieder frei.
Virginia sah Kevin dabei zu, wie er sich geschmeidig in den Sattel des Mustangs schwang. Er sah gut aus, die enge dicke Lederhose die sich an seinen Körper schmiegte. Irgendwie fehlten ihr die Worte, er sah aus wie ein Cowboy aus einem alten Wild West Film. Der Hut den er sich aufgesetzt hatte vervollständigte das Bild. Sie sog die Luft ein, irgendwas musste sie doch sagen. „Ähm...du kannst ja schon mal nach vorne reiten und ich komme dann nach. Ich mache Moonlight noch fertig. Pass auf Ocean auf, er ist Fremde nicht so gewöhnt.“ Kevin nickte und lächelte sie dann an. Sie hatte nichts freches gesagt, vielleicht war das ein Anfang.
Virginia holte Moonlight aus der Box und sattelte ihn. Sanft kraulte sie seine Nase. „Hättest du dir das vorgestellt, Kevin auf einem Pferd und dann noch auf Ocean. Sag mir wie ich es hinkriege mich nicht in ihn zu verlieben.“ Der letzte Satz hatte so verzweifelt geklungen wie sie sich fühlte, sie war dabei ihre wichtigste Regel zu brechen: Verliebe dich nie in einen Gast.
Eine weile reiteten sie schweigend durch den voll geschneiten Wald. Es gab zum nächsten Dorf nur diesen einen Weg, und zum glück war er nicht vereist. Virginia hatte ein längliches Pakte hinter ihrem Sattel geschnallt und Kevin wunderte dieser Anblick. Er überlegte, ob er sie fragen sollte oder ob dann eine spitze Bemerkung kam. Virginia drehte den Kopf zu ihm und lächelte. „Du bist so ruhig, ist alles klar oder brauchst du eine Pause?“ Kevin schüttelte den Kopf. „Nein, ich war nur am überlegen..“ „Ja was hast du überlegt.“ „Naja, was du hinter deinem Sattel hast...“ Virginia lächelte ihn sanft an. „Was glaubst du wie sich zwei Frauen hier in der Wildnis verteidigen sollen, wenn die nächsten Nachbarn 10 Meilen entfernt sind.“ Kevin sah jetzt sehr verdattert aus. „Moooment, du schleppst ein Gewehr mit dir herum?“ „Ja, keine Angst, ich kann damit umgehen, und wir haben es noch nie gebraucht. Aber was meinst du was passiert wenn uns jetzt hier ein Rudel Wölfe über den Weg läuft...dann bist du froh, dass wir es haben.“ Kevin musste schlucken, sie redete über die Waffe unter ihrem Sattel so, als hätte sie über das Wetter gesprochen, diese Frau überraschte ihn immer wieder und irgendwie mochte er das. Langsam wurde er etwas mutiger. „Und Joanne, kann die auch?“ Virginia nickte. „Ja. Aber du siehst aus, als wäre dir unwohl bei dem Gedanken. Hier ist es nicht gefährlicher als in LA, glaub mir. Nur einsamer und das macht vielen Menschen Angst. Sie sind das unbekannte nicht gewöhnt, und gerade das unbekannte ist manchmal das faszinierenste an unserem Leben.“
kapitel 5
Joanne führte Nick, Alex und Howard über das Grundstück. Die drei hatten mit verwunderten Gesichtern zur Kenntnis genommen, dass sogar das Gemüse im Sommer selbst angebaut wurde. Nick war langsam nicht mehr ganz so sauer, was aber auch daran liegen konnte, dass Virginia nicht da war. Alex sah auf seine Uhr. „Ähm, Virginia und Kevin sind jetzt 3 Stunden weg, ist das normal?“ Joanne öffnete die Tür zum Kuhstall und trat herein. „Ja, sie müssen 10 Meilen hin und wieder zurück. Es hat geschneit und der Weg durch den Wald ist schwergängig. Mit dem Auto wären sie schon längst steckengeblieben.“ Nick sah überrascht aus. „Ihr habt hier ein Auto??“ Aus dem Stall schlug ihnen ein strenger Geruch entgegen. „Ja, klar, was denkst du denn? Nur dass es euch nichts nützen würde, wir kommen bis zum nächsten Flughafen nicht durch. Bis nach Boise sind es 300 Meilen. Vielleicht könnte euch Scott das nächste Mal mitnehmen, aber der fährt erst in 5 Wochen wieder los.“ In den Boxen standen 5 Kühe und ein Stier, die sehr verwundert ausschauten, das um diese Uhrzeit Menschen im Stall waren. Joanne holte sich eine Mistgabel und ging in die erste Box. „Wenn ihr raus wollt, dann macht bitte die Tür wieder zu...“ Beherzt ging Alex in einen kleine Verschlag und holte sich auch eine Mitgabel. Howard und Nick nahmen das verwundert zur Kenntnis, Joanne lachte einfach nur. „Sag bloß DU willst Mist wegmachen!“ Mittlerweile hatte Alex schon die erste Gabel auf die Schubkarre befördert. „Meinst du ich kann das nicht. Die Arbeit ist für euch Mädchen viel zu schwer, und wenn wir helfen geht es schneller. Macht ihr das sonst immer alleine?“ Ein Schatten huschte über Joannes Gesicht, kaum bemerkbar, wenn man ihr nicht genau in die Augen sah, doch genau das hatte Nick getan. Ihr in die Augen gesehen und fast wäre er in diesem grün ertrunken. Joanne fing sich schnell wieder. Sie sah Alex an, der seelenruhig weiterarbeitet. Er erinnerte sie an Jamie, bis vor zwei Jahren hatten sie die Arbeit nicht alleine machen müssen. „wir schaffen das schon. Meistens kommt Scotts Enkelsohn und hilft uns, aber über den Winter ist es unsere alleinige Arbeit.“
5.kapitel
Virginia und Kevin hatten es geschafft ein normales Gespräch in Gang zu bekommen. Kevin erzählte ihr von seiner Kindheit, sie hörte einfach nur zu. Hin und wieder stellte sie ein paar Fragen. Ihr fiel auf, wie faszinierend sie sein Gesicht fand. Die gerade Nase mit den ausgeprägten Wangenknochen und wie seine Augen glitzerten, wenn er lachte. Den Klang seiner Stimme, der sie in eine andere Welt führte. „Warum warst du vorhin so sauer, als Joanne LA angesprochen hat.“ Virginia seufzte, warum musste er diesen Augenblick zerstören. „Weil...ähm...die Zeit in LA war nicht gerade toll.“ Seine grünen Augen musterten sie intensiv, tausend kleine Schauer rieselten durch ihren Körper. „willst du drüber reden? Manchmal redet es sich leichter mit jemandem, den man noch nicht so lange kennt.“ Diese Worte aus seinem Mund. „Ich hatte einen Bruder, Jamie. Er hat den Hof geführt solange ich und Joanne in LA waren. Vor zwei Jahren ist er gestorben und wir waren nicht da. Wir konnten ihm nicht helfen und dabei hätte ich ihm helfen können.“ Eine Träne rollte über ihre Wange. Schnell sprach sie weiter. „Er ist jagen gegangen, und einen Fels runtergestürzt. Wir haben ihn nie gefunden, ich habe einen leeren Sarg bestattet Kevin. Wenn er nicht alleinlosgegangen wäre, dann hätte ich ihm helfen können, er wäre nie darunter geklettert. Und nur weil ich zu stur war, mich von meinen Scheißleerbücher loszureißen. Ich habe in meinem Zimmer gesessen und die Doktorarbeit durchs Internet nach LA geschickt. Mir war meine Scheißdoktorarbeit wichtiger als mein Bruder!“ Die Tränen flossen nun unaufhörlich, sie konnte sie nicht mehr stoppen. Kevin ritt an sie heran und schloss sie in seine Arme, beruhigend spürte sie seine Wärme. „Pscht, ruhig. Er hätte sicher nicht gewollt, dass du dir die schuld gibst. Glaube mir, er ist stolz auf dich. So etwas ist Schicksal. Mir ging es bei meinem Vater nicht anders. Er ist gestorben in dem Moment in dem ich aus meinem Wagen stieg. Ich habe es nicht mehr rechtzeitig geschafft. Jahrelang habe ich mir Vorwürfe gemacht, bis ich begriffen habe, dass ich seinen Tod nicht hätte verhindern können.“ Einige Zeit blieb sie noch in seine Arme gekuschelt ehe sie sich löste. Virginia wischte sich mit den Händen die Wangen trocken, ihr Nase wahr gerötet. „Wir müssen weiter, es sind nur noch drei Meilen.“ Den restlichen Weg legten sie schweigend zurück.
Nachdem dem Ausmisten stand Joanne in ihrem Zimmer. Sie hatte geduscht und ihre noch feuchten Haare tropften auf das Foto was sie in ihren Händen hielt. Jamie lächelte ihr entgegen, seine roten Haare leuchteten von der Sonne. Virginia lag in seinem Arm. Die drei waren unzertrennlich gewesen, auch in LA hatten sie immer telefoniert. Bis zu diesem schrecklichen Unfall, der aus Virginia einen anderen Menschen gemacht hatte. Ihre sonst zu fröhlichen Augen, hatten einen traurigen Zug angenommen und seit dem hatte sie selten den Kontakt zu Menschen gesucht, aus Angst das Schicksal könne sie ihr schnell wieder nehmen. Hastig wischte Joanne das Foto ab. Sie hatte Jamie geliebt, er war ihr Mittelpunkt gewesen. Normalerweise, wenn er ihr nicht genommen worden wäre, dann liefen jetzt hier ihre Kinder im Haus herum und Virginia wäre wieder so glücklich wie einst. Sie dachte an Nick und ihr Magen fing an zu rumoren, schnell legte sie das Bild in eine Schublade. Sie mochte Nick , sehr sogar, aber musste er immer so arrogant sein. Für sie war das ein Zeichen von Unsicherheit.
kapitel 6
Virginia und Kevin kamen vor dem Haus des Tierarztes an. Dr. Edwards war ein Mann der Kevin an eine alte eiche erinnerte, sein wettergegerbtes Gesicht wirkte freundlich aber müde. Virginia stieg ab, Kevin tat es ihr gleich. Dr. Edwards kam auf die beiden zu. „Na Virginia? Ist alles in Ordnung bei euch da unten? Ich habe deine Sachen schon zusammengestellt. Aber erst kommt ihr rein, ist aber auch eine Kälte.“ Hier oben war es wirklich noch ein paar Grad Kälte als unten auf der Farm. Kevin konnte sich nicht angewöhnen Hotel zu sagen, Hotel klang für ihn so anonym und wenn das Haus von Joanne und Virginia eines nicht war, dann war es anonym. Im Haus von Dr. Edwards war warm, im Kamin prasselte ein Feuer. Harriet, die Jagdhündin lag mit ihren Welpen auf eine Decke. Als sie Virginia sah, wedelte sie mit dem Schwanz und kam auf sie zu. Virginia ging auf die Knie und fing an mit Harriet zu schmusen, Kevin lächelte. Sobald sie Tiere um sich herum hatte, fühlte sie sich wohl. Dr. Edwards nahm einen der Welpen auf den Arm, und ohne zu fragen legte er ihn in Kevins Arme. Der kleine Hund kuschelte sich in Kevins Pullover. Virginia sah Kevin an, es schien als wäre er auf einem anderen Planeten. „Und du sagst es könnte in zwei Tagen losgehen? Meinst du, du schaffst das?“ Virginia setzte sich auf die Bank am Kamin. „Sicher. Du weißt doch ich habe schon ganz anderes geschafft. Und außerdem bin ich aus dem grund Tierärztin geworden, damit ich unsere Tiere selbst versorgen kann.“ Edwards nickte und trank einen Schluck von seinem Tee. „Tja, ab nächsten Sommer hast du dann ja nicht nur deine eigenen Tiere, du weißt, wenn ich in Rente bin.“ Virginia rutschte etwas zur Seite. Kevin setzte sich neben sie, den Welpen immer noch im Arm. Edwards grinste. „Joanne hat also zugestimmt, dass ihr mir zwei abnehmt? Das wundert mich doch sehr.“ Der kleine Hund fing an, an Kevin Daumen zu kauen. „Ach das ist okay. Sie weiß ja selbst das es für uns sicherer ist. Obwohl wenn ich den kleinen so sehe, dann bezweifle ich, ob er Einbrecher nicht gleich abkaut.“
Nick lag in seinem Zimmer und dachte an Joanne. Dieser Schatten der im Stall über ihr Gesicht gehuscht war, so als würde eine traurige Erinnerung wieder aufleben. Er hatte sich von Anfang an gewundert, das sie und Virginia hier alleine lebten. Mitten in der Wildnis, und dann auch noch dieser Schnee. Mittlerweile fand er es hier ganz nett, fast wie Abenteuerurlaub. Aber er würde einen Teufel tun und das zu geben. Vor allem nicht vor Kevin.
Alex stand mit Howard vor dem Haus. Langsam wurde es dunkel, Kevin und Virginia waren immer noch nicht zurück, sie machten sich Sorgen. Seit Kevin Wälder gewohnt war, waren viele Jahre vergangen und Virginia war zwar taff, aber wenn etwas passiert sein sollte, dann hätte sie mit ihrer Körpergröße von nur 1,60 geringe Chancen. Sie hörten Schritte und drehten sich um. Joanne sah die Sorge in ihren Augen, sie stellte sich zwischen sie und legte sachte ihre Arme um die Schultern der beiden. „Die kommen sicher bald, Virginia kennt sich hier aus. Macht euch keine Sorgen, selbst wenn sie eingeschneit werden, ist auf dem Weg hierher eine Hütte die ihrem Vater gehört hat. Eine Nacht kann man da gut verbringen und wie ich Dr. Edwards kenne hat er ihnen auch Lebensmittel mitgegeben.“ Alex seufzte tief, er hatte sich noch nie solche Sorgen gemacht. „Jo, Kevin ist ein Stadtmensch und Virginia...na ja, ähm sie ist ein Mädchen und nicht so groß wie du!“ Joanne musste lachen, Alex konnte wirklich knuddelig sein. „Alex, es gibt hier zwar Wölfe und Bären, aber trauen sich nicht an Menschen heran. Und wenn doch, Virginia ist eine der besten Schützinnen die ich kenne!“ Das war wohl falsch gewesen, denn Howard war jetzt richtig geschockt. „Sie hat eine Waffe mit? Virginia? Na dann prost Mahlzeit!“
kapitel 7
Virginia und Kevin konnten durch den starken Schneefall kaum noch die Hand vor Augen sehen. Selbst Virginia wurde es zu kritisch, Kevin sah, dass sie besorgt war. Es war erst 18 Uhr aber schon stockfinster. „Virginia, glaubst du wir schaffen das? Ich glaube da kommt ein Schneesturm!“ Sie sah ihn an, seine grünen Augen waren dunkler vor Sorge geworden, sie merkte, dass er Angst hatte. Von dieser Angst konnte sie sich nicht freisprechen, wenn einem der Pferde jetzt was passieren würde, dann hätten sie ziemliche Probleme. „Zwei Meilen von hier ist eine Hütte, die hat meinem Vater gehört. Wir reiten hin und bleiben die Nacht da. Morgen früh reiten wir weiter.“ Kevin nickte, er musste an die anderen denken, anscheinend konnte Virginia seine Gedanken lesen. „Jo weiß, dass wir dahin reiten werden. Das ist nicht das erste Mal. Kev, vertrau mir, ich bin hier aufgewachsen und die Pferde haben auch ein Stall...“ Kevin musste lächeln, sie hatte Kev gesagt. Sonst sagte sie nur Kevin und jetzt hatte sie ihn Kev genannt.
Nach einer weiteren Stunde kamen sie an der Hütte an, sie war größer, als Kevin sie sich vorgestellt hatte. Fast eine wie die Blockhütten, im alten Camp seines Vaters in Kentucky. Sie versorgten die Pferde, dann betraten sie die Hütte. Sie hatte einen Ofen, in dem schon Holz aufgestapelt war. Auf dem Fensterbrett stand eine Öllampe, daneben ein Campingkocher. Ansonsten gab es nur ein Bett, in dem wenn man eng aneinander rückte zwei Personen liegen konnten. Kevin holte ein Feuerzeug aus seiner Jackentasche und machte den Kamin an, während Virginia anfing Tee zu kochen. Sie setzten sich auf die Sitzbank und schwiegen. Virginia spürte eine bleierne Müdigkeit, die eindeutig von der Anstrengung kam. Irgendwann hielt Kevin dieses Schweigen nicht mehr aus, er sah sie an, wie sie ihren Kopf gegen die Steine vom Kamin gelehnt hatte, ihre Augen waren geschlossen. Er betrachtete sie und dieses Kribbeln machte sich wieder in seinem Bauch reit. Sie hatte Sommersprossen auf der Nase und wie automatisch versuchte er sie zu zählen.
Um 23 Uhr hörten Alex und Howard mit dem Warten auf und gingen ins Bett. Alex sah Joanne an, sie erriet seine Gedanken. „geh schlafen, wenn sie noch kommen, dann sage ich es dir. Aber sie werden in der Hütte sein.“ Er wollte ihr antworten, doch sie unterbrach ihn. „Alex, ich verspreche dir, wenn sie bis morgen um 13 Uhr nicht da sind, dann reiten wir los und suchen sie. Oder holen die Deputys oder Scott. Aber jetzt leg dich hin!“ Endlich gehorchte er und schleppte sich mit Howard müde die Treppe hoch. Nick sah Joanne an, wie sie mit eingezogenen Beinen in ihrem schweren Ledersessel saß. Er stand auf ging in die Küche und machte Tee. Joanne sah ihn verwundert an, als er wieder ins Wohnzimmer kam und die beiden dampfenden Tassen auf den kleinen Tisch stellte. Nick grinste. „Ja stell dir vor, ich bin gar nicht so ein Arsch, auch wenn ich so rüber komme.“ Joanne grinste zurück. „Ich habe nie behauptet, dass du ein Arsch bist. Aber du legst manchmal eine Arroganz an den Tag, die ist einfach grausam.“ Belustigt sah sie, wie Nick sie mit offenem Mund anstarrte, er war Direktheit anscheinend nicht gewohnt. „Ähm, arrogant? Wie meinst du das?“ Irritiert setzte er sich hin. „Ganz einfach Nick, du gehörst zu den Menschen, die Angst haben, sobald jemand ihnen Kontra gibt, so wie Virginia es getan hat. Du bist Unsicher, gib es ruhig zu. Und du weißt gerade nicht was du willst, ob du euren unfreiwilligen Urlaub hier genießen sollst oder jemandem nachtrauern, der dich nicht verdient hat.“ Sie stand auf und setzte sich zu ihm aufs Sofa, er atmete instinktiv ihr Parfum ein, eine Mischung aus Kräutern und einer süße, die ihm bekannt vor kam. Sie sah ihm in die Augen, sie erinnerten sie an eine dieser tiefblauen Bergseen. „ Woher weißt du das? Ich meine...“ Joanne kicherte, glockenhell klang es von den Wänden wieder. „Nick bitte, wir sind nicht doof, wir haben Internet. Graveyard eine der größten Nachwuchsbands der USA, nur das diese Band nicht glücklich ist, und das gehört nicht zu eurem Image!“ „Joanne, wenn ihr wisst wer wir sind, warum habt ihr so getan als würdet ihr uns nicht kennen?“ Joanne nahm einen Schluck von ihrem Tee. „Ganz einfach, ihr seid auch nur Menschen. Na ja, und ich gebe zu ich habe Psychologie studiert...“ Nick war jetzt wirklich verdutzt, die beiden Frauen überraschten ihn. „Aber warum seid ihr wieder hierher gekommen und habt nicht in Boise eine Praxis aufgemacht...“ Ein Schatten huschte wieder über ihre Augen, genau wie es im Stall gewesen war.
Virginia schlug die Augen auf und blickte direkt in Kevins grüne. Schnell sah er weg, konnte aber nicht verhindern, dass sich seine Wangen zart rosa färbten. „Bin ich eingeschlafen? Oh man wie peinlich...“ Er lachte leise. „Du bist nicht eingeschlafen...na ja etwas. Ich glaube wir sollten uns hinlegen, sonst fällst du morgen früh vom Pferd.“ Er ging zum Bett und schlug die schwere Decke zurück. Virginia sah ihn an und ihr Herz begann zu rasen, sie würden zusammen in dem Bett schlafen müssen, denn sonst gab es keinen Platz. Zögernd sah er sie an. „Also...ich kann mich auch auf den Boden legen, oder so..“ Sie schüttelte den Kopf. „Nachts wird es kalt und dann kriegst du eine Grippe, ich denke wir haben da beide Platz.“ Sie zog sich Jacke und Hose aus, dann noch den Pullover, so stand sie nur noch in einem T-Shirt vor ihm. Kevin schluckte, oh man, selbst in dem weiten T-Shirt, das alles nur erahnen ließ, war sie sexy. Er schlüpfte aus Jacke, Hose und Pullover und legte sich ins Bett dann klopfte er neben sich.
kapitel 8
Nick sah Joanne an, ihre Nase zuckte manchmal wenn sie lachte. Im großen und ganzen wurde ihm bewusst, dass er immer mehr für sie empfand. Viel mehr als er je wieder zu empfinden geglaubt hatte. Joanne sah ihm in die Augen, plötzlich näherten sich langsam ihre Gesichter...KNALL! Erschrocken fuhren beide herum, Alex stand auf dem Flur, die Wasserflasche, die er in der Hand hatte, war zu tausend Teilen zerbrochen. Schuldbewusst sah er die zwei an. „Sorry, ich mach es weg, lasst euch nicht stören.“ Kurze Zeit später suchte er im Abstellraum nach Besen und Kehrblech. Joanne sah Nick an und wurde dann rot. Sie stand auf und brachte ihre Tasse in die Küche. „Ähm...ich...ich geh in s Bett. Bis morgen.“ Sie lächelte ihn an und ging die Treppe hoch. Oben hörte er sie leise mit Alex reden. Nick seufzte, der Kerl hatte es aber auch drauf. Langsam stand er auf und löschte die Lichter.
Kevin und Virginia versuchten so gut es ging im Bett Platz zu finden, doch irgendwie waren immer die Ellenbogen im Weg. Irgendwann drehte sich Virginia auf die Seite, nun sah sie ihm direkt in die Augen. Sie hatte Herzrasen, eine Mischung aus Nervosität und Angst. Kevin lächelte sacht. „Also, wenn ich dich in den Arm nehmen könnte, dann wäre ein Ellenbogen schon mal nicht mehr im Weg und wir hätten es beide bequemer.“ Mit diesem Worten schob er langsam seinen Arm unter ihren Kopf und sie legte zögernd ihr Gesicht an seine Brust. Kevin legte seinen anderen Arm um sie und hielt sie fest. Leise sog sie seinen Geruch auf, eine Mischung aus CK One und ihm selbst. Sie merkte wie ihr die Augen zu fielen, wenig später hörte Kevin nur noch ihre gleichmäßigen Atemzüge. Er lächelte leise in die Dunkelheit. Er war glücklich, trotz der Reifenpanne und den ganzen anderen Schwierigkeiten. Kevin hatte das Gefühl, dass er sein ganzes Leben hier verbringen könnte...zusammen mit Virginia.
Als Joanne am nächsten Morgen aufwachte überfiel sie eine komische Panik, sie hatte kein Türenknallen gehört, hoffentlich waren Kevin und Virginia wirklich in der Hütte. Was wäre, wenn beiden das gleiche passiert wäre wie Jamie. Schnell stand sie auf und stieg unter die Dusche um den Kopf frei zu bekommen.
Um 13 Uhr war von beiden immer noch nichts zu sehen und so fasste Joanne einen Beschluss. Sie sah in die Runde, Howard, Alex und Nick hatten angespannte Gesichter. „Gut, wer ist von euch schon mal geritten?“ Nick sah beschämt nach unten, nur Howard nickte, Alex sah unsicher aus. „Ähm na ja, also vor 5 Jahren saß ich mal auf einem Pferd, kann man so was verlernen?“ Joanne schüttelte lächelnd den Kopf, manchmal erinnerte er sie an einen kleinen Jungen. „Nein, das kann man nicht verlernen. Okay, ich gehe die Pferde satteln, zieht euch warm an. Nick du wirst das erste Mal auf einem Pferd sitzen.“
Virginia und Kevin ritten langsam nebeneinander her. Beide waren still, sagten kaum ein Wort. Kevin sah sie von der Seite an, sie hatte ihren Hut tief in die Stirn gezogen, so als wolle sie ihre Umwelt oder besser gesagt ihm von sich abschirmen. Er hatte sich verliebt eindeutig, eine andere Erklärung gab es dafür nicht. Sie hob den Kopf und sah auf den Weg vor sich, am Horizont weit entfernt waren 4 kleine Punkte zu erkenne. Virginia lachte, das konnte doch nicht wahr sein. „Schau mal nach vorne, das sind Joanne und die anderen. Das kann auch nur ihr einfallen.“ Sie sah ihn an und dann lächelte sie, ein Lächeln was hätte den Schnee wegschmelzen können. „Lust zu galoppieren, die Schneedeck ist fest genug.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Du liebt das Risiko oder Vi?“ Vi, so nannte sie sonst nur Joanne, aber es hörte sich so selbstverständlich an, wenn es aus seinem Mund kam. „Klar, sonst hätten wir uns doch auch nicht das Bett geteilt.“ Sie ritt los, ihre roten wehten hinter ihr her. Kevintat es ihr gleich, er vertraute ihr, schließlich kannte sie sich aus.
kapitel 9
Nick musste zugeben, dass er sich auf dem Pferd gar nicht so unwohl fühlte. Irgendwie war es angenehm, man kam überall hin musste nicht selbst laufen und es machte nicht so einen Lärm wie sein Jeep. Überhaupt konnte er sich mittlerweile ein Leben hier richtig vorstellen, was aber zu 90 % an Joanne lag.
Joanne sah auf die beiden schneller werdenden Punkte, die direkt auf sie zukamen. Alex konnte anscheinend Gedanken lesen. „Moooment, das sind aber nicht Virginia und Kevin oder? Wie können die so bescheuert sein und auf Schnee galoppieren?“ Missbilligend schüttelte er den Kopf. „Alex, die Schneedecke ist fest genug, die zwei wollen uns ärgern und das haben sie ja auch geschafft.“
Virginia und Kevin drosselten das Tempo als sie bei den anderen ankamen. Virginia grinste Joanne an. “Na, habt ihr euch Sorgen gemacht? Ähm was macht ihr drei denn auf einem Pferd?“ Joanne ritt näher an sie heran und schloss sie in ihre Arme. „Wir haben uns Sorgen gemacht und ich konnte die drei doch nicht im haus lassen, ich habe sie ja gestern nur mit Mühe und Not ins Bett bekommen.“ Virginia sah zu Nick, der auf einer der Stuten saß als hätte er sein Lebtag nichts anderes gemacht. Er erwiderte ihren Blick zwinkerte ihr dann zu. Kevin beobachtete Nick, na endlich Waffenstillstand!
3 tage später kniete Virginia in Florence Box und wusch sie. Die Stute hatte aufgeblehte Nüstern, ihr Fell war schweißnaß. Virginia hätte bei ihrem Anblick fast geweint, sie hatte Angst, dass es auch diesmal schief gehen könne. Kevin saß auf einem Heuballen am Rand und streichelte die Nase des Pferdes. „Vi, sie schafft das. Wir schaffen das schon, du wirst sehen.“ Virginia nickte, wir hörte sie beruhigend an.
Nick sah Joanne zu wie sie Brotteig knetete um ihre Anspannung in den Griff zu kriegen. Langsam ging er auf sie zu und schob sie HÄNDE ZWISCHEN IHREN Armen durch, beim kneten berührten sich ihre Finger. Joanne lehnte sich an ihn und genoss seine Wärme. Zart streichelte seine Hände ihre Hüften, dann drehte er sie sanft zu sich um, sah ihr in die Augen. Mit einem Finger fuhr er sanft die Kontur ihrer Unterlippe nach, dann zog er ihren Kopf zu sich und küsste sich zärtlich auf die Stirn. Wenig später trafen ihre Lippen aufeinander, zärtlich erforschten sich ihre Zungen. Nicks Herz raste, auf einmal wurde ihm bewusst, dass er sie nicht mehr verlassen wollte.
Howard und Alex standen in der Küchetür und sahen lächelnd zu Joanne und Nick herüber, den es total egal war, dass anscheinend im Ofen Brot verbrannte. Sie gaben ihnen noch etwas Zeit, bis Howard sich räusperte. „Ähm...ich will nicht stören, macht ruhig weiter, Alex und ich wollte nur dein Brot retten Jo.“ Mit diesen Worten schob er sich an Joanne und Nick vorbei, die ich sichtlich verdutzt ansahen. Sie waren auf einem völlig anderen Planeten.
Virginia und Kevin sahen atemlos zu, wie Florence nach und nach ein kleines Pferdekind aus sich herauspresste. Kurze Zeit später lag ein kleines Stutfohlen im Stroh, der kleine Körper dampfte von der Wärme seiner Mutter. Mit Tränen in den Augen wischte ihm Virginia die Nüstern sauber. Florence schubste sie zärtlich zu Seite und beugte sich auf ihr Kind herunter um es trocken zu lecken. Kevin sah Virginia an und zog sie instinktiv in seine Arme. Sie schluchzte, konnte es noch nicht fassen, dass das kleine Pferd diesmal nicht bewegungslos im Stroh lag. Kevin zog sie enger an sich, barg ihr Gesicht an seiner Brust. „Danke,“ hörte er sie murmeln. „Danke, dass du da warst..“ Er streichelte ihr über die Haare, hob dann sanft ihr Gesicht hoch. Zärtlich wischte er ihr die Tränen von den Wangen. „Wenn du willst dann könnte ich immer hier bleiben...“ Mit diesem Worten küsste er sie vorsichtig auf die Lippen. Ihre Küsse wurde intensiver, seine Hände flogen über ihren Körper. Kevin hob Virginia hoch und trug sie in die nächste leere Box.
the end
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2011
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