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Ich habe das Gefühl, als laste eine zentnerschwere Last auf meinen Schultern.



Warum heute? Warum ausgerechnet heute? Schon den ganzen Tag lang ist mir nach Weinen zu mute. Doch wenn die Tränen kommen wollen, kämpfe ich gegen sie an. Unerbittlich. Warum? Magenschmaerzen durchziehen meinen Bauch. In Abständen, Intervallen wohl. Die Last scheint unerträglich. Auf nichts kann ich mich mehr konzentrieren, nichts treibt mich an. Warum? Weil eine Stimme in mir immer energischer schreit...
"Du zerstörst das Leben deines Kindes! Ist es das, was du unter Fürsorge und Liebe verstehst? ...
Du bist ein Egoist sondergleichen, denn du hast jemanden, der dich auffangen kann, du gehst nicht einer ungewissen Zukunft entgegen., du hast Plan A und Plan B.
Doch was habe ich? Was ist mit mir, deinem Kind? Woher nimmst du das Recht, so an mir zu handeln? .. Und dann noch nicht einmal meine Hilferufe zu hören!... Ich hasse dich!..."

Übelkeit überkommt mich.
Diese Übelkeit kenne ich nur zu gut. Schon seit Wochen kämpfe ich mit Zigaretten gegen sie an. Ignoriere sie solange, bis es unerträglich wird.
Dann rauche ich.
Kopfschmerzen und ein eisiges Gefühl der Distanz ...
... zu allem.
Bis sie wiederkommt, die Übelkeit.


Eigentlich bin ich glücklich. Ich bin endlich frei. Ich liebe. Ich lebe.


Doch was ist mit meinem Kind?
"..das hättest du dir früher überlegen müssen! Nun gibt es kein Zurück."
"Ich habe lange überlegt und weiß dass ich richtig gehandelt habe."
"..so? wieso hast du dann noch Zweifel?..."

Der Druck auf meinen Schultern wächst an, wird unerträglich. Das Gefühl, mein Rückrad zerbricht... jetzt gleich!
Zu weinen wäre jetzt ein Eingeständnis, mich geschlagen zu geben, verloren zu haben. Wer tröstet mich?
Die Übelkeit steigt mir langsam den Brustkorb empor, drückt mir die Luft zum atmen ab, schnürt mir den Hals zu.
Was soll ich sagen?
Ich merke, daß ich gar nichts mehr sagen kann, sonst bricht es im wahrsten Sinne des Wortes aus mir heraus. Wenn ich auch nur den Kopf hebe. Mich bewege.
Ich bin wie gelähmt, nur meine Hand darf noch hastige Bewegungen machen, doch selbst diese werden langsam zur Qual im Kampf gegen die alles erstickende Übelkeit.

Und da ist sie wieder, diese innere Stimme...
" ...Warum tust du deinem Kind an, was dich selbst am meisten verletzt? Ihm eine vertraute Person zu entreißen.. Es für sein ganzes Leben mit Verlustangst zu quälen...?!"

Ich stoße sauer auf. Das Beißen im Hals läßt mich krampfhaft schlucken und doch verspricht es Erleichterung .... tief durchatmen, die Luft anhalten... darauf hoffen das die Zeit vergeht.
Die Übelkeit durchbricht selbst den angehaltenen Atem, eine Mücke sirrt um mich herum.
Ich starre auf meine Hand. Wie sie scheinbar batteriegetrieben Dinge aufschreibt, die, erst wenn ich sie lese, von meinem Gehirn registriert werden.
Die Übelkeit zieht sich zurück, um Sekunden später mit scheinbar doppelter Härte zurück zu kehren. Ich habe das Gefühl, sobald ich aufhöre zu schreiben, platze ich, geht die Welt unter, passiert irgend etwas Schlimmes...

Ich harre aus.

Und muß grinsen, weil ich mir vorstelle, wie ich mit stockernstem Gesicht auf dem Sofa sitze und wie eine Wilde vor mich hin kritzele ... Doch schon ist dieser kurze Moment der Komik vorbei.

Wenn ich jetzt sterben würde, so geht es mir durch den Kopf, würde die Welt sich einfach weiterdrehen, mein Kind würde seinen Vater nicht "verlieren" und alle wären glücklich bis an ihr Lebensende....so ein Quatsch!
Ich muß schon wieder grinsen. Unwillkürlich steigt mir ein Kichern den Hals empor und ein unartiger Kiekser schleicht sich aus meinem Mund.
Ich lehne mich zurück. Irgendwie habe ich kein Bedürfnis mehr, weiter zu machen ...
Ich lege den Stift weg ...

Impressum

Texte: Copyright für Umschlag & Text: F.-M.Belitz, 2000
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
meinem Herzenskind

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