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Leseprobe

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PANOPTIKUM

INTERESSANTER

DINGE

UND

BEGEBENHEITEN

 

 

Die freie 10% - Edition...

 

 

 

Mathias Scholz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

© 2016 Mathias Scholz

mathias.scholz@t-online.de

Panoptikum-Blog: https://goo.gl/4jCNTB

 

Für Kater Humpel

 

 

1. Themen

Nichts im Leben, außer Gesundheit und Tugend, ist schätzenswerter als Kenntnis und Wissen; auch ist nichts so leicht zu erreichen und so wohlfeil zu erhandeln: die ganze Arbeit ist Ruhigsein und die Ausgabe Zeit, die wir nicht retten, ohne sie auszugeben.

Johann Wolfgang von Goethe

 

Dieses kleine Büchlein ist ein Experiment. Es geht darin um Dinge, Themen und Begebenheiten, die zumindest der Autor – und ich hoffe letztendlich auch Sie, der Leser – in der einen und anderen Form als nicht ganz uninteressant empfinden, weil die angeschnittenen Themen vielleicht für Sie in dem behandelten Kontext neu sind oder sich dabei Zusammenhänge auftun, die nicht nur auf dem ersten Blick überraschend erscheinen mögen. Kurz gesagt, das Ziel des Büchleins ist etwas, was man in gebildeten Kreisen als „Horizonterweiterung“ bezeichnen würde. Es vermittelt auf unterhaltsame Art und Weise Wissen um der Erkenntnis wegen und unter der Prämisse, dass „jede Art von Wissen“ (im Unterschied zum „Nichtwissen“) etwas Nützliches und Erstrebenswertes ist, und selbst dann, wenn man es vielleicht nur in gepflegten Smalltalks zur „Anwendung“ bringen kann… Und glauben Sie mir – wenn Sie es nicht schon selbst festgestellt haben – unsere „Welt“ wird einen umso interessanter und erstaunlicher erscheinen, je mehr man darüber weiß. In diesem Sinne soll dieses Büchlein auch eine kleine Hommage an die Allgemeinbildung sein, deren Vernachlässigung man leider immer mehr in einer Welt, in welcher nur noch eng begrenztes Fachwissen von Wert zu sein scheint, konstatieren muss.

Vielleich animiert Sie auch das eine oder andere Thema, sich mit den behandelten Sachverhalten auch anderweitig auseinanderzusetzen – und wenn es nur ein ergänzender Blick in die Wikipedia ist (um den Zeitgeist zu frönen) oder das Thema Sie animiert, den Fernseher entgegen jeder Gewohnheit am Abend auszulassen und stattdessen wieder einmal zu einem guten Buch zu greifen. Denn die Schrift und die sie ermöglichenden Bücher und Bibliotheken sind die bei weitem wichtigsten Erfindungen, welche die Menschheit in ihrer Geschichte hervorgebracht hat, nicht etwa das Fernsehen, das Internet, das Automobil oder das Smartphone, wie manche vielleicht annehmen mögen. Denn Bücher bewahren issen über das Leben der Menschen hinaus auf, die dieses Wissen einst einmal zusammengetragen, zusammengestellt und vielleicht ogar selbst erarbeitet haben. Sie stellen das eigentliche Gedächtnis der Menschheit dar und sind damit die Grundlage für jeden wissenschaftlich-technologischen und natürlich auch kulturellen Fortschritt. Deshalb verachtet Bücher nicht! Denn ohne Bücher und Bibliotheken gäbe es mit Sicherheit heute all das nicht, was unser Leben in einer modernen Gesellschaft so bequem und lebenswert macht. Schon der große mährische Pädagoge Johann Amos Comenius (1592-1670) schrieb im Jahre 1650:

„Wenn es keine Bücher gäbe, wären wir alle völlig roh und ungebildet, denn wir besäßen keinerlei Kenntnisse über das Vergangene, keine von göttlichen oder menschlichen Dingen. Selbst wenn wir irgendein Wissen hätten, so gliche es den Sagen, die durch die fließende Unbeständigkeit mündlicher Überlieferung tausendmal verändert wurden. Welch göttliches Geschenk sind also die Bücher für den Menschengeist! Kein größeres könnte man sich für ein Leben des Gedächtnisses und des Urteils wünschen. Sie nicht lieben heißt die Weisheit nicht lieben. Die Weisheit aber nicht lieben bedeutet, ein Dummkopf zu sein. Das ist eine Beleidigung für den göttlichen Schöpfer, welcher will, dass wir sein Abbild werden.“

2. Wunderkammern

Eng mit den Bibliotheken verwandt (und in denen man bekanntlich Bücher und Schriften aller Art sammelt) ist das Panoptikum, die Wunderkammer, in der man seit dem späten Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit „Dinge“, in erster Linie „Kuriositäten“, naturkundliche Objekte sowie Kunstgegenstände, meist alles andere als systematisch gesammelt und aufbewahrt hat. Ein weltweit bekanntes Beispiel dafür ist das berühmte „Grüne Gewölbe“ in Dresden, welches Sie unbedingt besuchen sollten, wenn es Sie einmal nach Dresden verschlägt. Es ist die Schatz- und Wunderkammer der Wettiner Fürsten, die darin ihre Kunstschätze seit 1724 öffentlich zugänglich gemacht haben. Obwohl es sich hier eher um eine Kunstsammlung handelt, kann sie ihren Ursprung aus dem gerade in der Barockzeit unter den weltlichen Herrschern weit verbreiteten Wunsch nach dem Besitz „wunderlicher und kurioser Dinge“ kaum verheimlichen. Ja, August der Starke stellte selbst fähige Künstler und Handwerker seiner Zeit an, um entsprechende Exponate nach seinen Wunschvorstellungen herstellen zu lassen. Ich denke hier nur an den Hofgoldschmieds Johann Melchior Dinglinger (1664-1731), dessen Arbeiten (beispielsweise „Das goldene Kaffeezeug” (1701) oder das „Bad der Diana” (1704)) auch heute noch zu den herausragenden Exponaten des „Grünen Gewölbes” zählen.

Der Begriff der „Wunderkammer” wurde meines Wissens zum ersten Mal in der sogenannten „Zimmerischen Chronik”, der Familienchronik der Grafen von Zimmern aus Meßkirch in Baden-Württemberg (sie entstand zwischen 1564 und 1566), verwendet, um damit eine unspezifische Kunst-, Naturalien- und Kuriositätensammlung zu bezeichnen, wie sie besonders im Zeitalter des Barocks unter Landesherrn und vermögenden Bürgern weit verbreitet waren. Damit konnte man angeben, seine hohe Bildung beweisen und sein Vermögen in diesem Sinne „sinnvoll” anlegen. Exponate gab es zuhauf. Insbesondere die Entdeckungs- und Handelsreisen nach „Übersee“ brachten stetigen Nachschub an Tierbälgen, Trophäen, ethnographischen „Kuriosa“ mit, die dann in entsprechenden „Kuriositätenkabinetten“ landeten…

Es gab aber auch „städtische Wunderkammern“, die sich, wie die im ostsächsischen Zittau, bis auf das Jahr 1564 zurückverfolgen lassen. In genau diesem Jahr wurde hier mit der Schenkung einer Wiener Standsonnenuhr quasi ihr „Grundstein“ gelegt. Aus deren reichem Bücherbestand entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte eine überaus wertvolle Bibliothek, die zu Teilen noch heute im Altbestand der Christian-Weise-Bibliothek erhalten geblieben und Interessenten zugänglich ist. Einige der Kunstgegenstände daraus (wie z. B. der „Engelmannsche Himmelsglobus“ von 1690 oder die Armillarsphäre von 1790) können im Zittauer Stadtmuseum besichtigt werden.

In früheren Zeiten bezeichnete man solch eine „Wunderkammer“ meist als ein Panoptikum. Heute wird dieser Begriff gewöhnlich nur noch als Synonym für ein „Wachsfigurenkabinett“ verwendet, welches ja, wenn man es richtig betrachtet, in einem gewissen Sinn auch nur eine spezielle Art von „Wunderkammer“ darstellt, insbesondere dann, wenn man sich vor Augen führt, wie die dort ausgestellten und ausgesprochen lebensecht wirkende Figuren hergestellt werden.

Im Sinne des Titels dieses Buches wollen wir uns unter „Panoptikum“ dann doch eher ein „barockes Kuriositätenkabinett“ vorstellen, welches eine Vielzahl unterschiedlichster „wunderlicher Dinge“ enthält, wobei der Begriff „wunderliche Dinge“ sehr weit gefasst wird und nicht nur „dinghafte“ Objekte, sondern auch Begebenheiten, Lebensschicksale, wissenschaftliche und philosophische Erkenntnisse, geschichtliche Ereignisse sowie technische und kulturelle Errungenschaften umfassen soll. Und wenn diese Dinge nicht nur bemerkenswert, sondern auch noch interessant sind (d. h. eine kognitive Anteilnahme auch ohne erkennbaren höheren Zweck bei Ihnen als Leser oder Betrachter hervorrufen), ja dann sind sie vielleicht sogar Thema dieses Buches…

3. Es gibt nichts Neues unter der Sonne

So, und damit soll es auch schon mit der ganze Vorrede gewesen sein. Denn wie heißt es schon in der Bibel unter „Prediger 1,9“: „Es gibt nichts Neues unter der Sonne.“ Denn, wenn man es ganz genau betrachtet, ist alles, was Sie im Folgenden lesen werden bzw. sogar alles, was Sie in ihrem Leben bis heute bereits gelesen haben oder in Zukunft noch je lesen werden, als Text in einer codierten Form in einer Zahl enthalten, deren ersten drei Ziffern (eine Vorkommastelle, zwei Nachkommastellen) ihnen garantiert bekannt vorkommt. Und wenn Sie sich darüber hinaus noch folgenden, etwas holprigen Spruch merken und dabei auch noch dessen tieferen Sinn erkennen, dann kennen Sie die Kreiszahl Pi – und um die geht es hier - sogar bis auf 31 Stellen nach dem Komma genau:

„Sei e hoch i reell bezwecket, es klappt nicht mit jenem Exponent. Imaginäre Untiefe verdecket, wer Pi mit Primzahl zwei dezent zu dieser Zahl mit Mut verrührt, bis so Einheit Erweckung spürt.“

4. Die geheimnisvolle Zahl Pi

Das ist doch schon etwas. Denn wer kennt denn schon diese Zahl auf 32 Stellen genau? Übrigens, der „inoffizielle“ Weltrekord beim memorieren der Kreiszahl liegt bei 83.431 Nachkommastellen und der „offizielle“ bei 67.890, was etwas weniger als die Hälfte der Anzahl der Wörter in diesem Buch entspricht. Oder, wenn Sie pro Sekunde eine Ziffer nennen, brauchen Sie für den „inoffiziellen Weltrekord“ gerade einmal 23 Stunden und 11 Minuten um alle 83.431 Stellen aufzusagen… (aber zuvor müssen Sie diese erst einmal auswendig lernen!) Es ist schon erstaunlich, was sich ein menschliches Gehirn so alles merken kann (wir kommen darauf zurück)…

Pi, also das Verhältnis des Umfangs eines (euklidischen) Kreises zu dessen Durchmesser, ist nicht ohne Grund eine ganz besondere Zahl, denn es handelt sich um eine irrationale reelle Zahl (d. h. sie kann nicht als Bruch zweier ganzer Zahlen aufgeschrieben werden), sowie um eine transzendente Zahl, was bedeutet, dass sie unendlich viele Stellen besitzt, die sich nicht ab einer bestimmten Stelle periodisch wiederholt – wie das bei rationalen Zahlen der Fall ist. Der mathematisch exakte Beweis dafür gelang übrigens erst im Jahre 1882 dem deutschen Mathematiker Ferdinand von Lindemann (1852-1939). Und da Pi bekanntlich auch der Fläche eines Einheitskreises entspricht, folgt daraus zwingend, dass eine Quadratur des Kreises (einer Aufgabe, an der sich schon die Mathematiker des alten Griechenlands ihre Zähne ausgebissen haben) unmöglich ist. Was ist nun das Besondere an solch einer transzendenten Zahl? Der Mathematiker würde sagen, dass sie erst einmal irrational ist und zum anderen, dass sie niemals die Nullstelle eines irgendwie gearteten Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten sein kann – was mathematisch ihre Transzendenz begründet. Praktisch bedeutet das, dass eine derartige Zahl eine Folge von Ziffern ist, die keine wie auch immer geartete Regelmäßigkeit erkennen lässt. Man muss gewöhnlich jede einzelne Ziffer davon separat berechnen (was man einen „Tröpfelalgorithmus“ nennt) und es lässt sich nie exakt vorhersagen, was wohl die nächste Ziffer in der Ziffernfolge sein wird - es sei denn, man rechnet sie aus. Von Pi sind heute bereits mehr als 13.300.000.000.000 Nachkommastellen bekannt (Stand Oktober 2014, Rechenzeit 208 Tage). Und dabei gilt:

„Jede endliche Näherung von Pi (unabhängig, wie groß sie auch ausfallen mag) ist klein gegenüber den unendlich vielen Stellen, die diese Zahl ausmacht.“

Eine näherungsweise Berechnung von Pi Ziffer für Ziffer ist deshalb möglich, weil sich diese transzendente Zahl in verschiedener Form als eine mathematische Reihe darstellen lässt. Eine solche Reihe hat im Jahre 1682 der berühmte deutsche Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1846-1716) entwickelt. Weil sie so schön ist, soll sie hier auch wiedergegeben werden:

Nur leider ist sie zur Berechnung von Pi

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.12.2016

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