Telefonanruf aus Utopia
Heute ist ein schöner Tag. Die Bomben fliegen von Links nach rechts, von oben nach unten und von Ost nach West. Ich sitze hier vor meinem Zelt in einen sicheren Abstand zur Front.
Oh, natürlich habe ich vergessen zu erzählen, wer ich bin. Ich bin Leutnant Mayer, Leutnant Mayer von der 2.Volkssturmfront. Neben mir sitzt der Leutnant von der anderen Seite, wir spielen gerade Schach und trinken Tee. Ich meine, warum sollten wir uns umbringen, wo wir doch genügend Menschen haben, die sich zum Durchsetzen unserer Interessen, gegenseitig Töten. Ich brauche mir auch keine wirklichen Sorgen machen, denn der Krieg ist Jung und meine Arbeitsstelle ist für die nächsten Jahre gesichert. Das ist mir auch wichtig, denn ich muss zu Hause meine Kinder ernähren und meine Frau gibt auch mehr Geld aus, als man mit einem anderen Beruf verdienen könnte.
Auch für die Wirtschaft ist dieser Krieg wunderbar, die Arbeitslosenzahlen sind gesunken, fast auf null und die Wirtschaft, besonders die Kriegsunternehmen, melden täglich neue Rekordgewinne. Auch der Zustand der Autobahnen wird täglich immer besser, die Schlaglöcher werden immer weniger.
Wozu der Krieg eigentlich gut ist, dass weiß ich nicht wirklich, aber das ist mir auch egal. Wie ich schon vorher gesagt habe, bringt dieser für mich nur Vorteile, und diese würde ich nicht wirklich aufgeben.
Moment, ich muss mal schnell an das Telefon gehen, ich weiß zwar nicht, wer mich hier, jetzt um diese Zeit anruft, aber naja, es wird schon wichtig sein ............
Kapitel 2
Krieg, Krieg, Krieg! Überall wo man hinschaut, geht es nur um Krieg. Die ganze Welt befindet sich wieder einmal im Krieg, es ist der Vierte Weltkrieg inzwischen, wenn ich mich nicht verzählt habe. Ok, der schlimmste war immer noch der Zweite Weltkrieg, aber der Krieg kann auch nerven, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Zum Glück bin ich vor einiger Zeit nach Utopia ausgewandert. Das einzige Land, das sich nicht im Krieg befindet. Auf der Weltkarte finden sie Utopia gleich neben dem Meer im Nirgendwo.
Es war natürlich nicht leicht hier einzuwandern! Ich musste lernen, andere Religionen zu akzeptieren und meine Vorurteile diesen gegenüber zu verlieren. Auch musste ich lernen andere Meinungen zu akzeptieren und auf meine eigene Nationalität zu verzichten, aber das war kein Problem für mich. Eingelebt habe ich mich auch schnell, besonders, weil ich hier von allen sofort, und ohne Vorurteile, aufgenommen wurden, bin, und man mich nicht ausgesondert hat, so wie es z.b. früher in der Schule war, wenn man in eine neue Klasse gekommen ist.
Übrigens heiße ich Thorsten und ich komme aus Deutschland. Ein Land, das den Krieg diesmal nicht gewollt hatte, aber als er erst mal losging, wieder voll mitmachte. Aber wie will man es ihnen denn übelnehmen, haben sie es doch nicht anders gelernt.
Ah, hier in der Zeitung ist ein interessanter Artikel, die Regierung von Utopia will den Weltfrieden erzwingen, na da bin ich ja mal gespannt, wie sie das wohl schaffen wollen ......
Kapitel 3
Rudi passen sie mir ja mit den Handgranaten auf! Denken sie dran, wenn sie hier bei uns explodiert, geht uns eine Menge Geld durch die Hände und das wollen wir doch nicht wirklich. Sie wissen doch, wie viele Arbeitsplätze daran hängen!
Nein, nein, nein, dieser Rudi, da spielt der mit so einer Granate Handball, als ob wir es uns leisten könnten, wenn unser Unternehmen für 2 Monate nicht produzieren kann. Das wäre ja fast so schlimm, wie wenn jetzt jemand den Frieden ausrufen würde. Zum Glück haben wir starke Lobbyisten, die den Politikern den richtigen Weg aufzeigen und die den Krieg für lange Zeit aufrecht erhalten können.
Der letzte Frieden hat uns schon genug gekostet. 5 Millionen Arbeitslose, die alleine wir zu versorgen hatten, nun sind sie an der Front und tun wenigstens etwas für ihr Vaterland und für unseren Profit. Und die paar Leute, die wirklich dem Krieg zum Opfer fallen, die sind halt die Opfer für den Wohlstand, den jawohl jeder haben möchte und den wir auch nicht mehr hergeben wollen, wenn wir doch nur einmal ehrlich sind.
Frieden, was für ein schrecklicher Gedanke. Frieden, dass würde die ganzen Kriegsunternehmen in eine schwere Krise stürzen. Das wären wieder über 10 Millionen Arbeitslose weltweit und der Wohlstand würde wohl schlagartig wieder verschwinden. Nein, Frieden muss wirklich nicht sein. Ich hoffe, dass auch kein Irrer mehr auf die Idee kommt, nach Frieden zu rufen. Und dieser Untergrund, der sollte auch endlich ausgehoben werden und dann ab in den Knast mit denen. Oder an die Front, oder ........
Ach mein Gott Rudi wollen sie uns hier denn den Laden in die Luft sprengen, oder warum Rauchen sie schon wieder an einem Ort, wo das Rauchen verboten ist. Denken sie doch mal an das Kapital und an den Profit, der uns verloren ginge ......
Kapitel 4
Der Kaffee hier in Utopia ist übrigens der beste den ich je getrunken habe. Das kann wohl daran liegen, dass er aus dem fairen Handel mit Menschen aus Afrika kommt, oder aber, weil hier das Wasser noch besonders sauber ist, aber doch, der Kaffee ist wirklich gut.
Wie die Regierung den Weltfrieden schaffen will, interessiert mich wirklich. Ich meine, wie wollen sie es schaffen, dass die Menschen die gesamten Vorurteile verlieren. Die Vorurteile gegenüber dem Islam und umgedreht natürlich auch die Vorurteile gegen die Christen. Das mag vielleicht hier gelingen, aber Utopia ist auch nur ein kleines Land, und wenn ich ehrlich bin, hatte ich nie wirklich etwas gegen die anderen Religionen. Aber der Hass in der gesamten Welt gegenüber der jeweiligen anderen Religion ist groß und tief. Warum das so ist, weiß ich nicht wirklich, da die Menschen eigentlich alle denselben Gott anbeten und das sogar gerne tun. Aber irgendwie wollen sie sich dann doch bekämpfen, obwohl das gar nicht nötig wäre.
Nun ja, die Regierung hat aber angekündigt dieses Kunststück zu bewältigen und zwar schon in den nächsten Tagen. Ich bin ja mal gespannt, wie sie den Widerstand der Politiker und der Kriegsunternehmer brechen wollen. Aber die Regierung von Utopia ist immer für eine Überraschung gut. Ich bin gespannt.
Habe ich schon erwähnt, dass der Kaffee hier in Utopia wirklich gut ist?
Kapitel 5
Ich habe heute 2 Briefe erhalten. Der erste Brief kam von der Front. Dort ist am Freitag mein Sohn gefallen, ich bin so stolz auf ihn. Er kämpfte für sein Vaterland und für unsere Religion. Dieses Opfer habe ich gerne gebracht, denn er verteidigt mit seinem tot unsere Werte und unseren Kapitalismus. Nur weil es Menschen wie ihn gibt, gibt es für Menschen wie mich hier in der Heimat essen und Arbeit.
Der zweite Brief kam vom Verband Verweister Eltern e.V., die dazu aufrufen gegen diesen sinnlosen Krieg zu demonstrieren. Ich kann diese Eltern nicht verstehen, sind sie denn gar nicht stolz auf ihre Söhne? Oder warum treten sie deren Gräber so mit ihren Füßen? Ich schäme mich für diese Eltern, sie sollten stolz und glücklich darüber sein, dass ihre Söhne für unsere Religion und für unsere Werte sterben dürften. Aber nein, sie denken nur an sich und nicht an das große Ganze. Aber naja, wer soll diese Menschen schon verstehen.
Ich habe den ersten Brief eingerahmt und ihn stolz an meine Wand gehängt, den Zweiten konnte ich gut gebrauchen, um meinen Kohleofen anzuzünden.
Kapitel 6
Familie und Freundschaft werden hier in Utopia groß geschrieben. Das ist mir schon sehr oft aufgefallen. Außerhalb von Utopia sind diese Werte schon fasst vergessen. Jeder ist dort sein eigener Freund, die anderen könnten ja Spione sein. Und auf die Familie war man nur Stolz, wenn der Vater im 3.Weltkrieg gestorben ist und der Sohn im 4. Weltkrieg fällt. Ansonsten hat man keinen Grund auf die Familie stolz zu sein. Eigentlich traurig, aber leider wahr. Und auch das war ein Grund, warum ich nach Utopia ausgewandert bin. Weil meine Familie nicht verstehen konnte, warum mir der Familienzusammenhalt so wichtig war und warum ich nicht für mein Land an der Front kämpfen möchte. Mein Vater konnte nichts sagen, weil er ist, im 3.Weltkrieg gefallen und meine Mutter redete nicht mehr mit mir. Und Freundschaften, Freundschaften durfte ich auch nicht pflegen, weil die Propaganda Maschinerie gesagt hat, dass man niemanden trauen darf und jeder dein Feind sein könnte.
Das ist hier in Utopia zum Glück nicht so. Im Fernsehen läuft keine Propaganda und es wird keine Stimmung gegen irgendjemanden gemacht. Auch werden die Kriegsparteien nicht in Gut und Böse unterteilt, sondern es wird sehr Objektiv berichtet, was wo passiert, ohne überhaupt eine Wertung über diese Dinge zu geben. Hier in Utopia weiß jeder, dass Krieg schlecht ist und das es immer zwei Parteien geben muss, die den Krieg wollen, damit es überhaupt Krieg gibt.
Kapitel 7
Nun ist mein Tee natürlich kalt, aber die Schachpartie ist noch lange nicht entschieden, wenigstens das. Ich hasse diese Leute vom Verein verwaister Eltern e.V., was kann ich denn bitte dafür das ihre Söhne zu blöd sind, an der Front zu überleben. Ich meine, sie haben von uns eine super Ausbildung erhalten und die beste Ausrüstung, die es gab, nun hätten sie doch nur ein oder zwei Monate an der Front überleben müssen, bevor sie für einen Monat nach Hause fahren können. Ich meine, warum geben sie mir denn bitte die Schuld. Ich habe die Bombe nicht geworfen, oder den Abzug gedrückt, durch den dieser Mensch gestorben ist und außerdem konnte jeder freiwillig zur Front. Und wenn jemand meint, dass er dazu geeignet ist, dann ist es seine Entscheidung und nicht meine.
Sollen sie doch beim Gegner anrufen, obwohl, mit dem spiele ich ja gerade Schach. Dann sollen sie sich selbst Vorwürfe machen. Sollen sie sich Fragen, wer wohl sonst für ihren Wohlstand hätte sterben sollen, für die Freiheiten die sie haben und für die ganzen anderen Werte, die ihnen so wichtig sind. Ich glaube dafür ihren Sohn zu verlieren ist nur ein geringer Preis und sollte nicht überbewertet werden.
Kapitel 8
So liege ich hier nun. Das Blut läuft nur so aus mir raus und ich bin mir sicher, dass ich schon mehr verloren habe, als zum Überleben gut sein kann. Seien sie glücklich das Sie kein Foto von mir sehen müssen, ich glaube, dass würde ihr Herz nicht verkraften und wenn doch, dann könnten sie wohl die nächsten Jahre nicht mehr ruhig schlafen. Eigentlich frage ich mich ja, wo diese Sanitäter bleiben. Ich liege hier jetzt schon 10 Minuten, ohne auch nur einen in meiner Nähe gesehen zu haben. Ob die anderen wohl wichtiger sind als ich? Ich meine, vielleicht ist ja auch gerade ein Sohn von irgendeinem hohen Politiker verwundet wurden und dieser müsste dann natürlich als Erstes versorgt werden. Dafür müssen wir schon Verständnis haben, ich meine, wen interessieren schon die 5 Minuten.
Meine Mutter wird stolz auf mich sein, wenn sie hört, dass ich hier an der Front für mein Land verwundet wurde, oder vielleicht auch sterbe. Was ist mein Leben schon Wert? Gar nichts, solange es meinem Volk gutgeht. Solange die Kinder in der Heimat beschützt aufwachsen können, und jeder genügend Arbeit hat, solange war es doch Wert hier zu sterben, und hier zu kämpfen. Oder etwa nicht? Könnte es doch sein, dass dieser Krieg sinnlos war? Nein, dann das darf nicht sein. Dann hätte ich so viele junge Menschen total sinnlos getötet und das kann nicht sein. Nein, niemals!
Ah, da kommen sie ja endlich die Sanis. Was erzählen sie, es macht keinen großen Sinn mehr, mich groß zu versorgen? Sie geben mir ein Schmerzmittel, damit ich nicht so leiden muss? Und dafür habe ich hier jetzt 15 Minuten gewartet, damit ich mir das anhören kann? Das kann doch jetzt irgendwo nicht sein.
Aber was soll ich schon machen, hinterher rennen? Das geht schlecht, wenn man seine Beine nicht mehr fühlt. Sie erschießen? Das darf ich nicht, nachher stellt man mich noch vor das Kriegsgericht und das kann ich meinen Eltern nicht antun. Also bleibe ich hier einfach liegen, irgendwann werde ich schon einschlafen. Hoffentlich vergraben sie mich nicht, wenn ich noch lebe. Ich glaube das ist nicht sehr angenehm unter 1. Meter Erde noch einmal auf Zuwachen und keine Luft mehr zu bekommen.
Mama ich liebe dich, auch dich Papa liebe ich. Liebe ich meine Regierung? Ich weiß es nicht, aber ich Liebe mein Land und ich bin stolz darauf, für mein Land gefallen zu sein, hier an der Front. Irgendwann stirbt jeder einmal, mich trifft es jetzt halt etwas früher, als die anderen, aber mich trifft es an der Front und darauf bin ich stolz.
Kapitel 9
Hier in Utopia hat ja jeder Arbeit. Ich hatte nach nur einer Woche schon meine Arbeitsstelle und ich muss sagen, dass es mir wirklich Spaß macht dort zu arbeiten. Jeder hat hier Arbeit, und das, obwohl gar kein Krieg geführt wird. Es gibt hier auch keine Kriegsindustrie und doch hat jeder Arbeit. Draußen wurde ja immer gesagt, dass die Kriegsindustrie wichtig ist, damit auch wirklich jeder Arbeit hat. Ohne diese Unternehmen würden wohl mehr als 5 Millionen Menschen keinen Job mehr haben und der Staat müsste wieder für diese aufkommen. Auf dauer würde das natürlich nicht gehen und dann müsste eh wieder ein Krieg her. Dass es doch ohne geht, sehe ich hier in Utopia. Natürlich gab es hier auch mal Kriege, denn auch die Menschen hier mussten aus ihren Fehlern lernen. Aber als dann die Atombombe entwickelt wurde, ist ihnen klargeworden, dass hier wohl ziemlich viel falsch läuft. Man hat sich dann hingesetzt, hat miteinander gesprochen und konnte eine Staatsform entwickeln, die jeden den Raum gibt, sich frei zu entwickeln und seine Freiheit zu genießen.
Bevor hier jetzt ein falsches Bild aufkommt, bei uns in Utopia gibt’s natürlich auch Verbrechen. Auch hier werden Menschen überfallen, Autos geklaut und Morde begangen. Das sind halt die Erscheinungen in jeder Gesellschaft, die man wohl nie los wird und mit der man überall rechnen muss. Aber im Großen und Ganzen sind wir hier schon ziemlich friedlich und Vertrauen ist etwas, was hier jeder kann und worauf das Staatssystem aufbaut. Es gibt hier kaum irgendwelche schriftlichen Verträge, das wird alles per Handschlag geregelt. Vertrauen ist etwas Wichtiges, nur auf Vertrauen kann eine Gesellschaft aufgebaut werden.
Kapitel 10
Bald sind schon wieder Wahlen, immer diese Wahlen. Ich weiß schon gar nicht mehr was ich den Menschen noch für Lügen erzählen soll, damit sie mich und meine Partei wählen. Ich meine, die Alternative zu uns wäre die Friedenspartei. Das sollte doch schon Argument genug sein, uns zu wählen und nicht die anderen. Aber nein, diese naiven Bürger wollen ja auch noch angelogen werden. Sie wollen einen Grund haben uns und den Krieg zu wählen und nicht die Friedenspartei. Dabei ist der Grund doch so Simpel. Wo Krieg ist, da ist auch eine Vollbeschäftigung, wo Krieg ist, da gibt es keine Arbeitslosen, wo Krieg ist, da sind auch Geld und Wohlstand. Frieden bedeutet Arbeitslosigkeit und Armut. Frieden bedeutet leiden und Hunger. Aber weil sich das Volk damit nicht zufriedengeben kann, muss ich mir noch ein Wahlprogramm voller Lügen einfallen lassen.
Hören sie, ganz im Vertrauen, ich Lüge nicht gerne, aber der Zweck heiligt halt alle Mittel. Ich meine ohne Lügen hätten wir jetzt diesen Krieg gar nicht. Hätten wir nicht hier und da die eine kleine Lüge über den Islam gestreut, hätten sich die Vorurteile in den Köpfen der Menschen gar nicht gebildet und wir hätten gar keinen Krieg führen können. Das zeigt uns doch, das Lügen eigentlich gar nichts negatives sind, nein, Lügen sind etwas Positives und sollten noch viel öfter eingesetzt werden. Und außerdem, die Friedenspartei lügt doch auch. Sie behauptet doch tatsächlich das Es ein Land gibt, Utopia glaube ich hieß das, wo es auch ohne Krieg keine Arbeitslosen gibt und wo man noch Werte wie Vertrauen, Familie und Freundschaft kennt. Diese Träumer die, wenn sie mir verraten würden, wie das geht, könnte ich ganz sicher beweisen, dass es total unmöglich ist, aber sie sagen ja nichts, sie behalten es für sich. Was natürlich für mich nur ein Vorteil ist, denn umso weniger Argumente muss ich bringen, dass die Wähler mich wählen.
Nun ja, mal schauen was ich mir wieder so für Lügen über den Islam einfallen lassen kann ......
Kapitel 11
Eigentlich könnte ich meine Mutter ja einmal anrufen und sie Fragen, was sie von den Plänen meiner Regierung hält, den Weltfrieden auszurufen. Ich habe schon lange nicht mehr mit ihr telefoniert, ich glaube schon seid dem Ich hier in Utopia wohne. Eigentlich wollte ich ja, dass sie mit hier herzieht, aber sie wollte nicht, weil sie nicht glauben kann, dass sie in einem Land frei sein kann, in welchen Frieden herrscht. Warum sie das denkt, dass weiß ich nicht wirklich, aber es ist halt so.
Tja, wie ich solche Telefonanrufe liebe. Natürlich bin ich noch ihr Sohn, auch wenn sie es nicht mehr so sieht, weil sie keinen Sohn in Utopia hat. Und sicher habe ich sie nicht vergessen und natürlich Liebe ich sie noch. Das mit dem Weltfrieden hält sie natürlich auch für unmöglich. Dazu müssten ja alle Menschen überwacht werden und Religionen müssten abgeschafft werden und überhaupt, durch die vielen Arbeitslosen, die es dann geben würde, würde sich doch sowieso wieder ein Bürgerkrieg entwickeln und aus diesen dann wieder ein Weltkrieg und schon wäre es wieder vorbei mit dem Weltfrieden. Ich solle aufhören zu träumen und lieber wieder nach Hause kommen und für mein Land an die Front gehen und dort tapfer Kämpfen und vielleicht auch für mein Land sterben, wenn es dann so sein soll.
Naja, ich habe das Gespräch dann schnell beendet, denn wenn ich an eines nicht denke ist es daran, mein Leben für irgendwelche Lügen zu opfern. Und schon gar nicht für ein System, was nur durch Krieg überleben kann. Ich hoffe, dass meine Regierung den Anderen ernsthaft vermitteln kann, dass der Weltfrieden möglich ist und das sie zeigen kann, wie er möglich ist.
Kapitel 12
Wieder sind Hunderte von Kindern an der Front gefallen. Ja Kinder, alle haben sie Eltern und die meisten sind auch noch stolz darauf, wenn ihr Kind an der Front gefallen ist. Früher, vor dem 3. Weltkrieg, da hatten die Eltern noch Angst davor, ihr Kind im Krieg zu verlieren, heute im 4. Weltkrieg sind sie total stolz darauf. Sie sind stolz, wenn ihr Kind an der Front verblutet, oder sich ohne Beine über das Feld schleppt, um am Ende wegen Blutarmut zu sterben. Sie freuen sich, wenn ihr Kind eine Kugel in den Kopf bekommt und aufhört zu existieren. Wenn ihr Kind auf eine Miene tritt, geben sie ein Fest, und wenn es von einer Bombe zerfetzt wird, dann wird drei Tage lang gefeiert und gesoffen. Es ist schon traurig, wie weit einen die Propaganda bringen kann, und wie wenig man eigentlich noch mitbekommt, obwohl es um das eigene Kind geht. Um einen Menschen, der einen wohl am liebsten ist und der eigentlich erst weit nach einem und nicht vor einem sterben sollte.
Mein Sohn ist auch an der Front gestorben, und weil ich dann die Politiker angeklagt habe, weil ich den Krieg für unsinnig erklärt habe, haben sie mich hier in diese Anstalt gesteckt. Ich sei geistesgestört und könne nicht mehr auf die Menschheit losgelassen werden. Jedenfalls solange nicht, wie es noch Krieg ist. Das passt nicht in deren Propaganda, wenn ich Bilder von abgetrennten Beinen zeige und blutenden Menschen. Wie könnte ich nur behaupten, dass der Krieg nie einen Sieger haben wird, sondern nur Verlierer. Und was soll das heißen, dass niemand stolz darauf sein darf, wenn sein Kind an der Front stirbt?! Geisteskrank bin ich und eine Gefahr für das öffentliche Leben.
Kapitel 13
Schon wieder habe ich 3 Millionen neue Seelen, die auf den Einlass ins Himmelreich hoffen. Doch weiß ich gar nicht, wie ich noch mit der Arbeit hinterherkommen soll. Eigentlich wollte ich mal schauen, was auf der Erde so los ist, und wieso die Menschen nicht im Frieden leben können, aber ich schaffe es einfach nicht. Diese Seelen halten mich einfach davon ab. Platz haben wir ja genug hier oben, aber eigentlich sollten täglich nicht so viele Menschen sterben. 100.000, vielleicht auch mal ein paar mehr oder weniger, aber nicht so viele. Wozu schenke ich diesen Menschen denn das Leben, wenn ich sie nach 18 Jahren wieder hier oben bei mir sehe. Aber sie sterben ja mit Freude und sind stolz auf das kleine Loch im Kopf oder auf das Blut, das ihnen fehlt, auch wenn sie es hier eh nicht mehr brauchen.
Eigentlich sollten sie nach so vielen Jahrhunderten gelernt haben, wie man gemeinsam leben kann, ohne sich gegenseitig umzubringen und ohne Krieg zu führen. Die Erde könnte ein so schöner Ort sein, aber den Menschen zu erschaffen war wohl ein Fehler von mir. Aber da ich die Geschöpfe die ich erschaffen habe so Liebe, kann ich ihnen nichts Bösen tun. Ich kann nur hoffen, dass sie lernen werden und der Weltfrieden irgendwann einmal eintreten wird, so dass ich ihnen den Weg ins Paradies zeigen kann.
Kapitel 14
Ich kann mich nicht mehr im Spiegel sehen. Das, was ich dort sehe, ist ein Egoist, ein Wesen, das nur auf seine eigenen Vorteile bedacht ist und dafür Lügen sät, um Hass zu ernten. Ich bin eine Kreatur, die es schon viel zu lange gibt und die es noch lange geben wird. Ich strebe nach Macht und bin hungrig nach Gewalt. Wer mich sieht, wird vor Angst erstarren, obwohl sich das auch schon abgewandelt hat. Wer mich sieht, ist inzwischen Stolz darauf mich zu sehen und mir zu begegnen. Keiner hat mehr Angst vor mir und jeder will, dass ich sein Gast bin. Früher konnte ich öfter mit einem guten alten Bekannten von mir Schach spielen, heute habe ich gar keine Chance mehr dazu.
Ich bin der Krieg, ich werde geliebt und mein Bekannter der Frieden wird gehasst. Man versperrt ihn alle Türen, um mir alle anderen Türen zu öffnen. Man holt mich dorthin, wo eigentlich er hingehört und ihn schickt man dorthin, wo ich eigentlich sein sollte.
Ich bin nicht stolz auf das, was ich bin. Wie sollte ich auch stolz auf mich sein. Ich bin kein Wesen, welches von Gott erschaffen wurde, ich bin ein Wesen, dass von den Menschen erschaffen wurde. Nur der Mensch konnte mich so groß und mächtig werden lassen, Gott hätte gar nicht die Macht dazu gehabt. Aber wie gesagt, ich bin nicht Stolz auf das, was ich bin und ich wäre viel Glücklicher wenn ich, was anderes wäre, wenn ich mich mit meinen Bekannten vereinigen könnte und der Menschheit das bringen könnte, was sie eigentlich nicht verdient. Wenn auf der Welt endlich Frieden wäre und ich nicht mehr überall sein müsste, hätte ich auch viel mehr Zeit für mich und ich müsste nicht mehr soviel Leid sehen, so viel Blut, soviel Zerstörung und ich müsste nicht mehr dem Tod sooft über den Weg laufen. Wenn ich es könnte, würde ich mich gegen den Willen der Menschen stellen, aber ich wurde von ihnen erschaffen und muss auf sie hören.
Kapitel 15
Ich liebe es, wenn die Sterne am Himmel funkeln, besonders liebe ich es, weil man es nur noch hier in Utopia sehen kann. Auf dem Rest der Welt ist der Himmel durch Staub und Qualm verdeckt, wenn man da Glück hat, kann man vielleicht mal den Mond an seinen Umrissen erkennen, mehr aber auch nicht. Der Tag ist nicht wirklich besser. Bevor ich hier in Utopia ankam, habe ich die Sonne wohl schon ein Jahr nicht mehr gesehen.
Hier in Utopia ist gerade Sommer und ich habe mich schon vor einigen Wochen entschieden draußen zu schlafen, um so viel vom Sternenhimmel zu sehen wie nur möglich. Wer weiß, wie lange mir das noch möglich ist und ob Utopia es wirklich für immer schafft, sich aus diesem sinnlosen Krieg draußen zu halten. Ob die Menschen sich wohl anders verhalten würden, wenn sie sehen könnten, dass es so viele schöne Dinge gibt, die man machen kann, wenn Frieden herrscht und das man so viele schöne Sachen sehen könnte. Ob sie sich wohl nach dem Frieden sehnen würden, wenn sie den schönen Sternenhimmel sehen könnten. Oder das schöne Wasser im Meer, oder den schönen See, wenn die Sonne drauf scheint und mit ihren Strahlen mit den Wellen spielt. Ob sie dem Frieden die Hand reichen würden, wenn sie einmal die Berge aus der Ferne beobachten könnten und sich ein wirklich blauer Himmel über diese erschreckt, wo nur hier und da ein kleiner Weißer schatten drüber huscht? Ich glaube auch das würde nicht mehr helfen, denn sie sind durch die Kriegspropaganda total verdorben und glauben alles, was ihnen von der Regierung erzählt wird.
Ok, die Regierung kann sie auch immer wieder auf die Erfolge hinweisen. Vollbeschäftigung, Wohlstand für alle, kein Betteln mehr, keine Armut aber ist dieser Zustand denn wirklich nur mit Krieg zu erreichen? Und wie lange wollen sie denn den Krieg aufrecht erhalten, wenn es denn nur damit möglich ist? Soll der Krieg eine natürlich auslese ersetzen und die Erde vor Überbevölkerung schützen? Oder was soll der Krieg am Ende noch bringen?
Kapitel 16
Unsere Regierung hat die ersten Verhandlungen mit den Kriegsmächten aufgenommen, um auszuloten, was für den Weltfrieden aller erfüllt und geklärt werden muss. Die erste Reaktion soll einfach nur Ablehnung gewesen sein, aber die Regierung von Utopia hat angekündigt, eine harte Verhandlungsrunde zu führen und ihre Forderung nach Weltfrieden durchzusetzen. Sie stellen auch Wirtschaftshilfen in Milliardenhöhe zur Verfügung, um die Systeme auf Frieden umzustellen. Aber die anderen Länder schmunzeln zurzeit nur über diesen Vorstoß und einige scheinen sich auch, wenn man den Zeitungen glauben darf und das kann man hier in Utopia, zu fragen, wo Utopia überhaupt liegt und warum sich dieses Land noch nicht im Krieg befindet.
Ich bin gespannt, ob unsere Regierung ihre Forderung durchsetzen kann, wenn nicht ist eigentlich auch nicht so schlimm, denn irgendwann wird es Frieden geben, spätestens dann, wenn es dort keinen mehr gibt, der Krieg führen kann. Und wenn sie dann merken, dass sie sich ihre Zukunft geraubt haben, dann werden sie schon merken, dass die gesamte Zeit etwas ziemlich falsch gelaufen ist, auch wenn es dann viel zu spät ist.
Kapitel 17
Utopia? Ich wusste bis heute gar nicht das es so ein Land überhaupt gibt. Ich kenne Utopia, aber aus einem Buch und dort war es ein Land, das es nirgendswo gibt. Aber das ist ja eigentlich erst einmal unwichtig, wichtiger ist das, was diese Menschen fordern. Die fordern doch tatsächlich den Weltfrieden. Ich frage mich, wie die sich das vorstellen? Und noch wichtiger, wie soll ich damit denn bitte eine Wahl gewinnen.
Krieg bedeutet Fortschritt, Krieg ist Forschung im Eiltempo. Hier wird die Geschwindigkeit der Computer verdreifacht, dort werden Raketen vorgestellt, die mit halber Lichtgeschwindigkeit unterwegs sind. Glauben die in Utopia denn wirklich, dass diese Entwicklungen im Frieden so schnell vorangehen würden? Glauben sie echt das man einen Frieden auf die Beine stellen kann, in dem es jeden Menschen gutgeht? Wo es keine Armut und keine Arbeitslosigkeit gibt? Und besonders wichtig, glauben die Menschen aus Utopia denn wirklich das Ich meine Machtposition behalten könnte, wenn ich jetzt hier plötzlich den Frieden ausrufen würde, wo ich doch die ganzen letzten Jahre diesen propagiert habe und genügend Lügen gesät habe, um den Hass zu ernten? Mir glaubt hier doch keiner mehr, wenn ich jetzt wirklich auf eine solche Verhandlung eingehen würde, außerdem muss ich eine Wahl gewinnen, wenn es Verhandlungen gibt, dann erst nach der Wahl und dann auch nur, wenn ich eine wichtige Rolle dabei spiele.
Wirtschaftshilfe wollen sie uns stellen, wenn wir auf ihr Angebot eingehen. Was bilden die sich eigentlich ein, wer die sind? Wir haben hier genügend Geld und außerdem können wir mit dem Staatsüberschuss den wir haben die nächsten 400 Jahre Frieden führen, ohne dass uns das Geld knapp werden würde. Aber Frieden ist doch erstens total langweilig und zweitens verliere ich sehr viel von meiner Macht.
Wie schon gesagt, Verhandlungen führe ich eh frühestens nach einem erneuten Wahlsieg und bis dahin werde ich schon noch einen Grund finden, diese total abzulehnen.
Kapitel 18
Das ist jetzt wirklich einmal lustig. Da sind wirklich die Länder als Erstes dazu bereit Friedensverhandlungen zu führen, die den Islam angehören. Wenn ich mich an die Propaganda erinnere, die ich immer hören musste, als ich noch nicht hier in Utopia lebte, dann sind es doch die Islamisten, die am Krieg schuld sind und die diesen führen wollen. Es sollen doch auch die Islamisten sein, die gegen einen Frieden sind und die die totale Vernichtung der Christen fordern und nun so etwas. Wenn ich auf die Propaganda reingefallen wäre, dann würde meine Welt jetzt wohl total erschüttert sein. Da ich aber weiß, dass jede Religion ein und denselben Gott anbetet und jede Religion eine Existenzberechtigung hat, bin ich gar nicht so überrascht darüber, dass gerade die islamische Welt die ist, die einen großen Schritt auf die westliche Welt zugeht.
Kapitel 19
Weltfrieden, Weltfrieden, Weltfrieden!!! Wer kommt nur auf so eine Idee. Es gibt viel zu viele Religionen auf dieser Welt um sie unter eine Decke zu bringen. Weltfrieden würde bedeuten, dass man die Religionen in einen Dialog bringen müsste und dieser Dialog dazu führt, dass sich die Religionen nicht mehr gegeneinander schlecht reden, sondern dass sie sich respektieren und einander anerkennen.
Aber weder das Christentum noch der Islam ist dazu in der Lage diese Hürde zu überspringen. Das haben sie in den letzten 500 Jahren nicht geschafft und werden sie in 500 Jahren nicht schaffen. Also ist der Weltfrieden gar nicht möglich. Er führt nur zu neuen Spannungen und aus diesen entwickeln sich wieder neue Feindschaften und durch diese entwickeln sich wieder kriegerische Auseinandersetzungen. Wenn sich der Buddhismus und der Hinduismus einigen müssten, und sich Respekt zollen müsste, würde das ohne Probleme gehen, aber nicht zwischen Christen und Islamisten.
Weltfrieden, Weltfrieden, Weltfrieden!!! Das ist der größte Schwachsinn, den es gibt.
Kapitel 20
Weltfrieden, das ist eine wirklich interessante Idee. Vielleicht können wir dadurch die Wahlen gewinnen. Wir als Friedenspartei sollten diesen Fingerzeig doch nutzen können.
Wir brauchen ein Konzept, eine neue Regierungsform, eine neue Gesellschaftsform. Eines sollte uns klar sein, weder im Kapitalismus noch im Kommunismus ist der Weltfrieden möglich. Aber wie könnte diese neue Gesellschaftsform aussehen? Welche Wirtschaftsformen muss es enthalten und wie soll es mit den Religionen weiter gehen?
Ich glaube das mit den Religionen sollte das leichteste Problem sein, sind doch eigentlich alle Religionen darauf aus, Frieden auf die Welt zu bringen. Jesus sagte einst „Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ oder im Islam „Gott wird die Menschen zum Frieden führen. Wenn sie auf ihn hören, so wird er sie aus der Dunkelheit des Krieges zum Licht des Friedens führen.".
Das heißt, beide wollen den Frieden haben, beide Religionen sind sich also im Grunde einig und deshalb sollte es auch kein Problem sein, die Religionen zu vereinigen.
Aber wie soll das mit der Wirtschaft gehen, und wie will man Menschen von ihrem Machtstreben und ihren Egoismus abhalten? Der Mensch als Individuum ist das Problem, dieser verhindert den Weltfrieden, und hier muss die Lösung ansetzen.
Kapitel 21
Wir hier in Utopia haben verstanden, dass Religionen wichtig sind und das jede Religion existieren darf und muss. Es wäre ja langweilig, wenn jeder derselben Religion angehören würde und nach denselben Ansätzen leben würde. Hier akzeptiert einfach jeder den anderen. Jeder respektiert, dass der andere auch an einen Gott glaubt, aber halt nicht an denselben und jeder respektiert den Weg, den die anderen gehen, weil es einfach mehrere Wege geben muss, die am Ende dann tatsächlich zum Ziel führen.
Viele behaupten ja tatsächlich das die unterschiedlichen Religionen schuld daran sind, dass es keinen Frieden geben kann, aber das stimmt so nicht. Schuld sind die Menschen, die nicht erkennen wollen, dass es mehrere Wege geben darf und das auch ein anderer Weg zum Ziel führt. Schuld sind die Menschen, die glauben das nur Ihre Meinungen und ihre Art zum Leben, die einzig richtige ist. Aber naja, ich bin ja nach Utopia gegangen, um den zu entgehen. Um meiner Mutter zu entgehen, die sagt, dass nur Ihr Weg der einzig Richtige ist, um der Regierung zu entgehen, die auch behauptet das ihr Weg der einzig Wahre ist und um aufdringlichen Religionssekten zu entgehen, die genau dasselbe auch behaupten.
Naja, bevor ich hier jetzt in irgendwelche Depressionen verfalle, werde ich lieber einmal zu meinen Freunden gehen und mit ihnen ein Glas Wein oder Bier trinken.
Kapitel 22
So langsam bekomme ich schlechte Laune. Erst bringen diese Menschen aus Utopia meine ganzen Planungen zur Wiederwahl durcheinander und nun gehen auch noch die Islamisten auf dieses Angebot ein und signalisieren Verhandlungsbereitschaft. Nun muss ich mir wirklich etwas einfallen lassen. Ich meine, wie soll ich es denn meinen potentiellen Wählern erklären, dass die Islamisten für den Frieden sind, und wir dagegen. Das geht überhaupt nicht! Aber ich kann jetzt auch keine Verhandlungen aufnehmen, sonst verliere ich die Wahlen auf jeden Fall. Aber, da fällt mir ein, wenn ich mal wieder ein paar Bomben auf eine islamische Großstadt werfe und nicht auf die Alibiziele, dann werden diese sicher auch ihr Angebot zurücknehmen und mir bleibt noch ein wenig mehr Zeit, mich selbst auf Verhandlungen einzulassen.
Ein größeres Problem ist allerdings, dass die Utopianer doch tatsächlich einen konkreten Termin mitgeteilt haben, in welchen man sich zu ersten Gesprächen über Internettelefonie treffen soll. Dieser Termin kommt mir viel zu schnell, wie soll ich das denn für mich, für meine Wiederwahl ausnutzen. Diese Leute können einen das Leben echt schwermachen, aber naja, ich habe bis jetzt immer eine passende Lüge, äh ich meine natürlich, Lösung gefunden.
Kapitel 23
Und wieder konnte ich einen anderen Menschen mit meinem Gewehr das Leben nehmen. Dass es total sinnlos ist, interessiert mich nicht und was die Eltern, oder die Frau, oder die Kinder sagen noch weniger. Ich mache genau das, was mir meine Regierung befiehlt und ich mache das gar nicht so schlecht.
Was mich an der ganzen Sache nur irritiert ist, dass ich dieses zu Hause hätte nicht machen dürfen, weil es dort wohl Mord gewesen wäre und ich dafür mein ganzes Leben ins Gefängnis gehen würde. Wieso ist das so? Wieso darf ich zu Hause die Menschen die mich nerven nicht einfach töten, ohne eine Strafe zu erwarten, aber hier an der Front darf ich die Menschen sogar töten, obwohl sie mir gar nichts getan haben. OK, sie würden mich wohl auch töten, aber nicht weil sie es so wollen, sondern weil ihre Regierung das so will.
Und schon wieder ist mir so eine arme Seele vor das Gewehr gelaufen, aber was soll's, ich mache es gerne und bekomme sogar noch Geld dafür und sollte ich irgendwann einmal sterben, hier an der Front, dann bekommt meine Familie sogar noch mehr Geld und kann sich endlich ihre Wünsche erfüllen, wofür das Geld, was sie jetzt schon haben, noch nicht gereicht hat. So ist das halt, der eine arbeitet hier an der Front, der andere in einer Autowerkstatt und beide verdienen damit eben ihr Geld.
Kapitel 24
Bald ist es soweit. Bald wird unsere Erfindung die Menschen dazu bringen, Frieden zu führen. Sie wird die Menschen geradezu dazu zwingen, ob sie wollen oder nicht. 50 Jahre habe ich jetzt daran gebastelt, 50 Jahre und nun ist der Erfolg so nah. Die Menschen werden sich dann nur noch lieben und respektieren. Sie werden sich gegenseitig helfen und sie werden es gerne tun. Sie werden es nicht tun, weil sie sich einen persönlichen Vorteil dadurch versprechen, sondern weil sie von mir dazu gezwungen werden. Dann kann der Mensch mit der Natur in Einklang leben, alle Religionen respektieren sich und keiner braucht mehr Angst vor den anderen haben, da alle aggressiven Neigungen der Menschen ausgeschaltet werden.
Es mag vielleicht auch Nachteile bringen, diese Harmonie und es könnte langweilig werden. Aber lieber ein bissel Langeweile, als dieses sinnlose Morden, dieser Lärm, dieses Blutvergießen.
Was ist das? Was macht denn der Bomber dort, wo kommt der her? Hier ist doch eine Flugverbotszone, das heißt, er darf hier gar nicht lang Fliegen. Aber er tut es und zwar direkt auf meine Halle zu. Er wird doch nicht!!!
50 Jahre Arbeit zerstört von einem einzigen Menschen in weniger als einer Minute. Mein Lebenswerk, meine gesamte Arbeit und was noch viel schlimmer ist, meine ganzen Freunde, die mit mir an diesem Projekt gearbeitet haben, alle sind sie durch einen Menschen zerstört, in weniger als einer Minute ausgelöscht worden. Und wofür? Nur um den Krieg zu schützen, nur um die macht gierigen Politiker auf ihren Thron zu halten, von wo sie noch mehr Leid über die Menschen bringen können? Es nutzt nichts, ich werde mich wohl doch mit der Regierung von Utopia in Kontakt setzen müssen, um mit ihrer Hilfe meine Arbeit zu beenden.
Kapitel 25
Wenn es den Weltfrieden doch nur schon endlich geben würde, dann könnten wir unsere Religion auch wirklich ausleben. So müssen wir uns hier verstecken, in irgendwelchen Bergen, nur um keinen Krieg führen zu müssen. Damit wir nicht angegriffen werden, dürfen wir unsere Meinung nicht kundgeben und müssen unsere Religion im Stillen ausleben.
„Das Ziel aller sollte sein Frieden zu erlangen und mit allen Mitteln in Frieden zu leben.“ Das ist ein Gedanke unseren Buddhismus, aber um uns daran zu halten müssen wir, wie schon erwähnt, flüchten. Das ist nicht schön, denn unsere Religion könnte so vielen Menschen helfen ihren inneren Pol zu entdecken und ihn der gesamten Welt kundzutun.
Ich möchte mich aber auch gar nicht weiter beschweren, denn wir bekommen von den Kriegsmächten alles, was wir brauchen. Wir bekommen Lebensmittel, Kleider, Wasser, Baumaterial und vieles mehr. Aber, obwohl unser Leben eigentlich schon ziemlich einfach ist, könnte ich mir das Leben in Utopia viel leichter vorstellen. Ich wusste zwar bis her nicht, dass es dieses Land gibt, aber jetzt wo ich es weiß, stelle ich es mir ziemlich schön dort vor.
Kapitel 26
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, wir, die Regierung von Utopia freuen uns, sie hier alle bei der Telefonkonferenz zum Thema Weltfrieden begrüßen zu dürfen. Sicherlich werden wir heute noch keine großen Schritte machen, aber wir können versuchen Gemeinsamkeiten zu suchen.
Wir wissen, dass es nicht einfach sein wird, mehrere Jahre Krieg einfach so hinter sich zu lassen, auch ist uns klar, dass einige von ihnen nicht auf ihre Macht verzichten wollen und dass sie die Konflikte weiterhin auf ihre Weise lösen wollen. Aber auch diese Menschen müssen den Respekt anderen Menschen gegenüber lernen. Sie müssen lernen, dass nicht alles was für einen selbst Weiß ist, auch für den anderen Weiß ist. Für den anderen könnte dieses Weiß auch ein Hellblau oder ein dunkles Grün sein. Jeder von ihnen muss lernen, wie man auch einmal aus den Augen der anderen eine Sache betrachten kann und das diese Augen genauso richtig sehen können, wie die eigenen.
Wir wollen euch nicht drängen den Weltfrieden zu erreichen, aber wir wollen euch eine Stütze sein, diesen irgendwann einmal zu erleben. Friedensverträge, die übereilt sind, halten meistens nicht lange, denn wenn man sich die Statistiken so ansieht, so halten Friedensverträge meist nur 9 Jahre. 9 Jahre reichen allerdings nicht, um den Weltfrieden zu erreichen und ihn einzurichten. Wenn wir Weltfrieden als Ziel haben, so müssen wir diesen auf den sichersten Säulen bauen, die wir schaffen können. Und nicht nur die Säulen müssen stabil sein, sondern auch der Untergrund muss so fest sein wie Stahlbeton, und darf nicht nachlassen, nur wenn einmal ein wenig Druck auf diesen lastet.
Weltfrieden, das ist nur möglich, wenn wirklich jeder am selben Faden zieht und wenn jeder diesen Faden zu einem Seil anwachsen lässt. Für uns ist wichtig, dass sie lernen diesen Faden zu verdicken und es zu einem Seil werden zu lassen.
Wie gesagt werden wir heute hier in dieser ersten Telefonkonferenz nicht die Lösung aller Probleme finden, aber wir können schon die ersten Ansätze schaffen.
Kapitel 27
„Du sollst nicht Töten“ ist eines der 10 Gebote, die die Menschen von Gott bekommen haben. Doch sie töten, jeden Tag töten sie. Sie töten, um ihren eigenen Vorteil zu haben, sie töten, um ein wenig mehr Geld zu haben, sie töten, um ihre Lust zu befriedigen und sie töten, um ihre Macht auszubauen. Staaten schicken Menschen in den Tod, um ihre Demokratie anderen Ländern aufzuzwingen, Frauen schicken Killer auf ihre Männer los, um ein wenig mehr Geld zu erben oder um diesen nervenden Menschen einfach los zu werden. Wo man hinschaut, jeder verstößt gegen die Gesetze Gottes, aber alle wollen, dass Gott uns weiterhilft, dass er uns ins Licht des Friedens führt und uns dann alles abnimmt, was ein wenig unangenehm sein kann. Aber das kann und darf so nicht mehr sein. Der Mensch muss nach den Regeln Gottes leben, wenn er den Weltfrieden haben möchte. Der Mensch soll sich nicht vor Gott fürchten und er soll auch nicht verlangen, dass Gott alle Aufgaben für ihn löst. Gott hilft uns gerne, aber nur wenn wir auch ihn helfen.
Kapitel 28
Sie verhandeln, endlich verhandeln sie. Ich weiß zwar nicht, ob es wirklich was bringen wird, aber das sie verhandeln kann einen den Optimismus schon wieder bringen. Jede Zeitung behauptet jetzt zwar, dass ihre Regierung den ersten Schritt gemacht hätte und das ihre Regierung die treibende Kraft bei den Friedensverhandlungen ist, aber das ist nun einmal so, Propaganda funktioniert so, und jeder möchte auch noch die nächste Wahl für sich entscheiden.
Die ersten Verhandlungen sollen zwar in einen Unendlichen Chaos geendet sein und die einzelnen Parteien haben den jeweils anderen vorgeworfen nicht wirklich eine Lösung herbeibringen zu wollen, aber sie haben sich nicht total zerstritten und sie haben auch schon einen neuen Termin für die zweite Telefonkonferenz festgelegt. Das lässt hoffen, aber es darf nichts erzwungen werden. Dieser Krieg darf diesmal nicht mit Verlieren enden, alle müssen Sieger sein, sodass niemand einen Grund hat, erneut einen Krieg zu beginnen.
Was ich meine lässt sich an dem Beispiel des Ersten Weltkrieges erklären. Die Gewinner erklärten Deutschland zum Schuldigen des Krieges und zwangen ihnen Sachen auf, die eine junge Demokratie zum Scheitern verurteilt hat. Mehrere Milliarden an Reparationszahlungen, keine eigene Kriegsproduktion und andere Sachen sorgten dafür, dass nur ein paar Jahre später wieder von Deutschland ein Krieg ausging, der die bis dahin grausamsten Ausmaße annahm und mit dem Abwurf der ersten Atombombe endete.
Und genau so darf der neue Frieden nicht aufgebaut werden, es darf niemanden die alleinige Schuld auf gezwängt werden und es darf niemand mit sinnlosen Strafen überzogen werden. Nur durch ein faires Umgehen miteinander kann ein dauerhafter Weltfrieden erreicht werden.
Kapitel 29
Sollen die doch Verhandeln, die brauchen eh Jahre um sich zu einigen, solange ist mein Job sicher und so lange kann ich mit den anderen Generälen hier noch weiter Schach spielen und ab und an mal Gewinnen. Und wenn der Frieden dann einmal beschlossen ist, werde ich mich um die Ausbildung kümmern, um die Soldaten für den nächsten Krieg auszubilden. Denn sind wir doch einfach mal ehrlich, wir Menschen sind viel zu primitiv, um wirklich einen Weltfrieden aufrecht zu erhalten. Mir persönlich wäre es ja total egal, ich könnte auch im Frieden Schach spielen und würde vielleicht auch ein paar Wettbewerbe gewinnen und einen anderen Beruf würde ich mit Sicherheit auch finden, den ich ausüben könnte. Allerdings gibt es da diese Machtmenschen, die einfach gar nicht anders können, als ständig nach Macht zu streben und ihren Machtbereich auszubauen. Und genau diese Menschen machen den Weltfrieden unmöglich. Auch bleibt die Frage, ob es den Menschen nicht irgendwann einmal langweilig werden würde, wenn immer nur Friede, Freude, Eierkuchen ist und ob er dann nicht freiwillig wieder einen Krieg haben wollte.
Aber wie schon gesagt, mir wäre es egal, sollen sie doch den Weltfrieden einführen, umso weniger Mütter können mich nerven, warum ich ihre Kinder denn bitte schön in den tot geschickt habe.
Kapitel 30
Wir, die Regierung von Utopia, freuen uns sie hier zur zweiten Telefonkonferenz begrüßen zu dürfen. Auch wenn die erste Konferenz am ende etwas im Chaos geendet ist, haben wir doch einige Punkte finden können, die wichtig sind, um den Weltfrieden zu erreichen. Zum einen haben sie gesagt, dass die Religionen eine Diskussion führen müssen, deren Ende ein Frieden zwischen den Religionen als Ergebnis bringen soll. Auch haben wir festhalten können, dass wir eine neue Gesellschaftsform benötigen, um den Frieden zu sichern und das wir wohl nicht darum herum können, einen Weltstaat zu gründen, unter den sich die Nationalstaaten unterordnen müssten. Jeder von ihnen wollte diese Punkte in seinen Parlament diskutieren lassen und hier heute Lösungsansätze bringen. Wir sind wirklich gespannt, welche Ansätze sie gefunden haben und wie sie diese den anderen Teilnehmern näher bringen wollen.
Kapitel 31
Und wieder beginnt ein Tag, an dem sich die Welt im Krieg befindet. Wieder geht die Sonne irgendwo auf, wird aber verdeckt vom Rauch der Bomben und den brennenden Häusern und Bäumen. Wieder sieht man überall das Leid und doch steht niemand auf und wehrt sich gegen diesen Zustand. Alle Akzeptieren dieses grau in grau und keiner sagt etwas. Die Studenten spielen fleißig Studenten und denken nicht mal daran, gegen dieses System vorzugehen. Wenn ich da an den Zweiten Weltkrieg und an Sophie Scholl zurückdenke, denke ich an Zeiten des gewaltlosen Widerstandes, ich denke an Menschen, denen nicht alles gleichgültig war und die erkannt haben, was in ihrer Zeit los war. Und heute? Heute findet man nicht mal den Ansatz eines Flugzettels und das, obwohl die Zeiten anders sind. Heute wird niemand geköpft, der sich gegen den Krieg ausspricht, er wird zwar für verrückt erklärt und in eine Anstalt gesperrt, aber dort lässt es sich leben. In den Anstalten gibt es den puren Luxus und man ist auch nicht isoliert, sondern man kann Kontakt zur Außenwelt aufnehmen, man kann also auch von dort aus den Kampf gegen den Krieg weiterführen.
Aber es gibt keinen Widerstand, die Menschen sind gleichgültig geworden. Sie sehen nur noch ihre eigenen Vorteile und versuchen gar nicht mehr den anderen zu helfen. Die Menschen sind stumpf geworden, sie sagen zu allem ja und Diskutieren wollen sie schon gar nicht mehr. Sie haben verlernt zu kämpfen, sie haben verlernt eine Diskussion zu führen, sie haben verlernt, eine eigene Meinung zu haben.
Wer will es ihnen aber verübeln? Ich bestimmt nicht! Ich weiß welcher Propaganda sie täglich und schon seid Jahren ausgesetzt sind. Ich weiß, dass die meisten gar keinen anderen zustand kennen, außer den des Krieges und doch bin ich enttäuscht über diese Menschen. Und ich bin erschrocken, wenn ich in ihre Augen schaue, denn dort ist nichts mehr zu sehen, so als ob sie Roboter wären. Als ob ihnen ihr Tagesablauf einprogrammiert wurde und sie zu gar nichts anderen in der Lage sind. Man sieht kein Feuer in den Augen von Verliebten, so als ob sie gar nicht verliebt sind. Man sieht keinen Ehrgeiz in den Augen der Ehrgeizigen, so als ob sie Angst hätten.
Die Welt ist langweilig geworden und das, obwohl wir uns im Krieg befinden. Von der Front kommen täglich dieselben Nachrichten. Gekämpft wird eh nur auf abgesperrtem Gebiet, alle anderen Gebiete werden in Ruhe gelassen. So als ob diese Gebiete große Testgebiete wären und die Soldaten die Versuchstiere. Es kann also keine Gewinner und keine Verlierer geben und das Traurige ist, die Soldaten wissen das, sie hoffen, dass sie ihre Zeit überleben und dann in ihr trübes, langweiliges Leben zurück können. Sie haben nicht einmal Angst, obwohl sie an die Front gehen, sieht man keine Angst in ihren Augen, sie kämpfen einfach nur noch und kommen wieder, oder auch nicht.
Unsere Politiker diskutieren jetzt über den Weltfrieden, aber kommt dieser nicht zu spät? Oder musste der Krieg geführt werden, um alle Menschen abzustumpfen, damit dann der Weltfrieden realisiert werden kann? War dieser Vierte Weltkrieg einfach nur ein Mittel um alle Menschen gleichzuschalten? Ich weiß nicht, ob der Weltfrieden die Welt wirklich wieder schöner macht. Ich glaube zu wissen, dass dies nicht der Fall sein wird.
Früher, als ich noch Student war, wurde in der Mensa noch diskutiert, heute sitzen die Studenten einfach nur noch da und essen und trinken. In der Mensa ist kein Wort zu hören und auch nicht in den Fluren der Uni. So als ob die Welt leer wäre, als ob gar kein Mensch hier ist, alles tot, alles verloren.
Doch, der Weltfrieden ist möglich, mit diesen Menschen ist er möglich, aber er ist nicht mehr erstrebenswert, denn diese Menschen sind tot, sie brauchen keinen Weltfrieden mehr, sie brauchen nur noch ihren Sarg und eine Schaufel um ihr Grab zu graben.
Kapitel 32
Mein Junge ich glaube ich bin taub geworden! Ich weiß, ich kann dich verstehen aber ich höre keine Musik mehr. Die Musik ist schon vor Jahren verstummt, aber ich kann nicht glauben, dass der Mensch Jahre lang ohne Musik auskommt. Ich glaube, ich habe das Musikhören verlernt. Oder wo ist die Musik hin? Hat der Krieg auch die Musik getötet? Gibt es denn im Weltfrieden wieder Musik, gibt es dann wieder Menschen die Musik machen? Menschen die Gitarre spielen, Menschen, die Singen, Menschen die einfach glücklich sind?
Mein Junge gibt es denn wirklich keine Musik mehr? Wie kannst du deine Jugend nur ohne Musik verbringen? Gibt es denn gar keine Band, keinen Sänger, keine Sängerin, von der du Lieder hörst? Gibt es denn überhaupt keinen Ton in deinen Leben, der nicht nur gesprochen ist oder von einer Waffe ausgelöst wird? Gibt es keine Melodie?
Mein Junge, wenn die Musik erst einmal tot ist, ist auch die Menschheit tot, dann brauchen wir auch keinen Weltfrieden mehr, dann können die Menschen auch so weitermachen, wie sie es bis jetzt gemacht haben.
Kapitel 33
Wann habt ihr das letzte Mal eine Diskussion geführt? Wir hier in Utopia machen das regelmäßig und das kann so was von befreiend sein. Täglich gibt es Situationen, wo man mal etwas falsch verstehen kann oder anderer Meinung ist, es aber nicht gleich ausdiskutieren kann. Wenn man das zu lange in sich hinein frisst und nie darüber spricht, dann ist das ein Grund, warum Gewalt entsteht. Wir nehmen uns in der Woche aber mindestens einmal die Zeit, um mit anderen zu diskutieren. Meist bei nen Glas Bier oder Wein und es bringt uns allen was. Erstens kann man Probleme und Missverständnisse gleich aus der Welt schaffen und zweitens kann man dadurch auch persönlich dazu lernen.
Früher als ich noch nicht in Utopia war gab es keine Diskussionen, es gab keine Konflikte, jeder war total abgestumpft und richtig war sowieso nur was die Propaganda uns mitzuteilen versuchte.
Hier in Utopia habe ich gelernt, dass man die Wahrheit nicht mit zwei Augen sehen kann, sondern dass man Wahrheit nur erkennen kann, wenn man es mit vielen Augen sieht und dass die Wahrheit dadurch noch komplexer und interessanter wird. Mit zwei Augen kann man nicht soviel Wahrnehmen, wie es mehrere Augen machen, die dasselbe beobachten. Ich bin glücklich darüber, das Diskutieren gelernt zu haben und es auch regelmäßig zu machen. Und ich glaube, die restlichen Menschen in meinem alten Land würden sich genauso darüber freuen, dass zu lernen.
Kapitel 34
Alkohol, oh Alkohol du machst nicht nur die Birne hohl, nein auch den Krieg machst du erträglich, oh Alkohol ich lieb dich wirklich.
Eigentlich sollte man den Alkohol ja abschwören, aber wozu? So habe ich wenigstens ein wenig Spaß im Leben und außerdem kann ich super mit mir selbst diskutieren, andere Menschen tun das ja nicht mit mir. Über was ich so im Vollrausch mit mir selbst diskutiere? Ach, das ist schon lustig. Ich überlege mir, wo die Liebe geblieben ist und wie man die wohl wieder in anderen Menschen erwecken könnte. Doch die Liebe vermisse ich irgendwie und den Hass und die Brügelpause nach der Disco und das streiten und das Beleidigen. Aber nein, keiner macht mehr mit, keiner will mir diesen Spaß können.
Alkohol oh Alkohol, du machst nur mir die Birne hohl, denn alle anderen sind so klar, die Welt ist nicht so, wie sie früher einmal war.
Kapitel 35
Sie wollen also das Wort Weltfrieden erst einmal genau Definieren bevor sie mit den Verhandlungen fortfahren? Dann werde ich ihnen die Definition für dieses Wort einmal aus Sicht der Regierung von Utopia geben.
Weltfrieden bedeutet, dass nirgendswo auf der Welt kriegerische Akte vorgenommen werden. Das heißt, das keine Bomben mehr abgeworfen werden, keine Mienen mehr versteckt, keine Gewehre mehr abgefeuert, keine Granaten mehr geworfen und keine Fallen mehr gebaut werden dürfen. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und dieses Recht darf durch den Staat nicht eingeschränkt werden. Weltfrieden bedeutet auch, dass jeder Mensch das Recht hat, mit einem anderen zu Diskutieren ohne diesen Gewalt anzutun.
Weltfrieden das ist das friedliche Zusammenleben mit anderen Staaten. Weltfrieden macht die Kriegsindustrie überflüssig und setzt die Vernichtung aller Waffen vor raus, auch wenn diese nur zur Verteidigung gedacht sind.
Weltfrieden ist aber auch der Frieden unter den einzelnen Religionen. Weltfrieden beinhaltet den Respekt gegenüber allen Religionen und den Dialog unter den Religionen. Ohne Dialog der Religionen wird es auch keinen Weltfrieden geben, darum ist es wichtig, dass zu erst die Führer der Religionen miteinander Reden und ihre Probleme lösen.
Weltfrieden verbietet die Unterdrückung der Menschen durch den Staat, und Weltfrieden verbietet gewaltsame Konflikte.
Meine Herren, lassen sie sich diese Definition auf der Zunge zergehen und überlegen sie sich bitte, wie sie hier zu einem erfolgreichen Ergebnis kommen können. Bitte bedenken sie, dass sie auch weiterhin nicht unter Druck arbeiten müssen, da wir keinen Friedensvertrag haben wollen, der wieder nur 9 Jahre hält, sondern einen für die Ewigkeit.
Kapitel 36
Ich verkaufe den Weltfrieden in kleinen, für den Menschen noch gerade so zu verkraftenden Dosen. Nebenwirkungen wie Abschaffung von Weltfriedenswaffenproduktionen sollte es keine geben und auch Bomben und Mienen sollte es weiterhin ohne Probleme geben. Diese Dinge wurden durch leichte Drogen ersetzt, die uns diesen Sachen Positiv gegenüber werden lassen.
Sind wir doch ehrlich, wenn wir ihnen den puren Weltfrieden verkaufen würden, dann würden sie sich doch langweilen. Wenn wir keine Bomben mehr werfen würden und es keine Mienen mehr gäbe, wo bekämen sie dann ihre Unterhaltung her?
Diese kleinen Dosen Weltfrieden wurden vorher an Versuchstieren getestet und für gut befunden, darum wurde uns auch die Markteinführung erlaubt. Alles, was sie brauchen ist, ein Rezept von ihrem Arzt und schon kann es losgehen.
Das Ganze kostet sie nicht einmal ein Vermögen, pro Packung zahlen sie gerade einmal 10 Einheiten ihrer gegenwärtigen Währung.
Sollten doch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten suchen sie bitte sofort ihre Irrenanstalt auf und lassen sie sich einweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Pharma Großunternehmen
Kapitel 37
Mit der Bekanntgabe der Definition für Weltfrieden hat unsere Regierung für ganz schönen Wirbel gesorgt. Wenn ihr gesehen hättet, wie die Kriegsindustrie reagiert hat, nachdem diese Definition in den Medien veröffentlicht wurde. Zehntausende von Menschen gingen auf die Straße und Demonstrierten für ihre Jobs, die sie sich nicht durch irgendeine kranke Idee kaputtmachen lassen wollen.
Weltfrieden und kranke Idee, da fragt man sich doch eigentlich, wie krank die Menschheit schon ist. Wo ist da noch der Sinn? Sie lieben es sich zu bekriegen, sich mit Bomben zu bewerfen und durch Mienen ums Leben zu kommen. Ich glaube, sie finden es sogar super in Bombenschutzkellern schlaffen zu müssen und jede Nacht mit der Angst leben zu müssen, dass dies durchaus die letzte Nacht sein könnte. Ist diese Menschheit überhaupt noch zu retten? Kann man diesen Menschen denn überhaupt den Weltfrieden bringen und wenn ja, wie kann man sie davon überzeugen, dass Weltfrieden etwas Gutes ist und nichts Schlechtes? Ich glaube, man kann ihnen das Ganze nicht einmal übelnehmen. Sie leben schon so lange im Krieg und ihre ganze Lebenssituation hat sich durch den Krieg verbessert. Wenn man ihnen jetzt sagt, dass dieses im Frieden genauso möglich ist, muss sie das ja abschrecken, da sie vorher im Frieden die Massenarbeitslosigkeit gewohnt waren und die Armut, die, die es jetzt im Krieg nicht mehr gibt. Es ist schon Paradox, aber der Mensch muss anscheinend leiden, um sich gut zu fühlen. Er muss anscheinend ständig mit dem tot konfrontiert werden, um das Leben genießen zu können.
Aber noch gibt unsere Regierung nicht auf, denn wir haben hier in Utopia ja ein funktionierendes Beispiel und das ist durchaus auch auf die Welt anzuwenden. Und solange unsere Regierung da noch Hoffnung sieht, solange sehe ich diese Hoffnung auch und solange werde ich sie auch in meinen Herzen tragen. Denn Weltfrieden bedeutet auch, dass ich wieder nach Hause kann, dorthin, wo ich geboren wurde und wo meine ganzen Verwanden und Freunde leben, auch wenn sie mich zur Zeit nicht mehr wirklich als ihren Freund ansehen, weil ich sie dort allein gelassen habe und hier nach Utopia geflohen bin.
Kapitel 38
Habt ihr schon das Neueste gehört? Die Menschen zu Hause reden von Weltfrieden, das würde heißen, dass wir uns hier nicht mehr gegenseitig töten müssten, wir hier an der Front. Was wäre das doch für ein schöner Traum, kein Krieg mehr, kein Kampf mehr um das überleben und auch keine Angst mehr, den nächsten Tag nicht mehr zu erleben. Obwohl, eigentlich hat man mehr Angst davor, den nächsten Tag noch zu erleben, noch mehr Menschen töten zu müssen, damit die Kriegsindustrie funktioniert und jeder genügend Geld hat. Also jeder der hier nicht an der Front ist und mit dem Gewehr auf andere Menschen schießt, denn wir haben nichts von diesem Geld, wir sterben nur dafür. Aber wenn es den Weltfrieden gibt, dann würden wir auch was vom Geld haben und wir könnten in weichen Betten schlafen, wieder mit Freunden weggehen und Frauen kennenlernen.
Mein Vater hat zu mir gesagt, dass er stolz auf mich ist, dass ich an die Front gehe und er hat gesagt, er ist froh, wenn ich wieder nach Hause komme, aber wenn ich hier an der Front sterben sollte, dann trauert er nicht, sondern ist stolz auf mich und gibt ein großes Fest für den gefallenen Sohn. Ist das nicht Paradox? Mein eigener Vater freut sich darüber, wenn ich hier an der Front falle. Ich glaube er hat es auch nur auf das Geld abgesehen, was die Eltern für ihr gefallenes Kind bekommen, als ob man ein Leben mit Geld bezahlen könnte.
Ich hoffe, dass der Weltfrieden bald kommt und das ich ihn noch erleben werde und ich diesen sinnlosen Krieg hier überlebe. Auch wenn mein Vater dann nicht ganz so stolz auf mich ist, ich bin es dann wenigstens selbst und ich kann endlich auch mal den Frieden erleben.
Kapitel 39
Unsere Regierung hat eine super Idee! Wir bekommen alle 5 Telefonnummern von Menschen im Kriegsgebiet und müssen diese anrufen und sie in Diskussionen verwickeln. Wir sollen diesen Menschen den Weltfrieden näher bringen, und so viele, wie möglich, von dieser guten Sache überzeugen. Das Prinzip was dahinter steckt ist klar, denn ein Weltfrieden kann nicht nur von oben, von den Politikern kommen, sondern muss auch von unten langsam wachsen. Bäume fallen ja auch nicht vom Himmel, sondern wachsen ganz langsam aus dem Boden. Und diese Bäume müssen gesät werden.
Ich habe meine fünf Telefonnummern schon bekommen, weiß aber noch nicht, wie ich das Gespräch anfangen soll und auch noch nicht, wie ich diese Menschen dann so beeindrucken kann und so vom Weltfrieden überzeugen kann, dass sie von ihrer Seite diese Argumente dann an 5 andere Menschen weitergeben. Es ist schwer die richtigen Saatkörner zu finden, die dann auch stark genug sind, um unter den schlechtesten Bedingungen zu keimen und zu wachsen. Aber ich werde natürlich mein bestes geben, so wie unsere Regierung ihr Bestes gibt, die Politiker vom Weltfrieden zu überzeugen. Nur wenn ich es schaffe den Weltfrieden an diese fünf Menschen zu vermitteln kann es unserer Regierung möglich sein, den Weltfrieden an die Politiker zu vermitteln, die durch diesen nicht nur an Macht und ansehen verlieren würden, sondern auch an Reichtum.
Ich möchte also meine Worte sähen und den Weltfrieden ernten. Ich hoffe ich habe Erfolg.
Kapitel 40
Denken wir doch einmal ganz genau über den Weltfrieden nach, ich meine, alle Reden davon aber keiner macht sich überhaupt Gedanken darüber, wie er konkret aussehen würde. Dabei entstehen dabei doch viele Fragen. Sind bei einem möglichen Weltfrieden denn überhaupt noch Nationalstaaten nötig? Brauchen wir dann noch so viele Sprachen? Wäre es nicht nötig einen Weltstaat zu gründen? Wie setzt sich dieser Weltstaat zusammen? Wer regiert ihn? Und das Wichtigste, was wird zur Weltsprache und was wird mit den ganzen Nationalsprachen?
Wenn ich jetzt direkt auf diese Fragen antworten müsste, würde ich wohl sagen, dass der Weltfrieden einen Weltstaat vor raus setzt und dass die Menschen auf ihren Nationalstaat verzichten müssten. Natürlich müsste dieser Staat von irgendjemandem regiert werden und es müsste eine ganz neue Gesellschaftsform geben. Was zu einem Staat auch gehört ist eine einheitliche Sprache, was aber nicht bedeutet, dass die regionalen Sprachen aussterben müssten.
Aber ich muss auf diese Fragen nicht antworten und mich wird auch niemand Fragen. Oder haben sie schon einmal auf die Meinung eines Menschen gehört, der in einer Irrenanstalt sitzt, um dort von Doktoren geheilt zu werden?
Kapitel 41
Nun ist es also soweit, ich werde den ersten Menschen anrufen, der sich hinter dieser Nummer hier versteckt. Es klingelt, oh, es nimmt sogar jemand ab.
„Hallo? Wer spricht da bitte?“
„Ja Hallo, ich heiße Thorsten und rufe sie aus Utopia an. Ich wollte ...“
„Utopia? Sie sind also einer dieser Irren die versucht unser gesamtes Weltsystem durcheinanderzubringen und die uns unbedingt den Weltfrieden aufdrängen wollen. Aber hören sie mir mal zu, sie können uns ja vieles erzählen, aber wenn ich meinen Job verliere durch diesen Weltfrieden, zahlen sie, zahlt mir Utopia dann mein Geld weiter, damit ich meinen Lebensstandard halten kann und meine Familie ernähren kann?“
„Sie haben recht, ich möchte mit ihnen über den Weltfrieden reden. Ich verstehe auch das Sie nicht wirklich erfreut darüber sind, dass ihnen ein System genommen werden soll, welches ihnen einen hohen Lebensstandard und Arbeit garantiert, aber glauben sie mir, dieser Lebensstandard ist auch im Weltfrieden möglich und es kann auch für jeden Arbeit geb...“
„Für jeden Arbeit sagen sie, wollen sie mich verarschen? Ich arbeite in der Kriegsindustrie und ich würde als Erstes meinen Job verlieren, wenn der Weltfrieden denn eingeführt werden sollte, oder wollen sie mir etwa sagen, dass wir im Weltfrieden noch Bomben und Mienen brauchen würden? Ich habe die Zeit vor dem Krieg erlebt, den Frieden, und ich weiß, dass wir dort viel zu wenig Arbeit hatten, wir hatten mehrere Millionen Menschen, die arbeitslos waren und sie können mir sagen was sie wollen, in einem erneuten Frieden würde diese sofort wieder so sein oder wo sollen die Jobs herkommen, die durch die Kriegsindustrie wegfallen?“
„Es gibt so viele Bereiche in denen wieder neue Jobs entstehen könnten. Nehmen wir doch die Weltraumforschung oder die Besiedlung anderer Planeten. Wir waren doch einmal schon fast soweit, und dann ist der Krieg ausgebrochen und hat alles kaputtgemacht. Wenn wir erst einmal den Weltraum besiedeln können, gibt es auch genügend Arbeit für alle. Und davor sind diese Arbeitsplätze in der Forschung zu finden.“
„Weltraumforschung? Wenn sie sagen, dass es dort genügend Jobs gibt, verraten sie mir doch, warum diese dann nicht schon vor dem Krieg vergeben wurden und warum wir dann nicht schon vor dem Krieg in den Weltraum aufgebrochen sind, wenn wir doch so nah dran waren? Das ist doch alles nur Einbildung, die Jobs, von denen sie sprechen, gibt es nur in ihrer Phantasie und nicht in unserer realen Welt.“
„Dass der Weltfrieden natürlich nicht mit der alten Gesellschaftsform möglich ist, ist uns allen klar. Solange es den Kapitalismus als Gesellschaftsform gibt, wird es keinen Weltfrieden geben, weil es hier immer Menschen gibt, die immer mehr Geld haben wollen ...“
„Ach ja, und warum funktioniert dieser Kapitalismus dann jetzt im Krieg so gut? Hören sie mir auf und vor allen, welche Gesellschaftsform wollten sie denn dann einführen? Doch nicht etwa den Kommunismus, oder? Wenn das ihre Überlegung war, dann kann ich ihnen sagen, lesen sie mal Geschichtsbücher, denn dann werden sie erkennen, dass der Kommunismus schon vor langer Zeit gescheitert ist.“
„Ich wollte ja auch nicht den Kommunismus als Gesellschaftsform einführen, ich weiß, dass diese Form gescheitert ist, wie gesagt, es müsste eine neue Gesellschaftsform her, eine, wo nicht das Kapital den Mittelpunkt bildet, sondern wo der Mensch der Mittelpunkt ist ...“
„Was soll denn der Mensch im Mittelpunkt? Haben sie sich denn schon einmal Gedanken über so eine Gesellschaftsform gemacht? Gibt es denn in ihren Utopia schon eine genaue Vorstellung von dieser Gesellschaftsform? Wenn ja, dann können sie mir ja jetzt genau erklären und mich davon überzeugen, dass diese wirklich funktionieren kann.“
„Nein, aber ...“
„Nein, sie haben sich noch keine Gedanken gemacht? Warum will ihre Regierung dann den Weltfrieden einführen, sie haben doch eben selbst gesagt, dass dieser im Kapitalismus nicht funktionieren kann. Sie können mich ja gerne noch einmal anrufen, wenn sie sich über ihre ach so gute Gesellschaftsform Gedanken gemacht haben und sich überlegt haben, wie diese funktionieren kann. Ich muss jetzt Arbeiten ..."
Aufgelegt, einfach so, eiskalt aufgelegt! Und noch eiskalter hat er mich aus gekontert, dabei dachte ich, ich habe mich auf dieses Telefonat gut vorbereitet. Aber ich bin ja nicht mal wirklich zu Wort gekommen und er hat alles meiner Argumente locker entkräftet. Bevor ich jetzt die nächste Person anrufe, sollte ich mir meine Vorgehensweise noch einmal genau überlegen.
Kapitel 42
Nun rufen diese Idioten aus Utopia schon unsere Bürger und Bürgerinnen an und wollen ihnen einreden, wie gut doch dieser Weltfrieden ist. Ich frage mich was das soll und was sie damit erreichen wollen? Und dabei sagen sie immer, sie wollen auf uns gar keinen Druck ausüben, sie wollen das sich der Weltfrieden langsam entwickelt. Wenn das so ist, dann sollen sie uns mal machen lassen, wir finden schon eine Lösung, die für uns alle, außer vielleicht für Utopia, zufriedenstellend ist. Ich frage mich, wie die in Utopia wohl reagieren würden, wenn wir bei denen anrufen würden und dort versuchen würden, die Bürger vom Weltkrieg zu überzeugen, ich glaube das würden sie gar nicht lustig finden.
Aber naja, unsere Propaganda funktioniert noch ziemlich gut, also sollen sich die Utopianer doch ihre Zähne ausbeißen, und wie wild telefonieren, sie werden eh nichts erreichen.
Kapitel 43
Nun ist es also soweit, ich werde nun die zweite Person von meiner Liste anrufen. Eine wirklich gute Strategie habe ich zwar immer noch nicht, aber sehr viel länger aufschieben sollte ich dieses zweite Telefonat auch nicht. Wir haben hier ein Ziel und dieses Ziel werden wir umsetzen, zumindest werden wir es versuchen. Was dann am Ende raus kommt, ist ungewiss, aber es ist alles möglich und daran sollten wir glauben.
„Guten Abend, Müller hier, wer spricht da bitte ..."
„Einen wirklich schönen Abend wünsche ich ihnen. Mein Name ist Thorsten und ich rufe sie aus Utopia an. Ich würde gerne mit ihnen ein wenig reden, über Gott und die Welt, über Krieg und Frieden und natürlich auch über Sie. Haben sie vielleicht ein wenig Zeit dafür?“
„Einen schönen Abend wünsche ich auch ihnen. Natürlich weiß ich schon, warum sie hier bei mir anrufen. So etwas spricht sich ziemlich schnell herum und sorgt hier auch ganz schön für Aufregung. Die ersten Erfolge konnten einige ihrer Staatsbürger ja auch schon erreichen. Immer mehr Menschen gehen hier auf die Straße und fordern den Weltfrieden. Dabei geht es ihnen in unserem heutigen System so gut. Jeder hat essen, jeder hat genügend Geld um sich alles leisten zu können, was sie haben wollen und der Krieg spielt sich nicht direkt vor ihren Haustüren ab und doch lehnen sie sich jetzt gegen dieses System auf, also müssen sie ja ein paar sehr gute Argumente haben. Ich werde mir diese jetzt einfach einmal anhören und ihnen dann sagen, was ich davon halte.“
„Gute Argumente? Ich glaube gegen ein System, in welchen Menschen sinnlos getötet werden und die Umwelt sinnlos zerstört, gegen solch ein System braucht es nicht viele Argumente!“
„Guter Mann, der Krieg sorgt dafür, dass wir Menschen die Erde nicht Überbevölkern, und die Umwelt wird auch nur im geringen Maße zerstört, da die Gebiete, in denen Krieg geführt wird, abgegrenzt sind.“
„Aber wozu wird der Krieg denn eigentlich geführt? Ich meine, keiner kann etwas gewinnen, niemand wird auch nur einen Zentimeter Land gewinnen. Und das mit der Überbevölkerung lasse ich auch nicht gelten, ich meine es sterben genügend Menschen durch Krankheit, durch Unfälle, durch Morde oder durch das Alter. Der Mensch selbst muss sich also nicht auch noch selbst ausrotten. Außerdem, was ist mit den Müttern und den Vätern, die noch nicht so gleichgültig sind und um ihr Kind noch trauern, ist es diesen zuzumuten, dass sie diese schmerzen auf sich nehmen müssen?“
„Der Mensch kommt, der Mensch geht. Der eine Früher, der andere Später. So ist es nun einmal im Leben und darum braucht man nicht trauern, wenn ein Mensch stirbt. Vielmehr muss man versuchen sich sein Leben so angenehm wie möglich zu machen und das geht in unserer Welt nun einmal nur mit Geld.
Kino kostet Geld, Essen kostet Geld, Bowling kostet Geld, alles, was Spaß macht, kostet Geld, genauso wie alles was wir zum Leben brauchen Geld kostet und genau deshalb ist es doch wichtiger, ob es der Gesellschaft gutgeht, und nicht, ob es den einzelnen Soldaten gutgeht. Er stirbt ja nicht umsonst, sondern für unseren Reichtum. Und das es diesen Reichtum in Friedenszeiten nicht geben kann, dass haben wir doch nun schon sooft miterleben können. Und wenn ich ehrlich bin, haben sie mir bis jetzt auch noch keinen interessanten Gedanken, keine neue Idee gebracht, die mir genau dieses, den Weltfrieden, schmackhaft machen würde.“
„Gehen wir doch einmal davon aus, dass der Krieg nicht mehr in seinen vorgeschriebenen Gebieten abgehalten wird, sondern sich auf die gesamte Welt ausbreitet. Dann wäre der Luxus doch auch vorbei. Dann müsste jeder Angst um sein Leben haben, Kino wäre wohl nur noch schwer möglich, wenn man immer im Luftschutzkeller leben muss und überhaupt, der Geldfluss würde zum Erliegen kommen, was würde uns der Krieg dann noch bringen, außer schrecken und Leid? Wer verspricht uns denn, dass der Krieg wirklich immer nur in diesen Grenzen geführt wird, wie es heute der Fall ist? Niemand! Schon Morgen könnten Bomben auf jedes Haus fallen und dann wären die Vorteile, die sie gerade vorgebracht haben, allesamt vom Tisch.
Im Weltfrieden jedoch könnte man diese Vorteile weiterhin haben, ohne dass Menschen sinnlos sterben würden, ohne dass Bomben abgeworfen werden und ohne das die Umwelt in diesen Gebieten zerstört wird.
Wenn man den Weltfrieden auch noch richtig angeht, dann könnte sich der Mensch ganz neue Ziele setzen. Er könnte versuchen auf der ganzen Welt den Hunger auszurotten. Man könnte den Weltraum erforschen, neue Planeten entdecken, neue Lebensräume und neue Produktionsmöglichkeiten finden. Die Weltraumforschung, die ja leider zum Erliegen gekommen ist, seit dem Krieg herrscht, könnte die Arbeitsplätze ersetzen, die in der Kriegsindustrie verloren gehen, sie könnte neue Arbeitsplätze schaffen, wo dann die Leute unterkommen, die jetzt als Soldaten unterwegs sind und sie könnte für die Menschheit viele neue, friedliche Möglichkeiten aufzeigen, um ihre Produktivität einzusetzen. Durch die Weltraumforschung, wenn sie denn dann richtig betrieben wird, könnte jeder in Wohlstand leben und das ohne Krieg.“
„Aber die Weltraumforschung gab es vor dem Krieg schon und da hat sie es eben nicht geschafft, diese Arbeitsplätze zu schaffen, da hat sie es nicht geschafft, jeden Menschen Wohlstand zu bringen. Warum sollte sie es also jetzt unbedingt schaffen?“
„Das lag und liegt aber am Kapitalismus! Dieses System macht einige wenige Menschen reich und die anderen, trotz Arbeit, arm. Wenn wir den Weltfrieden wirklich versuchen wollen, dann muss auch hier ein neues System gefunden werden. Es muss dann ein System sein, wo jeder von seiner Arbeit leben kann und nicht nur der Einzelne Reich wird. Ein System, wo Geld auch wieder in den Markt investiert wird und nicht nur aus diesem herausgezogen. Denn nur dann kann ein System funktionieren und dann wird auch jeder Mensch im Frieden glücklich sein.
Der Kapitalismus funktioniert nur im zusammen mit Krieg. Denn der Kapitalismus braucht immer einen Markt, wo er Geld verdienen kann. Bomben und Waffen, das ist genau der Markt, wo man dieses Geld verdienen kann und wo es immer wieder einen Kreislauf geben wird. Allerdings wird dieser Kreislauf auch irgendwann einmal ein Ende haben. Dann nämlich, wenn die Staaten kein Geld mehr haben, um die gesamten Bomben zu bezahlen, wenn sie zu verschuldet sind, um Krieg zu führen und dann, dann wird es allen Menschen schlechtgehen und jeder wird sich fragen, wie es soweit kommen konnte. Und dann, was wollt ihr dann machen? Wo wollt ihr dann Krieg führen?“
„Inzwischen werden ihre Gedanken interessant, aber sagen sie mir doch schnell, wie würde dieses neue System denn aussehen, von welchen sie eben gesprochen haben? Nachdem der Kapitalismus über Jahrzehnte das eine System war, was wirklich funktioniert hat. Weder der Kommunismus noch der Sozialismus haben es geschafft, welches System soll nun also den Kapitalismus ersetzen?“
„Also, dieses neue System müsste natürlich erst einmal entwickelt werden und dann ...“
„Ach so, sie wollen jetzt den Weltfrieden, haben aber nicht das dazu passende System? Da muss ich doch sagen, bin ich mit dem was wir jetzt haben doch sehr zufrieden. Überlegen sie sich doch mal ihr neues System und dann können sie mich ja gerne noch einmal anrufen ......“
Kapitel 44
Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen, seid ich das letzte Telefonat geführt habe. Ich wollte mir ernsthaft ein neues System einfallen lassen. Ein System, in dem es alles Menschen gutgeht, in dem jeder Arbeit hat und im Wohlstand leben kann. Aber dieses System kann es nicht so einfach geben und es wird wohl ein paar schlauere Köpfe brauchen, als ich es bin, um ein solches System zu erschaffen.
Ein halbes Jahr ist um und die Friedensverhandlungen sind weitestgehend zum Erliegen gekommen. Es läuft alles genau so weiter, wie es war und niemanden interessiert es. Junge Männer und Frauen werden in einen sinnlosen Krieg geschickt, der Mensch Leben fordert und den Kapitalismus weiter bringt. Das Sprichwort „Der Kapitalismus frisst seine Kinder“ trifft voll und ganz zu und das macht einen schon traurig.
Weltfrieden, das ist doch genau das, was wir uns eigentlichen wünschen und vielleicht ist auch das genau der Sinn, warum wir eigentlich Leben, um den Weltfrieden zu schaffen. Um verrückte, wie Hitler aufzuhalten und ihnen zu sagen, dass der Mensch die Freiheit braucht und nicht irgendwie eingesperrt werden möchte.
Unsere Regierung hat jetzt die Operation „Weltfrieden 2“ ins Leben gerufen und wird diese heute Abend starten ...
Kapitel 45
Irgendwo auf einen toten Planeten, zwischen ausgetrockneten Seen, ausgebrannten Häusern, verbrannten Wäldern und verstrahlten Böden liegt das Land Utopia. Die Einwohner, welche die Letzten auf dieser Erde sind, leben friedlich miteinander. Dieses eine Land hat geschafft, wo so viele andere Regierungen und Menschen gescheitert sind. Sie haben den Weltfrieden auf die Erde gebracht.
Vor genau 20 Jahren haben sie mit der Operation „Weltfrieden 2“ die Menschheit zur Vernunft gebracht, indem sie mit Atombomben fast vollständig vernichtet hat. Es gab wohl keinen anderen Weg den Weltfrieden auf diesen Planeten zu bringen.
Einst war dies ein schöner Planet, Vögel sangen um die Wette, Eichhörnchen versteckten Nüsse, Hasen hüpften lustig und fröhlich über die Wiesen und Kinder sangen glücklich. Bäche plätscherten leise vor sich hin, Seen rauschten, Wasserfälle fielen und Kinder, badeten lustig darin.
Bäume bogen sich im Wind, Blumen wuchsen, wurden Bund, manche hatten Dornen, andere nicht und Kinder, Kinder nutzten diese schöne Welt um im Frieden zu Leben und in ihren Fantasiewelten Urlaub zu machen, bis sie erwachsen wurden, ihre Fantasie verloren ging und sie zu dem wurden, was am Ende zum Ende geführt hat.
Kapitel 46
Ich bin ein Mensch, wie viele andere. Ich war hier ein Soldat, der Schach spielt, ein Politiker, der nach macht strebt. Ich war der Chef eines Unternehmens, war nach Gewinn aus und meine Mitarbeiter waren mir egal. Auch war ich ein Mensch, der frieden wollte, ich war jemand, der keine guten Ansätze durchließ und ich war jemand, der Erfindungen machte. Ich war ein Land, und ich war eine eigene Meinung. Was ich aber nicht war, das war der Weltfrieden. Denn dieses Objekt, diese Sache ist für uns Menschen nicht erreichbar, sie steckt nicht, noch nicht, in uns und sie wird noch von zu vielen Menschen verlacht und für unmöglich gehalten.
Wenn ich als Mensch morgens aufstehe, in die Natur raus schaue, und höre wie die Vögel singen, wie der Wind rauscht und wie die Sonne scheint, dann frage ich mich, womit wir Menschen so etwas eigentlich verdient haben, sollte uns so etwas nicht erst zustehen, wenn wir es geschafft haben zu lernen und das Ziel zu erreichen, welches uns alle so sehnsüchtig macht? Sollten wir nicht erst alles tun, um den Weltfrieden zu erreichen, bevor wir diese angenehmen Dinge erleben dürfen?
Mein Name ist Thorsten Mayer, ich bin Soldat, Chef, Politiker, Freidenker und Staat in einem. Lasst es nicht zu das Ich über euer Schicksal Endscheite und am Ende wirklich nur die Atombomben zum Weltfrieden ohne Menschen führen.......
Utopia im Jahre 20 nach der Operation „Weltfrieden 2“
© Sven Buchien 2006
Created with Writer2ePub
by Luca Calcinai
Texte: Sven Buchien
Bildmaterialien: Sven Buchien
Tag der Veröffentlichung: 11.12.2013
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