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Zu Zweit Unterwegs :)

 

Selly starrte mich an. Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen.

,,Was?“ fragte sie mich.

Ich stöhnte.

,,Ich bin schwanger!“ jammerte ich nun zum vierten mal.

,,Bist du irgendwie schwerhörig oder einfach nur verblödet?“

Sie schüttelte irritiert den Kopf.

,,Nein, ich hab’s verstanden. Ach du Scheiße!“ Sagte sie nun. Ich stimmte ihr nickend zu.

Wir saßen in einem der Felder, die unser Dorf umrandeten und tranken Kaffee.

Sellys blonde Haare glänzten im Sonnenlicht.

,,Weiß es deine Mutter?“ erkundigte sie sich langsam.

Ich seufzte.

,,Nee, ich trau mich nicht, es ihr zu sagen. Wenn sie das erfährt, bin ich einen Kopf kürzer!“

Sie griff nach meinem Kaffeebecher und schleuderte ihn weg.

,,Ey!“ brüllte ich empört.

Sie zuckte mit den Schultern und sagte:

,,Du bist schwanger! Finger weg von Drogen, Alkohol und Koffein!“

,,Pff, ich weiß nicht einmal, ob ich das Kind behalte.“ Grummelte ich.

Selly lachte auf.

,,Emilia, deine Mutter würde dich nie abtreiben lassen.“

Da hatte sie eindeutig Recht! Meine Mutter war der Meinung, dass Abtreibung Mord ist.

,,Dann erfährt sie das halt nie!“ fauchte ich sie an.

,,Ach Quatsch, das schaffst du nicht. Nicht allein.“

,,Dann eben Adoption!“ sagte ich.

,,Ja, aber das musst du deiner Mutter sagen. In ein paar Monaten würde man das nämlich sehen.“

Ich legte mich auf den Rücken und betrachtete den wolkenlosen Himmel.

Das hatte ich ja mal wieder super hingekriegt.

Ich war 16 Jahre alt, eindeutig zu jung, um Mutter zu werden.

Was sollte ich bloß tun?

,,Und sein oder ihr Vater ist...?“ fragte sie mich.

Ich schlug sie.

,,Man, Selly, für wen hältst du mich? Du müsstest das als meine beste Freundin doch wissen. Ich habe es bis her nur einmal getan!“ rief ich.

,,Also Sam.“ Sagte sie.

Ich nickte.

Ich war schon seit 2 Jahren in Sam verliebt. Auf meiner Geburtstagsparty vor 3 Wochen ist es dann passiert. Wir waren leider ziemlich betrunken, also hat keiner an Schutz gedacht.

Und jetzt hatte ich die Quittung.

,,Und? Wirst du ihm das sagen?“ quetschte mich Selly weiter aus.

,,Weiß nicht.“ Sagte ich nur noch.

Dann schwiegen wir.

 

 

Später saß ich in meinem Zimmer und suchte im Internet nach Schwangerschaftsabruch. Bis zum 3. Monat konnte man abtreiben, weil der sogenannte Embryo noch nicht als lebewesen zählt (also so hatte ich das verstanden), danach war es Strafbar.Ich las mir die ekelhaftesten dinge durch und las auch, das das ziemlich schmerzlich für das Kind war & wenn es draußen, und immer noch nicht tot war, ließ man es dort liegen, bis es starb. Wenn man sowas liest, wird einem ja schlecht! dachte ich. doch dann musste ich wirklich brechen und rannte zum Klo. Als sich mein Magen ein wenig beruhigt hatte, und ich die tür aufmachte, wäre ich fast mit meiner Mutter zusammen gekracht.

Ich ließ einen erschrecken Laut los und meine Mutter schaute mich irritiert an.

,,Alles in Ordunug? Ich hab Würggerräuche gehört..."

Ich unterbrach sie.

,,Ja, der Borito von der tankstelle war wohl schlecht." log ich. Meine Mutter lachte und drängte sich an mir vorbei ins Badezimmer. Ich sprintete in mein Zimmer, schloss die Tür ab und löschte die geöffnete seite von google.

Ich könnte nie im leben abtreiben! Doch nicht meinem kind! Meine mutter hatte ganz recht, wenn sie sagte, dass das Mord sei!

Ich lehnte mich zurück auf mein Bett. Was sollte ich jetzt tun? Selly konnte mir da auch nichrt raushelfen.

Und was wird Sam dazu sagen?

Langsam bekam ich Panik. Was war, wenn es dem kind nicht gut ging? Wenn es irgendwie kran war? Oh gott!

Ich fischte mein iPhone aus der Schultasche und wählte rasch Sellys Nummer.

Als sie rang ging, lies ich ihr gar keine Zeit, um etwas zu sagen.

,,Ich kann nicht abtreiben!", redete ich drauf los.

,,Das ist Mord und da hat das Baby unglaubliche Schmerzen! Und stell die vor, wenn das Sam wüsste, was würde er wohl dazu sagen? Und... Oh Gott, was soll ich bloß tun?"

Kurz hörte ich nichts. Dann eine Jungenstimme, die mir schrecklich bekannt vor kam.

,,Was?" fragte er.

,,Selly?"fragte ich entgeistert in das Handy hinein.

,,Scheiße! Mist. ich hab ausversehen den Lautsprecher angemacht und Sam sitzt grad neben mir. Wir haben uns eben zum Kiffen getroffen." sagte Selly.Ich schluckte.

Dann hörte ich:

,,Nein...Sam, warte doch! wo willst du denn jetzt hin..."

,,Selly?" fragte ich wieder.

,,Kacke! er ist weg. Einfach gegangen! Sorry, Süße, ich hab nicht dran gedacht.Ich bin so dumm!" jammerte sie ins Handy.

,,Ist okay, irgendwannhätte ich ihm das sowieso gesagt. Aber was soll ich denn jetzt machen?"-

,,Das besprechen wir morgen, okay? Jetzt geh erstmal schlafen." Wir verabschieden uns noch, dann legte sie auf. Ich befolgte ihren Befehl und ging schlafen.

 

Ich stand vor meinem Spiegel und betrachtete mich. Blonde, lange Haare hingen mir über die Schultern. Ich hatte eine schwarze Bluse an, meine geliebte, blaue Schlabberjeans und meine grauen Chucks. Jetzt sah ich noch ganz normal aus, aber bald würde jeder sehen, dass ich schwanger bin. Ich würde wahrscheinlich aussehen, als wäre ich ein Walross, ich war sowieso nicht die dünnste.

Es war bereits 7.50 Uhr. In 10 Minuten fing die Schule an, ich brachte genau diese Zeit, um zu Schule zu laufen, also hastete ich aus der Wohnung.

Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, und das kam nicht von der Schwangerschaft.

Wie würde Sam darauf reagieren? Bestimmt nicht sonderlich glücklich.

Ich war am Arsch.

Nachher wollte er, dass ich abtreibe! Oh Gott! Wieder bekam ich eine Panikattacke.

Am liebsten würde ich jetzt wieder umdrehen.

Ich kam der Schule immer näher.

Ich blieb stehen und setzte mich auf eine Bank. Ich wollte ihm nicht vor der Schule begegnen, also kam ich lieber zu spät. Mein Lehrer hatten sowieso Angst vor mir, die würden nichts sagen.

Ich kam fünf Minuten zu spät.

Als ich in den Klassenraum kam, schaute ich kurz zu Sam rüber. Er jedoch schaute weg. Ich schluckte und setzte mich neben Selly. Sie warf mir einen mitleidigen blick zu, dann versuchten wir, uns auf den Unterricht zu konzentrieren.

 

In der Pause hatte ich allen Mut angesammelt, den ich finden konnte und ging zu Sam.

Er hatte sich an eine Wand angelehnt und geschlossene Augen. Ich trat mit meinem Fuß gegen seinen.

Er blinzelte.

,,Eyye!“ grummelte er.

,,Hey, Penner.“ Sagte ich so gelassen wie möglich, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug.

,,Was willste?“ fragte er genervt. Ich seufzte.

,,Weißt du was? Fick dich doch, ich rede kein Wort mehr mit dir!“

In mir breitete sich Enttäuschung aus. na toll, an so einen Depp habe ich meine Jungfräulichkeit verloren.

Ich kehrte auf dem Absatz um und wollte gerade auf den Pausenhof laufen, da rief mir Sam etwas hinterher, was mich stehen ließ.

 

 

,,Warte! Es tut mir leid! Lass uns reden.“ Rief er.

Ich seufzte und drehte mich um. Bei dem war doch was verkehrt.

Er lief auf mich zu, blieb aber ein paar Schritte unsicher vor mir stehen.

Er schien nach Worten zu suchen.

Armer Kerl. Für einen Moment bekam ich Mitleid, aber dann fiel mir wieder ein, dass ich hier die jenige war, deren leben sich bald drastisch verändern würde.

Ich schnaubte.

,,Also. Ich bin schwanger. Ja, es ist dein Kind. Ich werde nicht abtreiben. Du hast 2 Möglichkeiten: Entweder du hilfst mir und wir machen das Zusammen. Du übernimmst die Verantwortung, die du als Vater hast. Oder du hältst dich raus. Kein Kontakt. Gar nichts. Ich will kein Zwischending.“

Er schaute mich unverwandt an.

Ich war wohl zu hart gewesen. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn vor die Wahl stellte. Es war nämlich rein egoistisch. Ich liebte ihn, er mich nicht. Und entweder er würde bei mir bleiben, oder er würde mich verlassen. Ich war 16 Jahre alt, ich durfte egoistisch sein.

Und schwanger.

Hahaha.

,,Ich bin fast im 2 Monat. Du hast bis zum 3 Zeit dich zu entscheiden. “

Mehr sagte ich auch nicht.

Ich ließ ihn stehen.

Sollte er sich doch Scheiße fühlen. Dafür würde man mich bald in der ganzen Schule verspotten.

 

Meine Mum rührte in ihrer Teetasse herum.

Selly und ich saßen mit ihr am Küchentisch.

Ich wollte ihr es jetzt sagen, aber ich fand keine Worte. Sie schaute mich an.

,,Du wolltest mit mir reden? Was ist denn? Hast du einem deiner Lehrer mal wieder vor der kompletten Klasse blamiert?“

Sie lachte. Sie war an so etwas gewöhnt.

Selly warf mir einen ungeduldigen Blick zu.

Mach schon, bevor der richtige Zeitpunkt vorbei ist.

,,Mum, ich muss dir was sagen.“ Stotterte ich.

Sie wurde ernst.

,,Was ist los?“ fragte sie jetzt hart.

,,Emilia, was hast du angestellt?“

Ich schluckte.

Sie würde mich fertig machen.

,,Süße, am besten du sagst es einfach. Mach es dir nicht so schwer." mischte sich Selly ein.

Mein Mum schob die Tasse weg und setzte sich gerade hin.

,,Mum." flüsterte ich.

,,Ich bin schwanger."

 

 

Ich war mit den Nerven am Ende. Ich übernachtete bei Selly, ich durfte noch 2 Nächte da bleiben. Dann müsste ich gucken, wie es weiter geht.

Ich schlief neben Selly im Bett, wie es üblich war, wenn wir übernachteten.

Oder besser gesagt, ich murmelte vor mir her, wie dämlich ich doch war, während Selly laut schnarchte.

Am nächsten Tag ging ich schlecht gelaunt in die Schule.

Sam warf mir immer wieder Blicke zu, aber ich ignorierte ihn.

Was ein Spaßt!

In der Mittagspause setzten wir uns in der Cafeteria an einen leeren Tisch und würgten das ekelhafteste Zeug der Welt runter.

Plötzlich setzte sich Sam zu uns. Er hatte eine ernste Miene drauf.

,,Können wir reden?“

Ich nickte.

,,Wie hast du dich entschieden?“ fragte Selly.

Er seufzte.

,,Ich werde dir helfen, dich unterstützten. Sowohl wegen der Kosten, als auch wegen dem Baby. Aber ich weiß nicht, ob du es auch so meintest, das ich beziehungsmäßig auf dich eingehe. Das kann ich nicht.“

,,Tzz als ob ich mit dir zusammen sein wollte.“ Knurrte ich, aber mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich versuchte sie runter zu schlucken und konzentrierte mich.

,,Also Gut! Ich hoffe, deine Eltern werden nicht besonders ausrasten.“

,,Naja, sie werden nicht begeistert sein, warum?“ sagte er.

,,Meine Mutter hat mich raus geworfen.“ Sagte ich kleinlaut.

,,Ow.“ Machte er.

,,Was jetzt?“

Ich zuckte mit den Schultern.

,,Bin jetzt erst mal zu Selly gezogen, aber ich darf nur noch 2 mal übernachten.“

Er überlegte kurz.

,,Okay, wir sagen es gemeinsam meiner Mutter. Sie wird dich hoffentlich erst mal bei uns aufnehmen, sie würde mich nicht raus schmeißen. Dafür liebt sie mich viel zu sehr!“

Sein letzter Satz versetzte mir einen dicken Schmerz im Herz.

Ich drehte den Kopf weg.

Er bemerkte seinen Fehler.

,,Scheiße, das war nicht so gemeint!“

Ich nickte und stand auf. Das war mir zu viel!!

 

 

Sams Mutter saß an ihrem Schreibtisch und legte einen ordner zu Seite.

,,Okay, was gibt es denn so dringendes?" fragte sie.

,,Das ist Emilia Gold, eine Klassengameradin von mir. Vor ein paar Wochen gab es eine Party

und naja... Ich habe sie geschwängert."

hahahahaahah, was eine Wortwahl. Ich versuchte nicht los zulachen. Innerlich übertönte meine mLache den rest meiner Gedanken.

Sams Mutter ging es anders. Aus ihrem Gesicht war jede Farbe gewichen.

,,Oh nein, Sam!" brachte sie hervor.

,,Wir wissen jetzt nicht wie es weiter gehen soll. Emilias Mutter hat sie raus geschmissen." sagte er.

Sie wendete sich zu mir.

,,Oh du armes Stück! das ist ja grausam." rief sie. Sie hatte dunkelbraunes Haar und eisblaue augen. sie ware hübsch. Sam sah ihr ähnlich.

,,Sam! Das arme Mädchen! Warum bist du noch nicht früher zu mir gekommen?" fragte sie empört.

,,Wie soll es denn jetzt weiter gehen?"

Sam warf mir einen fragenden Blick zu.

,,Ich werde nicht abtreiben. Vielleicht gebe ich es zur Adoption frei...Ich weiß noch nicht. Aber keine Abtreibung!" sagte ich entschlossen.

Sie überlegte kurz.

Sam strich mir leicht über mein Bein. In meinem Bauch begann es zu kribbeln,

und auch wenn ich ihm schon näher gewesen bin, war es immer noch

etwas besonderes.

,,Okay, am besten bleibst du jetzt erst mal hier." sagte Sams Mutter.

,,Mein Name ist übrigens Suzan." stellte sie sich vor und schenkte mir ein Samlächeln.

Ich mochte diese Frau.

Diesen Freitag zog ich also bei Sam ein, was schon eine verrückte Sache war.

Suzan war steinreich, sie war Erbin und Leiterin einer bekannten Firma.

Dem enstsprechen sah auch ihre Villa aus. Ich bezog ein Gästezimmer und fragte mich, womit

ich diesen luxus verdient hatte.

Ich warf mich auf das bett. Das war echt kuschelig.

Jetzt hätte ich gerne Sam neben mir... oder auch wo anders.

Ich schüttelte den kopf, bevor sich wieder irgendwelche Sexträume in meinem Kopf abspielten und schnappte mir meinen

Leptop. haha, und wer war ausgerechnet on?

 

 

Sam: Hey

Ich: Haay

Sam: Was machst du so?

Ich: Eeem... Ich liege 2 Zimmer weiter?

Sam: Schon klar :D

Ich: lol ☺ Was machst du so?

Sam: An dich denken

Ich: Woow, find ich gut. Aber du kannst auch rüber kommen, ist echt hobbylos.

 

Haha, was ein Vollidiot. Ich rollte mich auf den Rücken. Ein Vollidiot, aber ich mochte ich trotzdem. Ich musste ziemlich erbärmlich sein, wenn ich auf einen Vollidioten stand, und er das nicht erwiderte. Noch erbärmlicher, das ich schwanger von ihm war.

Aber Suzan war echt nett. Sie hatte mit mir schon einen Termin bei einem Frauenarzt ausgemacht und mir sogar meine Optionen nahe gelegt.

Behalten, zur Adoption frei geben oder in eine Pflegefamilie.

Die Tür ging auf und Sam stolzierte ins Zimmer. Ich hob den Kopf und zog eine Augenbraue hoch. Er hielt sein Handy in der Hand.

 

Es machte dudum und ich drehte mich wieder zum Leptop.Eine neue Nachricht von Sam. Haha der will mich doch verarschen. Er legte sich neben mich.

 

Sam: Ich bin kein Stück hobbylos.

Ich: haha! Du bist echt ein Spinner.

Sam: Es tut mir leid.

Ich: Was tut dir leid?

Sam: Wegen mir ist das jetzt so :/ und abgesehen davon, ich war doch dein erster oder?

Ich: Eeeehm....Ja?

Sam: Naja, ich find das irgendwie dumm.

Ich: Haha, war ich so schlecht?

Sam: Haha, Mädchen sind nie schlecht!

Ich: du warst es jetzt auch nicht wirklich...

Sam: Eeeh danke?

Ich: Bitte :*

Sam: Ha Ha! Was machen wir jetzt?

 

Ich drehte mich zu ihm.

,,Ich weiß auch nicht.“ Er dreht sich ebenfalls zu mir und schaute mir in die Augen. Ich rückte ein bisschen näher. Natürlich nicht, wegen meinen Gefühlen, sondern weil mir kalt war. Hust hust.

Er rückte ebenfalls näher.

,,Klingt komisch, aber ich will es nicht weg geben. Es ist mir so nahe.“

Er schüttelte den Kopf.

,,Das klingt nicht komisch.“ Sagte er.

,,Egal wie du dich entscheidest, ich unterstützte dich.“

Ich nickte. Er kam näher. Ich konnte seinen warmen Atem auf der Haut spüren. Oh Man! Das war nicht fair. Ich beugte mich einfach vor und küsste ihn. Und er küsste ich zurück. Auf einmal ging alles so schnell. Schnell waren unsere ausgezogen und naja, verhüten mussten wir ja nicht.

Ha ha

 

 

Als ich aufwachte, war mein erster Gedanke: Oh Scheiße! Ich lag mit dem Vater meines Kindes im Bett. Ich lag von ihm weg gedreht. Spürte seinen warmen Atem im Nacken. Er hatte seine Arme um mich gelegt. Fuck. Es war 6:01 Uhr, in einer Stunde mussten wir aufstehen. Eigentlich wollte ich das nicht, aber ich drehte mich um und kuschelte mich an ihn.

 

In der Pause saß ich Selly gegen über. Wir hatten mal wieder Freistunde weil unsere tollen Lehrerinnen gerade entweder alle schwanger waren oder in dieser Zeit ihr Kind bekamen. Im Moment war ziemlicher Lehrermangel ,,Ich finds geil, das dich Sams Alte aufgenommen hat. Aber was war das denn heute Morgen? Du und Sam habt euch total ignoriert. Wobei, das war eher peinliches Schweigen.“ Ich räusperte mich. ,,Naja, sagen wir so… Ach fuck, wir habens gemacht!“ Selly lachte laut los. ,, Du weißt echt, wie man noch mehr in scheiße rein rutscht oder?“ fragte sie mich. Manchmal würde ich sie gerne umbringen ,,Meine Fresse, ich bin im Moment nicht zu rechnungsfähig!“ sagte ich und stand auf. Mir ging es richtig scheiße und sie machte sich über mich lustig!! ,,Leck mich doch!“ brüllte ich und rannte weg

. Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich rannte die Treppe zu Mensa hinunter. Ich sah vor lauter Tränen nicht, das mir jemand entgegen kam und kullerte die Treppe mit ihm runter. Als wir unten an kam lag ich auf ihm drauf. ,,Ich weiß ja, das du auf mich geil bist, aber kannst du damit nicht bis nach der Schule warten?“ Scheiße, Sam hatte mir gerade gefehlt. ,,Danke für das unnötige Kommentar, damit hast du Selly richtig getoppt.“ Ich stand auf und wollte weiter; noch so einen Spruch wollte ich mir nicht noch mal rein ziehen, aber er hielt mich am Bein fest. Ihm waren wohl meine Tränen aufgefallen und ich sah, wie sein schlechtes Gewissen an ihm nagte. Penner.

,,Was ist los? Warum weinst du?“ fragte er. ,,Was los ist? Ich bin schwanger mit 16 ! Meine Mutter hasst mich und der Vater, den ich liebe, erwidert das Ganze nicht, nein er hat eindeutig andere Dinge im Kopf, er muss es noch schlimmer machen!“ schrie ich. Er packte mich und zog mich in die Arme. Ich heulte wie ein Kleinkind. Als ich mich beruhigt hatte, nahm er meinen Kopf in die Hände und sagte:,, Ich liebe dich auch.“ Dann küsste er mich.

 

 

 

4 Monate später

 

Ich stand vor dem Spiegel in meinem Zimmer. Suzan schaute mit schweigend zu, wie ich mein Hemd so hoch zog, das man meinen Bauch sehen konnte. Der verblüffend flache und gut trainierte Bauch war weicher geworden und man sah schon ganz leicht eine Rundung.

,,Doktor Erken hat gesagt, das man normaler Weise so früh noch nicht wirklich was sehen kann, aber weil mein Bauch vorher so glatt war, ist es bei mir ein bisschen anders.“ Meinte ich zu ihr.

Sie nickte und lachte.

,,Ich weiß noch, wie das bei Sam war.“

Ich schaute zu der frischen Wunde von der Fruchtwasseruntersuchung, bzw. auf das Pflaster.

Sam war beim Fußball.

,,Ich hab noch ein paar Sachen von Sam. Ich bring sie dir nach her.“ Sagte Suzan. Ich nickte und betrachtete meinen Bauch.

Interessant so was. Ich würde es gerne spüren, aber leider war sie noch zu weit entfernt von mir.

,,Früher war Sam nie so lange beim Training.“ Murmelte Suzan. Ich schluckte. Ich hatte da schon eine Theorie. Da war nämlich ein neues Mädchen in seiner Mannschaft. Beziehungsweise, war sie das einzige Mädchen. Ich hatte sie schon gesehen. Sie sah verdammt gut aus. Auch wenn ich es versuche abzustreiten, ich glaube, er blieb erst länger, seit sie im Team war.

Ich wohnte immer noch bei ihnen, meine Mutter meldete sich nicht mal. Blöde Olle. Suzan und ich hatten uns irgendwie angefreundet. Sie war echt lustig.

Es wusste immer noch niemand. Keine Gerüchte, nichts. Aber irgendwann musste ich damit rausrücken. Nur bei dem Gedanken wurde mir schlecht.

Ich schob das Hemd wieder runter und schmiss mich auf mein Bett.

Wenigsten hatte ich mich in der Schule gebessert. Selly unterstützte mich ebenfalls viel. Sie hatte es nur leider geschafft mich und Sam wie das neue Liebespaar der Schule hinzustellen. Jeder wollte alles wissen. Das würde die ganze Sache noch komplizierter machen.

Plötzlich klingelte mein Handy.

 

Es war eine SMS von Selly.

Maus, Delia und Kim glauben, dass du schwanger bist! Weil du so zugenommen hast (Danke Delia und kim??), weil du so oft beim Arzt bist, wegen deiner Übelkeit und sie haben deinen Geburtstagssex mitbekommen!

Was jetzt?

 

Ich gähnte. Sowas interessierte mich gerade herzlich wenig.

Ich würde es morgen sowieso bekannt machen.

Ich hatte eigentlich Sam aus der ganzen Sache rauslassen wollen (wovon er natürlich nichts weiß!), aber wenn es sowieso schon Gerüchte gab, konnte mir das auch sonst wo vorbei gehen.

 

Was hast du ihnen gesagt? Erlich interessiert mich deren Meinung weniger als die zukünftige Scheiße, die mein Schatz in seiner Windel hinterlassen wird, simste ich zurück.

Suzan verlies mein Zimmer.

Ich verkroch mich unter die Decke. Ich war in letzter Zeit so schrecklich müde! Es war gerade mal halb neun!

Irgendwann kam Sam dann auch wieder. Er duschte erst mal lang. Irgendwie viel zu lang. Dann zog er sich an, und legte sich neben mich. Er umarmte mich, küsste mir aufs Ohr. Er dachte wohl, ich schlief. Ich liebte es in seinen Armen zu schlafen. So sehr. Aber als sich diesmal sein Arm um mich legte, konnte ich es nicht verhindern, unauffällig an ihm zu riechen.

Er roch frisch. Irgendwie wollte ich nur ihn riechen. Frisch geduscht halt. Aber andere Gerüche wurde man nicht so leicht los. Ich hoffte, dass ich mir das einbildete, aber ich glaubte, ihren Geruch zu riechen.

Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!!

Wir würden eine kleine Familie sein. Bitte, bitte! Diese Momente, wenn wir neben einander lagen. Das waren so wichtige Augenblicke.

Meine Momente!

 

Am nächsten Morgen stand ich neben Selly auf dem Schulhof.

,,Wie zur Hölle soll ich den Spinnern beibringen, das ich schwanger bin?“ fragte ich Selly flüsternd. Sie zuckte mit den Schultern.

,,Einfach raus damit, würde ich mal sagen.“ Meinte sie.

Ich nickte. Wir gingen zu Kim, Delia, Katja, Mimi, Isabella, Joshua, Sam, Tim, Lukas und den ganzen anderen aus unserer Clique.

,,Hay!“ meinten ich und Selly gleichzeitig, darauf kamen herzhafte Begrüßungen zurück.

,,Leute, ich muss euch was sagen.“ Stotterte ich. Nun bekam ich die volle Aufmerksamkeit.

,,Schieß los.“ Sagte Lukas.

Ich holte tief Luft.

,,Ich bin schwanger.“ Stieß ich hervor.

Im ersten Moment war nichts zu hören. Nur Stille.

Kim und Delia, die irgendwie nur in der Clique waren, weil sie auf einige Jungs aus unserer Gruppe standen und mit mir, Selly, Mimi und Katja eigentlich nicht viel am Hut hatten, warfen mir ein paar missbiligende Blicke zu. Joshua, eigentlich mein bester Freund, der auf einem Austausch war und deshalb ziemlich auf dem schlauch stand, guckte mich einfach erstaunt an. Lukas, der heimlich auf Selly stand verschluckte sich (auch ein guter Freund von mir) und Sam kam zu mir und nahm mich in die Arme. Alle fingen an, durcheinander zu reden.

Wirklich? Seit wann? Im wievielten Monat? Ist Sam der Vater?

Alle diese Fragen und noch mehr kamen. Aber keiner sagte etwas böses, zu meiner Überraschung.

Das waren halt meine Freunde. Und irgendwie merkte ich, wie sie sich auch ein bisschen für mich freuten, umso mehr ich ihnen erzählte.

 

 

Ich betrat die Schule. Der Gang war voller Schüler, die umher irrten.

Ich lief ganz entspannt zu meinem Spinnt. Doch ich merkte, wie mich einige anstarrten. Als ich mich umdrehte, fingen einige an, zu tuscheln. Vor allen Dingen die Leute aus meinen Parallelklassen. Sie wussten es. Ich packte mein Zeug und stürmte in meine Klasse.

Das erste, was mir entgegen kam, war Kim. Ich knallte gegen sie und wir vielen beide um.

,,Geht’s noch?“ fragte sie empört.

,,Ja sorry.“ Murmelte ich.

Selly half mir auf.

Wir setzten uns zusammen an unseren gewöhnlichen Platz. Alle zusammen, hinten links in der Ecke. Ich saß neben Selly und Josh. Die anderen saßen um uns herum.

Kim kam zu mir. Sie stellte sich vor meinen Tisch und warf mir einen zickigen Blick zu.

,,Wegen dir hab ich jetzt ‘ne riesen Schramme. Bist du einfach nur dämlich oder steigen dir deine Hormone zu Kopf?“ fragte sie mich schnippisch.

,,Wieso? Eifersüchtig?“ fragte ich gelassen zurück.

,,Was? Auf dich? Hallo? Du bist echt erbärmlich! Auf jeden Fall zu dumm, um zu verhüten.“

,,Ach? Ich bin zwar schwanger, aber von Sam. Standest du nicht auf ihn? Du kannst dich anstrengen, wie du willst. Du hattest nicht mal eine Chance, als ich noch nicht schwanger war.“

,,Ach halt’s Maul. Er ist auch nur gerade deshalb mit dir zusammen!“ presste sie hervor. Ihr Kopf war rot angelaufen. Inzwischen hatte sich die ganze Clique (inklusive Sam) zu uns gewandt und zu gehört.

,,Tja, selbst wenn, das bringt dir auch nicht viel. Es ändert nämlich nichts.“ Konterte ich gehässig.

,,Ach, der bleibt nicht lang bei dir. Jeder redet hinter deinem Rücken. Sie sind alle meiner Meinung. Du machst uns alle schlecht. Ich fände es besser, wenn du dir neue Freunde suchst!“

Ich schnappte nach Luft.

,,Du hast es rum erzählt oder? Deswegen haben mich alle so dumm angeguckt! Du bist echt das Letzte!“ rief ich.

Selly stand auf.

,,Kim, dich hat niemand gebeten, mit uns rum zuhängen. Wenn du ein Problem mit Emilia hast, hast du auch eins mit mir.“ Sagte sie.

Joshua nickte und stimmte zu:

,,Da haste Recht, Sells. Kim, ich finde es mies, wie du Emilia einfach schlecht machst! Jetzt braucht sie uns am meisten!“

Sam umarmte mich von hinten und warf Kim einen einfachen, genervten Blick zu. Die Anderen reagierten genauso. Nur Delia hatte sich stumm auf den Stuhl neben Kim’s gesetzt. Tja, Kimmi, jetzt hast du ein Problem. Sie seufzte genervt, war ihre blonden locken nach hinten und stolzierte davon.

Ich umarmte Selly und drückte Josh einen Kuss auf die Wange. Sam küsste mich auf den Scheitel und setzte sich.

,,Joshi, du bist der Beste.“ Flüsterte ich, als die Englischstunde begann. Er lachte und zwinkerte mir zu.

Joshua war einfach was Besonderes.

Er war in der 9 Klasse zu uns gekommen und naja, der einzige wirklich Dunkelhäutige.

Er war Elfenbeinküstler und konnte am Anfang kaum deutsch. Ich war die erste, die auf ihn zugegangen ist und seid dem waren wir richtig gut befreundet.

Wie Kim dazu kam, war mir rätselhaft. Ich konnte sie nie besonders leiden, aber eigentlich war sie mir egal.

Dummer Weise konnte sie eine echte Furie sein.

Und ich hatte mich mit ihr angelegt.

Mal sehen, wie das weiter ging...

 

Joshua hatte seine Hand auf meinem Bauch.

,,Komm, Baby, trete mich.“ Murmelte er vor sich hin. Ich lachte.

,,Joshi, es versteht dich doch nicht. Ich bezweifle, das es dich treten wird.“ Sagte ich zu ihm. Er zog eine Schnute.

,,Im wievielten Monat bist du jetzt?“

,,eeehhhmm....Ich denke mal im 5.“

Joshua zog ein düsteres Gesicht.

,,Dann macht es es bald. Menno, ich will beim es ersten Tritt spüren!“

Ich lachte noch mehr.

,,ich finde es schön, das es dir so wichtig ist.“ Sagte ich zu ihm. Er lächelte mich gütig an.

Diesmal versuchte ich es.

,,Komm, Baby, tret mal Joshi, der hat’s nötig.“

Joshua gab mir einen Klaps.

Dann wurden seine Augen groß.

,,Hat es grade etwa wirklich...?“

Ich nickte.

Das Baby hatte gerade zum ersten Mal getreten.

Joshua sprang auf und lies einen Freudenschrei hören.

,,ehm...übertreib?“ fragte ich ihn.

Sam kam in den Computerraum.

,,Ja ja, ich weiß, das Freistunden geil sind, aber deswegen muss man nicht in der Gegend rumschreien.“ Sagte er zu Josh und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

Joshua lachte und rieb sich den Hinterkopf.

,,Ne, Diggah, November hat mich nur grad getreten.“

Sam zog die eine Augenbraue hoch.

,,Wer hat was gemacht?“

,,Ich nenne das Baby November. Da ist ja auch sein Geburtstermin, oder? Babys im Bauch brauchen doch einen Arbeitsnamen. Ich hieß bis zu meiner Geburt Dezember. Weil ich da auch geboren bin.“

Ich lachte.

,,Okay, gut, November. Es hat gerade zum ersten Mal getreten.“ Sagte ich.

Sam legte seine Hand auf meinem Bauch und schaute mich erwartungsvoll an. Aber es geschah nichts.

,,Es tretet nicht für mich.“ Sagte er. Irgendwie wurden seine Augen leer und er ging aus dem Raum.

Was war das denn für eine Reaktion? Wie wird es weiter gehen?

 

 

 

Ich befand mich inzwischen im 7 Monat. Die Schüler starten mich immer noch komisch an, viele redeten über mich. Kim erzählte haufenweise Mist über mich, und es stellte sich heraus, das sie die größte Schlampe überhaupt war.

Sam war seltsam geworden. Zurückgezogener.

Aber es gab Tage, da konnte er die Finger nicht von mir lassen und das wog alles irgendwie wieder aus. Selly unterstützte mich in allen Angelegenheiten und damit war ich mehr als zufrieden.

Mein Baby wuchs jeden Tag mehr, ich wusste nicht was es werden sollte, ich wollte überrascht werden. Ich wohnte immer noch bei Sam, meine Mutter hatte sich nicht gemeldet. Ich wollte und konnte sie einfach nicht anrufen, schließlich hatte sie mich rausgeworfen.

Ich ging immer davon aus, dass meine Situation nicht schlimmer oder eher krasser werden konnte. Falsch gedacht.

Ich stand mit Josh und Selly an unseren Spinden. Wir hatten gerade eine sehr schwere Matheprüfung hinter uns und ich stand mit dem rießen Bauch, den Rückenschmerzen und der Gereiztheit nicht gerade toll da. Ich räumte genervt meinen Spint um, suchend nach meinem iPhone.

,,Wo ist denn das blöde Ding...“

,,Eyye Em, Kim treibt es langsam echt zu weit. Sie hat jetzt sogar erzählt, dass du Sam das Baby nur anhängen willst. Das ist so `ne blöde Fotze!“ sagte Josh.

Selly guckte betrügt.

,,Und so jemandem hab ich mal vertraut.“ murmelte sie. Ich winkte ab

,,Lasst sie dich reden. Mein Handy ist mir grad wichtiger als dieses Miststück.“

Und da war es.

Ich quickte zufrieden auf.

,,Haha gefunden!“

,,Wie kannst du nur so entspannt damit umgehen?“ fragte mich Selly. Ich zuckte mit den Schultern.

,,Mein Leben ist schon stressig genug. Da soll sich die Bitch nicht denken, dass ich mich von ihr unterkriegen lasse.“

Joshua nickte.

,,da hast du wohl recht!“

Ich wollte schon zustimmen und los laufen, aber auf meinem Touchscreen erschien eine Nachricht.

Die Nummer war unterdückt und da war nur ein Bild im Anhang.

Ich öffnete es und musste schlucken.

Es war ein Foto von Sam und der Neuen aus dem Fußballbild.

 

 

 

Was ich sah, brachte mir einen hässlichen Brechreiz ein. Ich konnte ihn kaum unterdrücken.

Es war ein Foto, das im Duschraum des Fußballvereins geschossen wurde. Aus der Perspktive der Tür.

Auf dem Foto war eine nackte Blondine zu sehen, die einem Jungen, der sich halb aus der Dusche beugte, so dass man seinen Oberkörper sehen konnte, ein Shampoo reichte. Es war Sam. Und das Mädchen war die Neue.

Oh Gott.

Das war hoffentlich nur ein Zufall. Ein Missverständnis.

Oh bitte, bitte, bitte.

,,Ems, ist dir schlecht? Geht es dir nicht gut?“ fragte mich Joshua besorgt. Ich machte das Handy aus und pfefferte es in meine Tasche.

Joshua umarmte meine Taille und stützte mich somit. Oh man er war der beste Freund der Welt.

Er spürte immer, wenn es mir schlecht ging.

Ich schüttlte den Kopf.

,,Lasst uns in die nächste Stunde gehen.“

Ich nickte.

 

,,Und du willst wirklich nicht mit auf die Party kommen?“ fragte mich Sally am Telefon.

,,Ne, danke. Hoch schwanger macht das ganze keinen Spaß. Geh doch mit Lukas hin.“

,,Ehh, nein, wieso sollte ich?“

ich lachte.

,,Weil du auf den Typen stehst und er auf dich!“

,,Ach Em! Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich ihn so mag. Er macht nichts! Ich glaube nicht, das er mich auch so mag wie ich ihn. Auf jedenfall bin ich ihn nicht so wichtig, sonst würde er sich Mühe geben. Macht alles keinen Sinn.“

,,Ok, ok. Chill dein Leben. ’’ lachte ich.

,,Du bist doof. Okay ich frag jemamd anderen.“

,,Du liebst mich, das weiß ich ganz genau. So, ich leg jetzt auf. Ich muss Wäsche machen.“

Selly schnaubte.

,,Musst du da echt so viel helfen?“ fragte sie.

,,Ich mach es freiwillig. Damit kann ich vllt mein schlechtes Gewissen los werden.“

Sie lachte.

,,Okay, super Mami. Putz dir dein schlechtes Gewissen weg.“

,,Tschüss, du süße.“

,,Tschaui Emi.“

 

Ich lehnte mich zurück. Heute abend warf Mimi mal wieder eine ihrer berühmten Hauspartys. Ihre Mum war eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die fast nie zuhause war. So hatte Mimi ein riesiges Haus für sich allein und das gewisse Geld, um es rauszuschmeißen.

Mimi und ich waren schon seit klein auf befreundet, nicht so gut wie mit Josh und Selly, aber trotzdem gut. Sie ludt mich sonst immer als erstes ein, aber ich hatte von forne rein gesagt: Keine Partys mehr für Schwangere. Das einzige was mich störte, war, das Sam auch hin ging. Ich hatte ihm nichts gesagt, ich wollte ihn nicht nerven, aber es hing mir die ganze Zeit vor meinem inneren Auge.

Ich hoffte immer noch, dass er mich liebte. Das er mich nicht anlog und mich nicht verließ.

Ich ging in die Waschküche und stellte den leeren korb neben die Waschmaschine. Ich steckte meine dreckigen jeans hinein. Dann kam Sam’s Jeans dran. Ich drehte sie richtig herum und guckte in den Taschen bach, ob was darin ist. Ich griff hinein...

Und zog ein Kondom raus. Ein benutztes.

Als erstes schrie ich:,, Iiiiiihhhhhhhgiiiit.“

Dann wurde mir schlecht. Nicht weil es total unhygienisch war, sondern weil mir auffiel, das ich und Sam nicht mal Kondome benutzten.

Tränen schossen mir in die Augen.

Oh nein, oh nein!

Bitte bitte bitte nicht.

Ich schmiss das Ding in den Müll. Warum? Warum? Warum nur?

Ich schluchzte los.

Ich saß nun heulend auf den kalten Fließen in der Waschküche und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich heulte, bis die Sonne unterging.

Ich wollte und konnte niemanden anrufen, konnte nirgendwo hin. Alle waren auf der Party.

Scheiße.

 

 

 

Ich stocherte in meinem Obstsalat herum.

Selly, beide Ellebogen auf den Tisch gestützt, die Finger vor dem Mund inneinander verschränkt, schaute mich ernst an.

,,Was willst du?“ fauchte ich sie genervt an.

,,Du siehst scheiße aus.“

Ich zuckte mit den Schultern.

,,Kann sein.“

,,Aber warum? Maus, hast du geweint? Ist irgendwas passiert?“ sie streckte die rechte Hand aus. Ich seufzte, stand auf, ging um den Tisch herum, setzte mich neben Selly auf die Bank und kuschelte mich an sie. Sie legte ihren Arm um mich herum.

,,Ouw, mein Baby. Ich liebe dich, das weißt du? Was ist passiert?“

Selly war die beste. Ich kannte kaum jemanden so tolles. Sie war immer für mich da und sie kannte mich am besten von allen.

Aber das mit Sam konnte ich ihr nicht erzählen. Vielleicht weil ich es nicht hören wollte, vielleicht weil ich es erst glauben würde, wenn es ausgesprochen wurde. Und ich wollte es nicht. Ich wollte daran nicht mal denken. Sam war alles für mich. Ich konnte nicht.

 

 

,,Es ist wegen Mum.“ Log ich.

,,Ich vermisse sie so schrecklich. Und ich bin ihr egal.“

Okay, so gelogen war das nun auch wieder nicht.

Sie seufzte ,,Das kann ich verstehen. Aber wenn November auf der Welt ist, dann kontaktieren wir sie über das Jugendamt. Ganz ruhig, wir kriegen das hin.“

Ich nickte. Dann lehnte ich mich vor, und betrachtete ihr Gesicht.

Die Linnen leicht zusammen gepresst, leicht nach links hoch gezogen, die Stirn in Falten gezogen, das war ihr Ich-hab-Blödsinn-gemacht-und-jetzt-weiß-ich-nicht-wie-ich-dir-das-sagen-soll-Blick.

Oh yeah, Ablenkung.

,,Ohhh nein, was hast du angestellt? Raus damit.“

Sie blickte nervös in der Cafeteria herum.

Dann haute sie mit ihren Fingerkuppen auf den Tisch, während sie anscheinend die richtigen Worte suchte.

Dann sprach sie es aus.

,,Ich hatte gestern Sex.“

Ich lachte los. Selly verpasste mir einen Schulterklaps und warf mir einen warnenden Blick zu. Ich hörte aprupt auf und wurde wieder ernst.

,,Ok, ok. Und was regt dich daran so auf? Bist du etwa auch schwanger?“ scherzte ich.

,,Oh Gott nein! Als ob, die Party war doch erst gestern!“

ich warf die Hände in die Luft, ein Zeichen der Kapitulation.

Selly hatte ihren Humor warscheinlich dort liegen lassen, wo nun auch ihre Unschuld war.

,,Wär doch süß. Ein kleiner Lukas mit deinen blonden Locken.“

Sie guckte mich an, wie ein kleines Kind, das etwas kaputt gemacht hatte.

,,Das Kind hätte nicht meine Blonden Locken. Es wäre auch nicht Lukas. Es wäre eher ein kleiner Chris Brown.“

Ich brauchte genau 3,72 Sekunden. Dann machte es Klick.

,,Nein.“

Sie duckte sich ein bisschen.

,,Du hast dich von Joshua knallen lassen?“ fragte ich.

Schscht, machte sie.

,,Nicht so laut! Das soll niemand hören!“ fauchte sie.

,,Ok,ok. Wie ist es bitte dazu gekommen?“ fragte ich.

,,Naja, auf der Party waren alle total hacke. Außer mir und Joshua. Du kennst ihn ja, er ist der, der am end eseine Freunde nachhause bringt. Aufjeden Fall hat Luke mich geküsst. Ich hatte mich so sehr darauf gefreut, naja ich hatte mir es so perfekt vorgestellt. Aber das war es nicht. Er stank nach Alkohol und Zigaretten und schmeckte nicht gerade lecker. Und irgendwie fühlte er sich nicht gut an. Als ich ihn weg schieben wollt, ist er immer aufdringlicher geworden. Er war viel zu voll. Irgendwann sprang Joshua dann dazwischen. Er zog mich raus in den Garten. Da haben wir uns auf die Hollywoodschaukel gekuschelt. Es war echt romantisch und ungezwungen. Und aufeinmal machte es Boom! Mein Herz flatterte, fühlte es sich wunderbar an.Dann küsste ich ihn. Noch nie hat mich ein Junge so geküsst. Und ich wolllte mehr. Wie hast du das bei Sam beschrieben?  Es war ein Sog, der sich schmerzhaft in Sehnsucht verlor und plötzlich gab es nicht was man mehr wollte.so fest, als wäre er plötzlich die Luft die ich atme. Und dann hab ich ihm ein Kondom in die Hand gedrückt und wir haben es gemacht. Ich bin ja nicht so blöd wie du, und vergesse zu verhüten.“

Als sie meine Worte wiederholte, durchzuckte mich ein schrecklicher Schmerz. Ich strich verträumt über meinen riesigen Bauch.

Ich schaute zu ihr.

,,Ich rede nachher mal mit ihm. Du hast dich in ihn verliebt oder?“

Sie nickte.

,,Glaubst du, er mag mich auch?“

Ich nickte und lächelte sie heute das erste mal gütig an.

,,Wieso bist du dir da so sicher?“

,,Weil er mal sagte, das er der einzige seiner Freunde ist, der wirklich sein erste Mal und die Male darauf nur mit einem Mädchen haben wollte, das er liebt. Und wenn Joshua sowas sagt, dann meint er das auch.“

 

 

 

 

36 Wochen. So lange trug ich meinen kleinen Winter jetzt schon mit mir herum. Noch 4 Wochen.

Ich wurde langsam gereizt. Ich konnte es kaum noch erwrten und ich konnte es kaum noch erwarten, es in den Armen zuhalten.

Joshua saß mir gegenüber auf dem Schreibtisch. Ich hockte auf seinem Sitzsack.

Ich guckte auf meinen Körper hinunter. Meine riesigen Brüste, die 2 ganze Körbchen größer waren als normal (ich hoffte insgeheim, das blieb so!!), lagen schwer auf meinem riesen Bauch. Das Baby, das sich endlich auch mal umgedreht hatte, trat mit seinen Füßchen gegen meine Milchtüten. Hihi.

,,Em, ich mochte Selly schon immer sehr gerne, und zum 1000 mal, es tut mir leid, das ich dir das nicht gesagt habe. Ich wollte nicht, das Selly das weiß. Und dann auf der Party... Das war wunderschön. Aber Selly hat sonsti mmer von Luke geschwärmt...“

Ich unterbrach ihn.

,,Ich habe dir schon 1000 mal gesagt, das sie dich liebt! Sie traut sich nur nicht, auf dich zuzugehen. Und du bist genau so ‚ne Pussy, muss man euch erst abfüllen, damit ihr mal zur Potte kommt?“

Er schüttelte den Kopf.  Irgendwie war das komisch. Ich dachte immer, irgendwann deckt er auf, das er auf mich, seine beste Freundin, heimlich stand. Aber wir waren wie Bruder und Schwester. Und irgendwie war ich froh, das er genauso empfand wie ich.

,,Sie ignoriert mich seit fast einem Monat, Em!“

,,Weil sie will, das du auf sie zu gehst!“

,,Aber was ist, wenn sie mich jetzt nicht mehr will? Em, ich liebe sie.“

Er sagte das so entschlossen und fest überzeugt, das mir mein nächster Saft einfach raus rutschte.

,,Sam betrügt mich.“

Joshua riss die Augen auf.

,,Was?“ grollte er.

Uhh, jetzt war er sauer.

,,Ja. Seit mindestens 4 Monaten. Mit einer aus seiner Fußballmanschaft.“

,,Dieser Wixxer. Ich mach den Fertig. Was fällt dem ein?“  fragte er mich viel zu laut.

Ich zuckte mit den Schultern.

,,Warum bist du denn  überhaupt noch mit dem zusammen?“

Ich versuchte ruhe zubewahren. Ich machte das sehr gut.

Meiner Meinung nach.

,,Weil er das einzige ist, das mich über Wasser hält. Meine Mum hat mich verstoßen. Er ist der Vater und ich liebe ihn. Und ich weiß, dass ich los lassen sollte, aber ich will nicht. Es ist so in Ordnung.

Er ist zwar nicht mehr so wie am Anfang, aber nimmt mich nachts in den Arm und beschützt mich vor der Dunkelheit, auch wenn er nach ihr riecht.“

Joshua beruhigte sich ein bisschen. Er musterte mich lange schweigend. Dann sagte er:

,,Du wirst anfagen darunter zu leiden. Du wirst dir die Schuld daran geben. Du wirst so dermaßen abhängig von ihm, oder bist es bereits, das er zu viel Druck kriegt und sich immer mehr von dir entfernt. Und dann wird sich das auf dein Kind auswirken.“

Mir stiegen die Tränen in die Augen.

Er hatte sowas von Recht.

,,Aber ich kann nicht.“ Flüsterte ich schluchzend.

Er stand auf, zog mich hoch und umarmte mich fest.

,,Doch Em, du bist so stark. Du kannst das. Wenn du mal nicht weißt wo du hin kannst, ich hab immer noch ein Doppelbett, in das wir uns dann zu dritt quetschen können. So wie früher immer.“ Ich nickte an seiner Schulter.

,,Ich werde es tun.“ Flüsterte ich.

,,Gut, wo ist Sam gerade?“ fragte er.

,,Fußball.“

,,Okay, wir fahren hin.“ Sagte Joshua entschlossen.

Ich nickte nur und ließ mich zu seinem Auto schleppen.

Joshua war schon 18 Jahre alt. Das war zeimlich praktisch, weil er schon seit einem Jahr einen Führerschein hatte.

Es war ein BMW. Schnelles, scharfes Ding.

Wir fuhren los.

,,Du wartest im Auto, okay? Ich rede mit ihm und dann fahren wir zu dir und machen uns einen schönen Abend.“

Er nickte.

Dann schwiegen wir.

 

 

 

 

 

Der Himmel war bewölkt, als ich ausstieg. Vor erhob sich das Gebäude des Vereines, dahinter lagen die Fußballfelder. Ich hatte starkes Herzklopfen, als ich hinein trat. Ich lief richting Umkleideräume. Hier war sonst niemand mehr und heimlich betete ich, dass Sam und seine Tusse nicht hier waren.

Aber als ich vor der Tür stand hörte ich Geflüster und Stöhnen. Ich spürte förmlich, wie mein Herz an meinen Baby vorbei in meine Unterhose rutschte. Das arme Ding dachte auch, das man diese Welt nicht mehr retten kann, und das vor seiner Geburt. Armer kleiner Scheißer.

Ich atmete noch einmal tief ein und aus. Ich würde nun eine meine Grenzen überstreiten.

Ich öffnete die Tür.

Und der Anblick dahinter erschlug mich. Er nahm mir die Luft zum Atmen. Er nahm mir Sam.

Er saß auf  einer der Bämke.

Das Miststück saß auf ihm, bewegte das Becken hoch und runter.

Oh gott, das war das aller schlimmste.

Sie guckte mich geschlossenen Augen nach oben, sein Gesicht war weg gedreht.

Wenigstens waren sie nicht ganz nackt.

Tränen raubten mir die Sicht.

Die bittere Niederlage schlug auf mich ein.

,,Sam.“ Quälte ich hervor.

Sie hielten inne. Dann drehte er sich zu mir.

,,Emilia.“ Flüsterte er erschrocken.

Das reichte. Damit war unsere Zukunft besiegelt. Ich drehte mich um und rannte aus dem Gebäude.

Sam schrie mir hinter her, ich solle warten und er rief meinen Namen, mit solchem Schmerz, dass er mich erdrückte.

Als ich am Auto ankam, hatte Joshua schon den Wagen gestartet. Es schüttete in Strömen.

Ich stieg ein und brüllte ihn an, er solle los fahren. Völlig perplex tat er das.

Er fuhr aus der Einfahrt raus, im Rückspiegel erkannte ich Sam, wie er aus dem Haus rausrannte.

,,Los los!“ ,drängte ich ,,Schneller, schneller.“ Er gab Gas. Ich schrie ihn an, Wörter die keinen Sinn ergaben, der Regen prasselte auf das Auto. Wir fuhren auf die Hauptstraße, viel zu schnell.

Plötzlich verlor Joshua die Kontrolle über das Auto. Wir kamen ins scheudern, kamen von der Straße ab und überschlugen uns.

Glassplitter flogen durcg die Gegend, alles passierte gleichzeitig, zu schnell und doch in Zeitlupe. Wir schrien. Und als wir durch den Holzzaun eines Gartens krackten und erst stehen blieben, als uns ein Baum bremste, wurde alles schwarz.

 

 

Ich hörte sie alle aus weiter ferne. Die Polizei- umd Rettungswagensirenen, die ärzte und schwestern, irgendwelche Menschen die wild durch die Gegend schrien. Mich interessierte nicht was sie sagten.

Ich befand mich in einem dunklem Strudel aus Schwärze, wie in einem Kokon war ich gefangen. So taub.

So wenig Gefühhl.

Nur der eine Wündch, mein Baby im Arm zu halten. Es zu riechen, es zu sehen, es zu fühlen, es hören, es zu stillen.

Mein kleines Novemberchen. Ich hätte gerne ein Mädchen gehabt.

Ich hätte es Maya November genannt.

Es hätte meine blonden Haare gehabt und Sams volle Lippen. Meine Augen und sein Lachen.

Mein Leben. Sie war mein Teil.

Mein wichtigster Teil.

Sie sollte der Sinn sein.

Ihr Herz gehörte mir.

Ich driftete in der Dunkelheit herum.

Erinnerungen flogen an mir vorbei.

Selly, Mimi, Katja, Isabella und ich, auf unserer ersten Pyjamaparty.

Wir waren in unserem Zimmer auf dem Bett hin und her gesprungen, benutzten Haarbürsten als Mikrofone.

Ich und Joshua, wir wir uns gerade mal 1 Woche kannten, uns über eine neu erfundene Gebärden Sprache unterhalteten und uns Starwars in meinem Bett anguckten. Er würde bei mir übernachten. Noch sehr oft.

Sellys und mein erster selbst gebackener Kuchen, bei dem wir die ganze Küche verwüsteten.

Ich und meine Mum.

Ich hätte ihr gerne Tschüss gesagt.

Sie hätte mich nie verlassen dürfen.

Ich wollte nicht ohne sie gehen. Und ich hatte nie gewollt, das ihr Leben durch mich schwerer war, war mein Vater es versaut hatte und sie mich ganz alleine erziehen musste.

Ich liebte sie. Genauso Wie Selly und Joshua, die noch ein schönes gemeinsames Ende vor sich haben sollten oder Sam, der nun viel Verantwortung trug.

Ich wollte nicht gehen aber ich musste.

Ich ließ mich noch tiefer in die Dunkelheit ziehen.

Und dann verließ ich diese Welt für immer...

....

....

Nein, verarscht.

So leicht würde ich doch nicht mein Kind aufgeben, was denkt ihr Papnasen denn von mir?

Ich wartete nur in der Dunkelheit darauf, wieder an die Oberfläche zu gelangen.

 

 

 

Eine Schmerzwelle durchfloss mein unterleib. Davon erwachte ich.

Langsam öffnete ich die Augen. Es war dunkel, der Himmel, der verstohlen durch das Fenster blickte, war zwar von Wolken befleckt, aber Sterne waren zu erkennen. Neben mir atmete jemand. Die Person hatte die Arme um mich geschlungen. Wir lagen in Löffelchen stellung. Als ich mich auf die Ellebogen stützte und den Kopf reckte, erkannte ich das Gesicht meiner Mutter.Sie war bleich, hatte Augenringe und rote Backen, die vom weinen kamen. Sie sah alt aus. Trotzdem durchflutete mich eine Welle der Erleichterung. Mein Herz machte einen Hüpfer. Dann ergriffen mich Schmerzen und ich sank stöhnend in mein Kissen zurückMein Kopf dröhnte schrecklich, meine Rippen fühlten sich kaputt an und alle meine Gelenke schmerzten.

Und plötzlich durchborte wieder dieser Schmerz mein Unterleibt, der mich geweckt hatte.

Ich konnte nicht mehr liegen, stand auf. Ich ging um das Bett herum zur Tür, auf der W.C. augedruckt war. Ich griff nach dem Türknauf und wollte die Tür gerade öffnen, da passierte es.

Mein Bauch explodierte. Flüssigkeit lief meine Beine hinunter, wie als wäre unter meinem Kittel ein Wasserballon geplatzt. Und da, wieder der Schmerz. Er haute mich fast um.

Oh nein!

Ich drehe mich vor Schmerz duckend um.

,,Mum!“ schrie ich gequält.

Meine Mutter erwachte ruckartig. Als sie merkte, was Sache war, sprang sie aus dem Bett.

,,Emilia! Oh Gott, deine Fruchtblase ist geplatzt!“

Ihre Stimme, oh ihre wunderbare Stimme klingelte in meinen Ohren.

Sie trieb mir die Tränen in die Augen. Ich hatte sie über ein halbes Jahr nicht gehört.

Sie kam zu mir und stützte mich vorsichtig. Dann riss sie die Tür auf und brüllte:

,,Meine Tochter hat Wehen!!“

Ich ließ sie los und stützte mich an der Wand an. Die Spur, die mein Fruchtwasser hinterlassen hatte, wich in Bluttropfen.

Oh-oh.

Mein Kreislauf gab auf und ich kippte um. Der Boden fühlte sich hart an. Ich sah alles verschwommen. Ich driftete nur noch so halb im Bewusstsein herum.

Hände griffen nach mir, ich wurde hoch gehoben und auf etwas weiches gelegt.

Und da wieder, dieser Schmerz, diese Welle, diese Wehen.

Das war nocht zum aushalten.

Ich keuchte.

,,Emilia? Können sie mich hören?“ fragte mich jemand.

Ich nickte.

,,Sie haben wehen. Durch ihren Unfall hatten sie innere Blutungen und diese wiederholen sich nun. Abgesehen davon liegt ihr Kind in steißbeinlage. Wir müssen es im Mutterleib drehen. Haben sie verstanden?“

Ich hörte seine Wörter, aber nicht deren Bedeutung.

Wieder nickte ich einfach nur.

Und dann ging die Hölle los.

Ich wurde ohne Nakose operriert.

Dann wurde ich in den Kreissaal gebracht.

Meine Beine wurden gespreizt und festgemacht. Leute riefen durcheinander.

Aber ich hörte nicht hin.

Bis mir jemand in den geweiteten Muttermund griff und das Baby umdrehte.

Ich schrie.

Schmerzen.

Oh Gott.

Ich schrie wieder und wieder und wieder.

,,Tut mir leid, Emilia, aber wir müssen noch mal ran. Das Kind liegt noch nicht in der richtigen Lage.“

Ich war nun wieder hell wach.

Und ich sah alles gestochen scharf.

Wieder griff der Arzt in mein Unterleib und drehte.

Es war noch schlimmer als beim ersten mal.

Ich schrie, und mir schossen die Tränen die Wangen runter.

,,Okay, das haben wir. Jetzt leiten wir die Geburt ein. Die Wehen kommen jetzt in kurzen Abständen.“

,,Was?“ schrie ich empört.

,,Jetzt geht der Scheiß erst los? Verdammt ich will einen Kaiserschnitt, ich kann das nicht!“

,,Tut mir leid, aber dazu ist es jetzt zu spät.“

Arschloch. Wenn ich das hier überlebte, würden ich und Joshua ihm auflauern und ihm einen Baseballschläger in den Arsch schieben. An dem konnte er dann auch rum drehen, bis er rot wurde.

,,Also, sie atmen jetzt, wie sie es gelernt haben, und wenn ich sage pressen, dann presst du so stark wie du kannst.“

Nicht sein Ernst.

Ich amtete tief ein und aus.

Und da kam die nächste Wehe und er rief:,,Pressen.“

 

 

 

Ich schrie bei jedem Pressen.

Ich bildete mir ein, dass es dann besser war, aber ich war schlecht darin, mich selbst anzulügen.

Es fühlte sich an, als würde man mir beide Beine abreißen.

Stunden vergingen.

Ich schrie und schrie und schrie, atmete, presste und hatte das Gefühl, nie wieder aufstehen zu können.

Verdammt, das war alles Sams Schuld!

Ich hasste ihn!

Der Arsch!

Mir fiel plötzlich auf, dass ich die ganze Zeit im Krankenhaus gewesen war. Das ich einen Unfall gehabt hatte.

Wo war Sam? Wo war Selly? Wo war josh...?

,,Mama, was ist mit Joshua, wo ist er? Lebt er noch?“ brüllte ich viel zu laut meine Mutter an, die die ganze zeit neben mir gesessen hatte und mir meine Hand gedrückt hatte.

Sie warf mir einen mitleidigen Blick zu.

,,Er liegt auf der intensiv, Schatz. Er liegt im Koma.“

Ich schaute sie verdattert an.

,,WAS?“ schrie ich und brüllte bei der nächsten Wehe.

Selly kam rein gestürmt.

,,Selly.“ Heulte ich. Sie kam auf mich zu mir und nahm alle beide Hände in ihre.

Dann presste sie ihre Strin an meine.

,,Zusammen.“ Flüsterte sie. Ihr Gesicht war tränenüberstürmt.

,,Für Joshie.“

Und dann machte ich weiter.

Ich presste und schrie und atmete und Selly ließ mich nicht los.

All die Stunden stand sie an meiner Seite.

Schweiß rang mir die Stirn herunter, meine blonden Haare waren schon nass.

Irgendwann gesellte sich schweigend Sam dazu. Ich warf ihm alles entgegen was ich greifen konnte und brüllte ihn an, zu verschwinden, was er wiederwillig tat.

Der Wixxer.

,,Das machst du gut. Jetzt ein letztes Mal pressen.“

Au ja!

Ich gab noch mal ein letztes Mal vollgas.

 

Und dann hörte ich es schreien.

Mein Baby. Der Arzt nahm das Baby hoch und wickelte es in ein Handtuch. Es war voller ekelhsftem Schleim und ivh fragte mich, ob mein Körper wirklich im Stande war, sowas ekelhaftes zu produzieren.

Er reichte es den Schwestern, die es saubermachten.

,,Herzlichen glückwunsch, es ist ein Mädchen.“

Ich sank erleichtert zurück in das Kopfkissen.

Eine Stunde später  lag ich auf meinem Krankenzimmer, in dem ich die nächsten Tage campieren würde.

Maya lag in meinen Armen. So hieß sie.

Maya November.

Sie schlief ruhig. Ich hatte sie vorhin das erste mal gestillt. Wow.

Ich liebte sie.

Sie war so wunderschön, ich hatte noch nie etwas so schönes gesehen. Sie hatte ganz dunkle Haare, fast schwarz, was lustig war, weil ich platinblond und Sam dunkelblond waren und hatte granitgrau blaue Murmelaugen. Sie sah nur noch ein wenig zerknautscht aus. Das Licht der Morgendämmerung erhellte das Zimmer und erschaffte eine warme Atmosphäre.

Selly lag halb auf meinem Bett und schlief. Das hieß sie saß auf einem Stuhl an meinem Bett und hatte sich nach vorne gebeugt und lag da jetzt so halb.

Irgendwas sagte mir, das sie ewig nicht geschlafen hatte.

Es klopfte.

Joshua konnte es nicht sein. Mum war nachhause gefahren, um mir ein paar Sachen zuholen und um Suzan abzuholen. Die anderen schliefen, es war erst 6 Uhr morgens. Also konnte es nur Sam sein.

Ich sagte ,,Ja.“

Und tatsächlich, es war Sam.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Er schloss die Tür hinter sich und blieb unsicher mitten im Zimmer stehen.

Ich guckte ihn an.

Ich war nicht wie er. Ich war kein monster, das anderen das Leben zerstörte. Maya brauchte einen Vater, das konnte ich am besten beurteilen, und ich würde sie Sam nicht vorenthalten.

,,Willst da da jetzt irgendwie wurzeln schlagen oder willst du deine Tochter halten?“ fragte ich ihn, leider viel schroffer als ich wollte.

Er kam zu mir und erblickte zum ersten Mal seine Tochter.

Sein Gesicht erhellte sich und da erschien dieses Lächeln.

Das Lächeln, das ich von früher kannte, als wir uns das erste Mal näher kamen, wirklich näher kamen, vor der Schwangerschaft.

Es hatte mir gehört.

In den letzten Monaten war es in meiner Nähe verblasst.

Er hatte es der Schlampe geschenkt. Und nun wagte er es, meine Tochter so anzusehen.

Ich schluckte meinen Hass hinuter.

Er nahm sie mir aus den Armen.

Nicht beißen, Emilia, mahnte ich mich, dein Kind soll erst in der Pupertät merken, das du einen Knall hast.

Maya war so winzig. Vor ein paar Stunden war sie noch in meinem Bauch gewesen, und jetzt konnte ich sie richtig berühren.

Sie schien es zu genießen in den Armen ihres Papas zu liegen.

Böses Baby, hintergeht jetzt schon seine Mami.

Ätschi Bätschi, mich liebte sie trotzdem mehr.

,,Ihr Name ist Maya. Maya November.“

Er nickte.

,,Maya.“ Flüsterte er honigweich.

Mit seiner Stimme klang es wie ein Gebet.

Und plötzlich wünschte ich mir so so sehr, das wir eine Familie waren. Das wir zusammen gehörten.

Aber es ging nicht.

Wir waren außeinander gegangen. Wegen ihm.

Und da war diese Wand, gegen die ich ständig lief. Sie sagte mir, das es keinen Weg für uns gab, das es hier nicht mehr weiter ging.

Und das schlimmste war, das er es so entschieden hatte. Selbst wenn ich ihm verzeihen würde, dann würde er mich trotzdem allein lassen und zu der Schlampe zurück kehren.

Ich konnte mich drehen wie ich wollte, ich saß fest.

Sam hatte mich in einen Raum ohne Türen und Fenstern gesteckt.

Die Kleine fing an zu weinen.

Er schaute mich fragend an.

Ich schluckte die Tränen runter und schüttelte beruhigend den Kopf.

,,Sie hat bloß wieder Hunger. Bring sie her. Und dann geh bitte. Ich schick dir ‚ne Nachricht, wann du morgen wieder kommen kannst. Für heute ertrag ich dich nicht mehr.“

Er schluckte und nickte.

Dann stand er auf und ging zu Tür.

Ich bettete die Kleine in meinen Armen und gab ihr meine Brust.

Sam blieb in der offenen Tür stehen.

Er schaute mich traurig an.

,,Em. Egal was passiert. Egal wie sehr du mich hasst. Ich will das du weißt, das es mir leid tut. Ich liebe dich.“

Oh Gott, mein Herz zerbrach fast, als er mir das sagte.

Jetzt kamen mir endgültig die Tränen.

Mit winerlicher Stimme sagte ich:

,,Ich will gar nicht wissen, wie oft du das selbe zu dieser Schlampe gesagt hast. Du verstehst die Bedeutung dieser Worte nicht. Du lügst. Und ich will nicht wissen, wie oft du sie noch zu meiner Tochter sagen wirst. Ich werde nämlich nie wissen, ob du es ernst meinst. Bitte geh einfach.“

Er drehte sich um und ging.

Und ließ mich mit meinen Tränen allein.

 

 

 

 

 

Ich saß an Joshuas Bett. Maya schlief in meinen Armen. Das coole war ja, das ich einen eigenen Rollstuhl hatte.

Ich hatte mir beim Autounfall nämlich die Hüfte geprellt und ein paar Rippen gebrochen.

Und trotzdem wollte mir der Arsch keinen Kaiserschnitt verpassen.

Ich griff nach Joshuas Hand.

,,Joshie, wenn du aufwachst, dann schieben wir Dr. Grant einen Stock in den hintern.“

Ich stellte mir vor, wie er plötzlich losprstete und mir sagte, das man mir echt nichts vorspielen konnte, weil ich nur Scheiße laber. Aber das tat er nicht. Er war nur an Schläuche angeschlossen und an der Stirn war ein riesiges Pflaster, durch das sogar Blut durch gedrungen war. Ihn hatte es viel schlimmer erwischt als mich.

Obwohl es meine Schuld war. Tränen sollten mir eigentlich kommen. Aber ich hatte keine mehr. Ich hatte schon zu viel geweint.

Und vor 3 Tagen war meine Tochter geboren.

Irgendwie bitter.

,,Komm, Joshie, wach auf. Bitte. Wir können doch tauschen! Du musst dann nur auf Maya aufpassen. Am besten du ziehst sie dann mit Selly auf. Sam kann das sowieso nicht. Der hat die gefickt, als ich rein kam.

Einfach gefickt. Ich kann es nicht fassen. Bin ich echt so wenig wert?

Reiche ich nicht aus?“

Doch, ich konnte doch noch weinen.

Ich drehte seine Hand um. Dort wo die Pulsadern langflossen beim handgelenk hatte er sich das Wort Black hintättoowiert. Das war eine lustige Geschichte. Ich hatte auf der selben Stelle das Wort White.

Wir fanden das total lustig, und hatten es uns ohne der Einverständnis der Eltern stechen lassen.

Danach hatte ich 4 Wochen Hausarrest gehabt.

Aber das waren wir. Black and white.

Mond un Sonne. Und wir liebten uns, wie geschwister.

Und zum ersten mal wünschte ich mir, dass er es wäre.

Der Vater meines Kindes. Der Junge den ich mein Herz geschenkt hatte. Den ich liebte.

Es wäre so leicht gewesen.

Jedoch liebte ich Sam. Er hatte mir mein Herz gestohlen und mir dafür Maya geschenkt.

Und Joshua wäre nie mit mir glücklich gewesen.

,,Du bist das wertvollste, was ich kenne. Und du bist mehr als genug.

Emilia, das kleine ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten.“

Flüsterte er und drückte meine Hand.

Mein Joschie. Er war wach.

,,Hey, du kleiner Rabauke.“ Flüsterte und weinte vor Glück.

,, Eh, Emi, du Pussy. Hat das kleine dich echt so verweicht?“

Normaler Weise würde ich ihn jetzt schlagen.

Aber ich fing so laut an zu lachen, dass Maya aufwachte  und schrie.

 

Selly saß mir in der Kafeteria gegenüber. Maya schlief in Joshies Armen, er konnte inzwischen wieder sitzen und war auch wieder ganz wach. Und maya mochte ihn.

Es war nur irgendwie komisch, sie nicht bei mir zuhaben.

Sie schlief sogar nachts bei mir im Bett, dank ihr wurde ich alle 2 ½ Stunden wach, um sie zu stillen oder zu wickeln.

Ich reichte ihr ihren Tee. Sie sah total blass aus, sie hatte abgenommen und ihre Lippen waren leicht bläulich. Und wenn sie die Arme hebte, konnte ich blaue Flecken erkennen.

,,Selly, wurdest du geschlagen?“ fragte ich sie schokiert.

,,Was?Eh..Aso, nein haha.“ Sagte sie und räusperte sich.

,,Mir geht es nur seit ein paar Tagen nicht so gut.“

,,Oh. Das hier ist ein Krankenhaus. Frag doch mal einen der Arschlöcher, der meint, er wäre Arzt.“

Sie lachte schlapp und zog meinen Witz runter.

Ich war ihr nicht böse, sie wusste ja nicht wie er entstanden war.

Ich wollte ihr gerade erzählen, weshalb ich so ein schlechtes Bild von Ärzten hatte, da floss Blut aus ihrer Nase.

 

 

Ich stürzte um den Tisch herum und verhinderte, dass sie von Stuhl fiel. Das Blut floss nur so aus ihrer Nase, als wäre sie ein Wasserfall.

,,Nicht schon wieder.. nich...schon...wiede...“ murmelte sie unterdrückt.

Schon wieder? Oh Gott, was war bloß los?

Ein paar Schwestern stürmten an.

,,Sind sie Besucher?“ fragte die eine jüngere, blonde.

Ich nickte für Selly.

Diese sackte in meinen Armen zusammen und verlor das Bewusstsein.

Ärzte kamen angerannt, zogen sie aus meinen Armen und brachten sie auf einer Trage heraus.

Ich saß mit blutüberströhmten Klamotten total geschockt auf dem Boden.

 

Als Selly das nächste Mal aufwachte, saß ich an ihrem Bett.

,,Und da waren es auch schon 3.“

Sie sah aus, wie ihr eigener Schatten.

,,Seit wann weißt du es?“ fragte ich sie.

Ich wollte nicht auf ihren Humor eingehen oder ihn sogar erwiedern. Das war viel zu schrecklich.

Sie seufzte.

,,Was willst du hören?“

,,Alles. Von Anfang an.“

Sie schwieg.

Ich wartete.

Sie schien mit sich selbst zu kämpfen.

Ich wartete.

Jetzt merkte sie, dass ich ihre beste Freundin war.

Sie räusperte sich.

,,Vor 1 Woche hat Mimi mal wieder ne Hausi geschmissen.

Ich war da und alle anderen ausser Sam, Joshua und dir.

Und Lukas war auch da. Wir hatten alle ziemlich viel getrunken, bzw er und die anderen, während ich nur beschwipst war. Ich bin irgendwann allein in den Garten gegangen und dann ist Lukas auch raus gekommen. Irgendwann wurde er halt aufdringlich und hat mich begrabscht, hat mich als Schlampe beleidigt. Er wusste das von Josh. Kim hats ihm erzählt. Und als ich mich dan gewehrt habe, hat er auf mich eingeschlagen.“  Sie fing an zu weinen. Ich kroch zu ihr aufs Bett und umarmte sie fest.

,,Als er fertig war, ließ er mich im Garten liegen. Morgens fand mich Mimi. Sie fuhr mit mir ins Krankenhaus. Dort wurde ich dann untersucht, inklusive Blutbild und allem. Meine Nase hörte kaum auf zu bluten und es wurde ein Thrombozytenmangel fest gestellt.

Ich habe Leukämie. Ich wollte mich dann bei dir melden, aber du wearst nicht mehr erreichbar. Und dann wurdest du vor meiner Nase eineliefert. Ich habe den Schediß für eine kurze Zeit vergessen und war bei dir und Josh.“

Mir flossen die Tränen über die Wange.            

Warum? Warum nur? Doch nicht meine kleine Selly.

Ich würde Lukas umbringen.

,,Und wie geht’s jetzt weiter?“ fragte ich sie leise.

,,Wie soll es denn weiter gehen?“ fragte sie mich und schaute mir direkt in die Augen.

,,Nein...Nein! Selly, sag mir nicht, das du jetzt einfach sterbeen willst! Du musst eine Therapie machen und wieder gesund werden.“

Sie lachte bitter.

,,So einfach ist das nicht. Das weißt du selber. Miriam ist auch an Blutkrebs gestorben, und meine Mutter ist an einem Gehrin tumor gestorben. Bei mir wird das nicht anders sein. Ich dachte nur, ich hätte mehr Zeit. Ich hätte mich schon viel früher testen lassen sollen. Ich wollte nur nie.“

Miriam war Sellys ältere verstorbene Schwester. Sie ist gestorben, als wir 12 waren. Jetzt waren nur noch Selly, ihr Bruder Mike und ihr Vater übrig.

,,Nein.“ Fauchte ich sie an.

,,Selly, du kannst noch geretten werden. Bitte, bitte, bitte!“

Ich kam mir unendlich dumm vor, sie wegen so etwas anzuflehen.

,,Selly, es gibt noch so viel! Wir wollten zusammen in eine WG ziehen und studieren. Komm schon, bitte bleib hir, kämpfe, was bringt es aufzugeben, bevor man gekämpft hat?“

Sie legte den Kopf schief.

,,Und dann weiter leben? Ich würde nur solange meinen Tod hinaus zögern, bis ich tot umfallen würde. Und das wäre so schmerzhaft. Und so will ich nicht leben. Und selbst wenn? Ich will sowieso nicht mehr. Ich fühle mich so gebraucht, so benutzt und so wertlos. Lukas hat mich so gedehmütigt. Ich brauche nicht lange leben. Es nützt mir nichts.“

Sie sagte das mit so einer Entschlossenheit, anscheinend würde sie sich nicht mehr umentscheiden.

Ich riss mich los und rannte aus dem Zimmer.

Ich blieb nach ein paar Schritten stehen und sank an der Wand herunter.

Und heulte wie Maya. Richtig mit Geräusch und Rotze. Mir war egal, dass ich aussehen musste, wie ein kleines Kind.

Ich weinte und zitterte und mir wurde schwindelig und alles.

Ich hatte noch nie so schlimm geweint.

Irgendwann kam Joshua mit Krücken angehüpft. Er schüttelte und fragte mich was los wäre.

Das einzige was ich rausbekam, war ihr Name.

Er stürtzte ihn ihr Zimmer. Kurze Zeit später konnte ich sie streiten hören.

Ich weinte weiter und weiter, bis ich irgendwann keine Tränen mehr hatte und nur noch zitternd mit geschlossenen Augen an der Wand gelehnt saß und schluchzte vor mich hin.

Irgendwann kam Joshua wieder heraus und setzte mich in irgendeinen Rollstuhl. Dann schob er mich hinkend in mein Zimmer und kuschelte sich mit mir ins Bett.

Und dann weinte er ebenfalls.

 

 

 

Ich saß auf Sellys Bezz und flechtete Selly die Haare. Die saß zwischen meinen Beinen.

Maya schlief bei Joshua. Er hatte sie freiwillig genommen, sie schiern ihn wirklich zu mögen. Sam war auch mal da gewesen, aber nicht lange, und die kleine hatte nur rum geweint.

Vielleicht bemerkte sie die Abneigung, die ich ihm gegenüber empfand.

Selly  hatte den Fernsehr eingeschaltet, es lief Gilmore Girls, die Sendung hatten wir uns früher täglich angeschaut. Es fühlte sich fast genauso an wie damals. War es aber nicht.

Selly bekam so viel Morphium, das sie sich schon Fliegen einbildete.

Ich fände das lustig, wenn sie mir nicht so entgleiten würde.

Josh redete nicht mehr mit ihr.

Was ich verstehen konnte, aber die Ärzte gaben Selly vielleicht noch 2 Wochen. Ich wollte noch so lange Zeit mit ihr verbringen, wie ich konnte.

Sie konnte inzwischen nicht mehr laufen, und lange aufrecht sitzen oder länger wach bleiben als 2 Stunden war kaum noch möglich.

Sie war in den letzten Tagen in sich hinein gefallen.

Ich und Josh blieben noch 1 Woche im Krankenhaus. Danach ging es wieder los mit der Schule. Mit der Realität. Meine Mutter übernahm das Sorgerecht bis ich erwachsen war und dazu auch den Mutterschutz, so das sie sich Vormittags um Maya kümmern konnte.

Selly lehnte sich nach hinten an meine Brust. Sie war eingeschlafen.

Ich kletterte aus dem Bett, deckte sie zu und ging.

Als ich den Gang entlang lief, sah ich noch, wie Sellys Bruder in ihr Zimmer ging. Der Arme hatte es auch nicht leicht.

Ich betrat mein Zimmer.

Josh hatt sich die kleine über die Schulter gelegt und saß in seinem Rollstuhl.

,,Jojo?“ fragte ich.

,,Mhm?“

,,Geh zu ihr. Früher oder später musst du dich verabschieden.“

Schweigen.

Ich ging zu meinem Bett und kuschelte mich in meine Decke.

,,Em, ich kann nicht. Ich hatte sie endlich. Sie hat mir gesagt, dass sie mich auch liebt. Direkt nachdem ich aufgewacht bin, war sie da und hat sich sogar entschuldigt, weil sie den letzten Monat lang so scheiße zu mir war. Ich dachte, sie würde bei mir bleiben. Aber sie gibt einfach auf. Sie kämpft nicht mal. Für mich.“ Flüsterte er.

,,Josh, sie verliert immer mehr sich selbst. Willst du sie nicht wenigstens begleiten? Wollen wir das nicht tun?“

Er zuckte mit den Schultern.

Au ja, gleich gab er nach.

,, Lass es uns so machen: Wir fragen die Schwestern, ob wir zu ihr in den Raum ziehen dürfen und dann bleiben wir die restliche Zeit die sie hat bei ihr. Wie klingt das?“

Er dachte nach. Ich wartete.

Dann seufzte er.

,,Okay okay. Von mir aus!“

Ich sprang quitschend auf und umarmte ihn.

Dann ging ich zu den Schwestern, die später auch einwilligten.

 

 

 

 

Selly wachte nicht mehr auf. Sie war nur noch bewusstlos, die Ärzte sagten, dass sie uns immer noch hörte, deswegen erzählten wir ihr noch mall alles was wir erlebt hatten.

Josh erzählte, wie er sich in  Selly verliebt hatte.

,,Als ich neu in die Klasse kam und Emilia mich gleich angesprochen hatte, wusste ich von Anfang an, das sie für immer meine beste Freundin, Schwester und Seelenverwandte sein würde, sie verstand mich, ohne das ich mit ihr redet musste. Und Emilia nahm mich herzlich auf, auch in ihrer Clique. Und da war ein kleines Mädchen, mit goldblonden Locken und schokoladenbraunen Augen. Sie war ein Jahr jünger als die anderen,  aber sie strahlte schon sehr viel größe aus und irgendwie verliebte ich mich in das elfenartige Wesen. Schlließlich waren wir zu dritt beste Freunde. Wärend Emilia immer enger an mich heran wuchs und ich sie besser kannte als mich selbst, wurde die kleine Selly immer rätselhafter. Und ich liebte sie immer mehr. Emilia liebte ich auch, manchmal auf die selbe Weise wie Selly, doch ich gab immer sofort auf, weil ich wusste, das sie nicht so viel für mich empfand, und dann war da immer noch diese kleine Elfe. Selly. Und als wir unsere erstes Hausparty hatten, und ich sah wie Selly sich im Licht bewegte und tanzte, da war es entgültig um mich geschehen.“

Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich das hörte. Josh empfand genauso wie ich, nur das ich dasselbe immer für Sam empfunden hatte.

Ich setzte mit einer weiteren Geschichte an.

,,Als ich und Selly jünger waren, das war in der 7 Klasse, waren wir unglaubliche Fans von Billy Talent. Die Gruppe war gerade neu und wir fanden den Bandsänger komischer weise total heiß. Die hatten ein Konzert in einer größeren Stadt hier in der Nähe, also haben wir uns schön gestylt, und sind mit dem nächsten Zug schwarz zum Konzert gefahren. Wir hatten nicht mal Karten, aber wir haben uns rein geschlichen. Das war der coolste Tag in der 7ten. Und es war die Taschengeldverbote echt wert.“

Josh lachte. Sein Lachen war wie Balsam auf meiner Seele, vwermutlich weil ich es so ewig nicht mehr gehört hatte. Sellys Mundwinkel bewegten sich nach oben.

Ihr zustand hatte sich in den letzten Taagen so verschlechtert, das die Ärzte ihr nur noch Stunden gaben.

Wir lagen mit ihr auf einem riesigen Bett, das wir aus unseren drei Betten zusammen gebaut hatten.

Was die Angestellten dieses Hauses davon gehalten hatten, war uns dermaßen egal gewesen.

An dem Gerät, an dem die Herzakivitäten festgestellt werden konnten, bemerkte ich, das ihr Herz immer langsamer schlug.

Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und drückte mwine Stirn an ihre, wie sie es bei Mayas Geburt mit mir gemacht hatte. Joshua kam auch noch dazu, so dass wirr alle die Köpfe aneinander quätschten.

,,Selly, du kannst jetzt gehen.“

Mir kamen die Tränen als ich das sagte.

Ich spürte ihren Atem auf meiner Wange. Gestockt und langsam.

,,Wir sind dir nicht böse. Wir lieben dich und wir werden dich nicht vergessen. Bitte warte auf uns, okay?“

Joshua schluchzte.

,,Sellers, ich liebe dich. Pass gut auf dich auf da oben. Du wirst uns fehlen.

EEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE.

Das war das Geräusch, das das Gerät machte, als Sellys Herz aufhörte zu schlagen.

 

 

 

3 Wochen. Innerhalb 3 Wochen hatte Selly ihr Leben aufgegeben.

Maya war 4 Wochen alt. Eine Woche war alles gut gewesen. Und jetzt war alles scheiße.

Selly wurde mir viel zu schnell genommen. Es war viel zu schnell gewesen.

Die Ärzte sagten, das es normal wäre, das akute Leukämie, wenn man sie nicht rechtszeitzig behandelt, innerhalb weniger Wochen zum Tod führen konnte.

Aber ich dachte, wir hätten mehr Zeit gehabt.

Wir alle hatten das gedacht, nur Selly wusste es warscheinlich.

Sie hatte von klein auf gewusst, wie sie sterben würde, auch wenn wir sie nie ernst genommen hatten. Hätten wir es doch nur getan.

Es hätte sie vielleicht nicht gerettet, aber wir hätten so viel mehr Zeit gehabt.

Zeit, das war das, was wir uns nicht verdienen konnten. Wer sagte Zeit sei Geld, der log. Zeit verfliegt, sie nimmt uns die Kraft zum leben, sie bestimmt unseren Tod und niemand kann sie stoppen, zurück spulen oder vor spulen.

Selly hatte immer gesagt, das egal, wie schnell wir wachsen, vergehen, wir haben immer noch uns, und Freundschaft ist das perfekte Beweis, das Zeit und altern nicht nur schlecht waren. Freundschaft wird mit der Zeit stärker, unzerstörbarer, genau wie Liebe. Und genau das sagte ich auf ihrer Beerdigung. Ich war die letzte, die eine Rede hielt. Ich machte den Abschluss. Man würde meinen, eine Beerdigung hilft, sich zu verabschieden. Aber sie tat es nicht. Zu mindest anfangs nicht. Jediglich machte sie uns bewusst, das die Hülle von Selly unter der Erde lag und sie tot war und niemals wieder zurück kehren würde. Das hatte nichts mit Akzeptanz zu tun, sondern mit Tatsachen.

Sie half weder mir noch Joshua.

Wir kehrten wieder in unser Leben ein, in die kalte Realität.

Wir gingen wieder in die Schule und versuchten, dem Alltäglichen ins Auge zu sehen.

Maya war wohl der Grund, warum ich so stark war, um weiter zumachen. Sie brauchte mich, ich war ihre Mum.

Ihre Mutter.

Wenn ich daran dachte, bekam ich ein wunderbares, warmes Gefühl im Bauch.

Aber Josh kam erstmals für ein paar Tage nicht in die Schule. Dann kam er wieder, steckte jeden mit seiner miesen Laune an und zog alles runter.

Ich versuchte ihn so gut wie möglich aufzuheitern, und dachte auch, das ich das schaffte, doch dann passierte es, 2 Wochen nach Sellys Tod.

 

 

 

 

 

Joshua und ich standen draußen vor der Schule. Es war der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien und wir hatten sogar diesen letztewn Tag überlebt, bevor wir uns wieder in unser Mitleid stürzen konnten, ohne dass es jemanden interessierte.

Ich und Josh hatten uns überlegt, die Ferien über bei ihm Zuhause zu Wohnen. Seine Eltern flogen für die 3 Wochen nach Afrika, und so konnten wir das Haus besetzten.

Weihnachten feierten wir dann bei meiner Mum mit Sam und Suzan.

Wir warteten alle noch auf Mimi; Lukas, Isabella, Katja, Tim und Sam standen bei uns und wir verabschiedeten uns.

Joshua beugte sich zu mir und flüsterte:

,,So wie ich Selly verzeihen musste, musst du es auch bei Sam tun.“

Ich schaute ihn böse an.

,,Ich will nicht. Und Selly hat eine Entscheidung getroffen, schon bevor sie uns kannte. Und nur sie allein geht das was an. Aber Sam hätte für mich da sein müssen, stattdessen fickte er die Nutte und hat sich von mir und Maya abgewandt.“

,,Maya ist deine Tochter. Aber Sam ist ihr Vater. Und du hast mir immer gesagt, dass du dir wünschst, das deine Mutter noch etwas mit deinem Vater zu tun haben will, weil du gerne einen Papa hättest.“

,,Du spielst also die Vaterkomplex-Karte aus? Du bist echt unfair.“

Er küsste mich auf die Wange. Ich rammte ihm spielerisch mein Ellebogen in die Seite.

,,Sam?“ fragte ich etwas lauter.

Er schaute mich an, genau in die Augen.

,,Ja?“

,,Lass uns Freunde sein, okay?“

Er lächelte. Da war das Lächeln, das nur mir gehörte.

,,Ok.“

Joshua zog mich wieder zu sich.

,,So einfach ist das.“

,,Ich wird mich wohl erst an den Schmerz gewöhnen müssen.“

Lukas kam zu mir.

Mir wurde übel.

,,Mein Beileid noch mal, Em.“ Sagte er. Ich war ihm immer aus dem Weg gegangen.

,,Nenn mich nicht so.“ fauchte ich ihn an.

Er legte den Kopf schief und schaute mich unschuldig an. Ich wusste, dass diese Geste gespielt war.

,,Was ist denn los?“ fragte er.

,,Du bist Schuld, du mieser Wixxer! Du hast sie vergewaltigt!“

Joshua wurde neben mir bleich.

,,Was?“ krächzte er.

Ich guckte ihn verwirrt an.

Selly hatte es ihm nicht gesagt?

,,Ich bin also daran Schuld, das der Krebs überhaupt entdeckt wurde? Bedank dich lieber, Em, gib mir nicht die Schuld. Sie hat sowieso mir gehört. Sie wollte das auch.“

,,Ach ja? Hör dir auf so einen Scheiß einzureden. Sie hat nein gesagt, sie hat sich gewehrt, du hast sie verprügelt und sie vergewaltigt und ihr das Leben zerstört! Wegen dir wollte sie einfach sterben...“

Schrie ich, bis mir Tränen die Sicht und Stimme belgten.

Ich wollte auf ihn zu rennen und ihn schlagen, doch Mimi, die ebenfalls weinte, packte mich und hielt mich fest.

,,Em, beruhig dich.“ Flüsterte sie.

Joshua raste an mir vorbei.

Er schlug Lukas direkt ins  Gesicht.

 

 

 

,,Joshua!“ schrie ich ihn an.

Er schlug ohne gnade auf Lukas ein, der unter ihm am Boden lag.

Ich rannte zu ihnen, packte Josh und zog ihn so gut ich konnte, von Lukas runter.

Sam eilte mir zu hilfe und packte Josh ebenfalls. Er verhinderte auch, dass Josh sich noch mal auf Lukas stürzte.

Ich nahm Josh’s Gesicht in die Hände und lehnte meine Stirn gegen seine.

,,Er hat sie vergewaltigt, das Schwein!“ brüllte er viel zu laut und es bimmelte in meinen Ohren.

,,Joshie. Komm runter. Er ist es nicht wert. Selly hätte das nicht gewollt.“ Flüsterte ich immer wieder, so lange bis sein Gebrüll in schluchzern überging.

Lukas ergriff die Flucht und verpisste sich. Alle stürtzten sich zu uns auf den Boden und umarmten sich, Mimi heulte wie ein Kleinkind und Tim war so nett und nahm sie in den Arm.

Ich verlor langsam das Bewusstsein. Ich aß nicht mehr viel seit Sellys Tod, ich hatte nicht die gewollte Energie, um diesen ganzen Mist einfach über mich ergehen zulassen.

Die anderen lösten sich von mir, bis auf Joshua, der mich in seinen Armen hielt und aufstand.

Er brachte keine Krücken mehr.

,,Em, ich konnte dich früher nicht tragen, da warst du zu schwer. Du musst wieder normal anfangen zu essen. Sonst verlier ich dich auch noch.“ Flüsterte Josh mir zu.

Ich nickte schwach und drehte den kopf zu seiner Brust, die wohlige Wärme, die durch seinen Pullover drückte, machte das ganze ziemlich bequem.

Die anderen verabschiedeten sich leise von Josh, dann trug er mich zu seinem Auto.

Josh setzte mich neben sich und fuhr los.

,,Ich habe Angst.“ Flüsterte ich.

,,Was ist, wenn wir noch einen Unfall bauen?“

Er zuckte mit den Schultern.

,,Wäre das so schlimm?Ich hätte nichts dagegen, jetzt schon ab zutreten.“

Ich schlug ihn schwach auf den Arm.

,,Sag sowas nicht. Ich und Maya brauchen dich. Abgesehen davon würde Selly dich sofort wieder aus dem Paradies kicken. Erst mal den heißen Himmelspooljungen und dann erst du.“ Scherzte ich.

Josh lachte nicht. Oh, noch zu früh.

,,Was machen wir zu Abendessen?“ fragte Josh, darauf bedacht, abzulenken.

,,Ich habe keinen Hunger.“ Flüsterte ich.

Jetzt schlug er mich zurück.

Kräftiger, Aua.

,,Wir holen jetzt erstmsl Maya und deine Sachen und dann Eine Pizza. Wenn du nichts isst, kannst du keine Milch produzieren und Maya hat nichts zu essen.“ Sagte er neunmalklug.

,,Dein ernst? Schieb mir doch gleich Gras in die Fresse. Dann kann ich kuh spielen. Mum gibt ihr immer Fläschchen, wenn ich nicht da bin, und ich hab mir überlegt, dass selbe zu tun, bevor ich mir endgültig den Busen ruiniere.“

Joshua schaute spielerisch lange auf meine Oberweite und sagte unschuldig:

,,Musst du nicht, die sehen immer noch super aus.“

Schon wieder schlug ich ihn, freute mich aber innerlich wie blöd, dass er immer noch humor besaß.

Und so fuhren wir zu mir, holten Maya und unsere Sachen, steckten die Kleine in ihren Maxikosi und somit ins Auto.

Dann fuhren wir Nachhause, in ein Haus, das von nun an unsere Festung sein würde.

 

 

Ich saß auf dem Boden des Balkons von josh’s Haus und versteckte mich hinter der Mauer, die höchstens 1 Meter groß war, mich aber immer noch daran hinderte, einfach gerade aus zurennen und in die Tiefe zu stürzen.

Den Luxus konnte ich mir nicht leisten.

Ich hörte ein vertrautes Geräusch.

Jemand machte sich an dem Briefkasten unserer Festung zu schaffen. Der erste Schritt der feindlichen Übernahme.

Nicht mit mir.

Ich sprang auf und zielte mit geladener Waffe auf den Postboten.

Er erschrack und warf entsetzt die Hände in die Luft.

,,Sie tun jetzt genau, was ich sage.“ Rief ich bedrohlich.

Er nickte langsam, immer noch total entsetzt.

,,Legen sie die Briefe auf den Kasten drauf, dann steigen sie auf ihr Fahrrad und verschwinden. Langsam.“

Er legte vorsichtig die Briefe auf den Kasten und ging rückwärts zurück zu seinem Fahrrad.

Als er sich gerade setzten wollte, entlud ich die Waffe und schoss.

Die Kugel platzte auf seiner Brust und ein riesiger blauer Fleck breitete sich auf seiner Brust aus. 

Er schrie, sprang auf sein Fahrrad und fuhr davon.

Ich lachte so laut, das es bis zum Ende der Straße hallte.

Josh kam heraus mit Maya auf dem Arm. Ich saß wieder auf dem Boden, diesmal kichernd.

,,Gut gelaunt, General? Hast mal wieder einen Feind in dieFlucht geschlagen? Dann kannst du ja jetzt deine Tochter stillen. Sie hat Hunger und ich muss duschen.“

Ich nickte, stand auf und nahm Maya in die Arme.

Die Kleine trat umsich rum gluckste vor sich hin.

Ich setzte mich auf den Sessel im Wohnzimmer und stillte sie, bevor sie anfangen konnte zu weinen.

Ich schaute mich im Wohnzimmer um. Mein Blick blieb an einem Karton hängen, der auf dem Regal neben dem Fernsehr stand. Mit der schlafenden Maya im Arm lief ich zum Regal und hievte ihn herunter. Ich legte Maya in ihre Wiege und ging zum Sofa.

Als ich den Karton öffnete, fühlte ich mich ,als würde mir jemand das Herz verdrehen.

In dem Karton waren Fotos.

Von mir, Selly, Josh.

Ich nahm ein Foto heraus.

Selly hatte das Foto gemacht. Wir saßen im Wals in unserem geheimen Baumhaus, dass auf einem Baum gebaut war, der sich über das Wasser beugte, so das wir angeln konnten.

Sellys Mum war gerade gestorben, als wir das Baumhaus bauten, ganz allein. Okay ganz allein war gelogen, vorher war schon ein verfallenes Häuschen da gewesen. Wir hatten es sozusagen restauriert und es für uns beansprucht.

Sie hatte einen Fluchtweg vor der Trauer gesucht, und ich hatte ihr einen gegeben.

Dieses Haus war unser Platz gewesen. Niemand kannte ihn sonst, nicht mal Josh.

Auf dem anderen Foto war sie.

Selly mit ihren goldblonden Locken und den braunen Augen, vom tot berührt und trotzdem noch so lebendig.

Sie wieder zusehen brach mir endgültig das Herz.

Ich kämpfte gegen die Tränen an.

Und dann hielt ich ein Foto in der Hand, auf dem wir beide drauf waren. Wir umarmten uns fest, Stirn an Stirn.

Das war, als wir fertig mit bauen waren.

Ich drehte das Foto um.

Selly hatte etwas drauf geschrieben:

Unser Platz. Der gehört nur uns und niemand kennt ihn.

Was auch immer passert, alle geben einen fuckt auf uns, aber das ist unser Platz und dieser Platz gehört nur uns.

Wir sind beste Freundinnen, und wir werden zusammen alt und selbst der Tod kann uns nicht scheiden.

Ich fing an zu weinen.

Die ganze trauer schlug auf mich ein. Ich wollte nicht ohne sie. Sie war doch meine Selly. Sie hat mir doch versprochen, das sie mich nicht alleine lässt.  Ich rannte in die Küche, riss die Schublade auf und wühlte nach einem Messer.

,,Emilia?“ rief Josh aus dem Wohnzimmer.

Ich wollte mir gerade das Messer in die Pulsadern rammen, als Joshua reingestürtzt kam und mir das Messer entriss.

Ich sank in seinen Armen zusammen und weinte uns schluchzte und jammerte wie ein Kind.

Er wiegte mich in seinen Armen und neruhigte mich. Stundenlang saßen wir in dieser Position.

 

Später saßen wir wieder auf dem Balkon. Wir waren in warme Decken gepackt und schauten dem sonnen untergang zu. Maya schlief in meinen Armen. Auf dem Tisch standen zwei abkühlende Teetassen.

,,Em, du musst sie endlich gehen lassen.“ Sagte Josh ruhig.

,,Ich habe es getan. Ich hab sie endlich los gelassen. Ich glaube, ich habe es akzeptiert.“

Er schaute mir in die Augen.

,,Woher weißt du das?“ fragte er.

Ich lächelte ihn sn und sagte:

,,Weil sie sich endlich von mir verabschiedet hat und gegangen ist.

Ich habe es auf den Fotos gesehen. Sie hat mich angelächelt. Sie wartet auf uns. Aber sie lässt uns Zeit.“

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.06.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für Maya :) einfach weil ich dich lieb habe

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