Cover

-1-


Alex war jetzt schon seit Monaten verschwunden. Ich, Kate, Sjaard und Jack hatten alles daran gesetzt, um sie und Darian aufzuspüren. Doch alle Spuren hatten sich verlaufen. Ich hatte meine Kontakte und Beziehungen spielen lassen und dennoch hatte ich nichts erreicht. Jeden Tag schwand die Hoffnung, dass Alex noch am Leben war. Selbst unser König Hunter involvierte sich in der Suche. Wie ich ihn verehrte, für das was er für uns tat.
„Aphro, komm mal bitte. Ich glaube ich hab da was!“
Überrascht wandte ich meinen Blick, der zuvor auf das Fenster gerichtet war, Hunter zu.
„Äh, selbstverständlich, mein König.“, antwortete ich höflich.
„Aphro, wie oft denn noch? Nenn mich einfach nur Hunter. Mach dir mal keine Sorgen über die Etikette… Wie auch immer. Alex hat ja so eine tolle Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen. New York. Ich glaub ich hab ihn gefunden. Sagst du Jack und Sjaard Bescheid?
Lass Kate aber bitte nichts wissen!“
„Jawohl, mein Kö…Hunter!“, verbesserte ich mich aufgrund eines bösen Blickes und verschwand aus den Flügeltüren unseres Besprechungssaals.
„Jack, Sjaard!“
Binnen Sekunden standen beide neben mir.
„Wo ist Kate?“
„Schläft“
„Gut. Hunter hat eine neue Spur entdeckt. Ab ins Besprechungszimmer Jungs!“
Zusammen betraten wir den Saal.
„Also Leute hört mal her. Hier und hier wurden einige Handlanger von Darian gesichtet, sie waren dabei Zeug für Babys zu besorgen. Windeln und Babynahrung. Ich gehe also davon aus, dass Alex ihr Kind bereits geboren hat. Wir müssen uns beeilen. Gefolgt sind meine Leute ihnen bis hier. Ich denke an ein unterirdisches Versteck mit einem Eingang durch die Kanalisation. Die alten U-Bahnschächte und Tunnelsysteme unter New York sind ein riesiges Labyrinth, aber ich denke deswegen haben wir sie nicht gefunden. Wir sollten also anfangen hier und hier zu suchen. Wenn sich in diesem Bereich nichts finden lässt, dann sollten wir an einen Ort denken, an dem wir Sjaard niemals vermuten würden, weil er es hasst und dort suchen! Teilen wir uns also in zweier Teams auf. Sjarrd und Jack ihr nehmt diese Tunnelabschnitte. Sucht die Wände nach Geheimgängen ab. Und bewaffnet euch gut. Hier sind Funkgeräte für die Verständigung.
Aphro du kommst mit mir, wir nehmen diesen Abschnitt. Also um Punkt 4:30 will ich hier eine Bestandsaufnahme haben und alle unversehrt sehen. Lasst uns gehen!“
Sjaard und Jack waren schneller verschwunden, als man bis-später-Leute sagen konnte, während Hunter und ich den Weg zu Kate einschlugen, ihr ein Zettel hinterließen und eine Waffe auf ihren Nachtschrank legten. In übermenschlicher Geschwindigkeit machten wir uns zu genanntem Punkt auf und stiegen in die Tunnel ein.
„Du gibst mir Deckung, Aphro!“, flüsterte mir Hunter zu.
„Nein, mein König. Ich muss widersprechen! Ich bin die Leibwache. Ich gehe voran!“
„Ich dulde kein ‚Nein‘ Aphro. Das ist ein königlicher Befehl!“
Wütend starrte ich Hunter an. Jedes mal derselbe Salat. Autorität ist alles. Wütend stapfte ich einfach an ihm vorbei.
„Kannst du knicken Hunter. Bei uns in der Einheit bist du nur Zivilist. Nichts weiter. Ich führe an. Du kannst dich auf den Kopf stellen, wie du willst.“
Ohne auch nur ein Wort abzuwarten, raste ich durch den Tunnel davon, dicht gefolgt von Hunter. Ich wusste, dass meine Worte Folgen mit sich ziehen würden. Widerspreche niemals einem König und verweigere dessen Befehl. Genau diese zwei meiner Regeln hatte ich gebrochen. Momentan war mir das jedoch herzlich egal. Sein Rat war doch gewesen: ‚Etikette sei egal‘. Nun dann konnte er es so bekommen. Meine dunkle, stickige und durchaus abartig stinkende Umgebung nahm ich beinahe kaum wahr. Hunters Geruch lag in der Luft, wie eine wohlige Sommerbrise. Abrupt blieb ich stehen, sodass leider Gottes, Hunter mit voller Geschwindigkeit in mich hineinlief und wir zusammen den staubigen Boden entlang schlidderten und mit einem riesigen ‚Krach-bum‘ in die Eckwand krachten
„Scheiiiiiiiße!“, schrien wir beide im selben Moment und begannen zu lachen.
Ich hatte den König noch nie lachen hören, doch es klang betörend. Wie eines der schönsten Lieder, die man kennt. Mir wurde ganz warm, obwohl es hier unten ungefähr so warm war, wie in einer Gefriertruhe. War das also seine Eigenschaft? Seine besondere Fähigkeit? Menschen und Vampire in eine Art Rausch zu versetzten und ihnen einige schlimme Dinge zu verschönern?
Genau dieses Wirken machte er nämlich auf mich.
Ich musste ihn nachdenklich angestarrt haben, denn er sah mich stirnrunzelnd an.
„Hast du mich verstanden, Aphro?... Geht es dir gut?“, fragte er besorgt.
„Ähm“, ich schüttelte meinen Kopf, um ihn klar zu bekommen.
„Mir geht’s gut.“
„Das ist gut.“ Hunter reichte mir die Hand.
„Irgendwas Interessantes gehört oder gesehen?“
Ich nahm Hunters dargebotene Hand und ließ mich hochziehen. Fataler Fehler, denn dieser Mann roch aus der Nähe noch besser als jedes Parfüm der Welt, sodass meine Beine leicht wackelten und ich kurz vor einem peinlichen Zusammenbruch stand. Schwupps hatte mich Hunter aufgefangen und an sich gezogen. Noch dichter an sich. Nicht gut, gar nicht gut, sagte mein Verstand mir.
„Wir sollten weitermachen. Sonst schaffen wir diesen Abschnitt heute nicht mehr.“
Also machten wir uns weiter auf den Weg. Liefen Tunnel entlang, in Sackgassen hinein und suchten nach Geheimgängen und fanden. –Nichts-


-2-


Darian rieb sich die Schläfen.
„Weib du gehst mir auf die Nerven.“
„Tja, das hättest du dir vielleicht früher überlegen sollen, Kollege. Immerhin hast du eine launische und zudem schwangere Frau entführt. Sollte dich meine Gesellschaft also stören, solltest du mir ein Einzelzimmer geben oder aber mich gar freilassen.“, gab ich schroff zurück.
„Oder dich um die Ecke bringen, dich umbringen, meine Süße!“, erwiderte Darian mit einem zuckersüßen Lächeln.
Ich hatte mich schon so an unsere Zankereien gewöhnt, dass mir beinahe nicht mehr bewusst war, dass ich gekidnappt wurde. Beinahe wie ein altes Ehepaar waren wir beide.
Hier. Er warf mir Babykleidung, Windeln und Babynahrung zu.
„Äh. Und wo genau soll ich mein Kind bekommen? Etwa hier? Ohne jegliche ärztliche Hilfe und mit einem Blutsauger an meiner Seite? Ich werde da unten bluten, glaubst du wirklich, dass ich da einen Blutsauger ranlasse? Ich bin doch nicht lebensmüde!“
„Wenn du die Geburt überleben willst und dein Kind dieses auch tun soll, dann lässt du mich besser daran. Ich habe Medizin studiert. Ich bin auch Arzt.“
„Auch? Wann GENAU hast du Medizin studiert?“, hakte ich skeptisch nach.
„1798.“
„Waaaaaas?“
„1798, Weib. Das war 1798!“
„Das hab ich schon geschnallt. Immerhin bin ich ja nicht taub. Das war vor genau-lass mich kurz nachrechnen-ähm… 202 Jahren. Damals war die Medizin doch sowas von veraltet. Du kannst doch bestimmt das ganze neue Zeugs nicht. Keine Chance ich lass dich da unten nicht raaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaun.“, stellte ich energisch fest.
„Deine Fruchtblase ist gerade geplatzt Alex. Ich würde sagen, du hast keine andere Wahl. Entweder machst du das alles alleine oder du lässt dir von mir helfen, dem vor 202 Jahren geschulten Doc. Such es dir aus, doch entscheide dich schnell. Die Zeit läuft.“
„Aaaaaach Scheiße. Lass die klugen Ratschläge und hilf mir endlich. Aaaaah.“
„Geht das noch ein Stückchen netter?“
„Willst du mich verarschen. Du legst keinen Wert auf Etikette und Umgang, willst …aaaaah… die Menschen versklaven und den Thron besteigen, aber verlangst von mir…aaaaaaaaah… das Wörtchen ‚bitte‘ zu verwenden? Niemals du Spinner!“
„Okay, Süße dann mal frohes Schaffen!“, sagte er und ging aus der Tür. Bevor er sie jedoch schließen konnte, schrie ich energisch und schmerzverzerrt das Wörtchen ‚bitte‘ so laut ich nur konnte. Wie vorprogrammiert kam Darian auf mich zu, setzte mich um und begann mit dem ganzen Prozedere. Meine Schmerzen waren höllisch, doch ich wollte dieses Darian nicht wissen lassen. Schwäche wird nur ausgenutzt. So presste und atmete ich wie das Zeug hielt und gebar eine kleine Tochter. Verschwitzt und fertig mit der Welt hielt Darian mir meine kleine Tochter frisch gereinigt und in ein rosanes Laken eingewickelt, hin.
„Gib schon her, du Spinner!“
Mit einem bösen Blick überreichte mir Darian meine kleine Tochter. Welch ein Glück. Oder auch nicht. Sjaard war nicht da, um mich und meine Kleine sehen zu können, hatte vielleicht nicht einmal versucht mich zu finden. Hatten die Anderen mein Verschwinden überhaupt gemerkt?
Ich brach zum ersten Mal in meinem Leben in Tränen aus. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben Angst und fühlte mich verletzt. Angst um meine Tochter und mein Leben, als auch Verletztheit (gibt’s das Wort überhaupt-egal- ein Neologismus von QueenOD) durch Sjaards Abwesenheit und der Ungewissheit.
„Seit wann heulen wir denn, Weib?“, lachte Darian mich aus, doch diese Gestik und sein Lachen, brachten mich noch mehr zum heulen. Ich war ja so ein Loser.

„Weib, komm mal klar. Alles wird gut!“, beruhigte mich Darian und tätschelte meine Schulter.


Zurück im Hauptquartier in New York, saßen wir in eine Diskussion vertieft zusammen.
„Kate, bleib ruhig mein Schatz. Wir werden Alex finden. Lebendig und unversehrt. Darian will uns nur in Unwissenheit baden lassen. Sie lebt noch. Bald wird er mit uns in Kontakt treten.“, zumindest hoffte er dieses, dachte ich mir.
„Ich werde aber nicht stumpf zuhause herumsitzen. Ich will involviert werden!“
„Kate. Du hast keinerlei Kampferfahrung, lass das unsere Sorge sein. Victor wird mit dir hier in der Zentrale bleiben. Er ist unser Auge und Ohr. Bleib bei ihm und hilf ihm, wenn er deine Hilfe benötigt. Adina sei so freundlich und bringe Kate raus. Danke.“, ich zwinkerte Kate zu.
„Also wie wollen wir vorgehen?“
„Hier und hier waren wir bereits. Noch fehlt dieser Abschnitt und dieser hier. Jack, Sjaard ihr sucht hier und Aphro du und ich da. Morgen um Punkt 17:00 Uhr geht’s los. Noch Fragen?“
Alle schüttelten den Kopf.
„Aphro würdest du bitte mit Kate reden?!“, bat mich Jack.
„Hey Jack ist sie meine oder deine Verlobte. Ich dachte ihr habt eure Differenzen beseitigt. Rede besser selber mit ihr.“
„Bitte Aphro tue es einfach.“
„Ist ja okay…“
„Hannah, du solltest zurück nach England reisen und dich dort um einige Dinge kümmern. Ich vertraue dir voll und ganz. Du wirst eine gute Vertretung für mich sein.“
„Sehr wohl mein König!“, entgegnete Hannah mit einem gekonnten Knicks und machte sich auf den Weg. Sie war immer so höflich zu ihrem Bruder.

„Aphrodite, kann ich dich bitte kurz unter vier Augen sprechen?!“
Hunter klang ernst. Oh nein, die Konsequenzen folgten heute doch früher. Naja 21. Jahrhundert nenne ich das, da ist alles ein wenig schneller. Viktor, Sjaard und Jack verließen stumm den Saal.
„Mein König ich…“, begann ich meine Rechtfertigung und gleichzeitige Entschuldigung mit gesenktem Kopf.
„Schweig!... Aphrodite du hast meine Befehle missachtet, mich zu tiefst beleidigt. Meine Autorität in Frage gestellt. Du weißt, was normalerweise auf solch ein Vergehen folgt?!...“, begann nun Hunter. Natürlich wusste ich was auf Widersetzung der Staatsgewalt und vor allem Zweifel an der Autorität zur Folge hatten-den Tod. Würde mich Hunter enthaupten lassen? Seit Jahrhunderten wurde niemand mehr enthauptet. Genauergesagt seit vierhundertunddreiundfünfzig Jahren. Ich, die sonst so taffe Aphro, stand den Tränen nahe und kurz vor einem Zusammenbruch. Ich würde durch Hunters Hand sterben. Seine ehemalige Leibwache und treueste Anhängerin. Ich senkte meinen Kopf noch mehr und sank auf die Knie, um meinen Respekt über sein Urteil zu zeugen. Tod.
Ich schluckte.
„Sieh mich an Aphrodite!“, verkündete Hunter in einem festen, tiefen und fast militärischen Ton.
Ich jedoch weigerte mich ihn anzusehen. War zu verloren in meinen Gedanken.
„Sieh mich bitte an Aphrodite!“, wiederholte Hunter seine Worte, legte seine Hand unter mein Kinn und zwang mich ihm in die Augen zu sehen.
„Du weißt was normalerweise folgt, aber du bist eine meiner treusten Anhängerinnen und schon seit langem ein guter Freund der Königsfamilie-von mir. Aphrodite…“, begann er sanft.
„Mein König ich werde mich Eures Urteils beugen, wie auch immer es ausfallen mag. Aber lasst mich bitte vorher erklären. Ich bin für über 500 Jahre Leibwache am königlichen Hofe gewesen, bevor mein Bruder diese Organisation bekam und ich und meine Geschwister eintraten. Ich war doch nur an Eurem Wohlergehen interessiert. Wenn Euch etwas geschehen würde, dann würde ich es mir niemals verzeihen, mein König. Ich wollte Euch und Eure Autorität niemals infrage stellen. Niemals! Ich…“
„Aphro. Sei kein Frosch. Ich habe dir doch selber den Tipp gegeben. Keine Etikette. Ich bin Zivilist. Außerdem bist du zu wichtig, dass ich dich entbehren könnte.“
Verwirrt starrte ich in seine Augen. Er las in mir, wie in einem Buch. Das hatte er schon immer getan. Als ich damals noch mit Jack, Sjaard und Darian am Hofe in England gelebt hatte, war ich zur Leibwache befördert worden. Sjaard sollte sich später um Hannah kümmern, während ich Hunter mit meinem Leben beschützen sollte. Hunter war damals schon älter als ich und dachte nicht im Geringsten daran auch nur irgendetwas von dem, was ich sagte zu beachten. Damals war er noch der Prinz gewesen, doch nachdem seine Eltern ermordet worden waren, wurde er König. Während der gesamten Zeit waren wir uns sehr nahe gekommen und um ehrlich zu sein war ich vom ersten Moment an von ihm entzückt. Auch wenn ich wusste, dass er niemals in meiner Liga war. Ich ihn niemals zu meinem Gefährten nehmen durfte. Als mich diese Erkenntnis wie ein Blitz traf, trat ich bei Jack mit ein. Weit weg von England und vor allem von Hunter.
Er hatte mich damals gehen lassen ohne ein wenn oder aber. Ich durfte mich entscheiden und das tat ich. Er wusste, dass ich den Hof verließ, da ich mich in ihn verliebt hatte. Er las es in meinen Augen, meinen verletzt dreinschauenden und schüchternen Augen, so wie heute.
Er sah meine Scham, meine Reue und meinen Ernst in meiner Mimik. Ich war eine Frau vom alten Schlag, eine Frau, die normalerweise Etikette und Anstand besaß. Scheiß 21. Jahrhundert!
Als hätte er erraten, woran ich gerade gedacht hatte, küsste er mich sanft und ein wenig zu kurz.
„Ich habe dich damals nur gehen lassen, weil ich wusste, dass es dir bei deinem Bruder gut gehen wird. Dieses Mal werde ich dich gehen lassen, weil ich dich über die Jahrhunderte vermisst habe!“
Geschockt über die Worte starrte ich ihn an. So offen hatte er noch nie über Gefühle gesprochen, noch nie. Dieses Mal war ich es, die ihn küsste. Drängend, fordernd und so leidenschaftlich, wie noch nie in meinem ganzen Dasein. Im ersten Moment schien Hunter überrascht, doch im nächsten Moment genoss er die Zweisamkeit so sehr wie ich. Er zog mich zu sich hoch, während ich stetig darauf achtete, nicht wieder hinzufallen. Dieser Mann zeigte mir meine Grenzen und meine Schwächen. Wir torkelten aneinanderklebend in Richtung Tafel. Mit einem mentalen Befehl von Hunters Seite, schloss die Tür ab und ich fand mich sitzend auf dem Konferenztisch wieder. Ich schlang meine Beine um seine Hüfte und zog ihn noch enger an mich. Oh Gott, hatte ich das vermisst. Küsse und ihn.


Vor mich hin summend, stand ich mit meiner kleinen Tochter in den Armen in der Ecke, als Darian mit einer Frau auftauchte.
„Das ist sie also Darian?“
„Ja Hannah, das ist die kleine Rotzgöre.“
„Ich will das Baby Darian. Ein Handlanger soll einen Fehler begehen, sodass es Hunter und Jack in die Hände fällt. Sie sollen ruhig langsam mal ein Lebenszeichen bekommen. Verlasse dieses Versteck sofort. Sie wollen heute hier suchen.“
Hatte ich etwa gerade richtig gehört? Wollten die tatsächlich mein Baby? Niemals würde ich das zulassen. Vorher würde ich beide umbringen. Darian näherte sich mir langsam. Ich folgte seinen Schritten mit dem Blick und schwupps war meine kleine Ally nicht mehr in meinen Armen.
Ich begann panisch zu schreien, während Darian mich in den Arm nahm und tröstete.
„Sssh. Alex, du wirst Ally wiederbekommen. Außerdem wird sie bei Sjaard gut aufgehoben sein. Er wird sofort riechen, dass sie deine Tochter ist.“
So viel Menschlichkeit naja, wenn man das so nennen kann, hatte ich von Darian nicht erwartet.
Dennoch stieß ich ihn von mir. Er hatte zugelassen, dass diese Hannah…Moment, war das nicht die Schwester vom König? Hatte mir Kate damals nicht diese Frau auf dem Stammbaum gezeigt? Die hing da mit drin? Oh nein. Und mein Baby. Sie hatte mir mein Baby genommen. Einen wehrlosen Säugling. Meinen kleinen Schatz. Ich bekam nur noch halb mit, dass Darian mich hinter sich her schleifte. Wir verließen den Unterschlupf. Da war sie also- meine Chance- ich zögerte gar nicht lang, trat Darian in die Weichteile und sprintete zurück in Richtung des vorherigen Unterschlupfes. Leider ging mein Plan nicht auf und ich wurde von Darian ausgenockt, gerade als ich die Tür erreicht hatte. Fluchten mussten für gewöhnlich immer in die Hose gehen. Doch warum ausgerechnet heute? Ich wollte mein Kind zurück. Endlich wieder bei Kate, Jack, Aphro und vor allem Sjaard sein. Darian konnte mich mal kreuzweise. Ab jetzt würde ich ihm das Leben zur Hölle machen.


Hunter schob seine Hände unter mein T-Shirt und war bereits im Begriff es mir über den Kopf zu ziehen, als es an der Tür klopfte.
„Bitte um Erlaubnis eintreten zu dürfen, mein König.“, sprach Viktor.
Schneller als ich bitte-Hunter-mach-da-weiter-wo-wir-eben-waren sagen konnte, hatte er mich auf einen Stuhl gesetzt, mein T-Shirt heruntergezogen, sein Haar gerichtet, sich den Lippenstift aus dem Gesicht gewischt und mental die Tür geöffnet.
„Siehst du Aphro. Hier und hier. Aber ich denke eher dort, was meinst du?“
Ich starrte Hunter jedoch nur an.
„Mein König entschuldigt die Störung, aber wir haben Aktivitäten in diesen beiden Tunneln bemerkt. Wir sollten sofort zuschlagen. Ich weiß, dass es draußen hell ist, doch der Eingang zu den Tunneln ist nicht weit entfernt und bevor da unten wieder Stille herrscht, sollten wir zuschlagen, wenn ihr meinen Rat wollt, mein König!“
„Du hast Recht alter Freund. Wir sollten aufbrechen. Aphro hol Jack und Sjaard!“
Ich nickte und raste davon. Sonnenlicht war zwar scheiße, aber die Sonne war erst im Begriff aufzugehen und außerdem würde erst die Mittagssonne uns größeren Schaden zufügen und erst ein paar Stunden in der Sonne konnten uns umbringen. Außerdem mussten wir Alex retten. Alex und ihr Baby.
Ich sprintete los und suchte Jack und Sjaard. Als ich sie gefunden hatte, machten wir uns auf den Weg.
„Victor bleib bei Kate und passe auf sie auf.“, befahl Hunter und raste in der nächsten Sekunde davon. Ich eilte ihm hinterher. Doch er war wirklich schnell. Hatte er mich also heute beim Einsatz nur verarscht indem er mir gefolgt war? Wut keimte in mir auf. Ich wusste so viel über Hunter und doch so wenig. Seit Jahrhunderten hatte ich ihn nicht mehr gesehen oder so dicht mit ihm zusammengearbeitet, wie zurzeit.

Die morgendlichen Sonnenstrahlen strahlten uns entgegen und reizten unsere Haut aufs Äußerste. Jetzt bekam ich eine Vorschau auf die Hölle. Es brannte, kribbelte und juckte auf meinem ganzen Körper. Ich spürte beinah, wie sich die Brandblasen bildeten. Sonnenbrand und Brandblasen. Ich ignorierte den Schmerz so gut es ging und registrierte nur am Rande, dass meine Energie immer schwächer wurde. So musste sich das Sterben anfühlen.
„Gib mir Rückendeckung Aphro.“, befahl Hunter und duldete dieses Mal keine Widerrede. Also nickte ich und folgte ihm in die Tunnel. Wir rannten durch einige, bis wir Aktivitäten vor uns wahrnahmen. Leise stoppten wir und machten uns bereit. Dann vernahmen wir die Stimme von Hannah. Zumindest dachte ich das.
Fragend sah ich Hunter an. Er hatte es auch gehört.
Silhouetten kamen um die Ecke. Ein Vampir, der ein Baby auf dem Arm hatte, ein zweiter, der schwer bewaffnet war und Hannah. Hunter stockte nur eine Sekunde, in der eine Kugel auf ihn abgefeuert wurde. Ich warf mich in die Schusslinie und nahm die Kugel auf. Hunter schrie laut auf und warf sich auf den Schützen. Während ich mich schnell wieder aufrappelte und den Vampir mit dem Baby attackieren wollte, nahm ich das ungläubige Gesicht des Vampirs war, als Hannah ihm den Kopf abtrennte. Warum ein ungläubiger Blick und vor allem was machte sie hier? Sollte sie nicht längst wieder in England sein und Hunter vertreten.
„Was machst du hier Hannah?“, fragte Hunter nach und war ebenso verblüfft wie ich sie hier zu sehen.
„Ich… ich… also… Ich wurde hier festgehalten. Sie haben mich in eine Falle gelockt…“, erklärte sie stockend und unter Tränen ausbrechend und mir das Baby in die Hände gebend. Während Hunter sie in den Arm nahm und tröstete-eine Geste, die ich von Hunter noch nicht kannte- musterte ich Hannah skeptisch. Das war mir einfach zu unglaubwürdig.
Sie war ungefesselt neben den Vampiren hergegangen, zumindest hatte ich keine Fesseln sehen können und vor allem war sie unversehrt und in sauberen Klamotten unterwegs. Merkwürdig. Wirklich merkwürdig.
Sie musste meinen fragenden und musterneden Blick bemerkt haben, denn sie lächelte mich berechnend an. Damit meine ich wirklich berechnend!
„Äh, Hunter?“, fragte ich, bekam jedoch keinerlei Reaktion seinerseits. Ich räusperte mich erneut. Irgendwie musste ich ja auf mich aufmerksam machen.
„Lass uns gehen Hannah. Du musst schlimmes durchgemacht haben.“, stellte Hunter mich ignorierend fest. Danke auch. Natürlich hatte die unverletzte und immer noch perfekt geschminkte Hannah viel durchgemacht. In ihren Träumen vielleicht! Tze.
Mit dem Baby auf meinem Arm, dass sich wirklich ruhig verhielt machte ich mich auf den Weg zurück. Ein kleines Stück folgte ich Hunter und Hannah, doch dann raste ich an ihnen vorbei zurück zum Hauptquartier. Sie hatten meine Anwesenheit sowieso nicht mehr gespürt. Hatte ich eben noch das Bedürfnis gehabt von Hunter befriedigt zu werden, dann war nun all die Leiden-und Anziehungskraft zu ihm erloschen. Kaum war seine Schwester in der Nähe und schon war ich abgeschrieben?! Das konnte ich schon lange.
Ich betrat das Hauptquartier gerade, als Kate die Treppe herunterkam.
„Wo kommst du denn her?“, wollte sie wissen und blieb wie angewurzelt stehen, als sie den Säugling in meinen Armen sah.
„Sag mir, dass ich nicht halluziniere.“, meinte Kate knapp und klatschte dann freudig in die Hände.
„Du halluzinierst keines Falls, Kate.“, vernahm ich die Stimme von Hunter hinter mir.
„Hannah war ebenfalls gefangen genommen worden. Ally, so heißt die Kleine. Alex hat sie so genannt.“, stellte er fest und auch Kate kam auf Hannah zu und nahm sie tröstend in den Arm.
„Du musst so viel durchgemacht haben, Hannah. Geht es Alex gut?“
Hannah lächelte belegen und nickte dabei.
Für meine Verhältnisse sah Hannah immer noch boshaft und etwas zu verärgert aus. So als ob irgendwas schiefgegangen war. Bloß was?! Was kann schon an einer Rettungsaktion schiefgehen?
„Ich nehme die Kleine.“, meinte Kate und nahm mir in diesem Moment die kleine Ally ab.
„Hannah folg mir doch ins Gästezimmer, da kannst du dich erst einmal frisch machen.“, bat Kate und ging voraus.
In diesem Moment stürmten Jack und Sjaard die Tür herein. Beide blieben wie angewurzelt stehen.
„Das… Wie?... Alex?“, brachte Sjaard brüchig heraus.
„Er hat sie noch, aber wenigstens ist ihre Tochter Ally in Sicherheit.“, erklärte Kate.
„Gib sie mir!“, befahl Sjaard und machte eine bedrohliche Geste in Richtung Kate. Doch schon waren Hunter und Jack zur Stelle.
„Ruhig alter Kumpel. Niemand nimmt dir Ally weg. Und Alex werden wir auch noch finden. Kate gib ihm Ally, bitte.“, beruhigte Jack Sjaard. Während Kate Jack verständnislos anstarrte, entspannte sich Sjaard sichtlich.
„Ich will Alex!“, rief dieser nun aus und begann beinah zu weinen. Binnen Sekunden war Sjaard ohne ein weiteres Wort und ohne Ally verschwunden. Er wollte nicht die Tochter von Alex, er wollte Alex höchstpersönlich. Das war verständlich und zugleich auch nicht.
Ich tat es ihm gleich. Schneller als schnell hatte ich mich verabschiedet und auf mein Zimmer verdrückt. Viel zu viele Eindrücke, Ideen und Verschwörungen schwirrten mir momentan im Kopf herum. Ich brauchte jetzt eine eiskalte Dusche. Oder was Anderes. Mist, war ich etwa unter die Notgeilen gegangen?
Ich stand gerade unterm eiskalten Wasser, als es klingelte. Doch als sei es damit noch nicht getan, klingelte es sturm.
Da mir das Geklingel schon nach einigen Sekunden auf den Wecker ging, raste ich ein Handtuch um meinen nassen Körper schlingend zur Tür und riss diese mit einem wütenden Gesichtsausdruck und den rauen Worten:
„BOA EY, lasst mich doch alle mal eine Sekunde in Frieden!“, auf.
Doch als ich sah, wen ich da angeschrien hatte, blieb mir das Blut in den Adern stehen.
„Entschuldigt!“, meinte ich förmlich.
„Lass mich schnell rein, bevor mich hier jemand sieht!“, meinte Hunter und schlüpfte an mir vorbei ins Zimmer.
Perplex drehte ich mich um.
„Was willst du?“, rutschte es mir etwas zu barsch heraus.
„Ich kann auch wieder gehen.“, meinte er und machte Anstalten zu gehen.
„Schon okay. Also was möchtest du von mir?“, hakte ich etwas netter nach.
„Vielleicht möchte ich mit dir darüber reden, warum du vorhin als wir Hannah gefunden haben einfach so abgehauen bist ohne etwas zu sagen…“
„Gut, dann kannst du das vielleicht auch lassen!“, zickte ich.
„Oder aber wir machen da weiter, wo wir vorhin unterbrochen worden sind.“
Alleine der Gedanke daran, dass Hunter und ich dabei gewesen waren miteinander zu schlafen, ließ mich rot werden.
„Also Aphro?“, hakte Hunter nach.
„Versteh mich nicht falsch Hunter, aber ich bin der Meinung, dass wir das seinlassen sollten und vor allem waren wir beide doch der Auffassung, dass uns das nur in eine komische Lage bringt. Also lautet meine Antwort: Nein.“, stellte ich klar. Klar hatte ich das mit ihm genossen, doch ich wusste nicht, ob ich danach noch in der Lage wäre ihm normal zu begegnen und vor allem würde er die Beziehung mit mir niemals publik machen. Das würde das Schlimmste für mich sein. Heimlichtuerei. Also dann lieber ein gebrochenes Herz als das. Vor allem war ich auch noch sauer, dass er mich einfach ignoriert hatte. Idiot. Er hätte nur ein paar Stunden früher sein müssen und ich hätte mich selbst nicht wiedererkannt.
„Du weist mich also zurück, nachdem was zwischen uns passiert ist vorhin?!“, wollte Hunter skeptisch wissen.
Das brachte mich auf die Palme. Ein für alle Mal.
„Vorhin als wir Hannah gefunden hatten, war ich auf einmal nur Luft für dich, du hattest nicht einmal gemerkt, dass ich abgehauen war und jetzt verlangst du allen Ernstes von mir, dass ich mit dir schlafe? Hunter ich bin vielleicht eine treue Anhängerin von dir, aber das kannst du nicht von mir verlangen!“, motzte ich. Anhand seines geschockten Gesichtes merkte ich, dass ich etwas zu sehr aus dem Nähkästchen geplaudert hatte. Super! Bloß nicht anmerken lassen, dachte ich mir und ging zurück in Richtung Wohnungstür.
„Ich glaube es wäre besser, wenn du jetzt gehst!“, stellte ich überflüssigerweise fest.
Hunter kam meiner Bitte für meine Verhältnisse etwas zu schnell nach und ging an mir vorbei in den Flur. Doch bevor er ging, machte er noch eine Bemerkung:
„Du hast wundervoll mit einem Kind auf dem Arm ausgesehen. Wir hätten uns auch eines zulegen können.“
Mit diesem Satz ließ er mich geschockt an der Tür stehen. Nicht nur geschockt, sondern auch noch vollkommen verwirrt und am Boden zerstört.
Hatte ich gerade wirklich Hunter abgewiesen und rausgeschmissen? War ich vollkommen verwirrt und bescheuert? Vielleicht hätte ich doch mit ihm ins Bett steigen sollen. Ich war mir mittlerweile unsicher, ob ich objektiv bleiben konnte, wenn ich auf Hunter traf oder nicht. Klar, wir hatten nicht miteinander geschlafen, aber jeder meiner Gedanken kreiste um den einen Satz: „Du hast wundervoll mit dem Kind auf dem Arm ausgesehen. Wir hätten uns auch eines zulegen können.“
Genau das waren seine Worte gewesen. Doch hatte er es auch ernst gemeint? Oder wollte er nur, dass ich ihm verfallen und mit ihm schlafen würde, wenngleich ich es schon längst tat?!
Kannte ich Hunter eigentlich wirklich? War ich ihm in der Zeit als seine Leibwache wirklich so nahe gekommen, wie ich geglaubt hatte?
Nein… Ich hatte es mir anscheinend alles nur eingebildet, mir einen perfekten Hunter zusammenphantasiert. Aus der Traum!
Als ich ein Geräusch aus dem Gästezimmer vernahm, lehnte ich meine Tür etwas an und lugte durch einen kleinen Spalt. Hannah verließ gerade ihre Wohnung auf Zehenspitzen. Anscheinend sehr darauf bedacht leise und ungesehen aus dem Quartier zu kommen. Merkwürdig. Sehr merkwürdig. Immerhin war es mitten am Tag. Ich schielte gerade noch einmal in den Flur, als ich nur noch mitbekam, wie Hannah in übermenschlicher Geschwindigkeit verschwand. Puff und weg war sie. Schnell zog ich mir etwas über und machte mich auf den Weg um Hannah zu suchen. Ich wollte sie nach Details ihrer angeblichen Gefangenschaft befragen und damit meine Zweifel ausräumen. Doch ich konnte sie nirgends im Quartier finden.
Den Kopf schüttelnd kam ich an meiner Wohnung an und starrte an die Tür zum Gästezimmer. Vielleicht war sie ja wieder da?
Ja, so musste es wohl sein. Ich bildete mir das alles nur ein, genau so war es. Also klopfte ich an der Tür, doch niemand antwortete. Ein zweites Mal und ein drittes Mal.
Nichts. Nada. Niente. Prüfend drückte ich die Klinke herunter.
-Abgeschlossen. Das wäre ja auch zu einfach gewesen. Ich dachte einen kurzen Moment lang nach. Vielleicht sollte ich den Ersatzschlüssel holen gehen und mich vergewissern, dass ich mit meinen Verschwörungstheorien falsch lag.
Das war eindeutig die Lösung all meiner Probleme!
Also machte ich mich auf den Weg zum Schlüsselbrett, doch als ich es erreichte, fand ich keinerlei Ersatzschlüssel für besagtes Gästezimmer. Ich suchte alles ab, doch der Schlüssel war nicht hier. Es war beinah so als würde jemand nicht wollen, dass man in seinem Zimmer herumschnüffelte. Für gewöhnlich tat man das ja auch nicht, aber jetzt musste es einfach sein! Ich braute Klarheit.
So blieben mir letztlich zwei Möglichkeiten.
1. Mission Vergewisserung abbrechen
2. Auf meine früheren Fähigkeiten zurückgreifen… Das Knacken von Schlössern mit einem Dietrich.
Demnach stand ich also keine drei Sekunden später vor Hannahs Tür und prökelte mit meinen Dietrichen im Schloss der Tür herum. Hoffentlich kam in diesem Moment niemand um die Ecke und vor allem nicht Hannah höchstpersönlich.
Anscheinend wurden meine Stoßgebete nicht erhört, denn genau in dem Moment in dem ich diese Hoffnung hegte, kam Hunter um die Ecke. Sein fragender Blick galt ganz allein mir, dessen war ich mir bewusst.
„Was genau machst du da?“, hakte er nach und kam näher heran.
„Schon mal üben?“, fragte ich eher, als dass ich es antwortete. Peinlich, peinlich.
„Spuck’s schon aus, Aphrodite.“
„Ich… Ach, du weißt doch wie ich bin. Ich brauche immer gleich tausend Hinweise, auf die ich mich stürzen kann. Vor allem, wenn‘s um Alex‘ Entführung geht. Kate vermisst sie und ich irgendwie auch!“
Seine hochgezogene Augenbraue war mir Antwort genug. Er glaubte mir nicht ein einziges Wort und das leider auch zu recht. War ich so durchschaubar?


„Ich will Ally!“, schrie ich Darian ins Ohr. Immer und immer wieder. Selbst sein Versuch mich zu knebeln war fehlgeschlagen. Ich war beinahe so wie eine Mutter ihr Junges verteidigte. Ja, wenn nicht sogar noch schlimmer.
„Alex, herrgott beruhig doch endlich. Du bekommst sie ja nach dem Fall von Hunter wieder. Wir werden in wenigen Tagen zuschlagen.“
Doch das reichte mir nicht. Ich wollte mein Kind jetzt. Nicht in ein paar Wochen oder Monaten.
Darian zerrte mich in einen der Tunnel und zog mich grob hinter sich her. Eine Flucht hier unten war beinah unmöglich. Ich würde mich höchstwahrscheinlich sogar mit einem Navi hier unten verlaufen. Ja, so gut war ich in Kartenlesen und Co.
„Du Wichser. Ich mach dich fertig!“, drohte ich und bekam einen Schlag in den Nacken als Dankeschön.
Als ich meine Augen wieder öffnete, waren wir in einer… ja, wo waren wir eigentlich? Vorsichtig sah ich mich im dunklen Raum um. Vielleicht ein Keller? Nein, dafür war es eindeutig nicht muffig genug. Ich stand von meiner Liege auf und musste feststellen, dass wir uns in einem Penthouse befanden. Mit einem Blick auf den Hudson River. Nett. Die Gläser mussten also irgendwie speziell isoliert sein, denn es war hellster Tag und ich ging nicht davon aus, dass ich hier alleine war oder aber Darian im Wandschrank schlief. Dann schoss mir ein Gedanke in den Kopf. TELEFON!
Ich musste dringend ein Telefon suchen. Das war eigentlich die Idee.
Suchend eilte ich durch die Wohnung und fand einen verärgerten Darian mit einem Telefon in der Hand am Türrahmen zur Küche vor.
„Suchst du das?“, hakte er belustigt nach.
„In deinen Träumen vielleicht!“, zickte ich zurück und rempelte ihn im Vorbeigehen an.
„Gib mir was zu essen, oder ich werd gleich zum richtigen Biest!“, motzte ich und kompensierte den Verlust von Ally und meine hoffnungslose Situation. Manchmal ist das Leben doch echt scheiße. Der reinste Scheißeberg!
„Du wirst noch? Aha.“, meinte Darian knapp und setzte sich neben mich.
„Hier.“, meinte er und hielt mir das Telefon vor die Nase.
„Wie hier?“
„Du hättest mich auch einfach nach dem Telefon fragen können, Alex. Dann hätte ich es dir gerne gegeben.“
Ich lachte hysterisch auf. Verscheißern konnte ich mich auch alleine.
„Das war kein Witz. Ruf im Hauptquartier an und sag denen, was hier auf dem Zettel steht!“
Fassungslos sah ich ihn an. Es konnte sich einfach nur um einen Witz handeln. Wahrscheinlich war die Leitung tot und er würde mich auslachen. Ja, genau das würde es sein. Aber nicht mit mir Kollege Turnschuh! Ha, ha. Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Ich nickte, lächelte zuckersüß um dann im nettesten Ton ein „Nein Danke.“ von mir zu geben.
Nun war es an Darian perplex zu schauen.
„Du willst keine Verstärkung rufen?“, hakte er ungläubig nach.
Klar wollte ich das, aber das sollte er nicht wissen!
„Nein, meine kleine Tochter ist wenigstens vor dir Psychopathen in Sicherheit gebracht worden.“, erklärte ich.
„Das denkst du! Hannah ist bei Gott die psychisch angeschlagenere von uns beiden. Ich persönlich glaube ja, dass das daran liegt, dass sie herausgefunden hat, dass sie nur von ihrem Vater adoptiert wurde und dadurch immer im Schatten ihres Halbbruders Hunter stand.“
Darian schlug sich gerade vor den Mund. Da war mir doch gerade ein Puzzleteil in den Schoß gefallen, das das Puzzle zu einem Ganzen zusammenfügte. Die eifersüchtige kleine Halbschwester, die den Anforderungen ihres Vaters und Bruders nicht gerecht werden konnte und die Macht wollte. Ein Psychopath, der seine eigene Familie zu hassen schien und ebenfalls im Schatten seines Bruders und Schwester stand. Na dann war ja alles klar. Eigentlich fehlten jetzt nur noch ein Datum, der detailierte Plan und die Methode wie sie mich töten wollten. Immerhin wurde James Bond auch immer versucht zu töten. Leider kamen die Bösewichte immer auf die Idee bevor es zum Tod kam abzuhauen, sodass James Bond sich retten konnte. In diesem Fall würde ich alle warnen müssen. Ich war jetzt so wie James Bond. Mein Name ist Brandon-Parker. Alexis Brandon-Parker. Gott, hörte sich das scheiße an!
Während ich meinen Gedanken nachhing, sah mich Darian die ganze Zeit prüfend an. Etwa so lange, bis das Telefon in seiner Hand klingelte.
„JA?“, bellte er in Besagtes. Ich spitzte die Ohren und lauschte gut.
„Sie haben mich und diese schreiende Göre. Wir müssen den Plan ändern. Ich komm noch heute zu dir. Mein Mistbruder und diese Zicke von Aphrodite haben mich mit zwei unserer Gehilfen aufgefasst. Doch sie glauben mir. Zumindest Hunter. Bei Aphrodite bin ich mir nicht so sicher. Deine bescheuerte Schwester mischt sich in Angelegenheiten ein, die sie nichts angehen!“
„Scheiße!“, fluchte Darian und dachte kurz nach.
„Gut. Lass uns um zwei ihm Park treffen!“, meinte Darian.
„Gut. Bis gleich.“
Verbrannten Vampire nicht normalerweise im Sonnenlicht? Komisch.
„Willst du dich etwa mit deiner Freundin ein wenig Brutzeln lassen?!“, lachte ich höhnisch.
„Ich lach mich gleich tot.“, konterte Darian und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen.


Hunter starrte mich immer noch an. Das tat er schon seit einer geschlagenen halben Stunde. Weder er noch ich hatten etwas gesagt. Wir saßen einfach nur in meinem Wohnzimmer und starrten uns an.
„Hunter ich… Also… Weißt du ich hab da so einen Verdacht… Ich bin mir aber noch nicht so ganz… Scheiße ich weiß ja auch nicht so recht…. Was meintest du heute eigentlich mit dem Satz: >Du hast wundervoll mit dem Kind auf dem Arm ausgesehen. Wir hätten uns auch eines zulegen können.< gemeint?“
„Genau das, was er aussagt! Aphrodite ich weiß, dass du damals deinen Posten aufgegeben hattest, weil du dich in mich verliebt warst.“
Ich wurde rot. War das etwa so auffällig gewesen? Ich hatte immer gedacht, dass außer meinem großen Bruder Jack niemand davon Wind bekommen hatte. Immerhin hatte ich es nur Jack anvertraut.
„Um ehrlich zu sein, fand ich es wirklich schade, als du gegangen bist. Es war für mich eine schlimme Zeit. Ich hatte von einem Tag auf den anderen meine beste Freundin verloren.“
Puff, wieder einmal war meine rosarote Welt zusammengefallen. Seine beste Freundin! Toll.
„Jetzt weiß ich, dass du wesentlich mehr als das warst. Fragst du dich denn gar nicht, warum ich nicht geheiratet und eine Familie gegründet habe? Meine Eltern haben mir zu ihren Lebtagen viele Frauen vorgestellt, die ihrer Meinung nach den Anforderungen und Kriterien entsprachen. Aber für mich gab es nur die Eine und sonst niemanden. Du warst diejenige, die mir nie aus dem Kopf gegangen ist, Aphro.“
Das nenne ich mal ein schnulziges Liebesgeständnis, aber es war für mich vom Mann meiner Träume. Einfach unbezahlbar! Perplex starrte ich Hunter in die Augen. So viel Ehrlichkeit und Direktheit in Bezug auf seine Gefühle hätte ich niemals von ihm erwartet.
„Ich sollte jetzt gehen.“, stellte Hunter nach einiger Zeit des Schweigens fest. Doch noch bevor er auch nur aufstehen konnte, hatte ich mich auf ihn geworfen, meine Arme um seinen Hals geschlungen und ihn leidenschaftlich geküsst.
Erst wirkte er etwas erschrocken, doch dann verfiel er dem Kuss so, wie ich.
Hunter zog mich noch dichter an sich und presste seine Lippen noch wilder auf die meinen. Es war beinah wie ein wilder Kampf zwischen unseren Mündern. Einfach der Wahnsinn.
Dass wir letztlich im Bett vor Erschöpfung endeten, registrierte ich nur am Rande. So berauscht und vernebelt war ich noch von der eben durchlebten Ektase.
Meinen Kopf aus Hunters nackten Brust gebettet, betrachtete ich unsere verschlungenen Hände. Sie passten perfekt ineinander. Beinah so, als wären sie schon immer füreinander gemacht gewesen.
Würde es den perfekten Moment geben, den man für immer anhalten könnte, so wäre es dieser Moment geworden. Nicht nur, dass Hunter unfassbar attraktiv und gut gebaut war, nein auch seine Art war einfach außergewöhnlich.
„Das war einfach atemberaubend.“, fasste ich es in Worte und bekam ein zustimmendes Nicken von Hunter.
„Ich liebe dich.“, vernahm ich leise, doch ich war mir nicht sicher, ob ich es wirklich gehört hatte. Ich war schon viel zu sehr in das Land der Träume abgedriftet.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, suchte ich vergeblich die rechte Seite nach Hunter ab. Blinzelnd stellte ich fest, dass lediglich ein kleiner handbeschriebener Zettel auf einem Kissen lag.
Innerlich schrie ich gerade laut auf und schrie meinen Frust gen Himmel. Ich nahm mir den Zettel und las. Dann las ich erneut und konnte meinen Augen beinah nicht trauen.
>>Entschuldige, wenn ich nicht da bin, wenn du aufwachst, aber ich habe noch einen dringenden Termin. Sei mir bitte nicht böse. Ich liebe dich! Hunter<<
Ich hatte es mir also doch nicht eingebildet! Hunter hatte es tatsächlich zu mir gesagt. Bombe! Einfach nur knorke. Ich war glücklich wie eh und je.
Besser ging es gar nicht mehr!
Mit breitem Lächeln im Gesicht stieg ich aus dem Bett und ging ins Bad um mich frisch zu machen. Immer und immer wieder schwebten mir die Ereignisse mit Hunter im Kopf herum. Ich war ihm echt verfallen. Mit Haut und Haar, Leib und Seele.
Das Lächeln brannte sich förmlich in mein Gesicht. Egal was ich auch versuchte, es gelang mir nicht es abzulegen. Bestimmt würde mir Jack sofort ansehen was Sache war und auch die Anderen würden nicht lange brauchen um es herauszufinden. So ein verdammter Mist. Ich würde also den Rest meines Tages oder wohl eher Nacht hier in meiner Wohnung verbringen. Als es an der Tür klingelte, schreckte ich auf. Musste man mich eigentlich immer so erschrecken?
„Ich komm ja schon…“, murmelte ich und zog mir meinen Pulli richtig an.
„Hey Aphro!“, begrüßte mich Kate lächelnd mit Ally auf ihrem Arm.
„Wir beide hatten Langeweile und dachten uns, dass wir Tante Aphro einen Besuch abstatten könnten. Außerdem wollte ich mit dir über eine meiner Ideen reden.“
„Klar komm rein.“, meinte ich und ließ beide hereinkommen. Kate nahm direkt auf dem Sofa platz und bettete Ally auf ihrer Schulter. Sie war in der Mutterrolle einfach drin. So als wäre Ally ihre eigene Tochter.
„Was geht denn so bei dir? Du siehst so anders aus! Hattest du etwa Sex? …Oh Gott, du hattest heißen und dreckigen Sex! Mit wem? Lass mich einmal raten…“, begann Kate.
„Ist doch nicht so wichtig. Ja ich hatte Sex. Wie auch immer. Was wolltest du mich noch gleich fragen? Irgendeine Idee.“
„Lenk jetzt bloß nicht vom Thema ab! Wer war der dreckige Sexpartner?“
„Das ist nicht wichtig!“, konterte ich.
„Als ob! Der Kerl muss ja echt ne Granate sein, wenn er dich zum Dauergrinsen treibt.“
Ich verdrehte die Augen. Immer musste Kate so nachforschend sein.
„Okay, aber häng es nicht an die große Glocke. Ich weiß nicht, ob wir eine heimliche oder eine öffentliche Beziehung führen wollen.“
„Ich schwöre es dir.“
„Okay… Es ist… Also… Es ist Hunter.“
„Unser König? Wie hast du das denn hinbekommen? Einen Aristokraten… Nicht schlecht.“, meinte Kate und pfiff.
„Wir kennen uns seit vielen hundert Jahren und ich war ihm schon als ich seine Leibwache war, verfallen. Aber ich wusste, dass das niemals publik werden durfte und konnte, also hab ich gekündigt und bin bei meinem Bruder eingestiegen bzw. wir haben es zusammen gegründet.“
„Ihr solltet es publik machen. Ihr wäret ein echtes Traumpaar. Jeder würde euch beneiden.“
„Bist du dir sicher? Ich glaube nämlich, dass die älteren Vampire mich nicht akzeptieren werden. Sie sind noch vom alten Schlag.“
„Quatsch. Seid endlich ehrlich zu euch und zu den Anderen… Ganz ruhig Ally.“
„Ich hoffe, dass sie dir nicht auf die Schulter kotzt.“, lachte ich und sah dabei ihre zum tötende Miene.
„Also, was wolltest du noch gleich kundtun?“, hakte ich nach.
„Ich glaube, dass ich Jack frage, ob er mein Mann werden will. Er meinte, dass ich den nächsten Schritt machen soll und jetzt, wo wir Ally haben und auch auf der Spur von Alex sind, finde ich, dass es der richtige Zeitpunkt ist. Bist du der Meinung, dass es das Richtig wäre? Ich bin mir so unsicher.“
„Ich glaube, dass es eine gute Idee ist. Das ist genau das, was Jack von dir wollte. Ein Liebesgeständnis in Form eines Antrags.“
„Sicher?“
„Ja. Ach und Kate… Jack ist noch einer von der alten Schule. Er mag es romantisch und ganz klassisch. Aber das weißt und kennst du ja schon bestimmt. Ich drück dir die Daumen. Du rockst das schon. Oder wie nennt man das noch gleich?!“
„Danke.“
Anscheinend hatte ihr meine Meinung geholfen, denn sie setzte eine zufriedene Miene auf.
„Weißt du eigentlich, dass Jack der Meinung ist, dass Hannah sich etwas zusammenphantasiert? Irgendwie passen ihre Aussagen zum Geschehenen nicht zusammen. Jack ist der Meinung, dass sie es mit Ignoranz versucht zu überspielen. Ich meine eine Entführung ist ja auch nicht so ohne und ich habe davon schon Ahnung.“
„Ich werde meinen Bruder umbringen, wenn ich ihn treffen sollte. Er hat seine eigene Familie hintergangen und foltern lassen. Er wird sowas von sein Fett wegbekommen!“, brachte ich ein. Darian würde für seinen Verrat und seine Taten büßen.
Es klingelte erneut an meiner Tür. Gab es hier heute etwa etwas umsonst?
„Ich geh schon.“, bat Kate an und machte sich immer noch mit Ally auf dem Arm auf den Weg zur Tür.
„Klar, komm rein.“, hörte ich sie sagen.
„Wir sehen uns Aphro.“, rief sie noch und schloss die Tür.
Kein geringerer als Jack stand in meinem Wohnzimmer.
„Was führt dich zu mir Brüderchen?“
„Drei Dinge... Erstens: Ich will Kate einen Antrag machen, was hältst du davon?“
Typisch Jack. Immer direkt auf den Punkt gebracht.
„Ich glaube mich erinnern zu können, dass sie den ersten Schritt machen sollte, um dein vollständiges Vertrauen zurückzuerlangen. Lass sie die nächste Ebene vorgeben. Außerdem bist du dir dann auch sicher, dass sie dich um alles auf der Welt will.“
Jack dachte kurz nach und nickte dann zustimmend. So war ich das eigentlich immer von ihm gewohnt, wenn ich einen Vorschlag machte. Komischerweise war ich eher die logisch denkende Person in Sachen Beziehungsfragen. Und das, obwohl ich niemals die Beziehung führen konnte, die ich mein Leben lang führen wollte…
Wieder schossen mir Fetzen von unserem Geschlechtsakt durchs Gehirn. Automatisch begann ich zu grinsen. Wie auch Kate schon vorhin, starrte mich Jack fragend an. Er wusste auch ohne nachzufragen, was geschehen war.
„Na hoffentlich bricht er nicht dein Herz, denn dann wäre ich gezwungen dem König und meinem besten Freund eine reinzuhauen.“
Ich nickte.
„Was ist der zweite Grund?“, wollte ich wissen.
„Hä?“, hakte Jack dümmlich nach.
„Äh, ach so… Zweitens: Glaube ich, dass Hannah nicht ganz die Wahrheit über ihre Entführung gesagt hat. Einige Details ihrer Aussagen klingen unstimmig. Da ist etwas faul. Und der dritte Punkt hat sich gerade geklärt.“
Ich nickte. Genau so etwas hatte ich mir schon gedacht.
„Hast du deine Vermutung Hunter schon mitgeteilt?
„Nein. Ich will ihn nicht verärgern.“
„Weißt du mir ist bei der Begegnung auch etwas Komisches aufgefallen. Hannah trug Ally, die etwas am Schreien war und sie war weder gefesselt, noch waren ihre Kleider dreckig. Zudem hat einer der Lakaie sie einfach zu ungläubig angeschaut, als sie ihm den Kopf abgeschlagen hat. Beinah so, als wäre er erstaunt. Und… Naja, sie machte den Eindruck, als wäre ein Plan schiefgelaufen. Wirkte etwas verärgert.“
„Merkwürdig. Äußerst merkwürdig.“, stellte Jack fest.
„Bist du dir sicher?“
„Ich weiß doch, was ich gesehen habe.“
„Wir brauchen handfeste Beweise, damit wir Hunter überzeugen können. Sag ihm noch nichts.“, befahl Jack und ich nickte. Hunter einzuweihen, das wir wegen Hofverrats gegen seine Schwester ermittelten, wäre äußerst dämlich.
„Gut. Übernimmst du das?“, hakte Jack nach.
„Klar, wenn du Hannah und Hunter ablenken könntest.“
Das kleine Detail, dass Hannah ihren Ersatzschlüssel eingesackt hatte, ließ ich weg. Ich würde mir schon irgendwie Zutritt zu ihrem Zimmer besorgen.
„Ich muss los und Aphro, versuch besser dein Dauergrinsen loszuwerden, ansonsten weiß bald jeder Bescheid.“
Ich steckte als Dankeschön die Zunge Raus. Sehr damenhaft, aber egal. Diese Geste brachte Jack zum Lachen. Super, jetzt war ich schon zum Alleinunterhalter für meine Familie geworden. Was würde wohl noch alles passieren?
Damit es nicht noch einmal an meiner Tür klingeln konnte, beschloss ich Professionalität an den Tag zu legen und ins Hauptquartier zu den Anderen zu gehen. Ich würde es Hunter überlassen, ob er unsere, ja, was war das eigentlich? Eine Beziehung? Oder doch nur ein Techtelmechtel? Egal, ich würde es ja gleich sehen!
Also stieg ich die Treppen herunter und ging in die Wohnecke, wo ich die Meisten vermutete. Dort angekommen fand ich Sjaard, Kate und Ally vor. Anscheinend kam Sjaard doch darauf klar, dass Ally nicht seine eigene Tochter war. Immerhin vermisste er Alexis wie nichts Blödes und verhätschelte Ally von vorne bis nach hinten. Die Göre würde bestimmt unfassbar verzogen sein, wenn Alex nicht ganz schnell wieder hier war.
„Hey Leute.“, begrüßte ich sie und setzte mich auf den Sessel links von Kate.
„Hey, ist sie nicht goldig, Schwesterchen?“, hakte Sjaard nach und lächelte das erste Mal seit der Entführung von Alex. Damals waren Alex und Sjaard im Streit auseinander gegangen und seitdem machte er sich höllische Sorgen und Vorwürfe. Hoffentlich fanden wir Darian und vor allem Alex ganz schnell.
„Sie ist echt süß.“
Für diese Aussage erntete ich einen komischen Blick, den ich aber tunlichst ignorierte. Du mich auch Sjaard., dachte ich mir.
„Hattest du etwa Sex?“, hakte Sjaard nach.
„Du hattest doch sonst immer Abneigungen gegen kleine Kinder…“, begann Sjaard.
„Wieso will eigentlich jeder wissen, was ich in meiner Freizeit tue? Gott, bin ich hier bei einem Verhör?“, stöhnte ich genervt auf. Vielleicht etwas zu genervt, aber das interessierte mich gerade gar nicht.
„Hey Leute, wir treffen uns in jetzt im Besprechungssaal.“, verkündete Jack und alle folgten ihm wiederwillig.
Ich nahm meinen Platz ein. Den gegenüber von Hunter. Seine bescheuerte Schwester saß neben ihm, so wie ich es kannte und starrte mich irgendwie wütend und abwertend zugleich an. Was war der denn über die Leber gelaufen?
Selbst Viktor und Adina waren anwesend. Sie waren meistens nur da, wenn es um allgemeine Angelegenheiten oder die Beratung in Sachen Vermisste ging.
„Wir müssen jetzt mit geballter Kraft zuschlagen!“, stellte Jack fest und Hunter nickte. Hatte Jack sie noch alle? Er wollte doch wohl nicht wirklich Hannah einweihen! Bescheuerter konnte man wohl nicht sein.
„Darian müsste durch die Tunnel auf der anderen Seite verschwunden sein, also sollten wir uns in der Richtung mal alle Hotels, Motels und Wohnungen ansehen. Außerdem wird eine Patrouille die Tunnel unterhalb der Stadt absuchen. Hunter und ich nehmen uns die Hotels vor und Sjaard wird mit Hannah die Tunnel erkunden. Immerhin weiß sie, wo Darian sein könnte.
Ich sah Jack perplex an. Immerhin übergab er unseren kleinen Bruder in Hannahs Obhut. Was, wenn es ein Hinterhalt war und Sjaard verletzt werden würde? Wahrscheinlich würde sie ihm eine Falle stellen!
„Viktor wird hierbleiben mit Adina und die Stellung halten. Kate und Aphro werden sich um Ally kümmern…“, führte Jack seine Idee fort.
„Ich glaube nicht, dass Hannah wieder in die Tunnel zurückgehen sollte, immerhin hat sie Schlimmstes durchgestanden! Aphro du wirst an ihrer Stelle gehen.“, meinte Hunter beschützend.
„Nein, Hannah könnte dort unten noch etwas Wichtiges einfallen.“
„Nein. Sie geht nicht wieder in die Tunnel!“, sagte Hunter nun etwas nachdrücklicher.
„Aber sie kann uns behilflich sein!“, mischte sich Sjaard ein.
„Nein.“, zischte Hunter nun wütend.
Eine Stille legte sich über den Besprechungssaal. Eine sehr unangenehme Stille. Aber jetzt wussten Jack und ich, dass Hunter Hannah voll und ganz vertraute und wir in der Tat erst handfeste Beweise brauchten.
„Ist gut Hunter. Wenn ich helfen kann, dann werde ich mit Sjaard da runter gehen.“, durchbrach Hannah die Stille.
„Nein.“
„Ich will aber auch nicht tatenlos herumsitzen. Wenn ich helfen kann Alex zu finden, dann werde ich das tun.“
Hunter verschränkte die Arme und sah mich hilfesuchend an. Hilfesuchend bzw. eher Zustimmungssuchend. Doch damit konnte ich ihm nicht dienen. Ich hatte begriffen, dass ich ein Zeitfenster von Jack bekommen hatte, indem ich Hannahs Zimmer unter die Lupe nehmen konnte.
„Seht ihr?! Hannah macht es. Vielleicht erinnert sie sich ja wirklich an wichtige Dinge. Alex ist jetzt schon seit über einem halben Jahr verschwunden.“, brachte ich ein und sah dabei Hunter nachdrücklich an. Dieser jedoch guckte finster drein und nickte dann schlussendlich.
„Na gut. Aber wenn ihr etwas zustößt Sjaard und Jack, dann mach ich euch dafür verantwortlich.“
Beide nickten und wir gingen noch unsere Strategien durch. Als sich alle auf den Weg zu ihren Unterkünften machten, um sich mit Waffen und den richtigen Klamotten einzudecken, blieb Hunter sitzen und forderte mich ebenfalls auf, hierzubleiben. Jacks mitfühlender Blick entging mir nicht.
„Danke Victor, dass du und Adina uns helfen.“, meinte Jack schnell, als er meinen tödlichen Blick begegnete.
Die Türen schlossen sich und alle waren fort.
Ich war gespannt, was jetzt folgen würde.
„Du und dein Bruder, ihr verheimlicht mit etwas, das weiß ich, aber die Idee mit Hannah finde ich eigentlich zu riskant.“, meinte er sachlich.
„Klar, ist es riskant, aber Sjaard ist ein guter Begleiter.“, stellte ich klar.
„Wieso rückst du nicht mit aus? Immerhin haben wir die anderen Aktionen ja auch zusammen gemeistert. Ich will dich an meiner Seite wissen.“
„Ich würde dich gerne begleiten, aber ich glaube, dass Kate auch ganz gut meine Hilfe gebrauchen könnte mit Ally.“, log ich. Hunter sah mich fragend an.
„Ich… Scheiße Hunter ich liebe dich, aber ich muss wirklich bei Kate bleiben.“
Hunter stand auf und kam in seiner ganzen Größe, beinah wie eine Wand, auf mich zu und nagelte mich an der Wand fest. Upps, war ich etwa zurückgewichen?! Er sah mich mit leerem Blick an. Beinah so, als würde der Löwe das Lamm gut beobachten. Echt gruselig. Doch anstatt etwas zu sagen, küsste er mich einfach und presste mich komplett an die Wand. Ich stöhnte und zog ihn voller Entzücken noch dichter zu mir. Ich war ihm anscheinend genauso verfallen, wie er mir. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Dann ließ er von mir ab und sah mir direkt in die Augen.
„Ich werde unsere Beziehung publik machen. Ich liebe dich Aphrodite.“
Mit diesen Worten ließ er mich einfach stehen und verschwand durch die Türen. Ich starrte einfach nur auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Er würde unsere Beziehung endlich öffentlich machen. Keine Heimlichtuerei mehr. Gott, mein Herz machte gerade Purzelbäume.
Geschlagene zehn Minuten stand ich so da und starrte ins Nichts. Doch dann schüttelte ich meinen Kopf und ging nach oben. Alle Anderen waren ausgeflogen und Kate kümmerte sich darum, dass Adina und Viktor nicht das Technikzimmer verließen. Gut, dass sie eingeweiht war in unseren Plan.
So stand ich also vor Hannahs Tür und fingerte wieder mit den Dietrichen im Schloss herum. Heute dauerte es anscheinend länger als normal, denn ich musste immer an die Szene gestern zurückdenken und vor allem an deren Folgen.
Als ich es endlich nach einigen Minuten geschafft hatte, stand ich in einem dunklen Raum. Zum Glück brauchte ich weder Licht, noch etwas Anderes. Ich durchsuchte erst ihre Kommoden und Schränke, dann sah ich unter dem Bett nach und dann kam ich auf die Idee auf dem Schreibtisch nachzusehen. Dort lag ein Laptop. Gut, dachte ich mir und versuchte das Passwort zu knacken.
Leider gelang es mir nicht. Es wurde nämlich schon hell draußen. Wahrscheinlich waren alle schon zurück auf den Weg hierher. Also schaltete ich den Laptop ab, nahm meinen wieder mit und verschloss ihr Zimmer wieder. Sie würde nicht einmal denken, dass ich in ihrem Zimmer gewesen war. Ich flitzte gerade den Gang zu Kates und Jacks Wohnung entlang, als ich das Klacken der Tür hörte. Sie waren also wieder da. Noch einen Zahn zulegend, kam ich endlich am Fahrstuhl an und fuhr in die Wohnung von Kate und Jack. Kate saß auf dem Sofa und war eingeschlafen, während Ally dicht neben ihr gebettet war.
Ich sah, dass Kate damit begonnen hatte es hier romantisch herzurichten, doch sie musste eingeschlafen sein. Also machte ich mich daran alles zu beenden und die Kerzen anzuzünden. Außerdem weckte ich Kate, nahm ihr Ally ab und verschwand dann bevor Jack hochkam. Es war also so weit… Kate würde ihm einen Antrag machen. Endlich.
Ich kam mit Ally unten an und traf auf Hannah.
„Hey Hannah!“, begrüßte ich sie knapp und hoffte schnell an ihr vorbeizukommen.
„Oh, hey Aphrodite. Das ist gut, dass ich dich hier treffe. Habe schon nach dir gesucht. Ich wollte mich für mein Benehmen entschuldigen, aber ich war so verwirrt. Die Entführung hat mich echt fertig gemacht. Darian ist echt durchgeknallt. Wir müssen Alex finden und retten.“, verkündete sie zuckersüß. Am liebsten hätte ich ihr eine verpasst, aber handfeste Beweise hatte ich keine. Also lächelte ich träge und nickte.
„Glaub ich dir, Hannah.“, log ich und stapfte an ihr vorbei in meine Unterkunft. Ich steckte gerade den Schlüssel ins Schloss, als Hunter um die Ecke gebogen kam und mich kokett anlächelte.
Anstatt mich nur mit Blicken zu verschlingen und mich ansonsten zu ignorieren, kam er auf mich zu und küsste mich. Hannah, die gerade im Begriff gewesen war in ihr Zimmer zu gehen, sah wütend drein. Sie hatte mich noch nie gemocht und irgendwie beruhte das auf Gegenseitigkeit. Ebenso schauten Jack, Viktor und Adina nicht schlecht. Sie hatten ihren König noch nie in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen sehen.
Ich übrigens auch nicht. Nicht einmal Hannah gegenüber.

Hunter hatte mich also gerade geküsst. Ich war zufrieden. Endlich hatte ich das, wovon ich mein halbes Leben lang geträumt hatte. Dann lächelte Hunter Ally auf meinem Arm und alle auf dem Flur an.
„Ist irgendwas?“, hakte er neckend nach. Alle schwiegen und sahen zu, dass sie verschwanden. Klar war da was- er hatte mich gerade vor allen geküsst.
„Schönen Abend noch!“, fügte er hinzu und ging dann voraus in meine Wohnung. Immer noch sprachlos, folgte ich ihm mit Ally in meine Wohnung.
Diese ganze Szene hatte mich vollkommen verwirrt.
„Was genau war denn das?“, hakte ich, nachdem die Tür zugefallen war, nach.
„Wieso? Ich will dich endlich an meiner Seite behandeln, wie du es verdienst. Ich liebe dich, Aphrodite.“
„Oh mein Gott, ich liebe dich auch!“, rief ich und küsste Hunter.
Plötzlich klopfte es an der Tür.
„Mach einfach nicht auf.“, bat Hunter mich fordernder küssend, doch ich stieß ihn leicht weg und ging in Richtung Tür. Hunter folgte mir als ob ich Honig am Arsch hätte. Es war echt süß.
„Hey Aphro. Dann habe ich doch richtig gehört, dass Ally bei dir ist… Oh Hunter, du auch hier?“
Ich begann schallend zu lachen. Wie konnte ich auch anders? Ich lachte sogar so laut, dass Ally auf meinem Arm anfing zu weinen. Tat mir ja echt unfassbar leid, aber es ging nun mal nicht anders.
„Hier, wenn du sie mitnehmen willst…“, meinte ich und hielt Sjaard Ally entgegen.
„Sag mal habt ihr was gefunden?“, hakte ich nach.
„Nein, Hannah konnte sich an kaum etwas erinnern. Wir werden anders an unsere Infos kommen müssen. Ich will meine Alex zurück.“
Ich nickte zustimmend. Schlimm genug, dass weder Darian sich bei uns gemeldet hatte noch wir in der Lage waren Alex zu finden. Beinah ein Jahr lang…
„Ihr zwei also, hm?!“, meinte Sjaard und ging mit Ally davon.


„Augen zu mein Schatz.“, meinte ich zu Jack seinen Blick ignorierend.
„Na mach schon.“
Er schloss wiederwillig die Augen und ließ sich von mir in unsere Wohnung führen.
„Schön die Augen geschlossen halten.“
Vorsichtig lotste ich Jack durch das Meer von Kerzen.
„Irgendwie riecht es hier anders.“, war der Kommentar von Jack und ich konnte mir ein kleines Auflachen nicht verkneifen.
„Bin ich etwa so zum Totlachen?“
„Ein wenig… Okay, also als wir uns das erste Mal getroffen haben, war das im Starbucks. Ich war gegen dich gelaufen und meinen Kaffee über mich selbst verschüttet. Dann das Treffen im Toxic und letztlich die Wandlung. Was ich… Also naja… Weißt du… Was ich eigentlich sagen will, ist, dass ich dich von ganzem Herzen liebe und ich dich … Ach so… du kannst die Augen aufmachen… Also, was ich dich fragen wollte… Jack McFallen willst du mich heiraten?“, fragte ich etwas stotternd. Verdammt in den Proben hatte das anders und vor allem besser geklungen. Ich sah Jack direkt in die Augen. Doch es war keine Regung in seinem Gesicht zu verzeichnen gewesen. Nicht mal ein Wimpernzucken. So ein Mist!
Ich kniete mittlerweile auf dem Boden und wartete immer noch auf seine Antwort.
„Willst du denn gar nichts dazu sagen?“
„Nein.“
„Wie nein? Nein, ich will dich nicht heiraten oder nein, ich will nicht antworten?“
„Es ist einfach der falsche Zeitpunkt.“
„Und wann soll dann deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt sein?“, fragte ich verletzt und leicht gereizt. Er hatte mich abgelehnt. Super. Ich hockte hier in meiner Demut.
„Steh bitte auf Kate. Ich hatte einen miesen Tag. Wenn du mich gestern gefragt hättest, dann hätte ich ja, gesagt. Aber irgendwie gibt es im Moment nur Probleme. Entführungen hier und da. Einfach überall. Kate, ich liebe dich. Und ja, ich will dich heiraten!“, erklärte Jack und nahm mich in den Arm. Hatte ich mich gerade verhört?
Ich küsste Jack stürmisch. Gott, er machte mich glücklich. Wir würden heiraten. Endlich!


Hunter war gegangen. Es war mittlerweile heller Tag. So gegen Mittag, riet ich. Doch das war nicht wichtig. Irgendwas hätte ich in Hannahs Zimmer finden müssen. ES stank immer noch bis zum Himmel. Vielleicht hatte sie ja mal wieder ungesehen das Quartier verlassen.
Also machte ich mich erneut auf den Weg zu ihrem Zimmer. Ich klingelte Sturm. Nichts.
Schneller als sonst knackte ich das Schloss und fand ihren Laptop offen auf dem Bett stehen. Yes!, dachte ich und durchsuchte die Festplatte nach Infos.
Im Ordner: Brüderchen ->Gevatter Tod -> D
Fand ich alle Infos, die ich brauchte. Eine Adresse.
Die Adresse von Darian. Zu meinem Erstaunen war es ganz um die Ecke.
Überraschung, dachte ich mir. Ein Überraschungsangriff. Ich würde ihn alleine ausführen.
Immerhin waren Hunter, Jack, Sjaard, Victor und Adina in einer wichtigen Besprechung. Außerdem war ich nicht umsonst zu einer der besten Kriegerinnen geworden, die es von uns gab.
Ich kopierte mir besagten Ordner, notierte mir die Adresse, verließ das Zimmer und legte den kleinen Zettel mit der Anschrift auf mein Bett. Dazu fügte ich noch einen Entschuldigungssatz für Hunter dazu.
Wahrscheinlich war Hannah die Verräterin schon bei Darian und sie schmiedeten einen hinterhältigen Plan. Ich schlüpfte in meine Kampfmontur, bewaffnete mich und schlich mich nach draußen. Mir war die Sonne echt scheißegal. Ich war stinksauer. Stinksauer, weil Hannah die ganze Zeit ein falsches Spiel gespielt hatte und weil Darian die Dreistigkeit besaß ein Quartier quasi um die Ecke zu haben. Alex war also seit zwei Tagen in greifbarer Nähe gewesen. Die Sonne brannte sich in mein Gesicht und meine Glieder fingen an zu schmerzen. Doch selbst das brachte mich nicht zum Umkehren. Ich würde meinen eigenen Bruder umbringen. Ich rannte in übermenschlicher Geschwindigkeit zu dem Gebäude in dem Darian wohnte und beobachtete es etwas abgelegen. Schien nicht bewacht zu sein. Zumindest nicht von Lakaien.
Also betrat ich vorsichtig die Eingangshalle. Niemand war hier. Komisch. Doch dann fiel mir wieder ein, dass die anderen Wohnungen noch nicht bewohnt waren. Schnellen Schrittes überprüfte ich, ob sich bereits Überwachungskameras an der Decke befanden. Zu meinem Glück waren noch keine installiert. Selbst nicht im Treppenhaus, welches ich nach oben erklomm. Immer noch darauf bedacht so leise wie möglich zu sein, betrat ich die oberste Etage, öffnete den Briefschlitz, um meinen kleinen Spiegel durchzuschieben und nach versteckten Sensoren Ausschau zu halten- Doch ich fand keine. War Darian etwa so sicher, dass niemand ihn finden würde oder einfach nur dumm?
Wieder nahm ich mir meine Dietriche und fingerte am Schloss herum. Null Komma Nichts war ich in Darians Unterschlupf.
Ich betrat den dunklen, ruhigen Raum. Anscheinend war niemand da. Doch dann vernahm ich ein Geräusch aus einem der links gelegenen Zimmer vom Loft.
Es musste Alex sein. Wer sonst sollte solche Grunzgeräusche von sich geben? Leise schlich ich zu besagtem Zimmer und öffnete die Tür. In genau diesem Moment löste sich ein Schuss und traf mich mitten ins Herz. Blut strömte aus der Wunde. Verdammt wie hätte es auch anders sein sollen? Immer musste mir sowas passieren. Wieso hatte ich meine Überprüfungen nur so vernachlässigt? Ich sah Alex‘ schmerzverzogenes Gesicht. Dann erst als ich Schritte hörte, realisierte ich, dass ich einen Alarm ausgelöst haben musste. Das Letzte, was ich sah war Darians boshaftes lachendes Gesicht. Dann überkam mich die Schwärze und verbannte den stechenden Schmerz aus meinen Gliedern.
Mein letzter Gedanke galt Hunter und meinen beiden anderen Brüdern.


Die Sitzung war gerade vorbei und ich auf dem Weg zu Hunter und Jack. Doch komischerweise fand ich beide aufgebracht vor.
„Hast du Aphro gesehen?“, wollte Jack von mir wissen. Selbst Hunter sah angespannt aus.
„Nein, Ally und ich waren oben und haben gespielt, wieso?“
„Sie macht nicht auf.“, entgegnete Hunter niedergeschlagen.
„Kommt lasst es uns noch mal versuchen.“, meinte ich ermunternd und ging mit den beiden Männern zu Aphros Zimmer.“
Jack klopfte, doch im Inneren des Zimmers herrschte Ruhe. Eine haarsträubende Stille.
„Vielleicht ist sie sauer, dass ich sie in aller Öffentlichkeit geküsst habe und weil wir…“, begann Hunter.
„Ach Quatsch! Sie liebt dich!“, unterbrach ich Hunters Selbstvorwürfe und drängte ihn dazu einfach den Zweitschlüssel zu benutzen um aufzuschließen.
„Dann wollen wir mal nachsehen.“, meinte ich ermutigend.
Alle Jalousien waren geschlossen, nichts Außergewöhnliches für diese Uhrzeit. Immerhin war es beinah Mittag. Uns wurde schnell klar, dass niemand in der Wohnung war, doch zur Sicherheit sahen wir in jedem Raum nach. Wo konnte Aphro denn nur sein?
„Sie ist wirklich nicht in den anderen Räumen im Haus?“, wollte ich von Jack wissen, da ich sah, dass Hunter irgendwie fertig war.
„Nein. Wir haben beide nachgesehen.“
„Ich frag mal bei Hannah nach.“, meinte ich und machte mich auf dem Weg zur Tür. Doch auch dort öffnete mir niemand. Komisch. Ich war gerade im Begriff mich umzudrehen und zurück zu den Männern zu gehen, als ich ein ohrenbetäubendes Knurren vernahm. Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. War war das denn gewesen? Ich sprintete ins Zimmer zurück und sah, dass sowohl Hunter als auch Jack einen kleinen Zettel anstarrten. Ich entriss ihnen den Zettel und staunte nicht schlecht, denn darauf stand eine Adresse hier ganz in der Nähe und ein Entschuldigungssatz an Hunter gerichtet. Dazu noch ein Name. DARIAN. Ich würde ihn eigenhändig töten.
„Verdammte Scheiße!“, schrie ich laut und keine drei Sekunden Später standen Sjaard und Viktor in der Tür.
„Wir haben ein Knurren gehört, was ist los?“
Wir gaben ein kurzes Update und dann machten sich die Männer auf den Weg zum Unterschlupf von Darian. Ich war zwar strikt dagegen gewesen, weil es Mittag war und die Sonne hoch am Himmel stand, aber Hunter und Jack waren anderer Meinung.
Also waren die Männer ausgerückt. Vollbewaffnet und mit voller Montur.


Der schwarze Schleier lichtete sich langsam und die Schmerzen in meiner Brust setzten wieder ein. Anscheinend waren meine Selbstheilungskünste nicht mehr die Besten. Oder war ich tot und in der Hölle aufgewacht?
„Aphro?“, sprach mich jemand an.
„Ja.“, krächzte ich.
„Geht’s dir gut?“, hakte die Stimme nach.
„Eben so gut, wie es jemandem gehen kann, der gerade mitten ins Herz geschossen wurde!“, lachte ich trocken.
„Das ist ganz meine Schwester.“, mischte sich Darians Stimme ein.
„Du hattest schon immer keinen Sinn dafür dich geschlagen zu geben.“
„Man ist erst besiegt, wenn man wirklich und unwiderruflich tot ist!“, zischte ich und sah ihn jetzt an.
Ich saß angekettet an einer Wand da. Meine Waffen hatte Darian an sich genommen. Mein Gehirn ratterte. Welche Optionen blieben mir?
„Jetzt bekomme ich doch glatt vier zum Preis von einem!“, spottete er weiter.
„Ich werde Jack und Sjaard töten, es wird mir ein Vergnügen sein dich zu töten und auch Hunter wird von uns gehen.“
Idiot. Verdammter Wichser!
„Glaub mir Darian, Hunter, Sjaard und Jack werden dich niemals damit durchkommen lassen!“, sagte ich ruhig. Das brachte ihn jedoch nur zum Lachen. Er war eindeutig ein Psychopath. Anders konnte man seine geistige Miesere nicht beschreiben.
„Geht’s dir wenigstens gut Alex?“, wollte ich wissen.
Sie nickte etwas schwach. Was hatte er ihr denn gegeben? Wahrscheinlich Antidepressiva oder so. Sie stand ja völlig neben sich.
„Ich werde die Krieger erwarten. Glaub mir, sie werden es nicht einfach haben. Ich bin kein Idiot…“
„Bist du nicht?“, warf ich belustigt ein.
„Lach du nur, aber wieso konntet ihr mich nie finden, obwohl ich hier in New York immer in eurer Nähe war?“
„Glück.“, meinte ich trocken.
„Glück? Ich nenne das Genialität!“, lachte er.
In diesem Augenblick betrat Hannah den Raum. Sie war irgendwie komisch gekleidet. Sie trug einen Ganzkörperlatexanzug in rosa. Ich brach in schallendes Gelächter aus. Es sah einfach zum totlachen aus. Nicht einmal ihr vernichtender Blick, der mich anscheinend mit voller Wucht treffen sollte, brachte mich zum Verstummen. Dagegen waren meine rosa Plüschhundlatschen und das Teddyt-Shirt noch echt nichts.
Sie kam auf mich zu in ihren High Heels und stopfte mir einen alten stinkenden Lappen in den Mund, doch selbst dieser brachte mich nicht dazu mit dem Lachen aufzuhören. Das würde mir Hunter nie glauben, wenn ich es ihm erzählen würde.
„Befehl ihr, dass sie aufhören soll zu lachen!“, zischte sie Darian an, doch selbst dieser sah sie komisch an.
„Zieh dir was Normales an.“, bekam sie von ihm und mein beinah überstandener Lachanfall begann wieder von vorne. Tränen liefen mir schon über die Wangen und die Luft kam nur noch stoßweise, aber es war mir egal. Es war einfach goldig. Sie sah aus wie ein Barbieverschnitt in Fetisch- leider in rosa. Nicht mal pink, sondern rosa. So als wäre sie von der Sonne ausgeblichen worden.
Wütend stackselte sie davon.
„Weißt du kleine Schwester, wenn deine Verstärkung hier auftaucht, werden sie eine Überraschung erleben, die sie nie wieder vergessen werden. Darian deutete auf die Betäubungsgewehre und die Handvoll seiner Lakaien.
Er würde sie hinterhältig betäuben und dann ermorden. Ja, das passte zu ihm.
„Du bist und bleibst ein Feigling!“, meinte ich und nickte in Richtung Gewehre.

Als Dank für meine Aussage, schlug er mich mitten ins Gesicht. Anscheinend hatte er die Aussage doch verstanden.
Ich funkelte ihn an. Er war ein solcher Idiot.
„Ich werde dich töten!“, lachte er und Hannah betrat in normalem Aufzug den Raum. Sie funkelte mich wütend an und dann Darian.
„Töte sie jetzt.“, befahl sie, doch anscheinend gefiel dieser Ton Darian nicht, denn er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Keine Minute später, explodierte die Tür und Schüsse aus den Betäubungsgewehren lösten sich. Außer umherfliegende Teile konnte ich jedoch nichts ausmachen. War ja klar. Jack und Sjaard waren eben Profis. Zwei Minuten später flogen Blendgranaten und die Verstärkung traf ein. Sjaard eilte auf Alex zu, während Darian sich auf Hannah zubewegte, die nach dem riesigen Bumm, in den Raum geeilt war. Jack und Hunter kämpften bereits munter mit den Lakaien und hatten sechs niedergemäht. War ja kein Wunder, die waren allesamt Weicheier. Sjaard hatte es im Gefecht geschafft Alex zu befreien und machte sich mit ihr auf den Weg zu mir, doch bevor er ankam, stellte sich Darian mit Klinge an Hannahs Hals in den Weg. Schlechter Versuch.
„Ich töte sie, wenn du es auch nur wagst Aphro zu Hilfe zu eilen.“, drohte er, doch Sjaard ging unbeirrt weiter zu mir und stieß Darian zur Seite. Hannah rappelte sich bereits wieder auf. Zum Glück war Sjaard mit eingeweiht, dass Hannah Hofverrat begangen hatte.
Er befreite mich schnell von dem Fetzen im Mund und ging dann in Kampfstellung als ein Kollos von Lakai mit gezucktem Zweihänder auf uns zukam. Alex war so mit Drogen vollgepumpt, dass sie einfach nur dastand und in der Gegend herum sah. Sie machte Anstalten auf den Kollos zuzugehen, doch ich hielt sie davon ab. Immerhin brauchte Sjaard jetzt seine Aufmerksamkeit für den Kampf.
Jack lieferte sich währenddessen schon ein Duell mit Darian und Hannah stand neben Hunter. Doch ich sah ungläubig zu, als er ihr sein Schwert gab, damit sie mithelfen konnte. Hatte sie verdeckt ermittelt? Nein, das war nicht möglich.
„Hunter nein!“, schrie ich über die einzelnen Kämpfe hinweg. Zu meinem Pech rammte Hannah ihm gerade die Klinge in den Rücken und auch Jack war für einige Sekunden abgelenkt gewesen. Wie in Zeitlupe sah Hunter Hannah entsetzt an, um dann zu Boden zu gehen und mir den letzten Blick zu schenken. Erst als Sjaard mich anstieß, registrierte ich, dass ich frei war. Ich zog meinen kleinen Dolch aus dem Ärmel, war ja klar, dass Darian den übersehen hatte und raste auf Hannah zu, die Hunter gerade den Gnadenstoß verpassen wollte. Die Klinge traf mich im Bauch, als ich mich auf Hunter warf und Hannah den Dolch an der Kehle entlang zog. Sie blutete wie verrückt, doch ich hatte nur Augen für Hunter. Hatte die Klinge sein Herz verletzen können? Wenn ja, war er jetzt dem Tode geweiht.
Silber und Herz vertrugen sich nicht besonders gut.
„Hunter.“, stöhnte ich, rollte mich von ihm herunter und sah ihn forschend an.
Unterdessen waren alle Kampfgeräusche verklungen. Sjaard kam mit Alex in den Armen zu uns und auch Victor und Jack kamen zu uns. Anscheinend hatte Jack Darian besiegt, denn er war nirgends mehr zu sehen.
„Scheiße!“, schrie Jack laut und zog mich von Hunter weg.
Das letzte, was ich noch wahrnahm war ein Satz.
„Ich hoffe, dass wir Darian noch erwischen und Hunter es übersteht.“


THE END

Sorry, dass das Weiterschreiben so verdammt lange gedauert hat. Ich hoffe, dass es euch trotzdem gut gefallen hat.
LG Juliana

Impressum

Texte: öhm soweit ich das beurtielen kann, stammt die Hndlung von mir, die Personen sind frei erfunden und wehe ihr kopiert irgendwas davon in eure eigenen Geschichten. Sonst wird Queen bööööööööse!^*.*^
Tag der Veröffentlichung: 31.03.2011

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