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1. Akt: Ouvertüre


Es war einfach nicht zu fassen! Plötzlich stand diese Frau in meinem Zimmer und behauptete, man hätte ihr diesen Raum in der Direktion zugewiesen. Dabei wussten die doch ganz genau, dass ich mich geweigert hatte, das mir zugeteilte Häuschen anzunehmen!!

Wahrscheinlich waren sie noch immer nicht darüber hinweg, dass jemand so ein Angebot ablehnen konnte... Aber ich hatte es getan und ich hatte meine Gründe dafür. Hier im Hauptgebäude war ich näher an Allem, was ich brauchte und die Putzfrau hatte ich mit einem kleinen Bakschisch auch davon überzeugt, hier mit zu putzen. Okay, zum Duschen musste ich über den Gang, aber da hier zu diesen Zeiten eh nie jemand war...

Jedenfalls war ich eh missgelaunt nach einem ausschweifenden Wochenende; und dann stand auf einmal SIE da und ließ sich nicht vertreiben. Als ich sie anranzte, wer sie denn eigentlich sei und dass sie sich verpissen solle, gab ein Wort das andere und es endete damit, dass sie plötzlich auf der Kante des zweiten Betts saß und seelenruhig meinte, dann müssten wir uns das Zimmer halt teilen.

Das machte mich erst mal sprachlos. Perplex sah ich sie mir näher an. Etwa 1,70 m groß, durchschnittliche Figur, die von irgendwie ältlich wirkenden Klamotten gut verhüllt war, ein Pferdeschwanz in einer schwer definierbaren Farbe. Was für ein graues Mäuschen hatte man mir denn da vorgesetzt? Wenn ich mein Zimmer schon mit einer Frau teilen musste, dann doch bitte mit Angelina Jolie. Oder wenigstens Scarlett Johansson, aber doch nicht mit so was!

Wutentbrannt rief ich im Hauptbüro an. Dort war man sehr verlegen und gab zu, dass ein dummer Fehler in den Akten war: Irrtümlich hatte man mich schon für das Häuschen eingetragen und damit dieses Zimmer, das ja üblicherweise nur ein Übergangszimmer war, als frei geführt. Gleichzeitig aber war das Häuschen von einem anderen Mitarbeiter nun doch schon anderweitig vergeben.

„Das ist mir egal! Tun Sie irgendetwas!“

„Ich bedaure, aber alles ist besetzt zur Zeit, immer noch Semesteranfang, Sie verstehen...“

„Ich verstehe nur, dass ich hier – wen eigentlich – in MEINEM Zimmer sitzen habe und darauf verdammt noch mal keinen Bock habe.“ Die Stimme wurde nun etwas strenger.

„Mr. Petersen, es ist im Grunde nicht IHR Zimmer, das wissen Sie. Möchten Sie lieber auf eigene Kosten ins Hotel ziehen?“

„Was? Oh, nein, kommt nicht in Frage.“

„Dann vielleicht Miss Fielder?“ Ich wollte sie grade fragen, da sah ich, dass sie sich bereits lang auf dem Bett ausgestreckt hatte und zu schlafen schien. Rasch trat ich an das Bett und rüttelte sie.

„Aufwachen! Sie müssen in ein Hotelzimmer gehen!“ Doch das kleine Miststück rollte sich nur auf die andere Seite und knurrte
„Lassen Sie mich in Ruhe. Gehen Sie doch ins Hotel.“ Soweit kams noch! Ich nahm den Hörer wieder auf und brummte

„Hat sich fürs erste erledigt. Wie melden uns wieder.“ Bevor ich auflegen konnte, sagte die Sekretärin noch

„Und bitte sagen Sie Miss Fielder, ihr erster Kurs ist morgen um 9 Uhr 30 im Saal 93, danke“, dann hatte sie schon aufgelegt.

Etwas verwundert blickte ich in die Muschel. 9 Uhr 30? Saal 93? Das war doch Sids Kurs gewesen, der nach seinem Unfall erst mal ausgesetzt war. Warum wollte Mrs. Olsen die Frau hier in einen Kurs schicken, der nicht statt fand? Dann fiel es mir schlagartig ein: Die kleine Ratte war gar keine Studentin, sondern sollte Sid als Dozentin ersetzen! Sollte davon profitieren, dass Sid nach diesem schlimmen Unfall lange Zeit außer Gefecht war! In meiner Wut sah ich sie beinahe schon als diejenige, die den Wagen damals gesteuert hatte, nur um an diesen Job...

'Jetzt mach mal halblang', schalt ich mich dann, denn nun ging meine Phantasie durch meinen Ärger über meine gestörte Idylle hier ein wenig mit mir durch. Das war dann doch zu abwegig... Inzwischen war es spät und mir blieb nichts anderes übrig, als auch ins Bett zu gehen. Morgen würde diese Miss Fielder eh beweisen müssen, was sie in Physik drauf hatte!

Am nächsten Morgen erwachte ich verkatert, hatte außerdem schlechte Träume in dieser Nacht. Deswegen dachte ich auch, dass ich das Intermezzo mit der neuen Dozentin in unserem Physikerkreis nur geträumt hätte, doch schon bald hörte ich von der anderen Seite des Zimmers eine Art Schmatzen und Seufzen und sah zu meinem Ärger, dass dort wirklich die Frau von gestern Abend lag.

Sie schlug nun die Augen auf, sah mich an und quetschte sich dann ein „'n Morgen“ ab. Kurz darauf schwang sie die Beine aus dem Bett, stand auf und streckte sich. In der Nacht hatte sie ein paar Kleidungsstücke abgeworfen und man konnte nun wenigstens deutlich sehen, dass es sich bei ihr tatsächlich um eine Frau handelte.

„Wie haben Sie geschlafen? Die Betten sind hier nicht so gut, ich denke, heute Abend im Hotel wird es Ihnen besser gehen“, versuchte ich es freundlich, doch von ihr kam nur ein „hrmpf“ oder so etwas ähnliches.

„Wenn die Betten so schlecht sind, warum weigern Sie sich dann so beharrlich, hier weg zu gehen?“, fragte sie dann ganz beiläufig und ich fühlte schon wieder den Zorn in mir aufsteigen.

„Das geht Sie gar nichts an. Aber nachdem Sie nun schon mal hier sind, um meinem Freund den Job weg zu nehmen, wird man Ihnen sicher bald was besseres antragen.“

„Was?“

„Man wird Ihnen ein besseres Zimmer zuweisen, sagte ich.“

„Nein, ich meinte das Andere, das mit Ihrem Freund!“

„Ach das“, sagte ich und bedauerte, dass es mir so heraus gerutscht war. „Na, Sie sind doch hier, um einen laufenden Kurs zu übernehmen, oder?“

„Jaa“, kam es gedehnt von ihr.

„Der ist übrigens um 9 Uhr 30. Wenn Sie vorher noch duschen wollen wird das eng.“ Jetzt blickte sie verwirrt auf die Uhr, während ich mich mit einem triumphierenden Lächeln aus dem Bett schwang.

„Um Ihrer Frage zuvor zu kommen: Weil ich um diese Zeit immer dusche und als Gast werden Sie wohl warten müssen, bis ich fertig bin.“

„Also, das ist doch..“, ereiferte sich die Kleine und begann, sich auszukleiden. Jetzt war ich irritiert.

„Was machen Sie denn jetzt?!“

„Ich habe gestern gesehen, dass es eine Art Doppeldusche ist, wie im Knast. Da können wir locker gleichzeitig duschen.“

Mir klappte wahrscheinlich grade die Kinnlade runter, doch ich schaffte es, zu stammeln:
„Sie wollen doch nicht... also Sie wollen doch nicht allen Ernstes gleichzeitig mit mir duschen?!?!“

Nun war das triumphierende Lächeln auf ihrem Gesicht, bevor es hinter dem T-Shirt verschwand, das sie sich gerade über den Kopf zog. „Warum denn nicht? Oder trauen Sie sich das nicht zu?“

„Wie? Also bitte, Miss Fielder-“
„Oh, als Duschkumpel sollten wir uns doch besser beim Vornamen nennen! Ich heiße Kate.“

„Chris“, knurrte ich leise und machte mich einfach auf den Weg.

Der Gang war wie immer leer, nur dass nun plötzlich jemand hinter mir her stakste. In den Sanitärräumen angekommen sah ich mich um. Miss Fielder – Kate – hatte sich ein große Handtuch umgebunden und musterte nun den Raum.

Ein Flackern in ihren Augen sagte mir, dass diese Situation hier nicht ganz so selbstverständlich für sie war, wie sie tat und mein Ärger meldete sich wieder. Ich deutete auf den großen Duschraum.

„Dann mal los!“ rief ich einladend und schlüpfte aus meiner Unterhose, in der Hoffnung, sie würde ihren Bluff nun aufgeben und zurück stecken. Doch sie schluckte zwar, schickte sich aber dann an, das Handtuch fallen zu lassen.

Verdammt! Diese Frau machte mich so sauer, dass ich mir erst mal einen großen Schwall kaltes Wasser gönnte, bevor ich mit meiner normalen Duschroutine ansetzte. Die ja eigentlich Keine mehr war, als neben mir ungewohnterweise der zweite Hahn aufgedreht wurde.

Die Wut brodelte in mir und ich machte mir nicht einmal die Mühe, den Blaustrumpf neben mir an zu sehen. Denn das war sie nach ihrer Kleidung auf jeden Fall, den Typ kannte ich! Missgelaunt duschte ich fertig und verließ dann den gekachelten Raum, um mir die Zähne zu putzen. Sie folgte kurz danach, wieder mit dem umgebundenen Handtuch. Unsere Blicke trafen sich und ich meinte, fast so etwas wie Anerkennung für meine vermeintliche Ritterlichkeit zu sehen und zog eine Grimasse. Sie seufzte und sah wieder in den Spiegel.

So schnell ich konnte, ging ich in mein Zimmer – jawohl, mein Zimmer, das würde ich mir nicht nehmen lassen! - und zog mich an. Als ich den Raum verließ, sah ich sie hinten aus dem Bad kommen und war froh, endlich von hier weg zu kommen. Dass ich so fühlte, stank mir allerdings schon wieder gewaltig, war ich doch bisher so zufrieden in und mit meinem Elfenbeinturm gewesen!

Dementsprechend geladen kam ich in der Cafeteria an, wo mich Steve und John begrüßten, dabei jedoch gleich merkten, dass etwas bei mir im Argen lag.

„Und ob!“, knurrte ich. „Nicht nur, dass der Rektor einen Ersatz für Sid besorgt hat, nein, sie muss auch noch unbedingt in meinem Zimmer schlafen – und meine Dusche nutzen!“, empörte ich mich weiter, doch John winkte nach einer Auszeit.

„Also noch mal von vorn: Es gibt eine Vertretung für Sid, die ist weiblich, ok, aber warum um alles in der Welt schläft sie in deinem Zimmer? Du alter Schwerenöter verlierst ja anscheinend wirklich keine Zeit!“

Irritiert sah ich ihn an. Es stimmte ja, ich war bei den Frauen nicht unbeliebt, weil ich zum Einen mit meinen rabenschwarzen Haaren und den blauen Augen angeblich recht gut aussah, zum Anderen, weil mein Charme sie reihenweise flachlegte. Also nicht nur im übertragenen Sinne. Jetzt aber winkte ich ab.

„Jungs, also wirklich, ein bisschen Geschmack könnt ihr mir schon zugestehen. Ich hab es doch wirklich nicht nötig, mir einen Blaustrumpf ins Bett zu holen!“

„Ach herrje, sieht sie so schlimm aus?“, fragte Steve amüsiert.

Für einen Moment dachte ich nach und mir fiel auf, dass ich sie so richtig noch gar nicht angeschaut hatte, nur ihre Klamotten, doch die hatten gereicht. „Kommt schon, ihr könnt euch doch wohl denken, wie eine Dozentin der theoretischen Physik aussieht“, stöhnte ich und Beide nickten.

Da hatten wir wirklich keine guten Erfahrungen gemacht, unser Jagdgebiet waren eher die sprachlichen Fächer... Was uns auch weniger Konfliktpotential mit unserer Tätigkeit bescherte.

„Und was macht sie jetzt in deinem Kämmerlein?“, hakte John jetzt noch mal nach und ich erzählte die ganze Geschichte und in welche Wut sie mich versetzt hatte.

Statt Mitgefühl erntete ich aber erst mal nur Gelächter und Spott meiner besten Freunde. Wenn ich richtig darüber nachdachte, entbehrte das Ganze tatsächlich nicht einer gewissen Komik, vor allem die Szene in der Dusche, doch das wollte ich ums Verrecken nicht zugeben. Statt dessen erinnerte ich die Zwei daran, warum Miss Fielder hier war: Um Sid zu ersetzen.

„Nun mach mal halblang“, erwiderte Steve, „es ist doch völlig normal, wenn ein erkrankter Dozent eine Weile vertreten wird. Die Studenten müssen schließlich was lernen.“

'Ja, und zwar die Tatsache, dass in ihrer Fakultät nie ein hübsches Mädchen auftauchen wird, sofern sie nicht sowieso Nerds sind, die das nicht interessiert', schoss es mir durch den Kopf. Zum Glück hatte ich weder mit dem Einen noch mit dem Anderen Probleme!

„Ihr meint also, dass sie ihn nicht komplett ersetzen wollen?!“

„Nein, das glaube ich nicht, oder, John?“ Auch der schüttelte den Kopf.

„Nö, wer sollte Sid schon ersetzen können?“

Mit einem Blick auf die Uhr sprang ich auf. „Wir können sie uns ja mal ansehen und schauen, was sie mit seinen armen Studenten macht! Der Kurs geht gleich los.“

„Oh ja, dann aber schnell!“

Wir machten uns rasch auf den Weg zum Hörsaal 93, es war kurz vor halb Zehn. Er war schon gut gefüllt, die Vertretung hatte sich schnell rumgesprochen. In der dritten Reihe gab es am Rand noch freie Plätze, dort verschanzten wir uns hinter zwei hochgeschossenen Studenten. In Erinnerung an unser vorheriges Gespräch sahen wir uns plötzlich wie verabredet um, und wirklich waren 99 % der hier Anwesenden männlich und der Rest sah zumindest so aus.

Neben mir kicherte Steve auf einmal. „Oje, die Kleine muss sich aber verlaufen haben!“

Mein Blick folgte seinem zum Eingang, in dem eine hübsche junge Frau stand, das blonde Haar offen und nur durch einen schlichten Haarreif etwas im Zaum gehalten, in einem Rock, der so gerade eben einen Blick auf ihre Knie freigab. Ihre Augen schweiften einmal prüfend über den Raum, dann presste sie entschlossen die Lehrbücher vor ihrer Brust an sich und ging – direkt auf das Pult zu.

Als sie dort die Bücher mit einem leichten Knall ablegte und dadurch die Sicht auf das Dahinterliegende frei gab, war auch der letzte Zweifel an ihrer Weiblichkeit verflogen und ein Raunen ging durch den Saal, lief von unten nach oben, dicht gefolgt von einem fast einstimmigen, tiefen Seufzer.

Schmerzhaft spürte ich plötzlich Johns Ellbogen in meiner Seite. „Blaustrumpf, hm? Und mit der hast du heute schon geduscht?“ Blitzschnell drehte sich einer der Männer vor uns um und ich schüttelte hektisch den Kopf.

„Herrgott, sie hat die gleiche Dusche wie ich benutzt, mehr nicht!“, beeilte ich mich zu sagen und enttäuscht zog der Lulatsch seine Kopf wieder weg. In Verruf wollte ich die Gute nun doch nicht bringen, nutzte aber die Zeit, sie mir doch mal in Ruhe anzusehen.

Dabei stellte ich fest, dass ich Miss Fielder, bzw. Kate, in meiner Wut zumindest was das Äußere anging, erheblich Unrecht getan hatte. Die Haare hatten eine Art dunklen Goldton und fielen ihr lang und voluminös über den Rücken, keine Spur mehr von dem hässlichen Pferdeschwanz. Ihr Gesicht war sehr hübsch, das musste ich zugeben, mit hellen grauen Augen und einem beinahe aristokratischen Ausdruck; vielleicht hatte mich der gestern so auf die Palme gebracht? Aber dazu hatte ich eigentlich gar nicht lange genug hingeschaut.

Und ich spürte auch jetzt wieder den Ärger über ihr Eindringen in meine Sphäre in mir auf steigen, mochte sie körperlich auch noch so gut gebaut sein.

Blieb nur die Frage, was machte sie hier? Sollte es wirklich eine Frau geben, die so aussah und gleichzeitig in theoretischer Physik reüssiert hatte, so wie wir vier? Und warum wussten wir dann nichts von ihr?

Sie räusperte sich und stellte sich nun kurz vor, allerdings nur mit ihrem Namen. „Alles weitere tut erst mal nichts zur Sache“, meinte sie, „zunächst möchte ich gerne hören, wie weit Sie bisher im Stoff gekommen sind.“ Viele Finger zeigten auf.

„Und vor allem, wieviel Sie davon behalten haben.“ Die Finger wurden weniger und ich konnte ein Grinsen nicht verbergen.

Leider stieß mich John nun schon wieder an. „Chris, wir müssen“, raunte er und rutschte bereits hinter Steve aus der Bank, ich folgte ihnen. Es war Zeit für unsere eigenen Vorlesungen, bevor in zwei Stunden das morgendliche Forschungsmeeting angesetzt war.

Wir vier Musketiere, wie Sid, Steve, John und ich manchmal genannt wurden, waren jeweils zu Hälfte in der Lehre als auch in der Forschung tätig. Bis, ja bis leider ein schlimmer Autounfall unseren Freund Sid für eine längere Zeit außer Gefecht gesetzt hatte. Nun mussten wir zu Dritt unsere Forschung weiter verfolgen, aber Sids Kenntnisse des Stringtheorie gingen uns schon ziemlich ab.

Wir marschierten gerade auf die Tür zu, da schnarrte auf einmal ihre Stimme: „Meine Herren, wollen Sie den Kurs schon wieder verlassen?“

Als wir uns intuitiv zu ihr wandten, streifte ihr Blick über meine Freunde, blieb dann für einen Augenblick an mir hängen. „Ich verstehe“, nickte sie dann, „für diesen Kurs sind Sie wirklich etwas zu alt.“ Ihre grauen Augen schienen zu blitzen.
„Ich wäre Ihnen allerdings dankbar, wenn dieses Kurshopping nicht zur Gewohnheit wird. In meinem Kurs bleibt man oder geht für immer. Damit das klar ist.“ Letzteres war in den Raum gemeint.
„Dieses Rumgerenne zwischendurch werde ich nicht durchgehen lassen.“

Damit wandte sich sich wieder dem Studenten zu, der gerade den bisherigen Lernstoff – Erweiterte Grundlagen der Physik – zusammenfasste und wir waren anscheinend entlassen. Während Steve und John draußen ein bisschen feixten, war ich schon wieder sauer.

'Mein Kurs!' Was bildete die sich eigentlich ein? Das war immer noch Sids Kurs! Aber ich hatte keine Gelegenheit mehr, meinen Ärger mit meinen Freunden zu teilen, waren sie doch schon auf dem Weg in ihre Hörsäle. Also begab auch ich mich in meinen und hoffte, bis heute Abend würde Miss Fielder für mich nur noch eine Randnotiz sein.

Aber weit gefehlt! Als ich, etwas verspätet, weil eine der Süßen vom Dolmetscherkurs angeblich ein paar Fragen zu bestimmten Fachausdrücken hatte - dabei wollte sie nur schamlos mit mir flirten, wie herrlich! - saßen John und Steve mit merkwürdigen Gesichtsausdrücken am Besprechungstisch und sahen beinahe anklagend zu mir auf.

Als ob ich etwas dafür konnte, dass sich Miss Fielder zu unser aller Überraschung ans untere Ende des Tisches gepflanzt hatte.

„Weißt du etwas davon? Sie sagt, man hätte sie hierher geschickt“, setzte John an, da knallte es am anderen Tischende wie heute morgen. Es war wohl die Spezialität der guten Frau, ihre Bücher als Aufmerksamkeitsinstrumente einzusetzen.

2. Akt: Zwischenspiel


Jetzt sprang sie empört auf. „Ich verstehe nicht, was hier vorgeht! Hat ihr Kollege Ihnen denn gar nichts gesagt?“

„Kollege? Welcher Kollege denn?“
Sie stöhnte. „Na, Ihr Freund und Kollege im Krankenhaus. Sid Laneshwar.“

Wir drei Männer sahen uns an. Am Wochenende hatten wir kräftig einen drauf gemacht und keiner von uns hätte einen Anruf von Sid entgegen nehmen können.

„Mir reicht es jetzt. Bitte rufen Sie ihn selber an.“

Ich zuckte die Achseln. „Wenn Sie meinen, Kate...“ So wählte ich die Nummer an Sids Krankenbett. Er ging schon nach dem ersten Klingeln ran.

„Endlich meldet ihr euch! Ist sie schon da? Sie ist doch einfach klasse, nicht wahr?!“

Ich versuchte seine Euphorie zu bremsen. „Langsam Sid. Miss Fielder ist also direkt von dir ausgesucht worden?“

„Ja natürlich, was denn sonst?!“

'Ja, was denn sonst', dachte ich innerlich stöhnend. Nur mein bester Freund würde es schaffen, mir diesen Alptraum auf den Hals zu hetzen.

Sid sprudelte nun weiter. „Ihr musst doch auch von ihr gehört haben, sie war in der Singapur-Projekt-Gruppe als Leiterin, aber sie ließ die Gruppe immer nur als Ganzes auftreten. Ist das zu fassen? Dabei ist fast alles ihr Verdienst.“

„Wann hast du das denn rausgefunden?“

„Es ist schließlich mein Fachgebiet. Und ich hatte ein bisschen Zeit hier, du erinnerst dich?“

Keine Ahnung, ob in seiner Stimme wirklich eine Anklage mitschwang, aber er erinnerte mich tatsächlich daran, dass ich, wie die anderen Beiden, die zwei Stunden Fahrt zu seiner Reha-Klinik viel zu selten auf mich nahm.

„Jedenfalls habe ich letzte Woche mit ihr gesprochen und sie gebeten, mich für ein halbes Jahr zu ersetzen. Der Rektor war einverstanden.“ Ein halbes Jahr also. Aber Sid konnte ja nichts für ihren schlechten Einstieg hier.

„Gut Sid, dann wissen wir jetzt Bescheid. Ich schau bei dir vorbei, sobald ich kann!“, verabschiedete ich mich und legte auf.

Dann streckte ich die Hand nach Miss Fielder aus. „Dann also willkommen im Team, Miss Fielder.“

Sie ignorierte meine Hand, sagte nur nickend: „Eigentlich Dr. Fielder, aber wir hatten uns schon auf Kate geinigt, Sie erinnern sich? Und Sie beide sind...?“

Eilfertig sprangen meine Freunde auf und stellten sich vor. Ihre Hände nahm Kate an. Anschließend hockten wir uns um den Tisch und sahen uns an. Noch einmal ergriff sie das Wort.

„Ich möchte noch einmal wiederholen, dass es mir leid tut, wenn Sie nicht rechtzeitig Bescheid bekommen haben. Und ich versichere Ihnen, es liegt wirklich nicht in meiner Absicht, hier irgend jemanden rauszukicken. Aber es ist ein interessantes Angebot für mich, da meine Gruppe leider aus diversen Gründen geschlossen wurde. Da dachte ich, mal ein halbes Jahr in die Lehre rein zu schnuppern, wäre eine gute Idee. So kam der Anruf Ihres Freundes gerade recht.“

Steve konnte es einfach nicht fassen, wie auch ich nicht. „Aber... Die Gruppe wurde aufgelöst? Was ist mit den Ergebnissen? Haben Sie da keine Angst, von anderen Forschungsgruppen überflügelt zu werden.“

Ihr Lächeln, mit dem sie sich ihm zu wandte, war so maliziös wie arrogant und trieb mir schon wieder die Galle nach oben. Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

„Die Ergebnisse stecken größtenteils da oben drin. Und Nein, Steve, diese Angst habe ich ganz und gar nicht. Unser Vorsprung war so groß, dass diejenigen, die uns einholen könnten, noch gar nicht geboren sind.“

Von jedem anderen Menschen hätte ich diesen Spruch wahrscheinlich cool gefunden, von ihr ekelte er mich eigentlich nur an. John und Steve schmunzelten ein bisschen, obwohl Steve dabei gleichzeitig ein wenig verärgert wirkte.

Vielleicht setzte sie deshalb ein Lächeln auf, das wohl entwaffnend sein sollte und entschuldigte sich. „Sorry, wenn das ein wenig hart rüber kam, aber als Frau in dieser Sparte habe ich so oft mit Zweifeln zu tun, dass ich mir ein dickes Fell zugelegt habe. Und die Auflösung der Gruppe war, wie Sie sich denken können, nicht so ganz freiwillig und konfliktfrei. Leider konnten wir nur sehr wenig schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen, weil alles so schnell gehen musste...“

In ihrer Stimme schwangen Sarkasmus und Ärger mit. Anscheinend hatte sie noch ein Hühnchen mit den ehemaligen Chefs zu rupfen.

„Ah, also gut“, murmelte Steve und ich schnippte mit den Fingern.

„Dann sollten wir vielleicht mal kurz berichten, wo WIR stehen und schauen, ob wir Mi-, äh, Kate eingliedern können.“

Den Rest der Zeit verbrachten wir damit, unsere neue Kollegin auf den neuesten Stand unserer Forschung zu bringen. Sie hörte größtenteils schweigend zu und nickte dann zum Schluss. „Für so einen kleinen Zirkel sind Sie fantastisch voran gekommen“, sagte sie.

„Und?“, rutschte es mir heraus.

„Und was?“ Sie sah mich neugierig an.

„Na, werden sie sich da einfügen können?“, fragte ich lauernd und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Ich denke schon“, war ihre unbefriedigende Antwort, doch ich dachte mir meinen Teil.

Es war wohl doch alles nur geblufft und sie war gar nicht der große Zampano in ihrer Gruppe gewesen.

Überraschend sprach sie weiter. „Sie müssen verstehen, ich muss noch sortieren, was von meiner Forschung mir gehört und was meinem Auftraggeber. Wenn das geklärt ist, und das dürfte im Lauf dieser Woche der Fall sein, kann ich Ihnen endgültig sagen, wie sehr ich mich einbringen kann.“

'Cool gelöst', dachte ich mir. So hatte sie ein wenig Zeit, bevor sie uns dann, zu ihrem Bedauern, mitteilen würde, dass sie leider Stillschweigen über ihre bisherige Arbeit bewahren musste...

Ohne es zu wollen, knirschte ich plötzlich mit den Zähnen und John sah mich irritiert an.
„Dann ist es jetzt erst mal Zeit fürs Mittagessen“, stellte er fest. „Kate, kommen Sie mit uns?“

Doch sie schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, aber ich habe noch Einiges zu erledigen. Wann soll ich morgen wieder hier sein?“

'Gar nicht!', wollte ich am liebsten schreien, doch John nannte ihr die Uhrzeit. Dann trennten sich unsere Wege vorerst.

In meinem Zimmer erwartete mich dann am Abend mal wieder eine Überraschung: Sie hatte ein paar ungenutzte Regale in die Mitte gezogen, um einen kleinen Sichtschutz zu bauen. Okay, man muss ihr zugute halten, dass sie sogar ihren Anteil kleiner gestaltet hatte.

Trotzdem polterte ich als Erstes: „Was soll das denn? Warum sind sie immer noch hier?“

Sie saß am Schreibtisch, nahm eine kleine Lesebrille ab und sah müde zu mir hoch.
„Die Uni zahlt kein Hotelzimmer. Und was ich mir leisten könnte, ist alles besetzt.“

„Alles?!!“, zürnte ich und sie rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen.

„Alles. Das können Sie mir glauben. Ich meine, sie denken doch nicht, ich würde freiwillig mit Ihnen weiter hier wohnen bleiben?!“ Das war wohl eine rhetorische Frage, denn sie sprach gleich weiter. „Deswegen dachte ich mir, so eine kleine Abtrennung würde nicht schaden.“

„Na gut“, grollte ich, „Hauptsache, Sie lassen mich morgen früh unter meiner Dusche in Ruhe. Wenn Sie schon so in mein Leben eindringen!“ Jetzt standen auch bei ihr Zornesfalten auf der Stirn.

„IHR Zimmer, IHRE Dusche...Du liebe Zeit, Chris, Sie tun ja gerade so, als würde ich das alles absichtlich machen! Da gibt es sicher Schöneres für mich, als mit dem Campus-Casanova in einem Zimmer zu hausen!“

Campus-Casanova! Was erdreistete sie sich!
„Ja sicher“, höhnte ich, „wenn das Ihre einzige Sorge ist. Ich wette, das trauen Sie sich morgen früh nicht noch mal, so eine Schote zu bringen.“

Nun ebenfalls wütend sprang sie auf.
„Das werden wir ja sehen! Ich gehe jedenfalls jetzt ins Bett. Gute Nacht!“, schnarrte sie und erwartete wohl, dass ich mich nun wegdrehte.

Um ein Haar war ich versucht, demonstrativ stehen zu bleiben, aber das kam selbst mir zu kindisch vor. Also ging auch ich ins Bett. Zum Glück schnarchte sie nicht!

Beim Aufwachen allerdings hörte ich ihre Stimme, sie stand in der Tür und rief „Aufwachen, Sie Schlafmütze! Oder trauen Sie sich so etwas wie gestern nicht noch mal?!'“

Schlagartig war ich wach. „Wollen wir wetten?“, grollte ich ich.

„Um ein Essen beim Italiener!“, war ihre Antwort, Kate, wie ich mir ins Gedächtnis rief.

Interessanterweise war das seit langem das erste Mal, dass ich zwei Nächte mit der gleichen Frau im selben Zimmer verbracht hatte – und dabei nicht mal auf meine Kosten gekommen war. Und jetzt forderte sie mich auch noch heraus! Blitzschnell schwang ich die Beine aus dem Bett. DAS Essen würde sie bezahlen!

Sie war schon ein Stück auf dem Gang, als ich das Zimmer verließ und bog vor mir ins Bad ein. Als ich dort ankam, plätscherte bereits die Dusche und ich konnte nun gar nicht mehr umhin, einen Blick auf ihren Körper zu werfen. Wie hatte ich diese Frau nur je für einen Blaustrumpf halten können??! Ihre Proportionen erschienen mir überaus perfekt....

Um so mehr war ich aber gleichzeitig davon überzeugt, dass es sich bei ihr um eine Blenderin handeln musste. Keine Frau, die sich mit Quantenphysik auskannte, konnte gleichzeitig wie die Homecoming Queen ihrer Highschool aussehen; das konnte es einfach nicht geben. Oder doch?

Zur Ablenkung drehte ich einmal wieder das kalte Wasser auf und drehte mich unter dem eiskalten Strahl. Dabei trafen sich unsere Blicke. Ihrer war regelrecht verschmitzt, bevor er einmal meinen Körper hinab wanderte. Okay, den Blick hatte sie bei mir gut gehabt, musste ich zugeben. Allerdings konnte ich nicht erkennen, ob ihr gefiel, was sie sah.

Himmel, was dachte ich denn da? Diese Frau war immer noch quasi meine Feindin, eingedrungen in mein Reich und drauf und dran, meinen Freund und Kollegen zu verdrängen, denn so ganz war ich mir nicht sicher, ob Sid zurück kommen würde. Und gleichzeitig war ich davon überzeugt, in ihr eine raffinierte Schwindlerin vor mir zu haben, die nicht halten würde, was sie versprach. Eigentlich schade.

Wir waren gleichzeitig fertig und beim Abtrocknen lachte Kate. „Gut, diesmal haben Sie gewonnen, Chris. Sie dürfen dann demnächst mal Zeit und Ort wählen.“

Ich nickte, doch dann rutschte mir die Frage heraus, die mir einfach brennend auf dem Gemüt lag. „Warum tun Sie das? Ich meine, so locker mit einem Fremden duschen, nun ja, das ist … nicht gerade alltäglich“, endete ich lahm.

„Oh, für mich schon. Gucken Sie nicht so! Ich bin in einem Waisenheim aufgewachsen, leider ein so armes, dass es nur einen Waschraum gab. Und irgendwann sind die festgelegten Zeiten aus dem Ruder gelaufen und alle haben öfter mal durcheinander geduscht. Als die Betreuer merkten, dass wir deswegen nicht wie die Wahnsinnigen über einander her fielen – Sie wissen, was ich meine - , da haben sie dem um des lieben Friedens statt gegeben.“

Für einen Moment hatte ich trotzdem das Bild einer feuchten Massenorgie vor Augen und musste es kurz abschütteln.

Jetzt grinste sie breit. „Das Bild hat jeder am Anfang vor Augen, keine Sorge.“

„Können Sie jetzt schon Gedanken lesen?“

„Nein, aber wie gesagt, es ist die häufigste Reaktion. Fertig?“

Ich nickte und in seltener Eintracht gingen wir wieder ins Zimmer. Sie hatte mir ja auch etwas zu denken gegeben, zum Beispiel, dass sie im Waisenhaus aufgewachsen war.

Das könnte ihre Kratzbürstigkeit erklären, aber noch weniger, wie sie solch eine akademische Karriere geschafft hatte. Haben wollte, verbesserte ich mich.

An diesem Vormittag hatten wir alle Vorlesungen, erst in der Cafeteria traf ich Steve und John wieder. Am Nebentisch saßen ein paar Neulinge, einige jener Nerds, die der theoretischen Physik den Ruf eingebracht hatten, ein Fach für soziopathische Spinner zu sein. Ihr Gespräch war nicht zu überhören.

„Ich hab mich heute verliebt!“

„Ach Klappe Mann, das haben wir doch alle. Dr. Fielder ist einfach der Hammer!“

„Ja! Wenn mir das früher einer gesagt hätte, dann hätte ich mein Chemiestudium in Yale geschmissen und wäre gleich hierher gekommen.“

„Da hättest du aber dumm geguckt, die ist ja erst seit kurzem hier.“

„Und man munkelt, sie würde auch nicht lange bleiben. Nach der unfreiwilligen Auflösung der Singapur-Gruppe werden sich die Institute um sie reißen...“

Betroffen starrte ich auf mein Essen. Wenn es stimmte, was die Jungs sagten, und die waren meist besser informiert als die Dozenten, dann hatte sie vermutlich doch was auf dem Kasten.
Und von was redeten die Geeks? Von ihrer Figur. Welche ich im Übrigen schon in ihrer ganzen Pracht hatte bewundern dürfen.

„Chris, was grinst du denn so in dich rein?“

Wie ertappt fuhr ich auf. „Nix, ich hab nur an einen alten Witz gedacht, als ich die Jungs da gehört habe.“

„Denn von dem Physiker im Eiscafé?“

„Exakt.“ Wir lachten zusammen, dann war es auch schon wieder Zeit, in unser Labor zu gehen.

Zu unserer Überraschung stieß dort kurz nach uns der Rektor der Universität zu uns, mit Kate Fielder im Schlepptau. „Meine Herren, ich muss Ihnen Ihre neue Kollegin ja nicht mehr vorstellen. Sie wird voraussichtlich neuen Schwung in Ihre Forschung bringen, was wir ja auch bitter nötig haben.“

Sein versteckter Anwurf ließ mich mich fühlen wie einer der Ghostbusters kurz vor ihrer Entlassung von der Uni. Bei meinem Ruf war ich wahrscheinlich Dr. Venkman.

„Das klingt gut, Dr. Toeger. Aber auf welches Gebiet ist Miss Fielder eigentlich spezialisiert?“, fragte nun John, dem es seinem Ton nach ebenso zu ergehen schien. Statt seiner antwortete Kate selber.

„Quantenphysik mit Schwerpunkt Schleifenquantengravitation.“

Ich keuchte ungewollt. Das war ein sehr neuer, sehr experimenteller und sehr umstrittener Zweig unseres Fachs.

„Ja, meine Herren, alles, was sie im Moment wahrscheinlich denken, ist wohl wahr. Deswegen hat die Regierung von Singapur das Projekt auch gecancelt. Ich warte nur noch auf einen Anruf, was ich von den Ergebnissen verwenden darf.“

Da war es wieder. DIE Ergebnisse, nicht 'MEINE Ergebnisse', was mich ja so misstrauisch machte.

Rektor Toeger klatschte in die Hände. „Wenn das klappt, wird sie morgen einen Vortrag darüber halten. Für heute müssen Sie halt noch an etwas anderem arbeiten.“

Das taten wir dann auch. Kate trug heute übrigens eine sehr enge Bootcut-Jeans mit einem nett ausgeschnittenem Top. Ihr Stil hatte etwas, der sagte, 'ich bin eine Frau, na und?!' Die Schuhe waren halb hoch, wobei ich mich bei dem Gedanken ertappte, wie ihr Arsch denn wohl mit richtigen Highheels aussähe?! Unsere Blicke trafen sich und wieder schien sie meine Gedanken gelesen zu haben. Doch diesmal sah sie irgendwie traurig aus.

Wir beschäftigten uns gerade mit Quantenelektrodynamik, um die alte Theorie, die in eine Sackgasse geraten war, neu zu verifizieren. Das war weit weg von der Loop-Theorie, aber eine unverzichtbare Grundlage dafür. Steve trat gerade von der großen Kreidetafel zurück.

„So, das ist die Formel, die wir bisher errechnet haben. Aber ihr wisst ja, wir stecken fest.“

John und ich nickten, Kate legte neugierig den Kopf schief. Gemeinsam starrten wir auf die Tafel. Dann setzte Kate an, wandte sich an Steve.

„Bevor wir richtig loslegen, hätte ich eine Bitte: Könnten wir nicht allgemein zum Du übergehen? Damit kann ich einfach besser arbeiten.“

Steve setzte sein nettestes Lächeln auf, das seine Grübchen zum Vorschein brachte. „Aber sehr gern, Kate.“

Auch John zeigte sich von seiner besten Seite. „Selbstverständlich!“ Dabei strahlte er sie an und ein Lächeln ging über ihr Gesicht.

Ich dagegen brachte nur ein Grunzen zustande, das alles hätte bedeuten können, von allen aber als 'Ja' interpretiert wurde. Nach einem kurzen Seitenblick auf mich machte Kate einen Schritt auf die Tafel und deutete auf die Formel.

„Darf ich?“, fragte sie, als sie die Kreide ergriff.

Meine Kollegen nickten und ich hielt gespannt den Atem an. Sie wollte doch nicht etwa wirklich in die Formel eingreifen? Doch tatsächlich wischte sie schon einen Teil fort – zum Glück hatten wir den eh im Kopf – und begann, andere Faktoren einzusetzen. Ab und zu hielt sie inne, starrte ins Leere und schrieb dann weiter. Es war erstaunlich, bisher stimmte alles, dabei war das Nichts, was sie in einem Lehrbuch hätte gelesen haben können, das war unser Produkt. Jetzt drehte sie sich um und fing an, ihre Änderungen zu erläutern.

Zu meinem grenzenlosen Erstaunen (und auch etwas Groll) hatte alles bisher Hand und Fuß.
„Eventuell könnte hier der Scheitelpunkt liegen“, hörte ich jetzt und Steve murmelte „Ja, genau“, trat zu ihr und nahm ebenfalls ein Stück Kreide.

„Wenn wir vielleicht hier und hier...“, sagten sie halblaut, während die Formel weiter Gestalt annahm. Dabei steckten sie die Köpfe so eng zusammen, dass sie schließlich zusammen stießen und darüber kicherten wie Teenager. Oder wie zwei Verschwörer.

Das gab mir einen richtigen Stich in den Magen. Einen von uns hatte sie also schon um den Finger gewickelt. Nein, zwei. Denn plötzlich war John auf ihrer anderen Seite und stieg in die Diskussion mit ein.

Die Formel veränderte sich weiter und von meinem Standort aus konnte ich nur sagen, dass sie verblüffend überzeugend war. Jedoch war ich mir nicht mehr so sicher, was davon Miss Fielders Werk war. Ob sich Steve und John auch daran erinnerten? Sie traten jetzt weg, als wollte sie der jungen Frau nun das Feld, in diesem Fall die Vollendung der Formel, überlassen. Ich für meinen Teil sah es als eine Art Prüfung – die sie dann leider bestand.

Völlig selbständig errechnete sie nun das Ergebnis und hatte damit die Arbeit einer Woche in knapp drei Stunden zusammen mit meinen Kollegen gelöst.

„Wow!“, entfuhr es Steve und wieder ließ er seine Grübchen blitzen. Während Kate sich gerade am hinteren Ende des Labors die Kreide von den Händen wusch, raunte er „Ich glaube, ich habe meine Traumfrau gefunden! Hast du ihren Hintern gesehen?“

„Steve“, entfuhr es mir, „jetzt benimm dich nicht so sexistisch!“

„Pah, das sagt du, der gestern schon mit ihr unter der Dusche stand.“
Dass ich das auch heute noch einmal getan hatte, band ich ihm lieber nicht auf die Nase. „Musstest du dich da nicht sehr beherrschen? Also, wie wär's, trittst du mir dein Zimmer heute Nacht ab?“

„Steve, verdammt noch mal!“ Keine Ahnung, warum, aber es ging mir plötzlich gegen den Strich Dr. Fielder, nachdem sie zu meiner Überraschung bewiesen hatte, dass sie tatsächlich schwer was auf dem Kasten hatte, so auf das rein Körperliche reduziert zu sehen.

„Stimmt was nicht?“, fragte sie nun irritiert und ich versuchte ein Lächeln.

„Nein, nur hat mein Kollege mich gerade völlig zu Recht einen Idioten geschimpft, weil wir die Lösung bisher so einfach übersehen haben.“

Sie schien meine Worte für bare Münze zu nehmen. „Das solltet ihr nicht so schwer nehmen. Es ist immer einfacher, von außen mehr zu sehen als von drinnen.“

„Trotzdem muss ich sagen, ich bin schwer beeindruckt.“

„Weil ich eine Frau bin?“

„Wer ist jetzt sexistisch?“, knurrte Steve leise neben mir, doch ich nickte.

„Das darfst du mir nicht übel nehmen, Kate“, mit zum ersten Mal sprach ich sie so an, „aber es gibt eben nicht viele wie dich in unserem Fach.“

Der Seufzer, der sich ihr nun entrang, kam von tief unten. „Wem sagst du das!“

3. Akt: Chor


„Ähem“, kam es jetzt von John, „es ist schon spät, vielleicht sollten wir alle zusammen in die Cafeteria gehen?“

Der Vorschlag wurde allgemein angenommen und wir verließen den Raum, zuletzt Kate und ich. Sie blieb kurz stehen und sah mich an.

„Keine Sorge, das mit dem Italiener steht noch.“

Aufrichtig antwortete ich: „Das will ich doch hoffen! Es gibt dann doch ein Menge, das ich dich fragen wollen würde...“ Ich verstummte ob meiner seltsamen Konstruktion und sie lachte.

„Das Übliche, nehme ich an, wo ich herkomme, warum ich im Waisenhaus war... Es war übrigens das Heim, das mir diesen Namen neu gab. Die Leiterin war sehr angetan von Shakespeare.“

„Eigentlich eher über deine Arbeit-“, begann ich, doch sie legte den Finger an die Lippen.

„Jetzt eh noch nicht, hast du vergessen? Ich muss mir den Artikel doch erst noch runter laden und auswendig lernen...“

Damit war sie aus dem Labor verschwunden und ließ mich geschockt zurück. Sie hatte also die ganze Zeit geahnt oder gewusst, dass und wie sehr ich ihr misstraute.

Dann fiel es mir bei diesem burschikosen Abgang wie Schuppen von den Augen: Shakespeare! Käthchen! The taming of the Screw, Kiss me Kate... Hatte das Stück vielleicht Pate gestanden?

Hastig lief auch ich nun hinter den Dreien her. Da ich ein Stück entfernt war, konnte ich gut sehen, wie oft sich entgegen kommende Männer nach Kate umsahen und dann ganz bestimmte Blicke miteinander tauschten.

Plötzlich tat sie mir leid und ich war ein wenig wütend auf meine Geschlechtsgenossen. War das denn wirklich alles, was uns interessierte? Auch wenn in diesem Körper ein noch so brillanter Geist wohnte, wir dachten nur an das Eine... Aber gleichzeitig fragte ich mich, warum sie sich dann nicht anders kleidete. Sahen unsere Studentinnen deswegen wie Blaustrümpfe aus?

In der Cafeteria war es jetzt, nachdem ich es bewusst wahrnahm, nicht viel anders. Meine neue Kollegin allerdings ignorierte alles Geraune und die Blicke und setzte sich mit meinen alten Kollegen zusammen; ich gesellte mich mit meinem Tablett zu ihnen. Eh wir es uns versahen, waren wir in eine heftige Fachsimpelei verwickelt, etwas, das bei uns Dreien nicht neu war, nun aber durch Kate eine neue Dimension (!) betrat.

Da sie neu war, war sie natürlich noch nicht Teil unseres Beziehungsgeflechts und unsere Diskussion gewann dadurch an Neutralität. Sie hörte sich Argumente ruhig an, fragte gelegentlich nach, gab zu, wenn sie etwas für einsichtig hielt. Manchmal aber kämpfte sie mit Messern und Klauen um eine These.

Wir fuhren alle zusammen, als Kate plötzlich ans Telefon gerufen wurde. „Ah endlich“, sagte sie und eilte ins Büro.

Diesen Moment nutzte Ryan, ein Kollege aus dem Bereich englische Literatur mit viel zu eng zusammen stehenden Augen, um sich an uns ran zu wanzen. Bzw. über uns an Kate ran zu kommen.

„Mensch, die ist ja Zucker, eure neue Kollegin. Könnt ihr nicht mal ein gutes Wort für mich bei ihr einlegen?“

„Verzieh dich Ryan“, ranzte ich ihn ungewollt aggressiv an. „Bleib lieber bei deinen Jane Austen-Püppchen, okay!“

„Okay okay“, grummelte er verschreckt und zog sich zurück, während Steve und John mich erstaunt ansahen.

Aufgebracht zuckte ich mit den Schultern. „Na ist doch wahr! Schließlich waren wir gerade in einer fachlichen Diskussion und wir sind hier nicht mehr auf der Highschool!“

Da kehrte sie auch schon zurück, durchquerte den Raum, der sich nun schon, da es bereits spät war, fast gänzlich geleert hatte, und strahlte über das ganze Gesicht.

Gelöst hockte sich sich im Reitersitz auf einen der Stühle.

„Es ist alles geklärt“, keuchte sie leicht atemlos vom Laufen, „sie beanspruchen keines der Ergebnisse für sich. Ich bin frei!“

Dabei streckte sie die Arme weit aus, wobei sich das Top bedrohlich über ihrer Oberweite spannte. Ich bemerkte, dass doch noch ein paar Kerle übrig geblieben waren, die diesen Anblick nun sichtlich genossen. „Jetzt werde ich noch ein wenig an meinem Vortrag feilen...“

„Wunderbar“, sagte ich und erhob mich. „Ich meine, dass du frei bist. Wenn du magst, begleite ich dich dann jetzt in unser Zimmer, der Campus ist im Dunklen bisweilen tückisch.“

Sie zog eine Augenbraue hoch, ob als Reaktion auf die Ansage 'unser' Zimmer oder auf meine Ritterlichkeit, konnte ich nicht sagen.

„Gut, gerne. John, Steve, wir sehen uns ja dann morgen...“

Die Zwei verabschiedeten sich von ihr, Steve überflüssigerweise mit einem Handkuss, dann folgte Kate mir nach draußen. Schweigend, aber in einem bisher unbekannten Waffenstillstand, überquerten wir das Gelände. Kurz vor der Tür stoppte ich.

„Brauchst du Ruhe zum Schreiben? Soll ich mich noch eine Weile verziehen?“ Da sprach wirklich nur der Wissenschaftler aus mir.

Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Um ehrlich zu sein, am besten kann ich lernen, wenn ich nicht alleine bin, ist wohl ein Relikt aus meiner Kindheit. Aber wenn noch jemand auf dich wartet …. ich meine, wenn du noch was vorhast...“

Oh, da war wohl ein gewisser Ruf zu ihr durch gedrungen! Verärgert schüttelte ich den Kopf. Was bildete sie sich ein? Was ich privat tat, ging sie doch gar nichts an!

Schon wieder wütend änderte ich den Plan. „Aber wenn du meinst, dann gehe ich mich halt noch etwas amüsieren“, bellte ich, drehte mich um und stapfte davon, ließ sie einfach stehen. Sicher nach Hause gebracht hatte ich sie ja nun.

Ich verzog mich in ein kleines Diner am Rand des Campus, hockte mich dort in eine Ecke und versuchte, mich auf die Nachtausgabe der Zeitung zu konzentrieren. Nach zwei Stunden reichte es mir und ich ging zurück. Von weitem sah ich noch Licht aus dem Fenster scheinen, das aber plötzlich erlosch. Schade, ich hätte ihr gerne einen Bären aufgebunden. So aber suchte ich mir im Dunkeln meinen Weg ins Bett und fiel rasch in unruhige Träume.

Diesmal wachte ich als Erster auf. Durch ein Fach der provisorischen Trennwand konnte ich das Phänomen, das seit ein paar Tagen gegen meinen Willen mein Denken beherrschte, beim Schlafen beobachten. Ihr Gesicht war gelöst, sie sah irgendwie zufrieden aus. Dann schlug sie die Augen aus, unwillkürlich trafen sich unsere Blicke. Prompt sah sie gar nicht mehr glücklich aus. Das gab mir einen Stich.

„Guten Morgen!“, sagte ich deshalb ungewohnt freundlich.

„n'Morgen“, kam es von ihr noch recht verschlafen und sie streckte sich. In Gedanken musste ich den Männern aus der Cafeteria gestern Abbitte leisten, denn auch mir fiel es schwer, hier weg zu gucken.

Irgendwie musste ich weiter quatschen. „Heute ist der große Tag, hm?“

„Ja, sieht so aus... Tut mir leid, wenn ich dich gestern aus dem Zimmer vertrieben habe.“

„Hast du eigentlich gar nicht. Ich war nur sauer, weil....“ Ich verstummte, wusste gar nicht, was mich da ritt. Aber egal, das musste jetzt raus.

„Ich weiß nicht, was du über mich gehört hast, aber ich bin sicher nicht DER Campus-Casanova.“

„Hm.“

„Ich meine, ja, ich lebe nicht im Zölibat, aber es stimmt einfach nicht, dass ich jeden Abend Eine flach lege!“

Sie kicherte. „Flachlegen! Ein herrliches Wort!“ Da hatte sie Recht. „Da bin ich ja beruhigt. Ich dachte, das wäre der Grund, warum du so sauer darüber bist, dass ich hier bin, also hier in deinem Zimmer.“

„Naja, so ganz normal ist das ja auch nicht.“

„Aber du hast dich schon ziemlich angestellt!“

Widerstreben musste ich das zugeben. „Jaa, du hast aber auch eine Art, Einen auf die Palme zu bringen...“

„Du meinst, weil ich nicht so brav kusche, wie die meisten Weibchen, die du kennst?“

Ich ging nicht direkt auf diese Spitze ein, nutzte sie aber statt dessen für meine nächste Frage. „Nicht böse sein, aber wenn du nicht so gut auf diese Weibchen zu sprechen bist, warum ziehst du dich dann an wie eines?“

Sie schwieg und ich fürchtete schon, das nächste Kriegsbeil ausgegraben zu haben. Endlich kam eine Antwort von ihr. „Warum sollte ich denn nicht?“

„Häh?“

„Warum sollte ich unbedingt mit Macht verbergen, dass ich mit Leib und Seele gerne eine Frau bin? Dass ich mich weiblich fühle, auch wenn mein Verstand besser funktioniert als der von vielen führenden Männern in der Welt? Etwa nur deswegen, weil eben diese Männer damit so ganz und gar nicht zurecht kommen?“

Sie holte tief Luft. Den Vortrag hielt sie offenbar nicht zum ersten Mal, aber ihr Ton blieb relativ ruhig. „Nur weil Titten entweder für doof oder für 'leicht zu haben' stehen, soll ich sie unter weiten Pullis verbergen? Weil eventuell irgendein Kerl in der Nähe seine Gier nicht unter Kontrolle hat, muss ICH dafür sorgen, dass er gar nicht erst in Versuchung kommt? Darf eine Frau nicht klug sein UND hübsch daher kommen?“

Kein Zweifel, sie hatte ja Recht. In meiner geistigen Umnachtung hatte ich engstirnig wie ein Macho gedacht.

„Sieh dich doch an“, fuhr sie fort, „du bist gut gebaut, siehst gut aus“, ich schluckte das verborgene Kompliment mit Wohlgefallen, „würdest du auf die Idee kommen, dich in weite Säcke zu hüllen, damit die Leute deine Intelligenz nicht in Zweifel ziehen?“

Die Vorstellung brachte mich zum Lachen. „Hör auf, du hast ja Recht.“ Ich richtete mich auf und sah gezielt zu ihr rüber. „Ich möchte mich in aller Form für meinen Faux Pas entschuldigen!“

„Angenommen.“

„Und jetzt gehen wir duschen.“

„Was?“

„Ach komm, ich hab mich schon so daran gewöhnt... Außerdem können wir dann weiter quatschen.“ Was mich da ritt, wusste ich selber nicht, aber so wollte ihr Etwas in mir vielleicht beweisen, dass ich in ihr die gleichwertige Kollegin sah und gleichzeitig, dass ich eben nicht der abscheuliche Womanizer war, für den sie mich zu halten schien. Okay, ich hatte einen Schlag bei den Frauen. Aber sooo schlimm war ich nun auch wieder nicht!

„Na gut! Wer zuletzt dort ankommt, ist Isaac Newton!“, rief sie und rannte zur Tür. Kaum dass sie durch war, war ich auch schon hinter ihr und wir liefen gleichauf, ausgelassen wie kleine Kinder. Kurz vor dem Ziel versuchte sie mich abzudrängen, doch ich fing sie ab und warf sie mir kurzerhand über die Schulter.

Im Duschraum warf ich wieder einmal das kalte Wasser zuerst an, diesmal, um meine Gefangene darunter zu halten. Sie quiekte und strampelte pflichtgemäß, hielt aber plötzlich still, als ich gnadenhalber das Wasser wärmer drehte. Dann setzte ich sie ab und wir lachten, als wir unsere nassen Klamotten sahen und fühlten.

„Uäh“, machte Kate dann und schälte sich aus ihrem nassen Pyjama, während auch ich mich ganz ungezwungen von meiner Boxershorts trennte. Sie hielt nun das Gesicht in den Wasserstrahl, was mir die Gelegenheit gab, sie wirklich genau an zu sehen. Was für ein Körper! Gottseidank hatte ich meinen Blick wieder oben, als sie mich plötzlich wieder ansah und lachte.

„Und, gefällt dir was du siehst?“ In jeder anderen Situation hätte das ungemein verfänglich geklungen, hier komischerweise nicht. Vielleicht wegen ihres Vortrags vorhin. Deswegen nickte ich einfach schlicht.

„Ja Kate, du hast einfach eine fantastische Figur.“

„Danke. Du kannst dich übrigens auch sehen lassen.“

Okay, doch wieder Zeit für den Kaltwasserhahn! Ich drehte mich etwas weg und suchte ein unverfänglicheres Thema.

„Wie kann ein Mensch denn eigentlich so perfekt sein? Super intelligent, super hübsch, wo ist der Haken?“, neckte ich sie aus der Sicherheit des kräftigen Strahls, unter dem die leichte Erregung, die mich überkommen hatte, langsam abklang.

„Muss es denn da einen geben? Aber du hast Recht“, sagte sie, während sie sich einseifte, was ich jetzt zum Glück wieder gefahrlos mit ansehen konnte, „und du hast es ja auch schon kennen gelernt. Ich bin aufbrausend und stur, lasse mich allzu leicht provozieren... Manchmal bin ich mit Anderen, nicht so, hm, begabten, zu ungeduldig, sage zu oft, was ich denke... Ach ja, und ich kann nicht kochen!“

„Verdammt! Das gibt ja dem Ganzen den Todesstoß!“, grinste ich, inzwischen wieder locker. „Also haben sie es euch im Waisenheim nicht beigebracht?!“ Zugegeben, das war ein Test, wie unverkrampft sie über dieses Thema reden konnte. Sie enttäuschte mich nicht.

„Oh, sie haben es versucht, aber bei mir ist da einfach nichts hängen geblieben. Ich hab lieber über meinen Bücher gebrütet.“

Inzwischen war sie fertig, drehte das Wasser ab und sah mich etwas ernster an. „Ich kann gar nicht sagen, was für ein Glück ich hatte, ausgerechnet in diesem Heim auf zu wachsen. Es war nicht kirchlich oder staatlich, sondern privat und humanistisch. Man legte es nicht so zwingend darauf an, Klischees zu fordern, sondern mehr darauf, Talente zu fördern.“

„So ein Glück! Darf ich fragen, wie es überhaupt kam, dass du dort warst? Und anscheinend nicht adoptiert wurdest?“

„Ja, warum nicht? Ist ja schon ein paar Tage her.“ Doch an der Art, wie sie sich jetzt in ihr Handtuch einwickelte, irgendwie trostsuchend, meinte ich zu erkennen, dass es trotzdem nicht einfach für sie war. Sie fing meinen Blick auf und lächelte nun [b]mich[/b] tröstend an. „Keine Sorge, ist wie eine Therapie für mich. Auch wenn es mich manchmal traurig macht.“

So erzählte sie, während wir wieder zurück in unser Zimmer gingen, folgendes: „Also die Kurzfassung ist, dass ich die ersten zwei Jahre mit meinen Eltern aufgewachsen bin. Dann gab es einen Unfall, einen Brand, bei dem sie ums Leben kamen. Leider gab es keine Verwandten, zu denen ich gekonnt hätte.“

Sie kannte die Frage, die sich meist daraus ergab, scheinbar schon: „Also, es gab Verwandte, aber die wollten kein kleines Kind bei sich aufnehmen.“ Das hatte sicher weh getan, doch der Hammer kam noch. „Und als ich eigentlich alt genug war, erschien ich ihnen zu dickköpfig und schlecht erzogen. Wie auch ein paar anderen Adoptionswilligen. Die wollten lieber die Klischeemädchen. Aber denk dir nichts, ich glaube, das wäre so oder so nicht gut gegangen.“

Trotz ihrer Abgeklärtheit spürte ich die Trauer hinter ihren Worten und musste an meine Kindheit denken. In dem kleinen, aber feinen weißen Häuschen, dem Apfelkuchen meiner Oma und den ausgelassenen Verwandtenbesuchen an den Sonntagen. Ich musste unbedingt mal wieder meine Mutter anrufen!

Wir waren im Zimmer angekommen und zogen uns an. Kate schüttelte sich wie ein nasser Pudel. „Jetzt aber genug davon, ich sollte mich nun besser auf meinen Vortrag konzentrieren.“

„Verträgst du ein Frühstück vorher? Ich meine, ein richtiges, keines aus der Kantine?“

Überrascht sah sie mich an. Heute trug sie ein Kostüm, das absolut nicht steif wirkte, dazu sehr hübsche Pumps. „Hast du nicht eigentlich genug von mir? Jetzt auch noch frühstücken?“

Ich zuckte die Achseln. „Na, jetzt kommen wir uns doch grade näher. Da können wir doch auch wie zwei Freunde miteinander frühstücken, oder nicht?“

Sie sah kurz weg, dann wieder zu mir her. „Freunde, das klingt sehr nett! Dann mal los!“

So kam es, dass wir im Diner frühstückten und uns dabei weiter aus unseren Leben erzählten. Sie schien sehr angetan von den fast schon kitschigen Anekdoten aus meiner behüteten Kindheit, während sie manch lustige Geschichte aus dem Heimalltag zu erzählen wusste.

Irgendwann sah ich auf die Uhr. „Oweh, du solltest dich beeilen!“

Für einen Moment verdunkelte sich ihr Gesicht. „Kommst du denn nicht?“

Empört sah ich sie an. „Wie könnte ich mir das entgehen lassen!! Aber ich mach hier noch die Rechnung klar, du allerdings solltest nicht zu spät kommen!“

Sie hüpfte aus der Bank, hauchte mir einen Dankeskuss auf die Wange und lief aus dem Diner. Nicht nur meine Blicke folgten ihr.

Der Vortragssaal, obgleich eh schon der größte im Campus, platzte schier aus allen Nähten. Abgesehen von der kompletten physikalischen Fakultät – und ich meine komplett! - waren außerdem fast alle Dozenten der übrigen, auch der sprachlichen, Fakultäten anwesend. Dazu kamen noch unzählige Studentinnen und Studenten.

Während ich mich durch die wartende Masse wühlte, bekam ich viele Gesprächsfetzen mit, die mich zum Teil sehr erzürnten. Auch wenn sie viel von dem wiedergaben, was ich selber noch vor zwei Tagen gedacht hatte, oder vielleicht gerade deswegen.

Die weiblichen Studenten waren überwiegend der Meinung, dass sie sich für eine Dozentin zu auffällig kleide, sogar die, welche selber in äußerst knappen Kleidchen da standen. Eine von ihnen war die Kleine, die mich vor kurzem noch wegen der Fachbegriffe ausgefragt hatte und mir nun ein hinreißendes Lächeln schenkte. Ich ging jedoch nicht darauf ein und fragte statt dessen, wieso sie Miss Fielder so einschränken wolle?

„Ach ich weiß auch nicht“, fiepte sie mit Augenaufschlag, „sie ist doch nicht mehr so jung, und als weibliche Dozentin...“ Sie kicherte und ich drehte mich angewidert weg.

Meine Geschlechtsgenossen waren um keinen Deut besser. Viele erwarteten im Übrigen, dass sie sich mit Sicherheit nachher fürchterlich blamieren würde. Inzwischen war ich mir so sicher wie das Amen in der Kirche, dass dies keineswegs der Fall sein würde, das traf es sich hervorragend, als mich plötzlich der Rektor an der Angel hatte.

„Dr. Petersen, Gottseidank! Ich kann Ihre Kollegen nicht finden-“, kein Wunder, sie winkten mir gerade von der Mitte des Hörsaals aus zu, „-aber es wäre doch nett, wenn einer von Ihnen ein paar Worte zur Einleitung sagen würde. Ich weiß, das kommt etwas plötzlich, aber-“

„Nein, keine Sorge, das mache ich gerne.“ Was für eine Gelegenheit!

Schnurstracks marschierte ich auf das Pult zu, in dessen Nähe Kate geduldig saß und auf ihren Einsatz wartete. Meine nun folgende Rede aus dem Stegreif ging dann in die Analen der Uni ein, denn in ihr griff ich alles auf, was sich in den letzten Tagen hinter Kates Rücken so abgespielt hatte. Ich ließ auch mein eigenes Denken nicht aus und warb für meine neu gewonnene Überzeugung, dass sich natürliches Verhalten, schicke Kleidung und messerscharfer Verstand nicht nur [b]nicht[/b] gegenseitig ausschließen würden, sondern sich im Gegenteil in der Person der Rednerin vereinten, die ich nun ans Pult bat.
„Dr. Kate Fielder!“

Mit einem leisen Lächeln kam sie nach vorne, dankte mir und wandte sich an den Hörsaal.

„Sie müssen entschuldigen, eine solche Laudatio ist auch für mich neu! Ich bin aber dankbar, dass Dr. Petersen es so mutig und offen ausgesprochen hat, daher hier noch ein kleiner Appell an alle Studentinnen in üblicherweise mehr männlich geprägten Fächern: Lasst euch nicht verbiegen!“

Ein weiterer kleiner Applaus brandete auf, dann bewegte sie beschwichtigend die Hände. „Jetzt wollen wir aber zum Eigentlichen kommen...“

Ihr dann folgender Vortrag haute nicht nur mich aus den Socken, obwohl ich doch vom Fach war, sondern eigentlich alle Anwesenden. Sie schaffte es noch besser als Brian Greene, die Anfänge der Quantenphysik, deren Probleme im Aufeinandertreffen mit der Relativitätstheorie sowie die daraus resultierende Suche nach der einheitlichen Feldformel in so verständliche Form zu packen, dass sich wahrscheinlich auch Ryan nun für einen ausgebildeten Physiker hielt.

Dann aber holte sie den Hammer der Stringtheorie heraus, garniert mit den neuesten Erkenntnissen der Schleifenquantengravitation und machte damit geschickt klar, dass es eben doch Dinge gab, die nur wir Physiker verstehen konnten.

Nach dem Ende ihres Vortrags tobte der Saal, die Pulte brachen unter dem Geklopfe fast zusammen, wer keinen Sitzplatz hatte, applaudierte und johlte. Rektor Toeger ergriff noch einmal das Wort und ergänzte, wie froh er war, eine solche Koryphäe nun an seiner Uni zu wissen. Anschließend wurde Kate so mit Beschlag belegt, dass wir uns wohl erst wieder in unserem Zimmer treffen würden.

4. Akt: Arie


Unser Zimmer. Wie leicht es mir jetzt fiel, so zu denken! Im Ernst, ich konnte mir dieses Zimmer schon gar nicht mehr ohne sie vorstellen. Ich fühlte mich so gut wie nie, endlich mal auch eine Freundin unter den Frauen gefunden zu haben, die sich nicht albern und kokett benahm und mir überdies intellektuell gewachsen war. Oder sogar über, aber das war mir egal.

Vielleicht wurde ich ja doch langsam reif? Konnte wie in 'Father & Son' daran denken, mich niederzulassen und eine Familie zu gründen? Komisch nur, dass die Kinder in meiner plötzlich vor mir auftauchenden Phantasie alle graue Augen und dunkelblonde Haare hatten.... Unwillig schüttelte ich den Kopf. Vielleicht hatten wir in den letzten Tagen doch etwas zu viel Zeit miteinander verbracht.

Trotzdem war ich enttäuscht, dass sie noch nicht im Zimmer war, als ich heimkam; es war allerdings auch noch früh. Den ganzen Tag war es immer heißer geworden und ich war froh, als durch das weit geöffnete Fenster eine kühle Brise wehte, vielleicht die erste Ankündigung eines Gewitters. So streckte ich mich lang auf meinem Bett aus und döste vor mich hin, bis ich endlich die Tür gehen hörte.

„Puh“, schnaufte sie, „was für ein Tag!“, dann hörte ich ihr Bett knarzen und drehte mich zu ihr.

„Du warst aber auch großartig. Ich habe direkt noch was gelernt!“

„Arsch!“, kam es liebevoll uncharmant von drüben und ich lachte.

„He, nimm doch mal ein Kompliment an!“

„Davon habe ich heute weiß Gott genügend bekommen. Aber von dir weiß ich wenigstens, dass es echt sein muss, weil du mich eigentlich nicht leiden kannst“, murmelte sie müde, doch ich schreckte wie elektrisiert hoch.

„Also das ist jetzt unfair! Ich ging eigentlich davon aus, dass wir das heute Morgen endgültig geklärt hätten. Und dass wir – Freunde wären.“ Kaum zu glauben, wie sehr mich ihre Worte wirklich getroffen hatten!

„Wirklich? Freunde?!“

„Ja. Wenn du magst.“

„Natürlich!“ Nach einer Pause fügte sie an. „Das ist ein schönes Gefühl, hier einen Freund zu haben.“

„Und nicht nur Speichellecker“, vollendete ich die Sentenz für sie.

„Yepp. Chris, du kennst mich schon erstaunlich gut.“

Etwas plumpste auf den Boden und sie gab ein geradezu obszönes Stöhnen von sich. Gerade rechtzeitig fiel mir ein, dass sie sich wohl gerade ihrer Pumps entledigt hatte. Dann stand sie auf, zog auch den Rest des Kostüms aus und fiel gleich wieder ins Bett.

„Gute Nacht!“, hörte ich sie noch murmeln und schon kurz danach war sie eingeschlafen.

Blieb mir nichts anderes übrig, als mich ebenfalls inmitten der schönen Brise Morpheus Armen anzuvertrauen. Doch mitten in der Nacht weckte mich ein lauter Donner, aus der kühlen Brise war ein ausgewachsenes Gewitter geworden. Ein Blitz zuckte und sofort darauf donnerte es erneut, das Zentrum war anscheinend direkt über uns. Gerade wollte ich mich wieder gemütlich eindrehen, da stand plötzlich eine Gestalt vor mir und rüttelte an meiner Schulter.

„Chris! Chris!! Bitte wach auf, du musst mich zu dir ins Bett lassen, ich hab solche Angst!“

Es war tatsächlich Kate, die da schlotternd an meinem Bett stand. Wieder krachten Blitz und Donner beinahe gleichzeitig und in der kurzen Helligkeit konnte ich sehen, wie kreideweiß sie im Gesicht war.

Sie schrie leise auf und ehe ich Ja oder Nein sagen konnte, war sie schon unter meine Bettdecke geschlüpft. Dort rollte sie sich mit dem Rücken zu mir zu einem kleinen Ball zusammen, hörte dabei nicht auf zu zittern. Der nächste Blitz brachte sie dazu, sich die Decke über den Kopf zu ziehen.

Vollkommen perplex zog ich die Decke wieder weg und legte den Arm um sie. „Sht, ist ja gut, ich bin ja da“, murmelte ich leise und begann, die schocksteife Gestalt meiner kleinen Zimmergenossin sanft zu wiegen.

„Hey, du bist ja ganz steif vor Angst! Entspann dich mal, Kate!“, redete ich weiter auf sie ein. Langsam wurde sie etwas lockerer und ich begann, die Wärme ihres Körpers überdeutlich an meinem zu spüren.

„Es tut mir leid“, begann sie, doch der nächste Blitz brachte sie wieder zum Schweigen. Zum Glück brauchte der Donner diesmal länger, das Gewitter schien uns langsam zu verlassen.

Ohne, dass ich es wollte – wir hatten uns doch gerade auf Freundschaft geeinigt! - fühlte ich eine tiefe Zärtlichkeit in mir für Kate aufsteigen. Nichts Schlimmeres, wie könnte ich an so etwas denken, wie sie so ängstlich und schutzsuchend da in meinen Armen lag!

Ich versuchte es mit einem kleinen Scherz. „Was soll das denn überhaupt, ein Physiker, der Angst vorm Gewitter hat!“

„Junge, hab ich den schon oft gehört!“, seufzte sie, schien aber etwas auf zu tauen. „Ich weiß auch, dass das eigentlich vollkommener Quatsch ist, aber Ängste sind nun mal bekannt dafür, irrational zu sein. Iek!“ Das letzte galt dem erneuten Blitz, so dass ich sie unwillkürlich enger in den Arm nahm.

Den Anderen streckte ich so aus, dass Kate ihn bequem als Kissen benutzen konnte, worauf hin sie sich wieder etwas entspannte.

„Da hast du natürlich wieder Recht“, flüsterte ich leise. „Denkst du, du kannst jetzt ein wenig schlafen?“ Sie streckte sich etwas aus und ich spürte ihre nackten Beine an meinen.

„Hmhm“, machte sie und schien tatsächlich langsam weg zu dösen.

Ganz allmählich schlief auch ich wieder ein, mit einem, wie ich noch spürte, idiotisch glücklichem Lächeln auf den Lippen. Dann war auch ich weg.

Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten mich im Gesicht und daher wusste ich, es war noch etwas Zeit bis zum Aufstehen, wollte mich noch einmal umdrehen, als mir, auch sehr körperlich, bewusst wurde, ich war ja nicht allein in meinem Bett! Ich lag nun auf dem Rücken und Kate lag an meine Seite geschmiegt, ihr Kopf in meiner Armbeuge, eine Hand lag auf meiner nackten Brust.

So nahe und so genau hatte ich sie bisher noch nie betrachten können. Ihr Gesicht war fein geschnitten, hatte jedoch für ihr junges Alter überraschend – wie alt war sie eigentlich genau? - bereits feine Linien um die Mundwinkel, was man aber jetzt, wo sie entspannt schlief, kaum sah. Die Nase war gerade, keine Modelnase, aber doch eben richtig, die Augen hatten ungefärbte, nicht allzu lange Wimpern.

Und trotzdem erschien Kate mir in diesem Moment als die schönste Frau der Welt und als Reaktion darauf begann mein Herz heftiger zu schlagen.

Ob sie davon wach geworden war? Jedenfalls begann sie sich nun zu regen, streckte sich erst und zog sich dann zusammen, presste für einen kurzen Moment ihr Gesicht tiefer in meine Armbeuge - und zuckte dann erschrocken hoch.

Verwirrt sah sie mich an, doch ich lächelte beruhigend. „Alles in Ordnung. Du hast nur gestern Nacht Schutz bei mir gesucht. Wegen des Gewitters.“

„Ach ja.“ Kraftlos ließ sie wieder auf meinen Arm sinken, den ich sofort um ihr Schulter legte. „Tut mir leid, wenn ich dich belästigt habe.“

Ich musste grinsen. „Kein Problem.“

„Du wunderst dich sicher...“

„..dass du Angst im Gewitter hast?“

„Um genau zu sein, nur noch ein Häufchen schlotterndes Elend vor lauter Angst bin, sobald es donnert. Ja, genau das.“

Intuitiv versuchte ich das Ganze auf der nur halb ernsten Ebene zu halten. „Ich gebe zu, der Gedanke ist mir gekommen.“

Der und inzwischen alle möglichen weiteren, da sie so eng bei mir lag und auf so unaufdringliche Art und Weise so unerhört weiblich war. 'Reiß dich zusammen, Chris!'[[/i], ermahnte ich mich und meinte damit vor allem meinen kleinen Freund. Leider, oder glücklicherweise, drehte sich Kate nun auf den Rücken. Ihr Kopf lag allerdings noch immer auf meinem Arm und ihr Haar fühlte sich weich darauf an.

„Die Geschichte dahinter ist eigentlich ganz einfach: Der Brand, bei dem mein Vater und meine Mutter starben, wurde durch einen Blitzschlag verursacht. Es war ein altes Haus, in das wir, so hat man mir erzählt, erst sehr kurz vorher eingezogen waren. Anscheinend hatte es keinen Blitzableiter und mein Vater war wohl noch nicht dazu gekommen, einen zu installieren.“ Sie seufzte, ganz in Gedanken.

„Die Leute sagen, es sei eh ein Wunder, dass ich überlebt hätte. Die Schlafzimmer waren im 2. Stock und der Brand hatte den Weg über die Treppe sehr schnell abgeschnitten. Meine Eltern sind da oben erstickt, während man mich weinend unten auf dem Rasen fand. Vielleicht hatte mein Vater oder meine Mutter mich aus dem Fenster geworfen, in der Hoffnung, mein junger Körper würde den Sturz in Verbindung mit dem feuchten, weichen Gras überstehen. Und ich war tatsächlich bis auf ein paar Prellungen unverletzt, konnte und kann mich aber an gar nichts erinnern.“

Ihre Stimme klang dunkel, abgeklärt, aber instinktiv wusste ich, dass es ihr doch weh tat, darüber zu reden und hob deshalb meine Hand, um ihr einmal liebevoll über die Wange zu streichen.

Noch immer in Gedanken redete sie weiter. „Wie gesagt, ich habe keine bewussten Erinnerungen an jene Nacht. Aber mein Unterbewusstsein hat sie anscheinend noch, denn es begann schon mit dem ersten Gewitter ein paar Monate nach meiner, ähm, Ankunft im Waisenheim. Ich bin schier ausgeflippt vor Angst. Und so ist es, mit mehr oder weniger schlimmen Ausprägungen, bis heute geblieben. Wenn ich unter Stress stehe, habe ich es kaum unter Kontrolle.“

„Und im Moment stehst du unter Stress?“

Sie zuckte leicht die Achseln. „Na ja, die Schließung meiner Gruppe, neuer Anfang hier, mein Vortrag und deine Reaktion auf meine Ankunft hier... da kann man schon mal unter Stress geraten“, meinte sie wie beiläufig, während ich schuldbewusst zusammen zuckte.

„Es tut mir leid, dass ich so garstig zu dir war“, murmelte ich leise, doch sie hob den Kopf und sah mich an.

„Ach lass mal, im Grunde hat es sogar Spaß gemacht, so die Klingen mit dir zu kreuzen.“

Ich richtete mich auf und drehte mich zu ihr. „Echt?!“

„Ja, wo findet man schon sonst einen ebenbürtigen Gegner, mit dem man so schön streiten kann? Ist doch ein prima Mittel, um Dampf ab zu lassen. Auch wenn ich es noch schöner finde, dass wir jetzt befreundet sind.“

Ich war inzwischen halb über sie gebeugt und wusste, ich wollte, musste sie jetzt küssen. Auch Kate lag plötzlich voller Spannung da und sah mir in die Augen, machte jedoch keine Anstalten auszuweichen, als ich langsam näher kam. Um so größer war unser beider Schreck, als es nun auf ein Mal heftig an die Tür wummerte.

Wir spritzten auseinander, als hätte man uns bei wer weiß was ertappt, dabei waren wir doch erwachsene, unabhängige und selbständige Menschen, die niemandem Rechenschaft schuldig waren. Obwohl, von ihr wusste ich ja nicht einmal das! Mit ein paar geschmeidigen Bewegungen war Kate in ihr Bett gehüpft, während der ungebetene Besucher erneut laut klopfte.

„Miss Fielder? Dr. Fielder, sind sie da? Der Rektor schickt mich, ich soll Ihnen was ausrichten.“

Wütend sprang ich aus dem Bett und riss die Tür auf.

„Warum ruft er dann nicht einfach an!?“, polterte ich und der kleine Student, den ich flüchtig aus einem meiner Seminare kannte, duckte sich furchtsam.

„Das weiß ich nicht, Dr. Petersen. Ähm, ich suche eigentlich Dr. Fielder...“

Mit Schwung stieß ich die Tür nun ganz auf und er sah mit großen Augen Kate in ihrem Bett, meines auf der anderen Seite, aber auch die Trennwand in der Mitte. Ich beschloss, das Ganze so normal wie nur möglich wirken zu lassen.

„Ja, bis irgendwo etwas frei wird, wohnt Dr. Fielder ja bekanntlich bei mir. Was haben Sie denn für sie?“

Immer noch eingeschüchtert und irritiert hielt er einen Umschlag hoch. „Die- Diesen Brief“, stotterte er und ich streckte die Hand danach auf.

„Darf ich ihr den übergeben oder erwarten Sie, dass sie aus dem Bett zu Ihnen kommt?“

„Was?!? Nein nein, hier bitte, geben Sie ihn ihr. Auf Wiedersehen.“ Damit drückte er mir den Brief in die Hand und war wie der Blitz verschwunden.

Kopfschüttelnd schloss ich die Tür und wedelte mit dem Umschlag in der Luft. „Liebling, die Post ist da!“, rief ich scherzhaft halblaut, als ich an ihr Bett trat. Doch ich hatte wohl etwas Falsches gesagt, ihrem Blick nach zu urteilen.

„Jetzt gib schon her.“ Ich gab ihr das Ding und verzog mich noch einmal auf mein Bett. Während sie las, ging ich die letzten Minuten vor der Unterbrechung noch einmal durch.

Um ein Haar hätte ich sie geküsst und ich wusste, es wäre wunderschön gewesen, zumal auch Kate nicht abgeneigt schien. Doch was wäre dann wohl passiert? Wir beide, eh schon halb nackt in einem Bett? Hätte ich mich zurück halten können? Oder hätte ich mein Macho-Image weiter zementiert, indem ich sie-

Halt, nicht weiter auf dumme Gedanken kommen! Drüben raschelte Kate mit dem Brief und die gesamte Szene hatte so etwas verdammt friedliches an sich, dass ich beschloss, es sei vielleicht doch besser, wenn wir unsere Beziehung auf der neu gewonnenen freundschaftlichen Ebene ließen...

„Ist das zu fassen?!“, hörte ich jetzt von ihrer Seite. „Da kommt eine Neue daher, hält einen kleinen aber großspurigen Vortrag und schon sind alle Erfolge, welche die hiesigen Physiker haben, total vergessen.“

Ja, dieser Hang zur Selbstironie, auch wenn sie mich damit in den ersten Tagen beinahe abgeschossen hätte, war unbedingt ein äußerst liebenswerter Zug an ihr, ebenso wie der Wille, auch anderen Talenten Geltung zu verschaffen.

„Meinst du damit John, Steve, Sid und mich?“, hakte ich nach.

„Natürlich! Hör dir das an, der Bürgermeister bittet, ich zitiere, 'das jugendliche Ausnahmetalent Dr. Kate Fielder' zu einem kleinen Empfang, der dazu noch im lokalen Fernsehsender übertragen werden soll!“

„Wow.“

„Ja, wow. Das ist doch gemein euch gegenüber.“ Sie sah mich schmunzeln. „Oder?“

„Ach ich weiß nicht, so schlimm sehe ich das nicht. Wir hier machen Alltagsgeschäft, haben keinerlei wahrhaftige Durchbrüche erzielt, während du aus einer namhaften Forschungsgruppe kommst. Und eine aufregende neue Theorie im Gepäck hast. Von der unser lieber Bürgermeister natürlich nicht einmal die Hälfte versteht, aber einen guten Sinn für Publicity hat.“

Sie hockte mit angezogenen Knien auf ihrem Bett. „Ich hoffe nur, deine Kollegen sehen das genau so.“

„Wenn nicht, werde ich ihnen das schon einbläuen“, brummte ich, worauf sie lachen musste.

„Du meinst also, ich soll annehmen.“

„Ehrlich gesagt glaube ich nicht mal, dass du eine Wahl hast.“

„Stimmt.“ Eine Gebilde wie unsere Lehrstatt war nie fertig, nie unabhängig und nie darum verlegen, jedwede Publicity zu nutzen, wenn es potentielle Geldgeber locken konnte. Insofern würde Kate sich sehr viele Feinde im Falle einer Absage machen.

Sie seufzte leise. „Ich wünschte, ich hätte mehr Charakter.“

Zeit für einen aufmunternden Witz. „Schätzchen, tun wir das nicht alle!? Dein 'Charakter' steht dir aber sehr gut.“

Das Kissen, das ich nun an den Kopf bekam, überraschte mich dann doch.

„Du bist halt doch ein Chauvi!“, rief sie dazu, aber ganz klar diesmal nur im Scherz. „Was ist, gehen wir jetzt duschen?“

Verdutzt sah ich auf die Uhr. „Aber diesmal haben wir doch genug Zeit, um...“

„Stell dich nicht so an. Du möchtest doch meinen Charakter gerne sehen, oder?“

Diese Frau machte mich einfach fertig! Was für eine Traumfrau, hübsch, klug und so natürlich im Umgang mit gesellschaftlichen Konventionen, dass sie diese einfach vom Tisch fegte. Ob sie sogar Interesse an einem Rülpswettbewerb hatte? Das war jedenfalls Johns bisherige Definition einer Traumfrau gewesen!

Anfangs fühlte ich mich dann doch etwas befangen, aber wir blödelten so fröhlich vor uns hin, dass die Kumpanei von gestern schnell wieder gefunden war.

Zurück im Zimmer sah mich Kate nachdenklich an. „Ich habe eine Idee. Kannst du Steve und John schnell erreichen?“

Ich nickte und sie erläuterte mir ihren Plan. Der versetzte mich in Staunen und mir war klar, im Sinne von Rektor Toeger war er nicht, aber sie bestand darauf. Also rief ich meine Freunde an und wir verabredeten, uns vor den Vorlesungen noch rasch im Labor zu treffen.

Nach diesem Treffen eilte jeder zu seinen Vorlesungen und ich war richtig froh, als mich ein paar Fragen meiner Studenten richtig forderten und damit endlich einmal gründlich ablenkten. So hatte die Nervosität erst wieder eine Chance, als wir uns zur Dritt vor dem Fernsehstudio trafen, Kate, Steve und ich. John hatte freiwillig verzichtet, war aber ansonsten mit Kates Plan einverstanden, uns als Gruppe vorzustellen.

Ganz im Gegensatz zu Rektor Toeger, der kurz darauf mit Bürgermeister Kelly ankam. „Da müssen Sie etwas falsch verstanden haben“, säuselte er, doch Kate zog ihn entschlossen zu Seite.

Sie hatte sich offensichtlich noch einmal umgezogen und sah einfach fantastisch aus. Wir konnten nicht hören, was sie mit Toeger besprach, aber man konnte sehen, wie er unter ihren Argumenten und der leicht auf seinen Arm ruhenden Hand langsam weich wurde. Schließlich schlenderten Beide wieder auf uns zu. Kate strahlte einmal mehr übers ganze Gesicht.

„Nun gut, Dr. Fielder hat mir klar gemacht, dass sie ihre Arbeit nun einmal nicht als Einzelleistung erbringen kann und dass immer die Gruppe als Ganzes gesehen werden sollte.“ Er räusperte sich jetzt. „Im Vertrauen, ich weiß das, aber verstehen Sie auch mich, wann hat man schon mal, nun ja...“

Ich beschloss, den Mann zu erlösen. „Keine Sorge, wir wissen sehr gut, was Sie meinen. Und wir wären auch nicht hier, wenn Dr. Fielder uns nicht ausdrücklich darum gebeten hätte. Aber wir werden uns eher im Hintergrund halten, in Ordnung?“

Auch Steve nickte dazu und Toeger atmete erleichtert auf.

„Vielen Dank!“

Dann waren wir auch schon drinnen und der Bürgermeister führte ein äußerst triviales kleines Interview mit Kate, das wirklich nur Bezug auf sie als Frau und ihre Figur nahm.

So gut kannte ich sie schon, dass ich sehen konnte, wie ihr unmerklich die Galle hoch kam. Und dann lenkte sie freundlich, aber bestimmt das Gespräch auf ihre Arbeit, verwies dabei ab und zu auf uns. Dabei machte sie das aber so geschickt, dass Kelly immer noch meinte das Gespräch zu leiten, während doch längst sie das Heft an sich gerissen hatte!

Sie schaffte es sogar, ihn zu einem deutlichen Appell an alle junge Mädchen zu verleiten, den Gang an die Uni in naturwissenschaftliche Fächer nicht zu scheuen. Und das, wo auch er eher einen chauvinistischen Ruf hatte.

Vergnügt verließen wir den Aufnahmeraum. Während Kate sich die Nase pudern ging, wie man so schön zu sagen pflegte, nahm Steve mich kurz zur Seite.

„Sag mal, läuft da was zwischen dir und der Kleinen?“

„Nenn sie nicht so, sie ist unsere Kollegin.“

Er verdrehte die Augen. „Das sind ja ganz neue Töne! Also?“

„Nein! Also ja, aber nicht was du denkst“ 'Jedenfalls noch nicht.' „Wir haben uns ein wenig angefreundet, nachdem ich mich für meine Patzigkeit entschuldigt habe.“

„Soso.“ Nachdenklich trat er einen Schritt zurück. „Wenn du meinst... ich denke, ich werde es dann aber doch lieber sein lassen...“

„Was sein lassen?“, fragte Kate, die gerade zurück kam.

Steve sah sie etwas länger an, warf mir einen kurzen Seitenblick zu und lachte dann. Offenbar verwarf er gerade seine Anbaggerpläne in Bezug auf Kate.

„Eine Karriere im Fernsehen anzustreben! Da bleibe ich lieber bei meinem Quantenschaum.“ Er reichte ihr die Hand. „Danke für deine Idee, Kate. Wir sehen uns dann morgen im Labor.“ Mir nickte er nur zu und stapfte dann aus dem Studio. Etwas verwirrt sah Kate ihm nach.

„Oh muss er schon gehen? Ich dachte, wir gehen vielleicht noch was essen?“

Etwas hilflos zuckte ich mit den Schultern, da fiel mir etwas ein. „Er hat halt noch etwas zu tun. Aber soweit ich mich erinnere, habe ich noch ein Essen beim Italiener bei dir gut, oder?“

Ihre Miene hellte sich wieder auf. „Ja natürlich! Ich hoffe, du kennst einen Guten.“

„Doch, keine Sorge“, sagte ich und öffnete die Tür.

5. Akt: Ensemble


Und lief mitten in eine Kakophonie von kreischenden Teenies, wie es mir vorkam. Dabei waren es nur ein paar Studentinnen der Uni, welche die Liveübertragung gesehen hatten und nun hier hinter dem Fernsehsender warteten.

Leider nicht auf Kate, die Doktorin, die versuchte, ihnen Mut zu machen. Sondern auf mich.

Jetzt holte mich mein Ruf und, zugegeben auch mein Benehmen im letzten Jahr, endgültig ein. Es stimmte ja doch, ich war als Womanizer und Campus-Casanova verschrien, auch wenn ich es nie darauf angelegt hatte. Allerdings hatte ich auch keine sich bietende Gelegenheit ausgeschlagen...

Normalerweise hätte es mir auch sehr geschmeichelt, dass die Mädels trotzdem noch nicht genug von mir hatten und mich anscheinend so attraktiv fanden, dass sie jetzt hier Spalier standen wie für einen Rockstar.

Im Nu hatten sie mich umringt, die Szene war einfach unglaublich surreal. Nur der Blick, den ich von Kate auffing, war es nicht. Der war äußerst real und äußerst – abfällig, enttäuscht und geradezu angewidert. Verzweifelt versuchte ich der kleinen Schar Herr zu werden.

Eigentlich waren es nur sechs bis sieben Frauen, davon ein paar, die mich nur anhimmelten, sowie ein paar, die ich bereits einmal erobert hatte. Mit einer von ihnen sprach Kate nun zu meinem Entsetzen.

Entschlossen stampfte ich auf und schickte alle nach Hause, an ihre Schreibtische oder in ihre Seminare.

Endlich hatten sich die schnatternden Gänse, wie ich sie wütend bei mir nannte, verzogen und nur noch Kate stand in der Nähe der Tür, mit ihrer Tasche fest im Griff und einem verkniffenen Gesichtsausdruck.

„Sollen wir dann?“, rief ich betont munter und sie zuckte mit den Schultern.

„Wenn du es ohne deinen Fanclub schaffst“, ätzte sie und mir platzte der Kragen.

„Himmel, ich weiß doch auch nicht, was das gerade eben war. Und ja, ich war kein Kind von Traurigkeit, bisher!“

„Bisher?“

Erschöpft breitete ich die Arme aus. „Ja, bisher. Du hast mir aber in der kurzen Zeit eine Menge zu denken gegeben!“

Sie lachte höhnisch. „Ja klar!“

Vorsichtig ergriff ich ihren Arm und hakte ihn bei meinem unter. „Wollen wir nicht einfach beim Essen darüber reden? Wie beide alleine?“

Sie verkniff sich die schnippische Antwort, die ihr wohl auf der Zunge lag und nickte.

Das Lokal, das ich aussuchte, lag ein Stück außerhalb der Stadt und wurde, wie ich gehofft hatte, von niemandem aus dem Umfeld der Uni besucht. Wir ließen uns an einem diskreten kleinen Tisch nieder und bestellten einen Aperitif.

Nachdem wir den ersten Schluck genommen hatte, lehnte sich Kate zurück und stöhnte. „Mann, was war das denn eigentlich? Kannst du mir das erklären?“

Ich sah auf die langsam aufsteigenden Perlen in meinem Drink. „Ehrlich gesagt, hat es mich auch total geschockt. Wenn ich es richtig verstanden hab, dann haben sie die Liveübertragung gesehen und waren davon so begeistert, dass sie sich spontan zu so einer 'Fanshow' verabredet haben. Ein Happening sozusagen.“

„Ja, das hat mir Penny auch erzählt. Weil du außerdem so süß und so gut im Bett bist.“ Sie hob das Glas und prostete mir zu. „Ihre Worte, nicht meine“, schloss sie grinsend.

Verlegen schob ich beide Hände über die Augen, zog sie dann rasch wieder weg. „Moment mal, du wusstest es?“

„Klag nicht mich an, ich war nicht der Grund für den Tumult! Den hast du einfach deinem Ruf zu verdanken.“

Genervt schüttelte ich den Kopf. „Jetzt mal ernsthaft. Es stimmt schon, ich habe ein Zeit lang nichts anbrennen lassen. Und das Schöne für so ein Machoschwein wie mich ist ja, dass hier an der Uni jede Menge Frauen rumlaufen, die ebenfalls nicht an einer festen Beziehung interessiert sind. Sondern auch das schnelle Abenteuer suchen. Sonst wäre ich ja längst in Teufels Küche. Aber sowas nutzt sich ja auch irgendwann mal ab.“

„Wirklich?“ Sie trank noch einen Schluck. „Den Eindruck hatte ich bei unseren Duschsessions aber ganz und gar nicht.“

Perplex ließ ich die Worte in mich einsickern und als ich endlich kapierte, was sie meinte, brach ich in schallendes Lachen aus, in das sie einfiel. Der Kellner warf uns schon einen warnenden Blick zu.

„Dein Humor ist einfach umwerfend!“

„Danke“, meinte sie schlicht und wir widmeten uns nun der Speisekarte.

Doch immer wieder ertappte ich mich dabei, wie mein Blick über deren Rand zu ihr wanderte. Manchmal trafen sich unsere Blicke und dann lächelte sie, ganz zart.

Es gab keinen Zweifel mehr für mich, ich hatte mich in sie verliebt. Deswegen war es mir auch so unangenehm, sie so mit meiner sexreichen Vergangenheit konfrontiert zu sehen, denn das schreckte eine Frau wie Kate mit Sicherheit ab. Wahrscheinlich hatte ich jetzt gar keine Chance mehr bei ihr.

Trotzdem schafften wir es, die angespannte Atmosphäre zwischen uns zu überwinden und wieder zu unserem kumpelhaften Ton zu finden. Schon lange hatte ich mich nicht mehr so wohl gefühlt, weder in der Gegenwart meiner Freunde, geschweige denn bei einer Frau.

Es wurde gerade erst dunkel, als wir zum Campus zurück kehrten. Gemütlich schlenderten wir durch den Park auf unser Zimmer zu. Sie ging neben mir, ab und zu schlug ihre lose baumelnde Hand gegen meine und irgendwann schnappte ich sie einfach und hielt sie fest. Dabei sah ich sie nicht an, strich nur zärtlich mit dem Daumen über ihren Handrücken. Sie entzog sie mir nicht.

In der Nähe des Eingangs blieb ich stehen und drehte mich zu Kate. Sie schaute mit großen Augen zu mir auf, sagte aber nichts. Der Wind blies ihr eine Strähne ins Gesicht und ich nutzte die Gelegenheit, noch näher zu treten, um sie ihr aus dem Gesicht zu streichen. So blieb ich stehen, die Hand noch immer leicht an ihrer Wange.

Ich wusste, ich musste ganz schrecklich vorsichtig sein, wollte ich sie nicht verschrecken. Jetzt lag es an ihr. Mit einer kleinen, fast unmerklichen Bewegung schmiegte sie ihre Wange enger an meine Hand, schloss dabei kurz die Augen. Ihre Wärme zuckte mir wie ein elektrischer Schlag durch den Körper, mir wurde heiß und kalt zugleich.

„Kate“, flüsterte ich kaum hörbar und näherte ganz langsam mein Gesicht ihrem. Wie ein Echo hauchte sie „Chris“, und, ich konnte mein Glück kaum fassen, kam mir ebenso behutsam entgegen. Wieder waren wir kurz davor, uns zu küssen - und wieder wurden wir rüde unterbrochen!

„Da sind sie ja endlich. Dr. Fielder, Dr. Petersen, ich habe schon die ganze Zeit auf Sie gewartet.“

Eilige Schritte näherten sich, man konnte wegen der Bäume mit den tief hängenden Zweigen zunächst nur die Beine sehen. Dann bog er um die Ecke und wedelte mit etwas in seiner Hand. Es war Rufus von der Verwaltung.

„Ach Gottseidank dass ich sie noch persönlich erwische“, begann er, doch ich war vor Ärger unfähig, ihm zu antworten. Das tat statt meiner Kate.

„Was ist denn so wichtig? Habe ich irgendwelche Gebühren nicht bezahlt?!“ Humor war nicht Rufus' Ding und er schaute sehr irritiert.

„Nein nein, keine Sorge“, antwortete er ganz ernsthaft, „es geht nur um ihr Zimmer. Wir konnten kurzfristig Eines für Sie, Dr. Fielder, im Nebenflügel dort“, er deutete auf den Gebäudefinger neben unserem, „frei machen, um Sie aus dieser unangenehmen Situation zu befreien.“

Ein Seitenblick, den wir spontan tauschten, sagte mir, dass auch Kate die Situation schon lange nicht mehr als unangenehm empfand.

Rufus plapperte weiter. „Hier ist ihr Schlüssel, die Nummer steht dran. Wir haben Ihre Sachen auch schon dort hin gebracht.“

Der Arme, jetzt durfte er nämlich erleben, wie schnell sich diese Frau neben mir in einen Vulkan verwandeln konnte...

„Sie haben WAS getan?“, explodierte sie.

„Naja, wir dachten, es sei Ihnen recht und dass es so schneller-“

„Es ist mir aber ganz und gar nicht recht!! Wie können Sie oder jemand anders es wagen, meine Sachen anzurühren??! Um mein Zeug kümmere ich mich selber, seit ich denken kann und das soll auch so bleiben!“

Rufus war bei diesem Vortrag beeindruckend geschrumpft und ich war sicher, dass er den überstürzten Transport eh nicht zu verantworten hatte. Sanft berührte ich Kate am Arm und zwinkerte ihr zu. Sie ruckte herum, hielt dann inne und holte tief Luft.

„Gut, mein Kollege hier versucht mir gerade zu signalisieren, dass es wahrscheinlich nicht Ihre Schuld ist, bitte entschuldigen Sie meinen Ausbruch.“

Rufus nickte erleichtert. „Kein Problem. Hier ist Ihr Schlüssel.“

Sie nahm ihn und schloss die Hand darum. „Danke. Und Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, zu warten.“

'Oh ja, vielen Dank auch dafür!', fügte ich in Gedanken beißend an. Als ob er meine Gedanken hören könnte, sagte er diesmal gar nichts mehr und machte sich rasch aus dem Staub.

Der Zauber von vorhin war nun natürlich verflogen. Restlos zerstört sozusagen. Obwohl... Kate stand einen Meter von mir entfernt und starrte auf den Schlüssel in ihrer Hand, um den sich ihre Finger ein paar Mal schlossen und wieder öffneten.

Zögernd hob sie den Kopf, murmelte „Na dann..“

„Na dann...“, wiederholte ich.

„Dann also... Gute Nacht!“, sagte sie und wandte sich zum Gehen. Aber das wollte ich nicht zulassen.

„Kate!“, rief ich halblaut, schnappte ihre freie Hand und zog Kate mit Schwung zu mir.

Durch den Ruck landete sie genau in meinen Arm und ich küsste sie einfach ohne weitere Umschweife.

Es war herrlich. Ihre Lippen schmiegten sich an meine, als hätten sie schon immer zusammen gehört. Auf mein zartes Fordern hin öffnete sie bereitwillig ihren Mund, ließ mich den ihren erkunden und ging ihrerseits auf Forschungsreise – eine Wissenschaftlerin durch und durch eben.

Es ist ja nicht so, dass ich zum ersten Mal küsste und vielleicht gab es sogar Frauen, die raffinierter küssten. Aber es war das erste Mal, dass ich dabei aufs Heftigste verliebt war, verliebt in diese wunderbare Frau, die sich nun so vertrauensvoll an mich schmiegte. Und dieses Vertrauen wollte ich nicht enttäuschen. Normalerweise würde ich mit dem Mädchen nach einer solchen Szene umgehend im Bett landen, aber gerade das durfte mir mit Kate nicht passieren!

Nach einer kleinen Ewigkeit lösten wir uns atemlos voneinander. Ihre Wangen waren leicht gerötet und sie sah so unglaublich süß aus, dass mein Entschluss beinahe ins Wanken geriet! Aber ich schaffte es, ihr Gesicht nur einmal kurz in meine Hände zu nehmen und ihr einen letzten Gute-Nacht-Kuss auf die Lippen zu hauchen. Dann drehte ich mich fort, ließ nur ihre Hand ganz langsam aus meiner gleiten.

„Gute Nacht!“, murmelte ich dabei und auch sie sagte leise „Gute Nacht“, ging dann den Gartenweg in Richtung Nebengebäude.

In meinem Zimmer angekommen, fühlte ich mich auf einmal ungewohnt einsam. Hatte ich alles richtig gemacht? Oder war jetzt alles vorbei? Frustriert sprang ich noch einmal unter die Dusche, aber der gekachelte Raum nervte mich mit seiner hallenden Leere ebenfalls. Da auch Lesen nicht für Ablenkung sorgte, löschte ich relativ früh das Licht und schlief bald ein.

Mitten in der Nacht wachte ich auf, meinte dann, Kates Duschgel zu riechen. Na prima, jetzt hatte ich auch schon olfaktorische Halluzinationen! Gerade schloss ich wieder die Augen, da hörte ich ein Rascheln und ein Schatten erschien vor meinem Bett. „Chris? Chris, bist du wach?“

Kate? Verschlafen horchte ich nach draußen. Es war doch gar kein Gewitter?!! Mir fiel nichts besseres ein als „Was ist los?“, zu fragen.

Ohne weiter Umschweife schlüpfte Kate nun zu mir ins Bett, allerdings nicht, ohne sich vorher ihr Pyjamaoberteil auszuziehen. Darunter war sie splitternackt. Ich hatte auch nicht halluziniert, auch sie hatte tatsächlich noch einmal geduscht.

„Die Mädchen sagen alle, Chris Petersen sei der beste Liebhaber im Ort. Dann beweis mir das mal!“

Mir stockte der Atem, aber mein Körper reagierte dafür um so eindeutiger auf Kate. Trotzdem beugte ich mich nur ganz langsam über sie.

„Du weißt wirklich, wie man Druck auf einen Mann ausübt“, flüsterte ich und sie streckte die Hand aus und vergrub sie in meinen Haaren.

„Du weißt doch, nur unter Druck arbeiten wir gut!“

Ich musste schmunzeln, ging dann jedoch ganz ernsthaft zur Sache. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf, küsste ihr Handgelenk und zog dann eine sanfte Spur ihren Arm hinauf bis in ihre Halsbeuge. Dort vergrub ich mein Gesicht und ließ meine Zunge spielen. Ihre Reaktion war ganz wunderbar, sie zog die Beine an und bäumte sich leicht auf.

Jetzt küssten wir uns, lange und intensiv und ich war überrascht von der Leidenschaft, die sie in diesen Kuss legte. Im Nu brannte ich lichterloh, ließ meine Hände über ihren Körper wandern und hoffte, dass es ihr auch so erging. Aber darum brauchte ich mir anscheinend keine Sorgen zu machen, denn ihre Reaktionen auf meine Liebkosungen waren recht eindeutig. Sie erwiderte meine Zärtlichkeiten, so dass ich es bald nicht mehr länger aushielt.

Mit einem raschen Griff in meine Schublade angelte ich nach einem Kondom. Dann war es endlich soweit, doch als ich zu ihr kam, hielt ich geschockt inne. Es war ihr erstes Mal! Kate war noch Jungfrau gewesen und ich war der Mann, der sie gerade eben entjungfert hatte...

Noch ehe mich die Last der Verantwortung lähmen konnte, hauchte sie in mein Ohr „Stör dich nicht dran. Mach weiter!“, und griff nach meinem Po, um mich wieder fest an sich zu ziehen. Das ließ ich mir dann nicht zwei Mal sagen...

Mein Rhythmus schien ihr zu gefallen, sie umschlang mich zwischendrin mit den Beinen und wir küssten uns immer wieder ausgiebig. Noch nie hatte ich Sex so genossen, doch es sollte vor allem für sie schön sein! Deswegen schob ich schließlich die Hand zwischen uns beide, suchte und fand ihre empfindlichste Stelle, wo ich sie dann zusätzlich verwöhnte.

Allein ihr Gesicht dabei zu sehen, war unglaublich erregend. Dort spiegelte sich beinahe Verzückung wieder und plötzlich zog sie die Beine wieder zusammen, krallte sich in meinen Rücken und kam mit einem lang gezogenen „Jaaaa!!“ Da konnte ich mich auch nicht mehr zurück halten und sank dann kurz auf sie, bevor ich mich auf die Seite wälzte und sie fest in den Arm schloss. Im Grunde hatte ich nicht die Absicht, sie je wieder los zu lassen.

Leise keuchend lagen wir da, Kates Gesicht war an meine Brust gepresst und ich spürte ihren Atem dort. Doch ich war unsicher, was ich jetzt tun oder sagen sollte, deswegen versuchte ich es mit einem kleinen Scherz.

„Also bist du nun von der theoretischen Physik in die experimentelle gewechselt“, meinte ich und stupste sie mit der Nase an.

Von ihr kam ein leises Kieksen und ein wohliges „Hmhm! Und es hat sich gelohnt.“ Sie drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Brust und drehte sich dann in meinen Armen um.

„Chris?“, fragte sie plötzlich. Ich drückte sie einmal fester an mich und antwortete „Ja?“

„Chris, das hier... Also, wenn du nicht willst... dann muss es nichts zu bedeuten haben... Verstehst du was ich meine?“

Ich hörte es, doch musste ich noch einmal nachhaken. „Was meinst du genau...“

„Ich meine, dass du dich zu nichts verpflichtet fühlen musst, weil du – du weißt schon... Dann war das einfach nur ein One-Night-Stand.“

Gott, sie war so süß! Aber ich ahnte die Wahrheit dahinter... „Heißt das, du möchtest lieber keine Beziehung mit mir?“

„Ich? Ich vermute halt, dass du lieber ungebunden bleiben würdest. Deswegen....“

„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“

„Hm?“

„Ob DU eine Beziehung mit mir möchtest?!“

Sie drückte den Kopf tiefer ins Kissen und murmelte sehr leise, so dass ich sie gerade eben verstand: „Ich? Ich würde gerne mit dir zusammen sein. Sehr gerne.“

Der Rest verebbte fast in den Daunen, aber ich hatte genug gehört, um schon wieder Herzklopfen zu haben.

„Kate?“ Sanft drehte ich sie wieder auf den Rücken und gab ihr einen Kuss. „Nichts würde mich glücklicher machen, als mit dir zusammen zu sein!“

Mit einem kleinen glucksenden Lachen schlang sie die Arme mich und hielt mich fest. Auch ich drückte sie an mich, meinte sogar eine kleine Träne an meiner Schulter zu spüren. „Sht, nicht weinen. Wie kommst du eigentlich auf die Idee...“

Sie unterbrach mich. „Na hör mal, bei deinem Ruf! Ich wollte einfach nicht, dass du aus den falschen Gründen mit mir zusammen bleiben würdest.“

„Du bist eine kleine Verrückte!“ Ich stemmte mich auf meine Arme hoch und sah direkt auf sie hinunter. „Damit das jetzt mal amtlich ist: Ich habe mich schwer in dich verliebt und ich will unbedingt mit dir zusammen sein!“

Für das Lächeln, das daraufhin über ihr Gesicht zog, musste ich sie einfach wieder küssen.

Und außerdem zeigte sich Kate für eine Anfängerin als sehr gelehrig und einfallsreich, so dass es in dieser Nacht nicht bei dem einen Mal blieb...

Der nächste Tag war etwas seltsam. Wir machten von Anfang an keinen Hehl aus der Tatsache, dass wir zusammen gefunden hatten, aber es schien auch Keinen zu überraschen! Steve und John nickten nur in 'War uns schon lange klar'-Manier, dabei war doch Kate erst ein paar Tage bei uns.

Nur John bat mich kurz zur Seite. „Ich weiß nicht so genau, wie ich das sagen soll... Aber ich wäre dir dankbar, dass wenn du sie wieder abservierst, es bitte so tust, dass, naja, auf keinen Fall unsere Arbeit darunter leidet...“

Weniger beleidigt als verblüfft sah ich ihn an. „Wieso wieder abservieren? Was meinst du damit?“

Nun sah er mich erstaunt an. „Na, es ist ja schon erstaunlich genug, dass du dich in einer Beziehung wähnst. Normalerweise, naja, überdauern deine Beziehungen kaum die Nacht. Deswegen denke ich, dass..“ Er ließ den Rest unvollendet, doch es war auch schon so klar, was er meinte.

„Du liebe Zeit, war ich wirklich so schlimm?“, entfuhr es mir und er grinste.

„Nein. Du warst schlimmer.“

Getroffen zuckte ich mit den Achseln. „Naja, zum Glück haben die Mädels da ja bisher keine Probleme mit gehabt. Bei mir hat sich noch keine beschwert.“

„Aber bei uns.“

„Was?“

„Nur die Tatsache, dass du immer mit offenen Karten gespielt hast und die Frauen wussten, worauf sie sich einlassen, hat dich wahrscheinlich vor einem ständigen Massenauflauf vor deinem Fenster gerettet. Ein paar deiner Kleinen saßen aber doch schon mal hier und haben uns die Ohren voll geheult. Wir mussten sie dann immer davon überzeugen, dass du nun mal ein Windhund bist und keine Bindung willst und meistens hat das auch geklappt. Denk aber nicht, dass du nicht doch ein paar Herzen gebrochen hast!“

Ich stöhnte und zog mich in den hinteren Teil des Labors zurück, um einen Moment nachzudenken und musste dann zugeben: Ja, er hatte Recht! Ich hatte mich wirklich benommen wie die Axt im Wald. Und war immer davon ausgegangen, die Frauen hätten kein Problem damit. Mitten in meine Gedanken hinein baute sich plötzlich Kate vor mir auf.

„So in Gedanken?“, neckte sie mich und ich streckte die Hände nach ihr aus, um sie stumm in den Arm zu nehmen. Dabei fühlte ich in mich, was das für Gefühle auslöste.

Und es waren tatsächlich Empfindungen, die ich so noch nie empfunden hatte. Ein unbändiges, tiefes Gefühl der Liebe und der Wunsch, sie nie wieder los zu lassen. Meinen Alltag und meine Nächte mit ihr zu teilen. Und natürlich meine Dusche...

Kate sah mich fragend an und ich musste lachen. „Wunder dich nicht, wenn dich demnächst ein paar Leute mit einem Gesichtsausdruck anschauen, als wärst du verrückt. Verrückt genug, zu glauben, der Hallodri Chris Petersen würde eine feste Beziehung mit dir eingehen.“

Sie zuckte mit den Achseln. „Also, dafür brauch ich doch nur in den Spiegel zu schauen!“

„Haha“, brummelte ich und setzte mich auf einen Schreibtisch. Kate stand vor mir, nun in Augenhöhe. Ihre lachten geradezu.

„Jetzt sei nicht sauer. Seit ich hier bin, haben mich Leute vor dir gewarnt. Aber ich konnte es ja nicht ändern, ich hatte mich, nun ja, eigentlich im ersten Moment in dich verliebt.“

Ich verstand, dass so ein Geständnis gar nicht so leicht für sie war.

„Gleich darauf sind wir dann aufs heftigste aneinander geraten. Deswegen ist es für mich ein Wunder, dass wir überhaupt jetzt so hier stehen.“

„Komm mal her“, murmelte ich leise und küsste sie lange und intensiv. Dann sagte ich die Worte, die mir plötzlich auf der Zunge lagen: „Ich liebe dich!“

Und als ich sah, wie dieses Geständnis ein Strahlen auf Kates Gesicht zauberte, da wurde mir Eines klar: Shakespeare hatte nicht immer Recht. Auch wenn sie es nie ausnützen würde, nicht ich hatte dieses Kätchen gezähmt, sondern sie mich – und ich fand es wundervoll!

Impressum

Texte: (c) Martina Seuling
Tag der Veröffentlichung: 21.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

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