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Auf der Straße

Das Leben treibt mich heraus. Also laufe ich zur Straßenbahn und steige ein. Nach wenigen Haltestellen steige in in der Fußgängerzone aus. Inmitten der schnellen Betriebsamkeit überkommt mich ein Gefühl von Lust und Verzagtheit. Meine Augen suchen Menschen. Schauen ihnen hinterher. Ein Buchladen lockt mich. Bücher und Menschen - das passt irgendwie. Das erkenne ich auf der Straße - unter Menschen und über Büchern. Sie sind mir alle fremd und ich ihnen auch. Es ist nicht umsonst am Leben zu sein: Bücher und Menschen. Sie vermitteln Ruhe und die Freude darüber, daß sich hier ein Mensch ausgedrückt hat - warum auch immer. Die Hoffnung lebt. Der freudige Moment einer Begegnung hält mich wach. Manchmal bin ich innerlich sehr müde. Ein Mensch bringt mich auf andere Gedanken. Auch wenn es nur das Gefühl des Mitleides ist, wenn ich an die sehr junge Frau denke, die mit ihrem Baby auf der kalten Straße sitzt und apathisch die Hand ausstreckt. Ich möchte sie ansprechen, sie fragen was sie dazu treibt. Aber ich schweige, bin nur traurig und könnte weinen. Menschen verursachen Gefühle. Das hat zwei Seiten. Ich gebe ihr ein bißchen Geld und sie spricht ein Wort. Ich freue mich daß ich den Mut hatte. Mit ihrer Trauer bin ich alleine. Ich laufe weiter und blicke noch einmal zurück. Hoffnungslosigkeit ist schlimmer als der Tod. Es ist schwer zu unterscheiden auf der Straße wer alleine ist und wer nicht? Die Hoffnung sagt mir, daß man alleine aber doch nicht einsam sein muss. Eine Frau spielt auf einer Geige. Sie sieht freundlich aus. Ich frage mich, welche Lebensgeschichte sie mit sich herumträgt? Vielleicht verrät ihr Geigenspiel das Geheimnis? Es ist merkwürdig daß ich nichts empfinde. Eine Straßenbahn bremst ab und klingelt energisch. Der Fahrer ist verärgert, weil ein Mensch auf die Gleise ging ohne zu schauen. Man möchte gar nicht daran denken, was passieren kann. Ich wollte kein Straßenbahnfahrer sein. Ich wechsle die Straßenseite. Bei einem Bäcker stehen die Leute Schlange. Sollte ich auch etwas essen? Ziellos laufe ich herum und beobachte die Menschen. Manche haben es eilig und andere bummeln durch die Passagen. Da sind Männer in Anzügen und Aktentasche. Junge Mütter mit ihren kleinen Kindern an der Hand. Manche sagen nichts, andere rebellieren und manche lächeln auch vergnügt. Wie schön. Ich kann mich nicht entscheiden was ich tun soll. Es gibt wirklich schöne Menschen. Ob diejenigen die es sind, das auch zu schätzen wissen? Manche vielleicht zu sehr? Ich weiß es nicht. Irgendwie versucht hier ja jeder auf seine Weise schön zu sein. Manche übertreiben es, anderen sieht man an, daß sie es von Natur aus sind oder erst gar nicht sein wollen. Ein Punker läuft gelangweilt an mir vorbei. Es scheppert. Da ist ein großes Kaufhaus in Sichtweite. Ich gehe hinein. Nun bin ich in der Musikabteilung des Kaufhauses gelandet. Hier gefällt es mir nicht. So laut und unpersönlich. Irgendwie habe ich etwas anderes erwartet. In jeder Ecke eine andere Melodie und Menschen mit Kopfhörern auf den Ohren, die sich im Takt bewegen. Ist ihnen das nicht peinlich? Komisch. Ich fahre mit der Rolltreppe wieder hinunter. Irgendwie macht das Spaß. Man läuft eine Treppe hinunter ohne sich zu bewegen. Die Leute wirken darauf aber irgendwie apathisch. Vermutlich trauen sie der Sache nicht. Auf der Straße fühle ich mich wohler. Vor allem weil die Sonne scheint. Schnell verdränge ich das komische Gefühl und schaue mich wieder um. Geld habe ich nur wenig, aber einkaufen macht mir Spaß. Ist womöglich ganz gut, daß ich kein Millionär bin. Wer sollte die ganzen Sachen dann auch nach Hause schleppen? Was für ein Gedanke! Ich glaube der Tag ist schon fast wieder herum...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Tagträumern und Nachtschwärmern

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