Verbissen krallte sich Viola in ihrem Sitz fest und presste sich gegen die Polster, während ihr Bruder höchst konzentriert den Blick auf die Straße hielt. Erschrocken keuchte sie auf, als sie nach vorne geschleudert wurde, nachdem er tatsächlich einen anderen Wagen, in einer scharfen Kurve geschnitten und zum Überholmanöver ausscherte.
„Liam!“ , schrie die junge Frau verängstigt und taxierte ihren Bruder aus großen, blauen Opalen von der Seite an. „Sei ruhig. Ich versuche zu fahren.“
„Scheiße, wohl gedenkst du uns umzubringen.“ , hielt sie dagegen und schnaufte inbrünstig. „Was ist dein Problem?“
Liam drückte mehrmals auf die Hupe, als es vorne auf der Straße anscheinend nicht schnell genug voran kam und strich sich seine blonden Haare aus der Stirn. „Das kann ich dir nicht sagen. … Noch nicht.“ „Was? Warum das? Wo willst du eigentlich hin?“ Ihre Stimme schien sich zu überschlagen. So kannte Viola ihren Bruder nicht, so aufgelöst und verschreckt. Irgendwas war geschehen und ließ ihn wirr im Kopf werden. „Vertrau mir einfach, okay? Alles ist in Ordnung.“
„Pustekuchen.“
Völlig aufgelöst wühlte sich die junge Frau durch die schulterlange, braune Mähne, während sie gleichzeitig versuchte ruhig und sinnig ein und aus zu Atmen. Es klappte nur mäßig. Und Liam machte es nicht besser. Er verschlimmerte die Situation lediglich nur, wenn sie seinen panischen Blick richtig deutete. „Wir fahren zum Flughafen. Dort werden wir dir ein Ticket besorgen und du fliegst zurück zu unseren Eltern.“
„Aber die Ferien sind doch noch nicht vorbei. Warum willst du mich nach Hause schicken?“ , bohrte sie nachdrücklich, als ihr Bruder keiner Antwort gewahr wurde. Er schüttelte nur sein Haupt und seufzte tief. „Es tut mir so leid. Ich kann es dir nicht sagen. … Du würdest mir das nie verzeihen können.“ „Aber was denn?“ Doch nur ein weiteres Kopfschütteln war seine Antwort ihr Gegenüber und es machte Viola fuchsig, ihm wirklich gar nichts entlocken zu können. „Es geht einfach nicht, verdammt. Du wirst nach Hause fliegen, keine Diskussion, keine Widerrede, verstanden?“ , brauste ihr Bruder plötzlich auf, nachdem er die geladene Spannung in der Luft nicht länger aushielt, und schlug nachdrücklich gegen das Lenkrad.
Seine Schwester zuckte unwiderruflich zusammen und machte sie Mundtod. Sprachlos betrachtete sie Liams Seitenprofil, während sie gleichzeitig versuchte sich wieder zu beruhigen. Anschließend senkte sich ihr Blick und sie begann nervös an ihrer Kleidung zu nesteln. Egal in welchen Problemen er steckte, er würde sich ihr nicht anvertrauen, so viel stand fest. Stattdessen schickte er Viola weg, obwohl sie sich doch eine schöne Zeit mit ihm erhofft hatte, nachdem er doch seid einigen Jahren wegzog. Nach Japan. Ein Ort, den Viola nicht so einfach erreichen konnte. Dazu war das Geld von Nöten und die dazugehörige Zeit. Wie die Sommerferien.
Und nun schickte er sie weg, nachdem die junge Frau erst seid einer Woche hier verweilte. Eigentlich verschwendet, obwohl sie doch vier Wochen geplant hatten. Traurig, das er sie nun los werden wollte.
~
„Scheiße.“ , fluchte Liam plötzlich unerwartet und riss Viola aus ihren Gedanken. Keuchend wurde sie anschließend nach vorne geschleudert, als ihr Bruder hart in die Eisen ging und abzubremsen versuchte. Schlitternd kam der Wagen mitten auf der Straße zum stehen und Viola konnte von Glück sprechen, dass sie sich gerade an einer etwas ruhigen Umgebung aufhielten, sonst wären wahrscheinlich andere Autos ungebremst in ihnen hinein gefahren.
Hupend und fluchend wurden beide von Passanten ausgeschimpft und umfahren. Erst als Liam ausstieg, mit den Worten: „Du bleibst im Wagen. Und schließ ab.“ , die Tür zuschlug, erkannte Viola die Situation und staunte. Nicht weit Vorne blockierten mindestens drei schwarze SUVs die linke Spur und Männer in edlen Anzügen und Sonnenbrillen schienen Liam regelrecht zu erwarten. Eine Diskussion entbrannte, und Viola zog scharf die Luft ein, als es wenige Sekunden später zu wildem Handgemenge führte. Ein heftiger Schlag unters Kinn, beförderte ihren Bruder hochkantig zu Boden und brachte Viola dazu hektisch an ihrem Gurt zu reißen. Sie konnte doch nicht tatenlos zusehen, wie er gnadenlos verprügelt wurde, während die umstehenden Bürger einen großen Bogen um die Kriminellen zogen. Alle zusammen haben wohl zu lange in der Sonne gelegen! Wieso tat niemand etwas?
Liam krümmte sich zusammen, als ein heftiger Tritt in die Magengrube folgte. Tränen der Verzweiflung ließen Violas Sicht verschwimmen und schniefend öffnete sie die Autotür, wollte schnell zu ihrem verletzten Bruder eilen, als mehrere Männer auf sie Aufmerksam wurden und mit dem Finger aus sie deuteten. Drei Schritte wurden ihr vom Schicksal erlaubt zu tätigen, als ein weiterer Wagen dazu stieß und vor ihren Füßen haarscharf abbremste.
Die junge Frau schreckte zurück, stieß gegen die Motorhaube von Liams Corsa und zuckte zusammen, als sich die Türen öffneten und zwei Hände nach ihren Armen griffen. „Nein … ich … . Was soll das?“ , rief sie aufgebracht, bevor sich ein weißes Tuch vor ihre Nase und Mund schob. Ein süßlicher Geruch benebelte kurz darauf ihre Sinne, ihre sich heftig wehrenden Gliedmaßen verloren an Kraft und Geschwindigkeit, während sie im Hintergrund nur gedämpft die bettelnde Stimme Liams wahr nahm. Er flehte regelrecht, hüstelte und schrie ihren Namen.
Doch erhört wurde er nicht.
Noch bevor Viola gänzlich in narkotisierende Ohnmacht versank, wurde das Tuch entfernt und eine Augenbinde stahl ihr die verschwommene Sicht. Es wurde dunkel. Und die Angst nahm überhand. Sie zitterte und wimmerte auf, als sie unverhofft gestoßen wurde und nur noch am Rande mit bekam, wie sie auf weiche Sitze fiel. Es donnerte, nachdem eine Autotür zuschlug und der Motor startete. Viola spürte die Vibration, als das Auto losfuhr und ein letztes Mal vernahm sie die kaum hörbare Stimme Liams, die ihren Namen regelrecht schrie, bevor er für sie außer Reichweite geriet.
„Wir haben sie.“ , riss die fremde Stimme die trügerische Ruhe kühl. Sie klang unberechenbar, eisig und gnadenlos.
Ein letztes Mal versuchte sie sich zu erheben, kämpfte gegen die nahende Ohnmacht an, doch sank geschwächt zurück. Ihre Arme zitterten, hechelnd ging ihr Atem und noch bevor die junge Frau wirklich realisieren konnte, dass sie gerade entführt wurde, siegte die alles vereinnahmte Dunkelheit. Die Bewegungen stoppten und die wieder eingekehrte Stille sollte für die nächste Stunden ihr Begleiter sein.
„Du hast Verloren.“ , hörte Liam die bedeutend schweren Worte seines Gegenübers, während im gleichen Augenblick sein ohnehin vor Aufregung rasendes Herz gleich mehrere Schläge aussetzte. Das zuvor aufgesetzte, siegesgewisse Lächeln verblasste um seinen Mund, die Karten zwischen seinen Fingern entglitten ihm aus den Händen und auch seine Mimik verzog sich von Sekunde zu Sekunde mehr in blankes Entsetzen.
Er hatte soeben sein gesamtes, hart erarbeitetes Geld verspielt, in der Hoffnung die Summe um das Doppelte zu erhöhen, wenn nicht sogar um das Dreifache. Es lief am Anfang so gut. … Nichtsdestotrotz aber sah er sich nun verlieren.
Hart schlug Liam's Faust auf die teure Tischplatte aus wertvollem Ebenholz. Die gefüllten Trinkgläser klirrten im Angesicht der unkontrollierten Bewegung, das flüssige Gold darin gefährlich am schwanken, während der Blonde gleichzeitig vom bequemen Sessel aufsprang und den deutlich älteren Mann von oben herab zornig fixierte. „Betrug!“ , äußerte er sich ausfallend alkoholisiert, beschuldigte seinen Spielpartner ohne relevanten Beweise. Er war wütend und das zu Recht. … Seiner Meinung nach.
Nibori Takahashi sah das Ganze jedoch anders.
Ein einfaches Fingerschnippen des Dreiundfünfzigjährigen genügte, um seine Leute alarmiert aus dem Schatten treten zu lassen, die, ohne jegliches Zögern, Liam grob an den Oberarmen zu fassen bekamen und durch einen harten Tritt in den Kniekehlen zu Fall brachten. „Scheiße, was macht Ihr denn da?“ Der Jüngere wehrte sich gegen die grobe Behandlung, schien sich nicht beruhigen zu wollen. „Pfeif deine Hunde zurück, Takahashi!“ , verlangte Liam schlussendlich Zähne knirschend, wurde allerdings kurz darauf hart am Nacken gepackt und brutal nach unten gedrückt. Sein Gesicht landete donnernd auf den Tisch und schnaufend nahm er zur Kenntnis wie ihm bereits das Blut aus der Nase lief. Stöhnend versuchte der Blonde sich aufzurichten, Niboris Männer dagegen brauchten wenig Kraftaufwand, um sein gereiztes Gebären zu unterbinden. Stattdessen erhöhten sie den Druck ihrer Finger und schafften es Liam bald darauf vollkommen erstarren zu lassen, sein Gesicht vor Schmerzen verzogen.
Stille kehrte für einen Moment im Zigarrenrauch geschwängerten Raum ein, während Leon, in seiner unbequemen Position verharrend, darauf wartete was als Nächstes geschah. Erst das Geräusch von knirschendem Leder ließ ihn aufhorchen und ein dunkler Schatten breitete sich über seinen Kopf aus, als Takahashi sich weit über den Tisch beugte. „Niemand nennt mich einen Betrüger.“ , sprach der Ältere gebrochen, tief und rau. Sein stark ausgeprägter Akzent tat der versteckten Drohung dabei keinen Abbruch.
Wild schnaufend ein und ausatmend registrierte der junge Mann seine aus den Fugen geratene Situation, fühlte sich machtlos in der Gegenwart seines einflussreichen Gegenübers und gab sich seiner Niederlage hin, wenn auch äußerst widerwillig. Sein alkoholisierter, völlig vernebelter Verstand jedoch wollte sich auflehnen, dagegen halten und sein ungerecht verlorenes Geld zurück fordern.
„Könnten wir … könnten wir das Ganze nicht anders regeln?“ , stammelte Leon in einem kläglichen Versuch die verzwickte Lage zwischen den Beiden zu schlichten. „Es gibt nichts was ich nicht schon von dir habe.“ , hielt Nibori sogleich dagegen, erhob sich galant von seinem Sessel und umrundete den Tisch. Aus dem Augenwinkel konnte der Blonde die Silhouette des Älteren Mannes sofort erkennen, sah allerdings nur den schwarzen, teuer geschneiderten Anzug und die edle, blau gehaltene Krawatte, die er ein wenig auflockerte, bevor die faltigen Hände in den Taschen der Anzughose verschwanden.
„Ein letztes Spiel. … Alles oder nichts.“ Nervös befeuchtete Liam seine trocken gewordenen Lippen, schmeckte das unverkennbare Kupfer aus dem Blut heraus, nachdem bereits erste unschöne Tropfen auf die kostbare Tischplatte tropften. Schmerzvoll aufstöhnend wurde allerdings sein Haupt nach hinten gerissen, die blonden Strähnen ziepten unangenehm an der Kopfhaut und doch blieb Liam nichts anderes übrig, als Nibori in die scharf blitzenden Irden zu blicken, verharrte still in seinen eingeschränkten Bewegungen. „Ganz Recht. Du hast nichts.“ , knurrte der altbackene Yakuzachef, wirkte deutlich unzufrieden und fühlte sich von Liams Dreistigkeit angegriffen. Ein Verlierer versuchte mit dem Kopf der Mafia zu verhandeln, obwohl er sein verspieltes Geld nicht mehr sein Eigen nennen konnte? „Was kannst du mir noch bieten?“
Nicht mit Nibori Takahashi.
Das Geräusch eines aufklappenden Messers klang unnatürlich laut in Liams Ohren und seine anfängliche Unsicherheit jagte in ungeahnte Höhen, wandelte sich in auflodernde Panik, als die scharfe Klinge über die Haut an seinem Hals schabte und der ausgeübte Druck den jungen Mann den kalten Schweiß auf die Stirn trieb. Schluckend überlegte Liam fieberhaft, wie er sich aus der hoch geschaukelten Lage befreien konnte. Der psychische Druck lastete schwer auf seinen Schultern, die Zeit lag ihm im Nacken, während sein Gegenüber sich tatsächlich einen weiteren Zug von seiner teuren Zigarre genehmigte und den entstandenen Rauch frecherweise in Liams blass gewordenes Gesicht blies.
„Ich habe dein Hab und Gut. Deine lächerliche Ehre. … Und jetzt auch noch dein Leben in meiner Hand.“
Gefährlich streifte das eisige Metall über die Halsschlagader, während Nibori beinahe hypnotisierend seinen eigenen Bewegungen mit den Augen verfolgte. „Du spielst das Spiel falsch, Liam.“ , argumentierte er weiter und zog überlegen eine Augenbraue empor, betrachtete den Blonden siegesgewiss von oben herab. „Und mit der falschen Person.“
Liam keuchte erschrocken auf und tat sich schwer damit nicht zusammen zu zucken, als Nibori die Messerspitze unvorhersehbar über seine Haut zog und ein feiner, gerade verlaufener Schnitt zurück blieb. Nur wenige Blutstropfen traten aus der Wunde und doch verstand Liam die Drohung hinter dieser Geste unmissverständlich deutlich. Der Jüngere schnappte nach Luft, seine Augen zuckten unkontrolliert hin und her, versuchten einen Punkt zu fixieren, währenddessen er nach den richtigen Worten suchte. „Bitte … ich wollte nicht … .“ „Halt den Mund.“ , unterbrach Nibori gefühlskalt und lehnte sich gegen die Tischplatte, betrachtete den von ihm zugefügtem Schnitt mit halbherzigen Interesse. In der Zwischenzeit biss Liam sich nervös auf die Lippen, hüstelte gegen den Zigarrenrauch an, als Nibori die Geste von vor einigen Augenblicken wiederholte.
„Was mache ich jetzt mit dir?“ , fragte der Ältere mit rauchiger Stimme leise in sich hinein murmelnd, wissend dass er darauf keine Antwort erhalten würde. „Du schuldest mir viel Geld. Und das nicht seid heute.“
Nachdenklich musterte Nibori den Blonden und tauschte kurz danach vielsagende Blicke mit seinen Sicherheitsleuten aus. Liam unterdessen schloss trunken und verbittert die Augen, hoffte auf eine möglichst schmerzfreie Einigung. Es war ein Fehler gewesen erst Nibori zu einem Kartenspiel herauszufordern. … Und das seid mehreren Wochen. Immer und immer wieder. Seine Spielsucht trieb ihn in diese Situation, die Versuchung des großen Gewinns zu mächtig, als das er hätte widerstehen können. Jetzt steckte er in großen Problemen, in hohen Wettschulden. Es hätte in den Augen des jungen Mannes jeder sein können … warum hatte er dann ausgerechnet Nibori Takahashi mit dem Glücksspiel provoziert?
„Ich mag dich Liam.“ , sprach der Ältere plötzlich versöhnlicher, deutete sogar ein kurzes Grinsen an und der Blonde wurde hellhörig, öffnete irritiert seine Opalen, nachdem auch das Messer kurz darauf an seiner blanken freigelegten Kehle verschwand. „Du bist noch voller Energie, frisch und jung. Und junge Menschen machen manchmal Fehler.“ , führte Nibori fort und überreichte die Klinge jemanden, der hinter Liam stand, während der Mann zeitgleich seinen Blick über die im Raum verstreuten Spielkarten wandern ließ. Ohne jegliche Anstrengungen nahm er eine in seine faltige Hand, ließ sie durch seine Finger gleiten, während er die ausgerauchte Zigarre in einem Aschenbecher ausdrückte und entsorgte.
Argwöhnisch beobachtete Liam seinen Gegenüber dabei, atmete dennoch auf, als selbst der unnachgiebige Griff in seinem Nacken verschwand und ihm mehr und mehr Freiheit genehmigt wurde. Sich aufzulehnen und sich gänzlich der Gefangennahme zu entziehen, wagte er letzten Endes aber nicht, zu groß war der neugewonnene Respekt Nibori und seinen Leuten Gegenüber. „Heißt das … du entlässt mir die Schulden?“ , murmelte der junge Mann misstrauisch und rieb sich angespannt über die rötliche, wunde Haut. Das darauf folgende, tief kehlige Lachen zerstörte seine minimale Hoffnung jedoch schnell wieder, erstickte sie unerbittlich in Keim. … Liam hätte es wissen müssen.
So einfach entkam er Takahashi nicht.
„Ich hasse Menschen die Fehler machen.“
Schnipsend flog die Spielkarte über den Tisch und Nibori stellte sich langsam wieder gerade auf, umrundete Liam und richtete ihm den zerknitterten Kragen seines grauen Anzuges neu. Als sich seine Hände, schwer und kalt, auf die eingesunkenen Schultern des Blonden fallen ließen, konnte er ein aufgeregtes Keuchen nicht länger unterdrücken. Der Angstschweiß brach aus dem Jungen aus, sein Atem beschleunigte sich und sein schnell geratener Puls schoss in ungesunde Höhen. Takahashi so deutlich hinter sich positioniert zu wissen, seine dunkle, gefährliche Präsenz Liams Sinne vernebelte und die Bedrohung, die von ihm unmissverständlich ausging, sein klein geratenes Wesen einnahm, ließ ihn auf den Knien hockend erzittern und beben.
Es war nicht verwunderlich, dass der Blonde demnach gefährlich zusammen zuckte, als er unvorhergesehen grob an den Armen gepackt wurde und Nibori ihn zurück auf den bequemen Ledersessel drapierte. Knirschend sank der junge Mann zurück, steif und derart angespannt, dass die Vermutung bestand, die Muskeln und Sehnen würden reißen. „Ich gebe dir eine letzte Chance deine Schulden zu begleichen, nehme deine Herausforderung an.“ , verkündete Nibori zeitgleich glucksend, klopfte ein letztes Mal gönnerhaft auf die hochgezogenen Schultern Liams, nachdem der Mann sich von seiner klappernden Gestalt abwandte und ihm Gegenüber wieder gemütlich Platz nahm.
Unter anderen Umständen, hätte der Blonde auch sofort zugesagt. Ob mit oder ohne Alkoholkonsum. Merkwürdigerweise wollte er diese Chance jedoch ungenutzt verstreichen lassen. Die lauernden Irden Takahashis verhießen nichts Gutes, er plante etwas und fühlte sich eindeutig zu sicher in seiner verdammten Haut. Hatte Liam aber eine Wahl?
„Nur dieses Mal bestimme ich den Wetteinsatz.“ Offensichtlich wurde ihm diese Entscheidung abgenommen, als Nibori an seinem Whiskyglas nippte, eine zweite Zigarre anzündete und auf eine Antwort seitens Liam wartete, während er seine Beine übereinander schlug und sich entspannt zurück lehnte.
Das Gespräch konnte nur blutig Enden wenn der junge Mann auf der Stelle diesen Vorschlag verneinen würde. Nicht umsonst gab Nibori seinen Männern ein ihm unbekanntes Zeichen und das darauffolgende ohrenbetäubende Klicken einer sich entsicherten Waffe bestätigte auf erschreckende Art und Weise seinen beängstigen Verdacht. „Um … welchen Einsatz handelt es sich denn?“ , fragte der Blonde schluckend, nicht sicher, ob er wirklich eine Erwiderung erhalten möchte, nachdem auch der Lauf einer Pistole sich gegen seinen Hinterkopf presste. Seine klammen Finger verkrallen sich daraufhin in das Leder der Armlehnen des Sessels, währenddessen Nibori noch einmal einen tiefen Zug von seiner Zigarre nahm und beinahe seelenruhig den Rauch ausstieß.
„Es liegt an dir. Gewinnst du, erlasse ich dir deine Schulden auf der Stelle.“ , begann der Ältere nach einer unendlich langen Künstlerpause. „Und wenn ich verliere?“ Liam getraute sich nicht, diese Frage laut zu äußern, kam sie nur leise gehaucht über seine spröden Lippen. Dennoch tat er es, hing sein dünn gesponnenes Leben doch davon ab. Als sich ein ekelhaftes, beinahe arrogantes Grinsen auf die Lippen des Mafiabosses schlich, ahnte Liam allerdings nichts gutes.
„Mir kam zu Ohren, dass deine ganz bezaubernde kleine Schwester dir zurzeit einen Besuch abstattet .“ Liams Augen weiteten sich geschockt, seine Atmung stellte sich augenblicklich ein und beinahe flehend schüttelte der Blonde sein Haupt. „Bitte nicht ...“ , bat er hauchend, den Tränen nahe.
Nein! Nicht sie.
„Wenn du verlierst ...“
„Lasst Viola aus dem Spiel.“ , unterbrach Liam lautstark und wollte sich erheben. Sofort ergriffen zwei Hände seine Oberarme, drückten ihn gewalttätig in den Sessel zurück, während nachdrücklich die Pistole heftiger denn je gegen seine Stirn gedrückt wurde. „Das kannst du nicht bringen. … „ , schluchzte Liam schließlich und betrachtete hochmütig Takahashi Wenigkeit, der wenig beeindruckt Liams wildes Gebären von seiner Position aus beobachtete, lediglich die Augenbrauen zusammen zog. Mag er es nicht derbe und unverschämt von jemanden wie Liam über den Mund gefahren zu werden.
Resultierend landete eine geballte Faust in des jungen Mannes Gesicht, der daraufhin zu benommen wirkte, als weitere Widersprüche von sich zu geben. Ein Anlass für Nibori fortzufahren, nachdem er mit Genugtuung das blutige Gesicht des Blonden besah und relativ zufrieden wirkte. Schließlich musste er sich noch in der Lage fühlen zu Spielen. Das war das Mindeste.
„Wenn du verlierst, gehört deine Schwester mir.“
„Sie Feigling. … „ , spuckte Liam unverschämt in Takahashis Richtung, traf lediglich aber nur das schöne Ebenholz. Es folgte ein weiterer, noch heftiger Schlag, dieses Mal in die ungeschützte Magengrube. Blutigen Speichel würgend, krümmte sich Liam zusammen, hüstelte und zitterte. In der Zwischenzeit lehnte sich Nibori nach vorne, trank der Erfrischung wegen noch einen genüsslichen Schluck aus seinem Glas und forderte einen seiner Männer dazu auf, die verstreuten Spielkarten aufzuheben und das Spiel neu zu ordnen. Währenddessen funkelte Liam seinen Gegenüber hasserfüllt in die Augen, wagte jedoch keine weiteren Versuche mehr sich aufzulehnen, würde er doch nur gegen die Sicherheitsleute verlieren und Nibori noch dazu eine amüsierte Show liefern, seinen Ego und Überheblichkeit ins unermessliche puschen.
Das gönnte Liam diesem miesen Schwein nicht, soviel Selbstvertrauen besaß der junge Mann noch.
„Also wollen wir beginnen?“
Liam würde nicht verlieren. … Dieses Mal nicht.
Tag der Veröffentlichung: 19.06.2019
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