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Prolog: Du kannst ...

 

Für Cecilia war es eine Selbstverständlichkeit das klein gezimmerte Apartment zu hüten und sich um ihre kleinen Geschwister zu kümmern, während ihre Mutter sich um jeden Penny abmühte, den sie bei ihrem Aushilfsjob als Putzkraft ergattern konnte. Sie lebten nicht standart gemäß. Weder ansatzweise normal, noch halbwegs ertragend. Das Apartment war beleidigend klein, für eine fünfköpfige Familie, der kleine Kühlschrank begrüßte einen fast jeden Tag mit gähnender Leere und von heißem Wasser durften alle Fünf nur träumen. Strom besaßen sie hauptsächlich nur in der kleinen Küche, die zugleich auch das Wohnzimmer repräsentierte. Das Badezimmer war der Albtraum schlechthin und von überteuerten Gerätschaften, wie zum Beispiel einen Fernseher oder ein Handy, konnte man in dieser Wohnung vergeblich suchen. So etwas besaßen sie einfach nicht.

 

Cecilia seufzte tief und rührte lustlos in einem kleinen Topf herum, dessen Inhalt leise vor sich hin köchelte, während sie ein Zimmer weiter Margo und Til miteinander laut streiten hörte. Eine Weile lauschte die junge Frau die Rangellei der beiden Jüngsten, bevor sie schlussendlich den Topf von der heißen Herdplatte nahm, sie ausschaltete und mit der Geduld am Ende das Kinderzimmer betrat. "Was habt ihr beiden nun schon wieder für ein Problem, das ihr die gesamte Nachbarschaft daran teilhaben lassen möchtet?" , rief Cecilia etwas lauter geworden in den Raum hinein und betrachtete die Situation.

"Til hat mir meine Darla weggenommen."
"Margo hat mein Feuerwehrauto versteckt."

 

Wie aus einem Mund, dachte sich die junge Frau und blickte die beiden zweieiigen Zwillinge überrascht an. Margos brauner Lockenkopf wippte bei jeder hektischen Bewegung auf und ab, während Til bevorzugte seine hellbraune Haarpracht mit den Händen zu durchwühlen und aufgebracht auf seine Schwester zeigte. Sie tat es ihm gleich. "Ich will mein/e Darla/Feuerwehrauto wieder haben." "Ich verstehe euch nicht, wenn ihr beide gleichzeitig herum brüllt. Ihr seid sechs Jahre alt und mittlerweile eigentlich im Stande euch zu vertragen und zusammen zu spielen. Was ist daran so schwer?" , versuchte Cecilia die Situation zu beschwichtigen. Trotzig wie kleine Kinder aber waren, verschränkten sie beide die Arme vor der Brust und streckten sich beleidigt die Zunge heraus. "Mit dem da will ich aber nicht spielen." , merkte Margo an und drehte ihren Kopf demonstrativ zur Seite. "Ich mit ihr auch nicht." Til tat es seiner Schwester gleich, stampfte gleichzeitig jedoch mit einem Fuß auf und schnaufte.

 

Die Ältere der vier Geschwister konnte über so viel Sturheit von Kindern lediglich nur den Kopf schütteln und stieß überfragt einen lauten Seufzer aus. "Na gut ... Til, du gibst deiner Schwester ihre Puppe ... " "Darla!" , unterbrach Margo sie empört. "Sie ist keine Puppe, sondern eine Lady." "Natürlich." , ergab sich Cecilia und massierte sich genervt den Nasenrücken. "Du gibst ihr bitte Darla zurück und als gegenzug dafür bekommst du dein Spielzeugauto wieder. Ist das ein fairer Tausch?" "Es ist ein Feuerwehrauto." , belehrte Til sie nun ebenfalls. "Das ist mir bewusst, Til." , seufzte sie abermals und ließ ihre Schultern hängen. "Vertragt euch nur einfach und macht es mir nicht noch zusätzlich mit eurem Gezanke schwer. Wenn ihr wollt könnt ihr ja meinetwegen den Haushalt führen. Putzen, Wäsche waschen ... " "Nein!" , schrien die Kleinen erschrocken auf und schneller als Cecilia schauen konnte, wechselten die Spielsachen den jeweiligen Besitzer, setzten sich auf dem runden Teppich zusammen und spielten miteinander, wie vor wenigen Minuten zuvor es ebenfalls der Fall gewesen war.

 

Klappt immer wieder, dachte sich die junge Frau grinsend und gluckste leise, bevor sie sich abwandte. "Das Essen ist auch sogut wie fertig." , rief sie dem spielenden Geschwisterpaar über der rechten Schulter hinweg zu und verschwand aus dem Zimmer. Sie betrat den kleinen Flur und hielt auf die Küche zu, als sie neben einer weiteren Zimmertür stehen blieb und das fein mamorierte Holz nachdenklich betrachtete. Nach einigem hin und her entschied Cecilia zögerlich zu klopfen und drückte den Knauf hinunter, nachdem sie ein leises, zustimmendes Gemurmel dahinter wahrnehmen konnte. Dunkelheit umhüllte das Zimmer, die Vorhänge waren zugezogen und bis auf das Rascheln einer Bettdecke herrschte bedrückende Stille im Raum.

"Ilias?" , fragte sie stockend und trat ein. Der Boden knarzte unter ihrem Gewicht, als sie sich dem schmalen Bett näherte und sich schließlich auf die Kante platzierte, die Decke betrachtete wo sich ihr fünzehnjähriger Bruder darunter verkroch. Cecilia hob ihre Hand, streckte sie nach Ilias aus und strich sanft eine schwarze Haarsträhne beiseite die frech heraus lugte. "Magst du mir helfen den Tisch zu decken? Es gibt Tomatensuppe ... das isst du doch so gerne." "Habe keinen Hunger." , kam es nur gedämpft zurück. Er entzog sich ihr und rutschte weiter zur Wand hinüber, um ihr unmissverständlich deutlich zu machen, das sie nun gehen konnte. Cecilia erwiderte daraufhin nichts mehr, stattdessen blickte sie ihren trübsalblasenden Bruder schweigend an und fühlte tiefes Mitleid mit ihm.

 

Was er damals miterleben musste, tat einem Jungen im zarten Alter von 10 Jahren definitiv nicht gut und löste in ihm Unbehagen und Angstzustände aus. Er litt an einem Trauma, doch das Geld für einen Therapeuten besaßen sie nicht, um ihm zu helfen. Auch Mum leidet, wenn sie an damals zurück dachte und Cecilia konnte nicht behaupten nicht ebenfalls emotional betroffen zu sein. Für Til und Margo war es unbegreiflich gewesen was in der Vergangenheit geschah, doch wenigstens die Beiden sollten damit verschont und nicht konfrontiert werden. Es reichte, wenn die Drei sich daran erinnerten und einen inneren Kampf austrugen.

 

"Ich werde dir einen Teller ins Zimmer bringen, okay? Und falls du es dir anders überlegen solltest ... wir sitzen in der Küche. Mum müsste auch in einigen Stunden wieder nach Hause kommen." , gab sie ihm zu verstehen und erhob sich vorsichtig. Sie sah Ilias nicken, bevor er sich wieder völlig zurück zog und offensichtlich schlafen wollte. Cecilia ließ ihn und wollte sein dunkles Reich verlassen, als ihr Blick auf ein gerahmtes Bild fiel. Sofort schlug ihre sowieso schon angespannte Stimmung um und bittere Galle stieß in ihrem Halse empor, gemischt mit Wut und große Enttäuschung. Am liebsten hätte sie dieses Lächeln, welches ihr Vater auf dem Familienfoto der jungen Frau entgegen strahlte, aus dem Gesicht gewischt und ihn haltlos wilde Beschimpfungen an den Kopf geworfen, stünde er jetzt genau vor ihr. Doch das tat er nicht. Er saß seine Zeit im Londoner Gefängnis Wandsworth ab und Cecilia wünschte sich insgeheim er möge dort auf ewig verweilen. In der Hölle sollte er schmoren, dachte sie sich und schnappte sich das Bild ohne Ilias wissen.

 

Leise schloss die junge Frau die Tür und lief schnellen Schrittes in die Küche, eilte zum Fenster und öffnete es. Kurzerhand schmiss sie das Bild hinaus, versicherte sich jedoch vorher noch ob sich auch niemand unter ihr befand und sah wie es drei Stockwerke tiefer auf dem Gehweg zerschellte. Es war merkwürdig, doch ein beklemmender Druck fiel von ihr ab, nachdem sich sein Gesicht nicht länger in dieserWohnung aufhielt. Cecilia wusste nicht, woher Ilias das Bild zu Tage gebracht hatte, ging die Ältere und auch ihre Mutter davon aus, dass sie jegliche Bilder dieser Art entsorgt hätten. Scheinbar war dem nicht so gewesen. Sie hoffte lediglich nur,ihr Bruder nahm es ihr nicht übel und verstünde warum sie derart auf ihren Vater reagierte. ... Dieser Heuchler.

 

"Cecilia?" , erklang die ermattete Stimme ihrer Mutter und riss ihre Tochter somit aus den Gedanken. "Du bist schon da?" , fragte sie sogleich, als die entkräftete Frau die Küche betrat und beobachtete wie sie sich auf einen Stuhl nieder ließ. "Ähm ... ja, das bin ich." Cecilias Blick huschte belanglos zur Wanduhr, die Viertel vor Eins anzeigte. Sie war zwei Stunden früher als geplant wieder zu Hause, doch sie dachte sich letzten Endes nichts dabei und stellte sich vor einem schief hängenden Küchenschrank. Das Geschirr klapperte leise, nachdem sie die Teller heraus gesucht und auf den Küchentisch platziert hatte. Währenddessen schien ihre Mutter mit sich zu hadern und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum, wirkte etwas neben sich. "Ist alles in Ordnung? Du scheinst in einer ganz anderen Sphäre zu schweben." , gluckste Cecilia und wollte ihre Mutter eigentlich nur ein wenig auf den Arm nehmen. Diese reagierte dennoch anders, als ihre Tochter erwartet hatte.

 

Aufgebracht stand sie auf, der Stuhl fiel dabei laut scheppernd zu Boden und ergriff die Hände ihrer überrascht drein schauenden Tochter, die bei weitem nicht mit einem derartigen Überfall gerechnet hatte. "Sag es bitte nicht den Kindern, noch nicht, ... aber ich habe keine besonders erfreulichen Nachrichten." "Was ist denn los?" , wollte Cecilia sogleich in Erfahrung bringen und schaute besorgt in die grünen Augen ihrer Mutter. Diese erwiderte ihren Blick zerknirscht und wandte ihren Gesicht gen Boden ab. "Ich bin ... fristlos gekündigt worden. Gleich heute morgen schon." , murmelte die Frau und schüttelte hilflos mit den Kopf. "Was? Aber ... wieso?" Unglaube war aus Cecilias Stimme zu erkennen und das zu Recht. Wie sollten sie nun dieses Apartment halten? Es standen doch noch so viele Rechnungen offen. Und wie sieht es von nun an mit Nahrung aus? Mit Kleidung?

 

"Ich wurde im Treppenhaus von dem Sekretär des Filialleiters bedrängt, ... als er zu aufdringlich wurde, konnte ich mich nicht mehr zurück halten und habe ihn Geohrfeigt. Ich dachte es bliebe vielleicht bei einer Verwarnung, doch dieser Mann schien dem Chef eine andere Geschichte geschildert zu haben. Letzten Endes wurde ich als Schuldige dargestellt und man gab mir nicht einmal die Möglichkeit die Situation richtig zu stellen. Man hatte mich sofort entlassen und ich wurde aus der Firma verwiesen." "Aber die können dich doch nicht einfach feuern!" , rief Cecilia aufgebracht in den Raum hinein und lief wütend die Küche auf und ab. "Leider doch. Ich war noch in der Probezeit." , gestand ihre Mutter voller Kummer und setzte sich wieder, nachdem sie den umgefallenden Stuhl wieder aufhob und richtig platzierte. "Was machen wir denn jetzt? Wir haben noch so viele Schulden zu begleichen, wir können nicht einmal die Miete rechtzeitig bezahlen. Wir liegen im Rückstand und das seid zwei Monaten." , schilderte die junge Frau die missliche Lage in der diese Familie sich momentan befand und raufte sich nachdenklich ihre blonden Haare, suchte nach einer Möglichkeit diesen Monat noch an Geld zu kommen. Es sah schlecht für sie beide aus.

 

"Cecilia ... ich mute dir wirklich sehr viel zu. Gerade in deinem jetzigen Alter, solltest du dich nicht mit Erwachsenen - Kram herum schlagen und dir Sorgen um die Zukunft machen. Du solltest mit Freunden durch die Stadt ziehen, dich verlieben und Freude am Leben haben und nicht den ganzen Tag die Kinder hüten und die Wohnung sauber halten. Das wäre meine Aufgabe und nicht die deine." , fing die Ältere der beiden zu erklären und schaute ihre Tochter bittend an. "Dennoch hoffe ich auf deine Unterstützung und hörst dir meinen Vorschlag an."

 

Cecilia beobachtete wie ihre verzweifelte Mutter einen Flyer aus ihrer Tasche heraus nahm und ihn zerknittert auf dem Tisch ausbreitete, sie anschließend aufforderte ihn sich durchzulesen und der Frau ihre Meinung dazu äußerte. Das Blatt war auffällig und übertrieben mit allerlei goldenen Schnörkeln auf königsblauen Hintergrund verziert, ebenso wie die aufgedruckte Schrift von Picasso selbst wie ein gemaltes Kunstwerk aussah. Cecilia ahnte, was auch immer in diesem kleinen Text stehen würde, es schien beinahe nach Aufmerksamkeit zu schreien und wollte unbedingt gelesen werden. Sie tat es. Und noch einmal ... Und noch einmal. Hinterher war Cecilia deutlich anzusehen, wie überfordert sie war. "Okay ... was genau versuchst du mir damit zu sagen, Mum?"

 

Ihre Mutter seufzte tief. Es klang traurig und verbittert, wie Cecilia fand und es tat ihr weh ihre Mutter so verzweifelt zu sehen. Liebevoll nahm sie wieder die Hände ihrer Tochter, strich mit dem Daumen sanft über ihr Handrücken und deutete ein Lächeln an, während sie den Flyer auf der Tischplatte nachdenklich betrachtete und anschließend ihre Tochter mit einem Kopfnicken animierte sich nun ebenfalls zu setzen. Zuerst schwiegen sie beide sich an, bis ihre Mutter schlussendlich ihre Bitte äußerte.

"Werde das Kindermädchen des achtjährigen Sohnes der Königsfamilie."

Kapitel 1 : ... der Schüttelfrost sein, den ich an unserem ersten Treffen fühlte.

Cecilia blickte nachdenklich auf die verschnörkelten Zeilen des leicht mitgenommen aussehenden Flyers, während die umliegende Landschaft rasant an ihr vorbei zog und der fahrende Zug ihren Körper sanft hin und her schaukelte. Ein kleiner Koffer gefüllt mit wenig ihrer Habseligkeiten stand unmittelbar neben ihr auf dem Boden und zeigte ihr, dass die junge Frau wahrhaftig sich auf dem Weg zum königlichen Palast Londons machte, um sich für die Stelle des Kindermädchens zu bewerben. Dabei war sie sich nicht einmal sicher diese auch zu bekommen. Wahrscheinlich war Cecilia nicht die einzige die sich darauf etwas erhoffte und man die Ehre zurteil werden ließ im Palast zu arbeiten. Noch dazu in unmittelbarer Nähe eines Blaublüters. Die Konkurrenz würde groß sein, so dachte sie sich insgeheim und seufzte laut auf.

Unsicher blickte sie aus dem Fenster, legte das Schriftstück beiseite und betrachtete sich im Spiegelbild der Glasscheibe. Blaue Augen, wie die ihrer Mutter, strahlten ihr entgegen und ihre blonde, weit über die Schulter reichende Mähne wirkte ein wenig verfilzt und strohig, wie sie fand. Cecilias Kleidung bestand lediglich aus einer ausgewaschenen schwarzen Jeans und einer hellblauen Bluse, die, soweit sie sich erinnern konnte, einmal in einem schönen dunklen Ton geleuchtet hatte. Ihre Haut wiederum sah blass aus und wies einige trockende Stellen auf, die sie immer Mal wieder mit einer einfachen Hautcreme versuchte zu beheben.

Cecilia schnaufte enttäuscht. Sie war sich sicher, ihr Äußeres würde eine große Rolle bei der Bewerbung spielen und sie sah bei Leibe keineswegs ordentlich, geschweige denn wie eine im Rampenlicht stehende Schöhnheit aus. Ob sie dennoch eine Chance hatte? Wenn sie ehrlich war besaß sie keine genaueren Vorstellungen wie die Tätigkeiten eines Kindermädchens im Schloss aussehen mögen. Die junge Frau wies zudem keinerlei Qualifikationen auf und konnte lediglich ein Abgangszeugnis vorlegen, sowie große Lücken im Lebenslauf.

Wenn man eins uns eins zusammen zählte, konnte Cecilia sofort den Rücktritt antreten und ihrer hoffnungsvollen Mutter enttäuschende Nachrichten zukommen lassen. ... Denn das sie aus vielen anderen Bewerbern gewählt werden würde, stand ganz weit in den Sternen und zischte als Schnuppe davon.

~

Langsam fuhr der Zug in den Bahnhof ein und die junge Frau raffte sich aus ihrem Sitz, schnappte sich ihren zu klein geratenen Koffer und stieg anschließend aus. Eine ganze Scharr ihr unbekannter Fremden kamen ihr entgegen und nicht zu selten wurde sie unsanft angerempelt und angefaucht, sie solle doch besser auf ihre Umgebung achten. Das dies auch auf diese unfreundlichen Menschen selber zu traf kam ihnen anscheinend wohl nicht in dem Sinn, wie sie genervt feststellen musste. Die Luft war schwül, der Bahnhof zu voll und die Bewohner der Londoner Stadt zu unhöflich und frech. Sie hatte sich ihre Ankunft wesentlich anders vorgestellt.

Kopfschüttelnd machte sie sich auf dem Weg, den Koffer mit sich her ziehend und verließ recht schnell den zu überfüllten Bahnhof. Die Sonne strahlte ihr entgegen und blinzelnd betrachtete Cecilia ihre neue Umgebung flüchtig, bevor sie sich den Weg zum Palast durchfragte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie schließlich einen langen und steilen Bürgersteig empor stieg und auf eine gelb gepflasterte Straße stieß, die zu ihrem Missfallen zu einem weiteren Hügel hinauf führte. Schnaufend und auch leicht verschwitzt kam sie schließlich eine gefühlte halbe Stunde später oben an und ließ es sich nicht nehmen kurz zu verschnaufen, ehe sie die Letzte Hürde auf sich nahm und eine lange Treppe empor stieg, wo sie auf ein großes, stählerndes Tor stieß. Es wunderte sie nicht, dass die junge Frau nicht die einzige war, die ungeduldig darauf wartete dass man ihnen Einlass gewährte und das Tor sich für alle öffnete.

Junge, sehr hübsche Mädchen, ältere Damen, ja sogar Herren, belegten die Auffahrt und wirklich ein jeder erschien ihr optimal für diesen Job zu sein. Sie alle versprachen potenzial, wirkten vielleicht etwas abgehoben, doch es reichte aus um Cecilia weiter zu verunsichern. War sie vielleicht sogar die einzige die aus einer etwas verärmteren Familie stammte? Es schien wohl so zu sein, denn die missbilligen und neugierigen Blicke der anderen waren ihr gewiss und sie fühlte sich sogleich unwohl und hier nicht erwünscht. Aus dem Augenwinkel beobachtete Cecilia eine Gruppe Mädchen ihren Alters entsprechend, die flüsternd ihre Köpfe zusammen steckten, sie flüchtig betrachteten und anschließend in lautes Kichern verfielen. Oh ja ... der Tag versprach ihr immer weniger aufreizend zu werden.

So gut wie es Cecilia eben möglich war ignorierte sie das Getuschel der Konkurentinnen und wartete ebenso ungeduldig darauf dass die königliche Garde ihnen das Tor öffneten und man sie eintreten ließe. Schon vom Weitem konnte sie die Schöhnheit und die Pracht des Palastes erkennen und eine gewisse Aufregung breitete sich in ihr aus, die sie versuchte sich nicht anmerken zu lassen. Es war schon schwer genug den anfänglichen Groll der anderen ihr Gegenüber zu ertragen, die sie offensichtlich nicht leiden konnten. Weshalb auch immer ...

Und schließlich war es endlich so weit. Leise Quitschend glitten die schwarzen Torflügel auseinander und die Menge strömte in den viel zu großen Vorgarten hinein. Die junge Frau nahm sich die Zeit und wartete bis der Großteil der Menschen den langen Pfand hinauf zu den Türen des Palastes hinauf spaziert waren, dann erst machte sie sich ebenfalls auf dem Weg, doch wesentlich langsamer als der Rest. Ihre Nervosität stieg mit jedem weiteren Schritt an und die wachsamen Blicke der postierten Wachen taten dem keinen Abbruch. Im Gegenteil. Sie verschlimmerten ihr Unwohlsein um ein dreifaches. Jede ihrer Bewegungen wurden mit Argusaugen beobachtet und auch wenn sie den Glanz des Palastes auf sich wirken lassen wollte und sich an die Umgebung gewöhnen wollte, beschleunigte Cecilia ihre Schritte und kam recht zügig oben bei den Palasttüren zum stehen.

Es vergingen wieder einige Minuten des wartens, bis schließlich eine Flügelhälfte der Tür sich leise öffnete und ein älterer Herr heraus trat, den sie als einen der Bediensteten identifizieren könnte. Äußerlich machte er jedenfalls den Eindruck, mit seinem schwarzen Blazer, sowie Hose und weißer Fliege. Seinem Gesichtsausdruck nach zu Urteilen, schien er regelrecht gelangweilt zu sein und es kam Cecilia so vor, als würde dieser Mann gerne woanders sein, nur nicht unbedingt hier. Doch trotzdem neugierig geworden lauschte sie nach seinem Erscheinen seine darauf folgenden Worten, die ihr äußerst wichtig erschienen, im Angesicht dessen, was sie wohl bei der Bewerbung erwarten würde.

"Bevor man Ihnen den Eintritt ins Schloss gewährt, werden zu aller erst wichtige und durchaus einzuhaltende Regeln gelten gemacht: Der offene Kontakt ist während ihres Aufenthalts zu dem König und die Königin, sowie dem Erstgeborenen, Prinz Alexander, und den Zweitgeborenen, Prinz Mathews, untersagt, solange sie nicht dazu aufgefordert werden. Wer stiehlt hat mit großen Konsequenzen zu rechnen. Es werden keine Informationen an die Öffentlichkeit preis gegeben, ansonsten drohen harte Maßnahmen."

Sein strenger Blick glitt einmal durch die gesammten Bewerber und Cecilia glaubte die Regeln gelten ausschließlich den jungen Mädchen, wenn sie seine Missbilligung richtig deutete. Auch ihr wurde dieser Blick zugeworfen und sie fühlte sich durchaus ein wenig angesprochen. Ob diese Regeln in Kraft gesetzt worden waren, gerade weil diese Fehltritte von anderen verursacht worden sind? Cecilia konnte sich das definitiv vorstellen. Dieser Prinz Alexander konnte sich durchaus was einbilden, wenn es um seine weiblichen Fans ging. Die hatte er wenn zur genüge. - Und bestimmt taten sie vieles, nur um in seiner Nähe sein zu können oder sich die Aufmerksamkeit der Presse zu erschleichen.

~

"Nun kommen wir zum Wesentlichem." , begann der ältere Herr von Neuem. "Da die Hohheiten die Zeit fehlt jeden einzelnen Bewerber in einem Gespräch sich ein eigenes Bild  über die Person zu machen, werden ausschließlich die Fähigkeiten der grundlegende Aspekt sein, Prinz Mathews zu betreuen. Sowohl mit dem Umgang seiner Persönlichkeit, als auch im Können des Geschickes. Darunter zählen das Wecken und Einkleiden des Prinzen, das Frühstück zu servieren und die Gemächer neu herzurichten. Aus diesem Grund werden wir Sie einigen Test unterziehen, die ihr Können unter Beweis stellen sollten. Gibt es bis dahin irgendwelche Fragen?" Die Menge schweig. Einige schüttelten belanglos mit den Köpfen, während die anderen doch schon sehr ungeduldig geworden mit dem Fuß auf und ab wippten. Ein Anlass, dass der Feine Herr mit seiner Rede fortfuhr.

"Die Tests werden in den darauffolgenden Tagen durchgeführt, jeweils zwei pro Woche. Man wird Ihnen eine Unterkunft gewährleisten, unter anderem ausreichende Mittel wie Frühstück, Mittagessen und Abendessen, sowie Hygieneeinrichtungen. Ein gewisses Maß an Freiheiten wird Ihnen ebenfalls gegeben. Weitere Details erfahren sie in Kürze in Formen von schriftlichen Mitteilungen, die sie in ihren Unterkünften vorfinden werden. Desweiteren werde ich Sie hiermit für den Rest des Tages entlassen und geleite sie in den westlichen Palastflügel der Teilnehmer. Ich bitte Sie mir zu folgen."

Ein leises Raunen ging durch die Menschenmasse und erst verzögert folgten die Bewerber den alten Mann ins Schloss hinein. Die jungen Mädchen quietschten verzückt auf, nachdem sie ihren Blick in die Empfangshalle geworfen haben und schwärmten über dessen Anmut und Glanz, träumten und bildeten sich ein, wie es wäre auf diesen heiligen Boden nicht als einfaches Mädchen zu stehen, sondern als eine schöne, junge Frau. Als eine Prinzessin. - Und an ihrer Seite der nächtliche Traum Prinz Alexander. Cecilia überhörte die Träumereien ihrer weiblichen Konkurrenz gefliessentlich und ließ ihren Blick lieber über die königlichen Portraits an den strahlend weißen Wänden wandern, während sie alle über die weitläufigen, hell beleuchteten Flure entlang gingen. Ein Teilnehmer nach dem anderen bekam seine Unterkunft gezeigt. Es waren viele kleine Einzelzimmer, besonders gut geeignet für die Angestellten und sehr zur Freude von Cecilia. Klein aber Fein, wie sie fand. Und die Räumlichkeiten waren alle hübsch eingerichtet und boten, trotz schmaler Lage viel Platz und Stauräume, wie Komoden, Schränke und Borten. Es gefiel ihr und für einen Moment vergaß die junge Frau den genaueren Grund ihres Aufenthalts im königlichen Palast Londons.

"Ihr Zimmerschlüssel, Miss." Der Mann reichte ihr einen vereinzelten Schlüssel mit einem kleinen Anhänger, den Cecilia dankend annahm, nachdem mindestens die Hälfte der Teilnehmer mittlerweile ihre Zimmer bezogen und nickte freundlich, als er ihr noch einen schönen Nachmittag wünschte und eine angenehme erste Nacht. "Vielen Dank."

Sie blickte ihm und den Rest der Bewerber nach und wandte sich anschließend der verschlossenen Tür zu, als die Anderen in der Nächsten Abbiegung aus ihrer Sicht verschwanden. Noch immer etwas irritiert und sich in diesen Wänden nach wie vor fremd fühlend, seufzte Cecilia lautlos auf. Sie spürte die Aufregung durch ihren Körper fließen, doch auch eine gewisse Erschöpfung machte sich so langsam bemerkbar und der Wunsch nach etwas Ruhe übernahm schließlich die Oberhand. Schon fast zu Eilig schloss sie die Tür auf, zwängte sich hindurch und schob ihren Koffer durch den Türrahmen. Cecilia erwartete ein lichtdurchflutetes und anständig durchgelüftetes Zimmer, doch stattdessen schlug ihr eine schwüle Atmosphäre entgegen, leichte Dunkelheit umfing sie und es war stickig im Raum. Sie hörte undefinierbare Laute, bemerkte kleine Regungen rechts von ihr und doch neugierig, teils auch verwirrt, betätigte die junge Frau den Lichtschalter, der sich links von ihr befand.

Erschrockende Laute erklangen, als das Licht den Raum erhellte, und Cecilias Gesichtszüge entgleisten vollständigen, nachdem ihr Blick auf das Bett fiel, wo sich zwei Personen offenbar heiß und innig miteinander beschäftigt und sich Gegenseitig Lust verschafft hatten. - Bevor sie aufgetaucht und das Beisammen sein der beiden Liebenden zerstört hatte. Zwei Augenpaare starrten ihre Wenigkeit an. Der andere voller Scham und feurig Rot im Angesicht dessen in welcher Situation sie sich befanden, während das andere Paar sie wortwörtlich versuchte zu erdolchen, sie nieder stach und zu Grund und Boden stampfte. Metaphorisch gesprochen. Dennoch bildete Cecilia sich das nicht ein. Zu alledem schien sie eine Person zu kennen. Zumindest aus der Ferne und nur vom Sehen her.

Ja. Definitiv. Den männlichen Part dieser wilden Obsession kannte sie.

Gerade diesen Mann.

Der Erstgeborene.

Der Prinz.

Alexander.

O' Schreck.

~

"Raus hier!" , wurde sie sogleich barsch aufgefordert und seine Züge verzerrten sich zu einer wütenden Grimasse. Cecilia zuckte zusammen, ihr zur Salzsäule erstarrter Körper erwachte zum Neuen Leben und ihr aschfall gewordenes Gesicht, verfärbte sich vor lauter Verlegenheit Purpurrot. "Verzeihung." , schrie sie schon beinahe in seine Richtung, verschloss ihre Augen und knallte hinter sich die Tür zu, als sie das Zimmer hektisch wieder verließ. Was für eine Blamage.

Cecilia hatte den Prinzen mitten beim Sex gestört. Eine Situation die sie sich nie hätte erträumen lassen können, ihr noch dazu mehr als peinich war. Das war nicht ihre Absicht gewesen. Gott verdammt, sie konnte sich schöneres Vorstellen als eine solch eskallierte Erste Begegnung im Wahren Leben. Wie peinlich, wie auch zeitgleich verstörend. So wollte sie den Erstgeborenen nicht begegnen. Volkommen entkleidet, mit einer willigen Frau vereint. ... Schon dieses Gedankenkino trieb ihr weitere Röte ins Gesicht und wild mit dem Kopf schüttelnd und die Hände auf ihren erwärmten Wangen gelegt, lehnte sie sich gegen das kühle Holz der Türe ihres eingenommenen und zugewiesenen Zimmers. Doch schon recht bald, hörte sie lautes Gepolter hinter der Holzverkleidung, wildes Gefluche wurde im Raum geworfen und hektische Radalierungen brachten Cecilia dazu sich von der Tür zu entfernen.

Erst kurze Zeit später wurde die Tür aufgerissen und eine beschämte Frau, gekleidet in der Uniform eines Zimmermädchens, verließ schnellen Schrittens das Zimmer, sah Cecilia davor stehen und flüchtete so schnell sie konnte aus dem westlichen Palastflügel und somit aus ihren Augen. Nicht fähig sich zu bewegen, sah sie dem jungen Mädchen hinterher, und wusste wie peinlich es ihr gewesen war erwischt zu werden. Ihr erging es doch nicht anders. So etwas war immer unangenehm. Für beide Parteien.

Doch ein Räupsern riss Cecilia erneut aus ihrer Starre und wurde zeitgleich von zwei kräftigen Armen an den Schultern herum gerissen, zurück in den Raum gezogen, aus dem sie eben noch geflohen war, schmerzhaft gegen die nächstgelegende Wand gepresst und kontrolliert wütend angefaucht. "Wer auch immer du bist, du hast mir meinen Sex ruiniert, Mädchen."  

Kapitel 2: ... der Regen aus den Wolken sein, wenn es stürmt.

Doch ein Räupsern riss Cecilia erneut aus ihrer Starre und wurde zeitgleich von zwei kräftigen Armen an den Schultern herum gerissen, zurück in den Raum gezogen, aus dem sie geflohen war, schmerzhaft gegen die nächstgelegende Wand gepresst und wütend angefaucht. "Wer auch immer du bist, du hast mir meinen Sex ruiniert."

 

~

 

Aus Schreck geweiteten Augen besah Cecilia den jungen, vor Wut schäumenden Prinzen vor sich, nicht sicher wie sie die Situation einzuschätzen wusste. Sicher, sie hatte eventuell seine Liebschaft mit dem hübschen Mädchen versaut, und sein Frust darüber hätte sie sogar noch verstehen können. Aber derart Handgreiflich zu werden, sie durch sein wildes Aufbäumen zu bedrohen, fand sie letzten Endes dann doch zu übertrieben. Sie konnte doch nicht ahnen, was sich hinter der geschlossenen Tür abspielte. Zumal die Beiden sich offensichtlich die falsche Zeit, sowie Ort ausgesucht hatten, um übereinander herzufallen. Dieses Zimmer wurde allein für sie reserviert. Wenn der junge Adel und die kleine Angestellte schon nicht die Finger voneinander lassen konnten, warum dann nicht in seinen Gemächern? Oder in das ihres? Die Erkenntnis, Cecilia trifft letzten Endes nicht die Schuld für diesen Schlamassel, beruhigte sie etwas und die anfängliche Angst, die sie ihm Gegenüber verspürt hatte, verflog dann doch schnell wieder.


Er war nicht berechtigt ihr Schuldgefühle zu prädigen. Blaublüter hin oder her. "Ich habe Euren Sex nicht ruiniert." , wehrte die junge Frau sich, fühlte sich mehr als missverstanden. "Nach meinem Stand aus sollte dieses Zimmer leer stehen, es war für mich zurecht gemacht worden, damit ich es beziehen konnte. Derjenige, oder beser ausgedrück, diejenigen, die wenn dann in diesen Räumlichkeiten Fehl am Platze waren, dann waren es Sie und Ihre Freundin. Frechheit ist das, und dann dieses Verhalten auch noch von einem Prinzen, den man mehr Disziplin angerechnet hätte. " Sie wurde wütend, redete sich in Rage.


Nicht nur, weil er sie ziemlich grob behandelte und ihr Rücken darunter zu leiden hatte. Auch seine vollkommende Nacktheit drückte sich wortwörtlich mehr und mehr in den Vordergrund. Er war ihr zu nah, selbst für seine Verhältnisse und seinem hohen Rang aus. Hätte er sich nicht wenigstens eine Schorts überziehen können? Oder zumindest die unbezogene Decke? O' Schreck, was wenn jemand die Beiden in dieser Position vorfinden würden? Sie würde diese Arbeitsstelle nicht bekommen und hochkant aus diesem Schloss geworfen werden, noch bevor der eigentliche Wettkampf begonnen hatte. Brach sie eigentlich eine Regel? - "Der offene Kontakt ist während ihres Aufenthalts zu dem König und die Königin, sowie dem Erstgeborenen, Prinz Alexander, und den Zweitgeborenen, Prinz Mathews, untersagt, solange sie nicht dazu aufgefordert werden." Ja, verdammt, das tat sie. Sie wird schon recht bald wieder nach Hause fahren. - Wie deprimierend, und schon nach nur nicht einmal einem Tag.


~


"So so, ein weiteres geldgeiles Mädchen, das durch die Stelle als Kindermädchen sich erhofft so an Ruhm und Macht zu gelangen." , schnaufte er angeekelt und seine Augen verdunkelten sich. "Wie erbärmlich ihr Weiber doch alle seid." Alexander wandte sich von ihr ab, entließ sie aus seiner Gefangenschaft und zog sich dessinteresiert seine auf dem Boden verteilte Kleidung wieder über. Währenddessen war Cecilia über seine harten Worte erschüttert und wagte es nicht etwas darauf zu erwiedern. Geldgeil. Erbärmlich. So schätze dieser Prinz sie ein? Weil sie im Glauben gewesen war durch diesen Job ihrer Familie somit ein besseres Leben zu verschaffen und womöglich sogar ihr eigenes? Wie gemein. Und doch so wahr. Die junge Frau war nur aus einem einzigen Grund hier in diesem Palast. Um zu arbeiten ... und um besagtes Geld zu verdienen.


"Sie haben Recht." , gab sie nach und neigte ihren Kopf nach Rechts, um ihm aus Respekt nicht dabei zusehen zu müssen, wie er sich ankleidete. "Ich bin wegen des Geldes hier, das stimmt. Aber ... meine Gründe, warum ich mich für diese Stelle bewerben möchte, sind und bleiben Gründe die Sie nicht kennen müssen und nicht brauchen. Glauben Sie was immer Ihnen beliebt. Doch wenn Sie der Annahme wären jedes Mädchen wäre darauf aus diese Chance auszunutzen, dann gebe ich zu, dass Sie eine wahrlich schlechte Menschenkenntnis haben. Ich habe vieles von Ihnen erwartet. Unfreundlichkeit, ja sogar etwas Überheblichkeit und Arroganz, wenn man den Gerüchten in den Medien glauben möge. Aber ich habe mich geirrt." Cecilia nahm sich den Mut und getraute sich den Prinzen anzublicken, nachdem sie glaubte er sei weider angezogen, als das Rascheln von Kleidern nachließ. "Sie sind bei weitem schlimmer, als ich es jemals gedacht hätte" , gestand die Blondine geradeheraus. Wissend dass sie damit einen großen Fehler begangen hatte. Das wird Konsequenzen nach sich ziehen. ... Wohlmöglich auch diesen Job kosten.


~


Er hatte ihren Worten gelauscht und wirkte zunächst überrascht. Und doch war seine Wut über die mehr als ungünstige Störrung nicht verraucht, das spürte sie instinktiv. Cecilia schluckte nervös, während Alexanders Gesicht einen harten Zug annahm und er seine Schultern spannte, ebenso die Fäuste ballte. "Oh ... wohl eine ganz Taffe." , spottete er weiter und bäumte sich ein weiteres Mal vor ihr auf. Wie ein Berg, bestehend aus Muskeln und Sehnen, stand er vor ihr, starrte regelrecht auf sie hinunter und ließ Cecilia das Gefühl geben etwas Wertloseres als er zu sein. Sie senkte ihren Kopf, nicht weil er ihr sonderlich Angst machte. Sondern weil er sie verbal demütigt und seine Abbneigung ihr Gegenüber offen zeigte. Ein kleines Maß an Scham empfand die Blondine, wenn sie darüber nachdachte, mit welcher Aufmachung sie sich ihm stellte. Ihre Kleidung bestand nicht größtenteils aus teuren Markenklamotten, wie Prada, Dolce Gabbana oder Hugo Boss. Sie waren abgetragen, ausgewaschen und entstammen nicht gerade aus der neusten Mode. Teilweise aus dem Second Hand Laden. Die junge Frau musste für einem wie ihm, einem Adelssohn, schäbig und verkommen aussehen. Wo war ihr Mut von vorhin geblieben, bevor sie ihm eine derartige Lehrstunde in Sachen Menschenkenntnisse herunter geleiert hatte?


"Was ist? Hast du deine Sprache verloren?" , grinste er überheblich und zog spöttisch eine Augenbraue in die Höhe. "Erst große Reden schwingen und sich anschließend wie eine schmierige Schnecke verkriechen." Grob schnappten seine Finger ihr Kinn und hoben es an. Aus großen Augen und nach Empörung Luft schnappend, sah Cecilia in sein wütendes Gesicht und war wie gelähmt. Wieder wurde sie Zeuge seiner Rüpelhaftigkeit und war milde ausgedrückt darüber verblüfft , wenn sie bedachte wie freundlich und schmeichelhaft er sich der Öffentlichkeit zeigte. War das etwa alles nur gespielt? Definitiv konnte sie dieses Verhalten ihn jetzt sogar zutrauen, wenn sie Alexander so vor sich sah.


"Ich warne dich, Püppchen." , raunte er ihr leise zu. "Solltest du meinen kleinen Bruder zu Nahe treten, ihn mit hinterhältigen Tricks behelligen, oder gar zu manipullieren, um dich in den Vordergrund zu schieben, dann sieh dich schon einmal vor, dass ich dir dein weiteres erbärmliches Leben unerträglich machen werde." In seiner Stimme hörte Cecilia die versteckte Drohung heraus und im Moment traute sie diesem jungen Mann alles zu. Tatsächlich wurde ihr Unwohl zumute und die Angst um das Dasein ihrer Geschwister und Mutter, schlich sich in ihr Unterbewusstsein. Was würde er ihnen antun wollen? Oder gar ihr selber? Die Macht dazu besaß er eindeutig, um die Menschen um sie herum zu steuern.


"Halte dich von meinem Bruder fern." , drückte er sich noch einmal klarer aus und gab Cecilia wieder frei, die erleichtert ihre angehaltene Luft ausstieß und nur nebenbei aus dem Augenwinkel bemerkte, wie er seine Schuhe überzog, seine schwarz, blaue Jacke vom Boden klaubte und sich zur offen stehenden Tür umwandte. Kurz aber, bevor er den Raum verließ, blieb er noch einmal stehen und taxierte die junge Frau über seine rechte Schulter hinweg drohend an. "Ich behalte dich in Auge, Püppchen." Dann verschwand er. Und mit ihm das beklemmende Gefühl.


~


"Verdammt, ... " , nuschelte Cecilia und rutschte langsam an der Wand hinunter, wo sie still sitzen blieb und ihre Beine an sich zog. Ihr Herz raste unnatürlich schnell in ihrer Brust, sie zitterte ein wenig und urkomischer Weise wurde ihr etwas schwindelig. Wie konnte dieser erst harmlos begonnener Tag eine so drastische Wendung annehmen? Nie, aber auch gar niemals, wollte sie den Zorn des Thronfolgers Alexanders auf sich spüren, geschweige denn herauf beschwören. Das hatte sie nicht gewollt ... und doch war es passiert. Wie würden sich die nächsten Tage entwickeln, wenn sie mit den anderen Kandidaten an den Tests teil nahm und trotz Warnung unweigerlich mit Prinz Mathews in Kontakt treten kommen würde? Das kann doch nur in einer weiteren Katastrophe enden, wenn er schon wegen einer so belanglosem Sache, wie der Störung von vorhin, eskalliert und ihr Dasein bedrohte.


Frustriert raufte die Blondine sich ihre Haare und stöhnte laut auf. Ob sie das Ganze nicht einfach beenden sollte? Ihren Koffer schnappen und nach Hause fahren sollte? Sicherlich gab es andere Jobs die sie trotz Abgangszeugnis nachgehen könnte, selbst wenn es nur ein Aushilfsjob als Kellnerin in einem gemütlichen Cafe gewesen wäre. Die junge Frau hätte wahrscheinlich jede Möglichkeit in erwägung gezogen, solange sie nicht weiter in diesem großen Palast verweilen musste. Mit ihm unter einem Dach. Mit jemandem, der sie offensichtlich nicht ausstehen konnte. ... Oh! Das war neu. Noch nie hatte Cecilia es geschafft in innerhalb kürzester Zeit jemanden gegen sie aufzubringen. Außer ihrem Vater damals ...


Nein! Halt stopp.


Daran sollte sie nicht mehr denken. Was damals geschah, lag so viele Jahre zurück und er war kein wichtiger Bestandteil ihres Lebens mehr, genauso wenig wie bei ihrer Mutter und Ilias. Und gerade deshalb konnte sie sie doch nicht im Stich lassen, ihre Mutter enttäuschen und jetzt schon aufgeben. Cecilia sollte es wagen, sich gegen Alexander stellen und wer weiß ... in ein paar Wochen würde sie als Kindermädchen neben einem kleinen, aber wichtigen Prinzen fungieren und stolz darauf sein können ihrer verarmten Familie geholfen zu haben. Sie würde ihr bestes geben, nicht aufgeben ... und Alexanders Warnung so gut es ging in den Hintergund schieben. Sowas hatte hier keine Bedeutung, wenn es darum ginge einen anständigen Job zu ergattern, dafür musste man eben ein paar Regeln brechen. Wenn nicht die von dem alten Mann, dann die vom Prinz Hochwohlgeboren.


~


Etwas mehr Entschlossener, als noch vor wenigen Minuten, stand Cecilia wieder auf, schloss und verriegelte die nach wie vor offen stehende Tür und machte sich daran, ihren Koffer auszupacken. Sauber und ordentich verstaute sie ihre wenigen Habseligkeiten im Schrank, bezog das Bett neu, öffnete die Fenster und lüftete den stickigen Raum mit frischer Luft. Anschließend veräumte sie ihre Hygieneuntensilien im kleinen angegrenzten Badezimmer und warf sich nach getaner Arbeit auf die Matratze, wo sie erst eine Weile still liegen blieb und die Decke über ihr fixierte. Zuerst nahm sie den fremden Geruch nicht wahr, doch ziemlich schnell kroch ein angenehmer Duft in ihre Nase und Cecilia wusste sofort, wem dieser gehört hatte. Der Gedanke in einem Bett zu schlafen, wo zuvor noch ein Pärchen Zärtlichkeiten miteinander ausgetauscht haben, so schön es auch klingen mag, ekelte Cecilia letzten Endes doch ein wenig an und ruckartig setzte sich die Blondine wieder auf, sprang aus dem Bett und suchte im Badezimmer nach ihrem Deodorant.


Jeder Winkel, jede Ecke in diesem Raum blieb ihrem Vanille Duft nicht verschont und schon recht bald übertönte dieser den markanten von Alexander. Mit sich selbst zufrieden schmiss sie die nun halb leere Flasche auf die nun wieder zerknauschten Laken und grinste in sich hinein.


Prinz Alexander konnte ihretwegen weiterhin Drohungen aussprechen und wild mit Flüchen um sich werfen. Doch so einfach gab sie nicht auf, da musste er schon früher aufstehen und ihr Steine in den Weg legen. Zuerst einmal galt es jedoch die Erste Hürde zu meistern und einen kleinen Prinz Mathews zu betreuen, in dessen Nähe sie sich nicht wagen sollte. Das wäre doch gelacht, wenn sie das nicht hin bekommen würde, schließlich war sie die älteste Tochter und Schwester von drei weiteren. Und mit ihnen den Alltag zu meistern, war schon anspruchsvoll genug. Dagegen müsste ein einziger Achtjähriger eigentlich kein Problem darstellen.


Nun ... wenn Cecilia sich da nicht irren sollte.

Kapitel 3: ... die Erdnussbutter für meine Marmelade sein

 

Die Erste Nacht in diesem prachtvollem Schloss, nahm ein jähes Ende, als Cecilias Wecker lautstark in ihren Ohren zu klingeln begann und mehr schlecht als recht wühlte sich die junge Frau aus ihren Laken und klopfte mehrere Male auf den Aus - Knopf. Sie gähnte und blinzelte gegen die ersten Sonnenstrahlen an, die sich frech durch einen Ritz zwischen den Vorhängen durch stehlen konnten und streckte sich ausgiebig. Sie fühlte sich etwas wie unter die Räder gekommen, auch ihre Müdigkeit verschwand nicht sofort aus ihren Gliedern und der Gedanke sich wieder in die weichen Kissen zurück fallen zu lassen, klang in ihren Ohren mehr als verlockend.

Es war ungewohnt und befremdlich in einem Bett zu schlafen, das sie nicht ihr Eigen nennen konnte. Genau deshalb viel es ihr zu Anfang schwer sich darin wohl zu fühlen, zudem die Aufregung einen großen Teil dazu beigetragen hatte, dass sie nicht einschlafen konnte. Erst sehr weit nach Mitternacht gab ihr erschöpfter Körper endlich nach und gönnte sich und ihr die ersehnte Ruhe.

 

Cecilia gähnte noch einmal herzhaft hinter vorgehaltener Hand, bevor sie sich schlurfend aus dem Bett erhob und ins kleine Badezimmer verschwand, sich schnell zurecht machte und ihre von gestern Abend heraus gesuchte Kleidung anzog. Anschließend öffnete sie die Fenster ein wenig und zog die Vorhänge auf, auch wenn die Sonne sie zunächst blendete. Sie richtete noch eben ihre Bettdecke und Kissen und hielt sich vor lauter Hunger den Magen, nachdem dieser lautstark sein Anliegen ankündigte.

 

"Frühstücken ... " , nuschelte die Blondine nach wie vor etwas schlaftrunken und wandte sich ihren Straßenschuhen und anschließend der Zimmertür zu. Noch im Gehen streifte sie sich die halb zerschlissenen Treter über ihre Füße und verließ unnötiger Weise extrem leise das Zimmer, um hinterher sich etwas wacher fühlend die einzelnen Gemälde von Landschaften und Seen an den Cremefarbenen Wänden zu betrachten, bevor sie sich einen ihr noch unbekannten Weg in die Personalküche suchte. Aus großen Augen musterte die junge Frau die hell durchfluteten Gänge, blieb an einigen Kunstwerken wie Büsten oder Skulpturen stehen, um sie aus reiner Neugier zu begutachten oder schaute hinaus aus den bodenlangen Fenstern in den riesigen, vor sich hin blühenden Garten. Alles wirkte auf sie prachtvoll und Kulturell zugleich. Vor ihr lag eine ganz andere Dimension, die sie unter Das Leben im Wohlstand verstand, und schindete mächtig Eindruck auf Cecilia. In diesem friedlichen Moment konnte sie sich sogar sehr gut an Mathews Seite als Kindermächden vorstellen, immer im Hinterkopf behaltend wie Stolz ihre verzweifelte Mutter dann auf ihre älteste Tochter wäre und ihre Geschwister wohlbehaltend und versorgt zu ihrer Schwester aufschauen konnten. Und wenn das ihr ausgezahlte Gehalt ausreichte, würden sie vielleicht sogar aus der nicht sehr sicheren Gegend ausziehen können und Cecilia sogar ihren Abschluss nachholen lassen. Das wäre einfach wunderbar. Und alles was zu diesem normalen Leben führen konnte, war diese Stelle als Kindermädchen ...

 

Die junge Frau atmete tief ein und wieder aus. Die Nervosität an die bevorstehenden Test nagten an ihrer zierlichen Gestalt und schnell versuchte sie diese Gedanken wieder zu verdrängen. Am besten sie machte es sich zur Aufgabe erst dann darüber nachzudenken, wenn der Zeitpunkt dazu gekommen ist. Somit dann wenn sie einen Brief von dem König und der Königin erhielt.

 

Cecilia schüttelte langsam ihren Kopf, fühlte wie dabei ihre blonden Haare sanft hin und her schaukelten und straffte anschließend ihre Schultern. Mittlerweile veranstaltete ihr hungriger Magen ein richtiges Konzert, er verlangt nach Nahrung und auch die Blondine war dem nicht weniger abgeneigt. Sie solte aufhören zu trödeln und sich lieber auf die Suche nach der Küche begeben. Diese Aufgabe konnte doch nicht allzu schwer zu bewältigen sein, oder? Zur Not musste sie sich eben Durchfragen.

 

~

 

Nichtsdestotrotz aber lässt eine winzige Kleinigkeit sie noch einmal inne halten. ...

Etwas ungläubig geworden und beide Augenbrauen hochziehend trat sie erneut an eines der großen Fenster und starrte regelrecht auf das ungleiche Paar hinab, das sich unmittelbar darunter befand. Sie spürte Empörung in sich aufwallen, unbändige Wut, wenn sie an den letzten Abend zurück dachte und Scham darüber ihn bei einem wilden Techtelmechtel gestört zu haben. Und doch glaubte Cecilia Alexander beschwörte derartige Unterbrechungen herauf, wenn er und seine kleine Freundin in aller Öffentlichkeit und hinter einem zurecht geschnittenen Gebüsch dabei waren sich die Kleider vom Körper des jeweils anderen zu reißen und übereinander herfallen wie ausgehungerte Löwen. War ihnen denn nicht klar, dass die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden größer war, als in einem leerstehendem Zimmer? Vom Personal? Seinen Eltern? Oder noch schlimmer, sogar von seinem kleinen Bruder?

 

Cecilia kann über solch eine Unverschämtheit nur den Kopf schütteln. Noch dazu war die Kleine in seiner intensiven und mittlerweile halbnackten Umarmung jemand, dessen Anblick von dem des Mädchens am Vorabend keineswegs ähnlich ausschaut. Oh ... also ein richtiger Freigeist, wie die junge Frau feststellte. Ob sie wohl auch als Angestellte dem König diente? Und ob sie weiß, dass sie wohl nur eine weitere unter vielen anderen Kerben in seinem Bettfosten fungieren würde? Aber was hat das Cecilia zu interessieren? Es kann ihr egal sein, was Prinz Hochwohlgeboren mit Wem alles am Laufen hatte und noch am Laufen haben würde, solange er sie in Ruhe ihre bevorstehende Arbeit verrichten lässt. Seine Drohung hatte die Blondine keineswegs vergessen und nahm sie durchaus ernst. Gerade dann, wenn ihre Familie mit hinein gezogen werden sollte. Aber wie stellte er sich das denn vor? Cecilia soll sich seinem Bruder nicht nähern, obwohl er zu wissen scheint, dass Arbeiten dieser Art auf sie zurück fallen werden? Sie würde Mathews bekleiden müssen, ihn am Morgen wecken und eventuell selbst dann für ihn da sein, wenn es darum ginge auf seine Hygiene zu achten. Großer Bruder hin oder her. Es ist reiner Irrsinn, wenn er der Meinung wäre sie davon abhalten zu können diesen Job zu bekommen. Und wenn sich herausstellen sollte dass Alexander sogar sie bei den Tests zu behindern wissen, dann würde Cecilia nicht zögern ihn einfach bei seinen Elter zu verpfeifen. ... Wenn es denen denn wirklich interessieren sollte. - Hoffentlich.

 

Als die junge Frau schließlich beobachten konnte wie der Erstgeborene Prinz das Mädchen auf seine Arme hob, sie in das taufeuchte Gras ablegte und ihren Mund sofort mit dem seinem in Beschlag nahm war die Blondine entgültig raus. Angewiedert und doch auch etwas peinlich berührt gespannt zu haben wandte sie sich vom Fenster ab, schüttelte sich kurz, bevor sie die Empfangshalle ansteuerte. Am Ende würde sie vom Erstgeborenen doch noch erwischt, von ihm als Perverse bezüchtigt und dargestellt werden und im schlimmsten Fall danach sogar aus dem Schloss geworfen werden. Nein danke. Sie hatte seinen Zorn letzten Abend genug herauf beschworen und hatte nicht vor weiterhin viel mit ihm zutun zu haben. Prinz Mathews war ihr Hauptaugenmerk und genau darauf sollte Cecilia sich demnächst konzentrieren. Jawohl.

 

~

 

Gerade als die junge Frau beschloss, nachdem sie einmal quer durch den halben Empfangssaal geschritten war, eine kleine unscheinbare Tür hinter dem riesigen Treppengelände zu öffnen und durch die Türschwelle zu schreiten, änderte sich das Blatt schlagartig, als die von ihr halb geöffnete Tür in die entgegengesetzte Richtung aufschwang und sie das braune Gehölz wie ein Schlag mit einer Fliegenklatsche gegen die Stirn und Nase gedonnert bekam. Sie roch den feinen Duft von Kiefern, hörte eine aufgeregte, männliche Stimme, sah regelrecht die Sterne aus dem Kinderfilm Lauras Stern und schmeckte ... Blut. Wie ein aufgeschrecktes Huhn stolperte Cecilia einige Schritte zurück, hielt sich dabei Mund und Nase, die sowohl ihre frische Kleidung ruinierte, als auch den frisch gebonert aussehenden Boden und stöhnte schmerzerfüllt auf. Sie konnte eine warme Hand auf ihrem Rücken erfühlen, lauschte nur wage der tiefklingenden Stimme, die wohl beruhigend auf sie einzusprechen versuchte und roch kurz darauf einen herben Duft von ... Schokolade.

 

"Alles in Ordnung? Verdamm, das tut mir leid, ich habe dich nicht dort stehen sehen." , erklärte sich der junge Mann neben ihr in gebückter Haltung. Wie denn auch wenn eine Tür zwischen uns stand, du Vollpfosten, wollte sie Laut schimpfen, doch konnte sich gerade so zügeln, diesen Mann harsch anzufahren, zumal der pochende Schmerz in ihrer Nase es nicht zulässt laut zu fluchen und zu toben. Mensch, tat das weh. "Hier, nimm' das." Ein Taschentuch wurde ihr vor das Gesicht gehalten und nach wie vor dem Mann nicht anblickend nahm sie es dankend an sich und betupfte sich das klebrige Blut von der empfindlichen Haut. Das hörte ja gar nicht mehr auf, fluchte Cecilia innerlich und schimpfte murmelnd einige Beleidigungen, die er zum Dank nicht verstanden hatte.

 

"Setz dich erst einmal." , wurde sie aufgefordert und gleichzeitig von der Hand auf ihrem Rücken zu einer Ecke mit weichen Sitzbezügen bezogenen Stühlen geschoben, wo sie sogleich leise ächzend auf eines Platz nahm und den Kopf in den Nacken legte. Sofort schossen starke Kopfschmerzen hinter ihre Stirn und die Blondine begann sich mit der noch freien Hand die Schläfe zu massieren. Sie hielt ihre Augen besser geschlossen. Erst als sie die Wärme der Hände des Fremden, die sich auf ihren beiden Wangen ausbreitete, spüren konnte und man ihr Kopf leicht am Kinn anhob, öffnete Cecilia ihre Irden und begegnete tiefe dunkelbraune Augen, dessen Iris von einem goldenen Ring umschlungen war. ... Wow.

 

Es verschlug ihr schier den Atem und mit einem leicht irritierten Ausdruck ließ sie es geschehen, dass der Fremde ihre Hand mit dem Taschentuch beseite schob und ihre Nase vorsichtig und mit Argusaugen begutachtete. Sein Blick wirkte ernst und auch eine gewisse Schuld las sie aus seinen Zügen. "Es scheint zum Glück nichts gebrochen zu sein. ... " , nuschelte er leise, doch für Cecilia verständlich gewesen. Sie atmete ihre angestaute Luft zischend wieder aus und kämpfte sich unauffällig aus seinem angenehmen und doch recht festen Griff, stand mit bedacht auf und versuchte wieder einigen Abstand zwischen sich und dem ihr Unbekannte Mann zu bringen. "Ehrlich, es tut mir sehr leid." "Schon in Ordnung. ... " , wank sie ab und zerknüllte gleichzeitig das Taschentuch, nachdem ihr auffiel, dass sie gerade zum Ersten Mal das Wort an ihm gerichtet hatte. Wer war er überhaupt? "Du solltest dich hinlegen. Am besten mit einem gekühlten Waschlappen im Nacken."

 

Sie nickt verstehend und das Beste wäre, wenn sie sich jetzt sofort zurück auf das ihr zugewiesene Zimmer begab, diesen Vorfall am liebsten vergessend. Doch eine ihr wohlbekannte Stimme lässt in ihr Galle aufstoßen und sie zum zweiten Mal an diesem noch recht frühen Morgen inne halten lassen. Auch der noch. War er nicht vorhin noch damit beschäftigt gewesen ein weiteres Mädchen hinter einem Gebüsch zu vernaschen? Waren die beiden schon fertig miteinander?

 

"Lothair!"

 

Cecilia und der Mann vor ihr drehten sich zu Alexander um, der frech grinsend auf sie beide zugelaufen kam, die Arme weit ausbreitend. Aus dem Augenwinkel konnte sie das nun ebenfalls erscheinende Lächeln des Unfallverursachers erkennen und fühlte sich plötzlich vergessen, als sie mit ansah, wie sich die beiden Männer, die sich augenscheinlich sehr wohl kannten, Schulter klopfend in die Arme schlossen.

Sie wuschelten sich durch die Haare, boxten sich gegenseitig gegen die Oberarme ... und bestätigen Cecilias Vermutung nur noch mehr. Plötzlich schien es so, als würde sie gar nicht mehr existieren, hier nicht mit ihnen vor lauter Unbehagen in der Empfangshalle stehen ...

 

Wie frustrierend.

 

"Du versaust den Boden." , wurde Cecilia nach einigen Sekunden von der Seite monoton angesprochen und verwundert drehte sich die Blondine um ihre eigene Achse, um hinterher hinunter auf einen dunklen, sehr gepflegt aussehenden Harrschopf zu blicken. Kindliche, dennoch freudlos drein schauende hellblaue Augen schauen zu ihr hinauf, sie wirkten beinahe gelangweilt. Und dennoch erkante sie diesen kleinen Jungen sofort wieder. Niemand anderes als der Zweitgeborene Prinz Mathews stand vor ihr und schien sie genauso zu mögen, wie sein herzallerliebster Bruder Alexander. Zumindest sprach sein Blick auf sie Bände ... "Wie bitte?" , fragte sie letzten Endes dennoch treudoof und blinzelte mehrere Male verwirrt. Auch wenn der junge Adel erst acht Jahre jung war, die Ähnlichkeiten zu seinem Bruder waren dennoch verblüffend.

 

"Auch noch taub, du dummes Ding. Und so jemanden lässt man in diesem Palast frei herum laufen." , zischte der Kleine und Cecilia schnappte empört nach Luft. Der Schmerz in ihrem Kopf und Nase waren sofort vergessen. Hatte Mathews sie gerade wirklich als Dumm bezeichnet? Ein kleiner Junge? Ihr fehlten die Worte, während Mathews sich Kopf schüttelnd von ihr abwandte und sich zu seinem Bruder und seinem Besuch gesellte, die sich weiterhin ausgiebig zu unterhalten schienen.

 

Cecilia beobachtete das Trio von ihrem Standpunkt aus und sie konnte dem nur eine Bedeutung hinzufügen: Sie alle Drei waren ungehobelt, frech ... aber dennoch hübsch anzusehen. Und von nun an sollte sie mit denen unter einem Dach auf Zeit leben?

 

Wieso hatte sie keinen Job als Hilfskellnerin angenommen?

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Tag der Veröffentlichung: 26.06.2016

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