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Erwacht

 

 Sommeranfang

 

Und dann geschah es von ganz alleine.

Die Tore schwangen auf und Nebelschwaden quollen hervor. Gefolgt von einem stämmigen muskelbepackten Krieger und einem dünnen, neben dem Krieger winzig wirkendem Mädchen. Sie musste so um die 16 Jahre sein.  Ich kannte den Krieger nicht, den Krieger sehr wohl.  Er war der Mann, den ich vor so unendlich  langer Zeit liebte. Sie betraten die riesigen Hallen, in der meinesgleichen einst rauschende Feste feierte. Ich folgte den beiden unsichtbar. Nur ein Geist aus alten Zeiten.  Wo wir einst tanzten, wucherte jetzt Efeu, Moos und seltsame Gewächse, die ich nie zuvor gesehen hatte.  Lichtscheue Tiere flohen vor den Eindringlingen.

Staunend standen der Krieger und das Mädchen da und sahen sich um.

„Das ist unglaublich.“ Hauchte das Mädchen. Der Krieger nickte zustimmend.  Ich umkreiste die

beiden.  „Weißt du, dass ich immer noch lebe?“ fragte ich ihn. Aber er hörte mich nicht.  „Weißt du, das ich damals auf dich gewartet habe?“  Leere tote Worte, die an einer Unsichtbaren Wand zwischen unseren Wirklichkeiten abprallten. So tot, wie die Vergangenheit, die uns beide verbannt.

„Weißt du überhaupt noch wer ich bin?“

„Tia!“  rief er auf einmal und sah mich direkt an.  Ich erschrak, als er durch mich durchgriff und das Mädchen zu sich zog.  Ich wich zur Seite aus.  Die beiden waren auf etwas aufmerksam geworden, was sie entsetzte.  Ich sah in die vertrauten saphirblauen Augen, eines Wächter. Die Wächter konnten mich sehen.  Ich legte einen Finger auf die Lippen. „Shhhh, schweige lieber Wächter.“ Er starrte mich weiter an. „Geh zum Eingang. Geh! Bewache ihn.“

Der Wächter erhob sich und das Mädchen hinter mir stieß einen erschreckten Schrei aus. Ich sah mich um.  Er hielt sie in seinen Armen.  Rasende Eifersucht packte mich.  Nach all den Jahrhunderten immer noch? 

„Was sind das für Dinger?“ fragte das Mädchen.  Der Krieger ließ sie wieder frei.  „So eine Art Golem.“ Antwortete er. „Sie sind die Diener der Elfen. Sie nannten sie Wächter.“

Sie folgten dem Wächter.  Sie zögerte.  „Wenn die Elfen seit so langer Zeit tot sind, warum funktionieren diese Dinger noch?“  Ich überlegte. Tot? Nein, wir schliefen, so war es immer schon gewesen. Der Zyklus bestimmte, ob wir wachten oder ruhten. 

Der Krieger gab ein Geräusch von sich, das wohl ein Lachen sein sollte.  „Elfen sind unsterblich. Dann werden sie wohl auch Wächter gebaut haben, die eine Weile halten.“ Er hielt inne.  „Aber irgendwas muss sie aktiviert haben. Normalerweise reagieren sie nur auf ihre Herren.“ Ach, du bist aber ein schlaues Bürschchen, dachte ich.  Ich könnte  ihm befehlen, die Eindringlinge anzugreifen. Dann wäre nichts mehr von euch übrig und ich könnte zurück in meine Träume kehren.  „Sieh an.“ Sagte er und ich wandte ihm wieder meine Aufmerksamkeit zu. Der Wächter hatte sich wieder niedergelassen. „Der Wächter scheint uns direkt zum Ziel geführt zu haben.“  Nun er versperrt euch den Weg, dachte ich.

Da kniete er auf einmal nieder und fuhr mit seiner behandschuhten Hand über den mit flechten und moosbewachsenden  Steinboden. Dann begann er das Moos wegzukratzen.

Zu tage kam eine Kreisrunde Vertiefung im Boden.  „Das ist es!“ Er sah zu dem Mädchen. „Tia. Den Kompass!“ Alamiert  fuhr ich zu dem Mädchen herum.   Sie nickte und holte aus ihrer  Umhängetasche  den Kompass. „Nein!“ schrie und schlug die Hände vor den Mund zusammen. „ Nein, Nein, Nein… Woher haben sie den? Das darf nicht sein.“ 

Er streckte  die Hand aus. „Oh. Nein. Nein. Nein.“ Ich fuchtelte mit den Armen und stellte mich vor das Mädchen. „Bitte, Bitte, Bitte gib es ihm nicht.“ Sie zögerte und kniff die Augen zusammen. „Was ist?“ fragte er. Ich redete wie eine Verrückte weiter auf das Mädchen ein.

Natürlich konnte sie mich nicht sehen und auch nicht hören.  „Siehst du das auch?“ fragte sie.

Der Krieger richtete sich auf. „Was?“ Sie deutete auf mich.  „Da. Sie versucht mir was zu sagen.“ Ich erstarrte. Konnte das Mädchen etwa sehen? Ohne nach zudenken redete ich weiter auf sie ein. „Du darfst ihm den Schlüssel nicht geben. Es ist verboten. Er hat kein Recht dazu.“   Sie legte den Kopf schief. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht!“ flüsterte ich.

Da griff er durch mich hindurch und nahm dem Mädchen den Schlüssel aus der Hand. „Hey!“

„Wir haben keine Zeit für deine  Geisterfreunde Tia.“ 

Das war das letzte was mitbekam.

 

 

Als ich erwachte, war ich allein. Es dauerte eine ganze Weile bis ich meine Gedanken soweit geordnet hatte, dass ich gerade aus langem Schlaf erwacht war und dass ich allein war. Keiner begrüßte mich. Das letzte an das ich mich erinnerte  war, dass wir das Ende des Zyklus gefeiert hatten. Der Sommer machte dem Winter Platz und wir gingen schlafen.

Ich spürte dass mein Erwachen ganz und gar nicht richtig war. Ich drehte den Kopf zur Seite. Zu  beiden Seiten lagen meine Brüder und Schwestern mit diesem friedlich feierlichen Ausdruck auf dem Gesicht. Sie waren weit fort in ewigen Träumen. Ich lächelte. 

Aber warum war ich wach? Plötzlich erinnerte ich mich. Eindringlinge! Fremde waren in die Hallen eingedrungen. Fremde waren in die Elfenlande gekommen. Was wollten sie hier? Die Ruhe der Schlafenden zu stören war eine Todsünde. Ich setzte mich auf. Ich muss sie aufhalten, dachte ich alarmiert. Mein Körper fühlte sich seltsam schwer an. Die Jahrhunderte im Tiefschlaf machten sich bemerkbar. Lautlos schlich ich durch die Reihen meiner schlafenden Mitelfen um sie nicht zu stören.

Wer außer dem Winterhof sollte unseren Schlaf stören wollen? Wer war in der Lage diesen Ort zu finden?  Ich fand sie in der Haupthalle. Ein Mann und ein Mädchen. Beides offensichtlich Menschen. Der Mann war groß und muskulös. Sein struppiges Haar und die Bartstoppeln waren rabenschwarz.  Das Mädchen war dünn und zierlich.  Von meinem Versteck aus konnte ich sie gut beobachten.

 Das Mädchen sah sich fasziniert um. „Diese Hallen sind riesig. Und so viele Elfen.“ Die Augen quollen ihr völlig über. „Sie sind so wunderschön….“

„Es sind Elfen. Was hast du erwartet?“ knurrte der Mann. 

„Ich habe noch nie Eine gesehen.“ Sie beugte sich fasziniert über eine meiner Schwestern und musterte ihr feierlich schlafendes Gesicht. „Also sind sie gar nicht verschwunden. Sie sind alle hier nicht wahr? Sie sind alle hier. Das müssen hunderte sein.“

„Ja, dies sind ihre heiligen Hallen. Wir haben keine Zeit zu vertrödeln.“

Das Mädchen holte etwas aus ihrer Umhängetasche, dass in einem dreckigen Stück Tuch einwickelt war. Ich sah nicht was es war also gab ich aus Neugierde meine Deckung auf.  

Als ich das Ding in ihrer Hand erkannte kam die Erinnerung zurück und ich holte hörbar Luft.

 

Der Kopf des Mannes fuhr herum und  sein Blick traf meinen.

Eisblaue Augen. Er kam mir seltsam bekannt vor, aber  ich verdrängte diesen Gedanken schnell und stand auf. Auch das Mädchen war auf mich aufmerksam geworden und ihre Augen wurden groß. Ich kam hinter dem Podest, das mir als Versteck gedient hatte vor. 

Das Ding in den Händen des Mädchens. Der Kompass. Er war der Schlüssel zu den heiligen Haalen.  Er führte den Träger durch die Nebel in die Elfenlande.  Woher hatten sie dieses lang verschollene Artefakt? Das Mädchen bemerkte dass mein Blick auf dem Kompass lag und versteckte ihn hinter ihrem Rücken wobei sie ein paar Schritte zurück wich. „Vorsicht. Tia.“  Ich hörte wie der Krieger seine Klinge zog und ich wandte mich wieder zu ihm.  Wir maßen uns mit Blicken. In seinen Augen lass ich, dass er mich erkannte und wieder überkam mich dieses seltsame Gefühl, dass ich diesen Menschen irgendwo schon mal gesehen hatte. Was selbstverständlich unmöglich war, da ich gerade aus einem jahrhunderte langem Schlaf erwacht war. „Wer seid ihr?“ fragte ich. Meine Stimme echote in den Hallen wieder.  „Was wagt ihr es, den Schlaf meiner Brüder und Schwestern zu stören?“ Der Mann schien antwortete nicht. Ich machte einen Schritt auf ihn zu. Er streckte mir das Schwert entgegen. Das Mädchen quietschte.

Ich warf ihr einen strengen Blick zu. „Mein Name ist Fey. Euer Eindringen in die Hallen hat mich aus meinem Schlaf  geweckt. Ich frage euch noch einmal, wer seid ihr und was wollt ihr hier?“  Der Mann antwortete immer noch nicht.  „Ähm…“ machte das Mädchen. „Tia.“ Zischte der Mann. Tia, das Mädchen rollte mit den Augen. „Sie hat gesagt, dass sie Fey heißt und wir sie als wir in die Hallen eingedrungen sind geweckt haben.“  In dem Moment wurde mir bewusst, dass ich zwar verstand was sie sagten, sie aber nicht was ich sagte. Kein Mensch sprach die Sprache der Elfen. Neugierig musterte ich dass Mädchen. „Ich bin Tia und das ist Seth. Wir sind auf der Suche nach einer….“ „Seth?“ stieß ich hervor. Mir kam dieser Name schrecklich bekannt vor.  Ich hielt mir die Hand an den Kopf, weil auf einmal tausende Bilder in meinem Kopf auftauchten.  Erinnerungen aus vergangenen Jahrhunderten, mit denen ich nichts anfangen konnte. „Ja…“  Ich sah irritiert zu dem Mann. Er ließ sein Schwert sinken und steckte es langsam zurück in die Scheide. „Seth…“ widerholte ich langsam und kniff die Augen zusammen.

„Wir haben uns… schon einmal getroffen nicht wahr?“

Seth sah zu Tia. „Sie fragt, ob ihr euch schon mal getroffen habt.“ Übersetzte sie. Seth Blick wanderte wieder zu mir und  sein Gesicht hatte einen seltsamen Ausdruck, den ein Teil von mir zu kennen schien.  „Ja. Wir haben uns schon mal getroffen… Wenn man dass so nennen will.“

„Aber das ist schon lange her, nicht wahr Sera?“

Verwirrt wich ich seinem Blick aus. „Mein Name ist Fey.  Es muss wohl, ein Zufall sein. Ich hab euch noch nie zuvor getroffen. Erinnerungen sind tükisch.“

Seth Augen blitzten wütend. Er wollte etwas erwidern, aber er kam nicht dazu. Der Boden unter unseren Füßen vibrierte. Alarmiert drehte ich mich um. Mein Blick suchte die unendlichwirkenden Gewölbe der Halle ab. Saphirblaue Augen glimmten auf. Die Eindringlinge waren entdeckt worden. „Kommt.“ Ich  packte das Mädchen am Handgelenk und zog sie mit mir. „Folgt mir!“ Ohne Widerrede folgten mir Tia und Seth durch die Reihen der Schlafenden.  Immer wieder stolperte Tia, weil sie sich ängstlich nach den Wächtern umschaute. „Nicht umschauen. Ignoriert sie einfach.“

 

Keuchend  und mit rasenden Herzen erklomm ich die letzten Stufen zum Ausgang der Hallen. Als die beiden draußen waren  kniete ich mich nieder beide Hände auf den Boden gepresst und begann stille Befehle in die Tiefe zu schicken. Das Portal im Boden, dass in die  tiefen der Hallen führte schloss sich.  Ich atmete tief durch. Nun waren die Hallen verschlossen und sicher vor Eindringlingen und ich war hier draußen.

Fort

Kapitel 1 Fort

 

 

 

Seth hatte ein Lagerfeuer entfacht und die Schlafsäcke ausgerollt. Zu essen hatten sie nur noch trockenes Brot, dass Tia für Notfälle in ihrer Tasche aufbewart hatte. Das Dach der Ruine war noch weitest gehend heil, so schliefen sie wenigstens im Trockenen. Ein starker Regen hatte eingesetzt und die Luft war feucht und schwül.  Die Elfe war verschwunden. Nachdenklich beobachtete sie Seth, der still vor sich hinstarrte.  Sie hatte mitbekommen, dass die Elfe und er sich in der Vergangenheit begegnet waren. Er hatte sie „Sera“ genannt. Dabei hatte er diesen seltsamen Blick gehabt, wie damals als ihr Großvater gestorben war.

Schmerz.  Aber woher kannte Seth eine Sommerelfe? Vor allem da die Sommerelfen seit gut 300 Jahren schliefen. Seth gehörte zu einer Gruppe von Menschen, die Elfenblut in ihren ein außergewöhnlich langes Leben verlieh. Vielleicht war Seth doch noch etwas älter, als er vorgab zu sein. Vielleicht hatte  er schon den rauschenden  Festen beigewohnt, die die Sommerelfen einst hier feierten.  Jetzt saß er ihr  gegenüber und kaute auf seinem Stück Brot unter.

Sie fasste sich ein Herz. „Woher kennst du sie?“

Seth sah auf. „Wen?“  „Die Elfe! Du kennst sie nicht woher?“

Er schluckte. Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. „Ich kannte sie einmal. Oder besser ich glaubte sie zu kennen.“

„Glaubte?“

„Sie nannte sich damals anders. Sie war eine andere.  Ich wusste nicht dass sie eine Elfe ist…“ Er lächelte. „Sera… Sie war wunderschön. Alle Männer waren von ihr verzaubert. Sie hatte etwas übermenschliches… Sie war stark, konnte besser kämpfen als jeder Soldat. Sie trug ihr Haar kurz, nicht wie die anderen Frauen ihrer Zeit.“ Tia war erstaunt. So offen hatte sie Seth noch nie über jemanden sprechen hören.  „Nun ja und ich hatte das Glück ihre Aufmerksamkeit zu erhalten und nach unserer Verlobungsfeier verschwand sie einfach.  Alle meinten sie sei tot….“

Seine Miene verfinsterte sich. „Und jetzt weißt du auch warum…“ hauchte Tia.  Seth hüllte sich wieder in sein übliches finsteres Schweigen. Tia gab auf. Sie kroch tiefer in den Schlafsack und drehte sich zur Seite. Morgen würden sie erneut in die Gruft hinab steigen. Morgen…

 

 

Ich saß eine Weile einfach nur da und versuchte meine Gedanken zu  ordnen.  Etwas später begann ich in den Ruinen herum zu streunen und fand schließlich das Lager der Menschen.  Beide schliefen tief und fest. Ich schlich näher und umkreiste das Lager. Schließlich traute ich mich näher. Der schlafende Seth zog meine Aufmerksamkeit auf sich.   Ich betrachtete sein schlafendes Gesicht. Er war keinen Tag gealtert. Ich erinnerte mich verschwommen an die Zeit am Hof des Halbelfenkönigs. Ich wollte es gar nicht wissen. Erinnerungen müssen Ruhen. Man erinnert sich nicht  an dass was man im letzten Zyklus erlebt hat. Es zerstört, die Seele und man wird verrückt.  Ich seufzte. Dass ich wach war, war nicht richtig. Ich befand mich immer noch in einem seltsamen Zustand zwischen Wachsein und Schlaf.  Da öffnete Seth plötzlich die Augen und  packte mich am Arm.  Wie versteinert hielt ich inne. Wäre ich sterblich, wäre ich in diesem Moment an Herzversagen gestorben.  Leise stand er auf. Er wollte das Mädchen nicht aufwecken.

 Er zog mich mit sich. Ich war immer noch zu geschockt, um mich zu wehren. 

Wir durchquerten die Halle. Er stieß mich in eine Dunkle Ecke und drückte mich gegen die Wand. Ich quietschte ängstlich.  „Da sind wir also…“ knurrte er und sein starrer Blick durchbohrte mich. „Ich erinnere mich nicht.“ Stieß ich hervor. Tränen stiegen mir in die Augen. Er stöhnte auf und ließ mich frei, wobei er ein paar Schritte zurück wich. „Du erinnerst dich nicht…“

„Nein.. Also, doch… ich weiß wer du bist.“ Ich ärgerte mich über meine eigene Benommenheit.

„Ich sollte nicht hier sein.“ Sagte ich und sah ihn direkt in die Augen. „Ich sollte wie meine Brüder und Schwestern schlafen. Aber jetzt bin ich wach. Das ist falsch. Total falsch. Sowas ist noch nie passiert. Noch nie!!!“ Er regte sich nicht. „Sag mir was geht hier vor sich? Warum bist du noch am Leben und warum, tauchst ausgerechnet du hier auf und ich wache auf? Antworte mir.“

„Ich weiß es nicht.“ Knurrte er. „Ich bin hier um etwas zu holen, dass mir gehört. Ich weiß nicht warum du aufgewacht bist. Ich wusste ja nicht mal, dass du eine von denen bist. Ich dachte, du wärst seit Jahrhunderten tot.“ „Du solltest seit Jahrhunderten tot sein.“ Er lachte auf und fuhr sich mit der Hand durchs schwarze Haar und sah mich schief an. „Es ist sicher kein Zufall, dass du aufgewacht bist…“ „Die Tatsache, dass ich wach bin ist unmöglich! Keine Elfe kann einfach so aus dem Schlaf erwachen, bevor der Zyklus beendet wurde.“ Er lachte wieder. Und das ärgerte mich. Er wusste mehr als ich und das machte mich unsicher.  Er legte den Kopf schief.

„Warum hast du mir nicht dass du mir nie gesagt, dass du eine Elfe bist. Ich ein Halbelf, du eine Elfe.“ „Was hätte es verändert? Ich weiß nicht, wusste ich dass du ein Halbelf bist? Ich erinnere mich nicht.“ „Hör auf damit. Du erinnerst dich sehr gut.“

Er war mir nun so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. „Ich wusste ja nicht mal deinen Namen.“

 „Doch das wusstest du, du hast meinen Namen laut geschrien, wenn ich es dir besorgt habe, Sera!“ Ich verpasste ihm eine ordentliche Backpfeife.  „Ich habe nie mit einem Menschen geschlafen.“ Sagte ich ganz leise und deutlich. Er machte einen Schritt rückwärts.

„Du erinnerst dich also doch.“ Ich stöhnte auf und stieß ich weg. „Nein! Nein! Nein! Mein Name ist Fey. Ich bin die Tochter des Elfen Nariel…“  „Tochter des Balalalala… Ja, das hab ich schon kapiert. Sera. Es gibt einen Grund weshalb die Kleine und ich hier sind.“

Ich drehte mich um. „Welchen? Die Götter zu erzürnen?“ „Nein. Du magst es nicht glauben aber während der letzten zwei drei Jahrhunderte, die du deinen Schönheitsschlaf gehalten hast, ist so einiges passiert.“

 

 

 

 

Es war ein wunderschöner Sommertag, als die Elfen vom Hof des Oberon in Falandria Einzug hielten. Die Menschen strömten aus dem Häusern um den Einzug der Elfen in die Stadt beizuwohnen.  Vorne ran schritten die Blumenmädchen, wo ihre zierlichen Füße den Boden berührten,  sprossen  Blumen zwischen den  Plastersteinen hervor.  Es folgten die Wachen und schließlich  König Oberon selbst. An seiner Hand die Schönste aller Sommerelfen. Ihren Namen kannte keiner, aber es war gewiss dass sie die Königin an der Seite des jungen Königs werden würde. Ihre Lieblichkeit übertraf die aller Blumenmädchen. Ihren Namen kannte keiner, aber es war gewiss dass sie in Naher Zukunft die Königin an der Seite des jungen Königs werden würde.

 Ihnen folgten, die Höflinge, Lords und Ladys der Elfenlande.  Es war eine große Ehre für den Elfenfürsten von Falandria, dass der König zu seiner Hochzeit mit einer sterblichen erschien.  Die Vorbereitungen für das morgige Fest waren immer noch im vollen Gange.

 

Die Gemächer des hohen Gastes waren bereits hergerichtet.  Der Fürst empfing die hohen Herrschaften freundschaftlich und verbeugte sich vor der hübschen Elfe an seiner Seite. „Es ist mir eine Ehre, Lady…“ „Fey.“ Sagte sie mit einem leichten Akzent, der ihre südländische Herkunft verriet. Eine Elfe aus den südlichen Wäldern. Der König drückte die Hand der Schönheit und warf ihr einen zärtlichen Blick zu. ….

 

 

Die Sommerkönigin traf Oberon, das erste Mal auf einer seiner jährlichen Frühlingsfeiern. Unter all den Sommerelfen wurden stets zwei geboren, die den Sommer verkörperten. Seine ihm vom Schicksal bestimmte Königin war ein Mädchen der südlichen Elfenstämme. Sie war ihm noch nie bei Hofe begegnet. Schnell fand er heraus, dass sie die Tochter des Nariel war. Lord Nariel war einer der ersten Elfen, die die Welt betraten so sagte man. Er war der Lord eines Elfenstammes. Einem der ältesten Stämme und dadurch unabhängig vom Königshaus.  Sie lebten abseits von jeglicher Zivilisation der Menschen. Sie lebten in Harmonie mit den Elementen und befanden sich in ständiger Kommunikation mit der Natur.  Es überraschte Oberon, als er herausfand, dass sie eine Kriegerin war.   Von Nariels Töchtern, war sie die Feurigste.  Er zögerte nicht lange und machte ihr den Hof. Schnell wurde ihm klar, dass er ohne sie nicht mehr leben konnte. Das Problem war, dass sie sich nicht wirklich als Königin der Elfen sah. Sie meinte, die Kraft die ihr die Götter verliehen hatten sei nur dazu da, das Gleichgewicht der Kräfte zu halten, nicht aber über die anderen Elfen zu herrschen. Oberon ignorierte ihre Einwende  und suchte immer wieder Vorwende, sie in die Regierungsgeschäfte mit einzubinden. Ohne, dass sie es wollte war sie auf einmal Königin. Trotzdem zog sie es weiter vor stets wieder in ihre südliche Heimat zurück zu kehren. Er musste sie an sich binden, sie zu seiner Gefährtin machen.   

Doch gerade jetzt begann sie sich von ihm zu distanzieren. Wochenlang verschwand sie und ging auf Jagd mit ihren Kriegergefährten.  Die Wildnis rief die junge Kriegerin zurück.  Das ärgerte Oberon. Er fürchtete sie zu verlieren. Wenn er sie nicht bald zu der Seinen  machen würde, würde sie noch darauf bestehen für immer  in ihre Heimat zurück zu kehren.

Mit Mühe und Not ließ sie sich überreden, ihn hierher zu begleiten. Der Fürst von Falandria, zeigte ihnen persönlich ihre Gemächer.

Dann ließ er sie allein. Kaum war er weg riss sie sich von Oberon los und funkelte ihn wütend an. „Was wird hier gespielt?“ fauchte sie ihn an und verschränkte die Arme über der Brust.

Ihre Ledergamaschen knirschten. Oberon versuchte so unschuldig wie möglich zu schauen. „Wovon redest du?“   Sie schnaubte empört und machte ein paar Schritte durch den Raum. Sie breitete die Arme aus. „Hier von! Warum bin ich in einem Raum, mit Euch?“ Oberon grinste schief. „Du bist mir in den Raum gefolgt.“  Er schlenderte auf die Kriegerin zu, die ihn skeptisch musterte. „Schatz, warum schaust du mich so an? Ich denke ich habe meine Absicht deutlich genug bemacht.“ „Aber mich noch nicht einmal gefragt.“ Oberon stockte. Dass sie ihn abweisen könnte, war ihm bisher nicht in den Sinn gekommen. Warum auch. Keine Frau würde seinen Antrag ablehnen. „Ich brauche nicht fragen, Titania.“  „Ach ja, wieso nicht. Ihr wollt doch ansonsten auch immer meine Meinung zu allem wissen.“

„Ich bekomme immer was ich will.“ Er nahm ihre Hand und küsste sie.

„Und nun, kleidet euch etwas angemessener.“

 

 

 

Die Nacht verbrachte Seth damit mir zu erklären, was während der letzten paar hundert Jahre in denen ich geschlafen hatte passiert war. Manche Dinge hörten sich so abstrus an, dass ich sie gar nicht glauben wollte. Das ungute Gefühl die ich die ganze  Zeit schon hatte, wahr auf einmal noch viel deutlicher. Jetzt erschien mir alles logisch. Schloss ich die Augen konnte ich die seltsame Disharmonie in der Natur hören. Es war hypnotisierend. „Sera?“ Ich blinzelte. „Bist du müde?“ „Nein. Ich habe gerade sehr, sehr lange geschlafen. Außerdem heiße ich Fey.“

Er streckte sich etwas. „Tut mir leid. Fey. Wirst du uns jetzt helfen, oder nicht.“

Ich zögerte.

Nachdem der letzte Sommerzyklus endete und der Zyklus des Winters beginnen sollte,  passierte etwas Unerwartetes. Eine bis dahin unbekannte Macht erschien am Rand der Welt. Die Menschen nannten sie die Dunkeln. Dunkelelfen, die verborgen in den Schatten lebten. Bis vor ein paar hundert Jahren, jedenfalls. Sie waren für uns keine Bedrohung. Sie scheuten die strahlenden Sommerelfen und die Wärme, die sie umgab. Mit den Winterelfen, die sich immer noch im Schlaf befanden hatten, sie scheinbar leichtes Spiel. Auf einmal überrollte ein Krieg die Sterblichen. Nur mit Mühe und Not konnten sie sich wehren. Der Tag war ihr Freund, die Nacht, das Verderben. Sie erlitten viele Verluste. Von den Elfen, keine Spur.

Niemand wusste was mit den Winterelfen geschehen war und ohne das die Winterelfen, den Zyklus beendeten, konnten die Sommerelfen nicht aus ihrem Schlaf erwachen.

Nun suchten die Menschen nach einem Weg die Welt vor der Dunkelheit zu bewahren.

„Das Licht von Oberon könnte der Schlüssel sein.“  Sagte Seth.

Skeptisch musterte ich den Mann, der mir gegenüber auf einem herabgestürzten  Trümmerstein saß. Er wirkte müde und erschöpft. Ich konnte kein Anzeichen von Lüge in seiner Aura erkennen.  Nur Erschöpfung. Welchen Grund hatte er mich anzulügen. „Ihr wollt also meinen König bestehlen um die Welt zu retten, wie?“  Seth stöhnte auf. „ Nein.“

Er fuhr sich durchs Haar. Eine Angewohnheit, die er schon damals gehabt hatte. „Der Kristal in Oberons Krone. Er ist die mächtigste Waffe gegen den Dunkelkönig.“ Ich runzelte die Stirn. Oberon trug doch gar keine Krone. „Wir wollen deinen König nicht beklauen. Glaub mir, gäbe es eine andere Lösung hätten wir sie ergriffen.“ „Nun die Lösung ist ganz einfach: Findet den Winterkönig. Befreit ihn und beendet den Zyklus.“  Sagte ich spöttisch. „Ja natürlich und dann  kommt dein König und vertreibt alle.“ „Ja, so ähnlich.“   Seth lachte laut auf.  „Wie sollen wir unsere ganze Hoffnung an einen König setzen, der seit hunderten von Jahren schläft.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Wie sonst? Glaubst du, du könntest Oberon Feuer kontrollieren?“ Er antwortete nicht. Ich seufzte und wischte mir eine Strähne meines langen Haares aus dem Gesicht. „Es hat keinen Sinn weiter mit dir zu diskutieren.“ Meinte Seth ärgerlich und stand auf.

„Warte, ich helfe euch!“ platzte es aus mir heraus. Seth sah mich überrascht und misstrauisch an. „Woher der plötzliche Geisteswandel?“

„Ich kann nicht einfach wieder in die Hallen zurückkehren und so tun als wäre nichts. Ich werde dich zu König Oberon bringen. Aber wehe du lügst. Dann war dies deine letzte Stunde und ich helfe dem Dunkelkönig persönlich die Sterblichen von dieser Welt zu tilgen.“

Seth wusste, dass ich das durch aus konnte. Sommerelfen wie ich waren überaus mächtig. Selbst ich wusste nicht genau was für Kräfte wirklich in mir schlummerten.  Wir machten uns auf den Weg zurück zum Lager, wo Tia friedlich schlief. Seth legte ein paar Holzscheite auf das Feuer und legte sich dann auf sein Lager. Ich hockte mich an Feuer und begann ins Feuer zu starren. Die Nacht war noch lang. „Du solltest auch noch ein wenig schlafen.“ Meinte Seth. Ich schüttelte den Kopf. „Morgen wird ein langer Tag, Süße.“  Ich wünschte ich könnte schlafen, zusammen  mit meinen Brüdern und Schwestern, die nichts ahnend von alledem in den Gewölben unter uns ruhten. 

 

Ich wurde von leisen Flüstern und rascheln geweckt. Sofort saß ich kerzengerade da und war hellwach. Letzte Nacht musste ich eingenickt sein. Jemand hatte mich auf ein Lager gelegt und zugedeckt. Dieser jemand war wohl Seth gewesen. Das Mädchen Tia und Seth waren gerade dabei ihre Sachen zusammen zu sammeln. „Ah. Sie ist aufgewacht.“ Sagte Tia und lächelte mich an. „Wird ja auch Zeit knurrte Seth.. „Hier!“ Seth warf mir ein Bündel zu. Instinktiv fing ich es. Ich betrachtete es dann sah ich Seth fragend an. „Kleidung. Oder willst du weiterhin halbnackt rumlaufen?“ Ich sah an mir herunter.  Das dünne Gewebe  meines Leides war halbdurchsichtig und an vielen Stellen löste  sich der Stoff schon auf. Die Jahrhunderte machten sich bemerkbar.

Skeptisch entrollte ich das Bündel und mehrere Kleidungsstücke fielen zu boden. Mühelos riss ich mir den dünnen Stoff vom leib und sammelte das Hemd auf. Seth holte hörbar Luft.  Ich zog mir das Hemd über den Kopf und warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Nichts was du nicht schon gesehen hättest, mein Lieber.“  Tia sah zwischen uns hin und her.

Sie sagte aber nichts, sondern fuhr fort die Decken zusammen zu rollen und wieder in den Rucksack zu stopfen. Die Kleider waren mir viel zu groß. Eindeutig von Seth. Mit ein bisschen Magie  saßen sie aber perfekt.  „König und Königin schlafen in der Haale des Lichts über der Haale der Adligen. Ich bringe euch hin.“  „Dann holen wir  uns den Kristall und verschwinden.“ Sagte Tia. „Nein, Nein, Nein.“ Sagte ich. „Ich werde den Kristall an mich nehmen. Ein Mensch zerfällt bei einer bloßen Berührung zu Asche.“ Entsetzt sah Tia mich an. „Deshalb wurde ich mitgeschickt.“ Sagte Seth und schulterte seinen Rucksack. Tia nickte. „Ja, Seth ist ein Halbelf. Ihm macht das Feuer nichts aus.“ „Als ob.“ Spottete ich und stapfte ärgerlich vor ran. „Woher wissen wir überhaupt, dass wir ihr trauen können?“  fragte Tia Seth. „Hat sie dich nicht schon einmal ausgetrickst?“ Seth grunzte. Ich verdrehte die Augen. „Wir sitzen im selben Boot, Mädchen.“  Mein Volk kann sich in diesem Zustand wohl kaum gegen die Invasion eines dunklen Heeres bestehen. Ich habe also auch ein großes Interesse, daran dass dieser Dunkelkönig keinen weiteren Schaden mehr anrichtet.“  Ich führte die beiden einen weiten Säulengang entlang zu einer breiten Treppe, die in einer riesigen Halle mündete. Über den Boden der Halle floss kristallklares Wasser,  welches aus den zahllosen kleinen Quellen aus der Mitte des riesigen Runds entsprangen. Überall blühten allerlei Ranken, die das Dach der Halle bildeten. Libellen schwirrten umher und Vögel mit langen schillernden Schwänzen wateten auf ihren langen dünnen Stelzenbeinen durchs Wasser. Seth und Tia traten neben mich. Stauend sah Tia sich um. Seth pfiff anerkennend. „Hübsche Hütte hat dein König.“ Er nickte mit den Kopf in Richtung der beiden Podeste, die sich in der Mitte der Halle befanden. „Sind sie das?“ Ich nickte und tauchte   den Fuß in das kühle Wasser. Die Energie des Wassers stieg kribbelnd meine Beine hinauf und meine Haut begann matt zu leuchten. Ich konnte es nicht unterdrücken. Tia und Seth folgten mir. „Wow.“ Sagte Seth, als er seinen Fuss ins Wasser setzte. Er spürte die Magie ebenfalls. Für die nächsten Tage würde sie das Elfenblut in ihm verstärken. Aber davon erzählte ich ihm lieber nichts. Ich spürte Oberons Aura überall um mich herum.  Ich war nervös, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gab. Oberon konnte nicht aufwachen. Ob er wollte, oder nicht. Er war gerade ganz wo anders. Zusammen mit der wunderschönen bezaubernden Esmeralda, deren wunderschöner Körper auf dem Platz lag an dem sonst die Königin ruhte.   „Oberon und Titania.“ Hauchte Tia. „Sie sind so wunderschön.“ Ich schmunzelte.  „Nein.“ Sagte Seth und ich sah ihn überrascht an. „Das ist nicht Titania. Titania ist vor mehr als 2 Zyklen spurlos verschwunden.“ Ich atmete erleichtert auf. Tia sah mich fragend an. „Ist das so?“ Ich nickte. „Ja. Titania hat uns vor mehr als 2 Zyklen verlassen. Niemand weiß wo sie hinging. Das ist Esmeralda, Oberons Gefährtin. Sie ist nun Königin.“   Der spöttische Unterton in meiner Stimme wahr wohl nicht zu überhören. Seth warf mir einen seltsamen Blick zu. Tja, wenn er wüsste, dachte ich. Ich trat neben Oberons Podest.  Er war wunderschön, selbst jetzt nach so langer Zeit konnte ich nicht  umhin fasziniert die dichten schwarzen Wimpern, das fein geschnittene Gesicht und das lange hellblonde Haar, das strahlte wie sternenlicht, zu betrachten.  In seinen zusammengefalteten Händen hielt er das Licht. Vorsichtig  öffnete ich seine Hände. Die Berührung seiner Haut ging mir durch und durch.  Er war der Einzige, der dieselbe Körpertemperatur, wie ich erreichte…

Seine Hand zuckte einwenig unter meiner Bewegung. Aber er würde nicht aufwachen. Das wusste ich. Ohne nachzudenken drückte ich einen Kuss ist seine Handfläche und ich spürte wie das Feuer in seinem schlafenden Körper erwachte. Dann nahm ich ihm das Licht weg und ging mit  ihm davon. Ich glaubte Oberons Aura erbeben zu spüren.  Nun ja…

Falandria

2.Kapitel Falandria

 

 

Wir verließen die Hallen. Von da an übernahm wieder Seth die Führung. Ich konnte mir immer noch nicht erklären, wie sie die Wildnis durchwandert haben sollten. Kein Mensch, oder Halbelf hatte es je geschafft die Wildnis lebendig zu durchqueren. Ich fragte aber nicht, sondern folgte ihnen schweigend. Wir liefen eine ganze Weile schweigend. Immer wieder fragte Seth Tia. „Hast du schon irgendwas gespürt?“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. Ich spürte, dass sie eine außergewöhnliche Aura umgab. Wahrscheinlich war sie gesegnet worden, mit einer göttlichen Gabe.  Ich durfte nicht zu überheblich werden. Wir wanderten durch den Wald bis wir an einen großen Fluss kamen. „Wir schlagen hier unser Nachtlager auf.“ Verkündete Seth. Ich hob eine Augenbraue. „Hier? Am Wasser? Du weißt schon dass dort nur vor hungrigen Wasserhexen wimmelt.“ Seth warf sein Bündel hin und fluchte. „Es gibt keine Wasserhexen mehr in dieser Gegend. Sie haben sich dem Dunkeln angeschlossen.“

Skeptisch schaute ich zum Wasser. „Seltsam. Warum spüre ich ihre Präsenz nur so deutlich?“

„Wahrscheinlich spürst du überreste von ihnen.“ Ich zuckte mit den Achseln und setzte mich an einen Baumstamm. „Euer Leben.“

Tia sah unsicher zwischen uns hin und her. „Wir schlagen hier unser Lager auf.“ Sagte Seth noch einmal und warf seinen Rucksack auf den Boden. Tia begann trockene Äste und Zweige zusammen zu suchen. Wenig später prasselte da ein schönes Feuerchen. Schweigend saßen sie da und teilten ihre letzten Vorräte. Ich verfiel in einen seltsamen Dämmerzustand, als plötzlich Seth ein Stück von seinem Brot  abriss und mir hin hielt. Ich verständnislos sah ich das Brot an. Dann begriff ich. „Oh. Nein. Nein. Nein. Es lieber selber. Ihr braucht es eher als ich.“ Seth Augen verengten sich. „Iss.“  Ich lachte auf. „Nein. Ich brauche nichts zu essen.“  Ich lächelte zuckersüß. „Ich bin eine Elfe.“

 

Der nächste Tag verlief so ähnlich wie der vorherige. Seth führte uns Kreuz und Quer durch den Wald. Langsam fragte ich mich, ob er wirklich wusste wohin er ging. Gegen Abend wurde ich langsam unruhig. Hatten sie ernsthaft vor, die gesamte Wildnis zu durchwandern?

Aber ich folgte ihnen ohne irgendetwas zu sagen.

Wir Elfen nutzten andere Wege um von Ort zu Ort zu kommen. Diejenigen, die die Menschen nicht sahen. Seth blieb auf einmal stehen. Er sah sich aufmerksam um. Dann ging er zu einem Baum und  kratzte an der Rinde herum. „Aha.“ Sagte er. Er gab Tia ein Zeichen.  Das Mädchen holte aus ihrer Tasche eine kleine Flöte. Sie setzte sie an die Lippen. „Ohren zu halten!“ sagte Seth und hielt sich mit den behandschuhten Händen, die Ohren zu.  Ich folgte seinem Beispiel. Da holte Tia tief Luft und blies in die Flöte. Ein schriller ohrenbetäubender  Ton erfüllte die Luft. Meine feinen Elfensinne schrien vor Schmerz. Ich atmete keuchend aus als sie die Flöte wieder von den Lippen nahm und sank in die Knie. „Was war das?“ Wollte ich wissen, doch bevor mir jemand antworten konnte kam aus dem Himmel die bodenerschüternde Antwort.

Es klang als wenn jemand aus einem überdimensionalen Horn blassen würde.  Mit offnem Mund starrte ich hinauf zu diesem fliegenden Monster, das sich vor die Sonne schob. Ich war so benommen, das ich gar nicht merkte wie  eine Strickleiter von diesem Ding zu uns herunter  fiel. Erst als Tia sich räusperte und mir auf die Schulter tippte erwachte ich aus meiner Schockstarre.

„Kommst du?“ fragte sie. Ich nickte benommen und torkelte ihr hinterher. Tia kletterte vorran. Ich folgte und den Abschluss bildete Seth. Während wir dort hingen wurde die Strickleiter wieder nach oben gezogen. Solch ein Luft hatte ich noch nie gesehen. Gewiss es gab fliegende Schiffe. Einige Elfenstämme bevorzugten die Lüfte und wohnten in fliegenden Booten aber dies. Es bestand vollständig aus Metall. Riesige Propeller drehten sich und hielten das Ding in der Luft.

Zwei in weiße Uniformen gekleidete  Männer halfen uns an Bord. Als wir oben waren, holten sie den Rest der Leiter ein und klappten die metallene Reling wieder hoch.  Ein dritter Mann nahm Tia und Seth das Gepäck ab. „General Seth, Lady Tia willkommen an Bord.“ Sagte eine kleine Frau, die zu ihnen getreten war. Sie hatte kurze braune Haare, einen dunkeln Taing und leuchtende braune Augen. Sie reichte mir gerade mal bis zur Schulter. Ihr Blick wanderte zu mir.

„Wer ist die junge Frau, wenn man fragen darf?“ fragte sie. Tia spannte sich etwas an. „Das ist Fey, eine Elfe des Sommerhofes.“ Die Augen der Frau wurden groß und sie sah mich staunend an, als sei ich irgendein exotisches Tier. „Eine Elfe? Ehrlich? Aber ich dachte sie…“ Seth fiel ihr ins Wort. „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Setz Kurs. Wir müssen mit dem Kapitän reden.“

Die Frau salutierte. „Zu Befehl.“ Dann begann sie Befehle zu brüllen und die Männer setzten sich in Bewegung.  Ich folgte Tia und Seth durch eine stählerne Tür ins Innere, des Schiffes.

Sie führten mich durch mehrere enge Gänge zu einer nächsten Tür. Wir kamen auf die Brücke des Schiffes. Von hier konnte man  durch ein großes riesiges Frontfenster, weit über die Wildnis sehen. Fasziniert bewunderte ich die Aussicht. Mehrere Männer und Frauen hantierten mit einer großen Zahl von Hebeln und Ventilen. Hinter einer Art Schreibtisch rechts von uns Stand eine Frau, die lautstark immer wieder Befehle schnauzte und wild fluchte. Seth räusperte sich laut. „Was?“ schrie die Frau. Als sie Seth erkannte, wirkte sie ein wenig verlegen. „´tschuldigung, aber ich kann es kaum erwarten aus dieser Wildnis wegzukommen, diese verfluchten Elfenwesen sind eine Pest. Ich glaube sie hinter jeder Ecke zu sehen.“ „Keine Ursache. Wir haben unsere Mission hier erledigt.“ Die KapitänIn war eine Frau mit lockigen rotem Haar, dass ihr wild nach allen Seiten abstand. Sie strahlte eine genauso unbändige Aura aus. Mit ihr war nicht zu spassen. „Ach ja.“ Sagte Seth und wandte sich zu mir. „Das ist Fey. Sie ist eine Elfe vom Sommerhof und wird uns ab jetzt helfen. Wir nehmen sie mit nach Falandria.“ Sagte Seth. Das Gesicht der Frau verzog sich, als sie mich von oben bis unten begutachtete. „Eine Elfe? Auf meinem Schiff.“

„Es ist mir eine Ehre.“ Sagte ich zuckersüß. Seth warf mir einen warnenden Blick zu.

„Mir ebenfalls.“ Sie wirkte nicht, als ob sie es ernst meinen würde. Damit wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder an Tia und Seth. „Wir haben keine Kajüte mehr frei.“ Sagte sie. „Sie kann bei mir schlafen.“ Sagte Tia hastig. Die Frau nickte. „Essen. Noch ein Maul zu stopfen? Wir haben die Vorräte ratsioniert.“ „Sie isst nichts.“ Sagte Seth. Die Frau verschränkte die Arme und trommelte mit den Fingern auf ihrem Arm. „Gut, aber sie muss arbeiten. Sie sieht nicht gerade so aus, als wenn sie arbeiten kann.“ Da schnappte ich über. Ich stapfte auf die Frau zu und bevor sie etwas tun konnte hatte ich sie am Hemd gepackt und hochgehoben. Sie war so überrascht, das sie es einfach geschehen ließ. „Werd nicht frech, Stebliche.“ Fauchte ich. „Glaub mir, ich kann dein Leben schneller beenden, als du es begreifst. Eine Sterbliche sollte in Gegenwart einer Unsterblichen lieber ihre Zunge hüten.“ Ich ließ sie wieder runter. Tia nahm mich am Arm. „So, gut. Lass uns gehen. Fey. Ich glaube wir sind alle etwas mit den Nerven fertig. Lass uns schlafen gehen.“  Seth schloss sich uns an. „Ja, lass uns gehen. Ell ist sicherlich mit den Nerven fertig.“

 

Ich schlief unruhig. Oberons Licht brannte auf meiner Haut.  

 

 

Es war ein Fest von vielen. Wann genau, in welchem Zyklus in welchem Jahr, weiß ich nicht mehr. Der Sommer war noch nicht ganz auf seinem Höhepunkt. Bei Hofe feierte man rauschende Feste, sang und tanzte. Was da draußen in der Welt geschah interessierte hier die wenigsten. Sie waren so berauscht vom Wein und der Sommerhitze, das es sie wirklich nicht interessierte.  Ich mochte das Leben zu Hofe nie besonders. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich jedoch daran gewöhnt hatte. Ich war in demselben Zustand gefangen, wie alle anderen auch.  Trunken von Sommer und Wein lag ich in  Miodes Armen, der träge mit der Hand über meinen Rücken strich. Er roch nach Sommer und Meer. Ich liebte diesen Geruch.

Irgendwo sang irgendwer. Gelächter schalte von den unteren Terrassen zu uns rauf. Der Sommer war ein einziges Wohlgefühl. In dieser Zeit war die Luft so voller Energie, dass sie buchstäblich flirrte. „Hey…“ murmelte Miodes. Ich hob  träge den Kopf und sah zu ihm hoch. „Hm?“ 

„Sollen wir heute Nacht zum See gehen? Die Sommerlichter sind dort besonders schön.“ Ich hob eine Augenbraue. „Seit wann interessieren dich Sommerlichter?“ Er zuckte mit den Achseln und seine Hand wanderte meinen Rücken hinauf, während er sich aufrichtete. „Ich dachte, dir würde es gefallen. Dein Volk ist doch so….“ Ich seufzte. „Naturverbunden?“  beendete ich seinen Satz.  Ich setzte mich auf und schlang ihm die Arme um den Hals. „Mein Stamm ehrt die Natur, sie ist unser aller Mutter. Deshalb leben wir mit ihr und versuchen sie zu verstehen.“ Er gähnte erneut, diesmal ausgiebig. Damit deutete er an, dass ihn das nicht sonderlich interessierte und er keine Lust hatte sich näher damit zu beschäftigen. Kurzer Hand warf er mich um und rollte sich auf mich. Ich quietschte. „Ich denke.“ Raunte er verführerisch in mein Ohr. „Das die Mutter etwas bei mir gut hat. Immerhin hat sie mir eine wundervolle Königin geschenkt.“ Er küsste mich leidenschaftlich. Ich lächelte in den Kuss hinein.

 

„Ähm….“ Machte es auf einmal hinter uns. Miodes reagierte genervt. „Wir sind beschäftigt. Siehst du das nicht?“ Er wollte sich wieder meinem nackten Körper widmen. „König, es tut mir außerordentlich leid, aber da sind Menschen, die euch sprechen wollen.“ Miodes verzog das Gesicht. „Sag ihnen sie sollen später wieder kommen.“ „Wir sind nicht den ganzen Weg hierher gereist um darauf zu warten, dass der König mit seinem Flichtchen gevögelt hat. Es ist dringend.“  Miodes fluchte und stand mit einem Schwung auf. Ich zog die Decke hoch um mich zu bedecken. Wer waren diese Kerle, dass sie es wagten hier ein zudringen?“  Ich griff nach meinen Kleidern. „Nein, Liebste.“ Miodes warf mir einen feurigen Blick zu. „Glaub mir es geht gleich weiter.“ Ich rollte mit den Augen und warf ihm seine Hose zu. Er verzog das Gesicht. Am Rand der Terrasse standen drei bullige Krieger. Offensichtlich waren sie schon eine Weile gereist, wobei sie es nicht geschafft hatten, sich zu waschen, geschweige denn zu rasieren. Oberon zog sich seine Hose an und wandte sich den Kriegern zu. „Ach der Fürst von Falandria und sein Gefolge, wisst ihr was ich mit Menschen mache, die mir meinen Spass verderben?“ Ich war inzwischen aufgestanden und suchte nach meinen Stiefeln. Die Blicke der Männer folgten mir. Ich konnte ihre Lüsternheit schon riechen. Der Redeführer fiel auf die Knie. „Nein, mein Herr.  Vergebt mir, ich hätte dies nie getan, wenn ich es nicht so dringend gewesen wäre.“

Miodes knurrte. „Sprecht.“ Die Männer versteiften sich. „Wir bitten um Eure Hilfe, König. Unsere Mauern halten dem Ansturm unserer Feinde nicht mehr stand. Wir haben schon zu viele Männer verloren. Wenn Ihr uns nicht helft, werden sie uns auslöschen.“ Miodes schwieg eine Weile dann sagte er. „Wäre das nicht besser für diese Welt? Ein Halblingvolk weniger.“

Ich war entsetzt. Die Männer starrten den König entgeistert an. Miodes drehte sich zu mir um. „Verschwendet nicht länger eure Zeit.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist nicht dein Ernst oder?“ sagte ich. Miodes kam auf mich zu und wollte mich an sich drücken aber ich stieß ihn vor die Brust. „Hast du nicht gehört?“ Die Männer sahen zwischen ihm und mir hin und her. Miodes sah etwas überrascht aus. Unverständnis spiegelte sich in seinen Augen. „Wieso? Es ist ihre Schuld, wenn sie nichts anders kennen als Krieg. Wir können ihnen nicht helfen.“

Ich kniff wütend die Augen zusammen. „Ich hatte etwas mehr von dir erwartet. Ein ganzes Volk wird ausgelöscht und du schaust tatenlos zu?“ Miodes lachte. „Was sollen wir den tun? In die Schlacht ziehen? Ich bitte dich…“ Ich schnappte mein Schwert, dass auf dem Tisch lag und schnallte es mir um die Hüfte. Dann  stieß ich einen schrillen Pfiff aus. Ich wandte mich an die Männer. „Los, zeigt uns den Weg.“ Sie schauten mich verständnislos an. „Ich, Königin des Sommers, werde euch helfen, da mein Gefährte nichts von Ehre versteht. Meine Krieger und ich werden euch folgen, wenn ihr uns führt.“ Der Redeführer fiel wieder auf die Knie. „Vergebt mir meine Königin. Danke, für  eure Güte.“ Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Steht auf Bruder. Es ist Zeit in die Schlacht zu ziehen.“  Und schon sprang ich die Treppen hinab. Meine Krieger folgten mit fliegenden Schritten.  Zurück blieb ein beleidigte König.

 

Meine Krieger waren Elowin, Tali, Alan, Kari und Doriat. Wir alle gehörten zum selben Stamm und waren gemeinsam an den Hof gekommen um den Wächtern beizutreten. Stattdessen war ich ihre Königin und sie waren meine Leibgarde. Tali und Elowin waren ausgezeichnete Bogenschützen. Alan, Kari und Doriat waren Krieger, wie ich.  Nun zogen wir in den Krieg. Uns begleiteten die Wächter, die mir ergeben folgten. Die Schlacht war hart. Aber wir bezwangen die Halbelfen mit nicht mal einem dutzend Elfen.  Zwei Monde blieben wir. Dann kehrten wir siegreich zum Hof zurück.  Die Elfen dort hatten von alle dem nichts mitbekommen. Nichts von den vielen Toten, von dem Blut, dem Morden. Ich fühlte mich so lebendig wie lange nicht mehr. Kaum waren wir bei Hofe angekommen wurden wir von Freunden und Familie umringt. Sie bestürmten uns mit Fragen. Auf unseren Sieg wurde getrunken und die Elfen begannen mich zu umkreisen. Ich fragte mich wo mein Gefährte stecken mochte. Er war nirgends zu sehen. Ich suchte die Gegend nach seiner Aura ab und folgte ihr. Ich fand ihm im Bett. Zusammen mit einer anderen. Mit Esmeralda. Er war gerade dabei sie von hinten zu nehmen. „Wer immer dort ist, später wir sind beschäftigt.“ Sagte er. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen.  Die Wut stieg in mir hoch. „Beschäftigt?“ sagte ich. Esmeraldas Kopf ruckte herum und auch Miodes sah sich um. Meine Hand lag auf dem Knauf meines Schwertes. Esmeralda stieß einen schrillen Schrei aus und klammerte sich an Miodes. Wie sich vor meinen Augen an Miodes ranmachte war eine verdammte Frechheit. Ich zog mein Schwert. Ich musste furchtbar aussehen. Meine Rüstung rot vom Blut der zahllosen  Halblinge, die durch meine Hand ihr Leben verloren hatten.  Meine Haare wild und ungehalten. Kampfbemalung zierte meine Haut. „Fey…“ sagte Miodes träge. „Mehr hast du nicht zu sagen?“ zischte ich und bleckte die Zähne.  

Mit zwei großen Schritten war ich am Bett und packte das widerliche Ding an den Haaren. Sie schrie und krallte sich an Miodes fest. „Sie ist verrückt. König, tut doch was.“

„Du Miststück.“ Fauchte ich und mit einem Ruck entfernte ich sie von Oberon und warf sie auf den Boden. „Du wagst es vor den Augen den Augen deiner Königin so zu sprechen? Weißt du was ich dafür jetzt mit dir machen werde?“  Das Ding krümmte und wimmerte dort auf dem Boden. „König!“ Sie  streckte zitternd die Hand aus. Die Hand wurde von einer Ranke gepackt die aus dem Boden wuchs und das Mädchen mit sich in die Höhe riss. „Kennst du denn gar keine Grenzen?“  Meine Augen glühten nun golden. Eine Eigenschaft, die nur mir und Oberon eigen war: Mann konnte durch unsere Augen das Licht der Sonne sehen. Nun hing das Mädchen über dem  Abgrund.   Plötzlich spürte ich Miodes Hände auf meinen Hüften. Seinen Mund an meinem Hals. „W-..“ Er hatte mich gepackt und aufs Bett geschmissen. Auch in seinen Augen glomm das Gold.  Ranken schossen aus dem Holz hervor und fesselten meine Hand und FUssgelenke. Sein Blick war kalt. Esmeralda musste zusehen wie er sich über mich hermachte. Dann befreite ich mich mit einem fürchterlichen Wutschrei und stieß ihn die Blutklinge durch die Brust.  Von dem Tag an war Miodes, Oberon und ich, Titania.  Für mehr als einen Zyklus verließ ich den Sommerhof. Keiner meines Stammes begab sich dorthin. Unter den meinen war ich nichts weiteres als eine Kriegerin. Niemand verbeugte sich vor mir oder heuchelte mir irgendwelche Schmeicheleien ins Ohr. Dann kam Oberon nach K´Lamdril .

 

Das Schiff auf dem ich nun war, hieß Gloria und ihr eigenwilliger Captian, ein weiblicher Kapitän wohl bemerkt, hatte mich inzwischen ins Herz geschlossen. Sie mochte vor allem meine Fähigkeit alles Mögliche anzuzünden. Es war zwar nur ein einfacher Zauber aber er begeisterte die Frau. Ihr Name war übrigens Elenor. Aber alle nannten sie Ell.  Die Reise dauerte vier Tage. Vier Tage in denen ich vieles über die neue Welt in die ich darein gerutscht war lernte. Eine Welt gefüllt mit Dunkelheit und Angst. Der Angst vor der Dunkelheit, die das Land verwüstete. Als wir die Wildnis und die Nebel hinter uns ließen breitete sich dort wo früher noch grüne Hügel endlose Wälder und große Flüsse die Landschaft geformt hatten, graue Einöde aus. Wälder aus schwarzen abgebrannten Baumstümpfen. Ich stand an der Reling und starrte fassungslos hinunter auf die Wüsternei. Seth trat neben mich. „Das passiert überall.“ Sagte er. „In dieser Welt geht es nur ums Überleben.“  In diesem Moment fragte ich mich wo denn die Götter in diesem Moment waren. Warum sie zuließen dass die Welt sich selbst zerstörte.

Am Morgen des vierten Tages sahen wir am Horizont die Türme von Falandria. Die Stadt war die letzte Bastion der Menschheit in diesem Teil des Landes. Und die letzte größere Menschenstadt überhaupt. Die Stadt sah immer noch aus wie damals. Bis auf den Luftschiffhafen und die hohen Mauern. Das Schiff steuerte auf eine der Landestege zu. Viele Menschen liefen auf den Stegen herum. Befehle wurden um mich herum gebrüllt. Der Wind peitschte meine Haare ins Gesicht.  Dunkle Wolken hingen am Himmel. Eine bedrückende Stimmung lag in der Luft. Ich ging als eine der ersten von Bord. Neugierige Blicke folgten mir. Trotz meiner Maskerade strahlte ich ein leichtes Licht aus. Mein Inneres Licht wurde durch Oberons Licht noch verstärkt.

Die Schaulustigen Menschen wurden mit Zäunen vom Landesteg fortgehalten. Schnell begriff ich weshalb sie hier waren. Wegen Seth und Tia. Als die beiden das Schiff verließen brandete eine Welle von Rufen los. Die Menge tobte. Sie drängten den Zaun. „Lady Tia. General Darkamor.“ 

Seth stöhnte auf. „Was haben sie denen erzählt?“ sagte er. Tia zuckte mit den Achseln. Auch sie wirkte angespannt. Sie und Seth trugen ihre blaue Uniform. Ich trug immer noch, die Klamotten, die sie mir gegeben hatten, als wir im Wald waren. Seth legte mir eine Hand auf den Rücken und schob mich vorwärts. „Komm wir müssen dich zum Fürsten bringen.“ „Aber wir haben uns noch gar nicht von…“ „Bis bald Süße Fee. Besuch uns mal, wenn du je nach Al´sandir kommst.“

Rief  Ell von Bord der Gloria. Ich lächelte und rief. „Werde ich.“ Dann schob mich Seth vorwärts. „Wir müssen dich wegbringen bevor du zu viel Aufmerksamkeit erregst. Du leuchtest wie eine Laterne. Kannst du dass nicht mal abstellen?“ Ich runzelte die Stirn. „Nein. Ich bin eine Sommerelfe. Sommerelfen leuchten halt.“ Uns schlossen sich eine Reihe blau uniformierter Männer an. Sie führten uns ungesehen von den Menschenmassen durch eine kleine Seitenstraße vom Luftschiffhafen weg. Die Stadt, wie ich sie kannte existierte nicht mehr. Die Häuser waren hoch und der Putz war von vielen Wänden schon abgebröckelt. Es roch nach Urin und anderen Abfällen. Menschen mit eingefallenen Gesichtern und zerissenen Kleidern  starrten uns grimmig hinterher. Die Angst stand in ihren Augen. Die Dunkelheit hatte sich wie eine Krankheit, tief in ihre Seelen gefressen.  Über den Dächern sah ich die Zinnen des Schlosses. Des Schlosses in dem ich schon sooft zu Gast gewesen war.

Endlich verließen wir die engen Gassen und betraten den großen Platz.

Ich blieb stehen und schluckte den dicken Kloß hinunter, der mir im Hals steckte.

Ich erinnerte mich so deutlich daran, als wäre es erst gestern gewesen.  Der Himmel war endlos blau, überall hingen Blumengerlanden  und Musik spielte. Kinder tantzen über den Platz. Um mich herum nur Gelächter und glückliche Menschen. Ich drehte mich um und sah Fürst Erim mit seiner Braut auf der großen breiten Marmortreppe stehen, die zum Schloss hinauf führte.

Die wundervolle  Szenerie zerbrach in tausend Stücke als Tia mich an der Hand nahm und weiter zog. Der Platz war voll mit Müll. Auf den grauen zerbrochenen Marmorstufen hockten  Menschen und wimmerten. Wann immer wer an Ihnen vorbei kam streckten sie die Hände aus und flehten um etwas Brot oder Trinken.  Als die Soldaten kamen verstummten sie und krochen so weit wie möglich von den Soldaten weg.  Die mächtigen Tore des Schlosses öffneten sich langsam und wir betraten die riesige Eingangshalle des Schlosses. Alles wirkte alt, die Farbe blätterte von den Wänden. Der Boden hatte Risse. Der Ort strählte eine unglaubliche Trostlosigkeit aus.  Drei Personen kamen uns mit wehenden Mänteln entgegen.

 

Obwohl er um Jahre gealtert war, erkannte ich ihn sofort.  Sein Haar war ergraut, sein Gesicht von tiefen Falten durchzogen.  Er schaute sehr grimmig drein. Die braunen Augen waren auf Seth gerichtet.  Seth sank auf ein Knie. „Fürst Erim.“ „Lasst den Unsinn, Seth. Steht auf. War eure Mission erfolgreich?“ Sein Blick wanderte weiter über die Gruppe. Dann flog er zurück mir.  Der Fürst bekam große Augen. Sein Mund stand etwas offen. Während Seth versuchte ihm zu berichten was geschehen war.  Ich kann nicht in Worte fassen was für ein Gefühl ich in diesem Moment empfand.  Erims Hände zitterten. Seth war verstummt. „Fürst Erim? Alles in Ordnung?“ fragte Tia besorgt. Erims zitternde Lippen formten wortlos meinen Namen. Ich nickte und dicke Tränen liefen mir über die Wangen, als ich mich ihm in die Arme warf. „Erim!“ heulte ich auf. „Fey.“  Er drückte mich fest an sich. „Oh, bei allen Göttern, Fey.“  Er lachte und weinte zugleich. „Erim, es ist so schrecklich. Sagt mir, dass ich nur träume. Bitte, das ist alles so furchtbar.“ Erim schob mich von sich und nahm mein Gesicht in die Hände. Er schaute mich mit feuchten Augen an. „Ich kann es nicht fassen. Du bist es wirklich. Und kein bisschen gealtert. Du siehst immer noch genauso aus wie damals.“ Ich strich mit den Fingern über seine Wange. „Du bist alt geworden. So alt.“ Ich brach wieder in Tränen aus und er drückte mich ganz fest. „Oh Erim. Ich dachte ich würde euch nie wiedersehen. Und jetzt bin ich hier und du bist hier und da draußen.“ „Ich weiß, ich weiß Liebste. Es ist furchtbar. Aber sag, wie kommt es dass du hier bist? Du solltest doch schlafen…“  „Ich wachte auf, als deine Freunde dort versucht haben in die heiligen Hallen einzudringen.“ Ich sah zu  Seth und Tia. „In die heiligen Hallen?“ fragte Erim empört. Seth und Tia sahen sich an. Dann uns. „Wir haben unseren Befehl ausgeführt. Die Mission war erfolgreich.“ Sagte Tia zögernd. „Erfolgreich?“ Erim sah mich an. Ich nickte. „Ich habe Oberons Licht an mich genommen.“ Erim nickte. Er hatte verstanden. „Komm, wir haben sicher vieles zu bereden. Die Eingangshalle ist wohl kein geeigneter Ort für so etwas.“  Hinter uns räusperte sich jemand. „Lord Erim?“ Erim drehte sich um. „Ah, ich vergas.“ Seine beiden Begleiter sahen uns argwöhnisch an. „Fey, dass sind meine Söhne Talmor und Sirit.  Talmor! Sirit! Dies ist Fey von K`lambur. Tochter des Elfenfürsten Nariel, dem Bruder meines Vaters.“ Die Augen der beiden wurden groß. „Diese Person hat von nun an dieselbe Befehlsgewalt wie ich. Sie ist mit großem Respekt zu behandelt und so lange sie unter diesem Dach weilt, soll ihr jeder Wunsch erfüllt werden.“   

„Natürlich Vater.“  Sagten die Söhne wie aus einem Mund. In ihren Gesichtern erkannte ich, dass sie bereits von mir gehört hatten. Seth, Tia. Ich euch zu großem Dank verpflichtet, dass ihr meine unsere Teuerste hierher begleitet habt. Ihr seid alle entlassen. Ruht euch etwas aus.“ Tia stand ein großes Fragezeichen im Gesicht. Ich lächelte sie auf munternd an, bevor ich mich umwandte und Lord Erim folgte. Wir sprachen erst wieder als er die Tür seines Arbeitszimmers hinter uns verriegelt hatte. Er war schon immer ein verdammter Büchernarr gewesen. Inzwischen, nach ein paar hundert Jahren, quollen die Bücher aus den Regalen und stappelten sich überall. Erim ging zu einem der Stühle und räumte einen Stapel Bücher beiseite, die er darauf platziert hatte.  „Setz dich.“  Ich tat wie geheißen. Er holte sich ebenfalls einen Stuhl und setzte sich mir gegenüber. Er atmete erleichtert auf als er auf den Stuhl Platz nahm. „Ah, meine Güte.

Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben.“  Er nahm meine Hand. „Du bist es wirklich nicht wahr? Nach all den Jahren.“ „Wie viele Jahre habe ich geschlafen Erim?“ fragte ich. „319 Jahre, meine Teuerste. 319 Jahre.“

„Eine lange Zeit.“  „ Das bedeutet, das der Zyklus seit 19 Jahren zu Ende ist.“ Stieß ich hervor.

„So ist es. Der Zyklus des Winters wurde nicht beendet. Die Sommerelfen können nicht erwachen, so lange er nicht beendet ist.“  Sagte Erim. „Nein, können sie nicht.“ Stimmte ich ihm zu. „Und du meine Liebe solltest eigentlich auch nicht wach sein.“  „Du hast recht. Es ist mir ein Rätsel, wie das passieren konnte. So sehr ich darüber nach denke, ich finde keine Erklärung dafür. Aber wäre ich nicht aufgewacht, wären deine lieben Soldaten von den Wächtern vernichtet worden.“ „Und darüber bin ich sehr sehr froh, meine Liebe. Wenn wir eine Chance gegen den Dunkeln haben, dann sicherlich nur mit dir an unsrer Seite.“

„Ich will ehrlich sein, Erim. Ich bin geschwächt. Ich werde es unmöglich alleine schaffen. Um meine vollen Kräfte zurück zu erlangen, müssen wir den Winterkönig befreien und den ihn dazu bringen den Zyklus zu beenden.“ Erim nickte. „So ähnlich, hatten wir uns dass auch geplant.“  „Was war euer Plan? Hast du ernsthaft gedacht ein Halbelf, wie Seth könnte Oberons Licht tragen? Selbst eine normale Sommerelfe würde diese Kraft nicht halten können.“

„Aber er hätte sie lange genug halten könne bis er sie zum Winterkönig gebracht hätte. Er ist stärker als du denkst, Fey.“ Sagte Erim schmunzelnd. „Nun. Dafür muss er jetzt nicht sein Leben wegschmeißen. Ich bin ja jetzt hier. Hast du mein Schwert noch?“ Erim nickte bedächtig. „Ich habe darauf aufgepasst, wie ich es dir versprochen habe. Wir werden es morgen für dich holen, aber für heute solltest du dich erstmal ausruhen.“ Ich verzog das Gesicht. „Ich habe mich die letzten dreihundert Jahre ausgeruht. Sogar noch länger. Behandle mich nicht, als wäre ich eine schwache Wassernymphe.“ Erim lachte auf. „Nein. Das bist du ganz bestimmt nicht. Meine Freundin. Der Mensch, der solch etwas behaupten würde, wäre so blind wie ein Erdkriecher.“

Er stand auf und zog mich mit sich. „Meine Liebste, teuerste Königin. Du bist gerade aus einem langen Schlaf erwacht. Normalerweise braucht ihr Elfen, Monate wenn nicht sogar Jahre um euch neu in der Welt zu orientieren. Ich weiß dass du dich an vieles nicht erinnerst.“ „Glaub mir, Erim. Ich erinnere mich an viel zu viel.“  Ich folgte Erim zur Tür seines Arbeitszimmers.

„Ich werde dir jetzt deine Gemächer zeigen. Du wirst sie sicherlich nicht wieder erkennen, aber es sind immer noch deine.“  Ich erinnerte mich schwach.

 

Es war am Ende des letzten Zyklus. Ich spürte die schwere Müdigkeit in den Knochen. Die letzten Jahrhunderte lasteten schwer auf meinem Schultern. So viele Erinnerungen, so viele schwere Gedanken. Meine Füße trugen mich heimwärts. In die Elfenlande.  Heimwärts zu den großen Hallen. Zu meinen Brüdern und Schwestern. Und ohne dass ich es so recht bemerkte landete ich in Falandria. Der Fürst von Falandria war Erim. Ein Sohn des Elfenfürsten Landan und seiner sterblichen Frau Elena. Landan war der Bruder meines Vaters, somit war Erim mein Vetter und es wäre unhöfflich mich nicht bei ihm zu verabschieden.  Die Stadt sah immer noch genauso aus wie damals. Wie lange war es hergewesen, dass ich hier gewesen war?  Zeit spielte für mich keine Rolle mehr. Ich bemerkte, dass die Menschen sich etwas anders kleideten als früher.

Schmunzelnd setzte ich meinen Weg über den Markt fort. Händler priesen ihre Waren an. 

„Wollen sie einen neues Haarband, Miss?“ „Nein, danke.“ Sagte ich lächelnd und schickte mich an weiter zu gehen. „Dieses rot würde aber gut zu Euren Haaren passen.“ Sagte eine Männerstimme, die zu dem jungen Mann gehörte, der sich mir in den Weg gestellt hatte. 

Wundervolle braune Augen sahen entzückt auf mich herab. In der Tat sah der Junge sehr gut aus. Bei seinem Anblick musste ich ein wenig lächeln. „Welches Band meint Ihr würde denn mir am besten stehen?“ fragte ich den jungen Mann.  Er grinste. Der Fisch hatte angebissen. Er wandte sich dem Stand zu und  sah sich die Bänder an, als würde ernsthaft darüber nachdenken. Dabei hatte er es schon längst gefunden. Ein rotes Samtband. Er gab sich keine Mühe seinen Geist zu schützen. Ich konnte darin lesen, wie in einem offnen Buch. Er streckte die Hand aus und zog das rote Band heraus. „Dies hier.“ Sagte er und lächelte siegesgewiss. „Ja, es gefällt mir.“ Nahm es entgegen und wandte mich an die dickliche Verkäuferin. „Ich möchte dieses kaufen.“ 

„Sehr wohl, Miss. Das macht 10 Goldstücke.“ „Nein.“ Sagte der junge Mann und drengte mich zu Seite wobei er mir das Band aus der Hand nahm. „Ich bezahle es.“ „Sehr wohl, Sir.“

Ich schmunzelte und sah den Mann von der Seite an.  Während er bezahlte schaute er mich die ganze Zeit über an. Er hielt das Band hoch. „Darf ich?“ fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Und nahm ihm das Band ab. „Danke, mein Herr. Aber ich muss weiter.“

Ich ging an ihm vorbei. „Wartet.“ Rief er und rannte um mit mir gleichauf zu laufen. „Ihr kommt nicht von hier oder? So eine Schönheit, wie Euch wäre mir schon früher aufgefallen.“

Ich beschleunigte meine Schritte. „Da liegt Ihr richtig, aber ich war schon sehr oft hier.“ 

Er hatte keine Mühe mit mir Schritt zu halten.  Immer wieder versuchte er mir fragen zu stellen oder eine Unterhaltung anzufangen. So ging es weiter bis wir auf den großen Platz vor dem Palast kamen. „Wohin genau sind wir eigentlich unterwegs?“  wollte er  wissen. Ich blieb stehen und sah ihn etwas erbost an. „Ich bin unterwegs nach hause.“  

Ich ging weiter ohne mich noch einmal umzudrehen. „Hey warte!“ rief der Junge Mann und hielt mich am Arm fest. „Was?“ fuhr ich ihn an. „Wollt Ihr mir nicht wenigstens Euren Namen verraten?“ Ich zögerte. Eine Mutter rief ihr Kind. „Sera.“ Sagte ich. „Mein Name ist Sera.“ Er konnte sein Glück kaum fassen. „Sera.“  Ich riss mich los und machte dann einen Schritt rückwärts. Dabei hielt ich Blickkontakt. Bevor ich mich umdrehte und davon rannte. Richtung Palast.  Ich stieg die Stufen zum Eingangsportal hinauf. Die Wachen verbeugten sich vor mir.

Sie nahmen wohl an, ich sei eine der Hofdamen. Als ich vor dem riesigen Eingang stand, trat mir ein Mann in den Weg. „My Lady. Ihr Name bitte.“ Ich blinzelte und betrachtete den Mann von Kopf bis Fuss. „Wer sind Sie?“ fragte ich. „Ein ergebner Diener des Hauses von Falandria, Miss.“

„Und warum wollen sie meinen Namen wissen?“

„Damit ich überprüfen kann, ob Euer Name auf der Gästeliste steht, MyLady.“

„Gästeliste? Seit wann gibt es hier denn so etwas?“

„Nun Miss. Dies ist eine geschlossene Gesellschaft. Sie müssen eingeladen sein, um an den Feiern teilzunehmen.“

Ich runzelte die Stirn. „Wer hat so etwas eingeführt. Früher war dies ein offner Palast. Jeder konnte ein und ausgehen wie er wollte. Seit wann herrschen hier solch menschliche Sitten?“

„Seitdem die Frau des Fürsten ein Mensch ist Miss. Würden Sie so freundlich sein mir nun ihren Namen geben? Es warten noch andere Gäste darauf eingelassen zu werden.“

Ich  ignorierte seine Bemerkung. „Aber Elise ist eine Halbelfe.“ Sagte ich verwirrt. Der Diener schien sichtlich mit seiner Geduld am Ende.  „Elise, Miss ist seit über hundert Jahren tot. Sagen Sie mir nun ihren Namen, oder ich lasse sie entfernen.“

Die Wachen standen schon  bereit. „Fey de K´lambur Tochter des Nariel. Königin des Sommerhofes. Hüterin des Lichts. Elise ist tot? Wie das?“

Entnervt winkte der Diener einem anderen. „Königin des Sommerhofes? Sie wollen mich doch auf den Arm nehmen. Entfernt diese Frau.“  Die Wachen machten Anstalten mich zu packen. „Halt.“ Rief der andere Diener. „Was denn?“ fuhr der Eine ihn an. „Sie steht auf der Liste. Auf DER Liste, Sir.“ Der Diener wurde kreidebleich und drehte sich wieder zu mir um. Er sank vor mir auf die Knie. „Willkommen bei Hofe, Euer Hoheit…“  „Danke.“ Sagte ich und rauschte an ihm vorbei. Ich fand Erim umringt von vielen Menschen und Halbelfen, an seinem Arm nicht Elise, sondern eine sterbliche Frau. Also war es war. „Erim!“ rief ich ihn. Sofort schoss sein Kopf hoch. „Meine Königin?“   „Ich bin hier!“ sagte ich halb laut, halb in Gedanken. Erim drahte den Kopf zu mir und seine Augen wurden größer als er mich sah. Er entschuldigte sich von seinen Gästen und seiner Frau und bannte sich einen Weg zu mir durch. Freudestrahlend kam er auf mich zu. „Fey. Meine Teuerste. Was verschlägt dich in diese Gegend. Wie lange ist es her.“

„Erim. Eine Ewigkeit. Es freut mich dich wohl aufzusehen. Das Elise nicht mehr unter uns weilt, erfüllt mich mit tiefen Schmerz.“ Erim sah traurig zu Boden „Ja in der tat. Ich trauere immer noch sehr um sie.“  Ich nahm seine Hand. „Es freut mich, dass Ihr Euch trotzdem entschieden habt weiter zu leben. Elise würde es nicht anders wollen.“ Erim Augen wurden Dunkel. „Ihr seid doch sicher nicht nur gekommen, um mir Euer Beileid für den Tod meiner Frau zu bekunden.“ Sagte er mit rauer Stimme. Ich lächelte traurig. „Nein, mein Freund. Ich bin gekommen, mich zu verabschieden.“  Seine Schultern sanken und ich spürte, wie er sank. „Zu verabschieden?“

Ich nickte. „Der Zyklus.“ Sagte er langsam. „Er neigt sich seinem Ende zu.“

„So singt es der Wind. So wispern es die Bäume. Es zieht mich heim. Der Winter kommt. Ich werde müde. Meine Füße werden schwer. Die Jahrhunderte lasten auf meinen Schultern.“ Wir standen etwas abseits, so dass wir keine große Aufmerksamkeit erregten.  Erims Hände zitterten.  Tiefes Leid erfüllte ihn. „Wisst Ihr noch, das Ihr mir gesagt habt, dass ihr mir etwas schuldet?“ fragte er. Ich nickte. „Nun, jetzt geb ich Euch die Chance die Schuld zu begleichen: Geht noch nicht. Ihr seid immer gekommen und wart so schnell wieder fort wie der Wind. Meine letzte Bitte, an Euch: Bleib noch eine Weile. Seit mein Gast, bis die Wanderer kommen. Unserer Freundschaft wegen.“ 

 

 

In meinen Räumen hatte, wohl seit langer Zeit niemand mehr gelebt. Dennoch war alles sauber. Als mehr oder weniger regelmäßiger Gast des Hauses hatte ich meine eigenen Gemächer. Ich ging durch die Eingangshalle und drehte mich im Kreis. Die große gläserne Kuppel war immer noch so wie ich sie in Erinnerung hatte. Bloss war nicht mehr der schöne Himmel zu sehen, sondern ein immer währendes Grau. Sprünge zeichneten sich in den Fensterscheiben ab.  Die Pflanzen, die ich in zahlreichen im Boden eingelassenen Beeten gepflanzt hatte, waren schon lange zu staub zerfallen.

„Es ist unglaublich. Du hast ihn tatsächlich dreihundert Jahre so gelassen, wie ich ihn verlassen habe. Wirklich unglaublich.“ Er lächelte. „Es war wohl eine Vorahnung. Es ist tatsächlich alles noch so wie du es verlassen hast. Außer deine Pflanzen. Ich habe wohl nicht so einen grünen Daumen wie du.“ Ein Lächeln flog über mein Gesicht. Ich schlenderte zu einem der Beete und ging in die Hocke. Mit einer Hand berührte ich die Erde. Ich erschauerte. So ohne jegliches Leben. Unter meiner Berührung begann die Erde regelrecht zu brodeln. Begierig sog sie meine Energie. Ich stöhnte unvermittelt auf. Die Heftigkeit, mit der die Erde wieder anfing zu leben überwältigte mich. „Fey!“ rief Erim und eilte zu mir. Besorgt kniete er neben mir nieder. Ich zog meine Hand mit einem Ruck zurück und  da wo meine Finger die Erde berührt hatten, sprossen Augenblicklich grüne Pflänzchen, die in Windeseile wuchsen. Ich verlor das Gleichgewicht und der alte Halbelf fing mich auf. „Fey. Was ist passiert?“  Ich stöhnte und hielt mir den Kopf. Die Pflanzen wisperten und zischten.  Bilder zuckten durch meinen Kopf. Erim hob mich keuchend hoch und trug mich zum Bett. „Es scheint mir, nicht nur ich freue mich das das Licht in unsere Welt zurückkehrt. Aber ihr solltet, bedenken, dass unser Licht gerade erst erwacht ist. Ihr solltet sie nicht zu sehr beanspruchen meine Damen.“  „Das Licht ist unser aller Stern, wir werden sie beschützen, Elfenkind. Wir werden sie vor der Dunkelheit hüten, bis sie erwacht.“ Wisperten die Pflanzen. „Das Licht ist unsere Freundin. Sie  beschützt uns. Wir beschützen sie.“

 

Dunkelheit

3.Kapitel Dunkelheit

 

 

Es erschütterte, die Dunkelheit bis ins Innerste. Das Licht regte sich. Es brannte auf seiner Haut. Der Schmerz ließ ihn aufschreien. So war es nicht vorhergesehen. Wo kam auf einmal dieses Leuchten her? Helles Tageslicht fiel durch ein kleines Loch in die sonst dunkle Halle. Dort wo das Licht hinfiel zischte die Dunkelheit und wich fauchend zurück. Er, der sich in Dunkelheit hüllte wagte es nicht auch nur in die Nähe, dieses Lichtes zu gehen. Wie konnte es wagen hier einzudringen. Der eiskalte Atem seines Geliebten streichelte seinen Nacken und er erschauerte. Ein raues kaltes Lachen. „Sie ist aufgewacht.“ Sagte die vor Kälte klierende Stimme.  Er wandte sich um und ging ganz nah an ihn heran. „Wer ist erwacht?“  „Die Eine. Sie strahlt heller als alle anderen. Heller als der hellste Stern. Ist sie einmal in voller Blüte, wird sie nichts mehr aufhalten. Sie ist der Vorbote der aufgehenden Sonne.“ „Das ist unmöglich.“ Zischte die Dunkelheit. „Sie schlafen in ewigen Schlaf.“ „Sie ist nicht wie die anderen.“ Er machte eine Pause. „Sie ist anders.“ „Genug!“ brüllte die Dunkelheit und stürmte auf das Licht ein bis es verschwand.

 

Mit einem Schreckensschrei erwachte ich. Eine dunkle Vision hatte mich gepackt. Ich setzte mich auf und versuchte mich zu beruhigen. Aber etwas sagte mir, dass hier etwas nicht stimmte. Ich kletterte aus dem Bett und lauschte. Absolute Stille. Etwas war ganz und gar nicht in Ordnung!

Ich lief zu den großen Flügeltüren des Gemaches. Verschlossen. Fluchend trat ich dagegen. Das Schloss barst und die Tür ging auf. Ich zuckte mit den Achseln. Sollten die Menschen sich um die Tür kümmern. Mit eiligen Schritten verließ ich die Gemächer. Meine Schritte hallten in den leeren Gängen des Schlosses wieder. Eine dunkle Vorahnung überkam mich. Ich sahnte meinen Geist aus und da spürte ich sie. Die dunklen Kreaturen. Ich war schockiert darüber, dass ich sie nicht vorher bemerkt hatte.  Meine Sinne mussten noch zu benebelt, vom Schlaf sein. „Erim!“ schrie ich in Gedanken. Ich konnte meinen Freund nirgends im Palast spüren. „Erim!“

Wie flimmernde Lichter tauchten die Menschen vor meinem inneren Auge auf. Ich konnte ihre Angst und die Panik fühlen und das ließ mich noch schneller rennen. Schließlich entschied ich mich für eine Abkürzung und sprang aus dem Fenster.

Ich landete in einem dornigen Gestrüb. Fluchend befahl ich den Dornen mich frei zu geben. Sie gehorchten und wichen von mir zurück. Ich stolperte völlig zerkratzt auf den großen Platz vor den Toren des Schlosses. Er war voll mit Menschen.  „Erim!“ rief ich wieder. Keine Antwort.

Dafür entdeckte ich in dem Moment Tia und Seth, bei einem Trupp Soldaten, die versuchten die Leute in Schach zu halten. Ich lief zu ihnen hinüber. „Seth.“ Rief ich. Er sah auf und Erleichterung zeigte sich in seinem Gesicht als er mich sah. „Sera.“ Rief er. „Was ist hier los?“ wollte ich von ihm wissen.  Dabei musste ich fast brüllen, weil man in all dem Lärm nichts verstehen konnte.

„Die Stadt wird angegriffen.“ Antwortete Seth. „Was? Wieso?“ „Woher soll ich das wissen.“ Sagte er und verzog das Gesicht. „Lange werden wir nicht standhalten können. Wir versuchen ein Portal nach Alsandria zu öffnen und die Leute in Sicherheit zu bringen. Fraglich ist nur ob wir die Dunklen so lange zurück halten können.“ Ich packte ihn am Arm. „Wo ist Erim?“ fragte ich ihn. „Was weiß ich.“ Knurrte er und wandte sich den Soldaten zu. Im selben Moment hörte ich von weiter unten Schreie.  Die Menschen gerieten in Panik und versuchten vorwärts zu drängen. Angst stand ihnen in den Gesichtern geschrieben. „Verdammt!“ fluchte Seth und stürmte mit gezogener Waffe voran. „Lady Fey.“ Rief jemand in meinem Rücken. Ich wirbelte herum. Auf der obersten Stufe zum Palast stand der jüngste Sohn von Erim. „Sirit.“ Rief ich und lief ihm entgegen. Der Junge sah verängstigt aus. „Sirit, wo ist Erim?“ „In Sicherheit, ein Portal wurde für geöffnet. Er befindet sich schon in Al´sandir. Er bat mich Euch dies zu geben.“ Er drückte mich ein langes in Lumpen gewickeltes Etwas in die Hände. Selbst durch den Stoff konnte ich seine Kraft spüren und ein freudiges Kribbeln ließ meine Mundwinkel in die Höhe schnellen. Sirit sah verschreckt  aus. „Danke Sirit. Nun geht.  Und sagt eurem Vater, das ich ihm sehr dankbar bin.“ Ich drückte ihm die Hand. Der Jüngling zögerte. „Aber Lady Fey…“ „Ich sagte: Geh! Schnell!“  Hatte sein Vater ihm. Er zögerte nicht länger und rannte zurück zum Schloss. Ich sah ihm nach bis er durch das Tor verschwand, dann wandte ich mich um. Ich zischte ein Wort und schon fielen die Lumpen brennend zu Boden. Zu Tage kam mein Schwert.

Die Klinge des Lichts. Sein Gewicht in meiner Hand war mir immer noch vertraut.  Ich schnallte mir den Gurt um die Hüften und spurtete los.  Ich musste den Menschen helfen. Am Fuß der Treppe begann  eine Priesterin Portalsprüche zu flüstern. Ich erinnerte mich daran, wie wir Elfen sie immer belächelt hatten, weil sie so lange brauchten um ein Portal zu erzeugen. Ich dachte kurz darüber nach, wie lange ich in meinem geschwächten Zustand brauchen würde, ein Portal zu erzeugen. Bestimmt doppelt so lange, wie die zwei Priesterinnen dort unten. Das beste war, das ich dabei half die Stadt zu verteidigen. Ich sprintete los. Der schnellste Weg war über die Dächer. Ich nahm etwas Anlauf und sprang. Einige Menschen schrien vor Schreck. Ich beachtete sie nicht weiter und ließ weiter. Die Dächer der Stadt waren löcherig. Ich musste aufpassen wo ich hintrat. Immer wieder fielen Ziegel in die Tiefe. Ich ließ schneller. In den Gestank der Straßen, hatte sich ein fauliger Geruch der eindeutig von Trollen herrührte. Ich kam ihnen immer näher.  Sie waren schon weit vorgedrungen. Weniger Meter vor mir kniete ein Bogenschütze auf dem Dach. An der Dachkante hing einer dieser verfluchten bösartigen Kobolde, die normaler Weise nur in dunkeln Wäldern zu finden waren, wo sie in noch dunkleren Erdhöhlen hausten. Ich zischte und der Kobold kreischte, als sein Körper Feuer fing. Der Bogenschütze hatte mich entdeckt. Unsicher sah er zu mir. Ich kniete neben ihn und spähte hinunter in die Straße. Ein Teppich aus Kobolden bedeckte die Straße. Rote böse Augen sahen mich an. Ich  verzog das Gesicht. Ekelhafte Viecher, dachte ich angewidert. „Seid ihr allein?“ fragte ich den Mann. Er nickte zögerlich. „Weiter oben sind mehr Leute. Ich kümmere mich um die hier. Nehm  den Weg über die Dächer.“ „Ey Mam.“  Sagte er und schlug die Hand mit der Faust auf die Brust.

Als er verschwunden war entzündete ich die kleinen Viecher. Ihre sterbenden Schreie hallten durch die Straßen. Wenn sie versuchten weiter zu laufen, würden sie ihre Kollegen ebenfalls anzünden. Ihre ölige glitschige Haut, war ein wunderschöner Feuerfänger.

Das Feuer würde die Trolle verschrecken. Gut. Ich lief weiter. Ich war lange nicht so schnell wie früher. Meine Schritte waren unsicher.  Da sah ich sie in der Straße. Eine Gruppe von Menschen.

Ich hockte mich an die Kante des Daches und fixierte den ersten Troll, der äußerst hässlich war.  Er trug keine besondere Rüstung. Nur einen Lendenschurz. Der Troll rümpfte die Nase. In seiner  kantigen grunzenden Sprache, krakelte er. „Flatterviecher.“ 

Sein grotesker Kopf ruckte  herum.  Die roten Augen suchten den Himmel ab.

„Flattermann komm raus.“ Grunzte er und Sabber lief ihm das Kinn runter. „Flatterviech wird dir  jetzt zeigen, wo dein Platz ist. Sabbertroll.“

Mit einem Satz war ich unten. Die Trolle grunzten, schmatzen und stürmten  auf mich los. Die Menschen, die sie umzingelt hatten, ergriffen die Flucht.  Ich zog mein Schwert.

Das Kämpfen ging immer noch reibungslos. Meine Schnelligkeit und meine Reflexe hatten mich nicht verlassen. In einer fließenden Bewegung schnitt ich dem ersten Troll den Arm ab und stieß den nächsten die Klinge  in die Brust.  Es ist grausam, wie mich das Töten entzückte. Ich verfiel in einen Blutrausch.  Innerhalb von wenigen  Sekunden waren die fünf Trolle tot, oder am Boden. Schwarzes Trollblut, verdampfte auf der Klinge des Lichts. Ich spürte meine eigene Hitze. Ich war verzückt von diesem süßen Gefühl der Überlegenheit.

                                                                                                                   

Ich fand noch mehrere kämpfende Soldaten. Und viele tote. Ich spürte wie die Magie sich auf dem Schlossplatz zu bündeln begann. Sie öffneten das Portal. Von meinem Standort aus konnte ich über die Halbzerstörten Stadtmauern Falandrias die dunklen Horden sehen, die wie eine schwarze Masse auf die Stadt zuströmten. Entsetzen packte mich erneut. Und ich glaube, das Gefühl was ich damals nicht so recht verstand war die Angst, die ich empfand.

Ich drehte mich um und rannte zurück zum Platz.  Die übrigen Soldaten kämpften in den Straßen gegen die nicht nach lassende Flut von Kobolden und Trollen. Ich entdeckte Seth, der sich gegen einen Oger wehrte.  Mit einem Hieb trennte ich dem Ungeheuer den Kopf ab. Seth sah mich an. Er sah reichlich mitgenommen aus. Seine schöne Uniform war total zerrissen und er hatte eine große Wunde am Bein. „Achtung Kobolde.“ Schrie er. Ich wirbelte herum. Ein Meer von kleinen ekligen Kobolden  wälzte sich die Straßen hinaus. Ich zischte und der erste ging in Flammen auf.  Er kreischte und schlug um sich. Schnell fingen seine Kameraden ebenfalls Feuer.

Ich grinste Seth an.  Er verstand.  „Feuer. Setzt sie in Brand.“ Schrie er. Die Nachricht wurde weiter geschrien. Bald flogen den Kobolden in Brandgesetzte Pfeile entgegen. „Und? Hast du auch ein Etwas gegen Trolle?“ wollte Seth wissen. „Sie haben drei Herzen. In die Brust stechen hilft nichts. Magenregion. Steintrolle: Achselhöhlen oder Arsch. Dort wächst ihnen kein Stein.“  Ich stieß einen Kampfschrei aus und  stürmte auf den nächsten Angreifer zu.  Hinter uns öffnete sich das Portal und die Menschen begannen hindurch zu strömen.  Das Portal wurde immer größer. Dahinter sah man den blauen Himmel.  Der Platz leerte sich. Die Brennenden Kobolde hatten eine Art Schutzring um den Platz gebildet, so dass wir die anstürmenden Horden in Schach halten konnten. Schließlich lief auch der letzte Mensch durch das Portal. Soldaten, durch das Portal, schnell. Die Priesterinnen begannen schon damit das Portal aufzulösen. 

Die Männer rannten los. Seth schnappte meine Hand. „Komm!“ sagte er und zog mich mit sich.

Im letzten Moment durchschritten wir das Portal und landeten auf der anderen Seite. Ich fiel hart auf das steinerne Pflaster der Straße auf der anderen Seite des Portals. Neben mir landete Seth.

„Fey, Seth!“  rief Tia und kam auf uns zu gerannt. Seth rappelte sich auf und klopfte sich die Uniform ab, die ihm nur noch in Fetzen am Leib hing. Ich ließ mich nach hinten fallen. Ich zitterte am ganzen Körper. Die Anspannung fiel wie ein Schlag von mir ab und Erschöpfung machte sich breit. Ich hatte die ganze Zeit Magie genutzt. Ich fand nicht mal mehr die Kraft, vom Boden aufzustehen.  Auf einmal sah ich Seth Stiefel vor mir. Ich sah hoch. Er streckte mir die Hand hin. Dabei hatte er dieses schiefe Grinsen auf den Lippen, das mein Herz damals so gefangen genommen hatte. Ich ergriff seine Hand und versuchte vergebens Aufzustehen. Ich lachte auf. „Ich glaube du musst mich wohl tragen.“ Er lachte ebenfalls und hiefte mich hoch.

Er ächzte. „Wer hätte gedacht, das eine Elfe so schwer sein kann.“ „Hey.“  Empörte ich mich. Er folgte den übrigen Soldaten, die sich etwas weiter weg sammelten.  Tia folgte uns.  „Seit wann kannst du mit dem Schwert umgehen.“ fragte Seth. Ich wandte mein Kopf und sah ihm ins Gesicht. „Schon immer!“  Bevor er etwas sagen konnte begann ein Jubelgeschrei und Applaus.

Und schon waren wir von Menschen umringt. „Was ist denn jetzt los?“ keuchte Tia. Seth konnte nicht mehr aufhören zu lachen. „Wir haben unsere neue Heldin gefunden.“  Da Begriff ich erst, dass der Applaus uns galt. Ich vergrub meinen Kopf an Seth Schulter. „Bei den Göttern.“ 

„Genieß es, Fey. DU bist ihre Heldin. Du hast scheinbar einer Menge Menschen das Leben gerettet.“

 

Seth trug mich zu einem Pferd und saß hinter mir auf. Ich war so müde, das mir ständig die Augen zufielen. Er brachte mich zu Erims Palast, wo Sirit mich hinein trug und den Dienstmädchen befahl ein Zimmer  herzurichten. Ich sah alles nur noch verschwommen. Die Stimmen nur noch ein fernes Echo. „Fey. Nicht einschlafen.“ Ich war wieder voll da. Ich blinzelte. Ich sah in Erims besorgtes Gesicht. „Fey, Du darfst nicht einschlafen. Nicht in diesem Zustand.“ „Was? Mir geht’s gut. Ich bin hellwach. Nichts passiert.“  Als ich mich aufsetzen wollte hielt mich Seth zurück. „Wow, nicht so schnell. Du warst gerade noch total weggetreten.“

Sagte er. „Seth hat recht, du solltest dich etwas ausruhen.“  Ich runzelte die Stirn. „Nein. Mir geht’s wieder gut. Sehr gut sogar. Ich habe mich bloss etwas überanstrengend, dass ist jetzt vorbei.“ „Fey, bitte!“  Ich stieß Seth weg und stand auf. „Erim. Ich warne dich. Verärgere mich nicht.“ Erim wich zurück. „Es ist gut. Bitte verzeiht, ich war bloß besorgt…“ Ich bin unsterblich, dachte ich verärgert. Erim sah niedergeschlagen und müde aus und mir tat es sofort leid. Ich trat auf ihn zu und nahm seine Hände. „Oh Erim, mein Freund. Um mich musst du dir wirklich keine Sorgen machen. Ich kann nicht sterben, das solltest du doch inzwischen wissen.“

„Aber du kannst jederzeit wieder in den Tiefschlaf fallen, Fey. Du musst vorsichtig sein.“

Ich seufzte und ließ seine Hände los.  Er würde es eh nicht verstehen. Er machte sich Sorgen, nicht zu Unrecht.

Ich betrat den großen Eingangsbereich von Erims Villa.  Erim und  Seth warteten schon auf mich. Erim betrachtete mich von Kopf bis Fuss.  „Ich habe dir persönlich Kleider hinlegen lassen.“ Ich  lächelte dünn, als ich an diese Kleider dachte. „Nein danke. Ich habe festgestellt, dass ich die traditionelle elfische Kleidung bevorzuge.“  Erim verzog das Gesicht.  Die elfische Kriegerkleidung, war ein eng anliegender Ganzkörperanzug. Nicht zu übersehen war, das die Hose aus dem Kleid bestand, dass Erim für mich hingelegt hatte. „Ich würde gerne einmal wissen, wie du das hinbekommst.“ Sagte Tia und umkreiste mich. „Magie.“ Sagte ich und zwinkerte ihr zu.  „Du solltest mit deinen Kräften vorsichtiger umgehen.“ Ermahnte mich Erim.

Er verdrehte die Augen. Warum wurde ich das Gefühl nicht los, als würde er mich, wie einen wilden Jugendlichen behandeln? Seth war schon an der Tür. Er wartete darauf, dass wir gingen.

„Ich glaube ich bin alt genug um zu wissen, wie ich mit meinen Kräften umgehe, mein Bester.“ Sagte ich und ging an ihm vorbei.  Tia folgte mir. „Wie alt bist du eigentlich, Fey?“  „Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall sehr, sehr, sehr viel älter als Erim.“ So viele Jahre…

Wir verließen das Haus und stiegen in die Kutsche, die für uns bereit stand. Sie setzte sich ruckelnd in Bewegung. Alle schwiegen. Tia war die Stille unangnehm. „Bist du schon aufgeregt?“

„Wieso?“  fragte ich.

„Du hast gleich eine Audienz bei der Kaiserin. Das ist eine große Ehre.“

„Mein Volk hält nicht sehr viel von Königen.“  Antwortete ich. Erim hob eine Augenbraue.

„Aber ihr habt doch auch ein König und Lords…“ „So wie es verschiedene Menschenvölker gibt, gibt  es auch verschiedne Elfenvölker. Mein Volk sieht viele Dinge etwas anders, als der Rest.“  Tia sah mich skeptisch an. Sie war noch sehr jung. 16 Jahre,  da war eine Elfe noch ein Neugeborenes. Bis ein Elfenkind, das Kleinkindalter verließ war Tias Leben schon fast vorbei. „Erim gehört auch zu meinem Volk.“  Da reagierte auch Seth, der bisher nur grimmig vor sich hingestarrt hatte. Ungläubig sahen sie Erim an. Der lächelte still in sich hinein. „Ist das wahr, Fürst?“ wollte Tia wissen. Erim schmunzelte. „Aber Ihr seid kein Elf.“  „Aber er ist ein Halbelf.“ Sagte ich. „Sein Vater war ein Angehöriger meines Stammes. Folglich gehört Erim auch zu meinem Stamm.“  

Jetzt lachte Erim. „Aber auch nur in deinen Augen, liebste Fey.“  Sagte er auf elfisch so dass die beiden anderen ihn nicht verstanden. Ich musste lächeln. „Nein, nicht nur für mich. Landon sah es genauso. Er liebt dich sehr immer noch.“

Erim warf mir einen seltsamen Blick zu der mir die Kehle zu schnürte. Ich glaubte etwas vergessen zu haben. Etwas Wichtiges.

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.07.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner lieben besten Freundin Olimo, mit der ich eines Tages nach Irland fliegen will

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