Cover

Prologue

 Nathaniel Paine

 

Hallo. Mein Name ist Nathaniel Paine.

Ich bin jetzt erwachsen, aber manchmal, hänge ich immer noch meiner Zeit auf der Highschool, der S.A. High, hinterher. Damals war noch nicht alles so kompliziert… Ich bin jetzt bereits über 20 und gehe auf die 30 zu – auch wenn das dann doch noch ein bisschen dauert –, bin Psychiater und ein bekannter – sehr bekannter, wenn ich mal ein bisschen angeben darf – noch dazu. Ich habe schon immer viel mehr Wert, auf meine Arbeit und Fleiß gelegt, als auf irgendwelche Privatsachen – was wohl hauptsächlich, mit meinen Eltern, bzw. mit meinem Vater, zu tun hatte. Für mein Studium, habe ich nicht lange gebraucht. Ich habe mich so sehr dort rein gehängt, das ich heute stehe, wo ich stehe…aber dennoch. Mir fehlt einfach etwas in meinem Leben.

Es mag verdammt dumm klingen, denn ich bin nicht gerade arm, bin erfolgreich, habe manchmal auch Glück, aber mir fehlt die Person, mit der ich mein Glück teilen und meine Freizeit verbringen kann – ja, sogar ein Großteil der Leute, die meinen sie hätten Probleme und zu mir kommen, haben jemanden, dem sie sich zuhause anvertrauen und bei dem sich geborgen fühlen können.

Ich hingegen, fahre jeden Morgen, aus einem leeren zwei-Zimmer Apartment zur Arbeit und kehre jeden Abend – nachdem ich länger im Büro geblieben bin, da ja keiner auf mich wartet –, wieder dorthin zurück. Dort esse ich dann etwas, aus der Tiefkühltruhe und stürze mich wieder auf die Arbeit, nur damit ich nicht bemerke, wie langweilig und einsam mein eigenes Leben ist...

…oh mein Gott, ich brauche bald selbst einen Psychiater, wenn das so weiter geht…

Chapter 1: The New Patient

Nathaniel Paine

 

Am nächsten Tag, gehe ich meinem gewohnten Tageslablauf nach.

Ich stehe auf, als der Wecker klingelt, gehe duschen, ziehe mich an, frühstücke, lese die Zeitung, putze meine Zähne, richte meine Sachen für die Arbeit, mache mich dann ganz fertig und fahre danach ins Büro. Alles ganz gewöhnlich, nur leider bleibt es nicht so…

Ich komme in mein Büro, wo Melody, meine Sekretärin bzw. Empfangsdame – ja, immer noch dieselbe Melody, wie auf der Highschool –, mir einen schönen guten Morgen wünscht und ich ihr natürlich antworte.

Dann gehe ich in mein Büro und sehe mir an, wer heute alles so neues kommt. Darunter steht nur ein Neuer. Er kommt als letztes. Ich habe zwei Empfangsdamen.

Es sind keine wirklichen Sekretärinnen, nur die Stelle nennt sich so. Die, die Melody immer gegen Abend ablöst, hat diesen letzten Patienten eingetragen…

Irgendwas stimmt bei dem Namen nicht, aber ich weiß einfach nicht was…

„Damon…irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl dabei.“, flüstere ich, aber eher zu mir selbst, als zu irgendwem sonst, da ich ja allein bin.

Es ist ja nichts neues, das sich neue Patienten, oft nicht mit vollem Namen anmelden, falls sie es sich doch noch anders überlegen…aber dieser Name, ist das was ich für seltsam halte. Naja, jedenfalls kann ich nicht die ganze Zeit darüber nachdenken…ich muss arbeiten. 

Während ich das noch denke, betritt auch schon der erste Patient des Tages, meine Praxis.

„Guten Morgen, Mr. Bennett.“, sage ich um ihn zu begrüßen.

Er ist heute die zweite Stunde hier, aber so schlimm ist es bei ihm nicht – er ist ‚nur‘ depressiv.

Das ist schlimm, aber gut behandelbar – zumindest bei manchen Leuten. Sowas kommt dann doch immer auf die Person an, die behandelt wird.

„Guten Morgen, Dr. Paine…“, antwortet er.

„Wie war denn Ihr Tag…“, beginne ich. Das könnte heute noch ein langer Tag werden.

Und es wurde wirklich einer.

Heute kamen ein paar schwierigere Fälle…

Ich bin noch nicht mal fertig und bin nervlich bereits total am Ende.

Vielleicht liegt es daran, dass ich ein so schlechtes Gefühl, bei dem letzten Patienten heute habe?

Ich habe…Angst, vor dem Treffen… Ist es wirklich Angst? Ich weiß es nicht…

Melody ist schon weg und ihre Ablösung sitzt momentan am Empfang.

Sie heißt Emily…und sie sieht mich immer so komisch an.

Nicht böse, oder so…nur eben komisch.

Auf einmal klickt es im Telefon, das muss sie sein. Ich nehme an. „Ja?“

„Dr.? Der letzte Patient ist jetzt hier. Er wartet im Vorraum.“, sagt sie.

„Alles klar, dann…schicken Sie ihn rein.“, antworte ich.

„Okay.“, kommt es nun wieder von ihr und ein erneutes klicken, diesmal in der Leitung, teilt mir mit, dass sie aufgelegt hat.

Tja, jetzt kommt er wohl.

Nach einem kurzen Moment, in dem ich mich, wie immer, auf den Patienten ‚vorbereite‘, alles zurechtlege und mich an meinen Schreibtisch setze, geht auch schon die Tür auf und Emily steckt ihren Kopf durch den Spalt.

„Schicken Sie ihn rein, Emily.", wiederhole ich meine Worte von vorher, woraufhin sie zur Seite geht um dem Patienten Platz zu machen, der aber irgendwie noch nicht kommt. "Sie können jetzt Feierabend machen.“, hänge ich an und mache eine verabschiedende Bewegung mit der Hand.

Jetzt ist ihre Zeit, zu gehen, was mich irgendwie nur noch nervöser stimmt. Jetzt bin ich allein hier...zusammen mit dem Patienten.

„Okay, bis morgen, Dr. Paine.“, stimmt sie nur knapp zu und nickt dann dem Patienten zu, der wohl hinter ihr, im Gang, steht.

„Ja, bis morgen.“, sage ich noch und höre eine Tür, die sich öffnet und wieder schließt.

Dann höre ich Schritte. Er kommt als doch noch.

„Hallo, Damon. Ich dachte schon, Sie wollen vielleicht doch nicht herein kommen. Keine Sorge, ich beiße nicht.“, sage ich – mit meiner Brille auf der Nase und in meinem Terminplaner lesend, kann ich eigentlich nicht sehen, ob er bereits im Raum ist.

„Warum sollte ich mir das entgehen lassen, Dr. Paine?“, sagt der Mann, der gerade meine Praxis betreten hat. Ich sehe auf, weil es mich irgendwie nervt, wie er meinen Namen gerade ausgesprochen hat. Ich möchte erst mal sehen, mit wem ich es zu tun habe.

„Was meinen Sie denn damit, Damon?“, sage ich, noch im Aufblicken und als ich ihn dann sehe, bekomme ich einen Schock – auch wenn ich nicht weiß, warum genau. 

Irgendetwas an diesem Mann, kommt mir unglaublich bekannt vor…und doch, kann ich nicht sagen, was es ist.

Er ist groß – größer als ich – und hat schwarze, kurzer haare, die eigentlich normal geschnitten, aber dennoch über dem Mittelscheitel, zu einer Spitzen, kurzen Wand, aufgestellt wurden.

Ansonsten trägt er eine schwarze Lederjacke, eine schwarze Jeans, mit einem Haufen Bänder daran, in denen er aussieht, wie eine Mischung aus Punk und Biker und normale, schwarze, abgetragene Chucks.

Irgendwie jemand, der normalerweise nie, die Praxis eines Psychiaters aus eigenem Willen betreten würde – aber genau die Art von Person, die sich den Namen ‚Damon‘, geben würde.

Ich weiß nicht, aber ich glaube, das ist nicht sein echter Name. Auch wenn ich wieder nicht weiß, wo dieses Gefühl herkommt.

Jedenfalls, ist das genau die Art Mann, von der die Eltern ihre Töchter fern halten wollen, es aber nicht schaffen und genau die Art Mensch, der man am besten aus dem Weg geht, wenn man nicht vom gleichen Schlag ist.

Dann sehe ich ihm das erste Mal richtig in die Augen und dann erkenne ich, sein schiefes Grinsen wieder.

Ich weiß nicht genau wieso, aber diese Onyx-farbenen Augen, würde ich überall wieder erkennen.

 

Was zum Teufel, will der denn jetzt hier?

Chapter 2: Dirty Little Secrets

Nathaniel Paine 

 

Was will der denn hier?

Ich habe ihn vor einer Weile mal gesehen.

Auf einem Motorrad sitzend, total cool und lässig, mit einer Zigarette im Mund und seinem Smartphone am Ohr.

Ich habe ihn versehentlich angerempelt, als ich auf dem Marktplatz war…ich hatte ihn die ganze Zeit angestarrt und dann ist beim Zusammenstoß, auch noch meine Geldbörse runtergefallen und er hat meinen Namen gesehen, weil es zu seinen Füßen lag und er es für mich aufgehoben hat…dabei hat er mich kurz angesehen und dieses schiefe Grinsen, lag dabei auf seinen Lippen.

Aber ist er es wirklich?

In diesem Moment, auf der Straße, habe ich nicht wirklich darauf geachtet…war mehr davon fasziniert, wie frei er zu sein schien, auch wenn ich nicht weiß, wieso. Doch jetzt bin ich mir sicher, dass er es ist…oder?

Aber…er würde es doch niemals wagen, die Praxis von einem Psychiater zu besuchen – geschweige denn eine Praxis, in der ich der Psychiater bin.

Und er hat meinen Namen gesehen, wieso hätte er mich also damals anlächeln sollen, wenn er wirklich er wäre?

Das kann nicht sein, ich sehe Gespenster…

„Also, Damon…warum sind Sie heute hier?“, frage ich mit einem Seufzen, als ich bemerke, dass ich ihn wohl schon ewig einfach nur anstarre und er schon ungeduldig zu werden scheint.

„Weil ich vielleicht Hilfe brauche. Von…Ihnen.“, meint er, wobei er das ‚Hilfe‘, genauso wie das ‚Ihnen‘, total seltsam betont.

Das ‚Ihnen‘, klingt, als hätte er ein Problem damit, mich förmlich anzusprechen, was auf ein Autoritätsproblem hindeutet, wohingegen das ‚Hilfe‘, irgendwie leicht…pervers, oder zumindest eindeutig zweideutig, klingt.

Ich weiß auch nicht, wieso…aber ich kann mich ja auch irren, es ist immerhin erst die erste Sitzung und wir haben ja kaum fünf Sätze miteinander gewechselt…

„Und bei was genau?“, frage ich nun, ein wenig vorsichtig.

„Ach, eben solchen Sachen…wegen denen man für gewöhnlich zum Psychiater geht.“

„Da gibt es  viele. Wieso setzen wir uns nicht erst und reden ein bisschen?“, schlage ich vor.

Wir setzen uns also gegenüber – ich im Sessel und er auf dem Sofa, das für die Patienten dort steht.

Aber egal, wie ich ihn auch betrachte – er kommt mir nicht nur unglaublich bekannt vor, sondern auch wenn er nur dort sitzt, gibt er eine unglaublich gefährliche Aura ab.

Wie man es auch dreht und wendet – er sieht einfach nicht aus, wie jemand, der hier wirklich sitzt, um sich von mir helfen zu lassen. Zumindest nicht auf diese Weise… Nanu?

Habe ich das gerade gedacht?

Auf welche Weise, sollte ich ihm denn sonst helfen können…? Ich bin ja auch kein Mediziner, also bei was denn sonst?

Was für ein seltsamer Gedanke… 

Ich schüttle den Gedanken schnell ab und sehe ihm in die Augen. „Also Damon…worüber, möchten Sie zuerst sprechen?“

„Keine Ahnung. Worüber wollen Sie denn sprechen?“, sagt er und da ist es schon wieder.

Diese komisch Betonung…wieso stört mich das nur so? Sonst interessiert mich sowas doch auch nicht…

„Es geht hier nicht um mich, sondern um Sie. Also?“, antworte ich so ruhig, wie es geht.

„Na gut, warum nicht über Träume?“, erwidert er.

„‘Träume‘?“, frage ich nach. Welche Träume?

„Na, Sie wissen schon. Wenn man schläft, dann hat man Träume. Sie nicht?“, meint er, mit einem weiteren, frechen, schiefen Grinsen.

Mal im Ernst, ich kenne dieses spezielle Grinsen irgendwoher – und das nicht nur, von dem Treffen auf dem Marktplatz. 

„Doch, ich auch. Jeder Mensch träumt – aber nicht jeder erinnert sich daran. Wenn wir nicht träumen würden, dann würde das heißen, unser Hirn würde nicht mehr Funktionieren und dann wären wir tot. Was wir allerdings träumen, das hängt von der träumenden Person ab.“, erkläre ich ihm.

„Ich weiß.", meint er nur knapp, mit einem überheblichen Funkeln in seinen Onyx-farbenen Augen.

Schöne Augen...setwas sieht man nicht oft. Und doch, kommen sie mir so bekannt vor... Thema! Zurück zum Thema! „Und über was genau, wollen sie dann sprechen? Ist denn irgendetwas Besonderes vorgefallen? In Ihren Träumen, meine ich.“, frage ich nun interessiert und versuche meine Gedanken einfach abzustellen.

„Nunja, Sie wissen schon. Wenn man manchmal träumt, was man gerne tun würde, es aber nicht darf. Sowas träume ich immer.“

„Also…träumen Sie von Dingen, nach denen Sie sich sehnen, die Sie aber nicht tun dürfen? Wieso, wenn ich fragen darf? Also, wieso dürfen Sie denn nicht tun, was Sie tun wollen? Worum handelt es sich denn genau?“, frage ich, habe aber ein deutlich unangenehmes Gefühl, bei der ganzen Sache. Will er vielleicht jemanden töten?

„Wollen Sie das wirklich wissen?“

Nein. „Ja.“, sage ich.

„Naja, es ist wirklich schlimm…böse.“, meint er und betont das Wort ‚böse‘, dermaßen unanständig, das ich gerade lieber aus dem Fenster springen würde, als es mir anzuhören, aber ich gebe nicht auf.

Oh Nein, ich habe noch nie aufgegeben, bevor ich bei einem Sanatorium anrufen musste!

...oder beim Notruf...oder der Polizei...

„Sagen Sie es mir. Ich habe eine Schweigepflicht, also kann ich nichts tun, auch wenn es Kriminell sein sollte – vor allem, da ich von Ihrer Ausdrucksweise her davon ausgehe, dass Sie wissen, das, was auch immer Sie wollen, falsch ist und Sie es nicht getan haben, sondern nur davon träumen.“, meine ich, um ihn zum Reden zu verleiten…auch wenn ich das gerade so gar nicht will.

Aber anders, kann ich ihm nicht helfen und das, möchte ich tatsächlich.

„Wenn Sie sich sicher sind…es geht darum, dass ich gerne Dinge tun würde… Dinge, mit einer anderen Person – einer ganz besonderen Person. Diese Person, macht mich immer wahnsinnig, egal, wann ich sie sehe. Ich würde am liebsten über sie herfallen. Und in meinen Träumen…lasse ich meinen Fantasien, einfach freien Lauf, wissen Sie?“, erzählt er.

Ohjee…wieso immer ich?

Muss ich mir das, jetzt wirklich anhören?

Irgendwie, weiß ich was kommt. Ich nicke einfach, um ihm zu signalisieren, dass ich verstehe und er weiter sprechen solle, weil ich keinen Ton herausbekommen würde, wenn ich es versuchen würde – das weiß ich jetzt schon. 

Ich war noch nie gut bei diesem Thema.

 

Er lehnt sich ein bisschen nach vorn, auf den kleinen Tisch, der uns noch voneinander trennt – ein Fakt, über den ich gerade mehr als glücklich bin – aus seiner breitbeinigen Sitzposition heraus und sieht mich eindringlich an, was bei mir eine großflächige Gänsehaut auslöst.

„Gut, also…in meinen Träumen, bekomme ich immer was ich will…was auch immer ich will. Verstehen Sie? Ich kann tun und lassen, was auch immer ich will…aber diese Person, würde das in der Realität nicht gutheißen.“, sagt er in einem leisen, irgendwie gruseligen Tonfall, der ihn komplett irre wirken lässt.

Ich weiß, ich werde meine nächste Frage, sowas von bereuen. „Was tun Sie denn genau...mit der Person?“, frage ich unsicher und will es wieder nicht wirklich wissen…nein, das ist falsch.

Ich will es überhaupt nicht wissen.

„Können Sie sich das nicht denken?“, fragt er und steht langsam auf, um den kleinen Tisch zu umgehen und direkt neben mir, auf der Lehne meines – gar nicht so großen – Sessels, Platz zu nehmen.

Nur mit größter Mühe, bleibe ich ruhig sitzen, während er mir so nahe ist, wie kein anderer Patient, je zuvor.

Ich nicke wieder.

„Ich streichle ihn…bringe ihn um den Verstand. Küsse…lecke. Solche Dinge.“, sagt er mit einer solchen Intensität, das ich schlucken muss.

Dann nimmt er sich auch noch heraus, mir mit einem Finger über meinen Schenkel zu streicheln und frech zu grinsen. Dann beugt er sich vor, – wahrscheinlich, weil er gemerkt hat, wie eingeschüchtert ich bereits bin und das ich nicht wirklich etwas dagegen tun kann – und raunt mir die nächsten Worte direkt ins Ohr, wobei er so anzüglich klingt, als wäre ich sein Geliebter, oder so etwas…  

„Ich will, dass er mich anfleht ihn zu nehmen, dafür bearbeite ich ihn so lange, bis er ganz willig und feucht ist. Ich will ihn meinen Namen schreien hören.“

Dann entfernt er sich einfach, ohne viel Federlesen, wieder von mir und geht zur Tür.

„…und um wen genau...handelt es sich? Ich meine…ist es vielleicht Ihr Chef, oder ein Verwandter, oder zumindest etwas in dieser Richtung?“, frage ich noch, erneut unsicher und wieder, will ich es nicht wirklich hören.

Ich weiß nicht wieso, aber mittlerweile, weiß ich wirklich, wer es ist, auch wenn ich es kaum glauben kann.

Wieso er?

Wieso ich?

Wieso jetzt?

Damals gab es keinerlei Anzeichen…für so etwas…

„Es geht um dich.“, ist alles was er dazu sagt, bevor er mit den Worten „Bis zur nächsten Sitzung.“, in denen eindeutig ein schadenfrohes Grinsen liegt, einfach den Raum verlässt und mich, immer noch total schockiert und leicht zitternd, allein lässt.

Oh mein Gott…er war es doch.

Er war es wirklich.

Jetzt bin ich mir mehr als sicher…aber nochmal: Wieso?

Wieso passiert mir immer so etwas?

Wieso habe ich nur immer so ein Pech?

 

…wieso bin ich nicht einfach Kaminkehrer geworden?

Chapter 3: Surprising Features

Nathaniel Paine

 

Nach dem Schock in der Praxis, gehe ich nachhause, wobei ich mit dem Auto fahre und immer noch so verwirrt bin, dass ich beinahe einen Auffahrunfall verursache.

Als ich dann endlich zuhause bin, gehe ich erst einmal ein Bad nehmen – etwas, das ich wegen der Arbeit, schon sehr lange nicht mehr getan habe.

Dann trinke ich noch eine Tasse Tee, die mich beruhigen soll und gehe schlafen.

Ich weiß nicht wieso, aber das Treffen heute, hat mich unglaublich aufgewühlt – na gut, vielleicht weiß ich sehr wohl, wieso.

Aber trotzdem…

Am nächsten Morgen, verschlafe ich tatsächlich – das erste Mal, seit ich als Psychiater arbeite –, was bestimmt dadurch verursacht wurde, das ich abends noch die zwei Valium genommen und den Baldriantee, getrunken habe.

Sowas kommt normalerweise nicht vor…aber normalerweise, habe ich auch keinen Grund, so aufgewühlt und nervös zu sein, wie gestern…

Er, ist ab jetzt mein Patient und als Solcher, darf ich ihn nicht ohne Grund zurückweisen…und aus Gründen, die persönlichen Ursprungs sind, schon mal gar nicht.

Warum nur?

Und dann auch noch so…

Wenn er das jetzt immer so ausreizt, wie gestern Abend, weiß ich nicht, wie lange ich das noch aushalte.

Aber was passiert denn eigentlich, wenn ich es nicht mehr aushalte?

Das ist mir selbst nicht wirklich klar, aber ich habe dennoch Angst davor. Also gehe ich erst einmal in die Praxis, als ich endlich an meinem Ziel ankomme und Melody begrüßt habe, die mir gesagt hat, dass sie schon den ersten Patienten des Tages, herein gelassen hat.

Alles klar, dann geht alles, seinen gewohnten Gang.

Bald, ist alles wieder so, wie vorher…dachte ich.

Bis der Tag wieder fast vorbei war, Emily nachhause gegangen und der letzte Patient, gekommen war…

 

 

Third-Person Narrator

 

Der Psychiater betritt den Raum, nachdem er seine Empfangsdame verabschiedet hat und daher kurz draußen war.

Als er herein kommt, sitzt sein ominöser neuer Patient, bereits auf dem Sessel.

Der Sessel, der eigentlich für den Psychiater selbst bestimmt ist.

„Ich weiß nicht, ob es Ihnen bereits aufgefallen ist, aber Sie sollten nicht auf diesem Sessel sitzen. Das hätte ich Ihnen vielleicht gestern schon sagen sollen…“

„Nich nötig, ich weiß es bereits. Aber wieso, setzt du dich nicht einfach zu mir? Ist doch viel besser…so wie gestern.“, unterbricht der Patient seinen neuen Therapeuten, mit einem frechen und irgendwie lasziven Grinsen, das sein Gegenüber, das gerade auf den Sessel zugegangen ist und jetzt direkt davor anhält, erschaudern lässt.

„Ich weiß nicht, wieso Sie das tun, aber ich bin hier, um Ihnen zu helfen, also bitte…“

„Ach, hör schon auf.“, unterbricht er Nathaniel erneut und greift nach eben dessen Arm.

Als er aber ausweichen will, packt er ihn mit beiden Händen, an beiden Seiten seiner Hüfte und zieht ihn sanft, aber bestimmt, direkt auf seinen Schoß. Das kommt überraschend für den jungen Psychiater, weshalb er nichts weiter dagegen tun kann, als erschrocken zu erstarren und aufzukeuchen, als sein Patient, ihn zu sich zieht und die nächsten Worte, direkt in sein Ohr haucht. „Ich weiß genau, dass du mich erkannt hast…ich hab es in deinen Augen gesehen. Mir kannst du nichts vormachen, Nate…“, meint er frech.

Der junge Pädagoge, weiß sich nun auch nicht mehr zu helfen und sagt daher einfach, die Wahrheit…

„Ja, Castiel, ich habe dich erkannt.“

 

Castiel Voltaire

 

„Na also, war doch gar nicht schwer. Jetzt brauchst du auch nicht mehr so zu tun, als würdest du mich respektieren. Du brauchst mich nicht einmal mehr, als deinen Patienten anzusehen.“, meine ich.

Wieso auch? Er würde mich nie respektieren…auch wenn ich all die Jahre, genau daraufhin gearbeitet habe.

Ich wollte jemand werden, den selbst er, respektieren kann.

„Genau genommen, kam es mir schon in den Sinn, als du meine Praxis das erste Mal betreten hast, aber da war ich noch nicht sicher…“, hängt er noch an und wird dabei zart rosa auf den Wangen.

So süß.

„Würdest du mich jetzt endlich runter lassen? Du hast ja jetzt deine Antwort!“, beschwert er sich, mit mittlerweile hochrotem Kopf.

„Nö.“

Er starrt mich entsetzt an. „Wie, ‚Nö‘?“

„Na, so wie es klingt. Wieso sollte ich denn überhaupt? Dir gefällt es doch eigentlich…“, antworte ich frech.

„Das stimmt doch gar nicht, du Idiotenkönig!“, fängt er wieder an zu meckern, weswegen ich damit beginne, meine letzte Aussage, nochmal zu untermauern.

Ich drücke seinen Köper noch fester an meinen und schmiege mich mit meinen Oberkörper enger an seinen Rücken.

Dann lege ich meinen Kopf auf seine Schulter und hauche ihm ins Ohr.

Zu meiner Zufriedenheit, kann ich fühlen, wie ihn auch das erschaudern lässt und sehe die Gänsehaut, die er davon bekommt.

Jaja, so viel zum Thema: ‚Stimmt doch gar nicht‘…


Nathaniel Paine

 

Dieser Perverse Idiot.

Was denkt der sich eigentlich?

Zieht mich erst in seinen Schoß und lässt mich dann nicht mehr los.

…doch auf einmal, scheint er begriffen zu haben, dass ich hier weg will und löst den Griff um meine Taille.

„Na gut, dann steh halt auf. Ich weiß jetzt sowieso, was ich wissen wollte.“, meint er, wobei er beim letzten Satz, wieder so schief und lasziv grinst…toll.

„Und was, wenn ich fragen darf?“, frage ich gereizt.

„Ach…es geht nur, um deine Gefühle zu mir.“

„Was denn für Gefühle?“, frage ich wieder, diesmal noch gereizter, aber auch irgendwie neugierig.

„Das wirst du schon noch früh genug erfahren. Wollen wir nicht langsam mit dem Reden anfangen?“, sagt er jetzt und steht vom Sessel auf, nur, um sich dann auf der Couch niederzulassen.

Was hat er nur vor?

Wenigstens, sitzt er jetzt wieder dort, wo er sitzen sollte und ich kann mir schon mehr vorstellen, das es sich um einen Patienten handelt…auch wenn’s trotzdem schwer fällt…

Ich setze mich also auch und beginne die eigentliche Sitzung.

„Also gut…“, beginne ich, schiele ein bisschen zu ihm herüber und klinge wahrscheinlich extrem misstrauisch.

„Ja?“, fragt er, als ihm wohl die Pause zu lang wird, wobei er immer noch so frech grinst.

„Also…worüber, möchtest du heute reden?“

„Über die Liebe.“, meint er und guckt auf einmal total unschuldig…wie viele aufgesetzte Mienen, hat der Kerl eigentlich? Na super…

„Also gut und worüber genau?“

„Wie wäre es mit…dem ersten Mal?“, meint er und schon sehe ich sein freches, schiefes Grinsen wieder.

Ich hab’s geahnt…

„Wieso denn das? Ist bei Ihnen-“

„Sag einfach ‚du‘. Immerhin kennen wir uns doch schon lange.“, unterbricht er mich.

Also gut, ist jetzt sowieso nicht mehr wichtig. „Ist bei dir irgendetwas Schlimmes vorgefallen, als du dein erstes Mal hattest?“

„Nö, wieso?“, meint er und wirkt von der Frage irritiert.

DIESER DUMME, BESCHEUERTE…ach, was soll's. Er treibt mich noch in den Wahnsinn…

„Na, weil du mit mir darüber sprechen willst, oder nicht?“, frage ich und versuche dabei nicht genervt zu klingen.

„Oh, achso. Aber ich will doch nicht über mein erstes Mal sprechen – ich will über deins sprechen!“, sagt er wieder so frech und lacht auch noch dabei.

Das kann doch nicht sein Ernst sein!

 

„Also?“, fragt er.

„‘Also‘, was?“, frage ich zurück.

„Ich weiß, dass du in der Schule nie eine Freundin hattest und die, die gesagt haben, sie seien in dich verliebt, hast du einfach abgelehnt, weil es dir mit dem Lernen in die Quere kam – so wie diese Melody-Tussi, die mit dir gearbeitet hat. Und aus einer sehr, sehr verlässlichen Quelle, weiß ich auch, dass du die letzten Jahre, in denen du hier gearbeitet hast, nie eine Freundin hattest. Also, wann hattest du dein erstes Mal und mit wem?“, erläutert er.

Wo zum Geier, hat er diese Infos her?!

„Was für eine ‚sehr, sehr verlässliche Quelle‘, soll das bitteschön sein? Wer weiß denn hier bitte, ob ich gerade eine Beziehung führe, oder nicht?!“, frage ich und klinge diesmal mehr als nur genervt – richtig angepisst.

„Ach, das lass mal meine Sorge sein. Also?“

„Ich wüsste nicht, was dich das anzugehen hat.“, entgegne ich abwehrend.

Das geht ihn doch wohl echt nichts an…

„Sag es doch einfach. Das ist doch nichts Schlimmes. Von meinen Informationen her, kann ich ohnehin schon den ungefähren Zeitraum bestimmen und wenn du nicht willst, das ich auf völlig falsche Zahlen komme…und diese dann im Internet verbreite...dann…“, sagt er, wobei er den letzten Teil so beiläufig eingebracht hat, das ich es beinahe nicht bemerkt habe.

Der Penner erpresst mich!

„Okay…also…mein erstes Mal…hmm. Ich weiß es nicht mehr, zufrieden?“, meckere ich ihn an.

„Nein. Sowas vergisst man nicht einfach so. Und du schon gar nicht – vor allem, weil es so oder so, noch nicht allzu lange her sein kann. Da wir uns erst seit knapp sieben Jahren nicht mehr gesehen haben und du schon eine Weile hier arbeitest. Du hast nur etwa einen Zeitraum von drei Jahren und das ist schwer, einfach zu vergessen. Nun sag schon!“, fordert er.

Seit wann ist der denn so schlau?

Jemand, der wahrscheinlich in irgendeiner Hinterhofband spielt, sollte nicht so gut recherchieren und kombinieren können – vor allem, wenn er fast nie in der Schule und ein Idiot war!

…na gut.

Dumm ist er nie gewesen...

Hätte er nicht, ganz ohne im Unterricht gewesen zu sein, oder irgendetwas zu lernen, dennoch extrem gute Noten gehabt, dann hätten sie ja damals auch einen Grund gehabt, ihn von der Schule zu werfen…verdammt…

 

Durch mein Drücken, vor einer Antwort, scheint er auf ein Ergebnis gekommen zu sein, dass ihm gefällt, denn auf einmal, wird sein Grinsen noch breiter – so richtig fröhlich und das lässt ihn irgendwie…hübsch wirken…auch mit der Gefährlichen und irgendwie gruseligen Aura um ihn herum und mit diesen Biker-Punk-Klamotten, ist sein Gesicht, immer noch sehr hübsch.

Das ist mir eben erst aufgefallen…aber zu spät.

Auf einmal sagt er wieder etwas. „Du bist noch Jungfrau, oder?“, meint er, mit diesem glücklichen und gleichzeitig auch irgendwie gruseligen, perversen Lächeln auf den Lippen.

 

Na toll…jetzt kann ich mich einsargen lassen…

Chapter 4: Gonna Get You

Castiel Voltaire

 

Ich glaub‘s nicht.

Ich wusste ja schon immer, dass er eher der brave Typ ist – immerhin ist das ja das, was ich so süß an ihm finde –, aber dass er noch Jungfrau ist?

In dem Alter?

Das kann doch nicht sein…oder?

Das war eigentlich nur ein Schuss ins Blaue gewesen – ich dachte nicht, dass es wirklich stimmt.

 

Auf einmal steht er auf, legt die Brille beiseite, die er eben noch zum Lesen gebraucht hat und geht zu dem großen, stabil wirkenden, Schreibtisch, der am anderen Ende des Raumes steht.

Dort tut er so, als würde er Akten durchsuchen.

Also echt, der Trick hat doch ‘nen längeren Bart, als der Alte, aus Asterix und Obelix. 

„Ich weiß echt nicht, wie du auf so einen Unsinn kommst…wieso sollte ich, mit über 20 Jahren, immer noch Jungfrau sein?“, meint er nebenbei, während er mir den Rücken zudreht.

Aber ich sehe, wie er rot wird – er ist nämlich so rot, dass man es sogar von hinten, an seinen Ohren sehen kann.

Ich trete leise an ihn heran, damit er nicht rechtzeitig ausweichen kann und umarme ihn von hinten.

„Was soll das?", meckert er energisch, während ich nur meinen Kopf auf seine Schulter lege und ihn noch fester in die Arme schließe.

„Hey Nate, das ist doch nicht schlimm…es ist sogar sehr gut.“, schnurre ich ihm in sein Ohr, woraufhin er gleich noch mal röter wird.

Wie macht er das bloß?

Allerdings sieht er so süß aus, mit dem rot im Gesicht…es bringt seine Augen zur Geltung und seine Lippen sehen noch feuchter aus als vorher, jetzt, wo er so nervös ist.

Ich packe ihn leicht an der Taille und drehe ihn zu mir um. Er scheint mir wohl immer noch nicht in die Augen sehen zu wollen, weil er sofort auf den Boden starrt.

Er starrt so konzentriert auf den Boden, als würde der Teppich mit ihm reden. 

Da ich sein Gesicht aber sehen will, lege ich eine meiner Hände unter sein Kinn und hebe sein Gesicht ein wenig an, damit er mich ansehen muss.

Er kann sagen, was er will, wegen meiner Aussage zu seiner Jungfräulichkeit…sein Gesichtsausdruck verrät mir, dass ich voll ins Schwarze getroffen habe.

Er konnte noch nie gut lügen.

Das ist so süß. Ich will ihn einfach nur küssen.

Es gibt Momente, in denen ich das möchte – wenn man's genau nimmt, will ich es sogar eigentlich immer.

Aber jetzt, ist es schlimmer als sonst. Ich will ihn wirklich…so wie er jetzt vor mir steht, ist er einfach zu verführerisch…

 

 

Nathaniel Paine

 

Er hat eine seiner Hände unter mein Kinn gelegt, um mein Gesicht anzuheben…immer wenn ich an Castiel denke, dann kommt er mir anders vor.

Mal ist er der Rebell; dann ist er gefährlich, respektlos und frech, aber dann, ist er auf einmal so…liebevoll.

Dann ist er freundlich, nett…und zärtlich.

Auch wenn ich letzteres, heute das erste Mal erfahren habe. Trotzdem…

Ich werde einfach nicht schlau aus ihm.

Auf einmal, sehe ich etwas in seinem Blick, dass mich beunruhigt, aber gleichzeitig mein Herz höher schlagen lässt und eine seltsame Art von Vorfreude in mir weckt…letzteres, werde ich am besten mal verdrängen.

Das bringt bestimmt nur ärger.

 

Ich sehe in seinem Blick…Verlangen.

Glaube ich zumindest.

Dann beugt er sich vor, mein Gesicht weiterhin in seiner Gewalt und ich weiß, was jetzt passieren wird.

Dennoch, versuche ich gar nicht, auszuweichen.

Natürlich könnte ich auch sagen, es ist wegen der Hand, mit der er mein Kinn immer noch hält, aber das wäre gelogen.

Ich versuche ja gar nicht, mich wegzudrehen.

Ich stehe einfach da, sehe ihm in die Augen und tue nichts.

Während er sich immer weiter meinem Gesicht nähert und seine Lippen letztendlich mit meinen vereint. Ich hätte nie gedacht, dass es sich so anfühlen würde, wenn man einen anderen Mann küsst.

Seine Lippen sind zwar nicht so weich wie die von einem Mädchen – und ja, geküsst habe ich schon…nur nichts getan, was darüber hinausgehen würde –, aber sie sind auch nicht so rau, wie ich dachte.

Nur ein wenig.

Aber sie fühlen sich gut an und schmecken auch so.

Ich glaube, ich bin wirklich verwirrt.

Das müssen Nachwirkungen, von der Valium sein, die ich eingenommen habe.

Ich habe zu lange keine genommen und ich habe Medikamente noch nie sonderlich gut vertragen.

Ja, das muss es sein.

Plötzlich beginnt er damit, vorsichtig an meiner Lippe zu knabbern.

Soll ich sie öffnen? Nein…natürlich nicht.

Wieso steht das überhaupt zur Frage?

Hab ich gerade ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich meine Lippen geschlossen lassen soll?

Im Umkehrschluss heißt das doch, dass ich, zumindest für einen kurzen Moment, darüber nachgedacht habe, wirklich meinen Mund zu öffnen, um ihm Einlass zu gewähren.

Ich muss mir wohl den Kopf gestoßen haben.

Ich frage mich nur, wann.

Doch dann, ist es schon zu spät, denn er beißt mir schnell, hart auf die Unterlippe, weswegen ich erschrecke und meinen Mund aufmache – was wahrscheinlich ohnehin das gewünschte Ergebnis war.

Er nutzt sofort die Chance und dringt mit seiner feuchten Zunge in meinen Mund ein.

Da war schon lange keiner mehr, aber es fühlt sich überraschend gut an, wie er mit seiner Zunge meine Mundhöhle erkundet und meine Zunge zu einem heißen Tanz auffordert, auf den ich dieses Mal, beinahe sofort eingehe…

 

 

Castiel Voltaire

 

Er hat mir zwar nicht sofort den Mund aufgemacht, aber ich habe schon meine Tricks.

Ich hoffe nur, ich habe ihm nicht zu fest auf die Lippe gebissen.

Ich liebe seine Lippen…sie sind weich. Wie die eines Mädchens. Und sie schmecken wie Honig…oder Erdbeeren.

Ganz egal.

Alles was gut ist.

Ich liebe ihn. Wirklich.

Und das schon sehr lange.

Mein Verlangen nach ihm, hat sich in den letzten Jahren einfach zu sehr erhöht.

Ich löse mich wieder von ihm, nachdem unsere Zungen einen ziemlich erotischen Kamp hinter sich gebracht haben.

Der Blick in seinen Augen wirkt verschleiert und meiner, ist wahrscheinlich ähnlich. Ich lasse von seinem Kinn ab und fahre mit der Hand an die Seite seines Halses, wo ich ihn teilweise am Kopf, unter seinem Ohr und teilweise im Nacken packe – natürlich ganz sanft.

Dann drücke ich ihn, mit einem Daumen unter seinem Kinn, einfach nach hinten.

Er gibt dieses Mal fast keinen Widerstand mehr…

Als er auf dem Tisch liegt, nur mit den Füßen auf dem Boden, lasse ich meine freie Hand, über seinen Körper wandern.

Von seinem Hals, über seine Brust, den Oberkörper, seinen Lendenbereich – als ich dort ankomme, zuckt er merklich zusammen, was mich nur noch mehr anturnt… – und schlussendlich, über seine Hüften, direkt zur Innenseite seiner Schenkel.

Wobei ich eine bestimmte Stelle, absichtlich umgehe.

Wenn ich ihn dort berührt hätte, hätte er vielleicht gestöhnt und dann, hätte ich mich vielleicht nicht bremsen können. Es ist jetzt schon schwer.

Aber ich will es noch nicht…naja, eigentlich schon, aber das wäre mir zu schnell.

Ich will es mehr genießen können.

Er soll es wirklich wollen.

„Was…wirst du tun?“, fragt er mich plötzlich mit zittriger Stimme und sieht mich dabei, leicht ängstlich, an.

Er scheint sich wieder gefangen zu haben. Zumindest fast.

„Noch nichts…aber bald. Ich will dich. Das weißt du mittlerweile. Aber ich will dich nicht einfach so. Das wäre zu einfach. Ich will dich erobern. Du sollst wirklich mir gehören und ich will nicht nur deinen Körper – ich will dich ganz. Und ich will, dass du mich auch willst.“, sage ich verführerisch zu ihm, während er langsam ein wenig angesäuert zu sein scheint – aber mehr auf sich selbst, als auf mich.

Was ich aber verstehe, weil er wahrscheinlich schlecht gelaunt ist, da er meinen Kuss erwidert hat.

„Tja, Pech. Ein Mann in der Hölle will Eiswasser, das heißt aber auch nicht, das er’s kriegt.“, antwortet er frech.

Das ist der alte Nate, wenn er stinkig wird.

Auch eine niedliche Seite an ihm, weil er dann immer so süß guckt.

Ich sehe ihn an und mache ihm eine klare Ansage: „Aber ich bin nicht der Mann in der Hölle. Ich bekomme für gewöhnlich, was ich will. Egal wie lange es dauert, egal wie hart die Arbeit ist – ich werde dich erobern und mit deinem Körper, fange ich an. Du wirst mir gehören. Ob du willst, oder nicht. Irgendwann, wirst du mich auch wollen… Ich werde es schaffen, dich für mich zu gewinnen…

…denn ich liebe dich. Sehr sogar."

Chapter 5: Dark Alleys

 Nathaniel Paine

 

Moment… Stopp!

Hat er mir gerade wirklich, seine Liebe gestanden, oder hat er mich unter Drogen gesetzt und das ist jetzt nur irgendein verwirrender Crack-Traum, oder sowas?!

„Was…?“, frage ich mit zittriger, unsicherer Stimme.

„Ich sagte: ‚Ich liebe dich. Sehr sogar.‘ Und das wird sich auch nicht ändern, wenn du noch fünfmal nachfragst.“, meint er nur und sieht mir dabei vehement in die Augen.

Okay…wie soll ich das denn jetzt verstehen? Er kann doch nicht einfach in meine Praxis kommen, mich durcheinander bringen, mich dann ängstigen und einfach abhauen und jetzt küssen, so dass er mir ein Liebesgeständnis machen kann und mich damit noch viel mehr verwirrt!

Wie soll ich damit bitte klar kommen?

…ich brauch dringend Urlaub.

 

 

Castiel Voltaire

 

Da ich weiß, dass ich ihn immer noch nicht so weit habe, dass der Sex zu einhundert Prozent einvernehmlich wäre, muss ich mich wohl noch etwas gedulden…dazu sollte ich aber auch langsam hier raus, denn ich habe ein definitiv, unübersehbares Problem, um das ich mich kümmern sollte und er sieht gerade einfach zu geil aus, als das ich ihm noch länger widerstehen könnte…also muss ich wirklich hier raus.

Ich sollte nachhause gehen.

Ich lasse also von seiner weichen Haut ab und trete langsam vom Schreibtisch zurück.

„Wie gesagt…heute noch nicht. Aber du wirst sehen – bald gehörst du mir.“, sage ich noch zu ihm, während ich ihm besonders beim letzten Teil, genau in die Augen sehe, damit er das Versprechen erkennen kann, das in meinen Worten verborgen liegt.

Dann verlasse ich seine Praxis und damit auch die Gefahrenzone – als ich draußen bin, muss ich erst mal tief durchatmen.

Bisher, hat es noch kein anderer geschafft, mich so fertig zu machen…

 

 

Nathaniel Paine

 

Was sollte das?

Ich werde einfach nicht schlau aus ihm.

Da zwingt er mich dauernd zu Sachen, die ich nicht will; erzählt mir Dinge, die mich wahrscheinlich einschüchtern sollen und dann, ist er auf einmal ach-so-Zärtlich, küsst mich, als wären wir ein Pärchen und gesteht mir seine Liebe?!

Und dann macht er auch noch sowas…

Er hätte mich einfach vergewaltigen können, das ist mir mehr als klar.

Ich lag ja praktisch komplett wehrlos und – zu meiner eigenen Schande – auch noch ziemlich willig, direkt vor ihm.

Dazu konnte ich – dank seiner Größe und der langen Beine, durch die sein gesamter Lendenbereich, bis über den hohen Schreibtisch ragt – auch noch sehen, dass er definitiv erregt war.

Die Beule war…nicht zu übersehen.

Das war jedenfalls kein ‚kleines‘ Problem…ganz sicher nicht.

Aber um zum Thema zurückzufinden, von dem ich gerade eindeutig abkomme – was von meinem Körper mit einem erneuten Erröten gestraft wird, das ich sogar spüren kann –: er ist definitiv stärker als ich und gefährlich allemal, dazu war er auch noch ziemlich geil und ich war ziemlich weichgekocht, was ich ja leider nicht abstreiten kann…wieso hat er es also nicht getan?

Soll ich etwa glauben, dass es stimmt, was er gesagt hat?

Dass er mich wirklich so ‚sehr‘ liebt, wie er gesagt hat? Ich weiß es nicht…ich kann es einfach nicht sagen.

Was soll ich denn jetzt nur tun?

Ich weiß nur eines sicher: Ich werde jetzt nicht einfach schlafen können. Das heißt, ich werde etwas tun, was ich durch die Arbeit, schon seit sehr, sehr langer Zeit, nicht mehr getan habe – und auch davor, nur zweimal oder so, aber das ist ja nicht der Punkt…

Jedenfalls werde ich jetzt in einen Club gehen…auch wenn ich nicht weiß, wo sich hier – oder irgendwo sonst – Clubs befinden.

Na egal, ich werde schon was finden. 

Gesagt – getan.

Ich verlasse also die Praxis, nachdem ich mich selbst wieder ein bisschen ansehnlicher hergerichtet habe und gehe zu meinem Wagen.

Ich fahre einfach ziellos umher, bis ich eine Gruppe Jugendlicher sehe.

Die kennen sich mit dem Thema ‚Clubs‘, ganz bestimmt aus – zumindest besser als ich!

„Hey, ihr da!“, rufe ich ihnen zu, nachdem ich das Fenster heruntergelassen habe.

Sie sehen mich nur misstrauisch an und mustern mich, soweit sie mich durch das Wagenfenster eben mustern können.

Offensichtlich sind sie der Meinung, mir kann man trauen – zumindest bin ich nicht von der Polizei, oder sowas. „Ja, was denn?“, fragt ein Junger Mann mit einer genervten Stimme.

„Ich wollte wissen, wo man hier gute Clubs finden kann. Also Bars oder sowas…irgendwas, was jetzt und noch eine Weile länger, geöffnet hat und Alkohol ausschenkt.“, stelle ich meine Frage.

Die Jungs und Mädchen an der Straße aber, sehen sich nur gegenseitig, verwirrt an. „Wieso will einer der so aussieht, sowas wissen?!“, ruft eines der Mädchen, das allerdings eher ein bisschen nach 'Junge-mit-Brüsten' aussieht.

„Das geht euch nichts an. Also? Könnte ihr mir antworten, oder nicht? Ihr müsst ja nicht, ich habe nur gefragt, ob ihr euch da auskennt, sonst nichts…“, meine ich wieder und bin schon dabei, den Knopf zu betätigen, damit das Fenster wieder hochfährt, da kommt der Junge, der mir auch zuvor bereits geantwortet hatte, näher an das Auto heran.

„Also gut…wenn Sie jetzt da vorne reinfahren und links abbiegen, dann kommen Sie in die sechste, dann fahren sie noch ein bisschen weiter, bis zur nächsten Straße rechts. Da ist eine Bar, die echt gut ist – da sollten Sie mal hinfahren. Kann man nicht verfehlen und es ist auch gar nicht weit von hier.“, erklärt er mit einem Lächeln auf den Lippen, das ich nicht ganz deuten kann.

Aber das war doch mal nett, oder? „Okay. Vielen Dank.“

„Oh, gern geschehen. Immer wieder gerne.“, sagt er und wieder umspielt dieses gruselige Grinsen, seine Gesichtszüge.

Ich schließe nun doch das Fenster und fahre los. Eine Bar in der Nähe von hier…das ist auch sehr nahe an der Praxis, denn dort bin ich ja nie wirklich weggekommen, weil ich immer nur in der Gegend geblieben bin, damit ich mich nicht verfahre.

Das nenne ich mal einen netten Zufall…

 

 

Third-Person Narrator

 

So fährt der Blonde Psychiater davon…während einige, der dort immer noch verweilenden Jugendlichen, ihren Freund, fassungslos anstarren.

„Sag mal…diese Richtung. Hast du den Typen gerade zum Skryllix geschickt?!“, fragt ihn das burschikose Mädchen von zuvor.

„Das geht schon klar. Er ist immerhin ein großer Junge. Der kann schon auf sich aufpassen. Nebenbei – er wollte wissen, wo es zur nächsten Bar geht und ich hab ihm nur seine Frage beantwortet.“

„Na, wenn du meinst…“, gibt sich nun auch das Mädchen resignierend.

Von all dem, bekommt unser Psychiater, allerdings nichts mehr mit, denn dieser ist bereits mitten in den verschlungenen Straßen der Stadt unterwegs, um eine Bar aufzusuchen, von der er nicht einmal den Namen kennt.

 

 

Nathaniel Paine

 

Alles klar…irgendwie, will ich heute doch nicht dorthin gehen.

Ich habe mich beruhigt…obwohl, eigentlich eher weniger, aber ich will jetzt auch nicht unter Menschen sein.

Ich will nachhause und da trinken.

Aber ich sollte erst mal Alkohol beschaffen.

Naja, also steige ich an der nächsten Ecke aus, um an den Getränkeladen zu kommen, denn ich bin ja dennoch in die Gasse gefahren, in die ich fahren sollte, um die Bar zu finden, auch wenn die Bar wo anderes zu sein scheint...ich glaube, sie ist irgendwo, in der anderen Richtung, oder so.

Also, dann eben in den Getränkeladen…wobei, der ‚Laden‘, der hier das einzige zu sein scheint, das noch lebt, weit mehr an ein verwahrlostes Loch in der Wand erinnert , als an irgendetwas anderes. 

Mir wird langsam mulmig zumute, wenn ich hier entlang laufe, aber es sind nur noch ein paar Schritte, dann bin ich da und wenn ich da bin, dann muss ich nur reingehen, mir etwas kaufen und dann wieder zum Wagen…ich hätte lieber an einer Tankstelle, an der Straße, halten sollen.

So fangen die Horrorfilme, die ich nie gucke, auch immer an.

Auf einmal, höre ich Schritte hinter mir.

Das ist bestimmt nur Einbildung.

Da spielt mir meine Fantasie einen Streich, weil ich so nervös bin, sonst nichts.

Dann höre ich plötzlich jemanden hinter mir sprechen.

„Wohin geht’s denn, so spät abends? Solltest du nicht längst zuhause sein?“, meint die Person hinter mir.

Ich ignoriere es einfach und gehe weiter.

Dann kommt noch einer, diesmal direkt vor mir. Okay, jetzt wird’s brenzlig.

„Lasst mich einfach in Ruhe. Wenn ihr Geld wollt, muss ich euch leider enttäuschen, denn ich habe nur ein bisschen was dabei – dafür lohnt es sich nicht im Geringsten, in den Knast zu wandern. Und wenn ich mich nicht irre, sehe ich eure Gesichter, ich könnte euch also locker identifizieren und ihr müsstet mich schon töten, aber wie gesagt – nichts davon lohnt sich, für die paar Kröten, die ich einstecken habe, also verpfeift euch.“, erkläre ich nüchtern und hoffe, dass sie sich einfach verziehen, aber irgendwie war mir schon vorher klar, dass das nicht passieren würde und es passiert auch nicht.

Stattdessen lacht sich der Kerl vor mir erst mal eins ab und kommt dann auf mich zu.

Er grapscht mit seinen langen, kalten Fingern nach meinem Kinn und hebt es an.

„Du hast Mut, das muss ich dir lassen, aber was, wenn ich gar nicht nach Geld suche?“

„Was würdet ihr denn dann wollen?“, gebe ich patzig zurück.

Ich weiß nicht wieso, aber die Berührung von dem Kerl vor mir ist ganz anders, als die von Castiel vorhin.

Seine Hand war so warm und fühlte sich…richtig an. Auch wenn ich keinen Schimmer habe, wieso das richtig sein sollte. 

Seine Hand jedenfalls, ist einfach nur eklig und ich will sie so schnell wie möglich loswerden.

„Lass mich gefälligst los!“, rufe ich und versuche ihn abzuwimmeln, aber es klappt einfach nicht recht. Dann greift das Ekel hinter mir, nach meinen Oberarmen und hält mich auch noch fest.

„Weißt du…ich finde eigentlich, du siehst echt süß aus – dein Körper erinnert mich irgendwie an eine Frau. Und dein Gesicht ist auch echt hübsch. Hättest du Brüste, dann würde ich dich heiraten!“, meint er, wobei er beim letzten Satz, zusammen mit seinem ‚Partner‘, in schallendes Gelächter ausbricht.

Zum krönenden Abschluss, greift mir einer der Kerle auch noch in den Schritt, was mir eindeutig klar macht, was die beiden von mir wollen.

Die wollen mich allen Ernstes vergewaltigen…wo bin ich hier nur hineingeraten?!

„Hört sofort auf! Hilfe! Hört mich hier keiner?!“, schreie ich sofort los, als mir das klar wird.

Ich brauche dringend Hilfe.

„Du brauchst nicht zu schreien – hier hört dich nämlich keiner, das kannst du gleich abhaken“, meint wieder der ekelhafte Typ, der vor mir steht.

Und zu allem Übel, scheint er damit auch noch Recht zu behalten.

Na das ist doch mal toll – echt klasse!

 

Ich bin ja sowas von am Arsch...

Chapter 6: Occupation

Nathaniel Paine

 

Scheiße…ich habe Angst…

Wieso bin ich hier her gekommen?

Wieso…?

Mir ist zum Heulen zumute und im selben Moment, in dem ich das noch denke, bahnt sich auch schon die erste Träne, ihren Weg über mein Gesicht.

„Na na, du musst doch nicht weinen…wir werden auch ganz lieb zu dir sein.“, säuselt er mir ans Ohr und sofort schlägt mir der Gestank seiner Alkoholfahne ins Gesicht.

Er stinkt, aber nicht so schlimm, wie der Typ hinter mir, der meine Hände fest hält.

Ich hasse es…wieso bin ich nur so schwach?

Wieso kann ich mich nicht wehren?

Hilfe… 

Auf einmal beugt sich der ekelhafte Säufer vor und drückt mir seine trockenen, aufgeplatzten Lippen, auf den Mund. Immer wieder, versucht er mit seiner Zunge, meinen Mund zu infiltrieren, aber ich beiße die Zähne zusammen und presse die Lippen aufeinander.

Jetzt nimmt der hinter mir auch noch eine Hand von meinen Armen – da er mich wohl auch mit nur einer Hand, halten kann – und streichelt über meine Hüfte, wobei er mit der Hand unter mein Hemd gleitet und so nah wie er hinter mir steht, merke ich, das er bereits hart ist.

Das ist ja so widerlich…ganz anders als der Kuss von Castiel…

Castiel…ich hab Angst…

Plötzlich ertönt ein lauter schlag hinter uns.

Ich weiß nicht, was ein solch lautes Geräusch verursacht, aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass mein Hirn gerade komplett vernebelt ist, so dass ich kein bisschen klar denken kann.

Ich bemerke nur, wie eine Stimme, die mir sehr bekannt vorkommt, irgendetwas schreit und der stinkende hinter mir, wird von mir weggerissen, genauso, wie der ekelhafte andere, direkt vor mir.

Endlich bin ich wieder frei und das erste, was ich in meinem verwirrten und vernebelten Zustand tue, ist zu zittern und mir mit dem Ärmel über den Mund zu schrubben, während ich wieder weine.

Wie kann man nur so erbärmlich sein…

Wie aus dem Nichts, baut sich eine weitere, große Gestalt, vor mir auf und ich zucke unwillkürlich zusammen. Bitte nicht schon wieder…

„Nate? Bist du in Ordnung? Haben sie dich verletzt?“, vernehme ich seine besorgte Stimme.

Es ist derselbe, der vorhin gerufen hat, auch wenn ich nicht mehr weiß, was es war. Mittlerweile bin ich immerhin so weit klar im Kopf, das ich die Stimme wiedererkenne.

„Cas...tiel…?“, kommt es von mir, mehr wie ein Flüstern.

„Ja, ich bin da, Baby…“, sagt er sanft und streichelt über meine Wange, um meine Tränen weg zu wischen.

Sobald er beide Arme gehoben hat, um an mein Gesicht zu kommen, springe ich in seine Arme und klammere mich an seine Wärme – wobei ‚springen‘, doch eher übertrieben ist…es war mehr ein Sprung in Zeitlupe.

Sein Geruch ist mir bereits so vertraut…und ich liebe ihn.

Er riecht ganz anders, als diese anderen beiden. Er riecht gut…sogar sehr gut.

Er wirkt wegen meiner plötzlichen Attacke ein wenig überrascht, fängt sich aber sofort wieder und beginnt, mir vorsichtig und beruhigend über den Rücken zu streicheln.

Dann gibt er mir noch einen Kuss auf den Scheitel, bevor er mich ein Stück zurück drückt, damit ich ihn ansehen kann.

„Was wolltest du überhaupt in dieser gottverlassenen Gegend?!“, fragt er jetzt, wobei er ein wenig sauer wirkt.

„Ich…wollte erst in eine Bar, die es hier angeblich geben sollte…ein paar Jugendlich haben mir davon erzählt, aber dann habe ich mich um-entschieden und bin irgendwie hier gelandet…“

„Weißt du eigentlich, wo du hier bist?“, fragt er erneut und klingt wieder so…keine Ahnung…ich kann es nicht ganz zuordnen.

Aber es hat eigentlich noch nie einer so mit mir geredet.

„Das einzige, das in diesen dunklen, verworrenen hinter-Welt Gassen noch zu leben scheint und an eine Bar erinnert, ist das ‚Skryllix‘, weißt du das nicht?“

…Skryllix…

Komisch…ich war noch nie in dieser Gegend und kenne auch ganz sicher keinen von hier…aber irgendwoher, kenne ich diesen Namen.

Nur woher? Es liegt mir auf der Zunge, aber es will mir nicht einfallen.

Als ich keine Antwort gebe, zieht er wohl einfach seine eigenen Schlüsse.

Er seufzt laut und redet dann weiter. „Anscheinend nicht…weißt du, was ich mir für Sorgen gemacht habe, als ich das hier eben gesehen habe? Liest du denn keine Zeitung?!“, meckert er mich an.

Und jetzt weiß ich auch, woher ich das Wort kenne. Ich habe tatsächlich schon mal einen Artikel in der Zeitung darüber gelesen. Es war die Geschichte von den Leuten, die in den Dunklen Gassen, direkt daneben…vergewaltigt und getötet wurden…oh Mann…

„Aber…das ist doch noch weit weg, oder?“, frage ich geschockt zurück.

„Also, wenn du mit ‚weit‘, direkt um die Ecke meinst, dann ja. Es ist ‚weit‘ weg.“, meint er nur.

Ich dachte, ich sei einen anderen Weg gefahren…oh mein Gott…was wäre wohl passiert, wenn er nicht gekommen wäre…?

Was mich wiederum auf den Gedanken bringt…

„Was machst du eigentlich hier?“, frage ich irritiert.

Daraufhin kichert er kurz und schüttelt leicht den Koüf, wird aber sofort wieder ernst und antwortet dann. „Weißt du, ich hatte ein mieses Gefühl und irgendwie liege ich mit sowas immer richtig, sonst wäre ich in meinem Job weniger erfolgreich. Und du hattest Glück im Unglück, dass es eine solche Gegend ist, denn so hatte ich einen Grund, hier eine kleine Steppvisite zu machen. Ansonsten hätten die mich nicht einfach herkommen lassen…dann hätten wir vielleicht höchstens noch deine Leiche gefunden. Ich meine, diese Typen sind nicht die, die die Leute zuvor getötet haben, aber man weiß ja nie…“

„Woher weißt du denn das?“, frage ich wieder irritiert.

Heute scheint mich einfach alles zu irritieren.

„Nunja, weil er schon gefasst wurde. Das steht nur nicht in der Zeitung, damit man auch die Trittbrettfahrer stellen kann, die denken, sie seien im Schatten des ‚echten‘ Täters, irgendwie sicher, weil am Ende, alles dem einen angehängt wird und alle anderen davon kommen. Und auch, damit weniger Leute in diesen Straßen unterwegs sind, weil sie eben so gefährlich sind, da niemand einen schreien hört….“

„Stimmt…das ist eine gute Strategie. Aber woher weißt du dann davon?“, kommt es wieder von mir.

„Na, weil es meine Idee war.“, grinst er und ich bin mir sicher, dass ich ein stolzes Funkeln in seinen Augen erkennen kann.

Wie...seine Idee...?

Moment…er kam mit mehreren, glaube ich…er hat einen weggezogen…den Stärkeren…aber wer hat den anderen weggezogen?

Und wo sind sie so schnell hin verschwunden…?

Da fällt mir auch der komische, laute Knall wieder ein und der Ruf danach…wobei mir im Nachhinein auffällt, das die Typen mich nach diesem Ruf, sofort beinahe losgelassen haben.

Der vor mir ist zurückgetreten und der hintere hat meine Arme etwas lockerer gelassen…das ist mir zuvor nur nicht so bewusst gewesen…

„Ähm…sag mal, Castiel…was bist du eigentlich von Beruf…?“

 

„Ich bin Detective…beim FBI, um genau zu sein.“

Chapter 7: Keeping

 Nathaniel Paine

 

Im Ernst?

Träume ich, oder was? Detektiv?

Hä?

„Also…bevor du jetzt glaubst, ich sei so ein Detektiv, wie in den Krimi-Romanen, die du immer so gerne liest…“, beginnt er, als hätte er meine Gedanken gelesen und kommt mit einem Grinsen, meinem Gesicht näher. „…dann muss ich dich enttäuschen. ‚Detective‘ ist zwar eine Bezeichnung für meine Stellung, aber ‚Special Agent‘, sagt dir wahrscheinlich mehr. Aber hinter einem Special Agent steckt meist eigentlich die Bezeichnung Detective. Ich bin also kein Detektiv wie Sherlock Holmes – lediglich ein hochrangiger Agent. Ich bin also sowas wie ein Bulle.“, beendet er seinen Satz.

Darauf fällt mir jetzt nicht viel ein, was ich sagen könnte… „Ich habe doch gar nicht danach gefragt…“, meine ich also schmollend.

„Ich konnte es an deinem Gesichtsausdruck erkennen.“, fügt er wieder grinsend hinzu.

„Äh…“, gebe ich daraufhin – wieder mal sehr intelligent – zurück. 

„Also, kommst du zurecht? Wenn du willst, dann kommst du mit mir. Denn ich weiß aus Erfahrung, dass diese Kerle immer Freunde haben, die für sie zu Ende bringen, was sie nicht konnten – rein aus Prinzip. Hat wohl was mit Rache zu tun. Jedenfalls, würde ich dich nicht allein nachhause lassen. Wenn du nicht mit mir kommen willst, verstehe ich das, aber dann schicke ich dir Begleitschutz mit.“, schlägt er vor.

Fremde…? Ich weiß nicht recht…sollte ich doch mit ihm gehen?

Ich habe sowieso noch einiges zu klären.

„Ich…fahre mit dir. Ist schon ok.“, antworte ich also.

Das scheint ihn jetzt irgendwie zu überraschen. „Okay…damit hab ich jetzt weniger gerechnet… Also gut. Du kannst mit mir nachhause fahren, oder wir fahren zu dir.“

„Was? Ich dachte, es geht nur um die Fahrt?“, frage ich irritiert nach.

Ging es etwa nicht nur um die Fahrt?

„Weißt du, auf der Fahrt, bist du immer noch am sichersten. Gefährlich wird es erst wirklich, wenn du allein zuhause bist.“

Okay, das schockt mich jetzt doch.

Will ich wirklich, dass so einer bei mir auf der Couch schläft?

Aber andererseits…besser als wenn es ein Fremder wäre. Aber ich will ihn noch nicht zu mir lassen…ich habe eh nicht aufgeräumt…als ob es etwas gäbe, dass irgendetwas unordentlich machen könnte…aber ich will wissen, wie so einer lebt.

Ist bestimmt alles zu gemüllt.

„Gut, aber dann gehen wir zu dir.“

„Okay. Dann lass uns los. Ich geh nur noch schnell zu den anderen und kläre das. Wenn du mir deinen Schlüssel gibst, dann sage ich einem von ihnen, dass sie deinen Wagen, zu dir nachhause fahren sollen.“, erklärt er mir.

Gut, ich denke, das klingt logisch – und das sind Gesetzeshüter, denen sollte man trauen können.

Zumindest in hierzulande.

Also gebe ich ihm meine Autoschlüssel und bekomme dafür seine, mit der Anweisung, mich schon einmal in sein Auto zu setzen.

Dann ist er auch schon weg und ich mache mich auf den Weg, zum Auto, wie er gesagt hat…

 

Castiel Voltaire

 

Okay.

Das mit den Schlüsseln ist schon mal erledigt.

Die anderen wissen, dass ich schon gehe und erledigen den Rest – da nicht mehr viel zu tun ist.

Aber eine Sache, muss ich doch noch machen…

 

Third-Person Narrator

 

Der hochgewachsene FBI-Agent, der einen der Gefangenen zuvor selbst festgenommen hatte, kommt eben jenen nun immer näher.

Diese fragen sich natürlich, was er noch von ihnen wollen könnte.

„Was willst du schon wieder?! Verdammter Cop…“, brummt einer – der, der Nathaniel zuvor von vorne, in Bedrängnis gebracht hatte.

„Ich will etwas klar stellen. Dauert auch nicht lange.“, antwortet Castiel in derselben Tonlage und stellt sich genau vor die beiden.

Dann sieht er sich unauffällig um.

Niemand sonst, ist in der Nähe.

Dann beugt er sich nach vorn, sodass er mit dem Kopf genau zwischen den Köpfen, der beiden nebeneinander sitzenden Kriminellen ist. „Also…wenn ihr sowas noch einmal tun solltet…dann seid ihr tot. Vor allem dann, wenn ihr, oder irgendeiner eurer Freunde, diese eine Person noch einmal anrührt.“ 

„Und was, wenn doch, Bulle?“, meint einer und lacht kurz auf.

Daraufhin lachte auch besagter FBI-Agent kurz, auf eine erschreckend leere Art und Weise, auf, eher er wieder still wird und dann anfängt, zu reden.

„Dann…werde ich euch häuten und an den Füßen aufhängen, bis ihr krepiert seid.“, sagt er, ruhig und gelassen, als würde er über das Wetter plaudern und lächelt dabei sogar.

Dann dreht er sich einfach um und überlässt die beiden geschockten Gefangenen sich selbst…

 

Nathaniel Paine

 

Ich brauche nicht lange auf Castiel zu warten, bis er wieder kommt.

„Hey. Na dann mal ab zu mir. Musstest du lange warten?“

„Nein, gar nicht. Aber was hast du eigentlich noch gemacht? Ich habe gesehen, wie du zu diesen beiden…diesen Kriminellen gegangen bist…“, meine ich, wobei es mich immer noch schockt, wenn ich darüber  nachdenke, was beinahe passiert wäre und muss sofort wieder leicht zittern.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, legt er eine Hand auf meine und streichelt beruhigend, mit dem Daumen, in kreisenden Bewegungen, über meinen Handrücken.

Zu meiner Überraschung, funktioniert es tatsächlich.

„Ich war nur kurz dort und habe etwas klar gestellt – nichts Besonderes. Alles ist gut.“, meint er noch, ehe er sich wieder zurück in den Sitz lehnt und sich anschnallt, bevor er endlich Gas gibt, um loszufahren.

 

 

Castiel Voltaire

 

Nach kurzer Zeit, in der wir nichts gesagt haben, waren wir auch schon bei mir. Ich stieg aus und wartete auf ihn, aber er schien sich nicht zu rühren.

Jetzt stehe ich an seiner Tür und sehe, dass er zwar aufrecht sitzt, aber eingeschlafen zu sein scheint.

Ein Lächeln, das ich nicht verhindern kann, schleicht sich auf meine Lippen.

Leise öffne ich die Tür auf der Beifahrerseite und schnalle ihn ab, was ihn aber nicht zu interessieren scheint.

Gut.

Langsam fahre ich mit einem Arm unter seine Knie und mit dem anderen, umfasse ich seinen Rücken, ehe ich ihn mit einem sanften Ruck anhebe und im Brautstil bis zur Haustür trage.

Zum Glück, wohne ich in einer guten Gegend und weil man als Detective nicht immer allzu sicher lebt, wohne ich in einem Apartment mit Wachen am Eingang – die mir jetzt helfen, meine Autotür zu schließen und die Wohnungstür zu öffnen.

Nettes Volk.

Im Apartment angekommen, schalte ich das Licht mit dem Ellenbogen ein und gehe langsam – darauf bedacht, keinen unnötigen Lärm zu veranstalten – in mein Schlafzimmer, wo ich – den noch immer seelenruhig schlafenden – Nate auf mein Bett lege.

Naja, seelenruhig, ist das eigentlich nicht gerade.

Er sieht ziemlich angespannt aus.

Ich beuge mich leicht vor, um ihm eine verirrte Strähne aus der Stirn zu streichen.

Plötzlich, habe ich das Bedürfnis ihn zu küssen.

Ihn in den Arm zu nehmen und ihn zu streicheln, aber das kann ich nicht tun.

 

Ohne es wirklich gemerkt zu haben, bin ich allerdings noch ein Stück näher an sein Gesicht heran gekommen und kann seine Gleichmäßigen Atemzüge, auf meinem Gesicht spüren.

Im selben Moment, als ich mich schnell wieder von ihm zurückziehen will, spüre ich jedoch noch etwas anderes…zwei Arme, die sich um meinen Hals gelegt haben.

Nate hat die Augen ein wenig geöffnet und sieht mich direkt an.

In seinem Blick liegt etwas, dass ich nicht recht zu erkennen vermag.

Aber plötzlich zieht er mich zu sich herunter, schließt den letzten Abstand zwischen uns und vereint unsere Lippen damit in einem sanften, liebevollen Kuss.

Ich frage mich, ob er wirklich wach ist…

Chapter 8: Solitude

Nathaniel Paine

 

Ich öffne die Augen, weil ich mir irgendwie nicht ganz sicher bin, was gerade wirklich geschieht. 

Eben habe ich noch geschlafen. 

Alles war kalt…dunkel.

Und diese komischen Gestalten, die auf mich zukamen, haben mich in Angst und Schrecken versetzt. 

Es war wirklich kein schöner Traum.

Doch dann war da diese Wärme. 

Und der vertraute Geruch, den ich irgendwie nicht einordnen kann, wo ich ihn doch so gut kenne…zumindest glaube ich das. 

Ich liege da und lasse die Wärme einfach auf mir ruhen, aber irgendwie, will ich mehr. 

Ich richte mich ein wenig auf, der Wärme entgegen, bis ich plötzlich etwas Weiches auf meinen Lippen spüre. 

Es fühlt sich angenehm an…aber was ist das? Träume ich eigentlich immer noch, oder was ist hier los?!

Leicht erschrocken, öffne ich dann doch langsam die Augen, nur um in die dunklen von einer Person zu sehen, von der ich mir noch vor einer Weile nicht einmal erträumt hätte, sie einmal in einer solchen Situation vor mir zu haben…

 

 

Castiel Voltaire

 

Ich sehe ihn weiter an und die verschlafenen Augen, nehmen langsam einen leicht geschockten Ausdruck an.

Also doch nicht mit Absicht…schade.

Ich ziehe mich widerwillig von ihm zurück.

Auf einmal macht er Anstalten, sich ebenfalls aufzusetzen, aber ich lege einen Finger an seine Lippen und drücke ihn mit sanfter Gewalt, wieder zurück in die Kissen, die hinter ihm liegen.

„Ist schon gut. Bleib hier. Ich werd nicht mehr erwähnen, was eben passiert ist…“, sage ich leise und kann nicht verstecken, dass ich ein wenig enttäuscht bin, dabei wollte ich es eigentlich gar nicht so offensichtlich machen.

Er sieht mich nur leicht traurig an und meint dann „Aber…was…wo bin ich eigentlich?“ Dann sieht er sich leicht verwirrt um. „Eben…war ich doch noch im Auto…“

„Du bist bereits bei mir. Ich hab dich rauf getragen und das ist mein Schlafzimmer.“, meine ich und grinse ihn dann frech an, um meinen Gemütszustand ein wenig zu untergraben. „Schick, nicht wahr?“

Aber er wird nur sofort rot bis über beide Ohren und senkt seinen Blick. Toll. „J-ja…es…ist schön…“
Süß. Na das kann ja was werden. 

Jetzt ist er die ganze Nacht hier.

In meinem Schlafzimmer.

So ungeschützt wie er es sonst auch ist.

Und er ist verwirrt. 

Wäre ich total skrupellos, dann würde ich diese Situation einfach eiskalt ausnutzen. Aber das bin ich leider nicht.

Ich werde mich wohl oder übel zusammen reißen müssen…

 

Nathaniel Paine

 

Ich sehe mich um.

Ich bin ich einem Schlafzimmer.

Ich bin in Castiels Schlafzimmer.

Allein mit ihm.

Ich habe ihn geküsst.

Auf seinem Bett.

Auf dem ich immer noch liege.

Diese Gedanken, gehen mir schon durch den Kopf, seit ich mir meiner kurrenten Situation bewusst geworden bin.

Und sie machen mir Angst.

Immerhin, könnte er jetzt mit mir machen, was er will – in den Sitzungen klang es immerhin sehr danach, dass es da einige ‚Dinge‘ gab, die er gerne mit mir machen würde.

Und ich könnte es nicht verhindern – nicht in meinem jetzigen Zustand. Immerhin zittere ich immer noch und bin wahrscheinlich auch so, sehr viel schwächer als Castiel.

Aber das Schlimmste ist…

Würde ich es denn überhaupt verhindern wollen?

Mich beschleicht die leise Vermutung – nein. Ich würde es nicht verhindern wollen.

Und das ist es, was mir wirklich gerade Angst macht.

Ich sehe ihn an und erkenne sofort, dass er irgendwie leicht niedergeschlagen wirkt.

Ist es etwa meine Schuld? Wahrscheinlich.

Immerhin bin ich der einzige hier.

Und ich habe ihn ja mehr oder weniger zurückgewiesen. Denke ich.

Ehrlich gesagt, bin ich mir gerade über gar nichts mehr sicher.

Aber ich habe ihn doch geküsst – warum ist er dann jetzt verletzt? Ich verstehe gar nichts mehr.

Mein Kopf ist einfach nur leer.

Ich zittere am ganzen Körper.

Ich habe Angst, auch wenn ich versuche, es vor ihm zu verbergen.

Und ich will nachhause. Zumindest sollte ich das wollen, aber irgendwie, finde ich es gemütlich hier.

Was hatte er noch gleich gesagt? Es sei schick?

Nun, das ist eigentlich untertrieben. Als ich mich vorhin umgesehen habe, habe ich fast gedacht, ich träume wirklich noch.

Ich habe zwar ein Apartment, das wahrscheinlich genauso teuer ist, wie das hier…aber meines, ist nicht so eingerichtet.

Die Wände sind in einem ruhigen, Cremefarbenen Ton, so wie auch die Vorhänge und der Bettbezug.

Der Nachttisch ist aus einem hellen Holz und sämtliche andere Möbel sind in altweiß, oder schwarz gehalten.

An der einen Seite ist ein großer Wandschrank, der auch eine gesamte Wand einnimmt.

Dann noch eine Kommode, neben der Zimmertür zu meiner rechten. 

Castiel selbst, steht auf der linken Seite, neben mir, bzw. neben dem großen Doppelbett, auf dem ich liege.

Hinter ihm, ist ein großes Panoramafenster. Wir sind hier weit oben und das Fenster geht sehr tief, so kann ich, selbst aus meiner niedrigen Position aus, eine unglaubliche Aussicht begutachten. 

Eine Aussicht, über die Lichter der Stadt, die mittlerweile von völliger Dunkelheit umzingelt ist.

Ich habe das Gefühl, dass ihm jemand bei der Einrichtung geholfen hat.

Eine Frau.

Aber warum…habe ich das Gefühl, als hätte mir diese Erkenntnis gerade mitten ins Gesicht geschlagen?

Und wieso sollte irgendeine Frau, ihm denn bitte bei seiner Einrichtung helfen? Das ist unlogisch.

Egal. Ich will nicht darüber nachdenken.

Auch nicht darüber, dass es wehtut, wenn ich daran denke, dass er in einer Wohnung lebt, die möglicherweise von jemandem eingerichtet wurde, der ihn mehr mag, als er sollte.

Ich weiß nicht einmal, warum ich mir solche hirnrissigen Dinge zusammen spinne.

Ich sehe ihn nach langer Zeit wieder an. Irgendwie, kann ich jetzt nicht allein bleiben. Ich will nicht allein bleiben. „Wirst du auch hier bleiben?“, frage ich.

Bitte sag ja.

Er sieht mich an.

Bitte sag ja.

Er wendet den Blick wieder von meinem, wahrscheinlich offensichtlich flehenden Gesicht, ab.

Bitte sag ja.

Dann sieht er mich wieder an.

Bitte sag ja.

„Nein.“, sagt er langsam, aber bestimmt.

Wieder wie ein Faustschlag ins Gesicht.

„Wieso…?“, kommt es beinahe erschrocken von mir und ich richte mich auf, wobei mir leicht schwindelig wird.

„Ich halte es einfach für besser, wenn ich nach so einem Tag, nicht neben dir schlafe. Ich sollte lieber auf der Couch schlafen.“, meint er ruhig.

Solltest du nicht! 

Lass mich nicht allein!

Aber ehe ich auch nur ein Wort erwidern kann, umschreitet er auch schon das Bett und verlässt den Raum, während ich ihm nur hinterhersehen kann.

Nicht imstande, noch mehr zu tun, lege ich mich wieder in das Kissen hinter mir.

Es riecht nach ihm.

Aber ist das auch ein Wunder? Es ist sein Bett.

Hier riecht alles nach ihm.

Ich ziehe die Decke bis unter meine Nase, schließe die Augen und atme seinen Duft ein – versuche, das erdrückende Gefühl in meiner Brust, einfach zu ignorieren.

Ich fühle mich einsam.

Ich hasse es, einsam zu sein.

Ich habe es immer gehasst.…

Chapter 9: Darkness Within

Nathaniel Paine

 

Es ist kalt.

Einsam.

Ich hasse es.

 

Ich sehe mich um und alles ist dunkel. Niemand ist zu sehen.

Ich sehe nur Umrisse. Umrisse, die mich einen Ort erkennen lassen, den ich mehr als alles auf der Welt hasse.

Denn er macht mir Angst. Mehr Angst, all alles andere.

Es ist der Keller.

Der Keller, in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin.

Dem Haus, das eigentlich schöne Kindheitserinnerungen bergen sollte.

Dem Haus, in dem ich mich nie zuhause gefühlt habe.

Ich habe es gehasst.

Und nun…nach so vielen Jahren…sitze ich wieder in diesem Keller.

Wie bin hier her gekommen? Oder kam ich vielleicht nie heraus?

Ich bin allein.

Ich hasse es, allein zu sein.

Egal wie laut ich schreie – niemand würde mich hören.

Egal wie laut ich weine – niemand würde kommen.

Egal wie sehr ich leide – niemand hört mir zu.

So war es immer. Warum bin ich dann wieder hier? Wo ich doch nie wieder zurück wollte.

Nie…

Plötzlich öffnet sich die Kellertür.

Licht fällt durch die Öffnung und ich sehe erst einmal nichts – nur einen schwarzen Umriss – und kneife die Augen zusammen, die von der plötzlichen Helligkeit, schmerzen.

Dann erkenne ich die Gestalt. Es ist mein Vater…glaube ich.

Würde er mich schlagen? Weil ich nutzlos war?

Würde er mich beschimpfen?

Oder würde er mir nur wieder vor Augen führen, dass ich schwach bin und hier nicht herauskommen würde, eher er es mir gestattet?

Egal.

Es macht keinen Unterschied. Schmerz ist Schmerz und Narben bleiben ohnehin.

Aber dennoch…irgendetwas, stimmt hier nicht.

Der Mann an der Treppe, kommt zu mir herunter.

Aus Instinkt, schlinge ich meine Arme, schützend um meinen Körper.

Ich fange an zu zittern. Da ist sie wieder – die Angst. Ich habe Angst.

Ich hatte sie schon immer und sie wird nie verschwinden.

Erbärmlich. Jämmerlich. Lächerlich.

Mein Vater hatte wohl doch Recht.

Je näher er mir kommt, desto größer, wird meine Angst.

An irgendeinem Punkt, fange ich an zu schreien.

Ich schreie, aber niemand kommt.

Ich weine, aber keiner hilft mir.

Die Szenerie ändert sich nicht.

Es wird immer so sein.

 

Plötzlich, spüre ich eine wohlige Wärme, die durch meine kalte Haut dringt.

Kalt? Und doch ist es warm.

Aber eben, war es noch kalt. Im Keller.

Richtig…eben, war ich doch noch im Keller.

Doch plötzlich, verschwimmt das Bild von meinem Vater, direkt vor meinen Augen.

Der Keller verschwindet.

Die Welt um mich herum wird auf einmal schöner.

Ich fühle mich sehr viel sorgenfreier.

Ich fühle mich geborgen.

In dieser fremden Wärme, die mir so bekannt vorkommt.

Licht dringt an meine Augen und erst jetzt, wird mir klar, wo sich die Quelle, der mysteriösen Wärme befindet.

In dem Moment, in dem ich eine bekannte Stimme vernehme…

 

 

Castiel Voltaire

 

Etwa zwei Stunden, nach dem ich Nate’s Raum – mein Schlafzimmer – verlassen hatte, war ich eigentlich davon ausgegangen, dass er, da ich nicht immer Zimmer war, seelenruhig schlafen könnte. Aber dem war nicht so.

Ich sehe gerade fern, weil ich selbst nicht schlafen kann – nicht, wenn die Person, die ich am meisten auf der Welt will, direkt in meinem Schlafzimmer, nebenan, im meinem Bett liegt.

Das funktioniert nicht.

Ich sehe also irgendeine dumme Show im Spätprogramm und schlage so die Zeit tot – da mir nicht viel anderes übrig bleibt, wenn ich nicht viel Lärm veranstalten will.

Und abhauen, kann ich schließlich auch nicht einfach!

Gerade, als irgendeine komische Ische, mit einem viel zu kurzen Rock, ins Bild läuft, um irgendetwas zu präsentieren – was aber ohnehin keinen interessiert, weil sie ohnehin alle nur auf die Frau konzentrieren, wenn überhaupt auf irgendwas – und ich beinahe doch am Eindösen bin, zerreißt ein gellender Schrei die Stille.

Ich fahre herum, um die Quelle des Geräusches zu identifizieren und erkenne, dass es aus dem Schlafzimmer kommt.

Und eindeutig von Nathaniel!

Sofort springe ich auf und laufe schnellen Schrittes in Richtung Schlafzimmer.

Dort angekommen, reiße ich die Tür auf und stürme in den Raum.

„Nate! Was ist los? Ist irgendwas passiert?“, rufe ich sofort panisch aus und merke, dass ich keine Antwort bekomme, aber noch immer Schreie zu hören sind, wenn auch nicht mehr so laut, wie der Erste.

Allerdings sind sie nicht weniger herzzerreißend, als der Erste.

Ich suche kurz den Raum ab, finde ihn aber auf Anhieb, da er offenbar immer noch im Bett liegt.

Er scheint nur schlecht zu träumen.

Mir fällt ein Stein vom Herzen – aber andererseits; Was hatte ich erwartet?

Wir sind hier in einem Apartment, 25 Stockwerke über dem Boden.

Mit Sicherheitssystem und Wachpersonal am Eingang.

Und ich war im Wohnzimmer, welches sich zwischen dem Eingang und dem Schlafzimmer befindet.

Es hätte also keiner eindringen können. Was hätte also schlimmsten Falls passieren können?

Ich werde paranoid…oder zumindest etwas ähnliches, glaube ich.

Nichts desto trotz, setze ich mich sogleich in Bewegung, in Richtung des Bettes und lasse mich auf der Kante, direkt neben Nate, nieder.

Er hat Tränen in den Augenwinkeln und wälzt sich immer mal wieder, in einer hastigen Bewegung, von einer, zur anderen Seite.

Sanft, lege ich eine Hand an seine Wange und die andere, an seine Schulter, um ihn leicht zu rütteln.

„Nate? Nathaniel? Wach auf!“,  spreche ich ihn an, bekomme aber leider keine Antwort.

Ganz so einfach, ist es dann wohl doch nicht.

Ich rüttle noch ein wenig fester an seiner Schulter, aber die einzige Reaktion, die er daraufhin zeigt, ist, dass er noch unruhiger wird.

Als er plötzlich beinahe um sich schlägt, weiß ich keine andere Möglichkeit mehr, als mich halb auf ihn zu legen und meine Arme um ihn zu schlingen, damit er still halten muss.

Und es funktioniert.

Ich flüstere ihm ein leises „Shh, alles wird gut…“, direkt ins Ohr, dass sich nun neben meinem Gesicht befindet, da mein Kopf momentan beinahe in seiner Halsbeuge liegt.

Wäre ich Krisen nicht bereits gewohnt, dann würde ich jetzt ernsthaft nervös werden.

Auf sowas bin ich nun wirklich nicht trainiert.

Aber er wird wirklich ruhiger und ich spüre, wie sich zusammen mit seinem Herzschlag – den ich aus meiner kurrenten Position aus, natürlich auch spüren kann –, wieder beruhigt. Dabei habe ich nicht einmal wirklich gemerkt, dass mein Herz am Rasen war.

Bis eben.

Ich hebe leicht meinen Kopf, um mit seinem Gesicht auf einer Höhe zu sein und warte, bis er aufwacht – was nur ein paar Sekunden später, bereits der Fall ist.

Erst rümpft er leicht die Nase, dann hebt er flatternd die Augenlieder und sieht mich schließlich direkt an.

Mit den immer noch verschlafenen Augen, mustert er mich und unsere Situation.

„Was ist los…?“, fragt er und klingt mehr als durcheinander.

 

„Das musst du nicht wissen…“

Chapter 10: Confusing Surprises

 Castiel Voltaire

 

„Das musst du nicht wissen…?“, fragt er verwirrt.

Naja, das ist zwar nicht die beste Antwort, aber etwas Besseres, ist mir eben nicht eingefallen.

Er sieht mich leicht verschreckt an. Hab ich jetzt was Falsches gemacht?

Ich sehe nach unten und bemerke erst jetzt, dass ich immer noch auf ihm liege.

Schnell räuspere ich mich und stütze mich dann auf dem Bett ab, um mich hoch zu drücken.

Ich sitze nun neben ihm und sehe mich kurz um, um mir der Lage etwas besser bewusst zu werden.

Schon nach wenigen Augenblicken, wird mir eines klar…

Schlimmer, kann es jetzt nicht mehr werden.

„Also…da du jetzt wieder wach bist und alles in Ordnung zu sein scheint…kann ich ja gehen. Bis morgen Früh…“, sage ich, selbst leicht neben der Spur. Die Nacht und der vergangene Abend, beginnen auch bei mir langsam ihre Wirkung zu zeigen.

Am besten gehe ich jetzt auch schlafen.

So sollte es zumindest sein, doch als ich aufstehe und mich vom Bett entfernen will, hält mich etwas zurück.

Eine Hand an meinem Ärmel.

Mein Blick fällt wieder auf Nate, der mich seltsam ansieht.

In seinem Blick liegt Verwirrung, Schmerz…und Einsamkeit. So viel kann ich sagen.

Allerdings kann ich es nicht ganz verstehen.

Also, ja, ich weiß dass es ihm wohl kaum gut gehen kann.

Immerhin wäre er heute beinahe…

Aber warum verhält er sich dann so seltsam?

Es ist nicht so, als hätte ich noch nie ein Vergewaltigungsopfer gesehen – leider, kann ich das wirklich nicht sagen. Da kann ich meiner Berufswahl danken.

Für gewöhnlich endet es in Berührungsängsten – besonders dem Geschlecht des Täters gegenüber.

Das ist jedoch nicht immer so. Manche rasten auch ganz einfach aus. Die menschliche Psyche, ist eben nicht wirklich berechenbar.

Aber so etwas habe ich noch nie gesehen. Ich würde es verstehen, wenn er ängstlich wäre.

Aber warum ist er einsam? Ich bin schließlich hier…und ich verstehe es nicht ganz.

Vielleicht sollte ich mal sowas wie eine Schulung machen, dann wäre das Ganze hier mit Sicherheit einfacher.

Ich sehe ihn weiter an. Der flehende Blick in seinen Augen, lässt meine Knie weich werden.

Ich hasse es.

Dagegen war ich noch nie sehr stark. Da kann ich nicht gewinnen.

Ich kann praktisch spüren, wie meine Entschlossenheit, den Raum wieder zu verlassen, mit erhobenen Händen aus dem Fenster springt.

„Nein- Nate, ich kann nicht hier bleiben…“, sage ich sanft und nehme seine Hand in meine, um beruhigende Kreise über seinen Handrücken zu ziehen. „Es wäre wirklich besser – für uns beide, glaub mir –, wenn ich jetzt wieder zurück ins Wohnzimmer gehe.“

Aber er sieht mich nur weiterhin so gequält an. „Bitte…“

Oh man, ich hasse es…

 

 

Nathaniel Paine

 

Plötzlich verändert sich sein Gesichtsausdruck.

Er war anfangs eher unnachgiebig, doch dann wurde er immer weicher.

Jetzt schließt er seine Augen und seufzt.

Wird er gehen?

Ich möchte es nicht. Aber ich kann ihn auch nicht hier halten, wenn er nicht bleiben will.

Das habe ich noch nie geschafft. Ich werde immer allein gelassen.

Er geht um das Bett herum.

Also geht er wirklich. Ich lasse meinen Kopf zurück in die Kissen fallen und schließe ebenfalls meine Augen.

Aber genervt – von mir, nicht von ihm. Ich kann nie irgendwen halten. Es ist frustrierend.

Doch dann spüre ich, wie das Bett auf einer Seite ein wenig absinkt.

Überrascht öffne ich die Augen und sehe zur Seite. Er scheint sein Hemd ausgezogen zu haben – vorher wirkte es auch eher so, als wäre er noch immer normal bekleidet gewesen.

Immer noch in Jeans, aber mit freiem Oberkörper, legt er sich auf die Freie Seite der Matratze, direkt neben mir und legt einen Arm über meine Taille.

Nur dass ich noch immer fast bis unter die Nase zugedeckt bin – ein Glück. So kann ich mein Gesicht verstecken, damit er nicht merkt, dass ich gerade ungefähr so rot geworden bin, wie es seine Haare auf der Highschool waren.

Zumindest fühlt es sich so an.

Er scheint es aber nicht gemerkt zu haben – zumindest sagt er nichts dazu, sondern schließt einfach seine Augen, schaltet das Licht aus, das offenbar einen Schalter direkt am Bett hat, was ich nicht gesehen habe, und schläft ein.

Oder tut nur so, jedenfalls schließt er die Augen und spricht nicht mehr.

Außerdem atmet er gleichmäßig und ruhig…es entspannt mich irgendwie.

All die Strapazen und all das, was heute geschehen ist, erscheint mir jetzt fast wie ein Traum.

Als wäre all das, gar nicht mir passiert. Oder in einer ganz anderen Welt.

Ich will nur nicht erwachen müssen, um zu merken, dass dieses Gefühl nicht echt ist.

Dennoch fühle ich mich ruhig.

Eben war alles noch so kalt, aber jetzt…

Ich schließe meine Augen und schmiege mich ein wenig mehr, an die wohltuende Wärme neben mir, ehe ich ein weiteres Mal in meiner Traumwelt versinke.

Diesmal jedoch, lande ich nicht in einem kalten Keller.

 

Ein seltsames Klirren, lässt mich zusammenzucken.

Es ist Morgen.

Ich habe ziemlich gut geschlafen. So gut, wie schon lange nicht mehr.

Sehr lange.

Ich vergrabe meinen Kopf noch ein wenig mehr in meinem Kissen und atme den fremden und doch so vertrauten Duft ein.

Mein Kissen?

Nein, das ist nicht meines. Irgendwas stimmt hier nicht – das ist nicht einmal mein Geruch.

Aber es riecht so gut… Stopp! Nathaniel – reiß dich gefälligst zusammen!

Was ist hier los? Wo bin ich hier? Das ist nicht nur nicht mein Kissen – das ist überhaupt nicht mein Bett!

Langsam erhebe ich mich und sehe mich vorsichtig um.

Edle Möbel. Ein großes Bett. Eine unglaubliche Aussicht, aus einem Panoramafenster…ein Schlafzimmer!

Castiels Schlafzimmer!

Oh mein Gott…

Wie konnte ich das vergessen?

Plötzlich wird alles wieder klar. Meine Erinnerungen kehren zurück.

Alles, was gestern geschehen ist. Alle Ereignisse und sogar die Kleinigkeiten, wie meine Theorie über Castiel Innenarchitektin.

Einen geschockten Moment lang, sitze ich einfach nur da. Immer noch unter der Decke, aber aufrecht in seinem Bett.

In seinem Bett.

In dem er mit mir geschlafen hat.

Direkt neben mir.

Ich habe in seinen Armen gelegen…wenn auch nicht so richtig. Sein Arm lag eher über mir – aber es ist im Grunde dasselbe!

Was mache ich denn jetzt nur?

Na super…allein der Gedanke an die letzte Nacht, lässt mich wieder rot anlaufen. Mein ganzes Gesicht fühlt sich heiß an.

Genau in diesem Moment, geht auch schon die Tür auf und herein kommt ein strahlender Castiel.

Ähm…strahlend? Egal wie verrückt es klingen mag, aber ‚strahlend‘, trifft es tatsächlich am besten.

Was ist hier nur los?

Er lächelt breit und scheint gut gelaunt. In seinen Händen entdecke ich ein großes Tablett – eines von der Sorte, die man auf das Bett, über seine Beine stellen kann, um einen kleinen Tisch zu improvisieren. Man nutzt es meist, für Frühstück im Bett.

Also genau das, was er hier vor zu haben scheint, da das Tablett voll gestellt ist, mit verschiedenen Lebensmitteln.

Brot, Butter, Kaffee, Marmeladen und alles Mögliche, was noch so drauf gepasst hat und sich offenbar tragen ließ.

So etwas besitze ich noch nicht einmal. Aber da ich kaum überhaupt richtig Frühstücke, brauche ich nicht darüber nachzudenken, es im Bett zu tun. Keine Ahnung wieso.

Er stellt das Tablett vor mir ab und setzt sich dann neben mich.

Das erste was er tut, ist mir eine Hand auf mein Gesicht zu drücken, dann sieht er mich besorgt an. „Du bist so rot und auch ziemlich warm…geht es dir gut? Vielleicht wegen dem ganzen Stress gestern…wenn man das als ‚Stress‘, bezeichnen kann. Vielleicht solltest du dich nach dem Frühstück noch ein bisschen hinlegen…“, meint er und wirkt leicht in Gedanken.

„Was?“, frage ich und plötzlich fällt mir wieder etwas ein.

Doch er kommt mir zuvor, in dem er bereits weiter spricht. „Du wirst jetzt erst mal was essen, klar? Du bist ohnehin viel zu dünn und du hast auch gestern Abend nichts gegessen, glaube ich. Ich habe hier eine Menge, aber wenn du irgendwas Bestimmtes möchtest, das nicht hier ist, dann musst du es nur sagen. Wenn du dann gegessen hast, wirst du dich noch ein bisschen hinlegen und schlafen – keine wiederrede.“, wiederholt er das, was er bereits vorher gesagt hat, nur etwas ausführlicher und mit mehr Nachdruck. Als könne ich ihm kaum widersprechen.

Als ich dann wieder etwas einwenden will, kommt er mir erneut zuvor. „Und mach dir keine Sorgen wegen der Praxis – ich habe schon dafür gesorgt, dass sie heute geschlossen bleibt. Jeder braucht mal eine Auszeit. Deine Patienten, die dringend jemanden brauchen, wurden für heute an jemand anderen weitergeleitet.“, scheint er mich beruhigen zu wollen.

„Aber…wie kann das sein?“, kommt es verwirrt von mir.

Woher will er irgendetwas über meine Patienten wissen?

Und seit wann können Fremde mich krank melden? Wer würde das denn bitte ernst nehmen? Er ist ein Fremder – allenfalls ein Patient!

„Na, ganz einfach. Ich habe angerufen und es arrangiert. Das war alles.“

Die einzige, die heute Morgen da gewesen sein konnte…war Emily.

Die Emily, die mich immer so komisch ansieht. Es ist irgendwie furchterregend.

Aber warum würde sie das tun? Gerade sie, die so extrem, intelligent ist – und ja, das ist sie wirklich – und die als einzige die Termine von Castiel, alias Damon, angenommen hat, sollte eigentlich in der Lage sein, ihn als einen meiner Patienten zu erkennen.

Auch wenn er eigentlich kein Patient ist, sollte sie ihn doch für einen halten – wie kann er mich dann bei ihr krank gemeldet haben?

Irgendetwas, ist hier mehr als faul.

„Nein…das kann nicht sein. Warum würde Emily eine Entschuldigung von dir Akzeptieren? In ihren Augen, bist du ein Patient…“, frage ich erneut.

„Naja, nicht so ganz…du erinnerst dich sicher noch an diese Geschichte damit, dass ich immer gut über dich informiert war, richtig?“, wirft er nebenbei ein, während er Kaffee in eine Tasse gießt.

Die verschlafenen, verwirrten Rädchen in meinem Kopf, beginnen langsam wieder, ihr Tagewerk anzutreten und langsam, wird mir klar, was hier läuft.

Das kann doch nicht sein Ernst sein.

„Du kennst Emily?“, sage ich. Aber eigentlich, ist es weniger eine Frage, als eine Feststellung.

„Naja, irgendwer musste dich ja für mich ausspähen und nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Ich bin eben beim FBI…da gewöhnt man sich sowas an.“, versucht er irgendwie zu erklären.

„Sowas? Was meinst du damit?“, kommt es wieder von mir.

„Was schon…Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Es hat sich bisher meist bewehrt…“, gibt er von sich, als wäre es das normalste der Welt, dass er eine Freundin, oder was auch immer, hat, die mich für ihn stalked, während er keine Zeit, oder Möglichkeit dazu hat.

Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll.

 

Wo bin ich hier eigentlich gelandet?

Chapter 11: Talk about Trust I

Nathaniel Paine

 

Ich fasse es nicht.

Ich fasse es einfach nicht.

Wie dreist können Menschen sein?

Wie kann man sowas tun? Ich meine, man muss doch wirklich zu viel Freizeit haben, wenn einem solche Dinge einfallen, oder?

Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich von diesem…diesem Kerl, eigentlich halten soll.

Ich sehe zu ihm, aber er sitzt einfach da und wirkt unbeteiligt.

„Wieso würde Emily das für dich tun?“, frage ich ihn.

Er zuckt nur mit den Schultern. „Weil sie das eben für mich tun würde.“

„Und weshalb?“

„Naja, weißt du, bevor sie für dich gearbeitet hat, da hatte sie schon einen Job...“, meint er beiläufig.

„Das kann ich mir denken, aber es ist unmöglich, dass sie für dich gearbeitet hat. Das geht gar nicht – du bist gar nicht alt genug dafür. Sie arbeitet schon zu lange für mich.“, halte ich gegen das, was er hier offenbar anzudeuten versucht.

„Ich nicht, aber sie – und mein Vater.“

„Sie hat für deinen Vater gearbeitet? War der nicht Pilot?“

„Ist er immer noch. Sie war mal sowas wie seine Assistentin. Ich fand sie nett. Und jetzt arbeitet sie für mich.“

„Für dich?“, frage ich emotionslos. Ich weiß gerade wirklich nicht, was ich sagen soll.

Arbeitet sie nicht für mich?

„Emily arbeitet nicht die ganze Woche für dich und auch nur Teilzeit. Den Rest übernimmt dann Melody, oder du bist allein in der Praxis – das weiß ich übrigens auch von ihr. Den Rest der Zeit, arbeitet sie für mich.“

„Ach ja, und als was? Als Stalker?“, meine ich sarkastisch.

„Als eine Art Aushilfe.“, fällt er mir energisch ins Wort – seufzt dann aber. „Sie hilft mir besonders bei der Informationsbeschaffung, wobei sie natürlich nichts erfährt, was sie nicht wissen dürfte, oder das sie in Gefahr bringen könnte, außerdem hat sie eine Schweigepflicht, falls sie doch etwas erfährt.“, antwortet er nüchtern und sieht scheint sich nach etwas umzusehen, ehe er eine Flasche vom Boden aufhebt und ein bisschen Orangensaft in zwei Gläser eingießt.

Er reicht mir eines der Gläser und sieht mich dann an. „Wollen wir nun frühstücken?“

Jetzt…okay, lassen wir es.

Ich sollte ab jetzt ein Auge auf Emily haben, das ist mal sicher…immerhin hat sie Zugang zu vertraulichen Informationen in meiner Praxis!

Als hätte er meine Gedanken gelesen, legt er eine Hand auf meinen Arm. „Und mach dir keine Sorgen wegen ihr – ich vertraue ihr. Sie hat auch schon ein paar empfindlichere Informationen für mich gesammelt und hat darüber geschwiegen wie ein Grab. Sie würde niemals Informationen weitergeben. Außerdem habe ich sie immer nur über dich ausgefragt – was du so tust, wie es dir geht und ob du gerade in einer Beziehung bist. Sie hatte für mich immer ein Auge auf dich. Das ist alles. Ich war immerhin eine ganze Weile in Amerika und auch an anderen Orten. Am Wenigsten war ich in der Stadt, daher war es für mich unmöglich das selbst zu tun.“

Irgendwie überrascht, wegen seiner Ehrlichkeit, bin ich erst einmal ziemlich baff. Ich hätte nicht gedacht, dass er so einfach damit herausrückt.

Aber man lernt ja nie aus – das war schon in dem Moment klar, als einer der größten Rocker und Schulrowdys, die die Sweet Amoris High und ich, je gesehen haben, sich als einen FBI Agent herausgestellt hat.

Und offenbar ist er auch noch ein Guter.

„Sag mal…was hast du die letzten Jahre eigentlich gemacht? Ich meine, du scheinst ja alles über mich zu wissen, aber ich weiß eigentlich gar nichts über dich, wenn ich so darüber nachdenke...“

Er hat gerade offenbar vorgehabt einen Schluck Saft zu trinken, hält nun aber in seinem Tun inne. Scheint zu überlegen.

Dann holt er kurz Luft, ehe er mich ansieht. „Da gibt es nicht viel. Ich habe meine Arbeit gemacht. Habe gelernt. Trainiert. Und dann gab es dieses Programm, das FBI-Agenten in andere Länder abkommandiert. Und da ich sowohl qualifiziert, als auch aus Frankreich, bzw. auch noch aus dieser Stadt war, wurde meine Bewerbung dafür angenommen. Und nun bin ich hier.“, leiert er herunter.

„Das ist alles? Was hast du denn dort trainiert? Und warum hast du dich eigentlich dort beworben? Es interessiert mich wirklich…“, sage ich.

Ich weiß, es ist nicht fair. Ich kann an seinem Gesicht ablesen, das er nicht so gerne darüber spricht. Aber ich will es wirklich wissen…ich kann mich auch später noch bei ihm dafür entschuldigen.

„Naja, warum ich vor kurzem hierher zurückgekehrt bin, sollte klar sein. In einem anderen Fall, hätte ich schon eine Lösung gefunden, wieder hierher zu kommen. Wegen dir. Und zu der Sache mit der Ausbildung…“, beginnt er und macht dann eine kurze Pause, während ich nur nicke, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich alles verstanden habe.

Es ist irgendwie süß, dass er wegen mir zurückgekommen ist. Aber irgendwie, macht es mir auch Angst.

Ich weiß nicht, wie ich mit seinen Gefühlen umgehen soll.

Und noch weniger weiß ich, wie ich mit meinen eigenen Gefühlen klar kommen soll.

Von einem Seufzen werde ich aus meinen Gedanken gerissen und konzentriere mich wieder aus Castiel, der wohl weitersprechen will. Es ist auch besser so.

Er holt ein bisschen Luft und dann kurz zur Decke, ehe er wieder vor sich sieht, auf alles und doch nichts, das dort auf dem Tablett platzier ist. „Ich war auf einer Polizeischule. Hab die übliche Ausbildung so schnell wie möglich hinter mich gebracht. War dann in Quantico, einem Bundesstaat in Virginia, und habe an der National Academy meine zwanzig wöchige Ausbildung hinter mich gebracht. Es war manchmal hart – viele sind schon nach der ersten Woche gegangen.“, meint er und wirkt ein wenig nachdenklich.

So wie ich ihn heute und gestern gesehen habe, habe ich ihn in all den Jahren unserer Jugend und Kindheit noch nicht gesehen. War er schon immer so?

Oder kann es wirklich sein, das sich ein Mensch in nur sieben Jahren, so sehr verändert?

Aber ich finde sein neues Gesicht, ist sehr viel interessanter so viel besser, als das, was er mir früher immer gezeigt hat.

Aber vielleicht war er ja auch schon immer so…ich wollte es nur nie sehen.

„Warum das? Ist die Akademie denn so  schwer?“

„Das kommt auf die Person an. Das Problem war, dass es das FBI ist und naja, das ist zwar im Prinzip in allen Polizeibereichen so, aber beim FBI wird nun mal scharf geschossen. In unseren Fällen geht es selten ruhig zu und es kann nun man vorkommen, das wir jemanden erschießen müssen.“, sein Blick schweift ab und gleitet durch den Raum, bis er an seiner Hand und dem Glas, dass sich immer noch darin befindet, hängen bleibt.

Er zeichnet unsichtbare Muster auf dem Rand des Glases nach, während er weitererzählt. „Auf der Akademie mussten wir ein besonderes Waffentraining absolvieren und vielen wurde dann erst wirklich bewusst, dass sie das trainieren, um wirklich auf Menschen zu schießen – und sie unter umständen zu töten.“

„Und dann?“, frage ich, aber irgendwie leiser, als ich vorhatte. Ich will nichts Falsches sagen.

Ich weiß nicht wieso, aber dieser Moment fühlt sich besonders an. Es fühlt sich an, als würde er mir etwas Wichtiges anvertrauen – oder als würde er es zumindest wollen.

„Dann ist ihnen erst klar geworden, dass sie niemanden töten könnten und dass das bei uns sehr viel wahrscheinlicher ist, als an einer normalen Polizeidienststelle. Dann sind sie gegangen.“

„Und du nicht?“

„Nein. Ich nicht. Ich wusste es vorher schon, aber…ich komme damit klar.“ „Bist du dir da sicher?“, frage ich, weil sein Gesichtsausdruck eigentlich etwas ganz anderes sagt.

„Ja.“, sagt er dann schnell und stellt das Glas auf dem Tablett ab, ehe er kurzerhand aufsteht und sich den Mantel schnappt, der über einem Stuhl hängt. Dann dreht er sich zu mir um. „Weißt du was? Du frühstückst jetzt erst mal in Ruhe und ich gehe kurz etwas erledigen. Wenn ich wieder komme und du dann fertig bist, dann bringe ich dich nachhause, wenn du willst, okay?“

Irgendwie hat er mich damit jetzt leicht überrumpelt.

Vorhin war er noch gut gelaunt und jetzt…was ist damals passiert?

Oder schon vorher?

Aber ich weiß, jetzt wird es mir nicht mehr verraten. Er scheint eher dicht gemacht zu haben.

Vertraut er mir etwa nicht? Aber warum nicht?

Er hat doch behauptet, er würde mich lieben und dann vertraut er mir nicht?

Das ist seltsam.

„Ähm, ja okay…“, meine ich nur, etwas verdutzt.

Gerade als er den Raum verlassen will, halte ich ihn noch einmal auf. „Warte!“

Er dreht sich um und sieht mich fragend an. „Kann es sein…dass du mir nicht ganz vertraust?“, falle ich direkt mit der Tür ins Haus.

Das ist eigentlich nicht so wirklich meine Art – vor allem, wenn ich jemanden dazu bringen will, mit mir zu sprechen.

Er zieht nur die Augenbrauen zusammen und sieht mir dann direkt in die Augen. „Vertrauen basiert immer auf Gegenseitigkeit.“

Dann ist er auch schon verschwunden.

Wie soll ich denn das jetzt wieder verstehen?

Was für ein komischer Kerl…

 

Nur eine Dreiviertelstunde später, ist er wieder da. Ich bin fertig, habe mein Gesicht notdürftig mit Wasser ein bisschen gewaschen und stehe an der Tür.

Nach diesem seltsamen Morgen, bestand mein Frühstück aus einer trockenen Scheibe Toast und einem Kaffee.

Aber das ist irgendwie schon mehr, als ich sonst morgens esse.

Ich habe mich vorher, auf der Suche nach der Toilette, ein wenig in seinem kleinen, aber doch geräumigen Domizil umgesehen.

Es ist überall so eingerichtet, wie in seinem Zimmer.

Das Wohn- und Esszimmer, das man Betritt, wenn man durch die Tür kommt, ist recht groß, hell, irgendwie edel, aber doch gemütlich und auch freundlich.

Irgendwie gar nicht das, was ich mir bei ihm vorgestellt hätte. Ich habe sogar einen Blick in den Kühlschrank riskiert, in dem Glauben, es würde dort genauso aussehen, wie in meinem eigenen – Ödland.

Aber das stimmt nicht. Sein Kühlschrank ist normal ausgestattet und er scheint sich sogar sehr gesund zu ernähren.

Allerdings will ich gar nicht wissen, wie viele Fertiggerichte er in den anderen Schränken parkt, die in seiner kleinen Küche zu finden sind.

Aber auch hier, ist alles ordentlich.

Das ist das, was hier in jedem Raum auffällt – es ist so sauber, dass es glänzt.

Der Castiel, den ich kenne, oder eher ‚kannte‘, hatte nie so viel Sinn für Ordnung.

Und ich sehe hier auch keinen einzigen Aschenbecher herumstehen – habe nur einen in einer Schublade gesehen, der war aber neu und noch nicht benutzt.

Auch keine Zigarettenschachteln, oder ähnliches.

Und er riecht auch nicht nach Rauch – weder er, noch seine Kleidung, oder seine Wohnung.

Aber was mir besonders auffällt, wenn ich den alten Cas, mit diesem hier vergleiche…ist sein fehlender Hund.

Was ist mit Demon passiert?

Das hat mich alles sehr gewundert, aber jetzt, da er zurück ist, kann ich ihn ja danach fragen.

Er sieht mich an. „Können wir los?“

Meine Gedanken stoppend, beginne ich mal mit der einfachsten Frage. „Sag mal, warst du schon immer so ordentlich?“

Er sieht mich an, dann kratzt er sich kurz am Hintergrund. „Ähm, ja, natürlich, was sonst?“

„Und du hast so viel Zeit zum Aufräumen?“

„Naja…“, drückt er sich um eine Antwort.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und er seufzt kurz, ehe er sich scheinbar doch geschlagen gibt.

Das ging überraschend schnell.

„Gut, ich hab eine Hausfrau. Aber zu meiner Verteidigung: Ich habe wirklich nicht so viel Zeit für solche Dinge. Sie hilft mir auch mit den Einkäufen, das ist echt praktisch. Ich bin eh nicht oft zuhause und sie kommt auch nicht oft – nur zwei Mal in der Woche. Da sieht sie hier nach dem Rechten.“

Ach, deshalb hat er so viele frische Sachen da und alles ist so ordentlich. Hätte ich mir denken können.

Beinahe hätte ich gelacht, verkneife es mir aber lieber.

Ich will es nicht kaputt machen – irgendwie hatte ich vorhin das bedrückende Gefühl, dass er mir erst viel näher kam als je zuvor und sich dann auf einen Schlag, wieder doppelt so weit von mir entfernt hat. Aber jetzt klingt er wieder ganz normal.

Ich frage mich, wo er gewesen ist. Und was vorhin eigentlich los war.

Und was genau, hat er mit dem letzten Satz gemeint, den er vorhin zu mir gesagt hat?

Was hat er damit gemeint? Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit? Das weiß ich.

Aber was wollte er mir damit sagen? Dass ich ihm nicht vertraue?

Oder interpretiere ich da zu viel hinein?

„Gehen wir nun, oder willst du da Wurzeln schlagen?“, meint er scherzhaft und reißt mich so aus meinen Gedanken.

„Ja…“

 

Dieses Haus ist ziemlich gut bewacht, dass muss ich schon sagen – ich frage mich, welche Leute hier wohl noch so wohnen.

Ich konnte es mir auf dem Weg zu seinem Auto, jedenfalls ziemlich gut ansehen.

Jetzt sitzen wir jedoch hier. Und wir reden nicht.

Irgendwie fühlt sich diese Stille einfach nur bedrückend an.

Und das ist immer noch etwas, das ich gerne wissen würde…

„Castiel…du…“, fange ich an und mache dann eine Pause.

Wie soll ich ihn das fragen?

„Was?“

„Sag…was ist eigentlich aus Demon geworden? Er schien nicht da zu sein.“

„Das ist er auch nicht.“, antwortet er knapp und wirkt direkt ein wenig bedrückt.

Er sieht mich von der Seite an und scheint meinen fragenden Blick zu bemerken, dann atmet er erstmal schwer aus. „Er ist letztes Jahr gestorben. Er hatte mit der Zeit ein Herzproblem entwickelt und er war nun mal schon alt.“

„Das ist…traurig. Tut mir wirklich sehr leid.“ Mehr fällt mir dazu einfach nicht ein.

Er war mal sowas wie sein bester Freund – abgesehen von Lysander vielleicht.

„Muss es nicht – naja, er hatte es gegen Ende ziemlich schwer. Es war wahrscheinlich besser so. Er ist friedlich im schlaf gestorben...“

„Oh…“, gebe ich nur zurück.

Wow, Nathaniel, wie wortgewannt du heute wieder bist…echt unglaublich.

Ich sehe aus dem Fenster und staune fast – wir sind bereits da.

Nur wenige Momente später, fährt er auf einen Parkplatz und hält das Auto an.

Als er plötzlich eine Hand in meine Richtung bewegt, zucke ich plötzlich zusammen.

Warum? Kann ich nicht sagen.

Aber ich kann sagen, dass meine Reaktion ihn offenbar ein bisschen getroffen hat. Er scheint zumindest ein wenig enttäuscht. „Ich wollte nur deinen Gurt lösen, weil er manchmal klemmt – er wird demnächst ausgetauscht…“

„Äh, nein…ist schon gut. Ich wollte nicht…“

„Schon klar.“, meint er nur.

Ist es nicht.

Hat er vielleicht das gemeint?

Aber warum? Ich dachte eigentlich, ich hätte ihm genug vertrauen geschenkt. Oder doch nicht?

Ich weiß es nicht. Aber warum bin ich dann eben zusammengezuckt?

Es ist doch nur Castiel und wir haben letzte Nacht nebeneinander gelegen – auch wenn ich jeden für geistig labil eingestuft hätte, der mir das noch vor einigen Tagen hätte weismachen wollen.

Langsam öffne ich die Tür. „Soll ich dich noch bis vor begleiten?“, fragt er von der Seite.

„Klar.“, antworte ich, ohne viel darüber nachzudenken.

Ich will wirklich noch einen Moment länger mit ihm verbringen.

Ich steige aus und warte darauf, dass er es mir gleich tut.

Vielleicht stimmt es ja wirklich.

Vielleicht mache ich wirklich manchmal den Eindruck, als würde ich ihm nicht ganz vertrauen.

Vielleicht denkt er es auch noch, weil ich ihm früher niemals trauen konnte.

Er hat wohl tatsächlich Grund genug, es anzunehmen.

Aber er hat Unrecht. Nur wie soll ich ihm das zeigen?

An der Tür angekommen, schließe ich langsam auf und will mich von ihm verabschieden, aber er hat sich bereits mit einem leisen „Bis dann“, herumgedreht und will verschwinden.

Ich halte ihn noch einmal am Arm zurück, ehe er einfach wieder verschwinden kann.

Doch als er sich umdreht und ich die leichte Enttäuschung in seinen Augen sehe, muss ich schlucken. Was soll ich jetzt nur sagen?

Aber ich habe ihn aufgehalten, also muss ich nun auch etwas sagen. Und das will ich auch.

Ich weiß nur nicht, wie ich es ausdrücken soll. „Ich…“, beginne ich, breche aber wieder ab und sehe zu Boden.

Dann atme ich einmal tief ein und sehe ihm noch einmal in die Augen.

So schwer kann es ja eigentlich nicht sein.

 

„Also, ich denke…dass ich dir vertrauen kann.“

Chapter 12: Talk about Trust II

Castiel Voltaire

 

Süß.

Das war das erste Wort das im Sinn hatte, als ich heute Morgen aufgewacht bin und Nate neben mir liegen sah.

Er sieht einfach süß aus, wie er so ruhig schläft.

Manchmal ein bisschen im Schlaf murmelt.

Und so zusammengerollt in meinen Armen liegt.

Ja. Süß ist das richtige Wort, denke ich.

Ich stehe langsam auf, um ihn auch ganz sicher nicht zu wecken.

Ich liebe ihn wirklich. Aber ich sollte ihm besser Zeit geben.

Eine freche Haarsträhne fällt nach vorn in sein Gesicht, woraufhin ich sie ihm sanft hinter das Ohr streiche.

Plötzlich beginnt er, irgendetwas zu murmeln – wird unruhig.

Ich streichle ihm noch einige Male über sein Haar und beobachte, wie er langsam wieder ruhiger wird. „Ich werde schon aufpassen, dass dir nichts mehr passiert.“

Wenn er mir im wachen Zustand nur genauso viel Vertrauen schenken würde…

 

Ich habe die letzte Stunde in der Küche und im Badezimmer verbracht.

Habe Geduscht; Kaffee und Frühstück gemacht.

Ich richte schnell alles auf einem großen Tablett an und warte, bis ich im Schlafzimmer eine Bewegung wahrnehme – ich dachte nicht, dass er so schnell wach wird, aber es ist ja auch schon Zeit zum Aufstehen.

Ich schnappe mir das Tablett und mache mich also auf den Weg.

Jetzt wird erstmal gefrühstückt...

 

Allerdings lief das Frühstück nicht ganz so, wie ich es eigentlich vorhatte.

Irgendwann hat er angefangen Fragen zu stellen. Und das ist auch sein gutes Recht.

Ich habe zwar geantwortet…doch nicht so, wie ich es gern gewollt hätte.

Und ich weiß genau, dass er sich sehr viele Gedanken machen wird. Das war nie meine Absicht.

Doch ich glaube ‚Vertrauen basiert immer auf Gegenseitigkeit.‘ war nicht ganz das, was ich hätte sagen sollen.

Oder wollen.

Aber es stimmt.

Ich konnte es ihm nicht sagen, als er danach gefragt hat.

Ich konnte ihm keine Antworten geben, auf das, was er so gerne wissen wollte.

Und ich glaube, wenn er mir vertrauen soll, muss ich es ihm erzählen.

Aber es wurde mir zu viel. Darum bin ich nun hier.

Bin davon gerannt.

So wie ich damals davon gerannt bin.

Aber was, wenn er mich hasst, nachdem ich es ihm erzählt habe?

Auch wenn ich weiß, dass er eigentlich nie so einer war.

Er ist jetzt älter und ich kenne ihn eben nicht so gut, wie ich es gerne hätte – es könnte sein, dass er mich danach hasst.

Ich stehe hier, auf dem nahegelegenen Friedhof der Stadt.

Ich war schon eine Weile nicht mehr hier. Nicht mehr, seit ich damals gegangen bin.

Als ich davon gelaufen bin.

Ich sehe zu dem Grab zu meinen Füßen und mein Blick wird trüb.

Derek Stone. Das ist das, was in den Stein gemeißelt wurde.

Ein einfaches Grab. Ohne Blumen. Ohne Schmuck.

Lieblos.

Ich sehe auf die Uhr und merke, dass ich schon über eine halbe Stunde weg bin.

Ich sollte zurück nach Hause fahren – Nathaniel wartet schließlich.

Mein Weg führt mich über den Kiesweg zurück zum Tor, dort wo mein Wagen steht und ich verlasse den Friedhof ohne mich noch einmal umzusehen.

 

Als ich die Tür hereinkam, stand er schon bereit. Irgendwie hatte ich sofort ein komisches Gefühl.

So eines, das ich immer dann bekomme wenn jemand an meinem Kram war.

Er hat hier rumgeschnüffelt.

Und ich dachte ich sei neugierig.

Aber es macht nichts.

Viel von mir erzählt, habe ich ihm bisher nicht und ich sollte ihm wohl irgendwie die Chance geben, sich für die Aktion mit Emily zu rächen…

Alles Weitere geht jedenfalls sehr schnell – wir gehen zu meinem Auto und fahren zu ihm.

Ich weiß ohnehin wo er wohnt.

Auf der Fahrt reden wir kaum – nur einmal kurz, als er mich wegen Demon fragt.

Es ist eine traurige Sache und war damals echt schlimm für mich, aber ich habe es gut überwunden.

Er war eben mein bester Freund, jedoch ging es ihm auch nicht mehr gut.

Und er war die meiste Zeit nicht einmal bei mir – ich war bereits froh, dass ich wenigstens dabei war als er starb.

Ich hatte kaum noch Zeit für ihn.

Als ich bei der Polizei und noch in Frankreich war, vor der Sache mit dem FBI, blieb Demon oft bei Lysander, da ich nun mal nicht immer Zeit hatte.

Aber was auch immer. Es ist vorbei.

Und das Leben geht weiter.

Schneller als ich denke, sind wir auch schon an unserem Zielort angekommen und ich fahre auf den Parkplatz.

Als ich ihm aber den Gurt lösen will, da ich weiß, dass er manchmal klemmt, zuckt Nathaniel merklich vor meiner Hand zurück.

Diese Reaktion ist ja eigentlich normal, immerhin hat er in letzter Zeit viel Stress gehabt – auch durch mich – und ich habe ihn wahrscheinlich auch ein wenig erschreckt, in dem ich mich so rasch genähert habe.

Doch kann ich nicht verhindern, dass ich einen kurzen Moment verletzt war.

Jetzt bin ich allerdings eher enttäuscht – von mir selbst.

Ich sehe kurz zu ihm und ziehe meine Hand ganz zurück. „Ich wollte nur deinen Gurt lösen, weil er manchmal klemmt – er wird demnächst ausgetauscht…“

„Äh, nein…ist schon gut. Ich wollte nicht…“

„Schon klar.“, meine ich nur.

Es ist okay.

Er verlässt den Wagen – oder ist zumindest kurz davor.

Aber ich möchte noch einen Moment länger mit ihm verbringen.

Langsam öffnet er die Tür, als ich ihn noch einmal zurückhalte. „Soll ich dich noch bis vor begleiten?“, frage ich von der Seite.

„Klar.“, antworte er, scheinbar ohne viel darüber nachzudenken.

Ich steige also nach ihm ebenfalls aus und gehe mit ihm nach vorn.

Doch dort sagt er etwas, dass mich ein wenig verwundert.

„Also, ich denke…dass ich dir vertrauen kann.“, meint er.

Ich starre ihn zuerst einfach nur an.

Dann nicke ich jedoch. „Ich weiß…oder naja, ich denke es zumindest.“

Jetzt ist er wohl an der Reihe mich anzustarren. „Wieso das? Ich dachte…ich dachte, du denkst ich vertraue dir nicht?“

„Naja, teilweise stimmt das auch. Du kannst mir noch nicht ganz trauen, aber ich verurteile dich deswegen nicht – ich kann dich gut verstehen. Kann dir die Zeit geben. Das ist nicht das Problem…“

Auf einmal ist er nicht mehr so ruhig, wie er es vorher war – vorhin.

Als ich heute Morgen mit ihm gesprochen habe.

Er wirkt rastlos. Als würde er sich gleich aufregen. „Aber wo liegt dann das Problem?“, fordert er eine Antwort von mir.

Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. „Es liegt an mir.“

„Also so eine Standardantwort kannst du dir echt sparen! Hast du nicht vorhin noch gesagt, dass du mir nicht trauen kannst, weil ich es nicht kann?!“

Nein, das…das war nicht so gemeint, ich meinte…“ Ich weiß selbst nicht genau, was ich gemeint habe. „Ich meinte…es anders herum. Ich kann dir nicht ganz trauen. Ich war irgendwie durcheinander und dann kam es einfach falsch heraus…“

Es gibt so viele Momente, in denen einfaches menschliches Versagen schuld daran ist, das die schrecklichsten Dinge geschehen.

Und das hier ist einer davon.

Er sieht mich nur perplex an. Dann zieht er die Augenbrauen zusammen und sieht zu Boden. „Was…meinst du genau?“

„Ich kann dir nicht trauen, das stimmt…aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich meine, ich weiß ich kann dir trauen, glaube ich…aber ich kann es einfach nicht. Zumindest in manchen Momenten. Es gibt Dinge, die ich dir einfach nicht erzählen kann.“

Er geht einen Schritt zurück und sieht mich dann noch einmal genau an. „Okay. Aber wir wissen es nicht, wenn du nicht darüber zu sprechen versuchst.“

„Ich möchte es nicht versuchen.“, stelle ich lediglich fest.

„Aber warum denn nicht?“

Wie soll ich darauf nun antworten? Ich atme tief durch und denke kurz darüber nach, ehe ich ihm wieder in die Augen sehe. „Weil du mich dann wahrscheinlich hassen wirst.“, sage ich wahrheitsgemäß und senke meinen Blick.

Aber er schüttelt nur den Kopf und nimmt eine meiner Hände. „Das stimmt nicht...“, versichert er mir mit Nachdruck.

Ich sehe ihn an. „Das kannst du nicht wissen.“

„Und du auch nicht.“, kommt es ohne zu zögern von ihm zurück.

„Doch!“, schreie  ich fast, woraufhin er zurückzuckt, aber eigentlich war das nicht meine Absicht.

Ich will ihn ja gar nicht verschrecken. „Es tut mir leid…“, hänge ich also noch an und sehe wieder zu Boden.

Er atmet kurz laut ein und öffnet den Mund, um irgendetwas zu sagen. Aber es kommt nichts dabei heraus.

Dann drückt er meine Hand ein wenig und zieht mich zu sich, wie ein Elternteil es vielleicht bei einem verstimmten Kind tun würde. „Sag…willst du nicht mit rein kommen? Dann können wir noch ein bisschen reden.“, schlägt er vor.

Ich sehe ihn an, sehe aber keine Furcht, Ablehnung, oder ähnliche Gefühle. Nur Aufrichtigkeit und Sorge.

Ich überlege eine ganze Weile, ehe ich ihm eine Antwort gebe. „Also gut…ich werde es dir sagen.“

Als er das hört, hellt sich seine Miene sofort auf.

Er scheint sich darüber zu freuen.

Dass ich mich ihm ‚öffnen‘ werde und so…

Ist wahrscheinlich eine Psychiater-Marotte.

Aber er wird sich nicht mehr sehr lange darüber freuen können, also gönne ich ihm den Moment.

 

Ich werde ihm wohl die Geschichte erzählen…

Chapter 13: A Hundred Days

Castiel Voltaire

 

Wir begaben uns zusammen in seine Wohnung.

Ich habe mir schon gedacht, dass es hier ordentlich sein würde, aber es ist sogar noch sauberer als ich dachte.

Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er keine Putzfrau hat.

Dennoch ist es etwas, dass ich von ihm praktisch erwartet hätte.

Er war eben schon immer so.

Wir gehen zusammen durch die Wohnung, zu einem Tisch an dem er mir bedeutet, dass ich mich setzen soll.

Ich tue wie mir geheißen und warte dann ab – er will anscheinend Tee machen.

Ich bin zwar eher ein Kaffee-Trinker, aber Tee ist jetzt vielleicht gar nicht mal schlecht.

Nur ein paar Minuten Später, steht er auch schon mit zwei dampfenden Tassen vor mir.

„Ich hab einen Kamillen-Tee ausgesucht…“, meint er leise und stellt eine Tasse unsicher vor mir ab.

„Danke.“

Als er endlich auch sitzt sehen wir uns an.

Eine unangenehme Stille breitet sich über uns aus.

„Also…“, fängt er an, bricht aber ab.

„Also?“

„Naja…was ist es nun, das du mir erzählen wolltest?“, fragt er zurückhaltend.

Oh man…aber ich habe es so entschieden.

Ich habe ihm gesagt, ich würde es ihm erzählen und dann tue ich es auch.

Ich hole tief Luft und sehe dann nach unten, in die Tasse die vor mir steht.

In der Tasse, in der vor kurzem noch einfaches, heißes Wasser war.

Doch langsam bekommt das Wasser Farbe, die aus dem Teebeutel auszuströmen scheint.

Ich drehe die Tasse ein bisschen in meinen Händen. „Du weißt ja…ich war eine Weile bei der normalen Polizei. Bis ich dann nach Quantico gegangen bin, um den Test für das FBI zu machen.“

„Ja…“

„Ich sollte von vorn anfangen. Ich bin damals…auf der Highschool…mit einem Jungen befreundet gewesen. Genau genommen, war ich sogar kurz mit ihm zusammen, aber es hat nicht funktioniert, da ich noch immer in dich verliebt war. Jedenfalls waren wir trotz allem beste Freunde. Also, eigentlich war er neben Lysander die Person, die mir am nächsten stand. Er hatte ebenfalls den Traum, irgendwann zur Polizei zu gehen.“ Meine Gedanken werden wirr.

Ich mache eine kurze Pause um sie zu ordnen.

Wieder sehe ich in die Tasse.

Beobachte das Wasser, wie es sich langsam bewegt.

Dann spreche ich weiter. „Wir sind direkt nach dem Abschlussjahr zusammen zur Polizeischule gegangen. Wir waren beide sehr schnell fertig. Aber dennoch waren wir nur Neulinge. Wir haben immer versucht, uns zu beweisen, denn wir wussten einfach dass der Beruf das Richtige für uns ist.“, erzähle ich.

Es klingt für ihn wahrscheinlich, als würde ich total abschweifen, daher mischt er sich ein, als ich wieder eine kurze Pause mache. „Was ist dann passiert?“, fragt er vorsichtig.

„Es war noch am Anfang – wir waren schon damals zusammen in Amerika, denn er war halber  Amerikaner und wollte immer schon dort hin. Auch zum FBI. Es ging um eine Undercover Sache der DEA – die Drug Enforcement Administration. Sie brauchten Neulinge, die noch nicht so einfach als Polizisten zu erkennen sind – weil Polizisten einfach irgendwann anfangen, offensichtlich Polizisten zu sein. Es war eigentlich als eine kleine Sache geplant, sonst hätten sie Profis dafür ausgewählt, aber die Sache entwickelte sich eben anders als geplant…“

„Was ist denn geschehen?“

„Es sollte ursprünglich nur für ein paar Tage sein und wir dachten beide, dass uns das hilft. Dass wir so mehr Erfahrungen sammeln können. Wir waren überzeugt davon, dass wir das Schaffen können. Nur leider, kam es dann ganz anders. Die Zeit in der wir Undercover waren, wurde immer länger – das war irgendwann kein normaler Auftrag mehr. Viel darf ich dir eigentlich nicht darüber sagen, daher sage ich dir nicht, wo wir damals waren. Aber es ging um einen Drogenhandel. Es war eine neue gefährliche Droge auf den Markt gekommen und wir waren einfach nur da, um herauszufinden wer der Dealer dafür ist. Geplant war, dass wir den Vertrieb eindämmen, indem wir die Marke beschmutzen.“

„Die Marke beschmutzen? Wie geht das?“, kommt es irritiert von meinem Gegenüber.

Stimmt. Es ist wahrscheinlich, dass er davon nicht viel Ahnung hat. „Naja, ich kann es dir so erklären…du trinkst doch gerne Kaffee, oder nicht?“

„Ja, schon.“, antwortet er nur.

„Jetzt stell dir mal vor, du hast einen Laden, in dem du jeden Tag deinen Lieblingskaffee kaufst. Und irgendwann, gehen diesem Laden die Kaffeebohnen aus.  Dagegen muss etwas getan werden – sie würden also versuchen, das was sie noch haben so lange zu halten, wie es geht und noch so viel damit zu verdienen, wie sie können. Die würden damit anfangen, den Kaffee zu strecken.“

„Ähm…okay…und dann?“ Er scheint immer noch verwirrt.

„Also, jetzt stell dir doch mal vor, du kommst also in deinen Lieblingsladen, kaufst den Kaffee den du jeden Morgen trinkst und der Preis ist gestiegen – parallel dazu, ist die Qualität aber gesunken, denn der Kaffee schmeckt leicht wässrig. Nun lässt du dir das anfangs noch gefallen, aber mit der Zeit, wird der Kaffee immer und immer teurer, aber gleichzeitig auch immer und immer schlechter im Geschmack. Irgendwann wirst du diesen Laden also nie wieder betreten, weil du genervt bist und du wirst auch anderen, möglicherweise davon abraten. So dauert es nicht mehr lange, bis der Laden dicht machen kann und schon ist die Marke beschmutzt – sie hat einen schlechten ruf bekommen und jeder der ein potentieller neuer Kunde sein könnte, hat mindestens einmal von diesem schlechten Ruf gehört und wird sich mehrmals überlegen, ob er den Laden betritt, oder lieber doch nicht. Verstehst du es nun?“

„Ja. Das klingt einleuchtend. Und dasselbe funktioniert mit Drogen?“

„An sich schon. Wenn man es schafft, sämtliche Vorräte der ansässigen Dealer aufzukaufen und sie zu verwahren. Dazu braucht es allerdings Undercoveragenten, die eben genau das tun.“

„Und dafür wart ihr zuständig?“, mutmaßt er.

„Genau. Nur lief es eben nicht so rund, wie gedacht. Es dauerte eine Weile, bis wir die Verantwortlichen gefunden haben…und dann ging alles schief.“ Ich schüttle leicht den Kopf, als ich daran denke, was damals geschehen ist.

Ich verstehe einfach nicht, wie ich so dumm sein konnte.

„Und?“, kommt es wieder von Nathaniel.

„Wir waren also beide dort und zwar eine ganze Weile. Nach einiger Zeit…hatte ich das Gefühl, das mit meinem Freund, Derek Stone war sein Name, etwas nicht ganz in Ordnung ist. Er war irgendwie komisch. Wir waren natürlich nicht immer zusammen, aber haben eigentlich immer in Kontakt gestanden. Irgendwann hat er sich dann nicht mehr regelmäßig bei mir und in der Zentrale gemeldet. Ich habe mir Sorgen gemacht – aber immer wenn ich ihn danach gefragt habe, hat er gesagt es sei alles in Ordnung. Dass er nur versuche unauffällig zu bleiben, weil ihn ein paar von diesen Verbrechern im Visier hätten. Und das habe ich ihm auch geglaubt…verdammt, ich war wirklich dumm…“

„Weshalb?“, fällt er mir ins Wort. Er scheint leicht nervös zu sein.

Ich hole noch einmal tief Luft.

„Er hat…einen Fehler begangen. Wir waren ziemlich lange dort…“

„Wie lang?“

„Es waren am Ende…ziemlich genau einhundert Tage.“

„Und was geschah dann? Was hat er getan?“ Er wirkt ungeduldig.

Es ist keine besonders angenehme Erinnerung.

Mein Blick gleitet durch den Raum, während ich mir kurz über die Lippen lecke, weil sie sich plötzlich sehr trocken anfühlen.

Dann sehe ich wieder nach vorn. In Nathaniels schöne Augen, die mich immer irgendwie beruhigen. „Er war…er hat…angefangen Drogen zu nehmen. Etwas, dass er niemals hätte tun dürfen. Er war nicht mehr in der Lage, seinen Job zu erledigen. Er hat Informationen veruntreut und mit einem der Dealer sogar zusammengearbeitet…ich war wirklich dumm, dass ich es nicht bemerkt habe…er hat uns verraten.“

Er scheint sehr erstaunt über diese Information. „Oh…das tut mir sehr leid“ Er sieht ebenfalls kurz nach unten, in seine Tasse.

Dann wieder zu mir. „Es tut mir leid, dass ich das jetzt frage…aber was geschah, als du es erfahren hast?“

„Nun…ich habe es erst verstanden, als es schon viel zu spät war. Ich kannte ihn so lange. Aber ich habe es einfach nicht gesehen – habe es nicht sehen wollen. Es war meine Schuld. Als er mir gegenüberstand, sollte er mich erschießen, aber er hatte Drogen genommen und ich war ohnehin schon immer der bessere Schütze von uns beiden…das Ergebnis war also von vornherein klar.“ Ich lasse die Schulter hängen und schüttle ein weiteres Mal den Kopf. „Es war meine Schuld…“, stelle ich fest und sehe wieder in meine Tasse, die langsam kühler wird.

Als ich wieder aufsehe, blicke ich in das geschockte Gesicht von Nathaniel. Na toll, das war klar…jetzt hasst er mich sicher…

Jetzt wechselt sein Blick eher zu verwirrt. „Warst du wirklich…deshalb so verängstigt es mir zu sagen?“ irgendwie klingt er ziemlich ungläubig, als er das sagt. „Wieso sollte ich dich deswegen hassen? Du hast nur getan, was du tun musstest. Ich bin mir sicher, du hättest es anders gelöst wenn es anders lösbar gewesen wäre!“, redet er auf mich ein.

„Nein, es war…meine Schuld.“, versichere ich ihm woraufhin er nun an der Reihe zu sein scheint, wild den Kopf zu schütteln.

Er streckt seine Hände nach meinen aus und ergreift sie, ehe ich reagieren kann. „Nein. Das stimmt nicht. Du bist nicht Schuld und das weißt du auch – niemand würde dir die Schuld daran geben!“

Ich lache kühl auf. Ein hohles Lachen. „Ja, niemand. Außer seiner Familie, meinst du wohl.“

„Warum würde seine Familie dir die Schuld geben?“, fragt er, beinahe schockiert.

„Weil sie mir nicht glauben, dass Derek etwas Falsches getan haben könnte!“

„Aber dafür kannst du doch nichts! Natürlich würden sie das nicht glauben, aber wenn sie dafür glauben, dass du lügst und einen Freund…tötest, ohne einen echten Grund dafür zu haben, dann sind sie dumm!“

„Nein…“, sage ich nur und ziehe meine Hände wieder aus seinem Griff. „…ich glaube, ich brauche ein bisschen Zeit…zum Nachdenken.“ Ich stehe vom Tisch auf und gehe in Richtung Tür; bekomme nur am Rande mit, wie Nathaniel mir folgt.

„Warte!“, ruft er mir nach. Ich bleibe einfach aus Reflex stehen, könnte mich aber dafür ohrfeigen.

„Was?“, frage ich ihn, als ich mich zu ihm umdrehe.

„Bleib noch…“, meint er und hält mich an einem Arm fest. Er legt eine Hand auf meine rechte Schulter und schmiegt sich ein wenig an meinen Rücken.  „Ich weiß…das war nicht einfach für dich, das kann ich sehen…aber bleib noch.“

Er behandelt mich gerade wie ein rohes Ei.

Dennoch brauche ich gerade jeden noch so kleinen Teil meiner Selbstbeherrschung, um ihn nicht zu küssen.

Das ist zumindest das, was ich gerade am Liebsten tun würde…

Nein, ich sollte jetzt wirklich nicht bleiben…

Ich befreie mich aus seinem Griff. „Danke für den Tee…“

Dann verlasse ich seine Wohnung und lasse ihn, leicht traurig, dort zurück.

 

Ich glaube, ich muss ein bisschen klar im Kopf werden.

Chapter 14: Waiting

Nathaniel Paine

 

Und dann verschwand er einfach und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es – für eine Weile zumindest – das letzte Mal sein würde, das ich ihn gesehen habe.

Und mit dieser Vorahnung scheine ich auch gar nicht mal so falsch gelegen zu haben.

Ich habe ihm Zeit gegeben.

Ihn in Ruhe gelassen.

Meine Arbeit wieder aufgenommen, auch wenn ich etwas kürzer getreten bin – wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich in letzter Zeit nicht gewachsen, so vielen Menschen auf die Beine zu helfen, wenn ich selbst eigentlich keinen festen Stand mehr habe.

Aber mir geht es langsam besser.

Jedoch habe ich immer das Gefühl, dass ich Schuld daran bin, dass Castiel mir aus dem Weg geht.

Ach was…ich weiß, dass ich Schuld bin. Warum sollte er mir sonst aus dem Weg gehen?

Ich war zu neugierig.

Jetzt habe ich ihn damit verscheucht.

Nachdem er vor zwei Wochen, das letzte Mal meine Praxis verlassen hat, wurden seine Termine plötzlich reihenweise gestrichen. Er kam nicht mehr.

Ich habe ihn versucht anzurufen – als ich allein bei ihm war, habe ich auch seine Nummer in Erfahrung bringen können –, aber er geht einfach nicht ran.

Sogar besucht habe ich ihn bereits. Die Wachmänner haben mich wiedererkannt und wollten eine Ausnahme machen, dass ich kurz in seine Wohnung könne, da ich sagte, ich hätte etwas vergessen.

Das hat zumindest beim ersten Mal noch geklappt.

Eigentlich hasse ich es wie die Pest, andere anzulügen, aber es war für einen guten Zweck.

Allerdings habe war ich danach auch nicht viel schlauer als vorher.

Kein Zeichen, dass er da war.

Kein Zeichen, dass er die Tage zuvor da war.

Er schien gar nicht da gewesen zu sein.

Und selbst als ich vor vier Tagen wieder bei ihm war, war er nicht zu Hause. Diesmal konnte ich natürlich nur noch klingeln, aber sogar die Wachleute meinten, dass er bereits eine Weile nicht mehr gekommen war.

Sie führen eine Liste und sie scheinen ihn zu kennen – reden ab und zu mit ihm.

Jedenfalls haben sie meine Vermutung nur bestätigt. Ich kann einfach nicht glauben, dass er einfach weg ist.

Wohin ist er gegangen?

Ich kann mich kaum konzentrieren.

Kann nicht klar denken. Immer wenn meine Gedanken zu ihm abdriften, bekomme ich einfach nichts mehr gebacken.

Es ist wie ein Fluch.

Kann er nicht einfach hier herein kommen, mich belästigen und dann ist alles wie es war?

Offenbar nicht.

Das wäre wohl auch zu einfach.

Ich seufze laut – zum gefühlten eintausendsten Mal, allein heute Nachmittag.

„Doktor? Ist etwas nicht in Ordnung? Stimmt etwas nicht?“, fragt mich mein derzeitiger Patient besorgt.

Mr. Fledger. Er ist immer ein wenig nervös.

Und eigentlich mehr als nur ein wenig.

Jetzt reicht es wirklich – ich sollte mich auf meine Arbeit konzentrieren!

„Nein, Tim, alles in Ordnung. Es ist nur…ein privater Disput. Nichts Besorgnis erregendes.“, antworte ich ruhig und lächle ihn sanft an.

„Okay…“ Er klingt immer noch sehr nervös.

„Das heute war eine sehr gute Sitzung. Wir machen Fortschritte, finden Sie nicht auch, Tim?“

„Naja…es geht mir auf jeden Fall besser…seit ich hier bin…bei Ihnen, meine ich… Es ist besser geworden…glaube ich…“

„Das glaube ich auch.“, bestätige ich ihm. „Das sind doch gute Nachrichten. Jedenfalls reicht es erst einmal für heute. Ich hoffe, Sie halten sich auch zu Hause noch an das, was ich Ihnen geraten habe?“

„Ja…sicher…natürlich…“ Er steht ein wenig holprig auf und ich tue es ihm gleich – nur dass ich eben nicht so schwanke wie er.

Mit wenigen Schritten, trete ich auf ihn zu und reiche ihm meine Hand. „Wir sehen uns nächste Woche, Tim. Viel Erfolg bis dahin – ich freue mich auf Ihre Berichte über den weiteren Verlauf, was Ihre derzeitige Bewerbung angeht.“

„Danke. Alles klar…bis nächste Woche, Doktor…“

Ich begleite ihn noch bis zur Tür und öffne sie ihm. „Ein schönes Wochenende.“

Obwohl ich meinen Beruf gerne ausführe, ist es heute wirklich beruhigend, wenn ich auf die Uhr sehe und bemerke, dass ich es fast hinter mir habe.

Ich habe Kopfschmerzen.

Von all den Dingen, die mir im Kopf herum schwirren.

Ich habe gewartet. So lange.

Immer und immer wieder nach ihm gesehen. Immer gedacht, ihn zu sehen.

Mir Dinge eingebildet, weil ich sie sehen wollte.

Ich werde zu einer Glucke…

Ich mache mir Sorgen. Aber ich weiß doch, dass ihm nichts passieren würde.

Und er würde sich nichts antun. Niemals.

Mir bleibt lediglich, noch länger zu warten.

Bis er wieder kommt.

Das sage ich mir nun schon seit Tagen.

Aber er ist ein erwachsener Mann. Und ich habe ihn immerhin zuerst abgelehnt – und es nie anders klar gestellt.

Ich habe kein Recht darauf, ihn so zu beanspruchen.

Er ist mir keine Rechenschaft schuldig. Muss sich wohl kaum bei mir melden, wenn er irgendwohin verschwinden möchte.

Das ist leider die Wahrheit.

Daran kann auch niemand etwas ändern…

 

Ich sitze mittlerweile wieder an meinem Schreibtisch, mit meiner Lesebrille auf der Nase, die ich jetzt absetze, um meinen Nasenrücken zu massieren.

Ich habe wirklich Kopfschmerzen…

Dann geht plötzlich die Tür auf.

Ich komme nicht umhin, leicht zusammen zu zucken. Doch es ist nur Emily.

Moment…Emily?

Sie war bis heute gar nicht da. Ich wusste erst nicht, dass sie krank war, aber sie war es.

Mir ist aufgefallen, dass sie nicht gekommen ist, aber sie hat sich bei Melody krank gemeldet und nicht bei mir – jedoch ist das hier auch eigentlich normal und da sie auch die Sache mit ihrem Ersatz selbst geregelt hat, ist das alles legitim.

Es ist nur irgendwie seltsam, sie ausgerechnet jetzt wieder hier zu sehen.

Nach all dem, was ich vor zwei Wochen erfahren habe.

Dann räuspert sie sich. Ich war schon wieder in Gedanken versunken. „Dr.?“

„Ja?“

„Der Patient, der vor etwa drei Wochen angefangen hat, die Praxis zu besuchen, sollte heute kommen und hat sich auch diesmal nicht ausgetragen – aber er hat gerade angerufen und verlauten lassen, dass es sein könnte, dass er nicht kommt. Sie müssten nicht auf ihn warten, hat er gesagt.“

Mir bleibt für einen Augenblick das Herz stehen. „Was?“

„Na, der Patient. Damon. Er kommt heute vielleicht wieder, aber er sagte, dass es sein könne, dass er eben doch nicht kommt, also können Sie auch einfach nach Hause gehen.“

Dazu fällt mir einfach nichts ein.

Aber ich sollte mit ihr sprechen – vielleicht lenkt mich das geringfügig von meinem unsteten Herzschlag ab – das kann eigentlich nicht gesund sein...

Und auch von diesem ganzen Thema.

Von dem Thema, über das ich mir geschlagene zwei Wochen den Kopf zerbrochen habe.

Wo ist Castiel?

„Ach so...“, ist meine überaus intelligente Antwort.

Sie nickt nur und macht Anstalten, die Tür wieder zu schließen.

Gerade als meine Empfangsdame wieder den Raum verlassen will, halte ich sie noch einmal zurück. „Emily?“

„Ja, Doktor?“

„Ich weiß bescheid.“

Sie wirkt jedoch nur verdutzt, wegen dieser Feststellung. Sie scheint es nicht ganz zuordnen zu können. „Ich verstehe nicht…“, fängt sie verwirrt an, aber ich unterbreche sie.

„Die Sache mit Castiel Voltair - ich weiß davon.“

Erst scheint sie ein wenig erschrocken, fängt sich aber sofort wieder. „Oh…das heißt, Sie wollen mich jetzt feuern, nicht wahr?“, stellt sie trocken fest.

Jetzt bin ich an der Reihe, sie verdutzt anzusehen. Wie kommt sie darauf?

Okay, na gut, es ist nicht wirklich schwer darauf zu kommen, dass man sie deshalb vielleicht feuern könnte. Aber schätzt sie mich wirklich so ein?

Die Leute um mich herum, müssen ja ein grauenhaftes Bild von mir haben… „Nein…natürlich nicht. Ich wollte es eigentlich nur klar stellen. Sie müssen nicht mehr so tun, als würden Sie ihn nicht kennen – müssen auch keinen falschen Namen mehr benutzen. Es hat sich erledigt.“

Jetzt wirkt sie noch verwirrter, scheint das alles aber schnell wieder gefasst zu haben. „Also gut. Dann werde ich das in Zukunft berücksichtigen. Ich nehme also an, wenn er wirklich kommt, wollen Sie…ein wenig Privatsphäre?“, will sie wissen.

Na toll…was denkt sie denn von uns? …nein, ich will es gar nicht wissen. „Ähm…also, Sie können jetzt gehen, wenn Sie das meinen. Ich komme zu Recht.“

„Dann ist gut. Ich werde also Feierabend machen. Schönen Abend noch, Doktor.“, sagt sie, betont das ‚schönen Abend‘ auf eine sehr seltsame Weise und lächelt vielsagend.

Während mir die Kinnlade bis auf den Fußboden zu klappen scheint, ohne, dass ich etwas dagegen tun kann.

Was weiß sie, das ich nicht weiß?

Und noch viel wichtiger: Seit wann kann dieses Mädchen lächeln?

Das war das erste Mal, dass ich das gesehen habe. Es war…befremdlich. Irgendwie.

Und erschreckend, falls sie wirklich etwas wissen sollte, das ich nicht weiß – aber eben wissen sollte.

Aber jetzt mache ich mir erst einmal Sorgen um das Hier und Jetzt, sonst explodiert mein Schädel.

Das hält man ja im Kopf nicht aus.

Ich sitze da. Wenige Minuten.

Dann höre ich die Haupttür der Praxis.

Emily? Vielleicht hat sie etwas vergessen.

Ich warte – dann höre ich Schritte. Schwere Schritte.

Nein, das kann nicht Emily sein.

Ich kann nichts dagegen tun, als sich ein Lächeln auf meine Züge schleicht.

Sonst würde niemand einfach so hier herein kommen – niemand, außer ihm vielleicht.

Sogleich erhebe ich mich aus meinem Schreibtischtuhl und sehe zur Bürotür.

Aber etwas ist komisch. Diese Schritte klingen schwer – wirklich schwer.

Da trampelt jemand wie ein Elefant. Und es kommt mir bekannt vor.

Aber Castiel trampelt nicht. Wenn er will, kann er sich sogar scheinbar vollkommen lautlos fortbewegen.

Das…ist nicht Castiel, glaube ich.

Irgendetwas sagt mir, dass er es einfach nicht ist.

Ich trete einen kleinen Schritt vom Schreibtisch zurück – soweit, wie es mir der Schreibtischstuhl, der immer noch hinter mir steht und die Wand direkt dahinter, es mir eben erlauben.

Aber das schlechte Gefühl in meiner Magengrube, kann das kein bisschen beruhigen.

Dann geht die Tür erneut auf. Nur diesmal, erschrecke ich nicht, weil ich es nicht habe kommen sehen – sondern eben genau deshalb.

Und dann sehe ich ihn.

Den Mann, den ich eigentlich nie wieder sehen wollte.

Nie wieder.

„Was willst du hier?“ In meiner Stimme ist meine Abneigung deutlich hörbar.

Ich scheine in letzter Zeit sehr oft Besuch von den Geistern meiner Vergangenheit zu bekommen.

Ständig kommen unerwartete Gäste vorbei – einige ungebetener als andere.

Wenn ich nur wüsste, was er von mir will.

 

Nach all der Zeit…

Chapter 15: Visitors

Nathaniel Paine

 

Ich sehe mein Gegenüber an. Plötzlich fühle ich mich, als wäre ich wieder siebzehn.

Und ich hasse es.

Mein Magen zieht sich schmerzvoll zusammen. Was tue ich jetzt? Naja, eigentlich sollte es ja klar sein.

Ich schicke ihn weg. Aber das ist viel einfacher gedacht, als tatsächlich getan.

Ich fühle mich so schutzlos. Hilflos.

Und das, obwohl ich immer noch hinter meinem massiven Schreibtisch stehe, der sich nun, de facto, genau zwischen uns befindet und so einen Abstand kreiert.

Dennoch macht es das nicht sehr viel besser.

Ohne es wirklich zu merken, wandert meine Hand zur Schreibtischplatte, auf der meine Brille liegt.

Ich nehme sie und setze sie auf – keine Ahnung wieso. Aber es fühlt sich an, als wäre es ein bisschen Schutz.

Eine kleine Barriere, die mich von ihm distanziert. Wie ein letztes Schild.

Und jeder Schutz ist besser als nichts.

„Hallo Nathaniel. Lange nicht gesehen.“

Ich habe einen Kloß im Hals, auch wenn ich nicht weiß, wo er herkommt.

Mein Mund öffnet sich – so, als würde ich etwas sagen wollen. Aber es kommt kein Ton heraus.

In meinem Kopf wiederholt sich jedoch eine Abfolge an Worten.

Eine Frage.

Eine Frage, die ich mir eigentlich schon stelle, seit dem Moment in dem ich seine schweren Schritte, aus meinen schlimmsten Alpträumen wiedererkannt habe. „Was willst du hier?“

Ich habe genuschelt, das weiß ich. Es war auch eher eine Feststellung meiner Gedanken, als eine Frage an ihn.

Dennoch ist es nicht weniger das, was ich gerade wirklich meine.

Und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so emotionslos geklungen habe.

„Was?“, kommt es nur von ihm.

Ich schüttle kurz meinen Kopf, als würde das meine Gedanken klären.

Erstaunlicherweise funktioniert es tatsächlich. Zumindest ein wenig.

Wütend funkle ich ihn an, in dem Moment, in dem ich auch meine Stimme wiederfinde.

„Was willst du hier?“, sage ich noch einmal, diesmal aber mit einem stärkeren Unterton und mehr Nachdruck.

Die Frage war ganz offensichtlich feindselig, doch er zuckt nicht einmal mit der Wimper.

Typisch für ihn.

„Was sollte ich hier schon wollen? Ich darf doch wohl meinen eigenen Sohn besuchen, oder?“

Ja, klar. So siehst du auch aus… „Was willst du hier?“, wiederhole ich matt.

„Das habe ich doch bereits gesagt – bist du immer noch so schwer von Begriff? Und ich dachte schon, irgendwann würde mal etwas aus dir werden.“

Ich schließe kurz die Augen und atme einmal tief durch.

Dann sehe ich ihn wieder an. „Nachdem ich meinen Abschluss gemacht habe, bin ich von zu Hause weggegangen. Habe mir mein Leben selbst finanziert und mich durchgeschlagen; dennoch beste Leistungen in der Schule gebracht. Ich habe alles dafür getan, dass ich nun stehen kann, wo ich stehe. Verstehst du das?“, mache ich ihm, so ruhig ich kann, klar.

Aber er sieht mich nur verständnislos an. „Und weiter? Erzähl mir nicht dein Leben, dafür bin ich nicht hergekommen.“

„Genau darum geht es mir ja. Ich will einfach nur wissen, was du nun hier zu suchen hast. Wir haben uns nicht mehr gesehen, seit ich meinen Highschool Abschluss in der Tasche hatte und du hast dich auch nie für mich interessiert – warum also jetzt? Warum hier?“

Das ist wirklich der denkbar schlechteste Zeitpunkt – ich meine, nicht dass es irgendeine Zeit gäbe, oder je gegeben hätte, in der ich diesen Mann gerne hätte sehen wollen, aber gerade jetzt…

Mein Kopf springt noch mal im Dreieck, wenn das so weitergeht.

„Tu mal nicht so, als wärst du nun so arm dran. Du hättest auch zu Hause bleiben können – aber du wolltest ja lieber zu einem Straßenkind werden.“ „Nun mach mal halblang! Weder war ich je ein Straßenkind, noch bin ich eines, oder werde zu einem. Ich habe mir ein Leben aufgebaut – ein Leben, dass ich ‚Zuhause‘, wie du es so schön nennst, nie gehabt habe – und nun sag mir was du hier willst, oder verlasse bitte umgehend meine Praxis!“

Was mache ich hier eigentlich? Es ist meine Praxis. Ich kann ihn ganz einfach rauswerfen.

Und wieso erinnert mich diese Ganze Szene gefühlsmäßig an diesen Abend in der Gasse?

Und wieso kommt es mir so vor, als sei das hier tatsächlich schlimmer?!

Damals war wenigstens er da…

„Ich werde nicht gehen. Aber ich sage dir dennoch, wieso ich hier bin. Ein guter Geschäftspartner von mir, möchte einen Vertragsabschluss mit mir über die Bühne bringen – er wäre der Wichtigste Kunde, den ich je hatte.“, erzählt er und hört dann einfach auf, als wäre es nun offensichtlich, was er von mir will.

„Ja. Und weiter? Soll ich ihn therapieren, oder was?“, frage ich genervt.

„Nein – natürlich nicht.“, lenkt er ruhig ein.

„Was dann?!“ Er raubt mir noch den letzten Nerv!

„Nun, es ist so. Er hat verlauten lassen, dass er das Geschäft abschließen will – aber erst, wenn er sich sicher sein kann, dass er einen Nachfolger hat.“

„Einen Nachfolger?“, frage ich verwirrt. „Was hat das nun mit mir zu tun?“

„Bist du wirklich so schwer von Begriff? Er hat eine Tochter. Und diese Tochter ist in deinem Alter. Er hat von dir gehört und gefragt, ob wir beide nicht verwandt sind, da ich ihn auch schon von früher kenne und er wusste, dass ich auch einen Sohn und nicht nur eine Tochter habe. Seine Tochter ist von dir angetan – warum auch immer, aber irgendwas von mir und deiner Mutter muss schließlich hängen geblieben sein, also schätze ich es ist wohl nicht vollkommen unwahrscheinlich.“

Perplex höre ich seinem Gerede zu und meine verwirrten Hirnwindungen lassen nur eine langsame Zusammenführung all dieser neuen Informationen zu.

„…fragst du mich gerade ernsthaft, ob ich eine wildfremde Frau heirate?“

Mein Entsetzen muss einfach in meinem Gesicht abzulesen sein.

Und dennoch zeigt er weiterhin keinerlei Reaktion.

Das ist wie ein richtig schlechter Film.

Er gibt nur einen seltsamen, missbilligenden Laut von sich. „Quatsch. Erst mal sollst du dich mit ihr treffen – von Heiraten kann erst gesprochen werden, wenn sie sich von nahem auch noch für dich interessiert.“

Mein Mund ist wahrscheinlich gerade bis zum Fußboden aufgeklappt. „Sag mal…hast du sie noch alle?“, frage ich entgeistert.

Aber er sieht mich nur überrascht an. „Natürlich – und wer hat dir eigentlich erlaubt, so mit mir zu sprechen? Du warst ja schon immer frech, aber ich dachte, du wärst langsam mal ein wenig erwachsen geworden.“

Okay. Es reicht.

Ich hab die Schnauze voll. „Was?! Bist du noch ganz bei Trost? Ich interessiere mich nicht für irgendeine…eine Tussi – und von arrangierten Hochzeiten, halte ich schon gar nichts! Was soll das hier werden? Du kommst hier an, nach über sechs Jahren und willst, dass ich eine Frau heirate, die ich noch nie zuvor gesehen habe, damit du ein Geschäft mit ihrem Vater abwickeln kannst?! Das ist so…niveaulos. So selbstgerecht. Das ist einfach nur würdelos – selbst für dich.“

Den letzten Teil habe ich mehr herausgewürgt.

Meine Abscheu sollte für ihn unmissverständlich sein.

Aber es kümmert ihn immer noch nicht.

Das hat es ja nie.

„Tze, ein Bengel wie du, will mir etwas von Niveau und Würde erzählen?! Das ich nicht lache!“ Er wird laut. Aber das ist er früher auch immer geworden. Es macht mich dennoch nervös.

Früher hat er mich immer…nein! Ich bin kein Kind mehr!

„Hör zu: Ich bin kein Kind mehr, Vater! Ich bin nicht mehr sieben Jahre alt – du kannst mich nicht einfach irgendwo einsperren und so tun, als sei ich nicht da. Das ist meine Praxis – mein Büro. Ich habe einen Notfallknopf an meinem Schreibtisch und wenn du nicht bald mein Büro verlässt, dann werde ich mich nicht scheuen, ihn auch zu benutzen!“

„Und das soll ich dir glauben? Wofür braucht einer wie du denn einen Notfallknopf? Das hier ist doch keine Bank!“, schreit er mich an.

„Tja, das vielleicht nicht – aber das ist eine Psychologische Praxis. Ich hatte hier auch schon Patienten, die hin und wieder ausflippen könnten und wenn es einen Moment gegeben hätte, irgendwann, in dem ich sie nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätte, dann hätte ich diesen Knopf betätigen können – denn wenn ich das tue, dann stehen innerhalb von wenigen Minuten ein Polizeiwagen und ein Wagen des Örtlichen Sanatoriums, direkt vor der Tür.“, kläre ich ihn auf und beobachte ihn ein bisschen.

Diese Erläuterung scheint ihn jetzt doch interessiert zu haben, was mir einen kleinen Moment der Genugtuung beschert, weswegen ich noch ein gehässiges „Seltsamerweise musste ich den Knopf bisher nicht betätigen – aber jetzt kommst du hier her und ich weihe ihn vielleicht ein. Ziemlich ironisch, dass selbst die verrücktesten meiner Patienten bisher noch nicht schlimmer waren, als du.“, hinzufüge.

Doch dann ändert sich sein Gesichtsausdruck. Er zeigt ein fieses Grinsen, das ich bisher nur ein paar Mal gesehen habe.

Dieses Grinsen, hat mir immer die meiste Angst eingejagt.

Er schreitet langsam um den Schreibtisch herum, was mich automatisch ein paar Schritte zurücktreten lässt. „Du traust dich das doch überhaupt nicht. Du bist schwach – und ängstlich. Das warst du schon immer.“

Seine harten Worte versetzen mir einen Stich.

An einer Stelle, an der schon längst taub zu sein glaubte. Aber da habe ich mich offenbar geirrt.

Ich will etwas sagen, aber die Angst ist schon wieder zurück.

Verdammt! Was ist hier nur los? Warum bin ich so schwach?!

Warum kann ich mich nicht gegen ihn behaupten?!

Er kommt einen weiteren Schritt auf mich zu und ich will ausweichen, doch in dem Moment, packt er mich auch schon am Arm.

So ein verdammter Mist!

Und all das, war möglicherweise auch sein Plan – denn von hier aus und aus dieser Position…komme ich weder an das Telefon, noch an den Notschalter.

Scheiße…

Er zieht an meinem Arm, um mich näher zu sich zu kriegen, doch ich stemme mich dagegen – versuche ihm meinen Arm zu entreißen.

Doch es klappt nicht.

Wenn ich doch bloß-

Ich werde jäh unterbrochen, als ein irrsinnig lauter Knall, der mir unheimlich bekannt vorkommt, von der Seite ertönt.

Ich sehe zum Ursprungsort des Geräusches, als mein Vater mich vor Schreck loslässt und glaube nicht, was ich sehe.

 

Noch ein Gast, der sich einfach selbst hereingelassen hat …

Chapter 16: Extreme Aggressor

Nathaniel Paine

 

Mein Blick, der jetzt auf den Eindringling gerichtet ist, ist wahrscheinlich ungläubig und wirkt verklärt.

Er steht da, sieht sich die Szenerie an, die sich ihm bietet, mit der Waffe noch in der Hand, die auf den Boden gerichtet ist.

Und mir fällt, absurder Weise, ein Stein vom Herzen.

Ich weiß, es ist unglaublich übertrieben, aber ich fühle mich, als würde ich gleich anfangen zu weinen.

Warum? Ich weiß es nicht.

Vielleicht, weil ich mich so freue, ihn zu sehen.

Vielleicht, weil ich so erleichtert bin, dass es ihm gut geht.

Vielleicht, weil ich so glücklich bin, dass er wieder zu mir zurückgekehrt ist.

Aber eigentlich ist es egal, wieso. Denn mein Vater steht immer noch vor mir.

Er ist hier, aber die Situation hat sich nur geringfügig geändert.

Sobald mein Vater sich gefangen hat, greift er wieder nach meinem Arm.

„Hey!“, höre ich den Ruf von der Seite. „Lassen Sie ihn los, Sie alter Sack. Wer sind Sie überhaupt?“

Er klingt verwirrt. Aber irgendwie ist die Szene für ihn wahrscheinlich auch weniger verständlich.

„Was denn? Ist das einer deiner geisteskranken Patienten?“, fragt er belustigt und sieht Castiel herausfordernd an.

„Lassen Sie ihn gefälligst los.“ Diesmal klingt er weder verwirrt, noch erweckt er den Anschein von Wut.

Im Gegenteil – er ist alarmierend ruhig.

Und Gott weiß, dass das eigentlich kein so gutes Zeichen ist.

Er tritt langsam auf den Schreibtisch und uns beide zu. Dabei lässt er meinen Vater aber keine Sekunde lang aus den Augen.

Auch mein Vater sieht ihn an, aber eher so, als würde er versuchen herauszufinden, mit wem er es hier zu tun hat – und zu was er fähig sein könnte.

Was soll ich jetzt tun? Einfach stehen bleiben?

Warten? Irgendwie fühle ich mich fehl am Platz…

„Ich habe gefragt, wer das ist.“

Die Frage kam von meinem Vater. Und offenbar war sie an mich gerichtet.

Es dauert einen Moment, ehe ich reagiere. „Das…das ist…er ist…“, stammle ich und schüttle leicht den Kopf, um meine verwirrten Gedanken noch einmal zu ordnen.

Diesmal klappt es leider nicht.

Dann fängt er unverwandt an, mich zu schütteln, wodurch meine Brille zu Boden fällt. „Sprich gefälligst ordentlich und antworte!“

Mir wird irgendwie schlecht…

Ich höre nur eine Stimme im Hintergrund. „Was zum Teufel soll das?!“

Dann spüre ich auch schon, wie ein Arm um meine Taille geschlungen wird und ich nach hinten von meinem Vater weggezogen werde.

Direkt gegen eine starke, warme Brust.

Ich weiß nicht, ob ich mich nun schlecht fühlen, oder schämen sollte, weil ich so denke…aber ich bin irgendwie froh, jetzt in dieser Lage zu sein.

Es beruhigt mein aufgewühltes Gemüt.

Er beruhigt mich.

Weswegen ich meinen Kopf leicht in den Nacken lege, um mich mit dem Hinterkopf an ihn lehnen zu können.

Mir dreht sich alles. Das Schütteln war keine so gute Idee – ich bin schon verwirrt genug.

„Wer bist du?! Misch dich hier gefälligst nicht ein!“, zickt mein Vater ihn an.

Armer Castiel…andererseits scheint ihm das sehr viel weniger auszumachen, als mir.

Aber wen wundert das auch schon?

„Ich bin niemand der Sie etwas kümmern sollte. Verschwinden Sie einfach aus dieser Praxis, dann sehen wir von einer Anzeige wegen Hausfriedenbruch ab.“

Castiel ist wirklich bewundernswert.

Er hat gar keine Angst vor ihm…

Dieser letzte Gedanke, hätte mich beinahe zum Lachen gebracht. Immerhin ist er Castiel – warum sollte er Angst vor meinem Vater haben?

Das wäre…lächerlich.

„Ach ja? Und was hast du hier bitte zu melden, du Vogel?“, fährt mein Vater ihn an.

Doch es prallt einfach an ihm ab.

Plötzlich legt sich ein zweiter Arm um meinen Köper und ich werde von hinten in eine innige Umarmung gezogen.

Gegen die leichte Röte die mir nun ins Gesicht schießt, kann ich leider nichts tun.

Nun sieht mein Vater jedoch etwas interessierter aus.

Oh Gott, was er jetzt wohl denkt… Egal! Was interessiert es mich schon, was er denkt?

Aber im Ernst…wie sieht das wohl gerade aus?

Mein Vater sieht mich und Castiel prüfend an – dabei gleitet sein Blick über mein, wohl mittlerweile tiefrotes, Gesicht, Castiels Arme, die um meine Schulter und meine Taille drapiert sind und seinen Kopf, der auf meiner Schulter liegt.

Und plötzlich wird sein Blick überrascht. Wissend.

Als wäre ihm gerade ein Licht aufgegangen – was verwunderlich ist, da ich glaube, es ist meist finster in seinem Oberstübchen…wow, das ist das schlimmste, das ich je über ihn gedacht habe, obwohl ich es schon immer irgendwie dachte.

Warum kann ich ihn plötzlich beleidigen? Als wäre ich stärker geworden, seit Castiel wieder in mein Leben getreten ist…

Aber das ist Blödsinn…oder nicht?

Ein seltsames, hohles und sehr kaltes Lachen, wie ich es nur von meinem Vater kenne, holt mich zurück aus meinen Gedanken. „Also, das ist jetzt wirklich mal etwas, dass ich nicht erwartet hätte – wobei es doch irgendwie nur absehbar war. Er ist also dein Lover. Wie kann man nur so tief sinken? Eine Affäre mit einem Patienten – dir ist klar, dass das verboten ist?“, meint er höhnisch.

Nun lacht er mich auch noch aus.

Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.

Ich fühle mich zutiefst beleidigt. Irgendwie herabgesetzt.

Ich fasse es nicht, wie er es schaffen kann, dass ich mich nach nur wenigen Worten so mies fühle.

Aber Castiel schlingt seine Arme nur noch enger um mich; drückt mich noch fester.

„Nein, Sie Vollidiot. Er ist mein fester Freund – mein Verlobter. Ich habe ein Stück mitgehört. Tut mir sehr leid, aber er steht leider nicht zur Verfügung, da er bereits mir gehört – unter Anderem bin ich übrigens kein Patient, sondern ein FBI-Agent. Ich war nur hier, um ihn abzuholen.“ Wie um das Gesagte zu unterstreichen, drückt er mir von hinten einen lasziven, kurzen Kuss auf den Hals.

Und…Moment…was hat er gerade gesagt? Verlobt? Ist der auf Drogen – ich hoffe es für ihn!

…aber ich kann auch nichts dagegen machen, dass es mir irgendwie gefällt, es aus seinem Mund zu hören.

Und ich könnte mich dafür schlagen. Er hat es doch nur so gesagt….okay Nathaniel, konzentrier dich mal wieder auf das Wesentliche!

Ich kann nur aus dem Augenwinkel erkennen, wie er meinen Vater während der ganzen Zeit fixiert.

Dieser jedoch, sieht ihn nur an und wirkt von Sekunde zu Sekunde wütender. Als würde er Castiel gleich den Kopf abreißen wollen.

Doch dieser zeigt sich weiterhin unbeeindruckt. „Und versuchen Sie gar nicht erst, hier noch irgendetwas reißen zu wollen. Lassen Sie sich nie wieder in der Nähe meines Geliebten blicken, oder Sie werden es bereuen.“, sagt er und zieht seine Waffe aus dem Holster an seiner Hüfte.

Irgendwie ist es gar nicht so still hier, wie es den Eindruck macht.

Kommt es mir nur so vor, oder ist die Stimmung gerade endgültig gekippt?

Ich drehe mich leicht zur Seite und erkenne eine Art Killerinstinkt in Castiels Augen – ich hoffe ehrlich gesagt, ich irre mich dabei.

Okay….okay…was ist hier los?

Was geht hier gerade vor sich?

Ich meine, wann genau ist die Spannung zwischen diesen beiden Spinnern entstanden? Ich habe das Gefühl, hier kracht es gleich gewaltig, wenn ich nichts tue…aber was sollte ich schon tun?

Irgendwie entgleitet mir das gerade alles…na gut, es entgleitet mir bereits seit einiger Zeit.

Aber darum geht es jetzt nicht. Ich muss das hier langsam mal stoppen!

„Hey…!“, sage ich. Allerdings sehr schwach. Die beiden achten gar nicht auf dich – und die Atmosphäre hier drin scheint Funken zu sprühen.

Was ist nur los mit diesen beiden?!

Ich atme kurz durch und beginne noch einmal – diesmal viel lauter. „Hey!“

Nun ist mir ihre Aufmerksamkeit sicher.

„O…okay, das reicht! Bitte hört auf! Vater – verschwinde bitte einfach. Castiel…beruhige dich und steck die Waffe wieder weg.“, stelle ich mit Nachdruck klar – allerdings sehen sie sich weiterhin nur ziemlich…naja, angepisst an und reagieren nicht. „Nun macht schon!“

Wow, das war schon fast geschrien – passiert mir eigentlich nie.

So scheinen auch die anderen beiden zu denken, weswegen sie mir nun endlich ihre Aufmerksamkeit schenken und tun, was ich gesagt habe.

Castiel steckt endlich wieder seine Waffe weg – ein Glück – und mein Vater…tja, der macht nur einen abwertenden Laut, mustert uns ein letztes Mal und dreht sich dann, um die Praxis zu verlassen.

Ehe er das jedoch tut, dreht er sich noch einmal um. „Ich weiß wirklich nicht, wie du so werden konntest. Am besten sage ich der Tochter meines Kunden, ich habe gar keinen Sohn. Tze…wäre schließlich keine Lüge. Lebt wohl, Mädchen.“ Wobei er das letzte Wort extra so ausspricht, dass er Castiel beinahe dazu provoziert hätte, seine Waffe wieder zu ziehen.

Ich sehe ihn jedoch nur mahnend an. „Wag es ja nicht.“, flüstere ich ihm zu – warum auch immer ich flüstere.

Aber mein drohender Tonfall scheint zu sitzen. Er gibt sich jedenfalls geschlagen, lässt nun gänzlich von mir ab und macht einen genervten laut, als mein Vater endlich komplett verschwunden ist.

„Na endlich…was zum Teufel war das denn gerade?!“, platzt es plötzlich aus ihm heraus.

„Das fragst du?! Ich sollte das fragen! Wo kommst du auf einmal her? Und wo warst du überhaupt in den letzten zwei Wochen, hä?“, auf einen Schlag, ist all meine Sorge und die ganze Unsicherheit, die ich in den vergangenen Tagen durchlebt habe, wieder da – und sie verwandelt sich gerade in Wut.

Er scheint kurz über meine Fragen nachzudenken, da sich seine Augenbrauen zusammenziehen und er kurz zu Boden sieht. Er scheint verwirrt über das, was ich wissen will. „Warum interessiert dich das?“

…ich glaube, es schlägt dreizehn. „Warum es mich interessiert?“, frage ich ungläubig. „Warum es mich interessiert?! Warum wohl? Weil du bei mir warst, mir etwas erzählt hast das dich ganz offenbar sehr mitgenommen hat – und es wohl immer noch tut – und du dann ganz einfach VERSCHWUNDEN bist! Also wo warst du, Herrgott nochmal?! Außerdem verlange ich eine Erklärung dazu, was das eben für eine Show war, die du vor meinem Vater abgezogen hast!“ Und schon wieder wird meine Stimme laut.

Ich hoffe ernsthaft, das wird nicht zur Gewohnheit.

Er sieht mich jedoch nur wirklich verdutzt an und hebt beschwichtigend die Hände.

 

„Also gut…ich werde dir alles erklären.“

Chapter 17: Change Positions

Castiel Voltaire

 

Er sieht wirklich aus, als würde er gleich an die Decke gehen.

Ich dachte nicht, dass es ihn überhaupt viel interessieren würde – und ich bin schließlich erwachsen.

Da ich nicht wirklich weiß, was ich nun tun soll, gehe ich langsam auf die Tür zu.

„Hey! Wag es nicht, jetzt einfach wieder zu verschwinden!“, höre ich ihn hinter mir zetern.

Geschockt drehe ich mich um. „Oh Gott, Nathaniel, was ist nur mit dir los? Ich wollte nur die Tür schließen…“ Der ist doch sonst nicht so reizbar.

Das scheint gewirkt zu haben, da er nun kleinlaut wird. „Oh…“

Also gut. Ich atme einmal durch und trete wieder auf ihn zu.

Mein Arm reicht wie von selbst um seine Schulter, um ihn mit mir zu ziehen, damit er sich auf der Couch niederlässt – und ich setze mich direkt daneben.

„Ich habe gesagt ich erkläre mich und genau das, tue ich nun auch. Ich war…nachdem ich von dir verschwunden bin…erst einmal unterwegs. Irgendwo, um ein bisschen nachzudenken. Klar zu werden.“

„Und dann hat dich ein Bodenloses Loch verschluckt und für zwei Wochen nicht mehr rausgerückt?“, fragt er sarkastisch. Wow, er ist ja wirklich sauer. „Es tut mir leid, okay.“, versuche ich ihn irgendwie zu beschwichtigen. „Ich wurde zu einem Auftrag gerufen, für den ich einige Tage in die Basis nach Quantico zurück musste. Ein Auftrag zusammen mit dem BAU. Wie gesagt, es tut mir leid, aber ich ging davon aus, dass der Abstand vielleicht ganz gut wäre. Ich dachte, es sei schon okay und ich brauchte einfach einen kurzen Moment, um nachzudenken – der Moment hat sich lediglich ein wenig in die Länge gezogen.“

Er sieht immer noch ein wenig säuerlich, aber hauptsächlich traurig aus.

„Aha…und du hast es nicht für nötig gehalten, dich mal bei mir zu melden?“, meint er nur.

Und…sehe ich da Tränen in seinen Augen?

„Nicht doch…ich dachte einfach, du würdest…keine Ahnung was ich dachte. Dass es dich nicht wirklich interessiert…“ Meine Hand auf seinem Rücken, beginnt beruhigende Kreise auf jenem zu ziehen.

Wenn er jetzt anfängt zu weinen übersteh ich das nicht.

Ich habe zwei Wochen warten müssen, ehe ich ihn wiedersehen konnte und kaum bin ich hier, gibt es ein überdimensionales Chaos.

Oh man…

 

 

Nathaniel Paine

 

Ich stehe da. Kann nichts weiter tun, als ihn anzustarren.

Vorhin bin ich so ausgerastet…ich war plötzlich so wütend. So enttäuscht.

So kindisch…

Seine Erklärung klingt schlüssig – abgesehen von dem Moment, in dem er meinte, ich würde mich nicht für ihn interessieren.

Wie kann er das nur denken?

„Wie kannst du glauben, ich würde mich nicht dafür interessieren, wenn du plötzlich verschwindest?!“, frage ich gereizt und leicht enttäuscht.

Wie beim letzten Mal. Wie schätzt dieser Idiot mich eigentlich ein?!

Er ist immerhin…ich meine…

Aber er da reißt er mich bereits aus meinen Gedanken. „Und was war mit dir vorhin? Was war mit dir los?“, fragt er leise.

„Was vorhin los war…?“, wiederhole ich seine Frage. Ja, ich weiß was er meint…aber ich weiß nicht, wie ich darauf antworten soll. „Ich weiß nicht. Tut mir leid. Ich meine, als du weg warst…ich weiß auch nicht.“, stammle ich hilflos. Was ist nur los mit mir?

Er sieht mich ein wenig skeptisch an.

„Weißt du…naja, am Anfang warst du ziemlich aufdringlich und du…hast mir auch irgendwie Furcht eingeflößt.“, gestehe ich ihm und muss dann eine Pause einlegen.

Ich weiß einfach nicht, wie ich weiter machen – was ich sagen soll.

Aber er scheint es irgendwie miss zu verstehen. „Okay…ich sollte vielleicht…ich sollte gehen.“, stellt er fest und dreht sich um.

Er wird gehen…das kann ich nicht zulassen! Ich muss doch…ich muss ihm doch noch etwas mitteilen!

Ich halte ihn auf – wieso kommt es mir nur so vor, als würde ich das häufiger tun.

„Am Anfang warst du echt…aufdringlich, das muss ich zugeben. Und ich wusste wirklich nicht, was ich mit dir anfangen soll. Ich wusste nicht, was ich tun sollte…es war einfach alles so verwirrend für mich.“, ich atme kurz durch und überlege. „Naja, jedenfalls hat es sich nie falsch angefühlt, aber ich musste mir eben erst klar werden, wie ich zu dir stehe. Und dann, als du plötzlich weg warst, da war ich krank vor Sorge und ich hatte einfach Angst…“

„Angst?“, erkundigt er sich.

„Ja, Angst. Ich hatte Angst…du würdest nicht zu mir zurückkehren.“

Er legt eine Hand an meine Wange und sieht mich traurig an. „Ich würde immer zu dir zurückkehren – selbst wenn du mich nicht mehr sehen wollen würdest.“

„Das…schon wieder. Ich weiß schon wieder nicht mehr, was ich eigentlich sagen soll… Ich bin einfach unsicher. Ich habe Angst und ich bin unsicher und dann ist da auch noch das, was du vor wenigen Wochen zu mir gesagt hast…“

„Was meinst du?“, fragt er und streicht mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht, die ich selbst kaum bemerkt habe, während meine Hände auf seiner Brust liegen und sich zunehmend in seinem Hemd verheddern.

„Was ich damit sagen will ist…“, beginne ich und versuche die richtigen Worte zu finden.

Es ist schwieriger, als ich dachte.

Mit einem einzigen Schritt bin ich direkt vor ihm und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihm einen liebevollen Kuss auf den Mund zu geben – nur kurz. Er kann kaum darauf reagieren.

Sieht aber ziemlich geschockt aus – gut. So hört er mir wenigstens genau zu.

Ich sehe ihm in die Augen und versuche ihm damit zu zeigen, wie ehrlich ich das meine, was ich gleich sagen werde. „Ich liebe dich auch, Castiel.“

Oh mein Gott…ich hab’s gesagt…

Unsicher sehe ich ihn an – warte ab, was er nun tun wird.

Aber er fängt nur an zu lachen und greift nach meinen Handgelenken, wobei er eines savon an seine Lippen zieht und mir einen sanften Kuss auf den Handrücken zu drücken.

Dann grinst er plötzlich und sieht zu Boden. „Heißt das, ich bekomme wenigstens nicht so viel Ärger für das Loch im Teppich?“

Darauf fällt mir nun nichts mehr ein. Loch?

Als er mich wieder ansieht, kann ich den Ausdruck in seinen Augen kaum deuten.

Aber er wirkt glücklich.

Ich muss ebenfalls lachen, einfach weil ich das Loch im Teppich nicht einmal wirklich beachtet habe – klar, er hat vorhin in den Boden geschossen…

Das klingt nach ihm. Wieso findet er immer etwas, womit er mich sprachlos machen kann?

Ja, ich liebe ihn wirklich, glaube ich. Ich habe noch nie jemanden geliebt, aber wenn, dann ihn.

Ich sehe ihm noch ein weiteres Mal in die Augen, um nach irgendetwas zu suchen, dass mir sagen soll, dass diese ganze Szene hier nicht echt ist.

Aber ich finde nichts. Also antworte ich ihm auf seine vorige Frage.

Und ich denke, ab jetzt wird alles besser.

 

„Nein…kein Ärger.“

Epilogue

Nathaniel Paine

 

„Emily? Können Sie bitte die Termine für morgen bestätigen – die mit dem neuen Patienten, meine ich.“

Ich sehe auf den Notizzettel mit den Terminen, den sie mir zuvor auf den Schreibtisch gelegt hatte, während ich aus dem Büro und auf sie zugehe.

Sie sitzt am Empfang, so wie immer, mit dem Telefonhörer am Ohr. „…okay, vielen Dank. Ja, auf Wiedersehen.“, höre ich nur noch, ehe sie auch schon auflegt.

Dann wendet sie sich auch schon an mich. „Klar. Ich kann sie direkt bestätigen, wenn Sie wollen.“, meint sie und dreht sich suchend nach einem Zettel um.

Dann schreckt sie plötzlich hoch, so als hätte sie etwas vergessen und blickt mich dann sehr mehrdeutig grinsend an. „Sie sollen übrigens auch noch etwas bestätigen.“

Sie streckt mir einen unversiegelten Briefumschlag entgegen.

Ein einfacher weißer Umschlag. Auf einer Seite steht mein Name.

Ich brauche nicht einmal wirklich hinzusehen, um die Handschrift zu erkennen.

Daher nehme ich ihn auch sofort entgegen und ziehe die Karte heraus.

Es stehen nur einige einfache Worte darauf, doch ich kann spüren, wie sich ein unvermeidliches Grinsen auf meine Züge schleicht.

„Ja, das muss ich wohl…“, antworte ich ihr und drehe mich auf dem Absatz um, um wieder in meinem Büro zu verschwinden, während ich sie hinter mir frech kichern höre.

Aber es ist mir egal.

Ich sehe nur weiter den Brief an.

„Heute Abend – immer noch um dieselbe Uhrzeit? Am selben Ort? Ich liebe dich, C.“, lese ich leise und grinse noch mehr.

Dabei fällt mir eine Frage ein, die ich heute von einem Patienten gestellt bekommen habe.

‚Sind Sie denn glücklich, Doktor?‘, hatte er mich gefragt.

Beinahe hätte ich laut gelacht – aber ich muss schon verrückt genug aussehen, mit diesem scheinbar grundlosen dauergrinsen im Gesicht.

Wobei Emily den Brief wohl ohnehin bereits gelesen hat, schließlich war der Umschlag nicht verklebt und diese Frau ist einfach zu  dreist.

Warum habe ich sie eigentlich noch nicht gefeuert? Es ist mir ein Rätsel.

Aber egal.

Die Frage hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und den ganzen Tag, musste ich bereits darüber nachdenken.

Vor einer Weile noch, hätte ich die Antwort auch ohne nachzudenken beantworten können – nein.

Aber das hätte mein Patient natürlich nicht erfahren dürfen.

Stattdessen sagte ich heute, ich denke darüber nach und antworte an einem anderen Tag.

Und nach all der Zeit…nach all den lehren Jahren.

Bin ich heute zu einem Ergebnis gekommen.

Ja.

 

Ja, ich bin glücklich.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.04.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle Fans des Spiels "Sweet Amoris" :)

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