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Prolog

Als die Zeit ihren Anfang nahm und die Götter das Universum formten, schufen sie auch die vier Elemente. Das Feuer spendete Leben, Wärme und Licht, doch gebar es auch die fürchterlichsten Kreaturen der Welt: Die Dämonen.
Mit Schrecken sahen die Allmächtigen die niedere Natur der Feuerwesen und umschlossen sie mit einem festen Material, der Erde. Auf ihr suchten Pflanzen nach Leben, doch ohne Wasser konnten sie nicht gedeihen. Die Götter hatten ein Einsehen und schickten Regen. Um das Wasser in seine Schranken zu weisen, blies einer der Götter über den neu geformten Erdball. Die Luft war geboren. Nach und nach erschufen die göttlichen Wesen Tiere, Ilyea und alle anderen Wesen, die noch heute existieren.
Doch die Dämonen gaben sich nicht mit ihrem Gefängnis zufrieden und strebten nach außen. Sie fanden eine Stelle, an der die Erdkruste so dünn war, dass sie hinaus drangen. Vor Wut begann die Göttin, die sich dem Schutz der Erde verpflichtet hatte, zu weinen. Ihre Tränen regneten auf die Erde herab, brachen sich im Sonnenlicht und ließen einen schillernden Regenbogen entstehen. Als seine Farben den Erdboden berührten, formten sich vier Schmuckstücke, jedes von ihnen mit einem einzigartigen Edelstein versehen. Der blaue Saphir wurde von einem Diadem aus purem Silber umfasst, der Bernstein fand sich in einem feinen, goldenen Armreif wieder, ein silberner Ring bewahrte den grünen Smaragd und eine goldene Halskette barg den Rubin. Angezogen von der flammenden Farbe des Rubins hatten sich die Dämonen die Kette angeeignet und vor der Göttin verborgen, ehe diese eingreifen konnte. Erzürnt verbannte sie die Wesen erneut in das Innerste der Erde und verstärkte die Schutzmauern, die das Verlies der Dämonen umgaben. Die drei anderen Schmuckstücke musste sie an ihre Kinder verteilen, denn dadurch, dass sie aus den reinsten Gefühlen der Göttin geschaffen waren, konnten sie nicht einfach wieder zerstört werden, nicht einmal von der Göttin selbst. Das Saphirdiadem gab sie den Meer-Ilyea, den Smaragdring den Wald-Ilyea und den Bernsteinarmreif schenkte sie den Berg-Ilyea . Durch ihre Einzigartigkeit wohnte jedem dieser Schmuckstücke eine unglaubliche Kraft inne. Doch nur die Göttin wusste, dass der Besitz aller vier Reichtümer zu unglaublicher Macht und in den Händen des Falschen zum Untergang der Welt führen könnte.

Die Entstehungsgeschichte. Jedem wird sie seit der Geburt erzählt, solange bis man sie selbst, in genau diesem Wortlaut auswendig weitererzählen kann. Doch das Böse schläft nicht, es ist auf der Suche nach den Tränen, den Hütern und den Auserwählten, um die Macht von allen Elementen zu beherrschen und das Land in Angst und Schrecken zu versetzen.

Kapitel 1

Schon seit Tagen segelten sie über den großen Ozean. Seit geraumer Zeit folgten ihnen die Möwen, sie schwirrten um das Segel, leiteten den Weg. Sie hatten sich auf ein Händlerschiff begeben, wie die Ältesten es geraten hatte.

Er saß am Bug des kleinen Handelsschiffes und blickte gen Himmel. Es war trüb, der Nebel schien sich kaum zu verziehen. So dicht hatte er ihn noch nie gesehen. Kaum, dass man das Heck des Frachters sehen konnte.

„Wenn wir an Land sind brauchen wir Pferde. Wir müssen so schnell wie nur möglich unser Ziel erreichen, Kylian.“ Sein Gefährte stand neben ihm und er nickte. Er zog die Kapuze seines Capes tiefer in sein Gesicht und schlang die Arme um seinen Körper. Er fror. Aber nicht weil es kalt war, sondern weil er die Gewissheit hatte, dass schlimmes geschehen würde. Bald. Sehr bald schon. Die Kraft der Dämonen wuchs. Und man konnte nie wissen, welchen Menschlichen Körper sie sich suchten. Ob sie auch Besitz von einem Ilyea nehmen konnten?

Gab es so bösartigen Ilyea eigentlich? Dämonen brauchten den Körper eines Wesens mit einer Schwarzen Seele. Rabenschwarz. So schwarz wie das Haar von Naelh, seinem Begleiter.

Die beiden waren wie Tag und Nacht. Warum die Ältesten gerade sie Gewählt hatten, eine würdige Trägerin für den Bernsteinarmreif zu finden?

Jenen Armschmuck hatte vor vielen Jahrtausenden die Göttin aus ihren Tränen gefertigt und den Berg-Ilyea geschenkt. Seitdem wachten sie über ihn. Und nur wenige wussten wo er war. Eine rätselhafte Krankheit hatte ihre Prinzessin dahingerafft. Kein Gelehrter der Medizin wusste woran sie gestorben war. Ilyea wurden selten ernsthaft Krank.

Naelh zog ebenfalls das Cape tiefer in sein Gesicht, er hatte schwarze Haare, seine Bernsteinfarbenen Augen stachen aus seinem langen und doch makellosen Gesicht hervor wie zwei Edelsteine, die man nur noch aus dem Gesicht meißeln musste. Sehr markant. Er war lang und drahtig, kein Fett belastete seinen Körper. Allerdings konnte man auch die Muskeln lediglich erahnen.

Kannte man die andere Berg-Ilyea, sah man sofort, dass er selten an dem Bau neuer Gebäude mitgeholfen hatte. Zwar formten sie viel mit der Magie die ihr Volk beherrschte, nichts desto trotz waren sie stolz auf alles, dass ohne Zauberei erschaffen wurde.

Naelh wuchs in der Zitadelle auf. Ein Ort für Gelehrte und Auserwählte.

Kylian weiß noch immer nicht genau, warum gerade er vor etwas weniger wie vier Jahren, im Kreis der Gelehrten aufgenommen wurde. Seine Magie hielt sich in Grenzen. Er hörte zwar das Lied der Berge, konnte es Verändern und Formen, jedoch fehlte es an Finesse. Seine Bauwerke waren plump und störrisch. Nicht schön und majestätisch, wie die der anderen.

Kylians Eltern kannte keiner. Er war ein Außenseiter, hatte nur wenige Freunde. Die die er hatte, auf die konnte er aber zählen. Lias, Eryn und Louan hatten ihm jeweils ein Geschenk mitgegeben, an jenem Tag an dem die beiden aufbrachen.

 

Lias schenkte ihm sein Schwert. Eine überaus starke Waffe und die beiden jungen Ilyea hatten Wochen und Monate verbracht diese Klinge selbst zu schmieden, das Kämpfen damit zu lernen und zu perfektionieren. Sie nahmen sich  beide nichts in dem Kampf mit dem Schwert. Sie waren Meister darin, zumindest in ihrem Dorf.

Eryn hatte ihm einen Beutel mit Samen geschenkt. Es war eine Wundersaat, sie wuchs rasend schnell. Man musste sie nur mit etwas Wasser beträufeln und schon hatte man alles was man brauchte. Die Magie in jedem Ilyea formte aus diesen Samen genau jenen Gegenstand, der einem gerade am meisten fehlte. Essen, Trinken, einen Unterschlupf, Waffen – Was das Herz begehrte.

Louan übergab ihm seinen Talisman. Er brachte Glück und wehrte Böse Zauber ab. Sollte er jemals einem Dämon gegenüber stehen, würde der Bernstein heiß werden und seinen Träger beschützen. Ob dies wirklich stimmte, wusste Kylian nicht. Er würde es herausfinden müssen. Auch wenn er auf die Bekanntschaft mit einem Dämon verzichten konnte.

 

Naelh setzte sich vor ihm und sah ihn an. „Träumst du?“

„Ich denke nur nach. Woher weißt du, dass wir in Ca’alean eine würdige Nachfolgerin für den Bernsteinarmreifes finden? Hat einer der Ältesten dir etwas gesagt?“

„Ja, das haben sie. Und zwar, dass ich hier diese, überaus wichtige, Mission leite. Nicht du. Du bist lediglich dazu da, die Trägerin und mich zu beschützen.“

Jetzt wusste Kylian wieder, weshalb er den schwarzhaarigen nicht leiden konnte. Er war Egoistisch und Arrogant. Eigenschaften die der Krieger nicht hatte. Er wollte sie noch nicht einmal Teilweise besitzen.

Kylian passt nicht in das Bild eines Berg-Ilyea. Der Wind blies seine Kapuze ein Stück über seinen Kopf und legte sehr Helles, Blondes Haar frei. Schnell zog er sie zurück, so tief in das Gesicht, dass er unmöglich etwas sehen konnte. Doch ihm entging nichts. Auch den Blick von Naelh nicht. Er strahlte Neid und Missgunst aus. Fast schon Hass.

Der Blonde mit den Grauen Augen würde alleine besser dran sein. Dann müsste er auch nicht die ganze Zeit darauf achten, dass seine Kopfbedeckung blieb, wo Naelh sie haben wollte.

Vor fast zehn Jahren, als Me'yna, eine der drei Dorfältesten, ihn am Fuße des Berges gefunden hatte waren seine spitzen Ilyea-Ohren verstümmelt, er sah fast aus wie ein Mensch. Gut, er hatte nie so elegante, geschwungene lange Ohren wie die anderen aus seinem Dorf besessen, jedoch konnte er seine Abstammung bis dorthin nie leugnen. Das Blut, dass um den Fundort verteilt war, konnte unmöglich nur von Kylian selbst stammen. Hatte er einen seiner Peiniger verletzt? Man wusste es bis heute nicht. Sein Gedächtnis war gelöscht. Er wusste Anfangs nicht einmal mehr seinen Namen.

Das er anders war als die anderen Berg-Ilyea war ihm von Anfang an klar und lag nicht am den Ohren. Er war der größte von allen. Von Natur aus Muskulös, mit kräftigem Kreuz und viel Kraft in den Armen. Keiner sonst konnte, ohne die kostbare Magie, so schwere Steine schleppen.

Kylian schleppte den weißen Marmor und seine drei Freunde formten atemberaubende Skulpturen.

„Konzentriere dich auf die Aufgabe!“ knurrte Naelh leise, stand auf und konnte in der Ferne den kleinen Hafen entdecken. „Wir sind fast da!“

 

Am Hafen herrschte reges treiben. Das kleine Händlerschiff wurde neu beladen und sollte bald wieder auslaufen.

Doch das interessierte die beiden Berg-Ilyea nicht. Sie fragten den Hafenmeister nach einem Viehhändler für Pferde. Sie hatten Goldmünzen für 2 schnelle Reittiere dabei, mehr als nötig, dies verrieten sie allerdings niemanden. Die beiden würden handeln müssen. Sollte ihr kleiner Reichtum bekannt werden, wären Gauner und Diebe nicht mehr weit.

 

Der Hafenmeister hatte sie an einen Bauern verwiesen. Der Hof des Viehwirts war am Ende des Städtchens, dass sich zwischen Meerklippen und der kleinen Bergkette hindurchschlängelte. Fast eine halbe Stunde marschierten die beiden vermummten jungen Männer durch den Markt, auf welchem sie von jedem Stand aus mit unglaublichen Angeboten gelockt wurden. Ein Stand billiger wie der andere.

Naelh und Kylian ignorierte das drängende Betteln um Kundschaft, ebenso wie die unterschiedlichen Gerüche der Stände, die sich zu einem unangenehmen Durcheinander vermischte und ihre Geruchsnerven überstrapazierte.

Es kamen nicht oft Fremde in dieses kleine Örtchen. Hauptsächlich Freibeuter und übles Gesindel trieben sich in den dunklen Nebengassen herum. Automatisch wanderte die Hand des Blonden an den Griff des Schwertes. In der Ferne sah er das schäbige Holzschild der Taverne im Wind schwanken, die einzelnen, betrunkenen Gäste, die sich davor trafen, Taten es der Täfelung gleich.

 

Kurz vor der Stadtmauer bogen sie links ab. Nach einigen duzend Schritte standen sie vor dem Haus des Viehwirtes. Zwei kleine Kinder spielten davor Fangen und musterten die Fremden argwöhnisch. Erst als der Besitzer des Grundes aus der Haustüre schritt, verzogen sie sich in Richtung Scheune.

"Was wollt Ihr, Fremde?" Schmatzte er und spuckte neben sich auf den Boden. Mit einem Spitzen Knochenstück reinigte er sich zwischen den Zähnen und blickte wartend auf die zwei Ilyea.

"Wir benötigen zwei Pferde, schnelle Rösser." Ergriff Naelh das Wort.

"Das könnt Ihr euch nicht leisten, Ilyea!"

Hatten sich die zwei so auffällig Verhalten, dass der Bauer bereits wusste, dass sie keine Menschen waren?

Kylian nahm das Cape ab und tritt vor den gut genährten Mann, seine Ohren waren gut versteckt hinter dem dichten blonden Haar.

"Hm, dein Freund soll ebenfalls die Kapuze abnehmen, ich verhandle nicht mit Elfen."

Der Blonde wusste, Naelh gefiel es nicht, dass er das Kommando übernommen hatte, lies ihn jedoch gewähren. Die offenen Wunden an seinen Ohren wurden damals mit Feuer versiegelt. Das dadurch entstandene Narbengewebe war sehr gut verheilt. Die heilenden Kräuter der Ilyea hinterließen nur etwas spitzere Ohren, wie bei gewöhnlichen Menschen. Diese Abnormalität schottete er mit den stets verstrubbelten Haaren ab. Keiner hatte jemals wieder seine verstümmelten Organe gesehen, nicht einmal seine besten Freunde. Kylian mied den Blick in einen Spiegel, nur wenn er mal wieder einen Tiefpunkt in seinem Leben hatte, oder die Frage nach dem "Warum er überhaupt noch lebte" fuhr er jede einzelne Narbe nach.

"Das wird er nicht tun. Ein Feuer hat sein Gesicht verstümmelt. Nicht einmal seine Frau sieht ihn ohne dieses Cape. Du wirst mir Vertrauen müssen." Es war Ilyea-untypisch zu Lügen, seine Abstammung zu verleugnen und sich Menschen so zu zeigen. Kylian hörte Naelh verächtlich schnauben, ehe dieser den Weg zurück zum Stadttor lief.

Der Blonde lächelte. Er überlies ihm tatsächlich diese Aufgabe, damit hatte er nicht gerechnet. Der stolze, dunkelhaarige Berg-Ilyea wollte immer das Kommando haben, vielleicht hatte er gemerkt, dass er so nicht weiterkam.

"Wohin wollt ihr Reiten?" Der dickbauchige Mann ging voran in Richtung Stallungen und winkte den Blonden hinter sich her.

"Zur Burg Siewenstein." Kylian war froh darüber, dass er die Tage auf dem Schiff verbracht hatte mit Schlafen und Nachts an Deck war. Er hatte die Gespräche der Matrosen mit angehört und wusste, dass die Hochburg der Menschen, in der selben Entfernung lag wie Ca'alean, nur weiter nördlich und nicht westlich.

"Wieso reist ihr nicht mit dem Schiff weiter? Das dauert 2 Tagen weniger."

Kylian strecke die Zunge leicht heraus. "Ich fühle mich auf dem Land einfach wohler. Und wenn ich die Wahl habe, nehme ich jeden Tag mehr in Kauf."

Nickend öffnete der Bauer die Stallung und der frische Geruch von Stroh wehte dem Ilyea entgegen. "Ich kann zwei Hengste anbieten. Zehn Jahre alt." Er führte ihn zu den Rössern und tätschelte dem einen die Seite.

"Verletzungen?"

"Er hier lahmt manchmal. Der andere ist nie wirklich eingeritten worden. Wildfang. 50 Goldstücke für beide." Der Wildfang war Braun-Weiß gescheckt, das andere Ross war Pechschwarz. Kylian würde den Wildfang nehmen müssen, damit das bandagierte Bein des Rappen nicht zu stark belastet wird. Naelh war ein Fliegengewicht. Ihn würde das Pferd schon tragen.

Doch der Blonde schüttelte den Kopf. "Nein! 20 Goldstücke. Mehr sind die Tiere nicht Wert."

"40."

"25. Mehr zahle ich nicht."

Grunzend wandte sich der Bauer ab. Er stolzierte auf und ab in dem Stall und hatte die Stirn in Falten gelegt.

Kylian tätschelte den Wildfang und fuhr ihm durchs Fell. Er hatte fast zwei Meter Stockmaß und war auch so ein Stolzes Pferd, dies erkannte er an dem Blick aus den dunklen Augen. "Ich will gnädig sein. 30 Goldstücke, so wie die beiden dastehen. Wenn du ehrlich bist, Viehwirt. Dann weißt du, dass du damit ein riesen Geschäft gemacht hast." Die beiden standen nun an dem großen Tor und der Ilyea hielt ihm die Hand hin.

Zögernd schlug der Beleibte ein. "Der Sattel kostet extra."

"33 mit Sattel. Dafür nehmen wir die beiden gleich mit."

Nickend rief der Wirt nach einem Mädchen. Dieses kam sogleich angelaufen und musterte Kylian dann. "Ja Vater?"

"Sattel die beiden Hengste für den jungen Mann."

"Aber Vater..." Das Mädchen verstummte, als ihr Vater sie anfunkelte. "Ja Vater." Flüsterte sie und ging.

"Den Schecken übernehme ich, wenn ich das Geschäft abgewickelt habe." Sagte Kylian und lies den dürren Oberarm des Mädchens wieder los. Sie nickte dankend und verschwand bei den Pferden. Er folgte dem Wirt in das Haupthaus. Dort legte er die 33 Goldstücke auf den Eichentisch und wartete bis der Bauer nickte. Viermal zählte er das Geld nach und schlug dann noch einmal ein. "Gute Reise." Nuschelte er und Kylian machte sich auf den Weg zurück zu dem Stall.

Sandra, das Mädchen redete ruhig auf die Hengste ein, der Rappe kaute auf einer Karotte herum und der Schecke tänzelte unruhig umher.

"Lass mich das machen, Mädchen." Der Ilyea lehnte an dem Holzbalken und hatte die Arme verschränkt. Er stieß sich ab und nahm die raue Decke entgegen. Diese legte er über einen Holzbalken und tätschelte dem Hengst zuerst den Hals. "Ruhig Kleiner. Wenn du mich an mein Ziel bringst, lass ich dich danach wieder frei. Einverstanden."

Der Schecke schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf. Kylian zog an dem Halfter und flüsterte dem Ross etwas ins Ohr. So sehr sich Sandra auch bemühte, sie verstand nur ein wispern, wie das leise Flüstern des Windes dem sie lauschen konnte, wenn sie bei Sonnenuntergang an die Klippe Ritt und die wenigen Augenblicke genoss, an denen sie sich wie eine freie Frau fühlte.

Wiehernd blähte der Hengst die Nüstern und scharrte auf dem Boden. "Ich hoffe für dich, dass das ein Ja ist." Nuschelte der muskulöse Blonde, nahm das Cape ganz ab, hängte dieses neben die Decke und schmiss den rauen Fetzen über den Rücken.

"Wie habt Ihr das gemacht?" Fragte Sandra erstaunt und musterte abermals den Körper des jungen Mannes. Ihre Augen wanderten unruhig umher. Glühend, Sehnsüchtig nach Freiheit und Liebe.

"Jedes Wesen hat seinen Preis, ich hab nur gut verhandelt." Gab er ihr wahrheitsgemäß als Antwort und schnallte bereits den dünnen Ledersattel fest. Eigentlich ritten Ilyea nicht wie die Menschen auf Satteln, jedoch blieb den beiden nichts anderes übrig. Die andere Möglichkeit war es, noch mehr aufzufallen und er war überzeugt davon, dass Naelh das ebenso wusste und nichts sagen würde. Wenn sie das Hoheitsgebiet der Menschen verließen, konnten sie das Leder immer noch wegwerfen.

Der Schecke war fertig und Sandra reichte dem Ross zum Abschied noch eine Karotte. Während Kylian sein Schwert an der Seite des Sattels befestigte holte das Mädchen einen Beutel mit Brot, Gemüse und etwas Obst. "Hier, aber sagt meinem Vater nichts davon."

Der Ilyea nickte, Band auch den Beutel fest und führte die Hengste auf den Hof. 

Naelh lehnte im Schatten an einem vollbehangenem Apfelbaum und Biss von der süßen Frucht ab. Das Kerngehäuse schmiss der Schwarzhaarige auf dem Boden und kam auf Kylian zu.

Dieser übergab ihm die Zügel des Rappen und widmete sich dann wieder dem Schecken. "Schmeiß mich nicht runter. Denk an unser Geschäft." Redete er beruhigend auf das stolze Ross ein und tätschelte ihm dann behutsam den Hals.

"Bist du fertig, Pferdeflüsterer? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit."

"Gut Ding will Weile haben!"

Naelhs verächtliches schnauben lies ihn kalt. Die beiden würden nie Freunde werden, also brauchten sie auch nicht überaus Nett zueinander zu sein.

"Leb wohl." Verabschiedete sich der Blonde von dem Mädchen und schwang sich auf den Rücken des Rosses. Der Hengst blieb ruhig, er tänzelte lediglich etwas auf der Stelle und lief langsam hinter seinem Schwarzen Genossen her. Der Ilyeanische Schwur wirkte bei jedem Wildtier Wunder. Fast so, als könnten auch diese Geschöpfe die Gesänge der Berge, dem Meer und des Waldes hören.

Als sie das Stadttor passierten, gaben sie den Tieren die Sporen und trieben sie an. Beiden war es Recht, so schnell wie möglich an ihr Ziel zu kommen.

 

Lange Zeit konnten sie nur dem Gebirgspfad folgen. Kylian genoss die Landschaft. Rechts von ihnen zog sich eine Felswand in die Höhe. Der rötliche Stein mit den weißen Mustern aus Kalk, verziert von vergangenen Zeitaltern, faszinierte ihn. Doch auch die Felder zu ihrer linken, die erst kurz vor den Klippen zum Meer endeten waren Atemberaubend.

Der Blonde hatte den Viehwirt nicht angelogen, er hasste es mit Schiffen übers Meer zu fahren trotzdem saß er gerne am Strand und lies die Wellen um seine nackten Beine streifen.

Er befestigte die Zügel am Sattel und öffnete den kleinen Beutel den er von Sandra bekommen hatte. Neben Brot und Karotten fanden auch ein paar der saftigen Äpfel ihren Platz darin. Er griff sich einen davon und vergrub seine Zähne darin, ein genüssliches seufzten verlies seine Lippen und er verspeiste die Rote Frucht mitsamt Kerngehäuse.

Eineinhalb Tage würden sie mit den Pferden brauchen. 

Kapitel 2

An einem Fluss machten sie halt. Die Sonne war schon fast untergegangen, so beschlossen sie, ihr Nachtlager aufzuschlagen. Der Blonde holte 2 der insgesamt 10 Wundersamen der Ilyeanischen Bäume hervor und beträufelte jeden einzeln mit Wasser.

Aus dem Ersten entstand ein prasselndes Feuer, es würde so lange Brennen, wie er es wollte. Feuerholz müssten sie nicht nachlegen, es war magisch und leuchtete leicht grünlich, wärmte jedoch genauso wie ein richtiges.

Der Zweite Samen verwandelte sich in einige tote Fische und das richtige Werkzeug um diese auszunehmen und zu Braten.

Kylian machte sich sogleich daran die herbeigezauberten Tiere von ihren Innereien zu befreien und sie am Fluss auszuwaschen, ehe er sie auf gespitzte Stecken spießte. Für jeden zwei sollte reichen. Auch das trockene Brot erwärmte er über der Flamme und brach es in Stücke. Es roch vorzüglich. Frisch gebratener Fisch, warmes Brot - gebacken auf offener Flamme.

"Ich muss wahrlich zugeben," sagte Naelh und wischte sich mit seinem Cape über den Mund, "du hättest Koch werden sollen, und nicht so ein schwertschwingender Dummkopf."

"Ich nehme das mal als Kompliment." Knirschte der Blonde und grub ein kleines Loch mit seinen Händen. Dort vergrub er die übrig geblieben Reste und wusch sich die Hände in dem klaren Bach. Die beiden Ilyea hatten ihren Wasservorrat aufgestockt und warteten nur noch auf den Sonnenaufgang.

Kylian legte sich neben das Feuer und betrachtete die Sterne. Er hörte Naelh leise schnarchen und beschloss, ebenfalls etwas zur Ruhe zu kommen.

Wilde Tiere wurden durch das Feuer abgeschreckt und es gab keine Menschen in der Nähe, die sich an ihn heranschleichen könnte. Die Berggeister würden ihn mit ihrem Lied warnen.

Er träumte schlecht.

Immer wieder verfolgten ihn rote, glühende Augen. Ihn und ein Mädchen. Er konnte nur ihr langes blondes, im Wind wehendes Haar sehen, doch sobald sie sich zu ihm drehte, löste sie sich auf und er stand alleine an einem Steg. Hinter ihm Wasser und vor ihm ein riesiger Schatten. Er erkannte nur diese leuchtenden, roten Augen, die ihm eine Gänsehaut am ganzen Körper bescherten. Ein Schwert raste auf ihn zu und drohte ihn zu entzweien.

 

Schweißgebadet wachte er auf. Er lag hektisch atmend auf dem Rücken und starrte in den Sternenklaren Himmel. Erst als in dem angrenzenden kleinen Waldstück Zweige knackten,  bewegte er sich. Schnell stand er auf, griff zu seinem Schwert und folgte den Geräuschen.

Die Schritte entfernten sich, er musste sich beeilen. Fast lautlos sah er eine Gestalt vor sich. Sie hatte ruckartig angehalten und duckte sich dann hinter einem umgestürzten Baum.

Kylian legte sein Schwert in greifbarer Nähe und kauerte ebenso hinter dem dicken Stamm. Seine Hand legte sich auf den Mund deren Person, die sich an sein Lager angeschlichen hatte.

Erstickendes Keuchen drang aus dem Mund des Mädchens. Er zog ihren zierlichen Körper an seinen und riss ihre samtgrüne Kapuze herunter. Braunes langes Haar konnte er im Mondschein erkennen und als er sie umdrehte begegneten seinem Blick angsterfüllte Augen von der Farbe wie Onyx glitzernd. Sandra - die Tochter des Viehwirtes.

"Was...!" Weiter kam er nicht. Sie schüttelte hektisch den Kopf und presste beide Hände auf seine Lippen.

Er linste über den Baum und verengte seine Augen. Seine Hände tasteten nach seiner Waffe und fanden sie zielsicher.

Erst jetzt merkte er die Wärme die von dem Anhänger an seinem Hals ausging.

Drei Reiter suchten den Wald ab. Ein Schimmel lag zuckend am Boden. Vom Hals ausgehend färbte sich das Schneeweiße Fell des Tieres Blutrot. Einer der Reiter zog seinen Zweihänder mit Leichtigkeit aus dem Körper und fuhr mit seiner Hand entlang der Klinge. Er führte die Blutverschmierte Hand zu seinen Lippen und leckte genüsslich darüber.

Kylian widmete sich schleunigst den beiden anderen Reitern zu. Die blutroten Augen stachen hinter den Kapuzen hervor und hinterließen wie in seinem Traum eine hartnäckige Gänsehaut.

Es dauerte nicht lange bis die drei weiter, dem Weg entlang, jagten. Erst als sie sich außer Reichweite befanden, atmete der Ilyea tief ein und aus. "Was machst du hier?" Presste er hervor und funkelte sie erzürnt an.

"Als... Als Ihr weg seid, kam ein Mann zu meinem Vater und gab ihm Gold, viel Gold, wenn er ihm verriet, wohin Ihr Reiten würdet." Sie räusperte sich und löste sich sogleich von dem Anblick den ihre Stute preisgab. "Ich wollte Euch warnen."

"Du hast sie eher zu uns geführt. Woher wusstest du wo wir sind?"

"Ich habe Eure Spuren gelesen. Bitte, schickt mich nicht weg. Ich werde Eure Reise nicht  behindern."

"Das geht nicht! Gibt es in der Nähe eine Stadt der Menschen?"

Sie schüttelte den Kopf und blickte zu Boden.

"Lüg mich nicht an!"

"Tue ich nicht. Nehmt mich doch einfach mit? Bitte, ich verrate niemanden, dass ihr Ilyea seid."

Ein Schrei durchbrach ihr Gespräch das in einem Streit enden würde. "Naelh..." Kylian rannte in Richtung Fluss. Der schwarzhaarige hatte den Armreif bei sich. Keiner der beiden konnte ihn zwar tragen, doch der König der Berg-Ilyea würde es brauchen, um eine neue Hüterin zu finden.

Am Fluss angekommen fand er seinen Begleiter bei ihren Pferden. Er sattelte gerade den Rappen und zog sich rasch das Cape über sein Haupt als er Sandra entdeckte. "Was macht sie hier?"

"Sie ist uns gefolgt!"

"Und hat die Dämonen gleich mitgebracht? Wieso tötest du sie nicht einfach?" Naelh schrie ihn an und Schritt energisch auf ihn zu.

"Warum sollte ich? Sie ist ein Mensch, kein Dämon. Dieses Schwert wird nur eingesetzt wenn es nötig ist."

Wieder durchbrachen Schreie die Dunkelheit der Nacht. Sie wurden über den Fluss getragen, konnten nicht weit weg sein.

"Da... hinten ist ein Haus und eine Mühle. Ein alter Bauer mit seiner Familie wohnt da und versorgt das Dorf mit Mehl."

"Wir reiten weiter, das geht uns nichts an." Naelh ging zurück zu den Pferden und fing an den Schecken zu satteln.

"Sie sterben wenn Ihr ihnen nicht helft. Bitte!" Sandra ging zu dem Schwarzhaarige  und flehte ihn. Ihre Augen füllten sich mit bitteren Tränen und sie sank vor ihm auf die Knie.

Der schlanke Ilyea holte aus und gab dem Mädchen eine Ohrfeige. "Wenn du sie nicht auf unsere Fährte gelockt hättest, wäre nichts passiert. Du bist Schuld an ihrem Tod. Nicht wir!" Er warf Kylian ein kurzes Stück Seil zu und befahl ihm, Sandra zu Fesseln. Sie würde mit ihnen kommen. Als Gefangene.

 

Wüsste er es nicht besser, würde Kylian behaupten, Naelh wäre besessen. Seit vielen Stunden ritt er nun schon schweigend hinter ihm her. Er trieb den lahmenden Rappen ohne Mitgefühl weiter an und lenkte die Pferde weiter den Fluss entlang. Bei Geraden Flächen, galoppierten sie in dem kalten klaren Wasser und sobald das Flussbett zu uneben wurde, ritten sie am Ufer entlang. Sandra hatte sich in den Schlaf geweint. Kylian hatte darauf geachtet den Strick nicht zu fest um ihre zarten Handgelenke zu Schnüren, doch auf der Hälfte der Strecke hatte sein Begleiter sie kontrolliert. Jetzt schnitten sie in das weiße Fleisch und rieben ihre Haut wund.

"Wir müssen rasten."

Naelh ignorierte ihn und blickte nur gerade aus.

"Naelh, die Pferde brauchen eine Pause, sonst haben wir bald nur noch eines." Er trieb den Schecken an und kam auf Augenhöhe mit dem sturen Ilyea. "Lass uns rasten!" Er griff nach den Zügeln des Rappen und hielt ihn auf.

"Wer hat auf einmal dir das Kommando übertragen?"

"Da oben auf dem Felsen haben wir einen guten Überblick. Es wird bald Dunkel."

Nach endlosen Minuten nickte der Schwarzhaarige und lenkte den Hengst vor den Felsen, dort sprang er herunter und formte mit einem kleinen Teil seiner Magie eine Höhle. Er setzte sich hinein und schloss die Augen. Wenn er schon rasten müsste, würde er keinesfalls mehr tun wie diese Schlafstätte zu schaffen.

Verzweifelt schüttelte Kylian den Kopf und weckte ihre Gefangene. Er half ihr herunter und  lockert das Seil. "Sei einfach still und weiche mir nicht von der Seite."

Sie nickte, ging mit ihm zu dem mittlerweile sehr dünnen Rinnsal das von dem großen Fluss übrig geblieben war und benutzte ihre Hände als Trog zum trinken. Sie hatte zwar immer wieder kleine Schlucke aus dem Gefäß von ihrem Blonden Entführer bekommen, doch das Wasser hatte sich sehr schnell durch die Sonne erwärmt und schmeckte abgestanden.

Kylian füllte die Krüge neu und wartete bis die Pferde genug getrunken hatte. Er sattelte den gebrechlichen Rappen ab und übergoss ihn mit kaltem Wasser. Lange würde es der Hengst nicht mehr aushalten. "Was ist mit ihm geschehen, dass er lahmt?"

"Er ist vor einiger Zeit gestürzt, sein Bein war gebrochen, wir hätten nicht gedacht, dass er es überhaupt überlebt."

Er nickte und zog einen weiteren Samen aus der kleinen Tasche an seinem Gürtel und beträufelte es mit Wasser.

Gespannt blickte Sandra auf den Samen. Er leuchtete hell und letztendlich formten sich lange Blätter eines ihr unbekannten Baumes. Der Ilyea befeuchtete sie und wickelte diese um das leicht deformierte Bein. Er führte die Pferde an den Fuß des Felsens und brachte den Rappen mit ein paar geflüsterten Worten und anmutigen Handbewegungen dazu sich hinzulegen. Wie routiniert kontrollierte er die Blätter, übergoss sie mit Wasser und füllte dann die Krüge wieder auf. "Was sind das für Blätter?"

"Sie helfen ihm. Ihm und uns, ohne diese Heilkräuter würde er die restliche Entfernung nicht überleben." Der Blonde half Sandra in die Höhle und beäugte den Schlafenden Ilyea. Zumindest tat Naelh als würde er schlafen. Doch sein Atem ging noch immer viel zu schnell dafür.

Kylian entzündete wieder sein magisches Feuer und umwickelte das Mädchen mit seinem Cape. Sie zitterte. Die schattige Höhle war kühl. Hätte Naelh sie in den Morgenstunden geformt hätte sie sich bereits mit der Wärme der Sonne aufgeladen. Der Hüne nahm einen Platz am Eingang ein und genoss den Sonnenuntergang. Zu Essen hatten sie noch das restliche Brot und ein paar Äpfel. Die Karotten hatte er den Pferden gegeben.

 

Die Sonne ging schnell unter. Dunkle Wolken schlichen sich vor den vollen Mond und kurze Zeit später prasselte der Regen auf den Fels. Vorausschauend hatte Kylian einen weiteren Samen für ein Dach über den Pferden geopfert. Mit bloßem Auge konnte man nur eine dicke Felsschicht entdecken. Sollten diese rotäugigen Dämonen immer noch nach ihnen suchen, wären sie für die heutige Nacht sicher.

 

Er  wachte auf. Jemand hatte sich an ihn gekuschelt und feine Härchen kitzelten seine Nase und er strich sie sanft weg. Als er sich umblickte stutze er. War er nicht eben noch in einer Höhle? Wieso befand er sich jetzt in einer Scheune? Auf herrlich weichem Stroh und dem Geruch von Weizen um sich?

Er besah sich das Mädchen genauer. Sie war blond wie in dem Traum davor. Also war es nicht Sandra. Er hob die Decke etwas höher um das Mädchen besser zu erkennen, doch er lies sie sofort wieder sinken. Sie war nackt! Und erst jetzt merkte er, dass es bei ihm nicht anders war. Was in drei Teufels Namen ging hier vor sich?

Er hörte sie Seufzen und versteifte sich als sie sich bewegte. Ihre langen seidenen Haare strich sie sich hinter die Ohren und seine Augen weiteten sich. Sie war ein Halb-Ilyea, die Ohren spitz aber nicht so lang wie üblich. Ebenso wie seine früher, laut Erzählungen, gewesen waren.

Er blickte in ihre Augen. Meeresblau. Bei genauerer Betrachtung sah er die goldenen Sprenkel die sich sanft über ihre Iris verteilten. Er hatte noch nie so wunderschöne Augen gesehen.

Eine einzelne Träne rann über ihre zarten, wie Marmor weißen Wangen und er wischte sie schnell fort. Sie sollte nicht weinen.

"Du musst mich retten, Kylian!"

"Wie meinst du das?" Seine Stimme klang rau, wie Tage später nach einem Unfreiwilligen Bad in Eiswasser.

Blitzschnell verwandelte sich ihr Gesicht in eine unerkenntliche Fratze, ihre Augen weiteten sich vor Schmerz, sie wollte etwas sagen, doch es kam nicht mehr, wie erstickendes Gurgeln, aus ihrem unnatürlich weit aufgerissenen Mund. Er schloss für einen Moment die Augen, er musste sicher gehen, dass er nicht Träumte. Doch als er sie wieder öffnete, lachte das blonde Mädchen und rotglühende Augen traten an die Stelle ihrer wunderschönen.

 

Hecktisch atmend stand er auf. Es war dunkel um ihn herum, das leuchtend grüne Feuer war fast ausgegangen. Ein einzelner Blick reichte, die Flamme wuchs wieder und tauchte die Höhle in ein sanftes Licht.

Ein Schrei ertönte und Kylian spähte in den nahegelegenen Wald. Die Wolken hatten sich verzogen und das Licht des Mondes schien heller als sonst zu leuchten. Es war ein leichtes für ihn, die kleine Rauchschwade in der Nähe zu entdecken. Ein weiterer Schrei lies ihn zusammenzucken.

Die Dämonen hatten sie gefunden. Schon wieder.

"Tu doch etwas...!" Sandra klammerte sich an seinen Arm und flüsterte ein Gebet. Er kannte den genauen Wortlaut nicht, aber es war allseits bekannt als das Glaubensbekenntnis der Menschen.

Der Blonde nickte, hob sie hoch und trug sie aus der Höhle. Er hatte Naelh einige Blickte zugeworfen, doch er schien weiter zu schlafen. Vielleicht befand er sich auch in einer tiefen Phase der Meditation. In dem Gebilde aus Stein war er sicher, er konnte nur das Mädchen nicht bei ihm lassen, am Ende würde er sie noch töten und sie Beschuldigen wieder diese rotäugigen Bestien auf ihre Spur gelenkt zu haben. Doch das glaubte Kylian nicht. Also trug er sie zu den Pferden, beruhigte die beiden Hengste mit einem Ilyeanischen Zauberspruch und setzte sie ab. Sein Schwert lehnte noch immer gegen die steinerne Wand und er nahm es auf.

"Hier kann dich keiner entdecken. Selbst wenn sie genau davor stehen. Du darfst nur keinen Laut von dir geben."

Sie nickte und wischte sich tapfer die Tränen aus dem Gesicht. Sie hatte Angst. Panische Angst, er konnte sie förmlich spüren.

"Ich komme so schnell wie möglich zurück!" Er streichelte ihr noch einmal sanft über den Kopf und eilte dann in Richtung der um Gnade bettelnden Schreie.

 

         Weit konnte es nicht mehr sein. Er roch verbranntes Haar und Blut. Hoffentlich kam er noch nicht zu spät.

Dunkles Lachen war zu hören und er verlangsamte seinen gang etwas. Mit erhobenem Schwert linste er um einen dicken Baum herum und konnte fünf Menschen entdecken, sie knieten vor einem der drei Dämonen und weinten.

Weiches blondes Haar lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Das Mädchen aus seinem Traum. Aus beiden Träumen. Sie blickte auf den Boden und knetete nervös ihre Hände. Weder die Ohren noch diese hübschen Augen konnte er genau erkennen.

Kylian musste sich losreisen. Irgendetwas zerriss ihm fast das Herz jetzt wo er sie in Natura sah, ohne den Schleier eines Traumes. Es sei denn es war ein Traum im Traum.

Er schüttelte heftig den Kopf und konzentrierte sich auf die restliche Umgebung. Nur ein Reiter. Einen würde er besiegen. Wenn er sich anschlich und das Schwert direkt durch sein dunkles Herz rammte. Natürlich musste er ihn danach Köpfen. Dämonen starben nicht so leicht.

Er musste schnell handeln. Der Rotäugige hatte seine Hand auf den Kopf eines schäbig gekleideten jungen Mannes gelegt und entzog ihm die Lebensenergie. Kylian hörte den schnellen Puls des Menschen deutlich, auch als er sich abrupt verlangsamte. Er musste Handeln. Jetzt. Der Reiter des Verderbens war abgelenkt das musste er ausnutzen.

Also schlich er sich an. Drei Schritte stand er noch entfernt um ihn Köpfen zu können. Das blonde Mädchen sah zu ihm und lächelte erleichtert. Auch der Dämon hatte dies gesehen, drehte sich um und lies sein dunkles lachen ertönen.

"Ilyea..." Stammelte er immer wieder zwischen hysterischem Lachen. Er formte ein Schwert aus dunkler Magie und eröffnete den Kampf.

Der Ilyea parierte und verringere den Abstand zwischen den Kämpfenden. Sein Schwert war kürzer wie die Dämonenklinge. Wesentlich kürzer. Er drängte den Rotäugigen nach hinten, Richtung Feuer, doch als dieser über die Flammen schritt passierte gar nichts. Es stärkte ihn eher. Dies bekam Kylian auch gleich zu spüren. Während er einem weiteren Schlag parierte traf ihn die Faust genau in der Mitte der Brust. Er stolperte zurück und japste nach Atem.

Er musste schneller agieren. Der Reiter durfte ihn nicht treffen, es benebelte seine Gedankensicht. Die Kraft des Dämons war Atemberaubend, sie projizierte Bilder von Wesen – Menschen wie Ilyea - mit den Qualen des Dämonenfeuers in seinen Kopf. Angsteinflößende, erschreckende Bilder.

"Hast du Angst? Ilyea!"

"Nein! Und du? Dämon!"

Als Antwort lachte er und legte den Kopf in den Nacken. Er amüsierte sich köstlich eher er merkte, dass Kylian genau diese Situation und Unachtsamkeit ausgenutzt hatte, um ihn anzugreifen.

Er hatte ihn enthauptet, schnell und präzise. Kurze Zeit nach dem Hieb, in den er alle Kraft gesetzt hatte die er mobilisieren konnte, klappte der Körper zusammen. Der Kopf landete mitsamt Kapuze in dem kleinen Lagerfeuer und entfachte eine große Stichflamme ehe sie bedrohlich leuchtend, aber kleiner, weiterbrannte.

Kylian sackte auf die Knie und lehnte seinen Kopf gegen den Griff des Schwertes. Er hatte nicht nur seine ganze Kraft in diesen Schlag gesteckt, sondern auch dem Gegenschlag nicht ausweichen können. Eine schmerzende Wunde zierte seine linke Seite und Blut färbte sein beiges Oberteil dunkelrot.

"Du bist verletzt!" Das blonde Mädchen kniete vor ihm, strich ihm die wilde Mähne aus dem Gesicht und betrachtete vorsichtig den Schnitt.

Hätte der Dämon sein Schwert geschwungen statt zu stoßen wäre er ebenfalls über den Jordan gegangen. Doch so war es nur an ihm vorbeigeschrammt.

"Ist nicht so schlimm." Ihre Augen begegneten seinen und wieder war es um ihn geschehen. Wie in Trance berührte er ihre Wange und fuhr den aristokratisch wirkenden Wangenknochen nach.

"Saena..." Eine Frau die dem Mädchen, bis auf das Alter, zum verwechseln ähnlich sah legte ihr die Hände auf die zarten Schultern und zog sie einen Meter zurück.

"Mutter! Er hat uns gerettet." Sagte diese entrüstet, schüttelte ihre Mutter ab und lief eiligen Schrittes zu dem Planwagen. Saena kam mit einem Verband zurück und kniete wieder vor dem Ilyea. „Halte still, bitte.“

„Später. Wir müssen hier weg. Es sind insgesamt drei Dämonenreiter.“ Er stand auf und hängte sein Schwert zurück an seinen Gürtel. „In der Nähe ist eine Höhle, dort seid ihr sicher.“ Er wandte sich an die Mutter und ging los. Es gab zwei Möglichkeiten, sie folgten ihm oder nicht. Er hoffte, dass sie ihm Nachlaufen würden.

 

Kylian hatte Glück, sie folgten ihm. Den Körper des Jungen schleppten sie mit sich. Der Vater des Mädchens, zumindest hatte er das aus den leisen Gesprächen herausgehört, trug ihn und legte ihn in der Höhle ab als sie dort ankamen.

Der blonde Ilyea runzelte die Stirn und blickte sich um. Naelh war verschwunden. Er sah bei den Pferden nach und fand nur die apathische Sandra. „Hey, was ist passiert? Wo ist Naelh?“

„Die Dämonen... Sie haben ihn... Sie waren hier und haben ihn mitgenommen. Aber sie haben mich nicht gesehen. So wie du es gesagt hast.“ Sie warf sich um seinen Hals und weinte bitterlich.

„Nein...“ keuchte er, schob sie von sich und stürmte wieder in die Höhle. Er ignorierte die kleine Familie die sich in dem engen Steingebilde breitmachte und durchsuchte Naelhs Habseligkeiten. „Nein, nein, nein...!“ Kylian stöhnte erleichtert auf, ganz unten in dem Beutel des Schwarzhaarigen ertastete er den Armreif. Er holte ihn heraus und besah ihn sich. Sie hatten ihn nicht gefunden. Die Dämonen hatten nur den Ilyea in Gewahrsam, aber nicht den Bernsteinarmreif errungen.

„Was ist das?“ Sandra stand am Eingang der Höhle und wickelte das Cape enger um sich, als würde sie frieren.

„Das würdest du nicht verstehen, in welche Richtung sind sie geritten?“

„Ich weiß nicht...“

„Dann streng dich an!“ Kylian war aufgestanden, hatte den Armreif in seine Gürteltasche gesteckt und rüttelte an ihren Schultern. Er musste Naelh finden und dann endlich zu dem König der Berg-Ilyea. Es war sein Schicksal diese Aufgabe zu meistern und eine neue Hüterin zu finden.

„Richtung Burg.“ Sie wich seinem Blick aus und wimmerte leise. „Ihr tut mir weh.“ 

 

„Ich komme mit dir.“

„Nein!“

„Ich kann dir helfen.“

„Kannst du nicht.“ Kylian sattelte den Schecken und befestigte all jenes, dass er gebrauchen würde daran.

„Kylian, bitte.“ Sie erschrak als er sich blitzschnell zu ihr herumdrehte.

„Woher kennst du eigentlich meinen Namen? Ich hab ihn dir nicht gesagt!“ Ihre Eltern, Großmutter und Sandra standen in der Höhle und betrachteten den Sonnenaufgang.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe von dir geträumt.“ Sagte sie kleinlaut und strich sich ihr Haar hinters Ohr. „Weißt du, ich bin ein Halb-Ilyea, mein Vater, ist nicht mein richtiger Vater. Mutter erzählt mir immer, dass er ein ...“

„Ich will das nicht wissen, geh hoch in die Höhle und warte bis die Sonne ganz aufgegangen ist. Dann kehrt ihr in die Stadt zurück, aus der ihr kamt. Nehmt Sandra am besten gleich mit. Ich habe kein Interesse an deiner Hilfe.“

 

Wenn er sich beeilte, würde er die Dämonen einholen können. Zwar hatte er noch keine Idee wie er gegen zwei gleichzeitig kämpfen sollte und auch noch überleben würde, jedoch nahm er sich als Vorsatz gut improvisieren zu können.

Sein Pferd war fertig gesattelt, er erklärte Sandra dass sie am Morgen bevor sie weiterritten den Verband abermals mit Wasser durchnässen sollte. Danach ginge er von selbst ab. Sandra nickte und trat ein paar Schritte zurück.

"Wir können nicht dahin zurück. Sie haben uns aus der Stadt gejagt!" Saena hatte seine Zügel beschlagnahmt und verschränkte trotzig die arme vor der Brust.

Er entriss sie ihr und zeigte nach Osten. "Zwei Tage in diese Richtung. Da ist eine freie Stadt. Menschen und Ilyea wohnen dort Tür an Tür. Da könnt ihr hin!" Schwungvoll stieg er auf den Schecken und dieser wieherte laut.

Er verabschiedete sich und galoppierte Richtung Westen, dorthin führten die Spuren der Rotäugigen.

Kapitel 3

Kurz vor Sonnenuntergang hatte er sie eingeholt. Er schlich sich an das Lager an und war froh so eine gute Intuition zu haben, auf der Hälfte der Strecke hatten sich die Reiter getrennt. Er war der Spur nachgegangen von der Kylian dachte sie wäre die Richtige und hatte zielsicher getroffen.

Naelh lehnte gefesselt an einem Baum. Äußerlich hatte er keine Verletzungen, das lies den Blonden aufatmen, bereitete ihm aber auch gleichzeitig unsagbare Bauchschmerzen. Hatten sie den Schwarzhaarigen so überrascht, dass dieser sich nicht einmal gewehrt hatte?

Ihm würde das nicht passieren. Eher starb er wie in der Gewalt dieser Rotaugen zu sein.

Ungläubig zog er eine Augenbraue nach oben. Legte sich der Dämon gerade schlafen? Ohne Naelh stärker zu fesseln? Auch der schwarzhaarige Ilyea runzelte verwundert die Stirn. Er wartete ein bisschen und versuchte dann aufzustehen, doch ehe er dazu kam, kippte er zur Seite weg und helles licht blendete Kylian.

Er griff zu seinem Schwert und betrat den Lichtkegel, gegen aller erwarten war es stockdunkel darin. Das Feuer das der Dämon davor entfacht hatte flackerte sehr klein. Es erleuchtete nur Umrisse der beiden Gestalten und erschwerte die Absicht den Rotäugigen zu enthaupten. Kylian schlich auf den Körper des Dämons zu, er lag näher an der Lichtquelle, so viel wusste der Ilyea. Der Vermummte wachte nicht auf, auch nicht als ein Ast bedrohlich laut unter der Sohle seines Schuhes knackte.

Es war ein Kinderspiel den Kerl zu enthaupten. Als dies geschehen war, löste sich das Schwarz der Umgebung auf und der Mond erhellte wieder den Himmel.

"Das war zu einfach..." Murmelte der Blonde, schnitt die Fesseln von Naelh los und schüttelte diesen so lange bis er die Augen öffnete.

"Was ... Was ist passiert?"

"Die Reiter haben dich Gefangen genommen. Sie hatten sich getrennt, dein Aufpasser liegt da neben dem Feuer."

"Der Armreif!!"

"Ist in Sicherheit!"

Die Situation war nicht geheuer. Er traute Naelh nicht mehr über den Weg. Der sonst so egoistische Ilyea hatte sich verändert, oder er spielte Kylian etwas vor. Weder fragte er, wo der Armreif sei, noch konnte er sich daran erinnern wie die Dämonen ihn mitnahmen, dabei hatte Sandra ihm erzählt, sie hätte eindeutig seine Stimme gehört. Und die war markant für einen Mann, relativ hoch aber noch nicht lächerlich. Wieso sollte ihn das Mädchen anlügen.

"Wir müssen weiter, haben aber nur noch ein Pferd."

Naelh nickte und stieg hinter Kylian auf den Schecken. Den Kopf des Dämons hatten sie noch in das Feuer gelegt. Es war zwar nicht bewiesen, aber es hieß, die Rotaugen besetzten nur einen Körper, um die Dämonenseele zu töten musste man ein Stück des Körpers abtrennen und verbrennen, bestenfalls den kopf.

 

Einen Tag später ritten sie an dem großen Berg entlang. Links und Rechts neben ihnen waren Häuser in den Felsen gelassen. Die einheimischen Berg-Ilyeas betrachteten sie argwöhnisch, mit Furcht und mit Wut. Meistens aber mit Neugierde.

Vor dem Palast hielten die Wachen sie auf. Sie erhoben ihr Schwert gegen die Neuankömmlinge. "Zeigt uns euer Gesicht... Ilyea!" Dieses Mal war es Kylian, der das Cape tief in sein Gesicht gezogen hatte und nun vom Rücken des Pferdes stieg.

"Wenn es sein muss." Flüsterte er und entblößte seine strohblonde Mähne die wie gewohnt seine Ohren verdeckte.

Kylian rechnete fest damit überwältigt zu werden und die Nacht im Kerker zu verbringen. Mal wieder. Letztes Mal, als er in ein anderes Dorf geritten ist, musste er all seine Magie aufbringen damit man ihm glaubte.

Die Wachen senkten ihre Schwerter und baten die jungen Ilyea ihnen in das angenehm kühle Gebäude zu folgen.

"Was zum...!" Flüsterte Kylian und Naelh zuckte mit den Schultern. Diese Reaktion auf den Blonden war neu.

Sie betraten den Speisesaal und wurden getrennt.

Der Schwarzhaarige wurde angewiesen sich zu setzen und zu warten, während der Blonde einen Raum weiter geführt wurde. Einzig und alleine die Tatsache, dass sie ihn nicht entwaffnet hatten, beruhigte ihn ungemein. Er verstand es nicht, aber er würde herausfinden was hier los war. Seine rechte Hand wanderte an den Griff des Schwertes und lässig spielte er mit dem Teil eines Lederbandes, das herunterhing.

"Wartet hier." Die Wachen ließen ihn alleine und Kylian blickte sich ungläubig um. Unzählige Bücher mit alten, meist abgegriffenen, Einbänden zierten die Wände.

"Ich hab ja schon viel erlebt, aber das ist selbst mir neu." Nuschelte er und stand vor einer Gemüseschale, sie stand vor einem Thron. Man konnte sie von dort aus mit Leichtigkeit erreichen und die Verlockung war groß sich auf diesen Steinstuhl mit rot-goldenem Samt nieder zu lassen. Gerade als er sich eine Weintraube in den Mund schob, öffnete sich ruckartig die Türe hinter ihm.

Er wirbelte herum, schluckte die Frucht fast unzerkaut herunter und unterdrückte ein Husten.

Ein Mann, etwa so groß wie er, mit vermummten Gesicht und einem bedrohlich wirkenden Zweihänder am Rücken stolzierte auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. "Was führt dich hier her?"

"Ähm..." War das etwa der König? Er konnte verlangen, dass der Ilyea sein Cape abnahm und sicher gehen. Auf der anderen Seite wusste er nicht einmal genau wie der Herrscher der Berg-Ilyea aussah. Es gab Skulpturen. Aber diese zeigten weder die Haarfarbe noch die Intensität der Augen, die meisten waren auch sehr abstrakt und man erkannte nicht viel. Gemälde fertigten dagegen nur die Menschen.

Kylian kniete sich auf sein linkes Knie und senkte sein Haupt. Das musste der König sein, wer sonst würde mit dem berühmten Zweihänder des Volkes herumlaufen. Man konnte es an den Bernsteinen erkennen die im Griff verarbeitet waren. Laut Legenden leuchtete auch die Schneide in einem kräftigen Orange, gefärbt mit der Magie der Adelsfamilie.

Er stellte sich vor und Entschuldigte sich für sein Verhalten. Ebenso erzählte er von der Tatsache, dass die vorherige Hüterin des Armreifes umgebracht worden war und die Ältesten des Tempels ihn und Naelh geschickt hatten um den König um Hilfe zu bitten.

"Hast du den Armreif bei dir?"

Der blonde nickte.

"Sehr gut. Folge mir." Der König ging an Kylian vorbei und öffnete eine Türe. Dort wartete er auf den perplex schauenden jungen Mann und hielt ihm die Türe auf. Darin befand sich eine weitere Bibliothek mit zwei bequemen Sesseln, einem kleinen Tisch auf welchem ein Ilyea-Mädchen einen Tonkrug und zwei Becher abstellte. Sie verabschiedete sich bei beiden mit tiefen Verbeugungen und der blonde Krieger wurde aufgefordert sich zu setzten.

"Ich weiß nicht ob wir die Zeit zum Plaudern haben. Ein Dämon ist uns auf den Versen und ich weiß nicht..."

"Nur einer?"

"Es waren mal drei!"

"Gut gemacht! Aber jetzt setz dich. Trink etwas Wasser und hör mir zu!"

"Darin bin ich nicht sehr gut. Naelh ist dafür vorgesehen mit Euch zu sprechen." Kylian nahm das Schwert ab, lehnte es gegen den einen Sessel und lies sich hinein plumpsen. Es war traumhaft bequem. Wunderbar weich und 1000mal besser als der Rücken eines galoppierenden Hengstes.

Der König tat es ihm gleich und schenkte beiden ein. Er reichte Kylian einen der Becher und trank selbst von seinem. Das Cape trug er immer noch, somit sah man nur seine vollen Lippen die sich bewegten und lächelten.

"Ich kann das Cape abnehmen, aber ich will erst, dass du mir zuhörst."

Kylian nickte und nippte an dem frischen, kalten Bergquellwasser.

"Gib mir den Armreif."

Der Blonde holte ihn aus seiner Gürteltasche und übergab ihn dem König.

"Wusstest du, dass nur Frauen diesen Armreif tragen können und die Kraft die in diesem Bernstein innewohnt entfalten? Außerdem muss sie aus adeligem Hause stammen. Die letzte Hüterin war meine Cousine. Es gab eine Zeit da gab es kaum weibliche Nachfahren dieser Familie. Auch jetzt gibt es nur eine. Eine junge Frau. Meine Tochter."

"Moment... Ihr habt eine Tochter?"

"Und einen Sohn."

"Aber..."

Der König erhob die Hand und brachte ihn zum Schweigen. Kylian nuschelte eine Entschuldigung und hörte weiter aufmerksam zu.

"Zu ihrem Schutz wuchsen sie bei ihrer Mutter auf. Eines Tages wurde mein Sohn von den Dämonen verschleppt. Sie versuchten dadurch an den Bernsteinarmreif zu kommen. Doch ich konnte es ihnen nicht geben. Ich liebe meine Kinder, doch sie hätten ihn so oder so getötet.

Doch es kam anders. Sie haben ihn gefoltert und gebrandmarkt. Entweiht, sagen einige. Seitdem wartete er auf sein Schicksal. Er ist der Beschützer der Hüterin. Er wird seine Schwester bis auf den tot verteidigen müssen wenn es so weit kommt. Ich hoffe er ist bereit dafür. Und stirbt nicht."

"Wenn er gut ausgebildet wurde, schafft er das mit Sicherheit. Hätte ich eine Schwester würde ich alles für sie tun!"

Der König seufzte, er nahm langsam seine Kapuze ab und blickte Kylian aus bernsteinfarbenen Augen an.

"Was zum Teufel...?" Kylian war aufgesprungen, hatte seinen Sessel und den Tisch mitsamt Krug umgeworfen und blickte entsetzt in das Gesicht des Herrschers. Es war sein Gesicht, nur etwas älter. Mit Sorgenfalten auf der Stirn und einer Narbe über dem Auge.

Der König sagte gar nichts. Er lehnte sich zurück und faltete die Hände.

"Was hat das zu bedeuten?"

"Kannst du dich gar nicht mehr an früher erinnern? Dein eigentlicher Name ist Alaric. Der erstgeborene wird nach dem Vater benannt! Das Kennzeichen der Herrschaftsfamilie ist übrigens die kurze Form der Ohren." Alaric strich sich die langen Haare hinter dir Ohren und forderte Kylian auf, sich wieder zu setzen.

"Du musst deine Schwester finden und sie in Sicherheit bringen. Dämonen können das Blut der Hüter rauschen hören, wenn sie in ihrer Nähe sind."

Kylian setzte sich zwar wieder hin, sprach jedoch nicht mehr mit seinem wiedergefundenen Vater. Er musste diese Neuigkeiten erst einmal verarbeiten.

Er könnte in kürzester Zeit neben seinem Vater auch seine Mutter kennen lernen und er hatte eine Schwester, wahrscheinlich jünger wie er, aber mit kürzeren Ohren wie ein normales Ilyea.

"Wie heißt sie..." Er hatte eine dumme Vorahnung. Saena hatte kürzere Ohren. Sie sah zwar eher ihrer Mutter ähnlich, jedoch hatte sie denselben Sturkopf wie Kylian selbst. Er konnte nur beten, dass es nicht die halb-Ilyea war.

Er hatte immerhin Träume mit dem Mädchen von Sachen die er niemals auch nur ansatzweise mit seiner Schwester haben wollte.

Je mehr er daran dachte, desto übler wurde ihm.

"Ihr Name ist Saena, aber...!"

Alaric kam nicht weiter. Sein Sohn war aufgesprungen, hatte sich sein Schwert geschnappt und rannte bereits durch den Thronsaal. "Kylian!" Rief er hinter ihm her und folgte ihn. Der Blonde würde nicht weit kommen.

 

Noch im Speisesaal hatten seine Wachen den jungen Ilyea-Krieger überwältigt. Sein Schwert lag am Boden und er kniete da. Zwei seiner besten Kämpfer hielten ihn in Schacht und warteten auf einen Befehl, ihre Schwerter hielten sie dem Blonden an die Kehle.

"Nehmt die Klingen runter."

Naelh blickte vom König zu Kylian und zurück. Ungläubig öffnete er immer wieder den Mund um ihn sprachlos wieder zu schließen. Er sah aus wie ein Fisch im Wasser.

"Sie sollen mich loslassen!" Knurrte der jüngere den älteren der beiden Doppelgänger an.

Im Grunde war nur die Frisur anders. Der König hatte sehr lange Haare, streng geflochten zu einem großen Zopf. Kylian dagegen schnitt sich die störenden Haare immer wieder ab und lies sie einfach verstrubbelt über die Ohren fallen. Er sah wilder und energiegeladener aus wie Alaric. Doch das funkeln in den Augen war gleich, auch wenn die Iris unterschiedliche Farben hatten.

"Und dann?"

"Gehe ich und suche Saena!"

"Du weißt nicht einmal wo du anfangen musst!"

"Oh doch! Und zwar dort, wo ich sie vor nicht ganz zwei Tagen zurückgelassen habe. Wir sind uns begegnet! Also sag ihnen sie sollen mich loslassen!"

Alaric seufzte und nickte dann. Seine Wachen ließen die Oberarme des Prinzen los und dieser stand ruckartig auf.

"Warte bis Sonnenuntergang. Dann hab ich ein Geschenk für dich und ich lasse dich ohne Bedenken um deine oder ihre Sicherheit gehen."

"Und wenn der Dämon sie bis dahin hat?"

"Wird er nicht. Vertraue mir!"

"Das ist schwer."

"Es gibt bald Essen, danach lasse ich dich gehen. Entweder du bleibst freiwillig bis dahin, oder ich lasse dich einsperren."

Kylian linste zu seinem Schwert. Mit einem Hechtsprung erreichte er es, zog es aus der scheide und grinste angriffslustig. "Versuchs doch!"

"Für so etwas haben wir keine Zeit. Bringt die Beiden in freie Zimmer. Mit je einem Wachposten davor. Bei meinem Sohn lieber zwei Wachposten."

 

Kylian lief auf und ab in dem kleinen aber doch gemütlich eingerichteten Zimmer. Sein erster Blick galt dem Fenster. Es war eine Sackgasse. Es führte nur nach unten und wenn er dort auftraf, blieb von ihm nicht mehr viel übrig. Die Türe in den Gang war verschlossen und er hörte leise Stimmen die sich miteinander unterhielten. Also mindestens zwei Wachen.

Saena. Warum ausgerechnet Saena. Vorhin hatte er zwei Möglichkeiten gesehen, entweder er würde seinen wenigen Mageninhalt vor sich ausbreiten oder er rumpelte auf und nutzte sein Adrenalin sinnvoller.

Mittlerweile ging es ihm etwas besser, auch wenn sein Herz gefährlich laut schlug, sobald er an das hübsche Gesicht der Halb-Ilyea dachte.

Er wünschte sich, dass dies alles ein mieser Traum war, doch er verlor die Wette.

Kylian hatte heute seine Mutter, seinen Vater und seine bis jetzt unbekannte Schwester kennen gelernt und es erst Erfahren als er sich von den Frauen unfreundlich verabschiedet hatte. Das wirklich schlimme allerdings war, dass er sich zu Saena hingezogen gefühlt hatte und diese Gefühle beruhten definitiv nicht auf Geschwisterliebe.

Eher tiefe Verbundenheit und das stille Versprechen nach Zuneigung und Liebe.

 

Er fluchte laut und schlug gegen die Wand. Er hörte seine Knochen knacksen und fluchte noch einmal. Der Marmor hatte sich keinen Millimeter bewegt, riss ihm die Haut an seinen Knöcheln auf und färbte die Hand langsam blau.

Er setzte sich aufs Bett und streckte sich aus. Er schallte sich selbst einen Idioten und schloss die Augen.

Die Türe ging auf und schloss sich gleich wieder. Er hörte wie man den Schlüssel herumdrehte und ihn wieder einsperrte. Er tat weiter so als würde er schlafen. Kylian hatte keine Lust sich mit irgendwem zu Unterhalten.

Das Bett bewegte sich auf Höhe seiner Hüfte und eine Hand streichelte zärtlich und vorsichtig über seinen verletzten Handrücken.

Die Hand war zu klein und zu weich für die eines Mannes also öffnete er leicht die Augen und linste zu einem Mädchen. Sie war keine Ilyea, zumindest waren ihre Ohren komplett menschlich.

"Ist nicht so schlimm wie es aussieht!" Er muss doch kurz eingeschlafen sein, ein Blick aus dem bodentiefen Fenster zeigte ihm das schönste Abendrot das er je gesehen hatte.

Sie war erschrocken zusammengezuckt und blickte beschämt von ihm weg. "Ich wollte euch nicht wecken, Prinz..."

"Nanana! Den Prinz lassen wir ganz schnell weg. Einfach nur Kylian, einverstanden." Er legte ihr zwei seiner Finger an die Lippen um sie zum Schweigen zu bringen und zwang sie sanft ihn anzusehen.

Zuerst schüttelte sie den Kopf, dann nickte sie kurz und er lächelte leicht.

"Was machst du hier?"

Sie entzog sich seiner Hand und antwortete leise: "Ich soll mich um Euch kümmern. Abendessen ist auch schon unterwegs. Der König hat gesagt, er bräuchte noch etwas mehr Zeit, habe aber ein paar seiner besten Wachen zur Prinzessin geschickt um sie zu holen."

"Er weiß doch gar nicht wo Saena ist!"

"Er weiß immer wo seine Kinder sind." War das einzige das sie noch sagte eher von einer Bediensteten ein Tablett mit ausgewogenem Abendessen hereingestellt wurde. Diese verbeugte sich und verschwand wieder.

Es roch herrlich. Frisch gebratenes Wild und Kräuter der Umgebung hüllten ihn ein. Während er den Duft noch genoss, war das Menschenmädchen schon aufgestanden und brachte das gesamte Tablett ans Bett. Sie stellte es ab und griff neben sich zu einem Tonkrug.

Er griff zur Fruchtdekoration und steckte sich eine der herrlich schmeckenden Weintrauben in den Mund. Dieses Mal konnte er den Geschmack genießen und musste sie nicht unzerkaut schlucken.

Auf den weg nach Ca'alean hatten sie weite Felder mit Weinreben gesehen. Es war der perfekte Hang um diese Frucht anzupflanzen und mit den Menschen in der Umgebung zu handeln. Es gab 2 freie Städte in der Nähe, diese profitierten am meisten von diesen Geschäften.

"Probiert den Wein. Er ist einer der Besten hier in Ca'alean." Sie reichte ihm einen vollen Becher und behielt Recht. Der Wein war mit Abstand der Beste den er je getrunken hatte. Aber er spürte auch das leichte Schummern das sofort danach einsetzte.

Er nickte zur Bestätigung und filetierte das Fleisch. Er tippte auf Hase oder ein anderes Kleintier. "Iss was!" Kylian reichte ihr ein paar Stückchen und sie nahm sie dankend an.

 

Als das Tablett leer war, waren die beiden bereits dabei den zweiten Krug Wein zu leeren. Hauptsächlich der junge Ilyea trank von dem Becher und lies sich lachend auf das Bett fallen.

Er verstand sich gut mit Alyson, dem Menschenmädchen.

Sie war kaum jünger wie er, wirkte aber zerbrechlich und verletzbar so zierlich klein und schüchtern wie sie war. Sie legte sich neben ihn und grinste über sein Lachen.

Alyson war hübsch. Sie hatte kinnlange blonde Haare, strich sie sich aber immer wieder die widerspenstigen Strähnen hinter die Ohren. Ihre Augen waren so blau wie seine. Die herzförmige Gesichtsform und die vollen, von Natur aus, rötlichen Lippen passten perfekt zu ihr.

Er presste sein Gesicht in das Kissen und schüttelte den Kopf. Wieso verglich sein Gehirn Alyson mit Saena.

"Alles in Ordnung?"

"Der wein steigt nur zu Kopf." Nuschelte er und sah sie wieder an. "Bei dir nicht?"

"Ein wenig." Gab sie kichernd zu und drehte sich auf die Seite um ihn anzusehen. "Wie geht es der Hand?"

"Besser..." Im laufe des Abends hatte er eine weitere Wundersaat ausgepackt und bei sich ebenso einen Verband gemacht wie bei dem Pferd. Der Alkohol betäubte zwar den pochenden Schmerz, nicht jedoch die Schwellung die es ihm zwischenzeitlich fast unmöglich machte etwas zu greifen.

Sie griff zu der Hand und zog sie zu sich. Vorsichtig strich sie über die Blätter und linste etwas darunter. "Du solltest etwas schlafen, damit du morgen ausgeruht bist."

"Nicht müde..." Nuschelte er wieder, drehte sich ebenso zu ihr, befreite seine Hand und zeichnete ihren Wangenknochen nach. "Bist du müde?"

Sie schüttelte leicht den Kopf und erwiderte seinen Augenkontakt.

Er musste aufhören an Saena zu denken, sich zu wünschen, dass sie ein normales Ilyea-Mädchen sei und nicht seine Schwester. Die Gewissheit solche Gefühle zu ihr zu haben, würde ihn um den Verstand bringen und schließlich den Tod. Dessen war er sich sicher.

Alyson lachte laut und legte ihre Hand über seine Augen. "Sieh mich nicht so an, bitte."

"Wie denn?" Er griff sanft zu ihrem Handgelenkt und hielt es fest umklammert.

"Na so. Als würdest du mich auffressen wollen." Kicherte sie leise und zeigte ihm ihre Lachgrübchen.

Langsam stemmte er sich auf den linken Ellenbogen und beugte sich den halben Meter zu ihr hinüber. Kurz vor ihren Lippen hielt er inne, grinste kurz und spürte ihren Atem auf seiner Haut. Sie hatte die Luft angehalten und stieß sie hektisch aus.

"Ich hab nicht viel Erfahrung in so etwas!"

Sie lachte ungläubig und sah ihn an. "Glaubst du etwa, ich teile jeden Tag mein Bett mit einem Mann?"

Sein schweigen verriet, dass er wirklich daran gedacht hatte.

"Oh... Es ist aber nicht so. Der König hat mich nicht deswegen hier her geschickt, sondern einzig und alleine, um dir die Zeit zu vertreiben. Solltest du Fragen haben oder so etwas. Mehr nicht! Hier gibt es keinen Harem. Nur Menschen haben mehrere Frauen!"

"Tut mir leid, ich wollte dich nicht beleidigen!"

Alyson legte ihre Hand an sein Gesicht und lächelte aufrichtig. "Ist okay!"

Er grinste und zog sie leicht an ihrem Hinterkopf zu sich. Sanft und zärtlich küsste er sie und ein Seufzen entwich ihren Lippen. Küssen konnte er. Grinsend sendete er ein Dankgebet an Eryn, die als Jugendliche mit ihm üben wollte und zog den zierliche Körper des Mädchens näher zu sich. Ab diesem Zeitpunkt begann das Neuland für ihn.

Kapitel 4

Das Klopfen an der Türe weckte ihn unsanft. Er fühlte sich so als hätte er erst vor einer Minute die Augen geschlossen, dabei war es draußen taghell und er erinnerte sich an das Dämmerlicht als ihm endlich die Augen zugefallen waren und Alyson ebenfalls ruhig schlief.

Er stand auf, schlüpfte in seine Hose und ging zur Türe. Irgendwann war ihm aufgefallen das die Türe unverschlossen war und auch keine Wachen mehr sein Zimmer bewachten, also hatte er sich mit dem Mädchen in die Küche geschlichen und noch einmal eine große Schüssel der süßen Trauben stibitzt.

Mehr als die Hälfte war übrig geblieben, die beiden waren immer wieder im Bett gelandet, wie frisch Verliebte und das obwohl sie sich gerade erst kennen gelernt hatten und von Liebe noch keine Rede sein kann. Er fühlte sich allerdings sehr wohl in ihrer Nähe und dachte jetzt schon schmerzlich daran, sie zurückzulassen.

Es klopfte noch einmal und Kylian schritt schlecht gelaunt zur Türe. "Was ist?"

"Vater schickt mich, wenn du immer noch Kämpfen willst, sollst du in den Innenhof kommen."

"Saena!" War alles was er sagte und erstarrte scheinbar zu Eis.

"Ja. Was wundert es dich? Hättest du mich ausreden lassen, hätte ich dir gesagt, dass der König mein Vater ist."

"Tut mir leid." Sie bahnte sich einen Weg an ihm vorbei und starrte auf das Bett. Alyson schlug gerade die Augen auf und schnellte nach oben, sie zog sich die dünne Leinendecke bis unters Kinn und lief knallrot an.

"Du hattest anscheinend deinen Spaß. Findest du den Innenhof alleine?“ Sagte sie erzürnt und funkelte ihn an.

"Was ist eigentlich dein Problem?“

„Vergiss es!“ sie zog, mit hocherhobenen Kopf, ab und lies einen verwirrten Kylian zurück.

 

"Warum ausgerechnet ein Einhänder, Kylian?"

"War ein Geschenk." Er parierte und konzentrierte sich darauf in die Offensive zu gehen. Sie hatten Übungsschwerter. Abgestumpfte Klingen die nicht mehr schneiden, dafür aber höllisch wehtun konnten, wenn man richtig zielte. Der jüngere hatte schon zu viele von diesen schmerzhaften Treffern kassiert. Vor allem auf die noch immer leicht blaue Hand hatte es der König abgesehen.

Saena stand neben ihrer Mutter und blickte demonstrativ weg von den beiden. Sie war sauer, wegen was genau blieb Kylian weiterhin ein Rätsel. Der Plan mit der Offensive war nicht der Beste den er je hatte. Die mangelnde Deckung nutze Alaric aus und beförderte ihn mit ein paar Schlägen und 2 gezielten Tritten gegen seine Knie auf den Boden.

"Gibst du schon auf? Lass es uns mit einer anderen Waffenart versuchen." Der Ältere ging zu einem Ständer mit Trainingswaffen zu und nahm sich zwei Kampfstäbe.

Kylian war derweilen wieder auf den Beinen und rieb sich sanft über den schmerzenden Handrücken. Er nahm den Kampfstab entgegen und stellte sich in Kampfstellung hin.

"Du bist eifrig, das gefällt mir. So war ich früher auch." Der König zwang ihn wieder in die Knie und schwang den Stab in seine Richtung.

Der Prinz wehrte ab, jedoch zerbrach seine Waffe und er hielt 2 fast gleichlange Stöckchen in der Hand. Mit diesen startete er erneut einen Angriff und traf das Erste mal seinen Vater mit voller Wucht. Als dieser wieder auf seinen Beinen stand wischte er sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe und grinste.  "Du bist stärker mit zwei kurzen Waffen."

"Ja, das bin ich." Pflichtete er bei und sie wurden von einem kräftigen Mann unterbrochen, der mit einem, in rotem Samt gewickelten, Gegenstand auf sie zukam.

"Sehr schön, gerade rechtzeitig." Er entnahm das Schwert von Lias aus dem Tuch und legte es auf einen Tisch am Rande des Raumes.

Kylian folgte ihm und betrachtete die Klinge genau. Irgendetwas war anders. Sie wirkte... Erhabener... denn je.

"Ich habe mir erlaubt die Waffe etwas besser ausbalancieren zu lassen. Ich würde sie gerne noch besser auf dich abstimmen, allerdings, brauch ich dafür ein paar Tropfen deines Blutes."

Verwirrt sah Kylian sein älteres Spiegelbild an und reichte ihm zögernd seinen Arm. Er vertraute ihm, auch wenn er sauer war. Jahrelang hatte Alaric gewusst wo er sich aufhielt und hatte ihm nie eine Nachricht zukommen lassen.

Alaric zog einen Dolch hervor und ritzte einen dünnen Schnitt in die gebräunte Haut seines Sohnes. Das Blut lies er auf die Klinge tropfen und diese fing augenblicklich an zu leuchten. Mit dem Bernsteinstückchen das er ebenfalls auf die Klinge legte, würde das Schwert perfekt werden. Das grelle Leuchten erfüllte den gesamten Raum und als es erlosch, lagen zwei gleichlange Schwerter mit orangenen Klingen und je einen Dämonenkopf und einem Engelsflügel im Griff verarbeitet.

"Grandios..." Flüsterte Kylian und nahm beide Klingen in die Hände. Er entdeckte Einkerbungen in beiden Waffen und konnte sie so zu Einer verbinden.

"Trainiere gut mit dieser Waffe, du kannst deine Magie durch sie kanalisieren und somit verstärken. Wende sie nur gegen Feinde an. Üben kannst du gegen Bäume oder Felsen. Die Klinge ist Unzerstörbar. Hier." Alaric reichte ihm ein Lederband mit einem Wappen als Anhänger. "Es zeichnet dich als meinen Sohn aus."

Er nickte und steckte es in seine Gürteltasche. "Wir müssen bald aufbrechen."

"Ja. Aber lass Saena noch etwas Zeit. Sie muss sich von ihrer Mutter verabschieden, vorerst für eine lange Zeit. Und sie muss damit klarkommen, dass die Träume die sie hatte, falsch interpretierte."

"Wie meinst du das?"

"Sie hatte gehofft du wärst ihr heldenhafter Ritter auf dem weißen Ross, so wie es in den Sagen der Menschen erzählt wird. Stattdessen bist du ihr großer Bruder. Sie ist einsam und wünscht sich von ganzen Herzen einen Mann der sie so glücklich macht wie es ihre Mutter nie war. Saena ist hoffnungslos Romantisch."

"Ich glaube, jetzt verstehe ich ihre Reaktion von heute Morgen. Sie ist Eifersüchtig auf Alyson."

"Heute morgen? Das Mädchen sollte dir nur das Essen bringen und wieder gehen."

"Wir haben uns... Unterhalten." Er steckte das Schwert weg und ging grinsend zu seiner Schwester. Bevor sie aufbrachen sollten sie noch etwas Essen und zusammen mit Naelh die Pferde mit genug Nahrung beladen. Er hatte den letzten Samen Alyson als Andenken geschenkt. Diesen trug sie in dem kleinen Beutelchen und einer langen Schnur um den Hals.

"Wir sollten langsam aufbrechen. Ich geh und hole Naelh um die Pferde fertig zu machen." Er drückte Saena einen Kuss auf den Scheitel und würdigte Anabel, ihre gemeinsame Mutter, nur mit einem Blick. Er hatte keinen Bezug zu ihr. Er hatte noch nicht einmal das Gefühl ihr Sohn zu sein. Sie behandelte ihn wie einen Fremden, also tat er dasselbe mit ihr.

 

"Können wir endlich los?" Nörgelte Naelh und saß bereits im Sattel eines Hengstes und verschränkte die Arme vor der Brust.

Kylian lies ihn links liegen. Jetzt hatte er nicht mehr die Gewalt über das Kommando und das lies er ihn spüren. "Wenn alles vorbei ist, kommt ich zurück." Flüsterte er Alyson entgegen und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die zarten Lippen. Eine Träne kullerte ihre Wange entlang und er wischte sie weg. "Wieso weinst du?"

"Ich weiß es nicht... ich habe das Gefühl... dich nie wieder zu sehen." Stammelte sie und trat einen Schritt zurück. Sie lächelte das unechteste Lächeln das der Blonde je gesehen hatte und forderte ihn auf, seine Reise zu Ende zu bringen.

Seufzend nickte er und schwang sich auf den Rücken seines Schecken. Er hatte ihn am morgen das Geschirr abgenommen und war auf einer Lichtung nahe der Stadt gestanden. Doch der Hengst blieb bei ihm und sie sahen sich lange direkt in die Augen. Er würde bei ihm bleiben und ihn an sein Ziel bringen. So viel war sicher.

"Prinzessin?" Er reichte Saena die Hand und wollte ihr auf den Rücken helfen. Mit den beiden Hengsten waren sie am schnellsten und würden weniger aufsehen erregen wie eine Frau die auf einem Pferd ritt. Die Menschen waren für so eine Emanzipation noch nicht bereit.

"Tz..." Sie streckte ihm die Hand entgegen und lies sich schwungvoll hochziehen. Vor Schreck über seine Stärke kreischte sie kurz und wäre hinten wieder heruntergerutscht, hätte ihr großer Bruder sie nicht festgehalten.

Kylian nickte seinem Vater noch einmal zu und galoppierte voraus.

 

Sie hatten die Menschen gemieden, durch die kleine Hafenstadt mussten sie allerdings hindurch. Fast drei Tage hatten sie gebraucht und nun mussten sie bis zum nächsten Morgen warten bis das Schiff ausfuhr.

Sie verhandelten mit dem Kapitän. Die drei brauchten eine bleibe, möglichst nicht in der Nähe des Pubs.

Als sie dort vorbeikamen, hatten die betrunkenen Bürger, Saena als Frischfleisch und die beiden Ilyea als nichtwürdige Gegner betrachtet und betitelt.

"Im Ort gibt es einen Pub, der vermietet Zimmer!"

"Das wissen wir, aber das ist keine Option. Was würde es kosten?" Kylian nahm ihn etwas beiseite und zückte den Stoffbeutel mit etwas Gold vom König.

"Wie viel könnt ihr schleppen, Junge?" Antwortete er und ignorierte den klingelnden Beutel

"Einiges."

"Mir sind ein paar tatkräftige Matrosen abhanden gekommen. Ihr übernehmt deren Arbeit und ihr drei, zusammen mit euren Rössern, könnt im Lagerraum bleiben."

Kylian nickte. "Einverstanden!"

 

Der Prinz belud das ganze Schiff selbst, die Matrosen die bereits an Bord waren, lagen faul herum oder begnügten sich damit ihm noch mehr Arbeit zu machen. Aber es war ihm egal, solange seine Schwester nicht in diesen Pub musste und sicher im Rumpf des Schiffes war. Sie hatte aus Heu und einem alten Segel ein bequemes Riesenbett gefertigt auf dem sie sich zusammen gekauert hatte.

Naelh lag am anderen Ende und schlief. Das tat er in letzter Zeit sehr oft, sogar während sie am Wasser entlang geritten waren.

Nach endlos scheinenden Stunden war der Blonde fertig und wurde entlassen. Er ging langsam zu seinen Reisegefährten und schnappte sich sein Cape. Saena hatte eine Gänsehaut auf ihren Armen und so deckte er sie sanft zu. Zwischen den beiden war genug Platz für seinen langen Körper und er schloss die Augen.

"Bist du fertig?"

Er brummte zustimmend und legte den Arm um sie, nachdem sie sich an ihn kuschelte. "Tut mir leid, dass ich wegen Alyson so blöd war."

"Schon okay. Schlaf jetzt."

"Sind wir in dem Kloster sicher?"

"Vorerst ja. Du wirst ausgebildet, damit du die Kräfte des Bernsteinarmreifes kontrollieren kannst und dann werden wir weiter sehen. Die Festung ist gut beschützt. Magische Siegel und gute Krieger bewachen die gesamte Insel. Es ist unwahrscheinlich, dass dir da etwas passiert."

"Okay. Solange du auf mich aufpasst, geht es mir gut!"

"Ich werde nicht alleine auf dich aufpassen. Meine Freunde werden dich mögen. Und vielleicht kannst du dann deine Eifersucht vergessen."

Saena nickte. "Vermisst du sie?"

Er überlegte lange. Ja er dachte oft an Alyson, an ihr seidig blondes Haar und ihre wunderschönen Augen. Ihr Lachen als sie bereits zu tief ins Glas gesehen hatte und ihre Lippen während sie ihn küsste. Er zuckte mit den Schultern, gab ein ratloses Geräusch von sich und sah sie an. "Zwei Tage noch und wir können endlich mal Testen was wir so drauf haben." Lenkte er ab und grinste breit.

"Wechsel nicht einfach das Thema!" Saena boxte ihn in die Seite und kicherte. "Du hast dich in sie verliebt!"

"Ich kenn sie doch kaum..."

"Liebe auf den ersten Blick, schon mal davon gehört."

"Tz...!"

"Leugne es so viel du willst!" Sie kicherte immer noch und legte ihren Kopf auf seinen Brustkorb. Saena lauschte dem Pochen des Herzens und lies sich von dem gleichmäßigen Klopfen einschläfern.

 

Erst als sie den Steg der Ilyea-Insel erkennen konnten, gingen sie nach oben. Kylian blieb bei den Pferden und beruhigte diese als sie sanft das flache Sandbett streiften.

Er führte die Pferde vorsichtig raus und über die Rampe zurück aufs Festland. Sie hatten es geschafft. Den Anfang hatte er meisterhaft bewältigt. Er erschlug zwei Dämonen und fand ein Mädchen das ihm, egal was er auch tat, nicht mehr aus dem Kopf ging, zumindest seit sie die Gefühle Saena gegenüber abgestellt hatte.

Seine Schwester hatte wohl Recht. Er hatte sich in Alyson verliebt.

Etwas abseits vom regen Treiben auf dem Steg entdeckte er drei Gestalten.

Eine zierliche und zwei Hünen. Einer schlank, der andere fast so muskulös wie Kylian selbst. Er grinste und blickte zu Boden, dass er seine Freunde so vermisst hatte merkte er erst jetzt als er sie wieder sah.

Eryn winkte wie wild und musste sich von Louan, dem schlanken Riesen, bremsen lassen.

Kylian übergab einen kleinen Beutel mit genügend Gold an den Kapitän und verabschiedete sich mit einem Händedruck.

Saena hatte ihm das Lederband seines Vaters kunstvoll um seinen Unterarm gebunden, die kleine Silberplakette baumelte an seinem Oberarm herum und glitzerte magisch in der warmen sonne.

Naelh ritt bereits vor und war fast auf Höhe der drei Jung-Ilyea.

Kylian und Saena stiegen gemeinsam die ersten Steigungen hinauf. Bis zum Gipfel mussten sie sich noch etwas abmühen dort wurde das Land wieder flacher.

Der Blonde stellte seine Schwester vor und die braunhaarige Ilyea kümmerte sich um sie. "Endlich mal eine Frau um sich richtig zu Unterhalten!" Sagte sie laut ehe die beiden vorgingen.

Lias wiederrum fragte Kylian aus. Beide hatten sich als sie sich kennenlernte auf anhieb gut verstanden, benötigten kaum ein Wort um zu wissen woran der andere dachte.

Der Schecken trabte gemütlich hinterher, blieb ab und an stehen um von

dem saftig grünen Gras zu kosten und schloss dann wieder auf. Ab jetzt war er frei. Der Ilyea musste nur noch sein Geschirr abnehmen und er würde gehen können wohin er wollte. Voller Vorfreude wieherte er und galoppierte an den Männern vorbei.

"Der Prinz also." Gab Lias von sich und betrachtete das Wappen genauer.

Sein Freund nickte nur und sah verbissen gerade aus. "Hab mir das nicht ausgesucht." Nuschelte er und versuchte den festen Knoten zu lösen.

"Finger weg! Was glaubst du welche Privilegien wir nun haben. Das wird Klasse!" Lias grinste frech und fuhr sich durch das schwarze Haar. "Lias, der beste Freund des Prinzen! Wie hört sich das an?"

Kylian zog eine Augenbraue nach oben und schüttelte Lachend den Kopf. "Du bist verrückt!"

 

Sieben Monate waren bereits vergangen in denen er mit dem Schwert übte. Tag für Tag ging er mit Lias an die Klippen und trainierte den Schwertkampf, seine Magie und das kontrollieren der Schwingungen die von den Klingen ausgingen.

Gegen Mittag kamen Eryn, Louan und Saena dazu. Letztere beherrschte den Armreif so, als hätte sie ihn ihr Leben lang getragen. Sie formte aus nichts Felsen von unvorstellbarer Größe und spezialisierte sich nun auf die Geschwindigkeit. Ihr neuestes Projekt war es, Übungspuppen erscheinen zu lassen die Kylian zerstören konnte ohne seinen Kampffluss zu unterbrechen.

"Lias du musst mir etwas versprechen." Sagte der Blonde nachdenklich und hatte sofort die gesamte Aufmerksamkeit seines Freundes. "Wenn mir etwas passiert, musst du Saena beschützen. Du musst sie zu meinem Vater bringen."

"Dir wird nichts passieren. Du kämpfst jetzt fast doppelt so gut wie früher und..."

"Versprich es einfach! Du musst sie Beschützen. Mit deinem Leben. Ich sehe wie ihr euch anblickt. Verletze sie nie, sie braucht einen starken Kämpfer an ihrer Seite. Und bei dir weiß ich, dass sie das hat."

Der Schwarzhaarige nickte und polierte sein Schwert weiter. "Ich schwöre es dir." Sagte er nach einiger Zeit leise und sah hinab zu dem Kloster. Er hörte Saena und Eryn lachen und wusste, ab jetzt setzte sein Freund sein Pokerface auf und tat so als wäre nichts gewesen.

 

"Bereit, großer Bruder?"

Kylian nickte. Irgendwie hatte es Saena geschafft ihre Gedanken so zu kanalisieren, dass ihre Krieger aus Felsen sich bewegen konnten. Ausweichen, angreifen, ihn schmerzhaft treffen. Es war ein gewaltiger Fortschritt mit ihren Fähigkeiten und der Krieger war etwas neidisch. Er konnte lediglich Schockwellen von den Klingen aussenden und somit alles zerteilen das in seiner Nähe stand.

Was auch nicht schlecht war, allerdings wusste er nicht, ob das auch bei organischen Wesen klappte. Er stellte es sich vor und schüttelte heftig den Kopf. Er hatte noch nichts gegessen und ein halb Zerberstender menschlicher Körper mit all dem Blut und ... Er schüttelte wieder heftig den Kopf. Seine Aufmerksamkeit galt den echtwirkenden Statuen und deren Fäuste. Durch seine Unachtsamkeit hatte Saena ihn ein gekreiselt und er schickte je eine Schockwelle vor und hinter sich. Zehn zerbröselten und vier lebten mit Amputationen weiter. Er zerschlug sie mit der Klinge und rief zur Pause aus.

 

Louan saß vor einem kleinen Feuer und grillte ein paar selbstgefangene fische. Er war kein Kämpfer und verabscheute es seine Magie gegen andere einzusetzen, also hatte er es sich zum Ziel gemacht seine Freunde zu verpflegen.

Die Fische verteilte er in gleichgroße Stücke auf geschliffenen Holzbrettern und stellte sie in die Mitte der kleinen Gruppe. Er löschte gedanklich die grüne Flamme und setzte sich neben Eryn. In den Wochen, in denen Kylian weg war, hatte er es geschafft die hübsche Braunhaarige seinen Freundin nenne zu dürfen.

Er war seit ihrer Jugend in das Ilyea-Mädchen verliebt, hatte sich nur nie getraut, da er dachte sie würde Gefühl für den blonden Schönling der Gruppe haben. Er hatte sich geirrt und war jetzt glücklicher denn je.

Als Zeichen dafür gab er seiner Liebe einen Kuss auf die Wange.

"Das sah bei Kylian und Alyson damals aber Romantischer aus!" Neckte ihn Saena mit vollem Mund.

"Was?" Fragten die drei Ilyea gleichzeitig und blickten vom einen zum andern.

"Du hast ihnen nichts gesagt?" Fragte die Prinzessin und Kylian schüttelte den Kopf. Er aß weiter seinen Fisch und trank von dem klaren Wasser.

"Wer ist das Mädchen?"

Ehe der Blonde etwas sagen konnte, brabbelte Saena drauf los. Sie erzählte alles. Auch ihre anfängliche Eifersucht und vor allem, dass sie das Menschenmädchen nackt bis auf ein Stofflaken kennen gelernt hatte.

Seufzend legte sich der Prinz auf den rücken und schloss die Augen. Die Sonne schien auf seinen Oberkörper und die frische Prise die vom Meer herüberwehte spielte mit seinen Haaren.

Eryn löcherte ihn mit Fragen, doch er blendete sie komplett aus und grinste nur vor sich hin.

 

Die Nachmittagssonne stach herunter und man konnte die Hitze sehen. Es war nicht ungewöhnlich das es so heiß wurde auf der Insel, jedoch war diese Wärme fast schon beängstigende ungewöhnlich.

Saena errichtete ein Dach über die Freunde um Schatten zu spenden und die Hitze etwas abzuwehren.

Bis auf Lias und Saena schliefen alle und die beiden unterhielten sich leise.

"Ich bin froh, dass du diese Träume damals falsch interpretiert hattest. Sonst hätte ich keine Chance gegen Kylians Charme." Er lehnte sich an einem Baum zurück und sah ihr in die Augen. Seine Lippen verzogen sich zu einem lächeln und sie erwiderte es. "Glaubst du, ich kann genauso romantisch Küssen wie dein Bruder?"

"Es war nur ein Kuss." Kicherte sie und ihre Wangen färbten sich Zartrosa. Lias war frech, aber genau das mochte sie so an ihm. "Vielleicht sollten wir es testen." Setzte sie noch dran und er beugte sich bereits zu ihr.

Seine Hand strich über ihre Wange und legte sich sanft in ihren Nacken, so konnte er mit seinem Daumen ihre zarte Haut streicheln. Seine zweite Hand legte er auf die andere Seite und zog sie sanft ein Stückchen zu sich. Sein Blick schweifte ab zu ihrer Lippe die sie mit ihrer Zunge ableckte um sie anzufeuchten.

Der Kuss war zärtlich und schneller vorbei als es ihm lieb war. Er rief sich ihre Aussage in den Kopf bevor sie sich an ihren Süßen Lippen verlor. Einen Kuss. Seine Stirn legte er auf ihre und zog seine Mundwinkel nach oben.

"Ja... Wenn nicht sogar besser." Keuchte sie leise und erschrak.

Ein lauter Knall lies alle aufschrecken und weckte die anderen unsanft.

Ein weiterer Knall und der Geruch brennenden Strohs, lies Kylian und Lias gleichzeitig zu ihren Waffen greifen. Die beiden jungen Männer rannten auf eine Erhöhung und erstarrten. Das Kloster brannte bereits lichterloh und vermummte Gestalten mit rotglühenden Augen töteten jeden Ilyea der sich ihnen in den Weg stellte.

Es waren fünf Dämonen vier erledigten die Drecksarbeit, während ein weiterer neben einer anderen Person stand und herzhaft lachte.

"Ist das Naelh?"

"Anscheinend. Wir müssen hier weg!" Ihre einzige Lösung befand sich unter der Schlucht! Um dort hinzukommen mussten sie entweder durch den Klostergarten oder fliegen. "Wir sitzen in der Falle!"

"Saena könnte uns einen Weg hinunter zaubern." Lias drehte sich um, lief bis an die Klippe und sah nach unten.

Ein kleiner Steg war zusehen, ebenso wie 2 kleine Paddelboote die gerade genug platz für die fünf bieten würden.

"Das krieg ich hin!" Die Blonde stellte sich neben die Männer und hatte die Überlegungen mitbekommen.

"Gut fang an." Kylian drehte sich mit erhobenen Schwertern Richtung Flammen und lies die anderen vorgehen.

"Kommst du?" Die Vier hatten schon gut drei Meter geschafft und der Krieger sah, wie die erste erschaffene Plattform, etwa einen halben Meter unter ihm, zu flackern begann. Nach einem letzten Blick über die Schulter sprang er hinab.

 

Sie banden gerade die Boote los als unmenschliches Brüllen hinter ihnen zu hören war. „Bring Saena hier weg!“

„Ich helfe dir hier, Kylian.“

Schnell drehte sich der Blonde um und zerknüllte das Hemd seines Freundes. „Du hast es verdammt noch mal versprochen.“

„Steigt ins Boot.“ Knirschte der Schwarzhaarige und sah danach auf den Boden.

Kylian drückte ihm das Wappen des Königs in die Hand und bedankte sich stumm. Er hatte gewusst, dass dies irgendwann kam doch das es so schnell ging hatte er nicht gedacht.

„Ich geh nicht ohne dich.“ Saena klammerte sich an ihren Bruder, dieser löste ihre Hände und küsste ihre Stirn. Nur ein Blick zu Lias reichte und dieser bugsierte das Mädchen ins Boot.

Sie wehrte sich und er hörte ihr schluchzen. Doch dafür hatte er keine Zeit. Ein Blick in Richtung Kloster verriet, dass die 5 Dämonen und Naelh auf den Steg zuliefen.

Kylian stellte sich kampfbereit hin und grinste herausfordernd. Wenn er schon Sterben sollte, würde er so viele mitnehmen wie möglich.

 

Der Oberdämon schickte seine vier Lakaien vor, er kämpfte gegen sie, enthauptete den ersten und plagte sich mit den anderen.

Metall klirrte und schepperte. Kylian blickte kurz zu Saena die immer noch versuchte aus dem Paddelboot zu klettern und Lias, der sie fest von hinten umarmte und sie somit zurück hielt.

Eine Schockwelle zerteilte zwei der drei übrigen Rotaugen, lies den Steg schwanken und der Blonde trieb den letzten zurück Richtung Festland. Er hatte nicht beachtet, dass das dünne Holz, so einem Angriff, nicht lange standhalten würde. Der letzte kleine Dämon starb und zerteilte sich in vier Teile.

Hecktisch atmend stand er da und blickte hasserfüllt zu Naelh. „Was hat das zu bedeuten.“

„Das sieh man doch... Prinz... ich habe ein Geschäft mit einem der Dämonenführer abgeschlossen. Ich bringe sie hier her, dafür erfüllen sie mich mit mehr Macht. Die Macht der Dämonen ist unwahrscheinlich groß, Kylian. Spürst du das? Ich muss dich noch nicht einmal anfassen und kann dein Herz langsamer schlagen lassen.“

Der schwarzhaarige hatte Recht. Von Sekunde zu Sekunde atmete der Blonde schwerer und musste in die Knie gehen um nicht umzukippen. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen und er hörte seine Gegner lachen. Es klang Kilometer entfernt. Wie machte er das nur?

Mit einem Mal war alles wie weggeblasen. Kylian schüttelte kurz den Kopf und sah nach vorne. Ein riesiger Felsen lag neben dem Dämon doch dies beeindruckte ihn nicht ein bisschen. Er lachte und fuhr sich mit der Zunge über die scharfen Eckzähne.

Saena rief etwas übers Wasser, er drehte sich kurz um und lächelte dankend.

Ein Geräusch lies ihn herumfahren. Gerade noch konnte er das Schwert des Rotäugigen sehen, versuchte auszuweichen und gleichzeitig zurückzuschlagen. Er schickte jede Schockwelle die er erzeugen konnte auf den Dämonenlord und brachte somit wieder etwas mehr abstand zwischen die beiden.

„Noch einmal, wirst du nicht so ein Glück haben. Es ist dein Schicksal hier zu Sterben. Durch meine Hand.“

„Ach ja? Woher willst du das denn wissen, Dämon?“

Als Antwort lachte er nur und griff wieder an.

Sie kämpften gut, beide waren annähernd gleichstark und somit ergaben sich viele Chancen, aber keiner nutzte sie Richtig.

 

„Ich zeige dir etwas!“ Lachte der Vermummte, zog seine Kapuze ab und kratzte sich am Kopf. Seine Krallen zogen sich über sein eh schon vernarbtes Gesicht und aus den Wunden sickerte schwarzes Blut. Dieses verwandelte sich in schwarze Raben und sie flogen auf das Meer, in Richtung der Boote.

Eine Schockwelle verfehlte die kleinen Tiere und er kam zu keiner zweiten. Der Dämon griff ihn wieder an und das Schwert streifte ihn gefährlich Nahe an seiner Kehle und hinterließ eine tiefe, blutenden Wunde. Eines seiner Schwerter landete im Gras und der Dämon drückte ihn gegen einen alten Baumstumpf.

„Hab ich dich, Krieger!“ Er lachte und ein bestialischer Verwesungsgeruch stieg dem Ilyea in die Nase.

Kylian fackelte nicht lange, er stach seine verbleibende Klinge in den Körper des Dämons und zog es durch den Körper. Er musste dem Bastard von Dämon nur noch den Kopf abtrennen.

Ein höllischer Schmerz durchbrach seine Gedanken und er sah an sich herab. Die Klinge des Dämons steckte in seinem Brustkorb und Blut sickerte heraus.

„Ich werde deinen Körper besetzen sobald du tot bist. Dann werde ich die Hüterin finden und sie töten. In deiner Gestalt. Kämpfe nicht länger dagegen an. Stirb...“ Flüsterte der Rotäugige und entfernte sich ein paar Meter.

 

„KYLIAN!“ Saena riss sich von Lias los und rief wieder nach ihrem Bruder, sie konnte nicht glauben was sie gerade gesehen hatte. Der Dämon hatte ihm das Schwert in den Körper gerammt und er versuchte sich nicht einmal zu wehren.

Sie waren zu weit Entfernt um ihre Magie einsetzen zu können. Selbst wenn die Prinzessin es gewollt hätte. Ihr großer Bruder war verloren. Jeder wusste was Dämonen mit den Körpern von Kriegern taten. Sie besetzten sie und taten schreckliches.

„Saena...“ Lias drehte sie zu sich um und drückte sie an seine Brust. „Weine nicht.“ Sie krallte sich in sein Baumwollhemd und hinterließ tränennasse Flecken darauf.

 

„Meinen Körper bekommst du nicht...“ Kylian erhob sein Schwert und sendete eine Schockwelle auf den Dämonen, in der hatte er seine gesamte Kraft gesteckt. Erschöpft fiel er auf die Knie und bemühte sich nicht Ohnmächtig zu werden.

Der Körper des Dämonenlords zerstückelte sich in viele kleine Teile und ging, wie von alleine, in blauen Flammen auf.

„Wenn ich sterbe... nehme ich dich mit, Bastard!“ Kylian kippte vornüber und schloss grinsend die Augen. „Verzeih mir... Alyson!“

Das Feuer des Klosters hatte sich bereits auf die gesamte Insel ausgebreitet und lechzte nach dem Körper des Ilyea.

 

„Wohin geht es jetzt?“ fragte Saena als ihre Tränen getrocknet waren und das Paddelboot in den Wellen trieb.

„Nach Ca’alean. Ich werde dich Beschützen Saena, vertraue mir.“ Lias zog sie wieder zu sich und streichelte über ihren Rücken. Das Feuer brannte und brannte. Selbst wenn Kylian es überlebt haben sollte war er den Flammen zum Opfer gefallen. Er hätte bei ihm bleiben müssen. Doch tief im Inneren wusste er, dass dann beide Ilyea tot wären und kein Kämpfer mehr die Prinzessin beschützen könnte. 

Epilog

Alyson lief neben dem König her und betrachtete den schönen Garten um sich herum als sie die Nachricht bekamen, dass Ilyeanische Reiter im Innenhof angekommen waren. Die Beiden eilten über den Schotterweg zu dem Besuch und hielten inne.

„Nein, bitte nicht...“ Flüsterte das Mädchen und streichelte über ihren ausgeprägten Bauch. In dieser Nacht, vor etwas mehr wie sieben Monaten wurde sie Schwanger und bewohnte seitdem genau jenes Zimmer im Obersten Stock. Sie schluckte schwer und begegnete Saenas Blick.

Die Augen der Prinzessin füllten sich mit Tränen, als sie den Babybauch des Menschenmädchens sah und schüttelte den Kopf. Sie ging auf sie zu und umarmte sie. „Tut mir Leid.“

Alyson ging zu Boden und weinte bitterlich. Das Gefühl von damals war wieder da, dieses einsame Gefühl der Trauer und alleinigen Verantwortung gegenüber dem Leben. Damals hatte sie es nicht verstanden, wusste aber auch noch nicht, dass sie ein Kind erwarten würde.

Ein Kind von Kylian. Der heldenhaft gestorben war, alles für seine Aufgabe gegeben hatte und letztendlich mit seinem Leben bezahlt hatte. Ihr Magen verkrampfte sich, es war zu früh für die Geburt also versuchte sie sich mit Atemübungen zu beruhigen.

Ihr Blonder Krieger kam nie wieder, doch sein Kind würde sie in alle Ehren halten und für immer Lieben, so wie sie es bei Kylian tat.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.06.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meinen Freunden die mich immer Unterstützt haben und so manche Freizeit zum Korrekturlesen geopfert haben, ebenso an meinen Verlobten der mich Unterstützt und Aufmuntert, sollte es mal nicht mehr weiter gehen. Und natürlich Jennifer Jäger, ohne die es dieses Buch gar nicht geben würde.

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