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Fienjan und der Farbenvogel

Morgendlicher Sonnenschein strahlte warm und hell in den Garten hinein und kitzelte nach und nach deren Bewohner wach. Auf dem Flieder reckten Schmetterlinge ihre nachtfeuchten Flügel in die Strahlen, während die Bienenkinder durch die Blütenkelche tobten und eine feine kleine Staubschicht aus Pollen hinter sich herzogen. Zwei Marienkäfer wuschen sich mit den Tautropfen auf dem Buchenblatt, als unter ihnen im Gras ein ungleiches Paar ihres Weges ging. Die Nacktschnecke Fienjan und seine Stiefschwester, die Weinbergschnecke Alea. Auch wenn die beiden grundverschieden aussahen, besaßen sie die gleiche Abenteuerlust. Einst hatte ein Reiher Fienjans Eltern geholt und die Weinbergschnecken hatten den einsamen Jungen bei sich aufgenommen.

 

„Komm schon Alea, wer am weitesten auf den Grashalmen hochkriechen kann, jubelte der Schneckenjunge und war schon zur Hälfte an dem Grashalm emporgeklettert.

„Fienjan, komm runter“, rief Alea ängstlich nach oben. „Du weißt genau, dass es verboten ist. Wir können auf dem Gras von Vögeln und anderen entdeckt werden.“

„Du hast doch nur Angst Alea. Hier oben kannst du über den ganzen Rasen schauen. Es ist nicht gefählrlich, wenn wir alles sehen. Wenn ein Vogel kommt, lassen wir uns runterfallen und laufen schnell weg.“

„Und was ist mit dem Mädchen Fienjan? Es entführt uns Schnecken. Vater hat ausdrücklich verboten aufzufallen. Wir sollen unter dem Grün der Pflanzen versteckt bleiben.“ Alea schwankte zwischen Neugier und Angst.

„Für die Menschen ist es noch zu früh Alea. Jetzt sei keine Spielverderberin und komm rauf.“

Grinsend wippte Fienjan auf seinem Grashalm. Wie gerne wollte Alea mitspielen, die Erinnerung an die Stimme ihres Vaters ließ sie jedoch weiter hadern. So rief sie zu Fienjan hinauf.

„Ich bin mit meinem Haus viel schwerer. Die Halme werden mich nicht tragen.“

Doch so schnell ließ der Junge nicht locker. „Das stimmt nicht“, rief er zu Alea hinunter. „Ich bin viel breiter und größer. Du wiegst mit deinem Haus nicht mehr als ich. Na los, nun komm endlich. Das macht riesigen Spaß.“

Sofort schwang Fienjan noch heftiger auf dem Grashalm hin und her und juchzte vor Freude. „ Jipieeh! Lauf mein Rasenpferdchen, lauf. Jipieeh.“

Lachend kroch Alea nun doch den benachbarten Grashalm hinauf und gemeinsam wippten sie auf ihren Rasenpferden davon. Sie schwenkte so heftig hin und her, dass die Tautropfen nur so spritzten. Tief in ihrem Spiel versunken bemerkten sie nicht, wie sich ein dunkler Schatten bedrohlich über sie senkte. Und schon passierte das Unglück.

 

 

 

 

 Eine Hand pflückte Alea von ihrem Halm. Das Schneckenmädchen schrie auf, versteckte sich blitzschnell in ihrem Schneckenhaus. Fienjan schaute ihr erschrocken hinterher. Das Menschenmädchen hatten sie nicht bemerkt und nun musste er zusehen, wie sie Alea sachte in eine durchsichtige Box steckte. Er hörte Alea weinen und fühlte sich schuldig. Wegen ihr hatte seine Stiefschwester nun Angst und Kummer. Er überlegte fieberhaft, was er tun könnte, als das Kind in die Hocke ging und sich sein Gesicht langsam dem Grashalm näherte, auf dem er saß. Panik erfasste Fienjan. Schnell ließ er sich fallen und rollte sich voller Angst am Boden klein zusammen. Er hoffte, das Kind würde ihn nicht sehen, aber schnell bemerkte er, dass er sich täuschte. Er wurde von zwei Fingern hochgehoben. In der Luft schwebend, kniff er die Augen zu, blinzelte nur kurz mal. Dann sah er durch einen kleinen Schlitz ihr angewidertes Gesicht.

„Weißt du Nacktschnecke, schön bist du nicht, aber sterben sollst du auch nicht,“ sagte das Mädchen zu ihm und legte ihn auf ihre Handfläche. Sie schloss vorsichtig die Finger um ihn, holte mit dem Arm aus und warf Fienjan wie einen Kieselstein im hohen Bogen über den Gartenzaun.

Schreiend versuchte Fienjan, seinen Körper zusammenzuziehen, damit die Landung nicht so hart würde. Als er auf den Boden aufschlug, kullerte er weiter und weiter, bis ein tief hängender Zweig einer Trauerweide ihn aufhielt. Traurig und mit einer dicken Beule kroch er unter dem Zweigenvorhang der Weide. Dort lehnte er sich an den Baumstamm und weinte bitterlich. Er war schuld, dass Alea gefangen wurde. Nach diesem Wurf und dem weiten Flug war er viel zu weit entfernt, um ihr zu helfen. Selbst wenn er gleich loslaufen würde, war der Weg zu weit. Es würde Tage dauern, bis er bei den Weinbergschnecken wäre. Aus Angst vor einer Strafe fing er erneut an zu weinen.

 

Ein Rascheln über ihm im Baum schreckte Fienjan auf. Er blickte angestrengt in die Zweige hinauf und sah einen großen Vogel von Ast zu Ast springen. Der Reiher!, schoss es Fienjan durch den Kopf. Er kommt, um mich zu holen, genau wie Mama und Papa. Rasch zog er sich zusammen und schrie ganz laut. „Hilfe! Bitte helft mir!“

„Na, na mein Kleiner. Du musst keine Angst haben, ich tue dir nichts. Oben auf meinem Zweig habe ich dich weinen gehört. Hast du Kummer? Kann ich dir helfen?“

Obwohl Fienjan die Worte verstanden hatte, beschloss er, sich nicht zu bewegen und nichts zu sagen. Der Vogel sah und spürte die Angst. Da spreizte er seine farbigen Flügel und hüpfte ein paar Schritte zurück.

 

 

 

 

  „Mein Name ist Kleur und ich bin ein Farbenvogel“, sagte er zu Fienjan. Wir ernähren uns von bunten Pflanzen, damit unser Federkleid so farbig bleibt.Du brauchst dich wirklich nicht vor mir zu fürchten. Verrätst du mir deinen Namen?“

 

Vorsichtig hob Fienjan den Kopf. Konnte er dem Vogel trauen? Schön war er und wirklich bunt. Die Schnecke reckte den Kopf und sah Kleur in die Augen. Groß und von schlanker Statur war dieser Vogel. Im Gesicht leuchteten zwei rabenschwarzen Augen und sein Schnabel glänzte von sattem gelb bis hin zu Feuerrot. Die Schwanzfedern lagen wie eine Schleppe hinter ihm auf dem Boden. Fienjan hatte nichts mehr zu verlieren.

„Mein Name ist Fienjan.“ schniefte er leise.

„Schön dich kennen zu lernen, Fienjan“, erwiderte Kleur. Warum weinst du denn? Was ist passiert?“

„Ich bin ... Alea ist ... wir haben ...“, stotterte die Schnecke.

„So verstehe ich dich nicht. Du musst in ganzen Sätzen reden. Wer ist Alea und was habt ihr gemacht?

Kleur zog eines seiner Beine ein und hörte aufmerksam zu, während Fienjan die Geschichte erzählte. „Es ist alles meine schuld. Ich habe meine Schwester Alea überredet,“ beendete der Junge seine Erzählung.

„Warum hat das Mädchen Alea gefangen genommen und dich über den Zaun geworfen?“ Fragte Kleur.

Erneut schlichen sich Tränen in die Augen der Schnecke.

„Ich bin eine Waise. Meine Stiefschwester Alea ist eine Weinbergschnecke. Sie ist viel schöner als ich, mit einem prachtvollen Schneckenhaus. Das Mädchen fand mich hässlich und warf mich weg. Sie hat recht. Ich habe kein Haus, nur einen nackten, schleimigen, braunen Körper. Niemand kann uns Macktschnecken leiden.“

Kleur erhob sich und stupste Fienjan mit dem Flügel an.

„Ich mag dich. Warte hier auf mich, denn ich habe eine Idee.“

Sogleich verschwand Kleur durch den Vorhang aus Zweigen.

Immer noch traurig, blickte Fienjan dem Vogel nach. Wo sollte er denn hin? Natürlich blieb er sitzen. Kurze Zeit später erschien Kleur wieder unter der Trauerweide. Im Schnabel trug er viele kleine Zweige und Stroh. Vor Fienjans Augen bastelte er aus dem Geäst geduldig ein schönes Schneckenhaus. Kleur setzte es Fienjan auf den Rücken und befestigte es dort einer Schlingpflanze.

 

„Nun lass dich mal ansehen. Das passt perfekt! Wie gefällt dir dein neues Schneckenhaus?“

„Ich ... ich kann nicht ... weiß nicht ...“, stotterte Fienjan und verbog sich. „Ich kann es nicht sehen“, sagte er enttäuscht.

Kleur lachte laut. Mit seiner Stimme klang das Lachen wie eine Melodie.

„Du sollst es nicht betrachten, sondern ausprobieren. Kannst du dich in das Haus zurückziehen, darin verstecken?“

Es dauerte ein paar Minuten. Nach etlichen Verrenkungen und Bemühungen hatte es Fienjan geschafft. Voller Freude jubelte er, als es ihm gelang, sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen. Voller Dankbarkeit kroch er zum Bein seines neuen Vogelfreundes und ringelte sich dankbar darum herum. Dabei eckte sein Häuschen an, brachte Fienjan aus dem Gleichgewicht und er purzelte zur Seite.

„Mir scheint, du musst etwas üben. Mit deinem Schneckenhaus bist du nun größer“, lachte Kleur und half der Schnecke mit einem Stubs sich aufzurichten. Fienjan rieb sich die Beule am Kopf und kicherte ebenfalls. Die Beiden schauten sich an und brachen dann in lautes Gelächter aus. Es verging eine ganze Weile, bis sie sich beruhigten und wieder zu Atem kamen.

 

„Was ist eigentlich ein Farbenvogel? Ich habe dich noch nie gesehen.“

„Das glaube ich dir gern. Wir Farbenvögel sind sehr selten und ziehen durch die Welt. Du hast Glück,es ist Zufall, dass du mir begegnest. Die Sonne scheint und dort drüben kommt eine Regenwolke. So ist es überall, wo wir Farbenvögel auftauchen. Wenn du keine Angst hast, nehme ich dich mit hinauf auf den Baum. Von dort kannst du sehen, was ich tue. Hast du Lust?“

Fienjan war mulmig zu Mute. Ganz oben auf den Baum sollte er? Was war, wenn er fiel? Holter er sich noch eine Beule oder ging sein neues Schneckenhaus kaputt? Letztlich aber siegte seine Neugier. Weil er trotzdem Angst verspürte, konnte er nicht sprechen. Also nickte er Kleur zu.

Der Vogel senkte den Kopf. Fienjan kletterte angespannt auf Kleurs Schnabel und ließ sich von ihm im weichen Gefieder absetzen. So gut es das neue Schneckenhaus zuließ, rutschte er tief in das Federkleid hinein. Krampfhaft suchte er festen Halt, als Kleur sich mit ihm zur Baumkrone aufschwang und ihn auf einem Ast absetzte.

Der Zweig sollte dich halten kleiner Mann. Bleib einfach ruhig sitzen. Ich muss mich jetzt sputen kleiner Kerl. Duck dich, damit dich der Windstoß meines Flügelschlages nicht vom Baum weht“, sagte Kleur und flog kurze Zeit danach hoch.

„Du musst gut hinsehen,“ rief er vom Himmel. Gleich werden alle deine Fragen beantworten sein.“

Die Sonne verdunkelte sich und Wind zog auf. Ein heftiger Wirbel streifte den Baum und Fienjan. Dieser ringelte sich um seinen Zweig, während das neue Häuschen auf seinem Rücken in eine gefährliche Schräglage kam. Doch er konnte sich retten.

Da saß sie nun, die kleine Nacktschnecke, deren Tag so fürchterlich begonnen hatte und fieberte vor Aufregung. Fienjan konnte auf nichts anderes mehr achten, als auf diesen stattlichen Vogel, der sich anmutig in die Lüfte schraubte. Kleur stieg höher und höher und höher, sodass es Fienjan vom Hingucken schwindelig wurde. Die Federn glänzten eben noch im Sonnenlicht, bevor der Vogel im Sturzflug verschwand. Kleur war direkt in die schwarze Watteregenwolke eingetaucht.

Mit klopfendem Herzen starrte Fienjan zum Himmel. Hatte die düstere Wolke seinen neuen Freund verschlungen?

Schon wollte er sich Sorgen machen, als der Farbenvogel im Sturzflug aus der Wolke hinaus stieß. Pitschnass und tropfend drehte er sich um. Dieses Mal flog er nicht in die Wolke, sondern direkt in die Sonnenstrahlen hinein. Das Gefieder des Vogels glänzte im Sonnenlicht. Je dichter er an die Sonne heran flog, desto heller und glänzender wurde sein Gefieder. Die Farben der Federn waren kräftiger als vorher. Fienjan sah Wassertropfen Richtung Erde fallen und auch sie waren von kräftigen Farben. Bunt und überwältigend. Ganz plötzlich flatterten kleine zierliche Geschöpfe herbei und sammelten die Farbtropfen in winzigen Blütenkelchen ein.

 

 

 

  Sie waren schillernd und doch beinahe durchsichtig. Sie glichen klitzekleine Elfen mit Schmetterlingsflügeln, die doppelt so groß waren, wie ihr Körper.

Eine ganze Schar dieser kleinen Wesen huschte flirrend über den Himmel und malte mit den Farben aus Kleurs Gefieder blitzschnell einen atemberaubenden Regenbogen. Der spannte sich über den ganz Himmel und der Schneckenjunge saß in der Trauerweide genau unter seinen Farben. Staunend schaute Fienjan zu. Die grazilen Bewegungen der Wesen. Auf ihren Gesichtern zeigte sich die Freude. Dieser gigantische Regenbogen leuchtete wie ein farbenfroher Sprühfunkenregen. Fienjan war verzaubert vom Farbenspiel. Erst durch den Klang des Flügelschlages bemerkte er, dass der Farbenvogel zu ihm zurückkehrte. Stumm hockten die zwei nebeneinander und beobachteten den Regenbogen. Nach und nach trocknete er ab und die Farben verblassten am Himmel. Fienjan konnte seinen Blick nicht von der Stelle abwenden, selbst als der Regenbogen vollkommen verschwunden war. Erst die kitzelige Berührung von Kleurs Flügel, weckte Fienjan aus der Verzauberung.

„Das war unglaublich schön Kleur. Ich habe noch nie einen schöneren Regenbogen gesehen und war ihm noch nie so nah. Wer waren diese kleinen Wesen, die blitzschnell über den Himmel schwebten. Noch nie habe ich etwas Schöneres gesehen.“

„Es stimmt, es ist ein wunderschönes Schauspiel. Auch ich liebe es jedes Mal. Nun weißt du auch, welche Aufgabe ein Farbenvogel hat. Es gibt nur wenige meiner Art. Da aber Regen und Sonne so selten in dieser Form aufeinandertreffen, schaffen wir Farbenvögel es meistens, rechtzeitig zur Stelle zu sein. Die Schmetterlingselfen und wir Farbenvögel bilden schon viele Jahrhunderte eine Gemeinschaft. Viele Menschen und Tiere sehen einen Regenbogen, aber keiner bemerkt uns und das ist gut so. Du gehörst jetzt zu den Wenigen, die das Geheimnis des Regenbogens kennen.“

„Warum macht ihr das? Welchen Sinn haben die Regenbögen, Kleur? Er ist wunderschön, aber auch ganz schnell wieder verschwunden. “

„Weißt du Fienjan, wer als Erster den Regenbogen erblickt, kann sich etwas wünschen. Allerdings geht der Wunsch nur in Erfüllung, wenn du ihn zeitgleich laut aussprichst. Zudem sehen viele Menschen und Tiere gerne einen Regenbogen. Das allein ist die Arbeit wert! Heute bist du der Erste, der den Regenbogen gesehen hat. Was hättest du dir gewünscht?“ Fienjan musste nicht lange überlegen.

„Eine andere Farbe von meinem Körper hätte ich mir gewünscht. Ein samtiges Beige mit Grau wie die Weinbergschnecken, damit ich mich nicht mehr von ihnen unterscheide.“

„Wie wäre es mit einem lichten Gelbbeige, Fienjan? Eine Mischung aus beige und sonnengelb? Dazu kein stumpfes Grau, sondern ein tiefes, samtiges Braun. Dann würdest du ihnen ähneln und dich doch unterscheiden. Du bist und bliebst eine ganz besondere Schnecke.“ Ich? Eine besondere Schnecke? Meinst du das Ernst Kleur?“

„Ja natürlich! Und nun wollen wir den Wunsch erfüllen! Sélune! Sélune, komm zu mir. Ich brauche deine Hilfe“

Vom Himmel schwebte eine dieser lieblichen Schmetterlingselfen hinab und landete direkt vor Fienjan.

 

 

  „Kleur, du hast mich gerufen? Was kann ich für dich tun?“

„Liebe Sélune, es geht um den ersten Wunsch!“

„Wer war so schnell, dass er bei der Entstehung des Bogens, ein Wunsch äußern konnte?“

„Es ist diese kleine Schnecke hier. Darf ich dir Fienjan vorstellen.“

„Hallo Fienjan, welchen Wunsch können wir Elfen dir erfüllen?“

Sie bekam keine Antwort vom staunenden Fienjan. Die Schnecke brachte kein Wort hervor.

„Kennst du die Farbe einer Weinbergschnecke Selune?“, fragte stattdessen Kleur.

„Natürlich beige und grau!“

„Färbt ihn wie eine Weinbergschnecke, aber nicht beige und grau, sondern ein sonnenbeige mit einem tiefen, satten braun.“

„Das können wir tun, wenn es wirklich sein Wunsch ist. Fienjan? Willst du das?“

Die klaren blauen Augen gruben sich tief in die der Schnecke. Dadurch wurde Fienjan noch nervöser und bekam kein Wort heraus. Er nickte einfach nur.

„Dann soll dir der Wunsch erfüllt werden.“

Sélune stieg auf in den Himmel und kurze Zeit später erschien sie in Begleitung zweier weiteren Elfen. Alle Drei hatten eine winzige Palette bei sich. Sie huschten und schwirrten um Fienjan herum, der sich vor Lachen kaum halten konnte. Ihre kleinen Pinsel kitzelten und pieksten ihn überall. Nach Luft ringend und Gleichgewicht suchend, verlor er sich in dem Gefühl von tausend Federn durchgekitzelt zu werden. Er schaute auf und direkt in die Gesichter der kleinen Elfen. Sélune lachte ihn an und winkte gen Himmel. 

  

 

 

 

 Sogleich schwebten vier weitere Feenwesen herunter, die einen großen gefrorenen Tautropfen trugen. Sie landeten direkt vor der Nase von Fienjan und forderten in auf sich anzuschauen. Als der Junge sein Spiegelbild erblickte, traute er den Augen nicht. Da war eine ansehnliche Schnecke mit einem bezaubernden Haus auf dem Rücken. Fienjan rutschte fast in sein Ebenbild hinein. Er konnte nicht glauben, was er sah. Das konnte unmöglich wahr sein.

„Liebe Sélune, ich glaube - du hast meinen kleinen Freund mit deiner Arbeit überrascht. Schau nur, er ist so überwältigt, dass er seinen Augen nicht traut. Ich danke dir sehr dafür,“ sagte der Farbenvogel zur Elfe.

„Gern geschehen, Kleur. Er ist wirklich viel hübscher in den Farben! Ich freue mich, dass es ihm gefällt.“ Ein helles Lachen schwebte über der Weide und wurde zu einem warmen Glockenspiel, als die anderen Feen mit einstimmten. Sie nickten Kleur zu und schwebten in den Himmel zurück.

Kurz bevor Sélune seinem Blick entschwand, brach ein lautes Danke aus Fienjan hervor. “Gerne geschehen“, rief sie im zu und winkte ein letztes Mal.

 

 

Kleur und Fienjan sprachen noch eine Weile miteinander. Als es für den Farbenvogel Zeit wurde, weiter zu reisen, brachte er die kleine Schnecke zurück in seinen Garten. Gut sichtbar platzierte er Fienjan auf einer weißen Margerite. Den Plan, den der Vogel und die Schnecke geschmiedet hatten, ging auf. Das Menschenmädchen entdeckte Fienjan sehr schnell, klaubte ihn mit zwei Fingern von der Blume und steckte ihn in die durchsichtige Box. Er wurde von ihr auf die Auenwiese hinaus getragen und dort im Gras abgesetzt. Fienjan suchte den ganzen Tag nach den Weinbergschnecken. Am Abend fand er Alea und ihre Familie.

Das kleine Mädchen hatte allen Schnecken das Leben gerettet. Im Garten war zum Schutz für den Salat Schneckenkorn gestreut worden. Das Kind hatte die Schnecken eingesammelt und zur Aue gebracht, damit sie sich nicht vergifteten. Sie liebte die Schnecken und passte gut auf sie auf. So lebten Fienjan und Alea ein friedliches Leben auf der Aue.

Impressum

Texte: Martina Jud
Bildmaterialien: Jessica Pecat
Tag der Veröffentlichung: 27.12.2018

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