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Prolog

Das weiße Licht des Mondes spiegelt sich in den kleinen Pfützen auf der Landstraße wider. Der Himmel ist mittlerweile dunkel und die Umgebung ist in ein kaltes Schwarz getaucht. Das Licht des blauen Polizeiautos leuchtet alle paar Sekunden auf und das schrillende Geräusch des Martinshorns durchschneidet die beißende Stille.

 

"Sollten wir nicht auf Verstärkung warten?", fragt einer der beiden Polizisten seinen Kollegen. Zwar ist es nicht der erste Unfall, den er aufnehmen soll, doch heute scheint etwas anders zu sein.

 

"Nein, wir schaffen das auch selbst", teilt ihm der bereits etwas ältere Kollege mit: "Jetzt komm schon." Der Polizist öffnet die Tür des Wagens, den sie an der Seite geparkt haben, und steigt aus. Sein Lehrling tut es ihm gleich, auch wenn er weniger zuversichtlich ist.

 

Gemeinsam laufen sie auf das Unfallauto zu, welches, nachdem es viel zu schnell über die Straße gerast ist, von irgendetwas gebremst worden ist. Nun flackert nur noch einer der beiden Scheinwerfer in unregelmäßigen Abständen vor sich hin und sorgt für eine gespenstische Atmosphäre.

 

"Ich denke, dass wir wirklich warten sollten", äußert der Jüngere erneut seine Bedenken. Dieses Mal antwortet sein Kollege allerdings erst gar nicht und geht stattdessen einfach weiter. Das Herz des Mannes flattert. Wie ein Vogel, der vergeblich aus seinem Käfig zu entkommen versucht.

 

"Langsam", sind die anderen Anweisungen, die ihm gegeben werden. Zwar folgt der jüngere Polizist seinen Bitten, leuchtet mit seiner Taschenlampe allerdings vorsichtig auf dem Boden herum. Als ihm die kleinen Blutsflecken ins Auge fallen, die eine Spur zum Fahrzeug bilden, muss er schlucken. Das ist nicht richtig. Sie sollten wirklich warten.

 

"Jetzt komm, du Angsthase", fordert sein Boss ihn auf. Es ist ihm anzusehen, dass er von der Unsicherheit des jungen Mannes genervt ist. Zwar hat er ein ungutes Gefühl, folgt ihm, entsichert seine Waffe allerdings. Schließlich wissen sie beide nicht, was hier gesehen ist. Die Leitstelle hatte nicht viele Informationen für sie und der Melder scheint ebenfalls auf wundersame Weise verschwunden zu sein.

 

Warum hier? Warum ich? , fragt er sich immer wieder, während sie zusammen auf den Kofferraum zu schleichen. Merkwürdigerweise ist er sperrangelweit geöffnet. "Du gehst nach rechts und ich nach links", kommt ein weiterer Befehl. Das hält er ausnahmsweise mal für eine gute Idee.

 

Erneut setzen beide ihren Plan in die Tat um. Er schleicht langsam rechts am Auto entlang, bleibt dabei geduckt. Vorsichtig späht er erst durch die hintere Scheibe.

 

Dort ist keine Person zu sehen, doch auch hier befindet sich Blut. Es scheint überall verteilt zu sein. Nicht wie bei einem Autounfall. Stattdessen scheint es so, als wäre eine rote Farbbombe mitten auf dem Sitz explodiert. Doch als er mit der Taschenlampe durch das Fenster leuchtet, kann er eindeutig sagen, dass es sich um Blut handelt. Was ist hier nur geschehen?

 

"Hinten ist niemand. Nur Blut", berichtet er schnell. "Bei mir auch nicht", teilt ihm sein Kollege ebenfalls wenige Sekunden später mit. Beide laufen langsam und gebückt weiter, bis sie bei den vorderen Sitzen ankommen. Erneut starrt er durch das Fenster, doch dieses Mal durch das des Beifahrers.

 

Allerdings verschlägt ihm der nächste Blick augenblicklich die Sprache. Denn dieser Sitz ist nicht leer.

 

Ein Mensch sitzt in dem schwarzen Sitz. Er ist nach angeschnallt, doch selbst das scheint nichts genützt zu haben. Die Person ist schlaff mit dem Kopf auf das Armaturenbrett gesunken. Nach einigen Sekunden kann er die Person allerdings als blondes Mädchen in den Teenagerjahren identifizieren. Neben dem Kopf der jungen Frau hat sich eine Blutlache auf den Armaturen gebildet. Die rote Flüssigkeit leuchtet ihm Mondlicht unheimlich. 

 

"Ich habe hier was", seine Stimme klingt erstickt. Er traut sich nicht die Tür zu öffnen. "In Ordnung, ich komme rum", teilt er mir mit: "Bei mir ist nichts, aber die Tür steht offen."

 

Im Kopf des jungen Polizisten beginnt es zu rattern. Wie kann der Fahrer fehlen, während die Beifahrerin noch da ist? Es muss doch jemand gefahren sein.

 

"Ist sie tot?", vernimmt er die Stimme seinen Kollegen nun viel näher neben ihm. Um so eine Diagnose hat er sich bisher herumgedrückt, doch nun sieht auch er an, dass es Zeit ist: "Ja, ich glaube schon." "Bist du sicher?", fragt Ältere noch einmal nach, die Worte des anderen Mannes nicht glauben wollend.

 

"Ich bin mir ganz sicher", er zeigt mit dem Finger aus die Scheibe. Der Kollege folgt seiner Bewegung und verstummt dann automatisch. Nicht einmal sein Atem ist zu hören.

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Tag der Veröffentlichung: 10.01.2019

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