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Der Todesengel

Das hier ist mein Beitrag zum ersten Wettbewerb von OpenAwards4u (auf Wattpad). Das Thema war "Fluch". Die Idee ist mir schon lange im Kopf herum geschwiert, aber ich hatte nie einen Anlass dazu sie aufzuschreiben. Hoffentlich habe ich das Thema getroffen.

 

 

Lange Spinnenweben hängen von der Decke. Der Blick des Mannes wandert durch den engen Raum, in den er sich gerade gezwängt hat. Zwar war der Einstieg durch den kleinen Gang, den er vornehmen musste, nicht angenehm, doch mittlerweile lohnt es sich für den jungen Forscher. Das hier könnte der Durchbruch sein, den er so dringend braucht. Neugierig streckt er seine Hand aus und lässt ihre Finger über das Spinnennetz wandern, aus dem die Bewohner schon lange geflohen sind. Zur Verwunderung des Schwarzhaarigen ist der weiße Stoff feucht und klebrig. Als er seine Hand wieder wegnehmen will, ziehen sich diese Netze lang wie ein Kaugummi. Sowas hat er noch nie erlebt. Ohne lange zu überlegen, zieht er ein Glasröhrchen aus seinem großen Trackingrucksack, um eine Probe zu nehmen.

 

Dann wendet er sich dem zu, was sich sonst noch im Raum befindet. Plötzlich erblickt er etwas, was er vorher gar nicht bemerkt hat. An einer Wand befinden sich mehrere grüne Zeichen, die in die Wand eingemeißelt zu sein scheinen.

 

Seine Augenbraue wandert in die Höhe. Ein Zeichen dafür, dass sein Gehirn gerade auf Hochtouren arbeitet. Das könnte das Ende seiner langen Forschungsreise, hier in Panama, sein. Dieser Gedanke sorgt in seinem Herzen für ein schmerzhaftes Stechen. Das Projekt hat er zwei Jahre lang vorbereitet und drei weitere die Erkenntnisse durchforscht, die bereits über diesen sagenumwobenen Ort gewonnen wurden. Und jetzt hat er endlich die nötigen Mittel zusammen, kann allerdings nicht weiter in den Raum, in den er wirklich will.

 

Gerade will er aufgeben, da mustert er die Zeichen ein zweites Mal und eine Idee kommt ihm. Blitzschnell setzt er seinen Rucksack ab und macht seine Kopflampe ein wenig heller. Heraus zieht er ein kleines Notizbuch mit einem schwarzen Einband. Das könnte die Lösung sein. Er blättert die Seiten des Büchleins durch, bis er endlich auf das trifft, was er gesucht hat. Tatsächlich gibt es eine Doppelseite mit einem Code, an dem er Monate lang gearbeitet hat. Wie konnte er das nur vergessen? Schnell stellt er sich vor die Wand und drückt vorsichtig auf die Steine mit den passenden Zeichen. Und tatsächlich! Plötzlich ist ein lautes Knirschen zu hören, dass er fast erschrocken zusammen zuckt. Sein Herz beginnt immer schneller zu schlagen, bis man glauben könnte, dass es jeden Moment aus seiner Brust springt.

Die Wand gleitet schwerfällig zur Seite und eröffnet ihm den Blick auf ein anderes, größeres Gewölbe. Fast bleibt ihm die Spucke weg und er vergisst beinahe zu atmen.

 

Langsam macht er einen großen Schritt in den Raum hinein und starrt auf das Bild, was sich ihm eröffnet. Auf den ersten Blick wirkt alles völlig langweilig und nicht gerade interessant, doch für sein geschultes Auge, verbergen sich an jeder Decke neue Geheimnisse, die seinen Geist mehr als nur fordern werden. Doch das Wichtigste ist alles andere als versteckt. In der Mitte des steinernen Zimmers befindet sich ein großer steinerner Klotz. Erneut schlägt sein Herz schneller. Das muss es sein! Schon lange hat er vermutet, dass dieser Gegenstand hier versteckt sein muss, doch mit Sicherheit wusste er es nie. Da war nur die unerschütterliche Hoffnung, die ihn ausmacht.

 

Und endlich steht er vor dem, was er gesucht hat. Vor dem angeblichen Grab des Todesengels. Es gibt so viele Legenden, die sich darum ranken. Vor allem für eine Besondere hat er sich interessiert. Sie besagt, dass ein Fluch auf dem irdischen Grab des Todesengels liegt, der auf jeden übergeht, der es öffnet und ihn zum neuen Todesengel macht.

 

Zwar glaubt er nicht wirklich an diese Legenden, doch trotzdem hat er, jetzt wo er wirklich vor dem steinernen Sag steht, tatsächlich ein schlechtes Gefühl. Er würde es nicht Angst nennen, sondern eher Respekt, aber abstreiten, dass er etwas fühlt, würde er niemals.

 

Er atmet noch einmal tief durch, bevor er Schritt für Schritt auf den großen Stein zu geht. Darum sind mehrere Metallketten geschlungen. Bedächtig lässt er sich vor auf die Knie fallen und versucht die Ketten zu bewegen. Glücklicherweise sind diese nicht mehr völlig intakt. Stattdessen wirken sie eingerostet und instabil. Ein Glücksgefühl macht sich in ihm breit, als er es schafft die harten Fesseln gegen den Stein zu schlagen. Daraufhin zerspringen einige der dazugehörigen Glieder und tatsächlich schafft er es die erste Kette zu lösen. So fährt er immer weiter fort, bis er alles freigelegt hat.

 

Er atmet durch und nimmt an all die Kraft, die er hat und aufbringen kann, um den Deckel des Sarges wegzuschieben. Die Steinplatte bewegt sich ein Stück. Schnell schüttelt er seine Hände aus und startet dann einen weiteren Versuch. Und dieses Mal funktioniert es.

 

Als der Deckel allerdings mit einem lauten Knall auf dem steinernen Boden aufkommt, macht sich allerdings keine Erleichterung in ihm breit. Stattdessen fühlt es sich plötzlich so an, als würde sein Blut gefrieren. Beißende Kälte ist das Einzige, was er jetzt noch spüren kann, während seine Knochen schwer wie Stein werden. Die Temperatur seines Körpers sinkt so stark, dass es sich so anfühlt, als würde ihm jemand mit einem Messer immer wieder tief ins Fleisch schneiden und dabei bis zu seinen Knochen vordringen. Diese Gefühlsflut übermannt ihn, reißt ihn zu Boden und zwingt ihn zu einem erstickten Schmerzensschrei. Während ihm die ersten Schweißperlen die Stirn hinunterzulaufen beginnen, kann er nur an eins denken. Der Fluch war nie eine Legende.

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Tag der Veröffentlichung: 16.10.2018

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