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Kapitel 1

Sie
Der gelbe Tennisball kommt mit einem leisen Geräusch auf dem orangenen Boden auf meiner Seite auf. Blitzschnell hole ich mit dem weißen Schläger, um den ich mit meinen Fingern fest umschlossen halte, den kleinen Ball, und schlage den Ball fest. Langsam spüre ich, wie die warme Sommersonne Chicagos mich zum Schwitzen bringt. Der Ball kommt feste auf der anderen Seite auf und macht es meiner Gegnerin unmöglich ihn noch zu erwischen. Melissa stöhnt erbost auf, während ich sich auf meine Lippen ein zufriedenes Grinsen schleicht. Mein leichter Anfall von Schadenfreude vergeht jedoch wieder, als ich die skeptischen Blicke meiner Eltern im Rücken spüre. Wie immer brauche ich mich gar nicht erst umzudrehen, um zu wissen, dass meine Eltern mich am liebsten gerade anschreien würden. Kurz drehe ich mich um, nur um tatsächlich den Blick meines Vaters zu sehen. Er hat die Augen zu Schlitzen zusammen gekniffen und seine Kiefer fest aufeinander gepresst. Dieser Ausdruck ist mir so bekannt, dass er gar nichts sagen muss. Ich weiß auch so schon, was er will. Also wende ich mich wieder nach vorne und lasse meinen Schlagarm ein wenig lockerer, während das Mädchen immer noch dabei ist den Ball aufzuheben. Ihre leuchtend pinke Sportkleidung blendet in der Sonne schrecklich und ich kneife die Augen zusammen.

 

Nun hebt Melissa ihren eigenen Schläger und macht einen, echt miserablen, Aufschlag. Glücklicherweise geht das Geschoss wenigstens übers Netz, sodass ich wenigstens meine neue Mission verfolgen kann, meine schreckliche Cousine gewinnen zu lassen. Wie in Zeitlupe tue, ich so als würde ich den Ball schlagen, verfehle ihn aber absichtlich, während ich einfach hoffe, dass das Spiel bald vorbei ist. So macht es nämlich echt keinen Spaß! Die Schwarzhaarige hat einen hämischen Gesichtsaufdruck aufgesetzt und wirkt so, als würde sie mich innerlich auslachen. Manchmal würde ich ihr echt gerne, auch wenn das hart klingt, meine Faust ins Gesicht rammen.

 

Als das Spiel nach ewiger Zeit endlich zu Ende ist, ist der Horror, entgegen meiner Hoffnungen, noch nicht beendet. Sobald ich sie den letzten Punkt habe machen lassen, lässt sie ihren Schläger sofort fallen und läuft freudig auf ihre Eltern zu. Genervt verdrehe ich die Augen und gehe los, sehe zu, wie ein Angestellter des Country Clubs losläuft und Melissa ihren Schläger hinterherträgt. Bei ihrem verwöhnten Verhalten könnte ich echt kotzen. Sie erwartet echt, dass man ihr alles hinterher schleppt und für sie den roten Teppich ausrollt. Schon als Kind war sie, dank ihrer Eltern, schrecklich verwöhnt.

 

Der muskulöse Arm meines Vaters legt sich schwer auf meine Schulter und ich zucke fast zusammen. Freundschaftlich klopft er mir sanft auf den Rücken und flüstert gerade so, dass die anderen es nicht hören können: “Das war ein richtig gutes Spiel. Ich bin stolz auf dich!“ Fassungslos sehe ich ihn an. Wie schon so oft frage ich mich, was mit meiner Familie eigentlich falsch läuft. “Worauf bist du denn bitte stolz? Darauf, dass ich so tun kann, als wäre ich schlecht im Tennis, damit meine Cousine sich gut fühlt?“, ich klinge entsetzt, was mein Vater jedoch nicht zu bemerken scheint. Lange nicht mehr so fröhlich wie vor dem Spiel, folge ich meinem Vater zu dem Tisch, an dem unsere Familie sitzt und will mich auf einen Stuhl zwischen meinem Vater und meinem Onkel fallen lassen, da drängt mich meine Cousine beinahe schon wie ein Footballspieler weg und wirft sich auf den Platz. Verwundert halte ich mich an der Lehne eines anderen Stuhles fest, um nicht zu stolpern. “Sag mal spinnst du eigentlich?“, meine Stimme zittert vor Wut: “Haben dich deine Eltern irgendwie als kleines Kind hoch geworfen und nicht aufgefangen, oder was?“ Am liebsten würde ich ihr richtig meine Meinung geigen. Während ich jedoch versuche mich zu beruhigen, legt sie noch einen drauf: “Du bist doch nur neidisch, weil ich gewonnen habe.“ Mein Atem bebt vor Wut und ich balle meine Hände fest zu Fäusten, denke mir innerlich jedoch nur, Sie ist es nicht wert sich aufzuregen, Leyla. Du kannst dich auch später noch über sie aufregen. An diese Leitworte halte ich mich, während ich mehrmals tief durch atme und versuche ihre Worte einfach an mir abprallen zu lassen. Wieder ein wenig entspannter, lasse ich mich auf einen anderen Platz fallen und stütze meinen Kopf in die Hände, während der Schweiß mir langsam über den Rücken zu laufen beginnt. Sobald wir den Club wieder verlassen haben, muss ich unbedingt unter die Dusche springen. Gelangweilt zupfe ich an meinem weißen Tennisrock herum und warte darauf, dass der Besuch hier schnell zu Ende geht, während mein Dad einen Kellner herruft, um sich etwas zu essen zu bestellen.

 

“Das Übliche, Miss Gilbert?“, der Kellner lässt mich den Kopf heben. Ich erkenne ihn sofort. Es ist einer der Angestellten, mit denen ich mich, als ich noch hier gelebt habe, immer gut verstanden habe. Meine Eltern scheinen davon überrascht zu sein, sagen dazu jedoch nicht. “Klar, gerne“, bestätige ich ihm und schenke dem hochgewachsenen Mann ein freundliches Lächeln. Unter ‘dem Üblichen‘ verstehen wir beide grünen Tee und ein Croissant mit Butter. Nichts Besonderes halt. Auch die Anderen bestellen sich Frühstück, doch Melissa tanzt mal wieder aus der Reihe und verlangt nach einem Steak und Rotwein.

 

“Wann fliegst du eigentlich zurück nach Seattle?“, fragt mein Onkel, der mir gegenüber sitzt, mich interessiert. “Übermorgen“, erwidere ich in Gedanken an mein Essen: “Schließlich will ich rechtzeitig vor Beginn des Semesters zurück sein und mich auch noch ein wenig vorbereiten.“ “Schade, sicher hätten wir gemeinsam noch schöne Zeit miteinander verbringen“, fast klingt er träumerisch. Ein Blick zu meinem Vater, sorgt dafür, dass ich mich beherrsche und mit zusammen gebissenen Zähnen antworte: “Ja, das wäre wirklich schön gewesen, aber ich habe meinem Mitbewohner versprochen ihm zu helfen.“ Das ist zwar eine kleine Lüge, aber erfahren muss das ja keiner. “Wie geht es Elijas eigentlich?“, fragt meine Mutter nun. Überrascht davon, dass sie sich für mein Leben in Seattle interessiert, hebe ich eine Augenbraue: “Gut, momentan macht er echt Karriere.“ “Das freut mich für ihn“, das warme Lächeln auf ihren Lippen habe ich schon lange nicht mehr gesehen: “Wir möchten dir übrigens jemanden vorstellen.“ Misstrauisch sehe ich sie an: “Okay und wen, wenn ich fragen darf.“ Mit den Zähnen knirschend sehe ich zu, wie mein Vater sich umdreht und einen Mann, der an einem anderen Tisch sitzt, zu sich herwinkt.

 

Sein volles schwarzes Haar fällt ihm in die grünen, unecht wirkenden Augen, mit denen er mich eindringlich mustert. Unter meinem Blick fühle ich mich wie ein Gegenstand im Museum, von dem er jede kleinste Stelle zu erfassen versucht. Mit der rechten Hand streicht er über seinen schwarzen Drei-Tage-Bart, während er langsam aufsteht und auf unseren Tisch zu kommt. Der Gang des Mannes wirkt vollkommen selbstbewusst und könnte vielleicht sogar ein Anzeichen für ein großes Ego sein.

 

Mittlerweile kann ich die Typen, die meine Eltern anschleppen relativ gut einschätzen, da es nicht das erste Mal ist, dass sie irgendeinen Kerl anschleppen, um ihn mir vorzustellen. Warum genau sie das tun, haben sie mir nie gesagt, aber ich kann es mir schon fast denken. Sie wollten schon immer, dass ich schnell einen Freund finde, heirate und Kinder bekomme, genauso wie sie wollten, dass ich Anwältin werde, wogegen ich mich jedoch auch erfolgreich wehren konnte. Das ist auch der Grund, weshalb unser familiäres Verhältnis so zerbrochen ist.

 

Der Mann setzt sich auf den letzten freien Platz am Tisch und hält mir seine Hand hin: “Hey, ich bin Holden Ward.“ Diese Vorstellung klingt so einstudiert, dass ich ziemlich beherrschen muss nicht genervt auf zu stöhnen. Die Typen werden ja mit jedem Mal schlimmer. “Holden ist der Sohn eines Geschäftsfreundes unserer Kanzlei und lebt sogar zufällig, genau wie du, in Seattle“, flötet meine Mutter freudig, während ich mich am liebsten verdrücken würde, denn die Tatsache, dass er auch in Seattle lebt, ist sicher kein Zufall. Meine Eltern glauben nämlich nicht an Zufälle und haben mir immer gesagt, dass ich es auch nicht tun soll. “Das ist ja … schön“, zu einem Lächeln kann ich mich nicht durchringen, sondern starre ihn einfach weiter ausdruckslos an. Die ganze Situation ist mir schrecklich unangenehm, weshalb ich schon wieder beginne an meinem Rock herumzuspielen. “Er geht sogar auf die gleiche Uni wie du“, ergänzt mein Vater und grinst Holden freudig an. Was auch sonst, schreie ich innerlich fast, antworte aber lieber mit einem hohen Maß an Sarkasmus: “Willst du mir gleich seinen ganzen Lebenslauf geben, Mom. Den hast du dir doch sicher heute bevor wir losgefahren sind ausgedruckt.“ Blöderweise versteht meine Mutter nicht, dass ich das nur teilweise ernst meine: “Was denkst du denn von mir, Schatz? Ich bin doch kein Stalker.“ Das ich daran zweifle, würde mir wohl niemand wirklich vorwerfen, wenn er meine Eltern kennt. Anstatt weiter mit meiner Mutter zu diskutieren, starre ich lieber Melissa an, die ihren Blick beinahe kaum von dem Typen vor ihr abwenden kann, was mich ziemlich stutzig macht. Schließlich hat sie schon seit einigen Jahren einen Freund. Beinahe fasziniert leuchten ihre Augen bei Holdens Anblick wofür ich sie am liebsten unter dem Tisch treten würde, denn ihr fester Freund ist echt okay und er ist der Einzige, den sie so ansehen sollte.

 

“Leyla? Hast du mir zugehört?“, fragt meine Mutter mich plötzlich und wedelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. Verwundert blinzele ich mehrmals und schüttele überrascht den Kopf. Irgendwann hatte ich einfach aufgehört ihr zuzuhören, was mich nun teuer zu stehen kommen wird: “Was hast du gesagt?“ “Leyla! Hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir rede“, schimpft meine Mutter leicht. “Tut mir leid, Mom“, entschuldige ich mich mit einem semischlechten Gewissen: “Kannst du es bitte nochmal wiederholen?“ “Deine Mutter hat vorgeschlagen, dass wir uns mal treffen könnten, wenn wir wieder zu Hause sind?“, fragt Holden amüsiert von meinem Fauxpas. “Was?“, ich klinge so entrüstet, wie ich mich fühle. Meine Mutter versucht echt alles, um mich mit irgendwem zu verkuppeln. Wütend starre ich zu meiner Mutter, doch Dad wirft mir einen vielsagenden Blick zu. Genervt drehe ich die Augen und reiße mich zum wahrscheinlich tausendsten Mal für meine Eltern zusammen: “Wenn das unbedingt sein muss, können wir uns treffen.“ “Bekomme ich dann deine Nummer?“, fragt er und zwinkert mir zu. Die Geste bringt mich beinahe zu kotzen, doch notgedrungen sage ich nach wenigen Sekunden doch “Ja“ und gebe ihm mein Handy, damit er meine Mutter speichern kann. Das Gefühl, dass es doch ein Fehler war meine Eltern in Chicago zu besuchen, wird immer stärker. Seattle ist jetzt einfach mein Zuhause und daran können selbst sie nichts ändern!

 

Da ihr euch bei dem ein oder anderen Namen hier sicher “wie zur Hölle spricht man den aus?“ denken werdet, ist hier für euch die Erklärung.

Schreibweise⬇          Aussprache
Kena                    -     Kiena oder Käna
Kayl                     -     Käil
Leyla                   -     Leyla oder Layla
Lane                    -     Läin 
Bree                     -     Brie

Kapitel 2

Sie
Eine Ansage nach der anderen halt durch die riesigen Hallen des Flughafens von Chicago. Immer wieder ertönt die gefühllose Stimme und verkündet, dass irgendein x-beliebiger Flug gecancelt wurde. Jedes Mal höre ich genau hin, ob es meiner ist und bete zu einem Gott, an den ich gar nicht wirklich glaube. Noch einen Tag in dieser Stadt mit meinen nervigen Eltern und der unerträglichen Hitze halte ich echt nicht länger aus. Da nehme, ich mir lieber ein Taxi egal wie teuer es ist. Glücklicherweise klingt es jedoch in keiner Weise so, als würde ich darauf verzichten müssen ins Flugzeug zu steigen. Ununterbrochen sehe ich, wie die Schlange hinter mir länger wird, während sie sich doch eigentlich am vorderen Ende verkürzen sollte. Diese Tatsache macht mich schon irgendwie sehr nervös, denn normalerweise sollte der Einlass schon angefangen haben.

 

In diesem Moment nehme ich das Vibrieren meines Handys wahr, dass ich schon zum wiederholten Mal heute höre. Sogar schon so oft, dass sich dieser Ton beinahe in mein Gehirn eingebracht hat und mich fast denken lässt, dass ich ihn nur in meinem Kopf höre. Ein wenig genervt ziehe ich den kleinen, grauen Kasten mit dem Apfelsymbol auf der Rückseite, aus meiner Jackentasche. Schon wieder eine Nachricht von meiner Mutter. Mein Blick wandert auf die kleine rote Zahl rechts oben neben dem Symbol meines Messengerdienstes. Zwanzig! Meine Mutter hat mir in der letzten halben Stunde ernsthaft zwanzig neue Nachrichten geschrieben. Und sie meint, dass man sie nicht als Stalker bezeichnen soll. Manchmal frage ich mich echt, ob meine Eltern als sie noch jünger waren Hand in Hand die Treppe runtergefallen und auf dem Kopf gelandet sind. Ich meine, ihr Verhalten ist doch nicht mehr normal.

 

Plötzlich ist die weiche Stimme einer Frau zu hören, die verkündet, dass wir endlich einsteigen können. Mit einem erleichterten Seufzer schalte ich den Flugmodus ein und drehe meiner Mutter somit den Harn zu. Langsam wird die Schlange immer kurzer und ich bewege ich mich Zentimeter um Zentimeter, während hinter mir Kinder brüllen und gestresste, reiche Leute versuchen irgendwie schneller durch ins Flugzeug zu kommen als alle Anderen.

 

Mit dem Blick auf mein Ticket laufe ich im Schneckentempo hinter den Leuten, die auch auf der Suche nach ihren Plätzen sind. Unter meinen weißen Turnschuhen knirscht es laut, als ich auf einen alten Kartoffelchip, der ganz alleine auf dem grauen Teppich liegt. Bei dem Geräusch beiße ich die Zähne zusammen und hoffe jetzt einfach mal nicht, dass sich alle zu mir umdrehen. Verstohlen hebe ich kurz den Blick ein wenig von dem Papier in meiner Hand und stelle fest, dass die Menschen um mich herum zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, um mich zu beachten, was mir nur recht ist.

 

Nachdem ich endlich den blauen Sitz gefunden habe, den ich für diese Reise mein Eigen nennen darf, stelle ich zufrieden fest, dass es ein Fensterplatz ist. Umständlich zwänge ich mich durch die Sitzreihe, bis ich an meinem Ziel angekommen bin und richte mich direkt gemütlich ein. Schließlich werde ich hier voraussichtlich vier Stunden und zwanzig Minuten verbringen, wenn wir rechtzeitig kommen, und werde höchstens aufstehen, um der stinkenden Bordtoilette einen Besuch abzustatten.

 

Als sich ein korpulenter Mann im grauen Anzug neben mich in den Sitz zwängt, beginne ich plötzlich ungeahnte Erleichterung zu verspüren, denn innerlich hatte ich schon erwartet, dass das mein Leben mal wieder ein Arschloch ist und dafür sorgen wird, dass ausgerechnet Holden, der kleine Handlanger meiner Mutter, neben mir sitzen wird. Meine Mutter hat mich nämlich oft genug damit voll gequatscht, dass er am selben Tag und zur gleichen Zeit zurückfliegen wird wie ich, also bin ich echt überrascht, dass dieser dicke Mann neben mir sitzt. Ich hätte schon gedacht, dass meine Mutter sich mal wieder einmischen und ihm irgendwie einen Platz neben mir besorgen würde, aber glücklicherweise bin ich wenigstens diesem Klischee entgegen.

 

Ein Streit am Eingang zieht meine Aufmerksamkeit auf sich und bringt mich dazu mich umdrehen. Da erblicke ich ihn. Mitten in der Tür steht Holden und sieht sich hilflos in der Gegend um, während vor ihm zwei Männer laut zu diskutieren begonnen haben. Merkwürdigerweise tut er mir in dieser Situation ziemlich leid, denn er hat gerade ziemlich große Ähnlichkeit mit einem hilflosen Welpen.

 

Trotzdem drehe ich mich wieder nach vorne und ziehe das Buch, das ich mir für den Flug gekauft habe, aus meinem Handgepäck. Dann folgen mein Handy und die weiß-blauen Kopfhörer, die ich mir aufsetze. Bevor ich jedoch beginne mich in die komplexe Welt meines Buches zurückzuziehen, mustere ich meinen Sitznachbarn genau. In diesem Moment ist er für mich nahezu ein richtiger Lebensretter, denn einen Flug mit Holden neben mir hätte ich wahrscheinlich nicht überlegt. Schließlich hat dieser mich schon beim ersten Treffen im Club den Rest des Tages voll gelabert, sodass ich nun Unmengen von Dingen über ihn weiß, die ich echt nicht wissen wollte.

 

Der ältere Mann neben mir trägt neben seinem eleganten Anzug noch schwarze Schuhe, die ich als Oxforder erkennen kann. Geld hat er also! Sein schwarzes Haar ist, an vielen Stellen, von grauen Strähnen durchzogen, doch es scheint nicht so, als würde er versuchen dies zu verstecken, was irgendwie cool ist. Auf seinen Wangen sind vereinzelt Bartstoppeln zu erkennen, die ebenfalls grau sind. Gerade zieht er eine königsblaue Brille seiner rechten Anzugtasche, die unerwartet modern wirkt, und setzt sie sich auf die Nase. Interessiert mustert er die Zeitung, in seinem Handgepäck für eine Weile, zieht diese dann heraus, um sie lesen zu können.

 

Als ich merke, dass ich starre, lenke ich meinen Blick schnell wieder auf das Buch und starte meine Playlist. Sofort ertönt Michael Jacksons “Billie Jean“. Entspannt lasse ich mich in die Musik fallen und lausche den wunderbaren Klängen, während ich das Buch vorsichtig aufschlage, weil ich es hasse, wenn das Buch nach einer Reise in einem schlechten Zustand ist.

 

Obwohl ich versuche mich vollkommen auf das Schriftstück in meinen Händen zu konzentrieren, folge ich Holden mit meinem Blick, als er an meiner Sitzreihe vorbeischlendert. Selbst während er versucht sein Gepäck in der Reihe vor mir zu verstauen, beobachte ich ihn wie ein Tiger seine Beute. Ach, ernsthaft? Er sitzt vor mir? Da hat mir das Leben ja mal wieder richtig in den Arsch getreten! Automatisch verdrehe ich die Augen, als er sich schräg vor mir in den Sitz setzt. Grinsend dreht er sich zu mir um: “Hey, Leyla. Cool, dass du auch mitfliegst.“ “Ja, super toll“, ich klinge kühler als gewollt, aber die Tatsache, dass er so tut, als hätte er das nicht gewusst, ist echt nervig. Die Wahrscheinlichkeit, dass meine Mutter ihm nicht gesagt hat, dass auch ich um diese Zeit fliege, ist ziemlich klein. Fast mikroskopisch!

 

Er merkt scheinbar sofort, dass mir gerade nicht danach ist mit ihm zu reden. Also dreht er sich wieder still nach vorne, doch aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er wie ein kleines Kind schmollt. Trotzdem kann ich es nicht lassen den Mann durch die Lücke zwischen den Sitzen zu beobachten. Hätten wir uns unter anderen Umständen kennengelernt, wäre er vielleicht ganz süß, aber dadurch, dass meine Eltern ihn auf mich angesetzt zu haben scheinen, bringt ihm selbst das keine Punkte bei mir ein. Da kann, er schmollen wie er will! 

 

Wahrscheinlich bekommen seine Eltern dadurch auch noch einen Deal mit meinen oder bezahlen in dafür und so einen arroganten Typen kann ich in meinem Leben echt nicht gebrauchen. Ich selbst bin schließlich auch kein ausnahmslos freundlicher Mensch. 

 

Zwar tue ich meistens so, wenn ich tagsüber Zeit in der Öffentlichkeit verbringe und bin zu Leute, die ich gern hab wirklich freundlich und herzlich, verlasse aber nachts dafür umso lieber die Rolle des braven Mädchens und tue Dinge, die meine Eltern auf keinen Fall gutheißen würden. 

 

Wenn sie wüssten, welchen Job ich habe, würden sie mich wahrscheinlich enterben oder leugnen, dass ich ihre Tochter bin. Das ist auch der Grund, warum ich keinen Mann will. Er würde auf keinen Fall mit meinen zwei so unterschiedlichen Leben klar kommen und versuchen sie zu einem zu verbinden oder verlangen, dass ich mich für eins entscheide, aber das werde ich unter keinen Umständen tun. Dieses Doppelleben ist ein Teil von mir und müsste ich mich für eins entscheiden, würde ich auch ein Stück von mir selbst einfach wegwerfen.

Kapitel 3

Sie
Meine Finger schließen sich fester um den Griff meines dunkelblauen Rollkoffers, als ich mich die Menschenmengen quetsche. Überall um mich herum hetzen Leute zu ihren Gates oder reihen sich in ellenlange Schlangen ein. Nach den fast vier ein halb Stunden bin ich echt froh wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren zu können und mich nicht schon wieder in eine Schlange stellen müssen. In der großen Halle ist es vollkommen stickig und ich bin sicher nicht die Einzige, die leicht zu schwitzen beginnt.

 

Am Eingang angekommen, sprinte ich beinahe aus dem Gebäude hinaus. Sobald ich ins Freie getreten bin, komme ich nicht umhin einen tiefen Atemzug zu nehmen. Zwar ist es hier draußen auch nicht gerade kalt, aber auf jeden Fall besser als im Flughafen oder in Chicago, wo die Sonne die Bewohner der Stadt fest an die Wohnung gefesselt hat. Schon allein das Tennisspiel hat mich unter der prallen Sonne ziemlich fertig gemacht. Und Melissa hat das Ganze mit ihrer Art nicht leichter gemacht.

 

Um nicht umgerannt zu werden, stelle ich mich mit meinem Gepäck in eine leere Ecke und ziehe mein Handy aus der Tasche. Mist, während des Fluges ist mein Akkustand auf zwanzig Prozent gesunken. Mit flinken Fingern checke ich schnell die Nachrichten meiner besten Freundin Bree, die mich eigentlich von hier abholen sollte. Aus dem Inhalt ihrer Nachrichten heraus, erfahre ich aber, dass sie es nicht schaffen wird mich abzuholen. Sie klingt kurz angebunden und erklärt mir, dass ihr Boss sie mal wieder vollkommen beansprucht und dass sie keine Zeit hat mich abzuholen.

 

Zwar habe ich jetzt das Problem, dass ich nicht weiß, wie ich nach Hause kommen kann, doch trotzdem habe ich auch Verständnis für ihre Situation. Ich kenne Bree noch aus meiner Schulzeit und weiß genau, dass sie mit zu viel Stress echt nicht klar kommt, weshalb ich den Job bei Lane Industries anfangs auch nicht gutgeheißen habe. Mittlerweile habe ich mich einfach entschieden ihr bei der Entscheidung, das Jobangebot anzunehmen, zur Seite zu stehen, anstatt ihr zu sagen, dass es nichts für sie ist. Natürlich kann ich ja auch verstehen, dass man eben mehr arbeiten muss, wenn man Assistentin ist und gerade ganz unten in der Firmenhierarchie steht.

 

Deshalb tippe ich auch nur ein kurzes “Ok“ in die Tastatur ein und füge hinzu, dass sie sich keine Gedanken um mich machen muss. Ich will einfach nicht, dass sie sich den ganzen Tag Sorgen um mich macht.

 

Kurz darauf folgt dann jedoch eine Nachricht ihrerseits, die mich total überrascht. Darin teilt sie mir mit, dass mein Mitbewohner Elijas sich dazu bereiterklärt hat, mich abzuholen. Ein dankbares Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Womit habe ich mir nur so gute Freunde verdient?

 

Schnell tippe ich eine Antwort ein, um ihr zu danken, und lasse meinen Blick dann über den riesigen Parkplatz vor mir schweifen. Leider ist Elijas‘ Ford schwarz und geht in der Masse total unter.

 

Unerwartet entdecke ich meinen besten Freund dann, nachdem ich lange genug gesucht habe, überraschenderweise an einem Hotdogstand. Sofort fällt mir auf, dass er seit meiner Abreise nicht mehr beim Friseur war, denn sein hellbraunes Haar fällt ihm nämlich bereits in die Stirn. Bei dem Anblick des dampfenden Hotdogs in seiner Hand, leuchten seine braun-grauen Augen, die mich jedes Mal, wenn ich hineinblicke, an die Haut einer Schlange erinnern, regelrecht auf. Auf einen Hotdog hätte ich jetzt auch echt Lust! Elijas Muskeln spannen sich unter seinem grauen T-Shirt, als er sich die Wurst und das Brötchen in den Mund schiebt, während seine vollen Lippen sich öffnen und den Blick auf seine strahlenden Zähne, die einen Kontrast zu ihrer stark gebräunten Haut bilden, freigeben.

 

“Elijas?“, die Freude in meiner Stimme klarer heraus zu hören als ich gedacht hatte. Er hebt seinen Blick von dem Snack und starrt stattdessen mich an. Sein Blick ist genauso freudig wie mein Eigener. Beinahe liebevoll! Sein Anblick lässt meinen ganzen Körper vor Freude wie ein warmes Lagerfeuer knistern. Dieser Mann, mein Kindheitsfreund, zaubert mir immer ein Lächeln auf die Lippen egal, wie mies ich zuvor gelaunt war.

 

Schnell wirft er seine Essen in die Mülltonne neben ihm, um mich in seine Arme schließen zu können, was irgendwie schade ist. Sein Körper an meinem lässt mich die Essensverschwendung vergessen. Wäre er nicht schwul, könnte ein Außenstehender wirklich denken, dass wir mehr wären als Freunde, doch wir beide wissen, dass selbst dann nie etwas zwischen uns laufen würde.

 

“Den Hotdog hätte ich übrigens echt gerne noch gegessen“, murre ich, als wir uns voneinander lösen. Mein bester Freund verdreht allerdings nur die Augen: “Wie wäre es erst mal mit einem ‘Hallo‘ oder einem ‘Schön dich wieder zu sehen.“ Ich spreche das aus, was ich wirklich schon vorher hätte sagen sollen: “Hallo, schön dich wieder zu sehen und danke, dass du mich abholst.“ “Gut so“, er grinst und streckt seine Hand nach meinem Koffer aus: “Gib hier. Wir sollten zum Auto gehen und nach Hause.“ “Wieso hast du es so eilig?“, ich klinge belustigt. “Du stinkst“, erwidert er amüsiert. “Ich will nicht wissen, wie du nach mehr als vier Stunden in einem Flugzeug bei unerträglicher Hitze riechen würdest“, beschwere ich mich. Gespielt beleidigt klappt er den Mund auf: “Ich würde klasse riechen.“ Darauf folgt ein nicht ganz ernst gemeintes Augenrollen: “Klar.“ “Danke“, das war seine Bestätigung: “Und jetzt lass mich deine Koffer tragen.“ “Nein, ich habe schließlich selbst Hände“, widerspreche ich hartnäckig.

Diese Diskussion hatten wir nämlich schon vor meiner Abreise und da habe ich auch gewonnen. “Nein, Leyla. Du bist durch den Flug sicher schön müde genug“, er streicht mir liebevoll, fast wie ein Bruder, eine meiner dunkelbraunen Haarsträhnen aus den grünen Augen: “Lass dir einfach mal von mir helfen.“ Für einen kurzen Moment will ich protestieren, schließe den Mund dann aber lieber wieder, denn er hat recht. Ich bin echt müde und mit Sicherheit würde ich die Diskussion dieses Mal verlieren. Also lasse ich es einfach und folge ihm wortlos, mit dem Gedanken an das warme, weiche Bett, was mich zu Hause erwartet, über den Parkplatz zum Auto.

Kapitel 4

Sie
“Wieso riecht es hier nach Fleisch?“, platzt es aus mir heraus, als mir ein starker Geruch beim Öffnen der Wohnungstür entgegenschlägt. “Tut es nicht“, versucht er sich kläglich zu verteidigen. Skeptisch wandern meine Augenbrauen in die Höhe: “Hast du etwa wieder dieses stinkende Fleisch gegessen, während ich weg war?“ Meinem Blick ausweichend, rollt er meine Koffer in die Wohnung: “Das ist doch das erste Mal seit langem, dass ich mal die Chance dazu hatte. Warum sollte ich die nicht nutzen?“ Ich verdrehe unbemerkt die Augen, als er gerade das Gepäck in mein Zimmer bringt, und öffne dann die Fenster, weil dieser Geruch und die stickige Luft mir langsam Kopfschmerzen machen. Hat er etwa noch nie was vom Lüften gehört?

 

Sofort strömt mir heiße Luft entgegen, die im Vergleich zu der hier drinnen allerdings fast kalt wirkt. Dann schlendere ich in die Küche zurück, um mir etwas zu Essen zu machen.

 

Schwungvoll öffne ich den Kühlschrank und stelle fest, dass das Innere, entgegen meiner Erwartungen, nicht komplett leer ist. Überraschenderweise ist er sogar verhältnismäßig voll, anstatt nur Bier und Tiefkühlpizzen zu enthalten, womit ich eher gerechnet hätte.

Ich strecke meine Hand nach einer Dose Cola aus, doch bevor sich meine Finger wirklich fest um die kalte, rote Hülle schließen können, ertönt ein lautes Räuspern hinter mir.

 

Vor Schreck fahre ich herum und beinahe wäre mir das Getränk aus der Hand gefallen. Bevor das geschehen kann, fange ich es, von meinen eigenen Reflexen überrascht, mit der anderen Hand auf. “Wieso erschreckst du mich so?“, ich klinge empört, während ich mit einem lauten Zischen die Dose öffne und zu sehe, wie die Kohlensäure wild aus der Öffnung sprudelt.

 

“Du wirst heute auf keinen Fall irgendwas kochen.“ “Was dann?“, in meiner Stimme schwingt Verwirrung mit, als ich einen Schluck der süßen Flüssigkeit im Gefäß, dass ich in den Händen halte, nehme. Das ist genau die Erfrischung, die ich gebraucht habe. “Wir bestellen“, der Schwarzhaarige wedelt mit einer ‘Pizza Hut‘ – Karte vor meiner Nase herum. Damit bin ich hingegen gar nicht einverstanden. “Warum? Kochen geht in dieser Stadt genauso schnell wie da …“, ich deute auf die Karte: “ …irgendwas zu bestellen.“ “Hey, keine Widerrede“, er packt mich sanft am Handgelenk und zieht mich aus der Küche: “Nachdem du so lange geflogen bist, lasse ich dich keinen Fuß mehr in die Küche setzen, sonst fackelst du noch irgendwas ab. Und das Essen von ‘Pizza Hut‘ schmeckt sowieso besser.“ An unserem cremefarbenen Zwei-Personen-Sofa angekommen, drückt das Malemodel mich sanft in die Polster und wirft mir eine Decke zu, die ich sofort weiter aus den Sessel neben mir werfe. Schließlich ist es viel zu warum dafür. “Erstens bin ich gar nicht müde“, beginne ich zu argumentieren: “Und zweitens sind meine Kochkünste gar nicht schlecht.“ Als Antwort zieht er nur eine Augenbraue hoch und lässt sich dann neben mich fallen. “Was?“, bohre ich nach. “Erstens verträgst du Flüge gar nicht gut“, er acht eine Kotzgeste: “Und zweitens kochst du nicht schlecht, sondern grauenhaft.“

 

“Wow, von Taktgefühl hast du wohl in deinen bisherigen zweiundzwanzig Lebensjahren noch nie was gehört“, ich schenke ihm einen gespielt beleidigten Blick und verschränke die Arme vor der Brust. “Sagst ausgerechnet du“, vorwurfsvoll blickt er mich an. Da muss ich ihm irgendwie recht geben. “Nur im Bezug auf ein paar Menschen bin so“, verteidige ich mich selbst und ärgere mich ein wenig die Cola nicht stehen gelassen zu haben, denn die Kälte tut meinen Zähnen nicht so gut. “Damit beziehst du dich dann wohl auf deine ganze Familie“, ein bereits, belustigtes Grinsen hat sich auf seine Lippen geschlichen. “Nicht ganz, Rasmus mag ich zum Beispiel“, werfe ich ein. “Das ist doch der kleine, blonde Cousin, richtig?“, mit der Hand versucht der Mann zu markieren für wie groß er den Jungen hält und spricht weiter, als ich nicke: “Apropos Familie. Wie war es eigentlich in Chicago? Hast du dich benommen?“

 

“Mehr oder weniger“, gebe ich ehrlich zu. Skeptisch mustert Elijas mich: “Eher mehr oder eher weniger.“ “Eher weniger“, zu Elijas bin ich, was mein Leben angeht, in der Regel ehrlich. Schließlich kennt er mich besser als jeder Andere und gelegentlich sogar besser als ich mich selbst. “Warst du fies zu irgendwem?“, sein Blick wirkt analysierend. “Nicht als Erste“, entgegne ich. Nun wirkt der Schwarzhaarige ehrlich interessiert: “Gut, dann raus mit der Sprache. Ich will alles wissen. Selbst die schmutzigen Details.“ Dann erzähle ich dir am besten die Sachen vom Tennisplatz. Da ist der Dreck buchstäblich geflogen“, spaße ich, ihn in die Seite knuffend. Er sieht mich amüsiert an: “Okay, jetzt musst du wirklich mit der Sprache rausrücken.“

 

Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass ich mich wieder schrecklich aufregen werde, wenn ich von der Sache im Club zu erzählen anfange, beschließe ich das nicht auf leeren Magen z tun. Mein Magen, der mir ein lautes Knurren schickt, unterstützt diese Entscheidung nur noch mehr. “Ich will erst bestellen“, grinsend schnappe ich ihm die Karte aus der Hand. Eigentlich mache ich das ein wenig, um ihn zu ärgern, doch obwohl ich es nicht unbedingt zugeben würde, habe ich wenig Lust darauf, ihm von meiner Familie zu erzählen. Generell stört es mich immer zu hören, dass andere so tolle Eltern haben, die immer für ihre Kinder da ist, während meine Familie immer nur nach außen hin makellos sein muss und das auch von mir erwartet hat.

 

Das ist auch der Grund dafür, dass ich weggezogen bin und fast keinen Kontakt zu meiner Familie habe. Deshalb regt es mich auch so auf, wenn meine Eltern irgendwelche Typen anschleppen, die mich wieder auf den ‘richtigen Weg‘ bringen sollen. Wahrscheinlich werde ich Elijas deshalb auch nur von den neusten Geschehnissen erzählen und meinen Unmut nicht mit alten Geschichten weiter schüren. Ehrlich gesagt möchte ich ihm nur von Holden und auch ein bisschen von Melissa erzählen, anstatt von den Tagen, die ich nur mit Mom und Dad verbracht habe.

 

“Das ist nicht fair“, er verschränkt die Arme vor der Brust: “Du hast erst mein Interesse geweckt und lässt mich dann zappeln.“ “Bitte. Du hörst doch selbst wie mein Magen sich beschwert“, bitte ich dieses Mal ganz ernst. Sein Blick sagt mir, dass er sich geschlagen gibt, als er die Augen missbilligend verdreht: “Na gut, dann will ich aber auch was haben und wenn, du dein Essen hast, erzählst du mir von Chicago.“ Auch ich gebe nach: “Einverstanden, aber ich werde dir nicht alles, was in den Tagen passiert ist, als ich mit meinen Eltern allein war, nicht erzählen. Das wären nur die üblichen Beschwerden.“ “Das heißt, dieses Mal ist etwas anders?“ “Ja, meine Eltern haben mal wieder Scheiße gemacht“, gebe ich notgedrungen zu.

 

Nach einem ausgiebigen Blick in die Speisekarte, habe ich mich endlich für ein Gericht entschieden:“Ich glaube, ich nehme einfach eine Salamipizza. Ganz klassisch halt. Und du?“ “Spinat!“ “Was?“ “Ich nehme eine Spinatpizza.“ Instinktiv verziehe ich das Gesicht: “Ihh, du verarscht mich doch.“ “Nein, wenn es um Pizza geht, macht man keine Witze. Das ist mein voller Ernst“, er klingt erschreckend ernst. Mich ergebend, hebe ich die Hände: “Sorry, die Pizza kommt sofort.“ Damit er es mir nicht übel nimmt, dass mir bei dem Gedanken an sein Essen mein Sandwich von heute Morgen wieder hochkommt, greife ich nach dem Telefon. Wenn es um Pizza geht, hat er nämlich wirklich keinen Humor.

 

Während ich zu bestellen beginne, kann ich allerdings plötzlich nicht mehr aufhören an den Country Club und Holden zu denken. Um das Treffen mit ihm werde ich wohl kaum herumkommen.

Kapitel 5

Sie
Das Läuten unserer Türklinge rettet mich vor den hartnäckigen Fragen von Elijas, die er mir gestellt hat, nachdem ich das Telefon aus der Hand gelegt habe. Kurz hatte ich mit dem Gedanken gespielt ihm zu sagen, dass ich noch etwas vorhabe, um seine Fragen zu entgehen, aber leider kennt er mich dafür viel zu gut. “Pizza“, rufe ich erleichtert. Überrascht von meiner Freude zieht er beide Augenbrauen in die Höhe, steht aber auf, als ich Anstalten mache zur Tür zu gehen und drückt mich auf die Couch zurück: “Ey, Leyla. Du bleibst hier sitzen.“ Ein wenig enttäuscht verdrehe ich die Augen, gebe dann aber nach und lasse mich wieder in die weichen Kissen sinken. Für meinen Körper ist es eine Erleichterung endlich zurück daheim zu sein und im eigenen Bett schlafen zu können.

 

Aufmerksam sehe ich zu, wie mein Mitbewohner die Tür öffnet und dem Pizzaboten sein schönstes Lächeln schenkt. Das sieht ihm irgendwie ähnlich. Sieht er einen heißen Kerl, dreht er komplett am Rad und ich muss dann da wieder raus holen.

 

Obwohl ich nicht gedacht hätte, dass ihm der Bote mit seinem strubbligen, blonden Haar gefallen würde. Das passt gar nicht zu dem Typ von Mann, von dem er sonst angetan ist, doch da ist dieses leuchtende Blau in den Augen des jungen Mannes, dass schon irgendwie anziehend wirkt. Er ist jedoch seltsam klein und muss den Kopf weit heben, um Elijas ins Gesicht sehen zu können.

 

Da ich sicher bin, dass Elijas ihn nicht mehr gehen lassen wird, springe ich nun doch vom Sofa auf und lege meinem besten Freund eine Hand auf die Schulter. “Willst du nicht zahlen, mein Freund?“, frage ich entspannt und grinse den Mann vor der Tür freundlich an: “Wie viel müssen wir denn zahlen?“ “Äh, dreizehn Dollar“, stottert er unsicher und wirkt dabei fast wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal mit seinem Lieblings Superhelden spricht.

 

Während Elijas weiterhin wie angewurzelt dasteht und auf die Person vor ihm starrt, mache ich mich auf den Weg zu meiner Jacke, in dessen rechter Tasche sich mein schwarzes Wildlederportmonee befindet. Heraus ziehe ich einen zehn und einen fünf Dollar Schein und komme dann zurück. Bevor ich jedoch zurück zu den Anderen gehe, reiße ich einen Zettel aus einem Block, der neben dem Telefon im Flur liegt, und schreibe Elijas Nummer und seinen Namen darauf. Dann falte ich den Zettel unsauber und laufe zu den Anderen zurück.

 

Unbemerkt stecke ich das gefaltete Papier zwischen die Scheine und reiche alles dann dem Pizzajungen: “Stimmt so.“ Ein freudiges Grinsen schleicht sich auf dessen Lippen und er steckt das Geld schnell weg. Ob er den Zettel gesehen hat? Dann drücke ich die Pizzen dem Model neben mir in die Hand und schließe die Tür, als der Bote sich umdreht.

 

Sobald das Klicken des Türschlosses ertönt, erwacht mein Freund wieder aus seiner Starre. “Wie peinlich war das?“, fragt er unsicher. Neutral zucke ich mit den Schultern, um ihn nicht zu sehr zu verunsichern: “Nur ein bisschen.“ “Danke, dass du mich gerettet hast“, immer noch ziemlich perplex läuft er auf den gläsernen Wohnzimmertisch zu und lässt die Pizzen darauf fallen.

 

Scheinbar ist er noch so durch den Wind, dass er nicht bemerkt, dass er Tisch nicht gerade hoch ist, also fallen die Kartons aus einer, für Essen ungesunden, Hohe.

 

“Geht’s dir gut?“, frage ich und ziehe meine Mahlzeit, die natürlich unten lag, aus dem Stapel. “Ja, alles okay“, antwortet Elijas und lässt sich aufs Sofa fallen, während ich mich auf den Boden setze und die Pizza auf den Tisch lege.“Oh, ich du warst nicht gemeint“, erwidere ich und öffne den Karton überrascht davon, dass Elijas sie mit seiner Aktion nicht total zermatscht hat. “Wer dann?“, er klingt verwundert und ein wenig empört. “Meine Pizza“, erkläre ich und greife mir das erste Stück, während der wunderbare Duft von warmem Käse, Soße und Salami aus der Packung entweicht.

 

Elijas hat bei meinen Worten die Augen zusammen gekniffen und die Kiefer fest aufeinander gebissen: “Aua, das Tat seelisch weh.“ Mir ist genau, dass er weiß, dass es nur ein Spaß war, doch er tut genauso gerne so, als wäre er beleidigt, wie ich. Ich knuffe ihn sanft in die Seite: “Hey, du hast keinen Grund dafür dich mies zu fühlen.“ “Doch, habe ich wohl“, sein Blick ist sehnsüchtig: “Schließlich habe ich gerade einen der heißesten Typen auf dieser Welt einfach so verschwinden lassen.“

 

Ich kann ein amüsiertes Lachen nicht unterdrücken: “Erstens war der gar nicht so heiß und zweitens habe ich, nachdem ich das Geld raus gesucht hatte, deine Nummer auf einen Zettel geschrieben und deinem Traumtypen den Zettel gegeben.“

 

Scheinbar braucht er erst einige Sekunden, um zu realisieren, was ich gerade gesagt habe. Sein geschockter Gesichtsausdruck verwandelt sich innerhalb von wenigen Sekunden in ein freudiges Lächeln. “Ich liebe dich, Leyla“, flüstert er mit großen Augen. “Ich weiß“, grinse ich und esse weiter.

 

Nachdem ich auch das letzte Stück meiner Pizza gegessen habe, wirft Elijas einen Blick auf die Uhr: “Musst du heute arbeiten?“ Kurz muss ich nachdenken: “Ja, warum?“ “Weil es dann wohl langsam Zeit wird, dass du dich fertig machst“, er hält mir das Ziffernblatt seiner Armbanduhr vor die Nase.

 

Er ist der Einzige, der weiß, dass was ich für einen Job mache. Da wir zusammen leben und uns schon seit zweiundzwanzig Jahren kennen, wäre es viel zu schwer geworden so ein Geheimnis vor ihm zu verbergen. Also habe ich ihm auch mein Geheimnis erzählt, als ich die Erste war, der er von seiner Sexualität erzählt hat. Denn erst als wir ausgezogen waren, hat er sich dazu bekannt und nach wie vor bin ich ihm dankbar dafür, dass er mir so viel Vertrauen entgegengebracht hat. Auch verurteilt hat er mich niemals dafür, dass ich meinen Job liebe, denn er weiß, dass es ein Teil von mir ist.

 

Mit diesem Kapitel bin ich irgendwie gar nicht zufrieden!

Kapitel 6

 Er

Die Straßenlaternen erleuchten meinen Weg flackernd. Mein Blick liegt auf dem Stein unter meinen Füßen, während ich versuche die vielen Leute, um mich herum auszublenden.

 

Mein Vater hatte eisern darauf bestanden, dass ich mal ein paar unserer neuen Angestellten zusammen trommle und mit ihnen irgendwas unternehme, um die Beziehung zu diesen zu verbessern, wovon ich jedoch gar nichts halte. Warum konnte er das nicht machen?

Schließlich ist er der Seniorchef unserer Firma und ich bin nur der Sohn, der angelernt wird, um das Geschäft später zu übernehmen, was erst gar nicht in meinem Interesse lag. Eigentlich wollte ich irgendwas machen, um mich kreativ auszuleben, zum Beispiel Bücher schreiben und malen, doch stattdessen haben meine Eltern darauf bestanden die Firma in der Familie weiter zu geben und da blieben meine Schwester und ich die einzigen Optionen.

 

Da ich fast mein ganzes Leben mit meiner Schwester verbracht habe, habe ich mich dazu entschlossen die Verantwortung zu übernehmen, da sie mit ihrem unbeschwerten, unbekümmerten Wesen niemals imstande wäre das zu tun. Zwar schätze ich meine Schwester und ihre Art wirklich, doch trotzdem weiß ich ebenso gut wie sie, dass sie gar nicht wüsste, man so ein Unternehmen leitet. Zwar würde Dad es ihr sicher erklären, doch ich kenne ihre Träume und wollte sie ihr wirklich nicht nehmen.

 

Anstatt jedoch, wie mein Vater es sich sicherlich gewünscht hat, mit den Neuen in irgendein Restaurant zu gehen, habe ich mich für eine ganz andere Lokation entschieden. Ich will meinen Abend einfach nicht damit zu in irgendeinem vornehmen Restaurant an einer langen Tafel zu sitzen und schweigend zu essen. Das ist etwas, was mein Dad tun würde, aber ich bin eben nicht mein Vater. Zwar hat er das auch nie gesagt und niemals versucht mich zu seinem jüngeren Abbild zu machen, doch trotzdem haben mich viele als klar wurde, dass ich Juniorchef werde, so gesehen. Mittlerweile hat sich das allerdings auch wieder stark gelegt und ich werde unabhängig von meiner Familie als Person gesehen.

 

Vor den schwarzen Türen eines großen grauen Gebäudes bleibe ich stehen, während die Gruppe, um mich herum, länger braucht, um zu realisieren, dass wir scheinbar nicht weiter laufen werden. “Warum stehen wir vor einem Stripclub?“, fragt einer Dümmlich. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie einer der Anderen ihn in die Seite stößt und ihn irgendwas zuflüstert.

 

Selbstsicher gehe ich auf den Mann am Eingang zu und zücke mein Portmonee. Heraus ziehe ich meinen Ausweis, um dem breiten Türsteher vor mir zu zeigen, dass ich über achtzehn bin, was man aber auch nur schwer übersehen kann.

 

Ich würde nicht sagen, dass ich alt bin oder so aussehe, aber für unter zwanzig könnte man mich auch nur aus sehr weiter Entfernung halten. Mein dunkelbraunes Haar habe ich ein wenig nach hinten gestylt und der leichte Ansatz eines dunklen Dreitagebarts, der meine rosafarbenen Lippen umrahmt, ist bereits zu erkennen. Das Zentrum meines Gesichts bilden aber meine eisblauen Augen, die in Kombination mit meiner leicht gebräunten Haut, hervorstechen. Mit meinen dreiundzwanzig Jahren habe ich für mein Geschlecht eine normale Größe und bin auch nicht schlecht gebaut, obwohl man mich auch nicht wirklich als totalen Muskelprotz bezeichnen könnte. Manchmal ist weniger schließlich mehr und ich gefalle mir so, wie ich bin, was wohl der erste Schritt zu einem gesunden Selbstbewusstsein ist.

 

Die anderen Männer tun es mir gleich und folgen mir dann in den Club. Im Inneren wummert der Bass heftig und lässt den Boden leicht vibrieren. Das Licht ist auf die Bühne gerichtet, die man von fast jeder Position im Raum gut erkennen kann. Mein Blick schweift auf der Suche nach einem Sitzplatz durch die Ansammlung von Menschen. Einige von ihnen hängen bereits ziemlich betrunken auf ihren Barhockern und kippen einen Kurzen nach dem anderen hinunter, während der Rest, egal ob sitzend oder stehend, die jungen Frauen auf der Bühne betrachtet. Natürlich entgeht mir auch der hohe Anteil an männlichen Wesen in diesem Gebäude nicht. Frauen wissen nicht, was sie in einem Club voll mit angeturnten Typen tun sollen, wenn sie nicht gerade hier arbeiten. Genau das ist auch der Grund dafür, dass ich mich entschieden habe mit den weiblichen Kollegen an einem anderen Tag woanders hinzugehen.

 

Kurz deute ich auf eine der Sitzecken und gehe dann darauf zu ohne auf die anderen zu warten. Die Gruppe folgt mir einfach lärmend und lässt sich auf die schwarze Ledercouch fallen. Ich selbst setze mich als letzter hin und stütze meine Ellenbogen träge auf den dunklen, runden Holztisch. Meine Beine strecke ich entspannt aus und versuche einfach die Leute um mich herum auszublenden.

Eine Kellnerin unterbricht diesen Vorgang jedoch, als sie an unseren Tisch herantritt: “Hey, Jungs. Was wollt ihr trinken?“ Sofort zieht sie einen Block mit einem dazugehörigen Stift aus ihrer schwarzen Kellnerschürze heraus.

 

Während sie wartet und dann die Wünsche der Männer notiert, mustere ich die junge Frau. Ihr Haar fällt ihr in seichten Locken über die Schulter. Ihre grau-weiße Haarfarbe ist zwar ziemlich ausgefallen, doch lässt sie die Kellnerin in keinster Weise halt aussehen. Stattdessen verleiht sie ihrem jugendlichen Gesicht noch mehr Frische und Vitalität. Das Highlight ihres Gesichtes bilden allerdings die sanften Grübchen, die bei jedem Grinsen hervorstecken und ihre moosgrünen Augen. Ihre Haut bedeckt sie nur mit einem kurzen, schwarzen Rock und einem Oberteil, das nicht einmal bis über ihre Rippen reicht und natürlich ebenfalls schwarz ist. Wenigstens die Schürze, die sie um ihre Hüften geschlungen hat, bedeckt ihre Oberschenkel größtenteils.

 

Als ich an der Reihe bin etwas zu bestellen, wende ich meinen Blick von ihrem, zugegebenermaßen schönen, Körper ab und blicke ihr wieder in die Augen, die ganz und gar nicht tiefgründig, sondern lediglich oberflächlich wirken. “Eine Cola, bitte“, bestelle ich mit nüchterner Stimme. Ich weiß, dass ich bei den anderen Jungs jetzt sowas wie ein Weichei sein werde, aber das ist mir egal. Schließlich muss ich morgen arbeiten. Genau wie die anderen auch, aber die Tatsache scheint der Großteil der Gruppe zu ignorieren.

 

Die Reaktionen auf meine Bestellung folgen natürlich augenblicklich, also lasse ich die Lacher und die Kommentare still über mich ergehen und starre lieber auf die Tischplatte. Während ich hartnäckig damit beginne mit meinem Fingernagel in einem Schlitz in der Tischplatte herumzufummeln, wechseln sie das Thema plötzlich, als einer von ihnen darauf aufmerksam macht, wie heiß er die Kellnerin findet, die gerade an unserem Tisch war, doch nach einiger Zeit höre ich gar nicht mehr richtig hin. Gerade würde ich echt lieber auf dem Sofa in meiner Wohnung sitzen und Fernsehen oder lesen. Hauptsache irgendwas ohne die Frischlinge, die nicht besser zu tun haben, als sich über jeden möglichen Quatsch die Mäuler zu zerreißen. Genau deshalb hänge ich echt lieber mit denen ab, die schon länger für uns arbeiten und bereits ein wenig aufgestiegen sind. Sie sind einfach viel reifer und keine Küken mehr.

 

Eine Hand legt plötzlich einen Pappuntersetzer auf den Tisch vor mir, nur wenige Zentimeter von meinem Finger entfernt, hin und stellt dann ein Glas so schwungvoll darauf, dass die Cola darin fast den Rand schwappt und an der Außenseite hinunterläuft. Schnell schließe ich meine rechte Hand darum und stabilisiere es so, während ich den Blick habe und der Kellnerin mitten in die schönen Augen blicke. Für einen kurzen Moment sieht auch sie mich an, doch dann zieht einer meiner Kollegen ihre Aufmerksamkeit auf sich: “Und? Wie ist dein Name, meine Schöne?“ Bei dieser grottigen Anmache muss ich mich wirklich beherrschen mir mit der flachen Hand vor die Stirn zu schlagen. Immer aufs Neue frage ich mich, warum wir Männer es meistens so herablassend versuchen, aber wahrscheinlich bin ich, was das angeht nicht besser, denn auch ich werde erst ein wenig herablassen, bevor ich einer Frau wirklich Bewunderung zeigen kann. Das ist wohl das Problem der meisten Männer auf dieser Erde. Sie wollen ihre Würde nicht verlieren, wenn sie weibliches Wesen umwerben. “Mein Name ist Lois“, erwidert die Frau mit einem leicht gehobenen, rechten Mundwinkel. “Würdest du auch mal für mich so strippen, Lois?“, sein Blick wandert zu der Bühne, auf der sich eine Reihe von Frauen an den Stangen rekelt. Ihren Vornamen zieht er absichtlich besonders lang, was sie aber nur zu einem Augenverdrehen veranlasst: “Du wärst der Letzte, für den ich sowas machen würde.“ Sofort bricht die ganze Gruppe erneut in Gelächter aus und auch ich kann mir ein hämisches Grinsen nicht verkneifen. Diese Frau kann scheinbar nicht nur mit ihrem Aussehen, sondern auch mit ihrem Selbstbewusstsein punkten.

 

Mit einem Grinsen auf den Lippen stelle ich fest, dass ein neuer Song beginnt, als die Grauhaarige sich auf den Weg zum nächsten Tisch macht. Das Grölen meiner Begleiter kann mich allerdings erst davon überzeugen einen kurzen Blick auf die Bühne zu werfen, anstatt nur einmal aus dem Augenwinkel rüber zu linsen.

 

Scheinbar haben die Mädchen die Schichten gewechselt, was an sich nichts Besonderes ist, doch sofort sehe ich, was meine Mitarbeiter so fasziniert.

 

Da ist diese eine Frau. Sobald die ersten Klänge des Songs ertönen, beginnt sie ihren Körper gekonnte einzusetzen. Ihr Blick richtet sich in die Menge und das Leuchten ihrer tiefgrünen Augen zieht mich in ihren Bann. Ihr Körper steckt in schwarzer Unterwäsche und der dünne, dunkle Stoff ihrer Strümpfe schmiegt sich an ihre langen Beine, während ihr dunkelbraunes Haar in weichen Locken über ihre Schulter fällt. Ihre Lippen hat sie in einem starken Rot geschminkt und verleihen ihrem ganzen Look eine unbeschreibliche Macht, während sich ihr Körper um die Stange windet. Die Füße der etwa zweiundzwanzig jährigen Frau stecken in hohen High Heels, die ihren Look abrunden.

 

Doch es sind nicht ihr traumhafter Körper oder ihr schönes Gesicht, die mich eine tiefe Bewunderung für sie empfinden lassen, sondern die starke, verführerische Aura, die sie umgibt, und ihre Augen, die genau in diesem Moment ein Fenster zu ihrer Seele bilden und die Leidenschaft, die in diesem Moment in ihr zu toben scheint.

 

Wie aus der Ferne höre ich die Stimme der anderen Männer dumpf, schenke dem aber keine Aufmerksamkeit. Mein Mund wird trocken und ich greife nach meiner Cola, doch ich kann den Blick nicht abwenden, um richtig zu trinken. Fast fühle ich mich so an, als wäre ich hypnotisiert. “Geht’s dir gut, Lane?“, die Stimme von einem meiner Kollegen, mit dem ich mich, besser als mit den anderen, verstehe. “J-Ja“, versuche ich selbstbewusst zu sagen, doch selbst ich kaufe mir das nicht ab: “Warum auch nicht?“ “Stehst du etwa auf die Stripperin?“, fragt einer der besonders vorlauten hämisch. Sofort bilden sich falten auf meiner Stirn, als ich ihn für einen kurzen Moment wütend anblicke: “Nein, natürlich nicht.“ Das dümmliche Grinsen, das auf meine Antwort folgt, scheint er sich nicht verkneifen zu können. Einen weiteren Kommentar spare ich mir und blicke stattdessen wieder konzentriert nach vorne.

 

Ich kann nicht sagen warum, aber irgendwie beginnt mein Herz beim Anblick dieser fantastischen Frau schneller zu schlagen, obwohl die Worte des Anderen mir einen leichten Stich versetzen. Er hat ja recht. Eine Frau wie sie kann ich nie im Leben haben und dieser Gedanke ist irgendwie …schmerzhaft.

 

Nach längerer Zeit mal wieder ein längeres Kapitel und dieses Mal aus der Sicht von unserem lieben Ashton. 

Kapitel 7

Er

Die Lichter der Skyline von Seattle werfen Schatten durch die dunkle Nach hindurch in mein Schlafzimmer und züngeln über die Decke über meinem Kopf. Schon seit geraumer Zeit – ich kann wirklich nicht sagen wie lange – starre ich an diese und betrachte die entstehenden, hellen Muster. Früher hatte es mich immer gestört, dass die Fensterfront zu meiner Linken zu viel Licht durch lässt, doch in dieser Nacht finde ich es einfach nur faszinierend. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass der ganze Tag etwas Außergewöhnliches an sich hatte.
Nach wie vor hellwach, fahre ich mir mit der rechten Hand durch das dunkelbraune Haar und reibe mir die grünen Augen. Die warme Decke habe ich bereits vom Bett geworfen und bewege mich in den weißen Laken unruhig. Frustriert stöhne ich auf. Warum kann ich nicht schlafen?

 

Zwar muss ich morgen nicht in die Firma fahren, sondern in eine Universität fahren und dort einen Vortrag über unsere Firma und die Aufgaben, die man in so einem Gewerbe hat, erzählen. Wenn ich dann hundemüde bin, ist das aber auch nicht wirklich besser. Mein Vater hat ja wenigstens noch ein wenig Verständnis für meine Situation, wenn ich ihm alles erzähle, während der Dozent sicher nicht so froh über einen halb schlafenden Geschäftsmann ist.


Doch ich kann nichts machen. Diese Frau, auf die ich heute im Club getroffen bin, hat sich in meinen Verstand geschlichen und scheint sich zu weigern diesen wieder zu verlassen. Da sie eine Stripperin ist, bin ich wahrscheinlich nicht der Einzige, der ihr verfällt, doch genau dieser Fakt tröstet mich kaum. Es stört mich, dass so viele betrunkene, wildfremde Männer sie kostenlos angaffen können. Zwar kennt sie mich auch nicht und mit Sicherheit bin ich auch nur ein weiterer Gaffer, doch für mich ist sie nicht nur eine billige Stripperin, sondern eine richtige Frau, die ihr ganzes Geschlecht vom ersten Augenblick an dominiert hat. Wenn mich jemand bitten würde ihm eine richtige Frau zu zeigen, wäre sie die Einzige, die für mich infrage kommen würde, denn sie ist einfach nur perfekt. Dabei kenne ich nicht mal ihren Namen.

 

Verzweifelt setze ich mich auf und werfe einen Blick auf die blau leuchtenden Ziffern meines digitalen Weckers. Als mir das blinkende Display mitteilt, dass es bereits zwei Minuten nach eins ist, stöhne ich erneut resigniert auf. Das geht gar nicht. Vielleicht sollte ich wirklich auf Schlaftabletten umstellen.

 

Träge stoße ich mich von der Matratze ab und nehme das halbleere Glas vom Nachttisch. Langsam tapse ich barfuß mit dem schwappenden Getränk in der Hand auf die bodentiefen Fenster zu. Während ich nach draußen starre, nehme ich nach und nach einen Schluck des mittlerweile ziemlich warmen Wassers. Im Hochsommer bleibt eben fast nichts lange kalt. Selbst mein sonst so angenehmes Zimmer.

 

Mit den Augen folge ich den hellen Scheinwerfern der Autos auf den, selbst zu dieser Zeit noch total vollen, Straßen, die sich langsam durch die Stadt schlängeln. Zu dieser Tageszeit hätte ich wirklich keine Nerven mehr, um auf dem Weg nach Hause im stockenden Verkehr der Metropole fest zu stecken.

 

Erneut muss ich an die Brünette denken. Mein Blick wandert über die Häuser und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, wo sie gerade ist. Sofort habe ich da so ein Gefühl. Das Gefühl, das sie nicht weit weg sein kann. Irgendwo in Seattle ist sie. In einem dieser Hochhäuser liegt sie sicher gerade in ihrem Bett und schläft. Wie gerne ich jetzt bei ihr wäre und sie in den Arm nehmen würde. Mit Sicherheit würde meine Schwester mich als verrückt bezeichnen, wenn ich ihr sowas erzählen würde, aber so ist es nun mal.

 

In einer Stadt wie Seattle werde ich sie aber mit Sicherheit niemals finden können. Wie soll ich ausgerechnet sie unter mehr als siebenhundert tausend Menschen ausfindig machen? Das ist doch nahezu unmöglich.

 

Kapitel 8

Sie
Das Röcheln und Keuchen des Typen neben mir bringt mich fast um den Verstand. Die großen Schweißflecken unter seinen Armen sind kaum zu übersehen und fast kann ich sehen wie ihm die Schweißtropfen von seiner Stirn abperlen. Langsam bereue ich es kein Auto zu haben. Im Sommer wäre das wirklich angenehmer, denn sich mit lauter schwitzenden Menschen den Bus zu teilen, ist nicht sonderlich angenehm.


Glücklicherweise hält er Bus wenige Minuten später an der Haltestelle, an der ich aussteigen muss. Schwungvoll erhebe ich mich von dem harten Sitz und drängele mich durch die Menge der Menschen, die sich an den Haltestangen festhalten, weil sie keinen Platz gefunden haben. Da kann ich echt froh sein früh genug eingestiegen zu sein, um einen der letzten freien Plätzen zu ergattern.
Ich springe aus dem Bus auf den Bürgersteig und trete schnell auf den Bürgersteig, bevor ich von den Fahrradfahreren umgefahren werde, die über den Fahrradweg rasen.


Relativ gut gelaunt betrete ich den gepflasterten Weg, setze meine Kopfhörer ab und strecke sie unordentlich in meinen Rucksack zurück, sodass ich meine Rückfahrt wahrscheinlich damit verbringen werde das Kabel wieder auseinander zu knoten. Ich könnte aber auch Elijas fragen! Für die Sache mit dem Pizzaboten schuldet er mir schließlich noch etwas, aber den Gefallen sollte ich mir vielleicht lieber für etwas Wichtigeres aufsparen. Man kann ja nie wissen, was im Leben noch so auf einen wartet.


Auf dem Campus der Universität angekommen, erblicke ich sofort meine besten Freundinnen Kayl Jordan und Kena Thompson, die gleichzeitig auch meine Studienkolleginnen sind. “Hey Leute“, grinse ich, als ich bei den beiden angekommen bin.


Kayl sitzt auf einem Stein neben der Treppe, die in die Schule hinein führt, während Kena am Geländer lehnt und auf die Blondine mit den pinken Spitzen hinunterblickt. Kayl trägt wie immer ihre schwarze Lederjacke und ein weißes, bauchfreies Top, durch das ihr neongelber BH durch scheint. Selbst in der Uni legt sie wenig Wert darauf sich so streberhaft wie die meisten anderen hier zu kleiden. Das passt einfach nicht zu ihr. Stattdessen bleibt sie sich selbst treu und verändert sich nicht für andere, was ich an ihr bewundere, egal wie verrückte ihre Entscheidungen meist auch sein können. “Hey Leyla“, grinst die Blondine: “Schön dich endlich wieder zu sehen.“


“Das kann ich nur zurückgeben“, erwidere ich und beuge mich zu meiner Freundin hinunter und schließe sie in die Arme: “Ich hab euch beide echt vermisst.“ Nun mischt sich auch Kena ein: “Wir dich auch.“


Wie immer trägt die junge Spanierin die neuste Mode und macht daraus auch kein großes Geheimnis. Sie ist einfach ein Mädchen, das manchmal wirklich teure Sachen braucht, um für einen Moment das vollkommene Glück zu spüren. Außerdem liebt sie die Bewunderung der Jungen und die Eifersucht, der vielen Mädchen, die gerne ebenfalls sowas tragen würden. Zum Glück brauche ich sowas nicht, um mich gut zu fühlen und wenn ich Aufmerksamkeit will, gehe ich einfach in den Club und gehe meiner Arbeit nach.


Das schwarze Haar hat sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, der ihre weichen Gesichtszüge noch zusätzlich betont. Ihre Haut hat eine natürliche Bräune, die dafür sorgt, dass ihre grün-grauen Augen hervorstechen. Die vollen Lippen sind mit rotem Lippenstift bedeckt und ihre Wimpern sind dunkel getuscht.


Ich werfe einen Blick auf das Display meines Handys: “Fängt nicht gleich dieser Vortrag an?“ “Ja, stimmt“, pflichtet mir Kena bei: “Wir sollten uns gute Plätze sichern. Ich hab gehört der Mann, der den Vortrag hält, soll super heiß sein.“ “Hast du ihn etwa gegoogelt?“, meine Stimme klingt vollkommen vorwurfsvoll. “Nein“, schnell schüttelt sie theatralisch den Kopf: “Dieses Mal nicht.“


“Gut, dann los“, schwungvoll steht Kayl von dem Felsbrocken auf und packt jeweils eine von Kayls und meinen Händen, um uns mit sich in den riesigen Gebäudekomplex zu ziehen.


Im Hörsaal angekommen, machen wir uns auf die Suche nach einem guten Platz. “Da sieht es doch gut aus“, Kena deutet auf drei freie Plätze in der Mitte. “Stimmt“, erwidert Kayl und klettert, ohne einen von uns zu Wort kommen zu lassen, zwischen den Sitzen her, zu unseren neuen Plätzen.


“Wie war es eigentlich in Chicago?“, fragt mich Kena aus: “Gab es einen heißen Sommerflirt?“ Bei ihren Worten breche ich fast in Gelächter aus. Kaum bin ich aus dem Urlaub zurück, will jeder sofort Details hören. Wenn ich mich mit Bree treffe, werde ich sicher auch nicht darum herumkommen ihr noch einmal all den Mist zu erzählen, der passiert ist. “Also so würde ich das nicht nennen“, unsicher beginne ich auf meiner Lippe herumzukauen, während der Hörsaal bereits bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Der Einzige, der noch fehlt, ist der Mann, der eigentlich bereits vor einigen Minuten seinen Vortrag angefangen haben sollte.


“Wir wollen alle Details“, bitten meine Freundinnen genau im selben Moment und ich beginne regelrecht an Telepathie zwischen Freunden zu glauben. Ich rolle nur mit den Augen: “Später, jetzt ist erst mal lernen angesagt.“ Mit dem Kopf nicke ich in die Richtung der Tür, durch die gerade ein, in einen strengen Anzug gekleideter, Mann. Das muss wohl der sein, der uns gleich irgendwas über seinen Job erzählen wird. Wirklich gut kann er darin aber nicht sein, wenn man bedenkt, dass er viel zu spät ist.


Sobald der Brünette allerdings an das Pult tritt, durchfährt mich fast so etwas wie ein richtiger Schock. Dieses Gesicht, diese markanten Wangenknochen und die Augen. All das kommt mir total bekannt vor! Beinahe so als hätte ich ihn schon einmal gesehen und da war er sicher kein Geschäftsmann im Anzug.


Sie schenkt seinen Augen einen Moment und bemerkt dann, dass er sie wie aus Argusaugen betrachtet. Beinahe fühlte ich, wie sich Wärme in meinen Wangen sammelt und diese leicht rot färbt. Dass er mich so sehr fokussiert, sorgt dafür, dass ich mich verdammt unwohl fühle. Warum sieht er ausgerechnet mich so versessen an?


“Sag mal, kennst du diesen Kerl“, fragt Kena halb überrascht und halb erfreut: “Hatten ihr irgendwas miteinander?“ “Nein, ich habe keine Ahnung wer das ist“, meine Stimme ist schwach und nachdenklich. In meinem Kopf fahren die Gedanken Achterbahn. 

Kapitel 9

Er

Ziemlich gestresst hetze ich durch die Flure der University of Washington und werfe alle drei Sekunden einen kurzen Blick auf das Schild neben jeder der Türen, auf dem die Raumnummer zu finden ist. Mein Atem geht schnell und fast kann ich hören, wie mein Herz gegen meinen Brustkorb hämmert. Fast kann ich spüren, wie die Wirkung meines Deos durch die Hitze an Kraft verliert. Wo ist nur dieser verdammte Raum einhundert sechs. Ich kann es mir wirklich nicht leisten zu spät zu meinem Vortrag zu kommen. Das macht doch sofort einen total schlechten Eindruck bei allen, die gerade auf mich warten und unorganisiert wirke ich auch. Aber Dad musste mich ja unbedingt an eine Uni schicken, in die ich noch nie zuvor einen Fuß gesetzt habe. Teilweise bin ich aber auch selbst schuld. Innerlich muss ich mir nämlich eingestehen, dass ich auch einfach eher hätte losgehen können, aber heute Morgen bin ich einfach nicht aus dem Bett gekommen. Nur wenige Stunden habe ich geschlafen und könnte mich jetzt auf der Stelle wieder ins Bett fallen lassen.

 

Glücklicherweise erblicke ich just in diesem Moment einen Mann in Uniform, der einen, mit Putzeimern und sämtlichen Chemikalien übersäten, Wagen vor sich her schiebt. Auf dem Kopf trägt er eine Mütze, die genau in demselben blau gefärbt ist, wie der Rest seiner Uniform. Schnell hebe ich die Hand, bevor er sich in den nächsten Raum bewegen kann: “Entschuldigung, Sir?“ Der Mann, mit dem bereits etwas schütterem Haar hebt den Kopf und sieht mich mit einem freundlichen Lächeln auf den schmalen, gesprungenen Lippen an. Sobald meine Worte an seine Ohren dringen, ist er stehen geblieben, sodass ich nun schnell auf ihn zu eilen kann. Wenn jemand mir helfen kann, dann mit Sicherheit er. “Ja?“, er klingt freundlich, was sofort mein Selbstvertrauen stärkt.

 

Bei ihm angekommen, ziehe ich die Hände aus den Hosentaschen und strecke ihm meine Rechte entgegen: “Guten Tag, ich bin wirklich froh Sie zu treffen. Können Sie mir vielleicht sagen, wo sich Raum einhundert sechs befindet? Ich kann ihn einfach nicht finden.“ “Da kann ich Ihnen helfen“, er schenkt mir ein warmherziges, schützendes Lächeln: “Sie müssen einfach nur weiter den Gang entlang, dann beim nächsten Treppenhaus ins Stockwerk über uns. Wenn Sie raus kommen, schauen sie direkt schon auf ihr Ziel.“ “Vielen vielen Dank“, bekunde ich ausgiebig meinen Dank und spüre, wie sich die Erleichterung in mir breit macht. Glücklicherweise trifft man immer wieder auf wirklich freundliche, hilfsbereite Leute, die einem gerne helfen, wenn man in der Klemme steckt. Der Mann winkt jedoch nur ab: “Kein Ding, ich helfe doch gerne.“

 

Nachdem ich mich trotzdem noch einmal überschwänglich für seine selbstlose Hilfe bedankt habe, setze ich meinen Weg fort und folge dieses Mal den Anweisungen des Mannes. Tatsächlich ist der Raum nicht wirklich schwer zu finden, wenn man einmal eine gute Beschreibung hat.

 

Sobald ich die Glastür aufgestoßen habe, erblicke ich den gesuchten Raum. Schnell husche ich in den Flur hinein und bleibe vor der Tür des Saals stehen. Feste klopfe ich gegen das schwere Holz und öffne das Holzgebilde dann.

 

Kaum habe ich einen Fuß in den Saal gesetzt, wird alles still um mich herum. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich alle Blicke auf mich gerichtet habe, doch darauf versuche ich nicht zu achten. Stattdessen laufe ich selbstbewusst auf den Professor zu, der noch vor der Tafel steht und reichte ihm kurz die Hand: “Guten Tag, Mister Morrison, aber ich hab den Raum nicht gefunden. Tut mir wirklich leid.“ Am liebsten würde ich gerade im Boden versinken, denn mein Verhalten ist mehr als unprofessionell, obwohl ich äußerlich wohl wie selbstbewusst wirke. “Dann fangen sie jetzt lieber schnell an“, wispert er leise und verlässt das Podium, um sich auf einen Plastikstuhl in der ersten Reihe fallen zu lassen.

 

“Guten Tag, meine Damen und Herren. Für die Verspätung möchte ich mich gerne entschuldigen“, entschuldige ich mich ehrlich, während mein Blick durch die Reihen aus Studenten wandern: “Leider hat mich …“ Mein Blick bleibt plötzlich bei einer Person hängen und meine Stimme verklingt. Schnell räuspere ich mich und versuche weiter zu sprechen, doch innerlich liegt mein Fokus auf etwas ganz anderem: “Leider hat mich etwas auf dem Weg hierher aufgehalten. Nun bin ich aber da, weshalb wir schnell anfangen sollten.“

 

Am Rande fällt mir allerdings auf wie abwegig meine Worte klingen, wenn ich dazu so langsam spreche. Darauf nehme ich aber gerade keine Rücksicht, denn dort sitzt die. Die Frau, die mich die ganze Nacht wach gehalten hat, sitzt mitten in dem Hörsaal, in dem ich heute meinen Vortrag halten soll. Wenn das mal kein Schicksal ist!

 

Für einen kurzen Moment wirkt es so, als wäre mein ganzer Körper vor Schreck eingefroren. Selbst hier ist sie wunderschön, obwohl sich ihre Schönheit dieses Mal auf eine andere Weise ausdruckt.

 

Ihr dunkles Haar, das am Tag zuvor noch völlig seidig wirkte, hat sie heute zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, an dem ich nur zu gerne ziehen würde. Trotzdem fehlt ihr aber heute etwas. Die Aura, die sie noch vor einigen Stunden umgeben hat, ist verschwunden und es ist mir nicht mehr möglich durch ihre Augen in ihre Seele zu sehen wie beim ersten Mal, als ich sie gesehen habe. Nun wirkt es so, als hätte sich eine Schranke davor gelegt, die mir diesen Zugang verwehrt. Die Leidenschaft, die in ihren Augen gefunkelt hat, und auch der Spaß, den sie hatte, sobald die ersten Töne der Musik erklungen sind, fehlen ihr gerade vollkommen.

 

Stattdessen kann ich zusehen wie sich ihre Wangen unter meinem Blick rosa färben. Das lässt sie zwar süß wirken und am liebsten würde ich sie in den Arm nehmen und ihr sagen, dass sie sich für nichts zu schämen braucht, doch trotzdem bin ich völlig irritiert. Sie wirkt wie ein ganz anderer Mensch, obwohl das doch gar nicht sein kann. Eine Person kann sich nicht so weit verstellen, dass man sie gar nicht mehr erkennt. Aber woher soll ich überhaupt wissen, wer sie wirklich ich? Vielleicht war die Stripperin nur ein Bild, was sie mir vorgegaukelt hat, doch das kann und will ich einfach nicht glauben. Niemand kann diese Ausgelassenheit schauspielern und keiner kann in meinem Kopf so einen Eindruck hinterlassen, wenn er mir nicht sein wirklich selbst zeigt.

 

Eins steht für mich genau in dem Moment fest, als ihr Blick ein wenig aufklart. Ich muss unbedingt mehr über diese perfekte Frau wissen und herausfinden, wer sie wirklich ist.

 

Kapitel 10

Sie

"Was machst du heute Nachmittag?", fragt mich Kena nachdenklich. Während des ganzen Vortrags hatte sie mit Kayl über den merkwürdigen Typen gesprochen und ihn regelrecht bewertet, was mich fast verrückt gemacht hat. So ist Kena eben. "Ich treffe mich mit Bree", erkläre ich, während wir zusammen die Treppen im Hörsaal hinuntersteigen, um den Raum zu verlassen:"Leider haben wir sie schon seit einer Wochen nicht gesehen." Sofort folgt auf meine Worte ein verächtliches Schnauben von Kena.

 

Kenas Abneigung war allerdings noch nie einseitig. Beide Frauen können sich nicht ausstehen und versuchen so wenig Zeit wie möglich miteinander zu verbringen, denn sie sind wohl die unterschiedlichsten Menschen, die es auf der Welt gibt.

 

Während Kena immer nur das Äußere anderer Menschen wichtig ist, ist Bree allein auf das Innere ihres Gegenübers konzentriert und vergisst die äußere Schale völlig.

 

Trotzdem werfe ich ihr einen warnenden Blick zu: “Ich zwing dich ja nicht mitzukommen, also beschwert dich auch nicht.“ Als Antwort erhalte ich lediglich ein semi-frohes Brummen, bevor sie ihr Handy aus der Tasche zieht und so konzentriert darauf zu starren beginnt, dass sie fast die letzten Stufen der kleinen Treppe runter fällt.

 

“Jetzt aber mal zu einem wichtigeren Thema“, lenkt Kayl schnell ab, während sie nervös mit den Fingern an ihren pinken Spitzen herumspielt.

 

Das tut sie nicht, weil sie sich langweilt, sondern weil sie es sich schon in der Grundschule angeeignet hat und nun nicht mehr loswird. Irgendwie bewahrt sie sich mit dieser Angewohnheit auch ein Stück ihres inneren Kindes und das schätze ich einfach nur an ihr. Denn auch wenn es vielleicht nicht immer vorteile hat, wie sie einfach fröhlich in den Tag hineinzuleben, ist sie dadurch ein viel positiverer Menschen als ich und entdeckt Chancen, wenn sie genau vor ihrer Nase sind meist innerhalb weniger Millisekunden.

 

“Und das wäre?“, harke ich interessiert nach, denn bei Gesprächen mit ihr kann man sich immer sicher sein, dass sie einem keine Fragen zu den Hausaufgaben oder den Buszeiten stellt. Unterhaltungen mit ihr sind beinahe ausnahmslos unterhaltsam.

 

Natürlich schafft sie es allerdings mal wieder ein Thema anzusprechen, dass für mich gar nicht lustig ist: “Dieser Typ, der dich während des ganzen Vortrags unaufhörlich angestarrt hat.“ Auf ihrem Gesicht erscheint ein enthusiastischer Ausdruck.

 

Ich muss mich wirklich stark beherrschen, um nicht mit den Augen zu rollen: “Ich hab doch schon gesagt, dass ich weder weiß, wer er ist, noch was er von mir will.“ “Kann ich ihn haben, wenn du ihn gar nicht willst?“, schaltet sich nun auch meine schwarzhaarige Freundin ein, die für wenige Sekunden den Blick vom Display ihres Handys gehoben hat. “Kena!“, rufen Kayl und ich genau im selben Moment voller Wut. “Was? Ich find ihn süß und Geld hat er mit Sicherheit auch“, spekuliert sie: “Sonst würde er sicher nicht einfach so im 3000 Dollar Anzug rumlaufen.“

 

“Leute, können wir nicht einfach komplett aufhören darüber zu reden“, bettle ich fast. Ich habe wirklich keine Lust mehr auf das hier. Tatsächlich weiß ich nicht, wer der brünette Mann ist. Allerdings habe ich eine Vermutung!

 

Sicher ist er einer der Männer, der im Club waren, als ich gerade meine Schicht geschoben habe. Sowas passiert mir schließlich nicht zum ersten Mal.

 

An ihm ist allerdings etwas anders. Nicht nur, dass er kein vollkommener Idiot zu sein scheint – soweit ich es anhand seines Vortrags wenigstens abschätzen kann – , sondern auch, dass er den Macho bisher kein Mal hat raushängen lassen.

 

Endlich sind wir aus der Tür getreten, da legt sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter. Erschrocken zucke ich zusammen und fahre zu der Person hinter mir herum.

 

Dort steht er. Der Mann, der mich dazu bringt, rot zu werden wie es bisher kein anderer geschafft hat.

 

“Hey“, ein zaghaftes Lächeln schleicht sich auf die Lippen des Brünetten: “Kann ich kurz mit dir reden?“ “H-Hey“, stottere ich unsicher und will einfach nur, dass er seine Hand von meinem Körper weg nimmt: “Reden? Das ist gerade wirklich schlechtes Timing. Ich hab gleich meinen nächsten Kurs.“ “Ach komm schon, du wirst mir doch sicher eine Sekunde schenken können“, bittet er. In seinen Augen entdecke ich ein unsicheres Flackern.

 

“Haben Sie nicht gehört, was sie gesagt hat?“, schaltet sich nun glücklicherweise auch Kayl ein:“Sie will nicht mit Ihnen reden.“

In diesem Moment bin ich meiner blonden Freundin einfach nur dankbar. Obwohl sie noch vor wenigen Minuten Infos aus mir heraus kitzeln wollte, steht sie nun auf meiner Seite und unterstützt mich, egal ob sie meiner Meinung ist oder nicht.

 

“Aber…“, beginnt er, da schaltet sich auch meine zweite Begleiterin ein: “Die Neunziger haben angerufen. Sie wollen dein Tattoo wieder haben.“

 

Dass nun auch sie mich unterstützt, lässt mich fast aus den Latschen kippen, doch als ich endlich merke, dass sie versucht mich zu verteidigen, schlägt mein Herz schneller.

 

“Da haben sie sich wohl verwählt“, kontert er: “Ich hab, nämlich gar keine Tattoos.“

 

Instinktiv werfe ich ihm einen bösen Blick zu: “Hey, Leute. Sind wir hier etwa im Kindergarten?“ “Nein, sind wir nicht“, geben alle drei zurück.

 

Obwohl ich die Versuche meiner Freundinnen zu schätzen weiß, drehe ich mich zu ihnen um: “Könnt ihr mich kurz mit ihm allein lassen?“ Der Ausdruck im Gesicht des Mannes ist nämlich klar zu erkennen, dass er mich nicht mehr im Ruhe lassen wird, wenn ich ihm nicht eine Minute gebe, obwohl ich mich dabei nicht wirklich wohlfühle. Schließlich könnte er auch irgendein Perverser sein!

 

"Bist du sicher?", will sich Kena noch einmal versichern. Sofort nicke ich und versuche dabei auch mich selbst zu überzeugen: "Ja, ich bin sicher. Dauert ja nur eine Minute. Dann komme ich wieder zu euch."

 

Natürlich entgeht mir der unsichere Ausdruck auf dem Gesicht meiner Freundinnen nicht, doch ich kann nicht riskieren, dass er vor ihnen irgendwas ausplaudert. Da nehme ich mir lieber eine Minute Zeit für ihn und wahre mein Geheimnis, wenn es wirklich um meinen kleinen Nebenjob geht. Vielleicht geht es aber auch um etwas anderes und die ganze Panik war umsonst.

 

Auf meine Bitte hin gehen meine beide besten Freundinnen schon weiter zum nächsten Kursraum, sodass mir nicht anderes übrig bleibt, als mich zu meinem Verfolger umzudrehen: "Also? Was gibt's so dringendes?" Obwohl ihm der genervte Ton in meiner Stimme mit Sicherheit nicht entgeht, klingt er überraschenderweise freundlich: "Ich habe dich da in diesem Club gesehen. Du warst wirklich super."

 

Instinktiv beiße ich mir so fest auf die Lippe, dass sie jede Sekunde zu bluten beginnen könnte, als mein Herz bei dem Wort "Club" einen Satz macht: "Danke, aber das war ich nicht." "Doch, warst du", widerspricht er mir selbstsicher: "Ich vergesse niemals ein Gesicht." Angeber!

 

"Na gut, ich war es, aber das darf niemand wissen, okay?", nervös beginne ich an dem Saum meines T-Shirts herumzuspielen. "Warum denn nicht? Du warst großartig", erwidert er überrascht und verschränkt die Arme vor der Brust. "Weil das nichts ist, was man in dieser Gesellschaft schätzt", erkläre ich: "Das musst du als Geschäftsmann doch wissen." "Nur weil ich Junior Chef in einer Firma bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht tun, was ich will." "Und ich will einfach nicht, dass jemand davon erfährt", zische ich leicht gereizt: "Ich möchte meine beiden Lebensarten einfach nicht verbinden und fertig. Warum interessiert dich das überhaupt? Wir kennen uns nicht einmal." "Sie haben mich einfach beeindruckt", gibt er zu.

 

Dieses Geständnis überrascht mich völlig. Ich habe ihn beeindruckt. Wie das habe ich das denn geschafft?

 

Scheinbar bemerkt er den verwunderten Eindruck in meinem Gesicht sofort: "Du hast einfach diese besondere Aura, wenn du diesen Job machst. Fast so als wäre es etwas, was dir erlaubt mal aus deinem normalen Alltag auszubrechen."

 

Ich schlucke nervös. Er bringt es auf den Punkt. Für meine Eltern, Freunde und Bekannte immer perfekt zu sein, ist einfach anstrengend. Da ist es, als würde eine Last von mir fallen, wenn ich an der Stange tanze. Es ist eine Art von Freiheit, die man nur spüren kann, wenn man der verführerischen Dunkelheit in seinem Inneren raum bietet, anstatt sie zu verbergen. Man muss einfach nur loslassen!

 

Irgendwie bin ich mit dem Kapitel gar nicht zufrieden. Das Nächste wird wieder besser!

Kapitel 11

Er

Dass ich davon zu schwärmen begonnen habe, wie gut sie ihren Job beherrscht, bemerke ich erst richtig, als mir ihr verdutzter Blick ins Auge fällt. Die Worte sind einfach unkontrolliert aus mir heraus gesprudelt.

 

Schnell unterbreche ich mich und sehe ihr in das wunderschöne Gesicht. Meine Worte scheinen sie wirklich aus der Bahn geworfen zu haben, weshalb ich mich irgendwie schuldig zu fühlen beginne. “Tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst“, springe ich schnell in die Bresche.

 

Als sie den Kopf hebt, sehe ich diesen Ausdruck in ihren Augen, der mir so bekannt vorkommt. Sie hat aufgehört nervös an einem Zipfel ihres Shirts herum zu zupfen. “Was ist los?“, frage ich verwundert, will sie aber innerlich etwas völlig anderes fragen. “Ach nichts“, antwortet sie zwar, doch insgeheim glaube ich ihr das nicht. Da ist etwas in ihrem Ausdruck, dass mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagt und dafür sorgt, dass sich ein leichtes Ziehen in meinem Unterleib bemerkbar macht. Genau das ist der Moment, in dem ich die Triebe, die jeder Mann hat, verfluche.

 

Unüberlegt mache ich einen Schritt auf sie zu und erwarte fast, dass sie ebenso einen Schritt nach hinten macht. Stattdessen bleibt sie allerdings auf der Stelle stehen, was mich im ersten Moment verwundert.

 

Jetzt, wo ich so nah neben ihr stehe, kann ich regelrecht hören, wie sie Luft einsaugt und sie dann wieder ruhig ausstößt. Dass ich nun viel näher vor ihr stehe, scheint sie keineswegs zu beeindrucken. Wahrscheinlich ist sie es aber gewohnt, dass Männer ihr ständig nahe kommen und sie belästigen. Zwar versuche ich nicht im Geringsten sie zu belästigen oder zu nerven, doch für sie könnte es ja so rüber kommen.

 

“Wie ist dein Name?“, stelle ich nun die Frage, die mir schon auf der Zunge brennt, seit ich sie zum ersten Mal erblickt habe.

 

“Ich wüsste wirklich nicht, warum ich dir, das sagen sollte“, erwidert sie, doch dieses Mal ist ihre Stimme viel rauchiger und unsicherer.

“Weil ich dir dann auch meinen Namen sage“, ich bringe ein mehr oder weniger selbstsicheres Grinsen zustande: “Außerdem lasse ich dann auch sofort in Ruhe. Versprochen!“ Wow, jetzt fange ich wirklich an wie ein Stalker oder sowas zu klingen.

 

Ihr Augenrollen versetzt mir einen harten Schlag: “Na gut, wenn es sein muss. Ich heiße Leyla.“ “Das ist ein schöner Name“, als mir bewusst wird, dass ich das gerade wirklich laut gesagt habe, bekomme ich fast einen Herzinfarkt und hoffe, dass sie es einfach überhört hat.

 

Die Wangen der jungen Frau nehmen eine leicht rosane Farbe an, was mich irgendwie dazu verleitet sie in den Arm schließen zu wollen. “Und du? Wie heißt du?“

 

Überrascht davon, dass sie sich wirklich dafür interessiert, stottere ich verlegen: “I-Ich bin Lane. Äh…Ashton. Tut mir leid.“ Nun paart sich die Röte ihrer Wangen zusätzlich noch mit einem amüsierten Grinsen, das mein Herz erwärmt.

 

Niemals hätte ich gedacht einen so perfekte Frau finden zu können wie die, die gerade vor mir steht. Meine Eltern meinten zwar, dass ich irgendwann schon die Richtige für mich finden werde, aber dass es so bald geschehen würde, habe ich wirklich nicht erwartet. Stattdessen habe ich wirklich schon erwartet mein halbes Leben lang allein sein zu müssen.

 

“Gibt’s noch irgendwas Wichtiges oder kann ich zu meinen Freundinnen zurück?“, fragt sie vorsichtig und scheint mich nicht aus meinen Gedanken reißen zu wollen.

 

Kurz stutze ich ein wenig und versuche den Schlag zu verdauen, den sie mir gerade versetzt hat, doch dann folge ich ihrem Blick und merke, dass sie angestrengt auf die Uhr starrt und dann verstehe ich es. Sie muss zu ihrem Kurs.

 

Da ich wirklich nicht will, dass sie meinetwegen zu spät kommt, nicke ich schnell: “Sicher, danke, dass du dir für mich Zeit genommen hast.“

 

Ein strahlendes Lächeln erscheint auf ihren schönen Lippen, die mich mit jedem Wort weiter verführen, bevor sie sich umdreht und mit einem lauten “Tschüss“ regelrecht davon stürmt.

 

Ich kann nicht genau sagen warum, aber es schmerzt irgendwie zu sehen, wie sie mir den Rücken zukehrt und davon läuft. Fast so als würde sie mich verlassen und just in diesem Moment wird mir bewusst, dass Leyla mir gerade entglitten ist.

 

Während unseres Gespräches hatte ich genug Zeit gehabt sie um ein Treffen zu bitten, doch ich habe gekniffen. Schließlich kennen wir uns noch nicht einmal. Gerade erst habe ich ihren Namen herausgefunden und natürlich ist mir nicht entgangen, dass sie natürlich nicht wirklich Lust hatte mit mir zu sprechen. Trotzdem tut es viel mehr weh nicht gefragt zu haben, als einen Korb zu bekommen!

 

Kapitel 12

Er

 Mein Blick ist wartend auf die Uhr über meinem Schreibtisch gerichtet, während ich mit dem Ende des Bleistifts rhythmisch auf der hölzernen Platte meines Schreibtisches herum.

 

Normalerweise macht mir die Arbeit eigentlich Spaß, aber heute ist irgendwie der Wurf drinnen. Ich kann mich nicht konzentrieren und mich heute einfach nicht für die Arbeit begeistern. Stattdessen warte ich einfach auf das Ende dieses Tages, um endlich nach Hause zu gehen und mich ins Bett zu legen.

 

Was mich so blockiert weiß ich zwar, versuche aber jeden Gedanken daran zu verdrängen. Zwar ist das Zusammentreffen mit dieser besonderen Frau schon einige Tage her, doch trotzdem spuckt sie immer noch in meinem Kopf herum.

 

Ich würde nicht sagen, dass unsere Begegnung enttäuschend war, denn das war sie auf keinen Fall. Sie war allerdings nicht so wie ich sie mir vorgestellt habe. Ich hätte gedachte, dass sie stolz auf ihren Job ist und kein Geheimnis daraus mache, doch als ich sie darauf angesprochen habe, schien es viel eher so, als würde sie daraus ein Geheimnis machen. Verstehen kann ich das natürlich, da ich nicht wüsste, wie mein Umfeld reagieren würde, wenn ich ihm mitteilen würde, dass ich als Stripper in einem Nachtclub arbeite, aber aus irgendeinem Grund hat mich ihr Verhalten wirklich überrascht.

 

“Was ist los, Ashton?“, fragt mich mein Boss, der mir gegenüber an seinem eigenen Schreibtisch sitzt. “Nichts, Dad“, gebe ich zurück, weiche seinem Blick aber aus. Mein Boss ist gleichzeitig auch mein Vater. Einige würden mit ihrem Vater vielleicht nicht gerne zusammen arbeiten, aber ich habe da nichts gegeben. Er hat mich anfangs in die Firma eingeführt und mir alles gesagt, was ich wissen muss. “Lüg mich nicht an, Ash“, er sieht mich prüfend an: “Dafür kenne ich dich viel zu gut.“ “Na gut“, seufze ich: “Mich beschäftigt wirklich etwas.“ “Worum geht’s? Eine Frau?“, er sieht mich interessiert an. Erneut komme ich nicht darum herum zu seufzen: “Ja, leider.“ “Warum leider? Eigentlich ist das doch kein Grund betrübt zu sein.“ “Eigentlich nicht, aber mit ihr ist es anders“, erkläre ich. Normalerweise rede ich mit meinem Vater wirklich nicht gerne über sowas, aber in dieser Situation kommt mir ein Gespräch mit Dad irgendwie richtig vor. Schließlich kennt er sich selbst ausreichend mit komplizierten Frauen aus. Er ist schließlich mit einer verheiratet.

 

“Also, was ist mit ihr?“, der blonde Mann stützt seine Arme auf dem Tisch ab: “Warum macht sie dir solche Sorgen, mein Sohn?“ Ich merke genau, dass ihm dieses Gespräch immer mehr Spaß zu machen beginnt. Schließlich führen wir solche Vater-Sohn-Gespräche sonst nicht wirklich regelmäßig. “Ich hab sie in einem Club gesehen, aber nicht mit ihr gesprochen. Dort fand ich sie total beeindruckend und wollte sie unbedingt wieder treffen“, ich stütze meinen Kopf in die Hände: “An dem Tag, an dem ich dann den Vortrag in der Uni halten sollte, habe ich sie wieder getroffen und dieses Mal all meinen Mut zusammen genommen, um sie anzusprechen.“ “Seit wann hast du denn Probleme dabei eine Frau anzusprechen?“, kommentiert Dad. Ich verdrehe nur die Augen: “Ich hab's doch schon gesagt. Sie ist besonders“, beharre ich: “Auf jeden Fall habe ich sie dann angesprochen, doch sie wirkte plötzlich völlig anders, als in dieser Nacht im Club.“ “Auf eine schlechte Art?“ “Nein, keinesfalls, aber ich hatte sowas einfach nicht erwartet“, erkläre ich ihn. Dass ich sie gerne wiedersehen würde, um sowohl das Mädchen aus der Uni, als auch die Stripperin, besser kennenzulernen, verschweige ich meinem Vater. Er soll mich ja nicht für einen gefühlsduseligen Trottel halten und zudem nichts von ihrem Job erfahren. Nicht, dass es mir peinlich wäre, was sie macht. Ich kenne meinen Vater einfach zu gut. Er würde mir sagen, dass ich das lassen sollte, weil Frauen wie sie keine Beziehungen wollen oder eine Nummer zu groß für mich sind, und das will ich gerade einfach nicht hören.

 

Gerade will mein Vater erneut etwas fragen, da öffnet sich die Tür zu seinem Büro und seine Assistentin stürzt hinein. “Tut mir leid, dass ich Sie störe, Mister Lane, aber Sie hatten mich darum gebeten Ihnen schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das Konzept der neuen Werbekampagne zu besorgen“, sofort ist mir klar, dass die junge Frau mit meinem Vater und nicht mit mir spricht.

 

Erst war es für mich wirklich komisch mich daran zu gewöhnen, dass wir beide hier ‘Mister Lane‘ genannt werden, aber mittlerweile habe ich mir gemerkt, dass sie seine persönliche Assistentin ist und nicht meine. Das heißt, dass sie immer ihn meinen wird, wenn sie mit irgendwelchen Unterlagen hineinkommt.

 

“Oh, vielen Dank, Miss Grand“, er schenkt ihr ein freundliches Lächeln: “Das ging schnell.“ “Ja, ich bin sofort in die Marketingabteilung gegangen und hab gefragt“, sie legt einen Stapel Papiere auf seinen Schreibtisch: “Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Sie wirkt völlig gestresst und fast könnte man denken, dass ihr jeden Moment Schweißtropfen die Stirn hinuntertropfen. Dass sie viel arbeitet und meistens sogar bis in die Nacht in der Firma bleibt, habe ich mir schon oft gemerkt, aber heute muss ich vor ihr wirklich den Hut ziehen. Sie bringt echte Hochleistungen.

 

“Nein, Sie haben heute schon genug getan“, mein Vater schenkt ihr einen dankbaren Blick: “Sie vollbringen hier so viel und erleichtern mir die Arbeit wirklich sehr.“ Die junge Frau öffnet ihr blondes Haar und bindet es erneut zu einem unordentlichen Knoten: “Das mache ich doch gerne.“ “Ich weiß, trotzdem möchte ich Ihnen für den Rest des Tages freigeben. Entspannen Sie sich und verbringen Zeit mit ihren Freundinnen oder legen die Füße hoch. Das haben Sie sich wirklich verdient“, bittet mein Vater sie freundlich.

 

Sofort nehme ich wahr wie ihre blauen Augen zu leuchten beginnen, weshalb mich ihre Worte völlig überraschen: “Vielen Dank, aber das kann ich doch nicht machen. Ich kann mir doch nicht einfach freinehmen, während alle anderen so hart arbeiten.“ “Doch, das können Sie. Außerdem nehmen Sie sich nicht frei. Ich gebe Ihnen frei“, berichtigt er sie, die Arme vor der Brust verschränken. Was seine Mitarbeiter angeht, war er schon immer sehr fürsorglich, doch diese junge Frau scheint ihm wirklich am Herzen zu liegen. Zwar lässt er sie genauso hart und vielleicht auch härter, arbeiten wie alle anderen, aber trotzdem spricht er mit ihr freundlich und begegnet ihr ausnahmslos respektvoll und das ist eine wirkliche Auszeichnung, wenn man selbst weiß wie schwer es ist sich seinen Respekt zu verdienen.

 

Sie rollt mit den Augen, kommt seiner Bitte aber nach: “Na gut, aber morgen komme ich wieder ganz normal, sonst beschwere ich mich.“ “Einverstanden“, lächelt er, als sie aus dem Raum verschwindet.

 

Kapitel 13

Er

"Mist", ruft mein Vater plötzlich laut. Ich hebe den Kopf und schaue ihn fragend an: "Was ist los?" "Denkst du meine Assistentin ist schon weg?", fragt er mich und sieht mich mit großen Augen an. "Keine Ahnung, warum?" "Ich hab vergessen ihr etwas mitzugeben, was heute noch zur Post muss", er vergräbt den Kopf in den Händen. Weil ich seine Verzweiflung gut nach empfinden kann, mache ich ihm einen Vorschlag: "Willst du mir die Sachen geben und ich gehe nach unten, um zu schauen, ob sie noch da ist, und wenn sie nicht da ist, bringe ich die Sachen selbst zur Post, okay?" "Vielen Dank, du bist ein Schatz", er schiebt mir ein kleines, braunes Paket herüber.

 

Sofort packe ich es und springe auf. Er braucht mir nicht zu sagen, dass ich mich beeilen soll. Das kann ich mir selbst denken. Schließlich hat sie sein Büro bereits vor einigen Minuten verlassen und die Chance, dass irgendwas sie aufgehalten hat, ist minimal.

 

Ich hechte buchstäblich zum Aufzug und hämmere auf den Knopf, der mir die Kabine bringen soll. Normalerweise gehe ich mit Sachen wie Aufzügen wirklich vorsichtig um, aber gerade habe ich wirklich Zeitdruck.

 

Glücklicherweise öffnen sich die Türen schnell und ich husche hinein. Zu meiner Überraschung ist der kleine Raum menschenleer. Deshalb habe ich das Glück, dass der Aufzug nicht dreimal halten muss, bevor ich im untersten Stock ankomme.

 

Endlich in der Eingangshalle angekommen, schlägt mir eine ungeheure Lärmwelle entgegen. Am Empfang streitet sich eine Angestellte mit einem wild gestikulierenden Kunden, während auf den weißen Ledersofas zwei Männer in schwarzen Anzügen einander irgendwelche Pläne zu zeigen scheinen. Ich sehe eine Schlange, die sich vor dem Schalter aufgebaut hat, doch Miss Grand, die Assistentin meines Vaters, ist nirgends zu sehen.

 

Die letzte Hoffnung, die ich habe, ist, dass sie sich noch auf der Straße befinde. Deshalb eile ich, so schnell ich kann, durch die Drehtüren und trete auf den Bürgersteig hinaus.

 

Überall sausen bunte Autos umher, halten an roten Ampeln an und fahren wieder an. Unter meinen Füßen rattert die U-Bahn entlang, während Rauch aus einigen Gullydeckeln aufsteigt. Fast laufen mich einige Leute um und ich einige sogar das ein oder andere Schimpfwort. Allerdings ist mir meine Zeit viel zu schade, um darauf zu kontern.

 

Als ich gerade wieder reingehen will, sehe ich aus dem Augenwinkel zwei junge Frauen. Eine von ihnen hat blondes Haar, während die andere dunkelhaarig ist. Generell ist das nichts Besonderes in einer Stadt wie Seattle, doch die Tatsache, dass ich nach einer blonden Person suche, macht mich aufmerksam. Also fokussiere ich mich auf die Frau und erblicke die gelbe Jacke, die Miss Grand immer trägt.

 

Nun mustere ich auch die Person neben ihr und bekomme fast einen Schock. Es ist Leyla, das Mädchen, welches mir im Kopf herumschwirrt, und plötzlich kann ich mich nicht mehr bewegen.

 

Anstatt auf die Assistentin zuzulaufen, bleibe ich wie angewurzelt stehen und sehe auf die Szene, die sich vor mir abspielt. Das Paket ist völlig vergessen. Miss Grand, ich glaube Bree ist ihr Vorname, kennt meine Traumfrau. Soll ich den Kontakt zu der jungen Frau nutzen, um an die Stripperin heranzukommen? So leicht gebe ich nicht auf!

 

Kapitel 14

Sie

“Wieso hast du jetzt nochmal freibekommen?“, frage ich meine Freundin ein zweites Mal, weil ich es irgendwie nicht so recht glauben kann. “Mein Boss hat gesagt, dass ich mir heute mal freinehmen soll, weil ich in letzter Zeit so viel gearbeitet habe“, erklärt Bree mir schon zum zweiten Mal: “Und ja, das klingt unglaubwürdig, aber ich bin dafür wirklich dankbar.“ “Sonst verlangt der doch immer, dass du noch bleibst, während alle anderen schon nach Hause gegangen sind“, gebe ich mit hochgezogenen Augenbrauen zu bedenken. “Tut er nicht“, erklärt sie: “Meistens bleibe ich von selbst dort, um zu helfen. Die Arbeit geht einfach schneller von der Hand, wenn man zu zweit ist.“ “Was?“, geschockt sehe ich sie an und spreche dann aus, was ich denke: “Hast du was mit ihm?“ Ihre Kinnlade klappt runter, während ich sie mich fassungslos anstarrt: “Nein, natürlich nicht. Erstens ist der viel zu alt für mich und zweitens ist er verheiratet. Dass du sowas von mir denkst, hätte ich echt nie gedacht. Das ist viel eher Kenas Stil.“ “Tut mir leid“, betroffen sehe ich sie an: “Ich wollte nicht fies sein, aber der Gedanke ist mir eben schon oft genug gekommen, weil es genug Leute gibt, die ihre Mitarbeiter ausnutzen. Ich will doch einfach nur sicher gehen, dass dir sowas nicht passiert. Und zieht Kena hier jetzt nicht mit rein. Ich kann verstehen, dass ihr euch nicht mögt, aber trotzdem müsst ihr in meiner Gegenwart nicht ständig übereinander ablästern.“ “Ist ja schön, dass du dir Sorgen um mich machst, aber ich komme alleine klar“, sie sieht mich mitfühlend an: “Bin ich schon immer.“

 

“Aber du bist immer so nett zu allen und will helfen“, merke ich vorsichtig an, um sie nicht zu verletzen. Doch ich komme nicht darum herum mit ihr darüber zu reden, dass sie aufpassen muss, denn sie ist ein herzensguter Mensch und es gibt immer Leute, die das ausnutzen. Sowas hat meine Freundin wirklich nicht verdient: “Ich will nur sagen, dass du aufpassen sollst, wem du dein Herz schenkst. Du hast nur eins.“

 

“Das aus deinem Mund? Ich meine, ich liebe dich wirklich, aber was Kerle angeht, ziehst du irgendwie immer die Falschen an“, tröstend legt sie ihre Hand auf meine und bedeutet dem Taxifahrer mit der anderen, dass wir da sind: “Fast so, als würdest du alle guten Typen, die es in deinem Leben gibt, ignorieren und stattdessen den erstbesten One-Night-Stand nehmen, der dir zur Verfügung steht.“ “Ja, und zwar weil ich gar keine Beziehung will. Ich bin mit meinen One-Night-Stands zufrieden“, rechtfertige ich mich vor ihr.

 

“Jaja“, sie sieht mich liebevoll an, bevor sie dem Autofahrer sein Geld gibt und daraufhin mit mir aus dem gelben Auto steigt.

 

“Apropos Männer“, mit dem Thema bin ich noch lange nicht fertig. Schließlich habe ich in kurzer Zeit zwei getroffen, die mich irgendwie zu verfolgen scheinen: “Meine Eltern haben schon wieder Scheiße gebaut.“ Bei dem Gedanken an den Tag im Countryclub, an dem sie mir Holden vorgestellt haben, bekomme ich sofort Magenschmerzen. Ich hab wirklich wenig Lust mich mit ihm zu treffen, aber wahrscheinlich werde ich genau das tun müssen, wenn er fragt. Sonst petzt er es sicher meinen Eltern und auf eine weitere Diskussion mit meiner Mom habe ich wirklich gar keine Lust.

 

“Haben sie wieder versucht dein Leben zu kontrollieren?“, ich bin wirklich froh darüber, dass wir uns schon so lange kennen. Das erspart mir lange Erklärungen. Schließlich kennt sie meine Familie schon selbst gut genug und kann mich nur zu gut verstehen. “Ja, sie haben einen Typen angeschleppt, mit dem ich mich treffen soll“, instinktiv rolle ich mit den Augen: “Mir ist klar, dass meine Eltern wollen, dass ich irgendwann heirate und Kinder kriege, aber das ist doch immer noch mein Leben und meine Entscheidung.“ “Ja, klar ist es deine Entscheidung“, freundschaftlich legt sie mir eine Hand auf die Schulter, während wir zusammen in Richtung Café schlendern.

 

Zwar hätten sie auch zu mir nach Hause gehen können, doch das ist unser Stammcafé und dort gibt es nahezu den besten Kaffee der Stadt. “Danke“, ich sehe sie dankbar an: “Du bist echt meine beste Freundin.“ “Du auch“, erwidert sie: “Aber es klang so, als würdest du mir noch etwas erzählen wollen. Schließlich hast du ‘Männer‘ und nicht ‘Mann‘ gesagt.“ Das Interesse funkelt in ihren blauen Augen.

 

“Na ja“, druckse ich herum: “Letztens war ich auf einer Party und einen Tag später habe ich einen Typen in der Uni getroffen, der meinte mich dort gesehen zu haben. Er schien unbedingt mit mir reden zu wollen und war fast versessen darauf meinen Namen zu erfahren.“ Zwar ist das eine Lüge, aber ich kann ihr ja kaum sagen, dass ich in einem Stripp Club arbeite und dort jeden Tag von mehreren Männern angegafft werde. Sie würde es nicht verstehen. Das würde keine meiner Freundinnen. Deshalb habe ich es auch nur Elijas erzählt. “Ist er ein Stalker?“, fragt sie mich mit zusammen gekniffenen Augen. Ich zucke unschlüssig mit den Schultern: “Nein, wahrscheinlich nicht.“ Mein Herz sagt mir allerdings, dass er mit Sicherheit kein Stalker ist. Viel eher schien er Interesse an mir zu zeigen. “Ist er heiß?“, fragt mich meine Freundin grinsend, während wir durch die Tür des Cafés treten. “Ja, das kann man wohl so sagen“, grinse ich bei dem Gedanken an den Brünetten.

 

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Tag der Veröffentlichung: 15.08.2018

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