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Das Leben auf dem Dorf ist einfach und schön, so sagte man.

Besaß man allerdings einen riesigen Betrieb den man am laufen halten musste, dann war es alles Andere als leicht. Es bedeutete Arbeit. Ständig.

Ein Familienbetrieb bedeutete zudem Zusammenhalt. Der Vater arbeitet Hand in Hand mit seinen Söhnen, die Mutter ist auch dabei.

So sah das Leben von Familie Dalinger aus.

Klaus leitete den Betrieb, den er damals schon von seinem Vater übernommen hatte.

Andy und Tobi, seine beiden Söhne, waren früh mit eingestiegen und hatten mittlerweile eine große Rolle eingenommen.

Die einzige, die einen komplett anderen Weg einschlug, war Tochter Helen, die ein Studium begonnen hatte, um irgendwann ihre eigene Mode zu entwerfen.

Neben seinen Söhnen hatte Klaus auch Andys Verlobte eingestellt. Hennah. Eine verantwortungsbewusste, liebenswerte junge Frau, die schon festes Mitglied dieser Familie war.

Sie und Andy lebten in einem Häuschen, welches auf dem Hof des Betriebes gebaut wurde. Auch Andys Eltern Klaus und Maria lebten direkt nebenan.

Da Hennah mit ihrer eigenen Familie nicht allzu viel zu tun hatte, waren Klaus und Maria mittlerweile wie Eltern für das Mädchen. Dadurch dass sie auf demselben Hof lebten und im selben Betrieb arbeiteten, blieb es eben auch nicht aus, dass sie sich jeden Tag sahen. Die Atmosphäre war sehr familiär und Hennah konnte sich nicht vorstellen, eines Tages nicht mehr zu dieser Familie zu gehören.

Ein großer Betrieb brauchte viele Mitarbeiter. Viele dieser Mitarbeiter waren auf dem Hof anzutreffen, wo sie verschiedene Arbeiten verrichteten.

Diese Menschen waren Hennah noch nie ganz geheuer gewesen. Die meisten von ihnen waren Männer.

Männer mit wenig Respekt Frauen gegenüber. Zumindest solange keiner ihrer Vorgesetzten in der Nähe war.

Einige Frauen fanden es vielleicht lustig, wenn man ihnen hinterher pfiff oder irgendetwas nach rief.

Hennah hingegen fand es lästig und unangenehm. Manchmal beunruhigte sie das Verhalten einiger Arbeiter sogar.

"Was hast du denn für ein Problem mit denen? Die sind doch alle in Ordnung." sagte Andy eines Tages bei der Mittagspause, in der er geschafft hatte, ins Büro zu kommen.

"Ja, bei dir vielleicht.", entgegnete Hennah.

Andy grinste. Er war davon überzeugt, dass sie ein wenig übertrieb.

"Die machen nur Spaß. Da musst du drüber stehen."

Hennah sah Andy an und es ging ihr ein wenig gegen den Strich, dass er sie nicht etwas verteidigte.

"Was soll ich denn machen? Soll ich die jetzt alle entlassen, weil sie dich mal schief angeguckt haben?" fragte Andy und trank einen Schluck von seinem Kaffee. Irgendwie schien er das Thema nicht wirklich ernst zu nehmen, was das leichte Grinsen auf seinen Lippen verriet.

"Das hab ich doch gar nicht gesagt. Aber du könntest mir wenigstens glauben." entgegnete Hennah und bei ihr war nicht mal der Anflug eines Grinsens zu sehen.

"Ich glaube dir ja, aber ich glaube auch, dass du das alles zu ernst nimmst. Und ich kann auch nichts dagegen machen, wir brauchen die Jungs. Oder willst du dich hinstellen und ihre Arbeit machen?" fragte er und zog die Augenbrauen hoch.

"Nein.", sagte sie nun nur noch, denn Hennah merkte schnell, wenn ein Gespräch mit Andy keinen Sinn mehr ergab.

"Siehst du.", sagte er, stand auf und drückte ihr noch einen Kuss auf den Mund, bevor er sich wieder an die Arbeit machte.

Immer noch begann ihr Herz wie wild  zu schlagen, wenn er nur in ihre Nähe kam. Nach zwei Jahren waren sie noch so verliebt, wie zu Anfangszeiten.

Es war Sommer und die Arbeiter hatten wahnsinnig viel zu tun, schließlich war Hauptsaison für den Betrieb.

Der heutige Tag neigte sich dem Ende zu. Es war mittlerweile schon nach Neun, die meisten hatten Feierabend. Der Hof war leer und wirkte immer ein wenig gespenstisch, wenn keiner mehr da war.

Andy war noch kurz hoch ins Büro gegangen. Die Häuser waren schon dunkel und es war am dämmern.

Hennah hatte schon Feierabend und wollte zu Andy ins Büro.

Sie ging über den Hof, sah sich noch einmal um und hörte nichts weiter, als ihre eigenen Schritte.

Ein ungutes Gefühl machte sich plötzlich bemerkbar. Warum wusste die junge Frau nicht. Aber irgendwas schien im Argen zu liegen. Noch einmal sah sie sich um, beschleunigte ihr Tempo.

Die Rasenfläche, auf der sie gerade angekommen war, dämmte ihre Schritte. So konnte sie plötzlich etwas hinter sich hören. Als sie sich umdrehte, blickte sie direkt ins Gesicht eines Mannes.

Es war einer der Arbeiter. Sie hatte ihn schon einige Male gesehen. Er roch nach Alkohol und Hennah ging einige Schritte zurück, damit zwischen ihm und ihr Abstand entstand.

Kurz überlegte sie, was sie nun machen sollte. Wahrscheinlich übertrieb sie wieder, mit ihrer Angst. Vielleicht wollte er nur etwas fragen, irgendwas wegen der Arbeit. Also wartete sie ab. Aber er sagte nichts, blickte sie nur komisch an. So komisch, wie immer, wenn sie ihn sah.

Er schien ungefähr in ihrem Alter zu sein.

"Was willst du?", fragte sie ihn schließlich, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.

Er grinste nur, als er auf einmal einen Schritt auf sie zukam.

Instinktiv ging Hennah erneut einen Schritt zurück.

"Warte.", sagte er und streckte eine Hand nach ihr aus, um sie am Arm zu packen. Grob packte er zu und versuchte Hennah zu sich zu ziehen. "Was ist los mit dir? So schüchtern?" fragte er und grinste dreckig.

Hennah zog den Arm zurück und schüttelte den Kopf. Vergeblich versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien. "Lass mich los!"

Panik machte sich bemerkbar.

Der Typ hatte hier nichts zu suchen. Schließlich war schon Feierabend und der Teil des Hofes war sowieso Privatgelände.

"Lass mich in Ruhe!", sagte Hennah nun etwas lauter und wehrte sich, so sehr sie konnte.

"Jetzt halt still und hör auf rum zu zappeln!", sagte der Typ und versuchte ihr den Mund zuzuhalten. Hennah biss ihm in die Hand und schaffte es für einen kurzen Moment sich loszureißen.

"Nicht so schnell!"

Mit einer schnellen Bewegung bekam er Hennah erneut zu packen und bei einem leichten Gerangel landeten sie auf dem Boden, wo er nun direkt über ihr war und sie anstarrte. Er kam ihr gefährlich nahe, roch an ihren Haaren und ließ seine Hand einmal durch ihr Gesicht wandern.

"Lass mich los!", rief Hennah und versuchte ihn von sich wegzudrücken.

Tausend Gedanken rasten durch Hennahs Kopf. Aber eine Lösung fiel ihr nicht ein. Wie sollte sie sich aus dieser Situation befreien?

"Hilfe!", schrie sie panisch. Aber es würde sie niemand hören, denn das Büro war noch viel zu weit weg, und Klaus und Maria waren weggefahren.

"Schhht!" machte er und wieder breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus.

"Lass mich in Ruhe, geh weg von mir!", schrie Hennah, und kämpfte mit aller Kraft gegen ihn an.

Dass sie viel zu schwach war, um vor ihm davon zu kommen, wusste Hennah genau. Sie konnte sich nicht wehren, als seine Hände erneut auf Wanderschaft gingen, sie an Stellen berührte, an denen sie niemand berühren sollte, außer vielleicht Andy.

Hennah kniff ihre Augen zusammen, roch seinen muffigen Atem, spürte sein Körpergewicht.

Mit einem lauten Ratschen zerriss er ihr Shirt, kratzte sie am Hals, am Arm, im Gesicht, überall waren Spuren des Kampfes zu sehen.

Dann versuchte er sie zu küssen. Hennah drehte den Kopf weg, aber immer wieder schaffte er es, ihre Lippen zu berühren. Seine Hände drückten ihre Arme zurück, sodass sie keine Chance hatte, ihm wehzutun. Sie versuchte nach ihm zu treten, aber irgendwie schien es, als ob sie ihm nichts anhaben konnte.

Ihre Schlüssel und ihr Handy lagen auf dem Rasen verteilt. Das Herz des Mädchens schlug so schnell, dass es sicher beinahe zu hören wäre, und die Tränen rollten über ihre roten Wangen.

Die Anstrengung sich zu wehren überwältigte sie und stieg weitaus über Hennahs Kräfte.

Im Büro saß Andy genervt am PC. Er suchte etwas und fand es nicht. Wie immer.

"Welches Genie hat das hier bearbeitet?", fragte er Anna, die Auszubildende, die heute länger arbeitete.

"Keine Ahnung." gab sie zurück und musste lachen. Andy am PC, das war einfach etwas, was nicht passte. "Lass doch und frag morgen Caro. Die wird dir das schon heraussuchen." schlug sie vor.

Andy lehnte sich im Stuhl zurück und pustete einmal genervt aus. Er hatte einen 12 Stunden Tag hinter sich und so langsam verging ihm auch die Motivation noch irgendwas zu tun.

"Was war das?", fragte Anna auf einmal und hob den Kopf.

Andy sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hatte sie vielleicht irgendwelche Einbildungen?

"Da war nichts. Hier ist keiner mehr." sagte Andy und ging keine Sekunde darauf ein. Anna war da nicht anders als Hennah. Die Mädels bildeten sich ständig ein irgendwas zu hören. Wie oft musste er schon Nachts aufstehen, um nachzugucken, ob auch ja keiner auf dem Hof herumschlich, weil Hennah wieder meinte, was gehört zu haben.

"Da schreit jemand!", sagte Anna und stand sofort auf um zum Fenster zu gehen. Sie öffnete es mit einem Griff und nun hörte auch Andy ganz deutlich jemanden schreien.

"Was ist da los?", fragte er und stand ebenfalls sofort auf, um zum Fenster zu gehen. Das musste von der Straße kommen.

"Ein Unfall vielleicht?", fragte Anna und versuchte irgendwas zu sehen.

Einen Moment war Ruhe. Doch dann fing es wieder an. Und nun hörten sie es ganz deutlich, jemand rief nach Hilfe. Von einer Sekunde zur Anderen wurde Andy klar, dass es Hennahs Stimme war, die verzweifelt um Hilfe schrie.

"Scheiße!", sagte Andy und rannte los. "Warte.", rief Anna ihm noch nach und rannte hinterher. So schnell waren sie die Treppen noch niemals runter gerannt. Jeder einzelne Schritt hallte von den hohen Steinwänden wieder. Andy schubste die Putzfrau unsanft zur Seite, die ihnen im Weg stand. Anna hatte Schwierigkeiten, überhaupt hinterher zu kommen. Sie hatte Andy noch niemals so in Panik gesehen.

Sie liefen über den gepflasterten Hof und kamen nach gefühlten Ewigkeiten endlich im Privatbereich an. Die Schreie wurden immer lauter und es wurde immer deutlicher, dass es Hennah war, die hier um Hilfe rief.

Als Andy um die Ecke kam und seine Verlobte auf dem Boden liegen sah, den schmierigen Typen über ihr gebeugt, sah er nur noch Rot. So ein schreckliches Gefühl hatte er noch niemals im Leben gehabt. Es war, als würde er durch einen Tunnel blicken.

"Nimm deine Finger weg!", sagte er und schubste den Angreifer mit voller Wucht weg von Hennah. Dann packte er ihn am Kragen und zog ihn hoch.

Gerade als der Typ auf den Beinen stand, holte Andy aus und schlug ihm ungebremst ins Gesicht. Ein hässliches Knacken war zu hören und im selben Moment floss Blut aus der Nase des Arbeiters. Hennah krabbelte ein Stück, bis Anna ihr hoch half. Sie sah völlig demoliert aus.

"Ey Sorry!", murmelte der Arbeiter benommen, aber für Andy schien es kein Halten mehr zu geben. Immer wieder holte er aus und schlug ihn, alles schien in wenigen Sekunden zu passieren. Der Lärm, den sie machten, hatte scheinbar auch Tobi gehört, der gerade angerannt kam.

"Andy, lass den Mist!", rief er und riss seinen Bruder von dem blutigen Arbeiter weg. "Lass mich!", sagte Andy und wollte direkt wieder auf ihn los.

Aber Tobi ließ ihn nicht.

"Junge, reiß dich zusammen, was ist hier los man?", fragte er und sah Andy entsetzt an.

"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte Anna Hennah in der Zeit, in der die Brüder diskutierten. Hennah sah Anna nur kurz an, schüttelte den Kopf, dann lief sie einfach weg in Richtung Haus. Man hörte nur noch ein lautes Tür knallen von ihr. Auch der Arbeiter war mittlerweile weggerannt und Tobi hatte Andy nicht hinterher laufen lassen.

"Scheiße man, kann mir endlich mal jemand erklären, was hier abgeht?", fragte Tobi nun ungeduldig. "Er hat Hennah angegriffen, massiv… Er wollte sie vergewaltigen!" sagte Andy außer Atem.

"Was?", fragte Tobi ungläubig. "Quatsch, wie denn hier mitten auf dem Hof?"

"Das ist kein Quatsch!", sagte Andy und sah sich um, in der Hoffnung diesen Kerl noch irgendwo zu sehen.

"Ich habe es auch gesehen.", sagte Anna nun und verschränkte unsicher die Arme. Ihr war das Ganze nicht geheuer. "Wir sollten die Polizei rufen.", sagte sie nun leise.

"Nein. Noch nicht. Das kann doch nicht an die große Glocke gehangen werden. Sowas geht durchs ganze Dorf!" sagte Tobi.

"Weißt du, wie scheiß egal mir das ist?", fragte Andy, der ebenfalls Spuren des Kampfes hatte. Unter seinem Auge blühte ein Veilchen auf.

"Ich geh´ zu Hennah.", sagte er nun noch, bevor er verschwand. Anna und Tobi sahen sich ratlos an. Dass sowas passieren konnte und das noch hier mitten auf dem Hof, damit hätte niemals jemand gerechnet.

"Ich fahr mal ein bisschen rum, vielleicht sieht man den Kerl noch irgendwo.", sagte Tobi. "Mach du Feierabend. Ich bring dich noch zum Auto." sagte er zu Anna, denn sicher war sicher.

Mittlerweile waren auch Klaus und Maria wieder da, die von Tobi Bescheid wussten.

"Hennah?", sagte Andy, der in seiner Wohnung vor der Badezimmertür stand. Sie hatte sich eingeschlossen.

"Mach bitte auf." versuchte er es erneut.

Hennah hatte sich auf den Fußboden gesetzt und wünschte sich, dieser Tag wäre niemals so gelaufen. Sie war immer so ein fröhlicher Mensch. Und so einem Menschen musste nun sowas passieren?

"Bitte.", sagte Andy und verzweifelte langsam. Hennah sah zur Tür. Dann beschloss sie, ihn rein zulassen.

Als Andy das Geräusch des Türschlüssels, welcher sich gerade drehte hörte, stieg Erleichterung in ihm auf.

Einen Moment zögerte er noch, dann machte er vorsichtig die Tür auf.

Hennah saß wieder in ihrer alten Stellung, hockte quasi auf dem Boden, mit ihrem kaputten Shirt, den Kratzspuren im Gesicht und am Arm und einer blutigen Lippe.

Es zerriss Andy innerlich, sie so zu sehen. Aber er musste nun die Fassung bewahren. Er hätte sich niemals so vergessen dürfen. Wäre Tobi nicht dazwischen gegangen – wer weiß wie weit er noch gegangen wäre.

"Geht’s?", fragte er seine Verlobte und wusste, dass das eine bescheuerte Frage war. Aber war nicht alles, was man in so einem Moment sagte bescheuert? Hennah schwieg.

"Wir sollten zum Krankenhaus fahren." schlug er ihr vor.

"Nein.", sagte Hennah und ihre Stimme wirkte dünn und brüchig.

"Du hast Verletzungen.", entgegnete er nun.

"Nein – lass… mich einfach ein bisschen in Ruhe.", sagte sie ohne ihn anzusehen.

Es fühlte sich an wie eine Ohrfeige. So abweisend war sie noch niemals zu Andy gewesen. Aber sie war ja auch noch niemals fast vergewaltigt worden.

"Okay.", flüsterte Andy, strich ihr noch einmal übers Haar und stand dann auf.

Einmal blickte er noch zurück auf seine am Boden hockende Verlobte, dann schloss er die Tür hinter sich.

In der Küche standen mittlerweile Klaus, Maria und Tobi.

"Wie geht’s ihr?", fragte Klaus sofort.

"Scheiße.", sagte Andy nur.

Mit dieser Situation waren scheinbar alle überfordert.

"Muss sie ins Krankenhaus oder soll ich einen Arzt herbestellen?", fragte Maria besorgt.

"Sie will nicht. Ich hab schon gesagt, dass wir ins Krankenhaus müssen." antwortete er.

"Das Mädchen steht unter Schock." vermutete Klaus.

"Hast du ihn gefunden?", fragte Andy seinen Bruder.

"Nein, keiner hat ihn gesehen. Scheint so abgehauen zu sein."

"Wir müssen die Polizei rufen.", sagte nun Maria.

"Bevor er noch irgendwem was antut."

"Aber Hennah muss entscheiden, ob sie ihn überhaupt anzeigen will, oder nicht.", sagte nun Tobi.

"Bist du bescheuert? Klar zeigt sie ihn an! Für ihn wär´s besser, wenn er dafür in den Knast geht." sagte

Andy sauer, holte sich ein Kühlkissen aus dem Gefrierschrank, um es auf sein Veilchen zu legen.

"Andy, du darfst nicht so durchdrehen Junge, das geht so nicht!", sagte nun Klaus und sein Ton klang mahnend.

"Wenn jemand versucht meine Freundin zu vergewaltigen, dann dreh ich durch wie ich will!" Sofort lag Streitstimmung in der Luft.

"Beruhige dich jetzt mal!" unterbrach Tobi ihn.

"Ich beruhige mich dann, wenn der Penner gefasst wurde!"

"Andy bitte!", sagte Maria, entsetzt über die Wortwahl ihres Sohnes, denn so ein Verhalten kannte sie nicht von ihm.

"Ich geh und sehe mal nach ihr.", sagte sie schließlich, stand auf und ging den Flur entlang zur Badezimmertür. Einmal klopfte sie leise, dann ging sie rein. Sie kannte Hennah schon lange und wusste, wie sie drauf war. Das Mädchen war inzwischen wie eine zweite Tochter für das Ehepaar.

"Hallo liebes.", sagte sie mütterlich zu Hennah und setzte sich mit auf den Boden.

Hennah antwortete nicht, sondern starrte nur die gegenüberliegende Wand an.

"Ich hab schon gehört, was passiert ist. Meinst du nicht, es wäre besser, wenn wir mit dir zum Krankenhaus fahren?"

"Nein!", sagte Hennah nur deutlich und sah Maria an.

"Ich bin nur müde und will ins Bett." Mit diesem Satz stand sie auf. Ihrem Gesichtsausdruck nach, schien sie selbst dabei schon Schmerzen zu haben.

"Gute Nacht.", sagte sie noch leise, dann ging sie einfach raus, ins Schlafzimmer.

Maria blickte ihr nach. So kalt, so abweisend kannte man das Mädchen nicht. Egal was war, sie blieb immer offen und herzlich. Aber davon war im Moment nichts mehr zu sehen.

 

"Klar ist sie im Moment nicht gut drauf man, das ist gerade erst passiert.", sagte Tobi.

"Geben wir ihr erstmal ein bisschen Zeit. Und du bleibst morgen bei ihr Zuhause." schlug Klaus vor, denn Hennah würde nicht in der Lage sein zu arbeiten, und auch für Andy wäre es besser, wenn er bei seiner Verlobten blieb.

Eine Weile saßen Klaus, Maria, Tobi und Andy noch zusammen. Später als alle gingen, blieb Andy noch ein wenig in der Küche sitzen.

Immer wieder schossen ihm die Bilder durch den Kopf. Wie sie da lag, hilflos, und dieser schmierige Typ sie mit seinen dreckigen Fingern anpackte. Ihr Blick, ihre Stimme - Andy hätte sie ernst nehmen müssen, schon von Anfang an als sie erwähnte, dass ihr die Arbeiter unangenehm sind.

Hätte er es ahnen müssen, es sehen müssen? Hätte man das verhindern können?

Andy wurde schlecht. Vielleicht waren die Warnzeichen schon die ganze Zeit über zu sehen und er hatte nur nicht richtig hingeguckt...

Es war mittlerweile schon nach Elf und Andy beschloss ins Bett zu gehen, auch wenn an schlafen sicherlich nicht zu denken war. Der Fernseher lief nicht wie sonst immer. Hennah hatte sich einfach ins Bett gelegt, die Bettdecke bis zur Nase hochgezogen und den Rücken zu Andys Seite gedreht.

"Schatz.", sagte er leise, als

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 12.05.2016
ISBN: 978-3-7396-5470-6

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