Wir haben den Arbeitsplatz, dass Elternhaus und die Kirche, aber haben diese Dinge noch die gleiche Anziehungskraft wie früher? Der Arbeitsplatz ist für viele nur noch ein Job, dass Elternhaus wird verkauft und die Kirche? Für viele ist die Kirche, wen wundert es, nur noch Dekoration.
Irgendwie habe ich das Gefühl das unsere Welt anstelle der Wirklichkeit nur noch aus vielen flüchtigen und instabilen Dingen besteht. Gruppen bilden sich – und zerfallen fast genauso schnell, wie sie entstanden sind, es entstehen Stimmungen und Überzeugungen die auch innerhalb kurzer Zeit wieder zerfallen um sich neu zu ordnen. Eine Welt der ungeahnten Möglichkeiten und Wirklichkeiten ist entstanden.
Jeder einzelne hat heute die Möglichkeit sich vom anderen radikal zu unterscheiden, was er auch nutzt. Da gibt es Menschen die ihr Bildungsniveau heben, andere lassen sich ihre Gesäßbacken liften, der nächste treibt seine Karriere voran – und der übernächste treibt sich einen Metallring durch die Nase. Wir können Ratten züchten, Weihnachten im Sommer feiern, wenn uns danach ist, oder Mitglied einer Partei werden, es gibt also quasi keine Idee, die nicht geträumt oder verwirklicht werden könnte.
Leben wir in einer Zwischenzeit, in der das Nicht-Ersetzen der alten Werte und Normen dazu führt das unsere bisherige Welt aus der Verankerung gerissen wird, und damit diese gefühlte brüchige Gegenstandswelt entsteht? Lord Dahrendorf sprach von einer „Welt ohne Halt“…keiner kann sie halten, und wir finden keinen Halt in ihr.
Sehr oft denke ich, dass wir nicht den Beginn einer anderen Normalität in unserer Gesellschaft erleben, sondern das Ende der Normalität. Unsere Gesellschaft wechselt ihren Zustand von fest auf flüchtig und das Leben, wie es bisher war, verabschiedet sich...
Unser Konsum macht uns krank, unsere Demokratie ist nicht nur in Gefahr, sie ist in weiten Teilen schon gar keine mehr. Wer nicht schon einmal mit Burnout im Krankenhaus war zählt als nicht Leistungsfähig und Leistungsbereit. In unserer rückständigen Bildung verblöden Kinder während wir sie mit billigen Lebensmitteln vollstopfen. Wir alle machen Schulden und sorgen so dafür das Banken unseren Staat bestimmen. Wir machen uns Sorgen ob wir es schaffen eine Bibliothek auf unser Smartphone zu laden, während andernorts Kinder verrecken, ja richtig gelesen und ich schreibe es nochmal, verrecken!
Erich Fromm sagte: “Zum erstenmal in der Geschichte hängt das physische Überleben der Menschheit von einer radikalen Veränderung des Herzens ab.”
Und der Schweizer Soziologe Jean Ziegler behauptet sogar das jedes Kind, dass heute verhungert ermordet wird – und er hat nicht Unrecht, wenn ich mir die Überflussgesellschaft in der wir Leben ansehe. Ermordet werden diese Kinder durch unsere Ignoranz, unsere Feigheit und durch unsere Unterlassene Hilfeleistung. Das Thema Hunger quält mich, macht mich betroffen, obwohl es doch seit Jahren scheinbar bearbeitet wird.
Im Jahre 2000 kam die UN Milleniumserklärung heraus und neben vielen hehren Erklärungen und Resolutionen steht dort Folgendes:
“Wir treffen ferner den Beschluss, bis zum Jahr 2015 den Anteil der Weltbevölkerung, dessen Einkommen weniger als 1 Dollar pro Tag beträgt, und den Anteil der Menschen, die Hunger leiden zu halbieren, sowie bis zu dem selben Jahr den Anteil der Menschen, die hygienisches Trinkwasser nicht erreichen oder es sich nicht leisten können, zu halbieren.”
Wenn ich das lese bekomme ich eine Gänsehaut, fast höhnisch klingt dies für mich, zumal es mir so erscheint das es keinen wirklichen Willen gab und gibt dieses Problem ernthaft zu lösen!
Das Recht auf Nahrung und Trinkwasser ist ein Menschenrecht, wann werden wir aufwachen und gemeinsam für dieses Menschenrecht kämpfen?
Zeigt die Erfahrung nicht, dass derjenige, der die Dummheit entlarvt, am Ende selbst der Dumme ist? Und bedeutet dies im Umkehrschluss nicht sogar, dass es als ein Zeichen von Klugheit zu sehen ist wenn sich die meisten Menschen lieber anpassen und vieles so hinnehmen, auch wenn die Logik dabei auf der Strecke bleibt? Ist freies Denken nur noch dann möglich wenn man den Konventionen nicht mehr folgt – und als Folge davon selbst zum Narren wird den niemand mehr ernst nimmt?
Egal oder? Das ist es nämlich! Mir jedenfalls! Vielleicht hat sich bei mir das Kind noch nicht ausgewachsen und ich bin etwas trotzig. Aber ich habe es so satt von Medienmachern, Politikern und allerlei anderen debilen Grenzgängern Tag für Tag, die immer gleichen inhaltsleeren, nichtssagenden Phrasen zu hören.
Darüber hinaus zieht sich meine Magen zusammen wenn ich sehe wie diese ach so intelligente Spezies jeder noch so verrückten Idee hinterherläuft. Vielleicht bin ich nicht besonders intelligent und sicherlich habe ich auf viele Dinge keine Antwort. Allerdings bin ich verwegen genug, solange an meinen Standpunkten festzuhalten, bis mir jemand bessere Argumente liefert oder mich eines besseren belehrt.
Also gehe ich weiterhin davon aus, dass unsere Kultur nicht nur die Potenziale der Menschheit im technologischen Bereich in beträchtliche Höhen schrauben kann, sondern auch die der menschlichen Dummheit.
Wann werden wir also unserem Namen und der Krönung der Selbstbeweihräucherung – Homo sapiens – der weise Mensch – gerecht werden? Und unsere Intelligenz? Wann nutzen wir die um die Welt besser zu machen? Und nicht um uns gegenseitig abzuschlachten, auszubeuten und auszutricksen....
Texte: Alexander Geller-Sturm
Tag der Veröffentlichung: 07.05.2016
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