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Kapitel 1

 

Bobbie

 

Ich schreckte aus dem Schlaf hoch. Mein Handy spielte Lautstark "Papercut" von Linkin Park. Das bedeutete, dass ich aufstehen musste. Widerwillig schwang ich die Beine aus dem Bett und lief zur anderen Seite des Zimmers, wo ich mein Handy oben auf dem Fensterbrett deponiert hatte. Es mag komisch klingen, aber ich tat dies, weil ich sonst einfach liegenbleiben und auf die Schlummer-Taste drücken würde. So stand ich aber schon und kämpfte gegen den Drang an mich einfach wieder ins Bett zu legen. Letztendlich überwand ich mich und ging ins Bad. Dieses Bad war ein Traum. Es hatte eine getönte Glasfront, vor der eine gigantische Wanne stand, die zusätzlich auch noch einen Whirlpool eingebaut hatte. Tja, wenn dann richtig. Das war schon immer das Motto meiner Eltern gewesen. Sie waren Immobilienmakler. In Beverly Hills. Das bedeutete eine Menge Kohle. Ich musste zugeben, dass ich den ganzen Luxus vermisst hatte als ich im Ausland gewesen war. Ja genau. Ausland. Sie hatten mich für ein Jahr nach Kanada in ein Internat verfrachtet, da ich mich "nicht benehmen" konnte. Meinten meine Eltern. Wie dem auch sei, ich war zurück und heute sollte mein erster Schultag zurück zu Hause sein. Juchhu?

Als ich frisch geduscht zurück in mein Zimmer ging sah ich gerade meinen großen Bruder aus seinem Zimmer schlurfen. Er sah aus, als würde er noch schlafen. Tat er wahrscheinlich mental auch.

"Guten Morgen, Tyler!", sagte ich. "Mhm?", machte Tyler und sah mich an wie ein Schaf. "Ich sagte Guten Morgen" "Morgn", nuschelte er. Das zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Ja, eindeutig Schaf.

Als ich die Tür meines Zimmers hinter mir schloss fiel mir ein, dass ich noch keine Klamotten für heute zurecht gelegt hatte. Verdammt! Ich hatte noch eine dreiviertel Stunde. Das reichte doch niemals! Jaja, Frauen und Klamotten. Ich spurtete also zu meinem begehbaren Kleiderschrank. (Ja ein begehbarer Kleiderschrank. Ich liebte dieses Haus.)

Während ich gerade versuchte mich zwischen einem olivefarbenen Top mit einer grauen Hotpants und einem weiten weißen T-Shirt, das ich mit einem taillierten schwarzen Rock kombinieren wollte, zu entscheiden klopfte es und mein Bruder betrat das Zimmer. Er sah schon sehr viel wacher aus. Sein blondes Haar stand in alle Richtungen ab und er strahlte mich mit seinen grünen Augen an. Er sah mir so unglaublich ähnlich. "Hallo Schwesterchen!" Das war's dann aber mit der Ähnlichkeit. Er war schon immer der gewesen der sich gut benommen hatte und ich halt nicht. Er war brav. Ich nicht.

"Ach, du kannst reden?" Was besseres fiel mir grad nicht ein. Ich war beschäftigt. Als er merkte, dass ich meine Aufmerksamkeit wieder den Klamotten zugewandt hatte, trat Tyler neben mich und sah sich die Auswahl auf meinem Bett an. "Zieh den Rock an.", sagte er. Ich nickte einfach. Er hatte einen exzellenten Modegeschmack. Er war schon wieder auf dem weg zur Tür als ich fragte: "Kannst du mich zur Schule mitnehmen?" Er strahlte. "Klar."

 

Zehn Minuten später saß ich also mit meiner schwarzen Aktentasche auf dem Beifahrersitz seines BMWs. "Bist du aufgeregt?", fragte er, ernsthaft besorgt. "Nö.", log ich. Tatsächlich hatte ich verdammte Schmetterlinge - ach, was sag ich, Adler! - im Bauch. Ich hatte mich dazu entschieden, nicht auf meine alte Schule zurück zukehren, sondern stattdessen auf die Schule direkt neben Tylers Arbeitsplatz zu gehen. Er war Junganwalt.

"Bobbie?" Ich sah auf. Wir hatten schon vor der Schule gehalten. "Du schaffst das schon!", sagte mein Bruder und lächelte mich warm an. "Klar. Kennst mich doch."

Ich stieg aus. Verdammte Scheiße. Ich hatte Angst. Ich sah mich auf dem riesigen Parkplatz um. Er war fein säuberlich in Loser, Beliebte und Normalos unterteilt. Auf den Bänken in der gerade aufgehenden Sonne saßen die Footballer und, um das Klischee auch ja zu erfüllen saß bei jedem Zweiten ein leicht bekleideter Chearleader auf dem Schoß. Na Klasse. Wo war ich denn hier gelandet? Die Chearleader kicherten immer wieder geziert wenn einer der Sportler den Mund aufmachte. Als ich an den Bänken vorbei lief hörte ich einen langgezogenen Pfiff und drehte mich um. Vor mir stand der bestaussehende Junge aller Zeiten. Sein dunkelbraunes Haar hatte die perfekte Länge, er war gebräunt und muskulös und seine braunen Augen glänzten wie Sterne. Als ich merkte was ich da gerade dachte wollte ich mich am liebsten selbst schlagen. Der Typ grinste äußerst selbstgefällig, als ihm auffiel wie ich ihn musterte. Zeit ihm dieses, nebenbei bemerkt atemberaubende, Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. "Was guckst du so?" Wow, das konnte ich auch schon mal besser. Ich ignorierte die Tatsache, dass ich eigentlich ihn angestarrt hatte und sah ihn schnippisch an.

"Naja, du siehst nich aus, als würde es dich stören wenn dich jemand anguckt.", gab er die ersehnte Antwort. Ich sah an mir hinunter. Gut, der Rock war vielleicht ein bisschen kurz, aber Alles in Allem waren meine Klamotten nicht zu knapp. Darauf achtete ich.

"Dreh dich um und du hast noch mehr zu gucken!", sagte ich mit einem vielsagenden Blick auf die Cheerleader, die mich inzwischen eher abfällig musterten. "Da darfst du bestimmt auch mal anfassen." Es wäre vielleicht gut, es sich nicht gleich am ersten Tag mit den Cheerleadern zu verscherzen, aber ich konnte im Moment absolut nicht denken.

"Wer sagt denn, dass ich anfassen will?", fragte der Typ vor mir jetzt.

"Ach komm schon, als wenn Typen wie du irgendwas anderes wollen könnten.", konterte ich, weil ich der festen Überzeugung war Recht zu haben. Doch ich wurde in eben diesem Moment eines besseren belehrt.

"Jesse! Kaum lasse ich dich fünf Minuten allein fängst du an irgendwelche Mädchen zu verarschen!" Ein Mädchen kam auf uns zu und warf sich dem Typen - Jesse - an den Hals. Sie war das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen hatte. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr in Wellen den Rücken hinab und endete kurz über den Hüften, ihre Haut von einem hellen, makellosen Braun und ihre großen, mandelförmigen Augen glitzerten in dunklem Braun. Sie schenkte mir ein ehrliches und äußerst atemberaubendes Lächeln und ich konnte nicht anders als dieses zu erwidern. Sie streckte mir ihre Hand entgegen und sagte: "Hi, ich bin Aubrey. Meinen Freund Jesse scheinst du ja schon kennengelernt zu haben!" Sie war mir sofort sympathisch und gleichzeitig hasste ich sie, ich wusste bloß noch nicht warum. Ich ergriff ihre Hand und antwortete etwas zögerlich: "J..ja, hab ich. Ich bin Bobbie, also Robina, wie ihr wollt." Ja, also wenigstens hatte ich mich nicht verhaspelt. Diese beiden waren wahrscheinlich das heißeste Paar auf dem Planeten, ja schöner als Brangelina oder Orlando Bloom und Miranda Kerr. Es war schwer zu entscheiden wer von beiden schöner war.

Ich hatte wohl schon wieder gestarrt, denn Jesse meinte: "Na, überrascht?" "Nein!" Ja! Natürlich war ich überrascht, dass er eine Freundin hatte. Ich hatte ihn als den typischen, sich nicht bindenden, Macho eingestuft. Er grinste schon wieder.

"Ja, also ich müsste dann auch los, ich muss das Sekretariat suchen.", versuchte ich mich zu entschuldigen. Doch so einfach kam ich nicht davon. "Ich kann es dir zeigen wenn du willst!", bot Aubrey an. Ich muss zugeben, dass mir ihr Angebot doch eigentlich sehr willkommen war, da die Schule gelinde gesagt riesig war. Also nickte ich und sie hakte sich ohne viel Federlesen bei mir unter und zog mich in Richtung Schulgebäude. Als Jesse außer Sichtweite war entspannte ich mich sofort und konnte auch wieder sehr viel klarer denken. Okay, das war schlecht. Aubreys Freund sollte nicht eine solche Wirkung auf mich haben, denn er war schließlich Aubreys Freund und selbst wenn Aubrey nicht so unglaublich sympathisch wäre war ich keine die einer anderen einfach den Freund ausspannte. Genau.

Als wir vor dem Sekretariat angekommen waren ließ Aubrey meinen Arm los und fragte ob sie mit reinkommen solle. "Wenn du möchtest.", sagte ich, weil ich ihre Gesellschaft als äußerst angenehm empfand. Sie hatte auf dem Weg ununterbrochen geredet, aber ihre Stimme war angenehm, so dass es mich nicht störte.

Ich klopfte an die Tür und wurde hereingebeten. Aubrey folgte mir tatsächlich. An einem Schreibtisch, der über und über mit Papieren bedeckt war, saß eine kleine, rundliche Frau mit einer rubinroten Turmfrisur. "Ah, Sie müssen Miss Bate sein!", strahlte sie und eilte um den Schreibtisch herum um meine Hand zu schütteln. "Wie ich sehe haben Sie unsere Schülersprecherin, Miss Clark, schon kennengelernt." Ich sah zu Aubrey. Schülersprecherin. Warum überraschte mich das jetzt nicht?! "Wie dem auch sei, hier haben Sie Ihren Stundenplan. Aubrey, würden Sie ihr den Weg zeigen? Wenn ich mich nicht irre haben Sie die meisten Fächer gemeinsam." Wir nickten beide und verließen anschließend das Büro.

Wir hatten tatsächlich die meisten Fächer gemeinsam, wie ein Blick auf Aubreys Stundenplan bestätigte. Also machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Englischunterricht. Als wir den Raum betraten sah ich die kleine, rundliche Frau von eben an der Tafel stehen. "Warte kurz! Haben wir die nich grade erst am anderen Ende der Schule in ihrem Büro zurück gelassen?", fragte ich Aubrey ernsthaft verwirrt. Sie lachte. "Nein, die beiden sind Zwillinge! Die eine ist Sekretärin und der wohl netteste Nicht-Teenager an dieser Schule, die andere ist Englischlehrerin und ein Drache. Also pass auf wer von beiden in deiner Nähe ist bevor du irgendwas machst." "Oh, okay." Aubrey ging auf Jesse zu, der in der letzten Reihe saß und interessiert zu uns hinüber sah. Ich ging währen dessen auf die Drachenlady, die mich unweigerlich an Pumuckel erinnerte, zu. Aus der Nähe fielen mir die Unterschiede zwischen ihr und ihrer Schwester auf. Diese hier hatte härtere Gesichtszüge und kurze, stachelige Haare. "Ehm, Miss?", fragte ich zaghaft. "Ja!" Ihre Stimme klang wie ein Peitschenschlag. "Ehm, ich bin die neue Schülerin." "Name?" "Bobbie.", sagte ich ohne zu überlegen. "Bobbie?", fragte sie mit skeptischem Gesichtsausdruck. ""Eigentlich Robina." "Setz dich nach hinten zu Jesse!" Na toll. Da würde ich mich ganz wunderbar konzentrieren können. Ich ging auf den mir zugewiesenen Platz zu. "Ah, Robina." Jesse grinste. Ich hasste es Robina genannt zu werden, aber ich hatte ihm diesen Namen schließlich genannt. "Nenn mich bitte Bobbie. Ich finde den anderen Namen ehrlich gesagt zum kotzen." Sein Grinsen wurde breiter. "Du weißt, dass er dich jetzt nur noch Robina nennen wird oder?!", meldete sich Aubrey an Jesses anderer Seite zu Wort. Das war dann also ein Eigentor.

 

Jesse

 

Ich grinste. Genau genommen grinste ich schon den ganzen Tag, seit ich Bobbie gesehen hatte. Im Moment saß sie neben mir und versuchte dem Englischunterricht zu folgen. Ich sah Aubrey an, die genau das selbe tat. Dann wandte ich meinen Blick wieder Bobbie zu und musterte sie. Sie war etwas größer als Aubrey, hatte eine wunderschöne Sanduhrfigur und kurzes blondes Haar, welches oben auf dem Kopf etwas länger war und von rechts nach links fiel. Ich betrachtete ihr Profil. Ihre Nase war ein wenig gnubbelig, was ich aus irgendeinem Grund äußerst süß fand. Sie hatte helle Haut, sehr viele Sommersprossen und trug eine große schwarze Brille, die ihr aber sehr gut stand. Hinter der Brille strahlten grün-graue Augen, die im Moment kurz davor waren zuzufallen. Sie war das komplette Gegenteil von Aubrey, nicht nur was das Aussehen anging, sondern auch das, was ich bis jetzt von ihrem Charakter mitbekommen hatte. Sie gefiel mir.

 

Aubrey

 

Mir war nicht entgangen wie Jesse Bobbie ansah. so hatte er mich noch nie angesehen. Nicht einmal am Anfang unserer Beziehung. Wir waren inzwischen schon fast zwei Jahre zusammen, aber wohl eher aus Gewohnheit als aus richtigen Gefühlen. Doch es erschreckte mich, wie egal mir sein Blick war. Bobbie war mir von Anfang an sympathisch gewesen, doch das hieß nicht, dass ich mir meinen Freund ausspannen ließ. Okay, sie hatte noch keine Anstalten gemacht ihn mir auszuspannen, aber wir kannten uns ja auch erst seit knapp einer Stunde. Ich würde sie nicht aus den Augen lassen. Außerdem vermutete ich, dass wir gute Freundinnen werden könnten. Also fragte ich sie gleich nach dieser Stunde ob sie nach der Schule nicht zu mir kommen wolle, da wir sowieso ein Projekt in Englisch aufbekommen hatten, dass zu zweit sehr viel einfacher zu bewältigen wäre.

 

Kapitel 2

Bobbie

 

Ich saß in Aubreys Zimmer auf dem Boden und wühlte mich gerade durch den Stapel Notizen die wir uns gemacht hatten. Aubrey selbst lag Bäuchlings auf ihrem Bett und malte an dem Plakat herum, dass wir in den letzten zwei Stunden erarbeitet hatten. Es war inzwischen schon Freitag und wir waren fast fertig mit dem Projekt, welches wir am Montag begonnen hatten. Nun legte sie den Stift hin und fragte: "Hast du Hunger?" "Und wie!" Ich war tatsächlich am verhungern, da ich vor Aufregung den ganzen Tag nichts gegessen hatte. Das kam bei mir öfter vor. Aubrey stand auf und bedeutete mir ihr zu folgen.   Ihr Haus war mindestens genau so riesig wie mein eigenes und ebenso modern eingerichtet. Als wir in der glänzend roten Küche ankamen fragte Aubrey: "Pizza?" Ich musste nicht lange überlegen. Ich meine wer mag keine Pizza beim Hausaufgaben machen?! "Gerne" Sie ging zum Gefrierfach und holte eine Hawaiipizza für sich selbst und eine Spinatpizza für mich heraus. Während die Pizza im Ofen war räumten wir ihr Zimmer auf und unterhielten uns über Gott und die Welt. Sie erzählte mir, dass ihre Eltern eine der renommiertesten Anwaltskanzleien der Stadt führten. Auch erzählte sie mir, dass sich diese direkt neben unserer Schule befand. "Nich dein Ernst!", rief ich aus, weil mir soeben aufgegangen war, dass mein Bruder für ihre Eltern arbeitete. Als ich ihr das erzählte lachte sie. "Dann ist er entweder der Nichtsnutz der immer zu spät kommt oder der Musterknabe, der immer mehr macht als er müsste." Ich überlegte einen Moment, dann sagte ich: "Ich vermute er ist der Nichtsnutz." Ich liebte Tyler, aber ich hatte ihn noch nie an einem Schreibtisch sitzen und arbeiten sehen. Ich war mir nicht einmal sicher ob er einen Schreibtisch besaß. "Apropos, Tyler kommt mich bald abholen." Just in diesem Moment klingelte es an der Tür. "Wenn man vom Teufel spricht...", sagten wir beide gleichzeitig und liefen lachend zur Tür, als der Ofen bekannt gab, dass die Pizza nun fertig war. Also lief Aubrey in die Küche und ich öffnete die Tür. Davor befand sich allerdings nicht, wie von uns vermutet, Tyler, sondern Jesse, der bei meinem Anblick erneut zu grinsen anfing. Mir war natürlich die Stimme abhanden gekommen, woraufhin ich ihn erneut äußerst bedröppelt ansah.

"Robina!", rief er äußerst freudig aus. Ich verdrehte die Augen und öffnete die Tür etwas weiter, so das er an mir vorbei ins Haus kommen konnte. "Mhm, rieche ich da etwa Pizza?", fragte er und lief schnurstracks in die Küche, wo er Aubrey, die gerade die Pizza schnitt, einen Kuss aufdrückte. Mit Entsetzen stellte ich fest, das diese kleine Geste ein ziemliches Loch in mein Herz riss. Bobbie, reiß dich zusammen! Das ist absolut lächerlich!, ermahnte ich mich selbst und setzte ein Lächeln auf, das sicherlich ziemlich gequält rüber kam.

"Was tust du hier, Jesse?", fragte Aubrey. Sie wirkte nicht wirklich begeistert, ich konnte mir allerdings nicht erklären warum. "Ich besuche meine wunderschöne Freundin und frage sie, ob sie einen Film mit mir ansehen möchte!", erklärte Jesse strahlend. Wow, und noch ein Loch in meinem Herzen. Ich versuchte mir einzureden, dass das nur sei, weil ich mir wünschte, dass mich jemand wunderschön fand, nicht das ER mich wunderschön fand.

"Du siehst, dass ich Besuch habe, oder?!" Lag es an mir oder klang Aubrey genervt? Sie stellte die Pizzen auf den Tisch und bedeutete mir mich zu setzen. Ich folgte ihrer unausgesprochenen Aufforderung und ließ mich ihr gegenüber nieder. Jesse setzte sich neben Aubrey und nahm unaufgefordert ein Stück ihrer Pizza. Sie schlug ihm auf die Finger. "Au!" Wow, der Typ konnte schreien wie ein kleines Mädchen. Beeindruckend. "Mach dir gefälligst selbst was!" Ja, Aubrey war eindeutig genervt. Die Atmosphäre im Raum wurde immer ungemütlicher, bis es erneut an der Tür klingelte. Aubrey sprang wie von der Tarantel gestochen auf und lief zur Tür. Als sie geöffnet hatte stand sie einige Sekunden lang mit geöffnetem Mund und großen Augen da. Okay, nun wusste ich, wie ich aussah wenn ich Jesse anglotzte. Nicht schön. Die Person vor der Tür sagte etwas, was ich allerdings nicht verstehen konnte. Aubrey nickte nur und öffnete die Tür etwas weiter. Ich war gerade äußerst neugierig, wer eine solche Reaktion bei Aubrey hervorrufen konnte. Das musste ein wirklich gutaussehender Typ sein, dachte ich. Umso überraschter war ich, als mein Bruder an Aubrey vorbei ins Haus trat.

 

Aubrey

 

Ich war äußerst genervt von Jesses Auftauchen, zumal sein Blick erneut an Bobbie zu kleben schien. Es war sehr lustig mit ihr gewesen und wir hatten wirklich viel gemeinsam. Sie hatte mir erzählt, warum man sie nach Kanada auf ein Mädcheninternat geschickt hatte. Sie hatte sich mehrfach mit einigen Cheerleadern geprügelt und Lehrer beleidigt. (An dieser Stelle hatte sie betont, dass diese ausgesprochene Arschlöcher gewesen waren und es absolut verdient hatten.)  Ich konnte mir vorstellen, dass dieses Mädchen ziemlich sauer werden konnte, weshalb ich versuchen würde, einen größeren Streit mit ihr zu vermeiden.

Ich war froh als es an der Tür klingelte und ich einen Vorwand hatte um vom Tisch zu flüchten. Als ich nichtsahnend die Tür öffnete blieb mir fast das Herz stehen. Vor meiner Haustür stand ein Typ - nein ein verdammter Gott! Er hatte honigblondes Haar und unglaublich grüne Augen. Ich musste zu ihm aufsehen, da er fast einen Kopf größer war als ich. Er war schlank, aber nicht dürr und er trug einen dunkelgrauen Anzug, der ihm wirklich gut stand. Ich starrte ihn an. Er starrte zurück und langsam begann sich ein Lächeln auf seinen Lippen zu bilden, welches seine Augen zum strahlen brachte. "Hi. Ich bin Tyler. Ich bin hier um meine Schwester Bobbie abzuholen.", sagte der Typ und bei seiner sanften, tiefen Stimme schmolz ich noch mehr dahin. Als ich keine Anstalten machte irgendwas zu sagen oder zu tun, außer ihn anzustarren natürlich, fragte er: "Darf ich reinkommen?" Ich nickte nur und öffnete die Tür etwas weiter, so dass er eintreten konnte. Mein Blick klebte an ihm, wie vorher der von Jesse an Bobbie klebte. Ich sah zu selbiger hinüber, die äußerst vielsagend zurück blickte. Ich schüttelte kurz den Kopf um ihn frei zu bekommen, was natürlich nicht wirklich half, und bot Tyler dann einen Stuhl an. "Hi Ty!", sagte Bobbie mit spitzbübischem Grinsen. Der Angesprochene schien diesen Spitznamen genau so zu verabscheuen, wie seine Schwester ihren tatsächlichen Namen. Das konnte ich verstehen.

"Ich bin übrigens Aubrey.", sagte ich, etwas spät, da ich meine Stimme endlich wieder gefunden hatte. Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden als er mich ansah und hoffte, dass mein dunkler Teint die Röte verbarg. Er lächelte und meine Stimme war wieder verschwunden.

"Und ich bin Jesse, ihr Freund." Jesse betonte dieses Wort extra. Das war doch lächerlich. Okay, ich hatte vielleicht für einen oder zwei Momente vergessen, dass ich in festen Händen war, aber er war es doch, der das Mädchen ihm gegenüber quasi mit Blicken verspeiste.

"Alsoo..", sagte Bobbie in das unangenehme Schweigen hinein. "Wollen wir dann los?" Diese Frage kam von Tyler. Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Ich wollte nicht, dass er ging. "Schatz, hattest du nicht vorgeschlagen einen Film zuschauen?", wandte ich mich an meinen Freund. Er sah mich etwas überrascht an. "Ja.." "Wie wäre es, wenn wir uns zu viert einen Film ansehen, als Wochenausklang, was meint ihr?" Bobbie strahlte, Tyler sah perplex, dem Vorschlag aber nicht abgeneigt aus und Jesse sah äußerst missmutig drein. "Dann wäre das also geklärt.", sagte ich als niemand Einspruch erhob.

"Ich gehe und rufe Mom an.", sagte Bobbie an Tyler gewandt. Dieser antwortete: "Klar, sag ihr, dass es nicht spät wird und dass ich mit dem Auto dabei bin. Sie und Dad sind eh nich zuhause." Als Bobbie ihn fragend ansah fügte er hinzu: "Sind auf irgendner Wohltätigkeitsgala." Sie nickte und verließ den Raum. Nun herrschte wieder ein unangenehmes Schweigen. Ich ging in die offene Küche und begann das Popcorn vorzubereiten. Süßes für mich und salziges für Jesse. Ich wusste nicht, was Bobbie und Tyler bevorzugten, also machte ich einfach von beidem zwei Portionen.

Als ich wieder ins Wohnzimmer kam schwiegen sich Jesse und Tyler immer noch an. Nun allerdings von anderen Standpunkten. Tyler hatte sich auf dem Sofa niedergelassen und Jesse hockte vor dem Blu-Ray-Player und bereitete, wenn auch etwas widerwillig, alles für den Filmabend vor. Als ich das Popcorn auf den Beistelltisch stellte kam Bobbie zurück in den Raum.

"Welchen Film gucken wir eigentlich?", fragte sie. Ja, gute Frage. Ich sah die Jungs fragend an. "Was steht denn zur Auswahl?", fragte Tyler und sah mich an. "Kommt mit.", sagte ich, und führte sie die Treppe hinauf in die Bibliothek. Es war ein riesiger Raum, der vollgestellt war mit Regalen, die zu einem Drittel mit Büchern, zu einem Drittel mit CDs und zu einem Drittel mit DVDs und Blu-Ray's gefüllt waren. Tyler wirkte vollkommen überwältigt und stieß einen bewundernden Pfiff aus. Bobbie grinste und sagte: "Also, ich würde ja auch beeindruckt Pfeifen, aber das konnte ich noch nie." Das entlockte sowohl mir als auch Jesse ein Lachen. "Nur zu, seht euch um. Die Filme sind nach Genre, und im jeweiligen Genre nach dem Alphabet geordnet. Natürlich unter Nichtbeachtung der Artikel." Als ich die verblüfften Gesichter der drei anderen sah, zuckte ich nur mit den Schultern und sagte schmunzelnd: "Mein Dad mag es eben organisiert." Bobbie und Jesse sahen sich immer noch verwundert an, doch Tyler nickte. "Ja, im Büro ist er auch immer so drauf. Alle Akten werden nach Bereich und Alphabet geordnet.", sagte er. Ich sah ihn überrascht an. "Du weißt, dass ich die Tochter deiner Bosse bin?" Er lächelte. "Ja, ich war schon mal hier. Zur Weihnachtsfeier letztes Jahr." Ich nickte. Das machte natürlich Sinn. Meine Eltern pflegten eine Weihnachtsfeier für die Belegschaft auszurichten. Hier in unserem Haus. Ich wurde dann immer zu meiner Grandma in Santa Monica geschickt. Schade eigentlich.

 

Bobbie

 

Ich stand gerade in einer Schatzkammer. So viele Geschichten, erzählt auf verschiedene Arten, als Musik, Buch oder Film. Hier könnte man mich tagelang einsperren. Doch trotz  der Faszination die dieser Ort auf mich ausübte konnte ich mich nicht darauf konzentrieren. Der Grund dafür stand neben mir und musterte abwechselnd mich und seine Freundin, die sich angeregt mit meinem Bruder zu unterhalten schien. Als Jesse bemerkte, dass ich ihn beobachtete lächelte er. Allerdings merkte ich, dass er versuchte sein Lächeln zu verstecken. das gelang ihm nicht gerade gut. Ich lächelte einfach zurück, zum einen um ihm zu zeigen, dass ich es bemerkt hatte und zum andren, weil ich es einfach nicht verhindern konnte.

"Wonach ist euch denn? Romanze oder Horror? Drama oder Tierfilm?" Diese Frage kam von Aubrey, der wohl wieder eingefallen war, warum wir eigentlich hier waren. Sobald sie ihren Blick von ihm abgewandt hatte konnte ich sehen wie Tyler sie mit glühendem Blick musterte. Einerseits fand ich das süß, aber andererseits war ich froh, dass Jesse den Blick nicht bemerkte, denn ich war mir nicht sicher ob Tyler eine Schlägerei gegen ihn gewinnen konnte. Okay, ganz ehrlich, ich war überzeugt, dass Jesse ihn in den Boden stampfen würde. Das würde ich natürlich keinem von beiden jemals sagen.

Nach einiger Diskussion entschieden wir uns für "Fluch der Karibik", da das der einzige Film war, mit dem alle wenigstens halbwegs einverstanden waren.

Als wir uns alle auf die Couch gequetscht hatten und der Film gerade starten wollte, sprang ich kurz auf und rannte begleitet von fragenden Rufen und Blicken zu meiner Tasche. Als ich zurück kam hatte ich eine sehr große Tafel Schokolade in der Hand. "Wo ist das salzige Popcorn?", fragte ich. Mit immer noch fragendem Blick reichte Aubrey es mir. Ich brach vier Stücken von der Tafel ab und reichte jedem ein Stück. Dann sagte ich: "Esst gleichzeitig ein Stück Schokolade und etwas salziges Popcorn." Skeptisch Blicke. "Kommt schon, vertraut mir! Das ist das beste, was man zu einem Film essen kann!" (Unbedingt probieren! Unbeschreiblich!!) Sie probierten es und wollten am Ende gar nicht wieder aufhören. Ich musste wirklich aufpassen, dass sie mir nicht meine ganze Schokolade wegfraßen.

Ich bekam nicht besonders viel mit, da ich mich, unüberlegterweise, neben Jesse gesetzt hatte. Deshalb war ich damit beschäftigt mich darauf zu konzentrieren, ihn ja nicht zu berühren. Das war reiner Selbstschutz, denn wenn er mir mit seinem bloßen Anblick schon die Fähigkeit zu sprechen nehmen konnte, wollte ich gar nicht wissen, was passierte, wenn ich ihn berührte. Naja, eigentlich wollte ich es schon wissen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich es besser nicht vor der Nase seiner Freundin ausprobieren sollte. Apropos seine Freundin: Diese unterhielt sich schon den ganzen Film lang gedämpft mit meinem Bruder. So wie es aussah war der einzige der hier tatsächlich den Film schaute Jesse. Auch wenn sein Blick mehr als desinteressiert wirkte. Als schließlich der Abspann lief stand ich auf und schaltete das Licht ein. Aubrey und Tyler sahen verwirrt auf, so als hätten sie gar nicht mitbekommen, dass der Film schon vorbei war. Ich musste unwillkürlich wieder an Schafe denken. Keine Ahnung warum.

Kapitel 3

 

Jesse

 

Das hier war absolut lächerlich. Ich sah stur auf den Fernseher vor mir, auch wenn ich absolut nichts davon mitbekam, was auf dem Bildschirm eigentlich passierte. Ich wusste, dass meine Freundin genau so wenig auf den Film achtete. Sie unterhielt sich mit Tyler. Ich spürte einen Anflug von Eifersucht, aber eben nur einen Anflug. Das war es worüber ich mich eigentlich sorgte. Sollte ich nicht kochen vor Wut auf Bobbies Bruder? Stattdessen saß ich da und das einzige was ich wahrnahm war der wunderbare Geruch der Person neben mir. Sie roch nach Erdbeeren und Shampoo. Sie saß am Rand des Sofas und ich konnte ihre gelegentlichen Blicke spüren. Außerdem merkte ich, dass sie sehr darauf bedacht zu sein schien, mich nicht zu berühren. Schade, denn alles was ich in diesem Moment wollte war sie zu berühren. Es würde sogar schon reichen, wenn ich nur ihre Hand streifen könnte.

Oh Mann, ich glaube ich hatte noch nie etwas derart kitschiges gedacht. Aber seit Bobbie in mein Leben getreten war, ertappte ich mich immer wieder bei Dingen wie diesen. Ich konnte nicht glauben, dass es erst eine Woche her war, das sie vor der Schule an mir vorbei und mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen war.

Als der Film endlich vorbei war stand Bobbie auf und machte das Licht an. Aubrey und Tyler wirkten etwas überrascht ob der Helligkeit. Ich hingegen begann bereits die Technik abzubauen, da ich so schnell wie möglich hier heraus wollte.

Als ich fertig war begann Aubrey bereits sich zu verabschieden. Sie umarmte Bobbie und als sie Tyler umarmte konnte ich nicht anders als zu Bobbie hinüber zu gehen und sie zu umarmen. Sie wirkte ziemlich überrascht, als ich sie in meine Arme zog und einige Momente lang hatte ich Angst, dass sie mich von sich stoßen würde, doch nachdem sie den Schock verdaut hatte legte sie ihre Hände auf meinen Rücken und zog mich dichter an sich.

 

Bobbie

 

Als Jesse mich umarmte erstarrte ich unwillkürlich, doch als er mich loslassen wollte erwachte ich aus meiner Starre und legte meine Arme um ihn um ihn an mich zu ziehen. In diesem Moment vergaß ich alles um mich herum. Ich vergaß, dass er eine Freundin hatte, vergaß, dass wir gerade in einem Raum mit dieser standen und ich vergaß, dass sich auch mein Bruder in diesem Raum befand. Ich wusste nicht wie lange wir so dagestanden hatten, als ich mich schließlich sanft von ihm löste. Es hätten Stunden sein können, doch es fühlte sich gleichzeitig an als wären es nur wenige Sekunden gewesen. Es schien nicht zu lange gewesen zu sein, denn Aubrey und Tyler machten nicht den Eindruck, als wäre ihnen aufgefallen, was hier gerade passiert war.

Aubrey begleitete Tyler und mich noch bis zur Tür und Schloss mit den Worten: "Das müssen wir unbedingt wiederholen!" die Tür. Ich sah zu Tyler hinüber. Dieser lief träumerisch lächelnd neben mir her. "Tyler?", fragte ich. Er sah zu mir hinab. "Was ist?", fragte er als er meinen Blick bemerkte. "Sie hat einen Freund.", zerstörte ich seine, und insgeheim auch meine, Träume. "Ich weiß.", seufzte er. "Aber dich würde es nicht wirklich stören wenn sie sich trennen würden, oder?" Ich versuchte cool zu bleiben. "Wie kommst du darauf?", fragte ich möglichst unschuldig. Tyler lachte tonlos. "Ich kenne dich Bobbie. Ich weiß, wenn dir jemand gefällt. Du siehst ihn an als wäre er die Luft die du zum atmen brauchst." Wow, das ging mir dann doch etwas zu weit. Ja, natürlich gefiel er mir, aber ich brauchte ihn nicht wie die Luft zum atmen. Ich konnte auch sehr gut ohne ihn auskommen. Ich beschloss zurück zu schießen. "Ach ja? Wann hattest du denn die Zeit zu sehen was ich mache? Du konntest doch deine Augen nicht von Aubrey lassen." Tyler sah ertappt aus. "Ich werde zugeben, dass ich sie mag, wenn du zugibst, dass du auf Jesse stehst.", lenkte er schließlich ein. "Gut. Natürlich mag ich Jesse. Ich meine, sieh ihn dir doch nur mal an... Aber das darf nicht sein. Aubrey liebt ihn. Ich kann ihr das nicht antun. Sie ist jetzt schon eine meiner besten Freundinnen. Außerdem ist es sicher nur eine Schwärmerei, ich meine wir kennen uns ja erst seit einer Woche." Ich war so in meinem Redefluss gefangen gewesen, dass ich nicht gemerkt hatte, dass Tylers Gesicht immer trauriger geworden war. "Hey, Kopf hoch! Andere Mütter haben auch schöne Töchter." Ich hatte auf einmal das Bedürfnis ihn zu umarmen. Das hatte ich zwar in den letzten Jahren immer weniger getan, doch ich hatte das Gefühl meinen großen Bruder trösten zu müssen.

 

Tyler

 

Dieser Abend war ein voller Erfolg gewesen, auch wenn ich mich im Nachhinein ziemlich schlecht fühlte. Bis jetzt wusste ich allerdings noch nicht genau warum. Entweder lag es daran, dass ich mich in ein Mädchen verliebt hatte, das schon seit 2 Jahren mit einem anderen glücklich war. Aber vielleicht war es eine Art Empathie, denn ich sah meiner Schwester an, dass es ihr nicht so gut ging wie sie vorgab. Ich war froh, dass sie sich mit Aubrey angefreundet hatte. Ich hatte Angst gehabt, dass sie wieder in alte Muster verfallen könnte. Es war nicht einfach gewesen mit ihr in den letzten Jahren, doch das Jahr im Ausland schien ihr gut getan zu haben.  Jedenfalls hatte sie bis jetzt noch niemanden ernsthaft beschimpft oder sich geprügelt. Ehrlich ich liebte meine Schwester, aber wenn sie wirklich sauer war, dann konnte man richtig Angst vor ihr bekommen.

Im Moment allerdings sah sie aus wie die Unschuld in Person, denn sie hatte sich auf meinem Beifahrersitz zusammengerollt und war kurz davor einzuschlafen. Ich lächelte in mich hinein bei diesem Anblick.

Als wir einige Minuten später bei unserem Haus ankamen wollte ich sie nicht wecken und trug sie deshalb in ihr Zimmer. Kurz bevor ich die Tür schloss hörte ich sie etwas flüstern, das verdächtig nach "Jesse" klang. Wenn sie nach einer Woche schon im Schlaf von ihm sprach, wollte ich gar nicht wissen, was sie in einem Monat für ihn empfinden würde. Ich hoffte inständig, dass sie ihn vergessen würde. Ich wusste, dass das dumm war, denn wie sollte sie das, wenn sie ihn jeden Tag sah und mit seiner Freundin abhing? Ich schüttelte den Kopf und schloss die Tür, in deren Rahmen ich nun schon viel zu lange gestanden hatte.

Ich würde jetzt schlafen gehen und morgen würde die Welt schon ganz anders aussehen.

 

Aubrey

 

Nachdem Tyler und Bobbie gegangen waren herrschte eine unangenehme Stille zwischen mir und Jesse. Sie war wohl schon den ganzen Abend da gewesen, doch ich hatte sie durch das Gespräch mit Tyler übertönt.

"Jesse?", fragte ich vorsichtig, da ich nicht wusste, ob er wütend war. Ich hatte einiges erwartet, doch auf keinen Fall das was er nun tat. Er kam mit drei großen Schritten auf mich zu und küsste mich. Ich war vollkommen überrascht, doch ich schlang meine Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss so innig ich nur konnte. Ich legte alle Gefühle in den Kuss, die ich jemals für ihn empfunden hatte. Dies war einer der längsten und schönsten Küsse die wir bis jetzt geteilt hatten. Während uns Kuss stürmischer wurde hob mich Jesse hoch und trug mich in mein Zimmer. Ich merkte gar nicht, wie er die Tür schloss und ich fragte mich im Nachhinein wie meine Klamotten an so ungewöhnliche Stellen wie auf meine Lampe oder zwischen Matratze und Bettgestell gekommen waren. Das Einzige was ich wahrnahm war er. Wir hatten zwar schon öfter miteinander geschlafen, doch es war noch nie so... so... elektrisierend gewesen.

In der Nacht wachte ich einige Male auf. Immer wenn ich den friedlich neben mir schlafenden Jesse ansah musste ich lächeln und mir stiegen gleichzeitig die Tränen in die Augen. Ich musste dringend meine Gefühle ordnen. Also kletterte ich so leise wie möglich aus dem Bett und versuchte mein T-Shirt von besagter Lampe zu ziehen. Da ich allerdings zu klein war ließ ich es und zog kurzerhand Jesses T-Shirt an, das für mich fast ein Kleid war, und schlüpfte in meine Shorts. Ich lief die Treppe hinab und um das Haus herum. Ich stoppte erst, als ich bei unserem Pool ankam. Ich ließ mich langsam ins Wasser gleiten und tauchte einige Male unter um einen klaren Kopf zu bekommen. Ich konnte wunderbar nachdenken wenn ich schwamm. Also tat ich das nun. Doch als ich auch nach einer halben Stunde keine Erklärung für meine verwirrenden Gefühle Tyler und Jesse gegenüber gefunden hatte und mir langsam ziemlich kalt wurde trocknete ich mich ab und beschloss Frühstück zu machen.

Jesse war noch immer nicht aufgewacht als ich eine halbe Stunde später mit einem Frühstückstablett in mein Zimmer kam. Ich stellte das Tablett ab und küsste ihn sanft auf den Mund. Er öffnete die Augen und lächelte mich an. So sollte es sein. Es war ein wunderschöner Morgen an dem ich, zusammen mit meinem wunderschönen Freund, nach einer wunderschönen Nacht, ein tolles Frühstück genoss.  Es war perfekt. Warum also fühlte es sich so unvollkommen an?

"Guten Morgen", sagte Jesse und zog mich an sich. Ich schloss die Augen und schob das komische Gefühl einfach auf den Schlafmangel. Ich würde jetzt meinen Samstag genießen.

 

Bobbie

 

Als ich aufwachte stand die Sonne schon hoch am Himmel. Ich sah auf den Wecker und sah, dass es schon fast Mittag war. Ich hüpfte aus meinem Bett und ging unter die Dusche. Ich hätte eigentlich über gestern Abend nachdenken müssen, doch die Dusche war der einzige Ort an dem mein Kopf wunderbar leer war. Das begrüßte ich im Moment sehr.

Als ich in die Küche kam hatte meine Mom schon Mittagessen vorbereitet. Ich hatte sie schon lange nicht mehr kochen sehen. Normalerweise war sie viel zu beschäftigt.

"Ah Robina!", sie war einer der wenigen Menschen die mich so nannten. "Ich wollte dich gerade rufen. Essen ist fertig. Kannst du mir bitte helfen den Tisch zu decken?"

"Was ist denn mit dir passiert?", fragte ich völlig perplex.

"Nichts. Ich bin einfach nur fröhlich.", antwortete sie und lächelte vor sich hin. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht, doch ich hatte gerade keine Lust mich darum zu kümmern. Ich half meiner Mutter den Tisch zu decken und holte meinen Bruder aus seinem Zimmer und meinen Vater aus seinem Arbeitszimmer. Sie sahen beide ein wenig  übernächtigt aus, doch während mein Dad ebenso seltsam fröhlich zu sein schien wie meine Mom, war Tyler mehr als mürrisch drauf.

"Was ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte ich meinen großen Bruder als wir die Treppe hinab liefen. "Hab bloß nich gut geschlafen.", antwortete er und auch hier spürte ich das etwas faul war, doch ich ließ es auch hier dabei bewenden, da er nicht den Eindruck machte, als wolle er darüber reden.

Das Essen war meinen Erwartungen widersprechend köstlich und ich fragte mich ob Mom es nicht aus einem Restaurant mitgenommen und aufgewärmt hatte, denn das hatten wir gemeinsam: Wir konnten nicht im Geringsten kochen. Ich hatte gehofft während dieses Essens den Grund für die gute Laune meiner Eltern zu erfahren, doch nach dem Dessert war ich genauso schlau wie vor der Vorspeise. Naja, im Grunde war ich einfach froh, dass sie mal nicht griesgrämig waren und einen Sündenbock suchten.

Kapitel 4

Jesse

 

Es war Montag. Ich hasste Montage. Mein Wochenende war eines der besten gewesen, die ich in den letzten zwei Jahren mit meiner Freundin erlebt hatte. Als ich am Samstag morgen aufgewacht war hatte sie mich mit Frühstück im Bett überrascht und wir hatten den ganzen Tag lang nichts anderes gemacht als uns Filme anzusehen und zu reden. Das hatten wir gebraucht. Ich wusste, dass unsere Beziehung nicht unbedingt gut lief. Wir hatten uns auseinander gelebt, das war mir erst so richtig aufgefallen seit wir Bobbie kennengelernt hatten. Meine Gedanken weilten viel öfter bei ihr, als bei Aubrey und ich bekam noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen deshalb.

Im Moment saß ich im Englischunterricht zwischen Bobbie und Aubrey, die wiedermal versuchten dem Unterricht zu folgen, während ich es wie üblich schon aufgegeben hatte. Ich starrte auf Bobbies Finger, mit welchen sie gerade gedankenverloren ihren Stift drehte. Ich sah in ihr Heft. Darin befanden sich einige Notizen in ihrer ordentlichen, kleinen Schrift und einige kleine Zeichnungen, die vorwiegend eine Frau mit Drachenkopf und einem Zeigestock in der Hand zeigte, die Feuer spie. Soviel also zum Zuhören. Ich drehte den Kopf und sah auf Aubreys Notizen, die um einiges umfangreicher als die von Bobbie waren. Ich würde einfach wie üblich mit ihr lernen, dann bekam ich die Aufzeichnungen und sie erklärte mir direkt noch alles, was ich im Unterricht verpasst hatte. Während ich noch starrte begannen alle um mich herum zu schreiben. Überrascht hob ich den Kopf. Die beiden Mädchen sahen mich an. Ich zuckte nur mit den Schultern und Aubrey begann mir zu erklären was wir tun sollten. Meine Aufmerksamkeit wurde allerdings von Bobbies Augen gefesselt. Sie sah mir direkt in die Augen. Ich versuchte den Blick abzuwenden, doch es gelang mir erst als Pumuckel, wie Bobbie sie getauft hatte, mit dem Tafellineal auf den Lehrertisch schlug, weil es ihr zu laut war. Wir zuckten zusammen und widmeten uns schleunigst unseren Aufgaben. Konzentrieren konnte ich mich allerdings noch immer nicht. Was hatte dieses Mädchen nur an sich, das mich immer wieder so fesseln konnte? Ein Blick von ihr und ich vergaß Zeit und Raum, eine Berührung von ihr und ich kann Tagelang an nichts anderes denken. Das war doch nicht mehr normal! Das würde jetzt aufhören.

Als es zur Pause klingelte warf ich schnell meine Sachen in meine Tasche und zog meine Freundin mit mir. Ich musste mich ablenken.

 

Tyler

 

 Ich fühlte mich krank. Okay, es war Montag. Ich saß im Büro und versuchte mich auf den Fall zu konzentrieren, den ich bearbeiten sollte. Das klappte allerdings nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu Freitagabend. Ich kam noch immer nicht damit klar, dass meine Schwester sich in den Freund ihrer inzwischen besten Freundin verliebt hatte. Jedenfalls versuchte ich mich davon zu überzeugen, dass es daran lag, dass meine Gedanken immer wieder bei Aubrey landeten. Außerdem war es nicht gerade hilfreich, dass ich in der Kanzlei ihrer Eltern arbeitete, die ihr auch noch verdammt ähnlich sahen. Ich sah auf die Uhr. Es war 12:00 Uhr. Zeit für die Mittagspause. Ich ging vor die Tür, da ich die Hoffnung hatte, dass die frische Luft meinen Kopf wieder frei machen könnte. Als ich allerdings draußen ankam stand vor dem Schulgebäude nebenan der Gegenstand meines Kopfzerbrechens. Jesse und Aubrey küssten sich und ich hatte das Gefühl, dass ein Monster in mir erwachte. Dieses Monster wollte Jesse von seiner Freundin wegziehen und ihm eine rein hauen. Es wollte Aubrey selbst küssen.

 

Bobbie

 

Dieser Tag hatte schon schlecht angefangen, und er schien auch nicht besser zu werden. Ich hatte mich in Englisch erneut nicht konzentrieren können, wegen der Person die neben mir saß und mich mit Blicken tötete. Ich wusste echt nicht was sein Problem war. Das konnte doch nicht wahr sein. Wenn er ein Problem hatte, sollte er es einfach sagen. Ich konnte auf jeden Fall darauf verzichten von ihm angestarrt zu werden. Okay, vielleicht genoss ich die Aufmerksamkeit von seiner Seite schon etwas, aber wenn dann wirklich nur ein bisschen, und auch nur, weil ich wirklich verzweifelt war. Ich wusste zwar nicht genau warum ich verzweifelt war und warum das besser sein sollte als seine Blicke einfach so zu genießen, aber meine Gedankengänge waren noch nie wirklich logisch gewesen.

Als es klingelte packte Jesse in Lichtgeschwindigkeit seine Tasche und zog Aubrey aus dem Raum, welche mir noch einen entschuldigenden Blick zuwarf. Ich warf frustriert meine Sachen in meine Tasche und verließ den Raum. Auf dem Weg zur Cafeteria dachte ich darüber nach, was zur Hölle ich eigentlich falsch gemacht hatte. Was war passiert nachdem wir am Freitag gegangen waren? Oder war es womöglich schon passiert als wir noch da waren und ich hatte es nur nicht bemerkt? Vollkommen in meine Gedanken vertieft achtete ich gar nicht auf den Weg und lief direkt in jemanden hinein. Das erste was mir auffiel war, dass diese Person sehr gut roch. Dann bemerkte ich, dass ich auf dem Boden lag und der Typ den ich umgerannt hatte war unter mir. Schnell stand ich auf und sah ihn peinlich berührt an. Er lächelte mich an.“T...t...tut mir leid“, nuschelte ich. Na super. Sprechen war also auch nicht mehr drin. „Hast du dir wehgetan?“, fragte er und sah mich etwas besorgt an. Vermutlich hatten ihn meine sprachlichen Fähigkeiten einfach überwältigt. Zeit für eine toughe Antwort: „Nein, bin ja weich gelandet“ Jetzt lachte er. „Dann ist ja gut. Ich bin übrigens Dan.“ Er streckte mir seine Hand entgegen. Ich ergriff sie und setzte zu einer Erwiderung an: “Ich bin...“ „Bobbie!“,wurde ich von Aubreys Stimme unterbrochen. Ich drehte mich in ihre Richtung. „Tut mir echt leid,dass wir so schnell weg waren.“, entschuldigte sie sich. „Wer ist denn das?“, fügte sie hinzu und sah zu Dan. In diesem Moment bemerkte ich, dass ich noch immer seine Hand hielt.

 

Aubrey

 

Als Jesse mich vor der Schule an eine Wand drückte und küsste war ich ziemlich überrascht. Ich erwiderte seinen Kuss bis ich keine Luft mehr bekam. Er löste sich von mir und atmete schwer. „Was zum Teufel war das den?“, fragte ich. Er sah mich mit glasigem Blick an und ich wusste nicht genau, ob er mich überhaupt gehört hatte. „Darf ich das Mädchen mit dem ich zusammen bin nicht küssen wann ich möchte?“, stellte er die Gegenfrage. Ich zuckte mit den Schultern. „Ja schon, es ist nur, dass du sowas schon lange nicht mehr gemacht hast.“ Er nickte etwas abwesend. „Ich gehe wieder rein und suche Bobbie.“, sagte ich nach einer Weile, als ich merkte, dass er nichts mehr sagen würde. Wieder nickte er und sah auf den Boden. Was war denn mit dem los? Hatte er was falsches geraucht? Im Grunde war es mir egal, so lange es keinen Streit gab. Ich drehte mich auf dem Absatz um und sah im gehen rüber zum Büro meiner Eltern. Dort vor der Tür stand Tyler und lächelte, als er meinen Blick bemerkte. Ich hob leicht die Hand und lächelte zurück.

Ich lief durch die Schule und suchte Bobbie. Ich fand sie schließlich in dem Korridor der zur Cafeteria führte. Sie stand gerade auf und sah auf den Jungen hinab, den sie offensichtlich gerade umgerannt hatte. Sie wechselten einige Worte und ich konnte von hier aus sehen wie sie rot wurde. Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass dieses Mädchen fast von einer Schule geflogen war weil sie jemanden ins Krankenhaus geprügelt hatte. Der Junge reichte Bobbie seine Hand und sie ergriff sie. Jetzt lief ich hinüber und rief Bobbies Namen. Sie drehte sich zu mir, ließ die Hand des Typen aber nicht los. Im Gegensatz zu Bobbie bekam ich den faszinierten Blick, den der Typ ihr zuwarf, mit. Er war wie geschaffen für sie. Das sprach ich allerdings nicht aus.

Stattdessen sagte ich: „Tut mir echt leid, dass wir so schnell weg waren.“ Nach wenigen Augenblicken tat ich so als würde ich den Typen der noch immer an ihr hing erst jetzt bemerken. „Wer ist denn das?“, fragte ich so freundlich wie möglich. „Das ist Dan“, antwortete Bobbie. Sie drehte sich in seine Richtung zurück und stellte sich vor: „Und ich bin Bobbie.“ Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Schön dich kennen zu lernen Bobbie.“, sagte er. Dann breitete sich ein unangenehmes Schweigen aus. Mir fiel auf, dass Dan noch immer Bobbies Hand gefangen hielt, genau so wie sie seinen Blick. Nach einigen Minuten löste Bobbie sanft ihre Hand aus seiner und stellte mich vor um etwas zu sagen zu haben. „Das ist Aubrey, meine beste Freundin.“ Ich lächelte und gab ihm kurz die Hand. Ich freute mich sehr über das was Bobbie gesagt hatte. Ich hatte noch nie wirklich eine beste Freundin gehabt. Klar, ich war immer beliebt gewesen, weil meine Eltern erfolgreich und vor allem reich waren, aber meinen Freunden hatte ich nie wirklich etwas anvertrauen können. Doch jetzt wo ich so darüber nachdachte, war Bobbie wirklich meine beste Freundin und ich vertraute ihr.

Kapitel 5

Bobbie

 

Ich lag auf meinem Bett, hörte Musik und dachte über den heutigen Tag nach. Nachdem Aubrey dazu gekommen war hatte ich mich schnell von Dan verabschieden wollen, da mir die Situation komischerweise peinlich gewesen war. Dieses Vorhaben war jedenfalls von Dan vereitelt worden, da er mich nach meiner Handynummer gefragt und uns zu einer Party in seinem Haus eingeladen hatte. Aubrey hatte sofort für mich zugesagt. Das bedeutete, dass wir Klamotten kaufen mussten. Ich war schon lange auf keiner Party mehr gewesen. Alkohol war auf meinem Internat streng verboten gewesen. Natürlich hatte sich niemand an die Regeln gehalten, doch da sich nur Mädchen dort befanden war es meist ziemlich langweilig gewesen.

Ein Klopfen an meiner Tür ließ mich aus meinen Erinnerungen auftauchen.

"Herein", rief ich. Tyler steckte den Kopf in mein Zimmer und sagte: "Aubrey hat angerufen." Irgendetwas war seltsam an der Art wie er ihren Namen aussprach. "Sie hat gesagt, dass sie morgen keine Zeit hat und hat gefragt ob du dich in einer Stunde mit ihr in der Stadt treffen möchtest.", fuhr er fort. Ich nickte. "Danke Tyler. Ich schreibe ihr gleich eine SMS." Er lächelte leicht und verließ mein Zimmer wieder. Ich stand auf und machte mich auf die Suche nach meinem Handy. Nach ungefähr zwei Minuten fiel mir auf, dass ich ja Musik damit hörte. Kopfschüttelnd nahm ich es aus meiner Hosentasche und schrieb Aubrey:

 

Mache mich direkt auf den Weg. Wo treffen wir uns?

 

Ihre Antwort kam keine zehn Sekunden später:

 

Wir treffen uns an der Einkaufsmeile. Bis gleich :*

 

Ich fragte mich, warum sie icht direkt auf meinem Handy angerufen hatte, doch es erschien mir nicht als sehr wichtig, also hörte ich auf darüber nachzudenken. Ich schlüpfte in meine Schuhe, griff mir meine Tasche und schrieb einen Zettel den ich auf dem Küchentisch platzierte. Ich sah auf die Uhr und rannte aus dem Haus, da in genau zwei Minuten ein Bus kommen würde.

 

Aubrey

 

Ich stand an der Bushaltestelle und begrüßte Bobbie, die gerade aus dem Bus stieg.

"Hey! Wollen wir erst Klamotten kaufen oder erst was Essen gehen?", fragte ich. Sie überlegte kurz und entschied sich dann für Klamotten.

"Brauchst du auch was für die Party?", fragte sie mich, als wir im Laden standen und uns umsahen. Ich schüttelte den Kopf. Wenn es mir an etwas nicht mangelte, dann waren es Klamotten. Ich liebte es trotzdem shoppen zu gehen, allerdings für meine Freundinnen. Da ich mich in diesen Läden gut auskannte zog ich Bobbie einfach mit mir und suchte ihr einige Teile aus. Ich drückte ihr drei vollständige Outfits in die Hand und schob sie mit dem Befehl "Anprobieren!" in eine Umkleidekabine.

Nach fünf Minuten des Wartens kam sie aus der Kabine. Ich hatte ihr ein dunkelgrünes Cocktailkleid ohne Träger, eine lange silberne Kette und silberne Ballerinas ausgesucht. Sie sah mich unsicher an. Ich strahlte sie an. "Du siehst toll aus!" Sie lächelte zurück, sagte dann aber: "Denkst du nicht, dass ich damit etwas overdressed bin?" Das war eine berechtigte Frage. "Du hast recht, aber du solltest es trotzdem nehmen." Nun trat etwas spitzbübisches in ihren Blick. "Das habe ich sowieso vorgehabt." Lachend schicke ich sie zurück in die Kabine. Nach einigen Minuten kam sie wieder heraus. Diesmal trug sie einen taillierten, kurzen Jeansrock, welcher kurz über dem Knie endete und nach unten weiter wurde. Dazu hatte sie ein bauchfreies weinrotes T-Shirt und einfache schwarze Hosenträger kombiniert. Ich konnte mich nicht erinnern das ausgesucht zu haben, aber es stand ihr wunderbar. Sie lächelte mich unsicher an. "Ich konnte einfach nicht daran vorbei gehen.", entschuldigte sie sich. Ich lachte. "Das wäre auch ein Fehler gewesen. Es passt zu dir wie die Faust aufs Auge." Ihr Lächeln wurde breiter. "Danke"

Sie verschwand erneut in der Kabine und kam dann in einer Leggins mit Galaxy-Print, einem einfachen schwarzen Top und schwarzen Pumps mit 5-Zentimeter-Absätzen wieder heraus. Wir sahen uns an und sagten gleichzeitig: "Das ist es!" Lachend zog Bobbie sich wieder um und wir begaben uns zur Kasse. Sie kaufte alle drei Outfits.

"Hast du Hunger?", fragte sie mich als wir draußen vor dem Laden standen. "Und wie!", sagte ich und wir machten uns auf den Weg in einen kleinen Imbiss. Als wir unser Essen hatten fragte Bobbie: "Was machst du eigentlich morgen?" Ich lächelte. "Jesses kleine Schwester hat morgen Geburtstag und wir gehen mit ihr in einen Kletterwald." Bobbie sah mich interessiert an. "Ich wusste gar nicht, dass Jesse eine Schwester hat. Wie alt wird sie denn?", fragte sie. "Er hat sogar zwei. Die kleine wird morgen neun und die andere ist nur seine Halbschwester und schon seit ungefähr fünf Jahren ausgezogen." Sie sah mich überrascht an. Ich lächelte. "Lass uns nach Hause fahren.", sagt ich nach einem Blick auf die Uhr. Auch Bobbie sah auf die Uhr und nickte.

 

Bobbie

 

Dan hatte mich nach einem Date gefragt. Ich hatte natürlich ja gesagt. Deshalb saß ich jetzt in einem sehr hübschen Restaurant an einem Zweimann-Tisch und wartete auf ihn. Ich hatte das grüne Kleid angezogen, welches ich am Montag mit Aubrey gekauft hatte und hatte meine kurzen, blonden Haare zu einer Art Wasserwelle gestylt. Ich fühlte mich ziemlich unwohl. Ich hoffte, dass sich das ändern würde sobald Dan da war.

Um mir die Zeit zu vertreiben las ich ein Buch. Es war ein Liebesroman. Ich sollte wirklich aufhören das Zeug zu lesen, denn danach fühlte ich mich immer tausend mal einsamer als ich tatsächlich war. Und alt, so als hätte ich keine Zeit mehr den Richtigen zu finden. Ich wusste genau, dass ich noch mehr als genug Zeit hatte. Ich war gerade mal süße 16. Gut, ich war nicht wirklich das, was man als süß bezeichnen würde, ich meine mit meinen 1,75m und der Vorstrafe. Ja, ich hatte eine Vorstrafe. Es war nichts worauf ich stolz gewesen wäre, aber das Arschloch, welches ich verprügelt hatte, hatte es verdient gehabt.

Dan riss mich aus meinen Gedanken, als er zu mir kam und mich begrüßte. Ich stand auf und umarmte ihn.

"Du siehst toll aus!", lächelte er. Ich fühlte mich von seinen Zähnen geblendet, da sie mehr als zahnpastawerbungsweiß waren. Ich fand im Laufe des Abends heraus, dass sein Vater einer der führenden Zahnärzte in Beverly Hills war, was die Strahle-Zähne und das viele Geld erklärte. Wir unterhielten uns sehr gut, lachten viel und genossen das Essen und den Blick aus dem Fenster, welches eher eine Glasfront war. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden zahlten wir (also er, ich konnte ihn nicht davon abhalten mich einzuladen) und machten uns auf den Weg zu seinem Auto. (Er war etwas älter als ich und hatte bereits einen Führerschein) Allerdings hatte er wegen des Parkplatzmangels, der überall zu herrschen schien, etwas weiter weg parken müssen. Wir liefen eine Weile schweigend nebeneinander her. Er bemerkte, wie ich fröstelte und legte mir kommentarlos seine Jacke um die Schultern. Ich lächelte dankbar zu ihm auf.

"Da wären wir.", sagte er und blieb neben einem roten Sportwagen stehen. "Wow.", sagte ich und ging um das Auto herum. Ich strich über die Motorhaube und sah Dans stolzes Lächeln. Er hielt mir die Beifahrertür auf und ich stieg ein.

Während der Fahrt hörten wir etwas Musik, oder das, was er als solche betrachtete. Es war irgendwelcher Rap, der in den Ohren weh tat. Normalerweise lebte ich nach dem Motto: 'Musikgeschmack ist ein Beziehungskriterium', doch da wir uns den Rest des Abends über sehr gut unterhalten hatten konnte ich da ausnahmsweise drüber hinweg sehen.

Wir fuhren vor meinem Haus vor. "So...", sagte Dan. "Ich geh dann mal.", sagte ich, da mir gerade nichts besseres einfiel. "Warte!", sagte er als ich gerade die Tür öffnen wollte, stieg aus und ging um das Auto herum um mir die Tür zu öffnen. Ich schmunzelte. Er hielt mir die Hand hin und ich ergriff sie.

"Da wären wir.", sagte ich in die etwas peinliche Stille hinein. Er hielt noch immer meine Hand. Es gefiel mir. Ich fühlte mich sicher, wenn er meine Hand hielt. Nach einer gefühlten Ewigkeit seufzte er und zog mich ohne Vorwarnung an sich. Ich spürte seine Lippen auf meinen, bevor ich wirklich realisierte was hier eigentlich passierte. Ich schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss. Ich wartete auf das Feuerwerk in meinem Inneren, das immer in Büchern beschrieben wurde, doch es kam nicht. Klar, ich hatte ein Kribbeln im Bauch, schließlich war das hier mein erster Kuss, doch ich hatte irgendwie mehr erwartet. Vielleicht übertrieben die Bücher ja einfach nur, schließlich würden die sich ja nicht verkaufen, wenn nichts wirklich passieren würde. Ich versuchte mich einfach in diesem Kuss zu verlieren und bemerkte erst jetzt, dass Dans Zunge Einlass in meinen Mund verlangte. Zögernd ließ ich ihn gewähren und entschied, dass es mir gefiel. Nach weiteren Minuten lösten wir uns voneinander und Dan lächelte mich an. "Gute Nacht"

Kapitel 6


Jesse

 

Es war schon wieder Sonntag. Aubrey und ich hatten uns entschlossen uns mit Freunden zu treffen. Allerdings wusste ich noch nicht welche Freunde das waren. Ich stellte mein Auto in der Einfahrt zu Aubreys Haus ab und ging zur Tür. Bevor ich klingeln konnte wurde die Tür schon aufgerissen und Aubrey strahlte mir entgegen. Ich nahm sie in die Arme und küsste sie. “Also”, sagte ich. “Wo gehen wir jetzt hin?” Sie lächelte. “In den Park. Wir treffen uns mit Bobbie und Tyler.” Im ersten Moment war ich ziemlich überrascht. Nach dem Desaster vom letzten Mal hatte ich nicht erwartet, dass wir uns noch einmal zu viert treffen würden. Aber es war eigentlich nicht verwunderlich, schließlich war Bobbie Aubreys erste richtige Freundin seit langem. Ich hatte nichts dagegen, solange es nicht wieder so endete wie bei unserem Filmabend.

Auf dem Parkplatz in der Nähe des Parks konnte ich bereits Tylers Wagen erkennen. Sie schienen auch gerade erst angekommen zu sein, denn Bobbie und Tyler stiegen gerade aus und liefen dann auf uns zu. “Hey, wie gehts euch?”, begrüßte uns Bobbie, während sie uns nacheinander umarmte. Ich bekam eine Gänaehaut als sie mich berührte.  “Uns geht es wunderbar Robina. Wie geht's dir?”, sagte ich, lächelte zu ihr hinab und betonte ihren vollen Namen extra, da ich es faszinierend fand, wie ihre Augen zu glitzern begannen und das taten sie entweder wenn sie wütend war oder wenn sie lachte. Diesmal überging sie meine Bemerkung aber geflissentlich und beantwortete nur meine Frage mit einem “Mir auch.” Vermutlich wollte sie, ebenso wie ich, dass es dieses mal klappte. Wir machten uns auf den Weg in den Park und begannen ein angeregtes Gespräch über Schule, Lehrer und Hausaufgaben. Hierbei konnte Tyler nicht viel beisteuern, da er ja keine Schule mehr besuchte. Er hielt sich etwas im Hintergrund und fragte nur gelegentlich etwas. Wir legten unsere Picknick-Decke unter einen Baum an einem Teich. Normalerweise war ich ja nicht so der Picknick-Typ, doch heute fand ich es echt schön mit den andern drein hier draußen zu sein und den strahlenden Sonnenschein zu genießen.

Als wir saßen nahm ich eine Zigarette aus meiner Tasche und wollte sie gerade anzünden als Bobbie sie mir langsam aber bestimmt abnahm. Völlig perplex sah ich sie an. “Was tust du da?”

“Ich bewahre dich vor einem qualvollen Tod durch Lungenkrebs.”, sagte sie, stand auf und warf die unbenutzte Zigarette in einen der Mülleimer, die sich am Wegesrand befanden. Als sie sich wieder setzte starrte ich sie noch immer empört an. “Was?”, fragte sie. “Die Zigarette war teuer.”, protestierte ich etwas verspätet. “Noch ein weiterer Grund mit dem Rauchen aufzuhören.”, sagte Bobbie,  legte sich flach auf den Rücken und schloss die Augen. Nun meldete sich Aubrey zu Wort, die das Geschehen bis eben noch mit einem entgeisterten Gesichtsausdruck beobachtet hatte. “Endlich ist mal jemand meiner Meinung”, sie wandte sich an Bobbie. “Ich sage ihm schon seit mehr als zwei Jahren, dass er damit aufhören soll, aber so radikal war ich noch nie.” Wenn ich mich nicht irrte, hörte ich da so etwas wie Bewunderung in ihrer Stimme. “Es gibt Dinge die man nur radikal stoppen kann. Rauchen gehört dazu.”, antwortete Bobbie, die noch immer neben mir lag und die Augen geschlossen hielt.  Ich musterte ihr sommersprossiges Gesicht und schmunzelte leicht. Ich hatte so das Gefühl, dass sie mein Leben wirklich verändern könnte.

“Mir hat sie das Rauchen auch ausgetrieben.”, meldete sich Tyler zu Wort. Ich sah ihn überrascht an. Ich hätte nicht gedacht das er rauchte, er wirkte viel zu korrekt auf mich. Ich wusste noch nicht wirklich ob ich ihn besonders leiden konnte.

Nachdem dieses Thema geklärt war saßen wir eine Weile nur stumm da, bis ich fragte: “Wer möchte was essen?” Daraufhin kam zustimmendes Gemurmel von allen Anwesenden. Während des Essens fragte Aubrey: “Sag mal Bobbie, wie war eigentlich dein Date gestern?” Ich sah überrascht von einem Mädchen zum anderen. Ich hatte da wohl etwas verpasst. Bobbie zuckte mit den Schultern. “Es war ganz schön”, sagte sie. “Werdet ihr euch nochmal treffen?”, wollte Aubrey weiter wissen. “Vielleicht”, erwiderte Bobbie. Ich wollte gerade wirklich wissen mit wem sie sich getroffen hatte, doch ich brauchte nicht zu fragen, denn das übernahm ihr Bruder gerade für mich. “Mit wem hast du dich eigentlich getroffen?”, fragte er. “Mit diesem Typen den ich umgerannt hab. Ich hab dir von ihm erzählt. Er heißt Dan. Er hat mich geküsst.” Den letzten Satz hatte sie wohl nicht sagen wollen, denn sie wurde ziemlich rot. Irgendwie gefiel mir das nicht. Ich musste herausfinden wer der Typ war. „Das war dein erster Kuss oder?“, fragte Tyler ziemlich unvermittelt. Aubrey, die ihm am nächsten saß, schlug ihm auf den Arm. „Hey! Was sollte das denn?“, beschwerte er sich und rieb sich den Arm. „Sowas fragt man nicht in der Öffentlichkeit. Außerdem geht dich das nichts an.“, wies sie ihn zurecht. Dann fragte sie allerdings: „Aber war es dein erster Kuss?“ Ich sah zu Bobbie hinüber, die nur nickte. Die Konversation schien ihr nicht zu behagen. „Warum darfst du sie das fragen und ich nicht?“, wandte sich Tyler erneut an Aubrey. Diese grinste ihn an. „Weil ich ihre Freundin bin.“ Aha, das war mal wieder Frauenlogik.

 

Tyler

 

Ich musste zugeben, dass ich dieses Picknick genoss. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sich hier so etwas wie Freundschaft entwickeln könnte. Ich kam sogar mit Jesse ziemlich gut klar, obwohl wir wirklich nichts gemeinsam zu haben schienen. Ich sah zu meiner Schwester hinüber, die auf dem Rücken lag und ihr Gesicht in die Sonne hielt. Mir fiel Jesses Blick auf, der sich kaum von Bobbie lösen zu können schien. Sie jedoch hatte ihn heute nicht öfter angesehen, als nötig gewesen wäre und benahm sich auch sonst vollkommen normal. Man hätte fast glauben können, dass es sich bei ihren Gefühlen für Jesse tatsächlich nur um eine vorübergehende Verliebtheit gehandelt hatte, doch ich kannte sie zu gut. So hatte sie schon immer gehandelt. Was immer ihr Probleme machen oder sie verletzen könnte, sperrte sie aus, auf die eine oder andere Weise. Meist versuchte sie einfach keinen Gedanken daran zu verschwenden. So schien sie es auch mit Jesse zu halten. Ich war ihr einen Schritt voraus, aber nur, weil ich mir bereits eingestanden hatte, dass ich in Aubrey verliebt war.

Was weder Aubrey noch Bobbie wussten war, dass ich Aubrey schon länger mochte. Seit ich bei ihren Eltern arbeitete war sie mindestens zweimal pro Woche in die Kanzlei gekommen und ich hatte mich im ersten Moment in sie verliebt. Ich hatte jede Gelegenheit genutzt um sie anzusehen, doch ich glaube nicht, dass sie mich auch nur ein mal registriert hat. Oh Mann, ich klang ja wie ein kleines, naives Kind. Was ich natürlich nicht war. Nein, ich war cool und schlau und gutaussehend und erwachsen. Ja. Nur fühlte ich mich wie ein kleines schüchternes Mädchen wenn Aubrey da war.

Kapitel 7

Aubrey

 

Ich hatte das gestrige Picknick wirklich genossen. Wir hatten uns alle wunderbar verstanden und ich hatte so viel gelacht wie schon lange nicht mehr. Doch heute war ich schlecht drauf. Ich versuchte es auf alles mögliche zu schieben, wenn mich jemand fragte. Zum Beispiel das Wetter oder den Umstand das Montag war. In Wahrheit hatte ich selbst keinen Schimmer, warum ich so miesepetrig war. Ich hatte schon den ganzen Tag schreckliche Bauchschmerzen und war kurz davor mich zu übergeben. Das musste man mir ansehen, denn Bobbie sah mich mitleidig an und wollte wissen: "Bist du sicher das es dir gut geht?" Ich nickte nur und ließ mich auf meinen Stuhl fallen. Sie nahm neben mir platz und ich spürte noch immer ihren besorgten Blick auf mir, doch ich sah einfach stur geradeaus. In dem Moment in dem es klingelte kam mein Freund durch die Tür und ließ sich auf den Stuhl zu meiner linken fallen. "Guten morgen, Schatz!", sagte er und gab mir einen Kuss. Ich sah aus dem Augenwinkel wie Bobbie kurz weg schaute. Ich war gerade allerdings nicht wirklich daran interessiert heraus zu finden warum.

Den Rest des Tages über versuchte ich einfach weder einzuschlafen noch mich mit irgendjemandem anzulegen. Normalerweise hatte ich nicht das Bedürfnis eines von beidem zu machen, doch in den letzten zwei Wochen fand ich mich viel öfter in Situationen wieder in denen ich kurz davor war irgendetwas unüberlegtes zu tun.

Ich wollte gerade das Schulgelände verlassen, als ich jemanden nach mir rufen hörte. Ich drehte mich um und sah Jesse auf mich zu kommen. "Geht es dir gut? Du warst den ganzen Tag so komisch drauf.", sagte er, als er mich eingeholt hatte. Ich war also komisch drauf ja?! Der sollte sich mal selber angucken. Er war schon seit drei Wochen komisch drauf. Manchmal war er besitzergreifend und dann ignorierte er mich vollkommen. Ich würde auch gern wissen was mit ihm los war. War er schwanger oder so? Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. Um mich von selbigem abzulenken warf ich Jesse die Dinge an den Kopf, die ich gerade gedacht hatte und lief dann schnellstmöglich davon. Ich brauchte jetzt Gewissheit.

 

Bobbie

 

Ich war gerade zuhause angekommen, als mich jemand auf meinem Handy anrief. "Hallo", fragte ich in den Hörer. "Hey, hier ist Jesse.", hörte ich eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Das hatte ich nicht erwartet. "Hey", sagte ich jedoch und wartete auf eine Erklärung dieses ungewöhnlichen Phänomens. "Ähm, ich bräuchte deine Hilfe. Könnten wir uns vielleicht treffen?", fragte er und ich konnte ihn mit seinem Hundeblick förmlich vor mir sehen. Seufzend gab ich nach und drehte mich im Rahmen der Haustür um.

Ich traf mich mit Jesse wieder im Park. Schon von weitem konnte ich ihn auf einer Bank sitzen sehen. Er hob den Kopf als ich neben ihm platz nahm. "Also, wo drückt denn der Schuh?", wollte ich wissen. "Es geht um Aubrey." Okay, auch damit hatte ich nicht gerechnet. Was die Frage aufwarf, womit ich eigentlich gerechnet hatte. Tja, darauf hatte ich auch keine Antwort. Ich sah zu Jesse hinüber und fragte ihn was überhaupt passiert war. Es klang harmlos. Ein einfacher kleiner Streit, doch so wie ich es bis jetzt verstanden hatte, hatte es vorher noch nie Streit zwischen den beiden gegeben. Das ließ sich einfach lösen, und dennoch brach mir diese Situation hier gerade das Herz. Da saß Jesse doch ernsthaft hier neben mir und heulte sich über seine Freundin aus. Bei mir! Ich hatte nicht gedacht, dass er so blind sein könnte. Auch wenn ich es mir nicht eingestand, wusste ich doch genau, das ich ihn mochte, und zwar viel zu sehr. Aber es konnte doch nicht wahr sein, dass ihm das nicht aufgefallen war. Das war echt nicht fair. Ich hatte jetzt die Wahl, ihm entweder zu erklären wie er das mit Aubrey wieder hinbiegen könnte, was mein Herz nicht gut überstehen würde, oder ich könnte ihm einen falschen Rat geben und ihn ins offene Messer laufen lassen. Doch wenn ich das tat wäre er unter Garantie wütend auf mich und er wäre unglücklich. Das wollte ich nicht. Ich wollte das wenigstens einer von uns beiden glücklich war. Auch wenn es sich hierbei um eine Lose-Lose-Situation für mich handelte entschied ich mich für das einzig Richtige und erklärte ihm was er tun musste um seine Beziehung wieder hinzubekommen.

Später an diesem Abend klingelte es an meiner Tür. Als ich öffnete sah ich Jesse vor mir und ich konnte auf den ersten Blick sehen, dass etwas nicht stimmte. "Was ist passiert?", fragte ich daher ohne Umschweife und sah in sein vollkommen ausdrucksloses Gesicht. "Darf ich reinkommen?", fragte er tonlos. Ich nickte nur. In diesem Moment fragte ich mich, woher er wusste wo ich wohnte, aber es war mir eigentlich auch egal. Außerdem fiel mir ein, dass er Aubrey schon mehrfach von hier abgeholt hatte. Ich folgte Jesse ins Wohnzimmer und deutete wortlos auf die Couch. Er verstand und setzte sich. Ich ließ mich auf dem Sessel ihm gegenüber nieder und zog die Beine an. Einige Minuten lang sahen wir uns nur an. Dann begann er zu erzählen: "Sie hat Schluss gemacht." Mein Mund klappte auf. "Sie hat nach zwei Jahren einfach Schluss gemacht. Sie meinte, wir hätten uns auseinander gelebt und das hätte alles keinen Sinn mehr. Und weißt du was das Schlimmste ist?" Ich schüttelte nur stumm den Kopf, ich war unfähig zu antworten, da in mir gerade ein erbitterter Kampf tobte. Eine Hälfte von mir wollte meine beiden besten Freunde glücklich vereint sehen oder sie wenigstens trösten, aber der andere feierte gerade eine wilde Party und tanzte auf den Scherben ihrer zerbrochenen Beziehung. Ich riss mich zusammen und fragte noch einmal nach: "Was ist das Schlimmste?" "Das ich absolut nichts gefühlt habe." Seine Worte explodierten in meinem Kopf. Nichts? Was hatte das zu bedeuten? Liebte er sie nicht? Hatten sie sich vielleicht wirklich auseinander gelebt? Hatte er sie überhaupt geliebt? Und ein winziger Teil von mir fragte sich: Bin ich der Grund dafür, dass es ihn nicht kümmert? Natürlich war das Schwachsinn und naiv und was-weiß-ich-nicht-alles, aber man durfte ja wohl träumen oder?! Ja, durfte man das, wenn es sich um den Freund - pardon, Ex-Freund - der eigenen besten Freundin handelte? Nein! Ich musste aufhören egoistisch zu sein! Jetzt!

In den nächsten Stunden versuchte ich meinen Vorsatz umzusetzen. Meine Eltern waren bis Übermorgen auf irgendeiner Veranstaltung und Tyler war auf einer Weiterbildung, weshalb ich Jesse meine Couch und mein offenes Ohr anbot. Er erzählte mir viele Geschichten, wie er und Aubrey sich kennengelernt hatten, wie er ihr erstes Date versaut hatte und  das sie eigentlich nur zusammen gekommen waren, weil ihre Eltern das für eine gute Sache gehalten hatten. Klar, sie hatten sich gemocht, sonst hätten sie das Ganze nicht mitgemacht, schließlich hatten beide einen starken Charakter, aber Schmetterlinge hatten sich nicht breitgemacht. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich auch, dass seine Eltern, genau wie Aubreys Rechtsanwälte waren, allerdings getrennt lebten. Ich hörte ihm zu, stellte fragen und wir unterhielten uns sehr lange. Irgendwann hatte ich mich zu ihm aufs Sofa gesetzt und eine Decke geholt.

Im Laufe unseres Gesprächs war ich sehr müde geworden und musste wohl eingeschlafen sein, denn nun fand ich mich neben einem schlafenden Jesse auf der Couch liegend vor. Ich sah mich nach dem Grund für mein Erwachen um. Mein Handywecker klingelte wie verrückt. Ich versucht das Handy von dem Tisch zu angeln, der ungefähr einen Meter von mir entfernt stand und bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass Jesse einen Arm um mich geschlungen hatte. Er roch wunderbar. Plötzlich keimte der Wunsch in mir auf einfach den ganzen Tag hier liegen zu bleiben und ihn anzusehen, wie er schlief, so entspannt und friedlich. Hallo, Egoismus, da bist du ja wieder. Ich dachte ich hätte dich in die Wüste geschickt. Naja, ich hätte mein Vorhaben sowieso nicht in die Tat umsetzen können, da Jesse in diesem Augenblick die Augen aufschlug und mich verschlafen anblinzelte. "Guten Morgen", flüsterte er und schien sich ein Lächeln nicht verkneifen zu können. Plötzlich wollte ich etwas mehr Raum zwischen uns bringen, da ich wohl sonst nicht mehr denken können würde. Ach, wem machte ich hier etwas vor? Ich konnte schon jetzt nicht mehr denken. "Morgen", murmelte ich zurück und versuchte mich gleichzeitig aus seinen Armen zu befreien und mich von seinen glänzenden, braunen Augen loszureißen. Ich schien allerdings beides nicht annährend vehement genug zu versuchen, denn weder das eine noch das andere gelang mir. "Was ist das für ein Lied?", fragte er, was meinen Blick von seinen Augen zu seinen Lippen schweifen ließ. Verdammt, das war jetzt auch nicht besser. Komm schon, beantworte seine Frage und hör auf wie hypnotisiert seine Lippen anzustarren. Das hast du nicht nötig, ermahnte ich mich selbst. Genau, seine Frage. Was war das noch gleich gewesen? Tja so viel zum Denken. "Mh?", machte ich wenig geistreich. Seine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln. "Das Lied, was dein Wecker jetzt schon zum etwa dritten Mal spielt. Wie heißt das?", half er mir auf die Sprünge. "Oh, das ist Paramore. Das Lied heißt 'Anklebiters'" "Gefällt mir", sagte er, machte jedoch noch immer keine Anstalten mich loszulassen. "Jesse", murmelte ich verträumt. "Ja", antwortete er. Verdammt. Ich hatte überhaupt nichts zu sagen, sondern hatte einfach nur seinen Namen aussprechen wollen. Mensch, warum machte ich denn sowas? Jetzt musste ich eine gute Ausrede finden. "Wir müssen in die Schule." Das war doch mal eine gute Ausrede. Dafür klopfte ich mir innerlich auf die Schulter. Doch im nächsten Moment blieb mir der Atem weg, denn Jesse kam immer näher. "Hier gefällt es mir aber besser", hauchte er mir zu. In meinem Inneren begann es zu kribbeln und ich schloss kurz die Augen. Als ich sie wieder öffnete sah ich direkt in die Tiefen seiner dunklen Augen. Ich spürte wie meine Wangen begannen vor Aufregung zu glühen. Er hob seine Hand um mir das Haar aus der Stirn zu streichen. "Wie kannst du nur so früh am morgen so schön sein?", fragte er. Okay, träumte ich gerade? Das konnte doch nicht wirklich passieren oder? Schließlich war mein Leben kein Kitschroman, und schon gar kein Disney-Film. Unauffällig zwickte ich mich und stellte fest, dass es höllisch weh tat. Ich träumte also nicht. "Keine Ahnung, vielleicht liegt das am guten Wetter hier", beantwortete ich seine Frage, obwohl ich mir durchaus bewusst war, dass sie rein rhetorischer Natur gewesen war. Und worüber redete ich? Das Wetter. Herzlichen Glückwunsch Bobbie, du hast dich mal wieder wunderbar zum Obst gemacht. Daran schien sich Jesse allerdings nicht zu stören, denn er lachte lediglich kurz und melodisch auf, bevor er ohne Vorwarnung seine Lippen auf meine legte. Und da war es. Das Feuerwerk.

Kapitel 8

Jesse

 

Ich konnte selbst nicht glauben was ich hier gerade tat, doch ich musste zugeben, dass es mir gefiel. Bobbie lag neben mir und sah mir tief in die Augen. Ich war ihr so nah, dass ich ihre Sommersprossen hätte zählen können, wenn mich ihre Nähe nicht so aus dem Konzept gebracht hätte. Ihre Wangen waren leicht gerötet und eine Strähne ihres kurzen, blonden Haares fiel ihr in die Stirn. Ich hob die Hand um sie zurückzustreichen. Bevor ich mich zurückhalten konnte fragte ich: "Wie kannst du nur so früh am morgen so schön sein?" Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich mich das jemals sagen hören würde. Auch sie schien überrascht und ich bemerkte, dass sie sich unauffällig in den Arm kniff und leicht das Gesicht verzog. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. So etwas konnte doch wirklich nur sie machen. Sie wirkte nervös und begann irgendwas von wegen Wetter zu reden. Nun konnte ich ein Lachen nicht mehr unterdrücken. Als ich wieder in ihre Augen sah holte ich tief Luft und küsste sie. Ich wusste nicht genau warum ich dies tat, doch nun, da mich dieses Gefühl überwältigte wusste ich, dass es richtig war. So etwas hatte ich bis jetzt noch nicht erlebt. Es war als würde etwas in meinem Inneren explodieren. Ich zog Bobbie näher zu mir heran und strich sanft mit meiner Zunge über ihre Oberlippe. Fast schon gierig öffnete sie den Mund und meine Zunge ging auf die suche nach ihrer. Als sie fündig wurde begannen unsere Zungen einen wilden Tanz. Ich spürte Bobbies schnellen Herzschlag und realisierte, dass mein Herz ebenfalls raste. In diesem Moment löste sie sich von mir um Luft zu holen. Auch ich musste erst einmal atmen. Ich sah auf sie hinab und begann zu lächeln. Bobbies sah mich mit ihren strahlenden, grünen Augen an und auch sie begann zu lächeln. Ich strich sanft über ihre glühende Wange. Wenn sie nur wüsste wie schön sie war. Wir lagen eine halbe Ewigkeit so da, bis mein Handy klingelte. "Ja", meldete ich mich etwas unwirsch. "Jesse, wo bist du?", hörte ich die hohe Stimme meiner kleinen Schwester. "Oh Franky, tut mir leid. Ich bin bei einer Freundin", erklärte ich ihr. "Hast du vergessen, dass du mich heute in die Schule bringen sollst?", fragte sie sachlich. Manchmal benahm sie sich so viel erwachsener als man es von einer Neunjährigen erwarten würde. "Nein, natürlich nicht", log ich. "Wirklich?", fragte sie und klang wenig überzeugt. "Nein, ich mache mich gleich auf den Weg." Nachdem sie mir versichert hatte, dass ich mich nicht zu beeilen brauchte, da sie später Unterricht hatte, legte ich auf. Ich sah zu Bobbie hinab. "Wer war das?", wollte sie interessiert wissen. "Meine kleine Schwester Franky", antwortete ich. Sie lächelte. "Dann müssen wir wohl aufstehen", stellte sie fest. Ich nickte lächelnd und stand auf. Bobbie zeigte mir das Gästebad und ich machte mich kurz frisch. Als ich in ihr Zimmer trat stand Bobbie gerade vor dem Spiegel und schminkte sich. Mir war überhaupt nicht aufgefallen, dass sie ungeschminkt gewesen war. Ich ließ mich auf ihr Bett fallen und sah ihr zu. Normalerweise hatte ich das Gefühl, dass Mädchen erst alles aus ihrem Gesicht heraus schminkten um sich dann ein vollkommen neues Gesicht aufzumalen, doch bei ihr war es anders. Bei Bobbie hatte ich den Eindruck, dass sie nur hervorhob, was sowieso schon da war. Zwei Minuten später war sie fertig und setzte ihre große schwarze Brille wieder auf. Selbst mit diesem riesigen Teil auf der Nase war sie noch das schönste Mädchen, das ich je gesehen hatte. Bobbie lächelte mich im Spiegel an. Ich stand auf und umarmte sie von hinten. Meinen Kopf legte ich seitlich in ihre Halsbeuge und sog ihren wunderbaren Duft nach Erdbeeren und Shampoo ein. Sie lehnte sich leicht an mich, bevor sie mich sanft aber bestimmt weg schob und sagte: "Los, deine Schwester wartet."

 

Keine zwanzig Minuten später standen wir vor meinem Haus und ich wollte gerade den Schlüssel heraus kramen, als die Tür von innen aufgerissen wurde. Franky sprang mir in die Arme und ich musste aufpassen, dass ich das Gleichgewicht nicht verlor. "Hey Kleine!", begrüßte ich sie und stellte sie wieder auf die Füße. "Du bist spät", sagte sie gespielt böse. Dann fiel ihr Blick auf Bobbie, die mit mir gekommen war. Die beiden musterten sich gegenseitig mit kaum verhohlenem Interesse. "Ähm, Franky, das ist..." "Bobbie", stellte sie sich selbst vor, weil sie wohl befürchtete, dass ich sie mit ihrem richtigen Namen vorstellen würde. Sie streckte meiner Schwester die Hand hin, doch Franky warf sich ihr einfach um den Hals. Überrascht versuchte Bobbie sie festzuhalten, doch sie verlor das Gleichgewicht und ich musste sie schnell auffangen, bevor sie Bekanntschaft mit dem Boden machte. "Tschuldigung", sagten beide Mädchen gleichzeitig und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich sah zu Franky hinab, die anscheinend schon jetzt einen Narren an Bobbie gefressen hatte. Ich war wirklich froh, dass sie sie mochte.

 

Tyler

 

Ich war gerade auf dem Weg zurück in mein Hotel. Ich hatte den ersten Teil der Weiterbildung erfolgreich überstanden, auch wenn der Mensch der versucht hatte uns sein Wissen zu übermitteln ungefähr so freundlich und interessantv war wie Toast. Ich war gerade noch mit meinem Chef, der diese Veranstaltung auch besuchen musste, und einigen seiner Kollegen essen gewesen und war nun hundemüde und wollte einfach nur noch schlafen. Das änderte sich allerdings blitzartig, als ich auf dem Flur zu meinem Zimmer einen vertrauten dunkelbraunen Haarschopf erkannte. "Aubrey?", fragte ich ungläubig. Sie drehte sich zügig zu mir um und sah mich verdattert an. "Was tust du denn hier?", fragten wir beide gleichzeitig. "Ich muss an dieser Weiterbildung teil nehmen", sagte ich und sie antwortete im selben Moment: "Ich musste einfach mal aus der Stadt raus." Ich sah sie an. "Willst du darüber reden?", fragte ich, und betete, dass meine Stimme nicht zu hoffnungsvoll klang. Sie zögerte, doch dann sah sie mir in die Augen und nickte. Ich ging zu ihr und zog sie sanft an der Hand zu meiner Zimmertür. Ich schloss auf und trat mit Aubrey an der Hand ein. Während ich die Tür schloss und meine Jacke und meine Schuhe auszog nahm sie bereits auf meinem Bett platz. "Also", sagte ich und sah sie an. "Was genau ist passiert?" Sie wich meinem Blick aus, doch sie begann zu erzählen: "Naja, ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass Jesse und ich uns auseinander gelebt haben. Deshalb hab ich" - an dieser Stelle hielt sie inne und seufzte - "mich gestern von ihm getrennt." Ich sah auf sie herab und zwang mein Gesicht zu einem mitfühlenden und bestürzten Ausdruck, während mein Herz zu tanzen begann. Sie hatten sich getrennt! Das bedeutete, sie waren nicht mehr zusammen! Ich setzte mich neben sie und sie ließ sich sofort an meine Brust sinken. Ich legte einen Arm um sie und fragte: "Und deine Eltern lassen dich einfach so während der Schulzeit mit hier her fahren?" Ich spürte, wie sie den Kopf schüttelte. "Ich hab meiner Mom erzählt, dass ich krank bin und sie meinte, es wäre besser, wenn ich nicht in die Schule gehe. Ich hab dann meinen Dad gefragt ob ich mit hier her kommen kann, damit ich nicht so allein bin." Sie sah zu mir hoch. In ihren braunen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht zu deuten vermochte. "Naja, du bist ja nicht mehr allein", sagte ich, noch immer in ihren Augen gefangen. "Nein", hauchte sie und kam meinem Gesicht immer näher. Ich senkte ihr meinen Kopf entgegen und sah weiterhin in ihre Augen, die inzwischen meine Lippen fixierten. Ich kam ihr immer näher und es baute sich eine Spannung zwischen uns auf, die sich erst löste, als ihre Lippen auf meinen landeten. Ich zog sie an mich und sie schlang ihre Arme um meinen Hals. Ich schob meine Hände in ihr Haar, das so wunderbar weich war, doch nichts im vergleich zu ihren Lippen. Sie schmeckten himmlisch, nach Zimt und Zucker und Aubrey. Ich vergaß alles um mich herum und nahm nur noch Aubrey wahr. Wie sie roch, wie sie schmeckte und wie es sich anfühlte sie in den Armen zu halten. Eines war mir klar. Ich wollte dieses Gefühl von nun an öfter haben. Ich fuhr langsam mit meiner Hand unter ihr Top und strich über ihren Bauch. In diesem Moment zuckte sie zusammen und löste sich ruckartig von mir. Ich blieb völlig perplex auf dem Bett sitzen und blinzelte einige Male um den Kopf frei zu bekommen. Das klappte natürlich nicht. "Was...", brachte ich einige Augenblicke später hervor. "Ich habe dir nicht alles erzählt", sagte Aubrey, und ihre Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Sie war so... ausdruckslos. "Dann tu es jetzt", forderte ich sie nach längerem Schweigen auf. Und sie begann zu erzählen. Als sie fertig war saß sie weinend auf dem Boden vor der Heizung und ich stand mitten im Raum und sah sie sprachlos an.

 

Bobbie

 

Ich schwebte auf Wolke sieben, doch ich versuchte es mir nicht so sehr anmerken zu lassen. Ich saß gerade in Jesses Auto und wartete darauf, dass er zurück kam. Er brachte gerade Franky ins Schulgebäude, da sie darauf beharrt hatte, dass sie nicht allein dort hinein gehen könne. Nach ewigen Diskussionen hatte er dann endlich nachgegeben und war mit ihr gegangen. Ich lächelte bei der Erinnerung an das Bild, das sie boten. Der große muskulöse Junge mit dem kleinen Mädchen, das sich fröhlich an seine Hand klammerte und neben ihm herhüpfte. Franky war wirklich ein Sonnenschein. Ich mochte sie auf Anhieb und sie schien mich auch ganz nett zu finden. Während ich noch weiter darüber nachdachte sah ich Jesse auf das Auto zukommen und sah seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck.

"Bobbie, ich glaube, wir müssen darüber reden", meinte er als er sich neben mich gesetzt hatte. Ich nickte. Er hatte recht. Wir konnten das nicht einfach dabei belassen. Wir mussten klären was wir nun waren und was nicht. Wir fuhren schweigend bis er in einen Feldweg einbog. "Was machst du?", fragte ich überrascht. "Ich suche die richtige Location", sagte er und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Fünf Minuten später stoppte er das Auto und wir stiegen aus. Er setzte sich auf die Motorhaube und deutete auf den Platz neben sich. Ich nahm Platz und sah ihn an. "Also..", kam es von ihm. "Was machen wir jetzt?" Das war eine gute Frage. Ich zuckte mit den Schultern. "Uns besser kennenlernen", schlug ich vor. "Was meinst du?", wollte er wissen. "Ich meine, dass wir uns so gut wie nie allein getroffen haben und wir wissen kaum etwas über einander", antwortete ich und sah zu ihm hoch. Er nickte geistesabwesend und sah in die Ferne. "Das klingt nach einem guten Plan." Ja, kam ja auch von mir. Wir saßen noch einige Zeit so da und sahen uns an, bis ich auf meine Uhr sah und Jesse anstupste. "Was?", fragte er verwirrt. "Wir müssten eigentlich schon seit zehn Minuten in der Schule sein", erklärte ich. Er nahm meine Hand und zog mich von der Motorhaube. "Dann fahren wir wohl besser mal los", sagte er und öffnete mir die Autotür. Ich grinste und stieg ein.

 

Aubrey war schon seit einer Woche nicht mehr in der Schule gewesen. Langsam machte ich mir echt Sorgen. Ich versuchte mit Tyler darüber zu reden, doch er war schon extrem schlecht gelaunt von seiner Weiterbildung wieder gekommen und hatte zu mir nur gesagt "Was interessiert sie mich?" und als ich ihm von mir und Jesse erzählt hatte, hatte er nur "Schlag ihn dir aus dem Kopf" geantwortet. Auf die Frage warum, hatte ich statt einer Antwort nur das Knallen seiner Tür gehört.

Am Freitag Nachmittag entschied ich mich, zu Aubrey nach Hause zu fahren, da sie weder meine Anrufe annahm, noch auf meine SMS antwortete. Ich nahm den Bus zu ihr und klingelte gegen vier Uhr an ihrer Haustür. Nach dem vierten Klingeln schien sich endlich etwas im Haus zu regen und nach dem fünften Klingeln schien, wer auch immer da drin war, entschieden zu haben, dass ich wohl nicht von allein wieder gehen würde. Als ich also zum sechsten Mal auf die Klingel drücken wollte wurde die Tür aufgerissen und Aubrey stand vor mir. Sie sah ziemlich schrecklich aus. Sie hatte dunkle Augenringe und ihre Augen selbst waren rot und sahen aus als hätte sie geweint. Außerdem waren ihre Haare ein einziges Knäuel und ihre Lippen waren trocken und aufgesprungen. Als sie mich sah schien das Leben wieder in sie zurück zu kehren, denn sie rief "Bobbie!" und riss mich in ihre Arme. Ich hatte ja mit einigem gerechnet, aber nicht damit. "Möchtest du reinkommen? Ich war gerade dabei mir was zu essen zu machen. Möchtest du auch was?", sprudelte sie nur so drauf los. Ihre Laune war so ein krasser Gegensatz zu ihrer Erscheinung, dass ich mir kurz die Augen reiben musste um zu realisieren, was hier gerade passierte. Ich folgte Aubrey in die Küche und sah zu wie sie ein Glas saure Gurken und eine Packung Schokoküsse aus dem Kühlschrank holte und sich damit an den Tisch setzte. "Ähm, Aubrey? Geht's dir gut?", konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen. "Ja, warum auch nicht? Was denkst du denn?", schoss sie auf einmal aufgebracht zurück. "Mann, warum hast du denn solche Stimmungsschwankungen? Bist du schwanger?" Es war als Scherz gemeint, doch die Stille, die sich zwischen uns ausbreitete zeigte mir, dass ich unabsichtlich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Ich sah sie an. Ihre Miene war unglücklich. "Aubrey, sieh mich an! Bist du schwanger?" Auch wenn ich keine Zweifel hatte, musste ich es aus ihrem Mund hören. Sie hob den Kopf und ich sah in ihren Augen, dass sie sich schämte und ich sah Angst und Unsicherheit. "Ja", hauchte sie. Und plötzlich ergab alles einen Sinn. Ihre Stimmungsschwankungen, ihre extremen Reaktionen und ihr Essenswahn. Und Tylers Worte. Er musste es gewusst haben, deshalb war er so verletzt. Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen. Das musste ich erst einmal verdauen.  Meine beste Freundin war schwanger.

Kapitel 9

Aubrey

 

Nun wusste Bobbie also Bescheid. Ich wusste nicht, wie ich mich fühlen sollte, und weil ich mich nicht entscheiden konnte fühlte ich einfach alles auf einmal. Ich war froh, dass ich nun jemanden hatte mit dem ich darüber reden konnte, doch ich war zur gleichen Zeit unglaublich traurig darüber, dass sie wohl die einzige bleiben würde. Auch schämte ich mich und war doch so glücklich, diesem Kind das Leben schenken zu dürfen. Doch das Gefühl, welches mich im Moment zu übermannen drohte war die allgegenwärtige Verzweiflung. Ich spürte die Tränen die sich nicht mehr zurückdrängen ließen. Ich sprang auf und lief ins Bad. Ich ließ mich auf die Fliesen der Dusche fallen und drehte das Wasser auf um mir einreden zu können, dass ich nicht weinte, sondern die Nässe auf meinem Gesicht von der Dusche kam. Keine zwei Sekunden später hörte ich Bobbies Schritte, die das Bad betraten. Als sie mich, wie ein kleines Häufchen Elend mit schwarzen Ringen unter den Augen, dasitzen sah ließ sie sich neben mich fallen. Sie nahm mich, ohne das Wasser auszudrehen, in den Arm. Ich ließ mich fallen und so saßen wir da. Ich in Bobbies Armen heulend wie ein Baby und sie strich mir immer wieder über den Kopf und flüsterte "Sht, sht, alles wird gut". Ich hatte mein Zeitgefühl verloren, doch ich wusste, dass Bobbie irgendwann die Dusche ausstellte und mich halb führte und halb trug, bis ich auf meinem Bett saß. Sie half mir trockene Sachen anzuziehen und mich ins Bett zu legen. Als sie den Raum verlassen wollte rief ich ihr wie ein kleines Kind hinterher: "Geh nicht! Ich..." Ich war nicht fähig meinen Satz zu beenden, doch sie verstand und sagte: "Ich werde nicht gehen" Ich lächelte und war nur noch fähig "Danke" zu murmeln bevor ich einschlief. Auch dieses "Danke" verstand Bobbie. Sie hörte die tausend Worte, die ich damit ausdrücken wollte.

 

Bobbie

 

Ich blieb im Raum, bis ich mir sicher war, dass Aubrey schlief, dann nahm ich ihre nassen Klamotten und begab mich auf die Suche nach dem Trockner. Als ich ihn gefunden hatte füllte ich ihn mit Aubreys Sachen. Ich setzte mich davor und beobachtete, wie die Wäsche sich immer wieder im Kreis drehte. Ich versuchte nicht zu denken, den Denken hatte Fühlen zur Folge und wenn ich fühlte, fühlte ich das Falsche. Ich wusste, dass ich egoistische Gefühle haben würde. Zum Beispiel würde ich Aubreys Schwangerschaft verfluchen, weil sie meine Chancen bei Jesse auf einen Schlag zerstörte. Ich durfte das nicht fühlen und ich wollte auch nicht. Natürlich lief es so, wie es immer lief, wenn man krampfhaft versuchte nicht an etwas zu denken: Man dachte besonders intensiv darüber nach. Wo ich schon darüber nachdachte, konnte ich ja wenigstens versuchen eine Lösung zu finden. Ich suchte nach verschiedenen Wegen, doch es gab etwas, das Aubrey unbedingt tun musste. Sie musste den Vater des Kindes einweihen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Jesse war, was viel mehr wehtat, als es durfte. Der Trockner verkündete piepend, dass er nun fertig war. Ich begann ihn auszuräumen. Just in dem Moment in dem ich mich zurück in Aubreys Zimmer begeben wollte klingelte es an der Tür. Ich stellte den Wäschekorb ab und dachte kurz darüber nach, ob ich aufmachen sollte. Letztendlich entschied ich mich erst einmal heraus zu finden, wer es war und was er wollte, bevor ich ihm die Tür vor der Nase zuschlagen würde. Ging die Treppe herunter und öffnete. Das hätte ich wohl besser nicht getan, denn davor stand Jesse. Er sah an mir herab. Ich tat es ihm nach und bemerkte, dass ich noch immer die klatschnassen Klamotten trug. Er zog eine Augenbraue hoch. „Du würdest mir nicht glauben wenn ich dir sagen würde, dass ich in einen Regenschauer geraten bin, oder?“ Er schüttelte den Kopf. Ich hatte angesichts der äußerst sonnigen Wetterlage auch nichts anderes erwartet. „Was ist passiert?“, stellte er die Frage, die ich ihm in letzter Zeit immer öfter gestellt hatte.

Ich ließ mich auf den Teppich in Aubreys Wohnzimmer fallen und beobachte Jesse, der mir gegenüber auf dem Sofa Platz nahm. "Also?", versuchte er mich zum Reden zu bringen. Ich seufzte. "Ich kann es dir nicht sagen", erwiderte ich schlicht. Er zog eine Augenbraue hoch, was ich ziemlich beeindruckend fand, und schnaubte. "Ist das dein Ernst?", wollte er wissen. Ich nickte. "Warum?" Mann, das war echt nicht fair. Warum war ich jetzt diejenige, die entscheiden musste, ob sie ihm erzählte, dass er Vater wurde? Ich sah direkt in seine dunklen Augen und drohte zu versinken. Ich riss mich mit aller Kraft los und stellte eine Frage um die Stille zu durchbrechen. "Was machst du eigentlich hier?" Er zuckte mit den Schultern. "Meine Eltern haben mich geschickt." Ich sah ihn ungläubig an. "Ja, meine Mutter hat die ganze Zeit rumgeheult, so von wegen: "Sie ist doch deine Freundin. Du liebst sie doch. Ihr passt doch so toll zusammen." Sowas eben. Sie wollte nicht hören, dass nichts davon wahr ist." Er ließ den Kopf hängen. Ich seufzte. Wenn er wüsste... Ja, was wäre dann? Wie würde er reagieren? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er Aubrey mit dem Kind allein lassen würde. Aber würde er von ihr verlangen, dass sie das Baby abtrieb? Was würde Aubrey tun? Was, wenn die beiden das Kind gemeinsam aufzogen, heirateten und bis ans Ende ihrer Tage glücklich waren? Das würde mein Herz wohl nicht gut überstehen. Doch es ging hier verdammt noch mal nicht um mich! Das musste ich jetzt in meine Birne bekommen. Reiß dich zusammen, Robina Bate!, rief ich mich stumm zur Ordnung. Ich stand auf und warf Jesse einen Seitenblick zu. "Ich gehe Aubrey wecken. Ihr beiden müsst reden.", teilte ich ihm mit und ging die Treppe hinauf.

 

Jesse

 

Ich fühlte mich unbehaglich seit ich das Haus betreten hatte. Bobbie war so anders, so distanziert gewesen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht und ich wollte unbedingt wissen, was es war. Die Tatsache, dass sie es mir nicht hatte verraten wollen machte mich nur noch neugieriger. Ich saß nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit hier unten und wurde langsam ungeduldig. Also beschloss ich Bobbie zu folgen und heraus zu finden, was da so lange dauerte. Als ich am oberen Treppenabsatz angelangt war, vernahm ich bereits streitende Stimmen. Ich schlich bis zur Tür von Aubreys Zimmer und begann zu lauschen. "Du musst es ihm sagen!", hörte ich Bobbie schimpfen. "Warum?", jammerte Aubrey. "Weil er das Recht hat es zu erfahren!", erklärte Bobbie und an ihrer genervten Stimme erkannte ich, dass es wohl nicht das erste Mal an diesem Tag war. Aubrey schnaubte. "Als würde es ihn interessieren?" In ihrer Stimme klang eine Bitterkeit mit, die ich von ihr nie erwartet hätte. "Aubrey!", Bobbie klang ungläubig und sauer gleichzeitig. "Natürlich interessiert es ihn. Diese Situation geht Jesse genauso etwas an wie dich. Und er ist genauso daran schuld, dass die Situation ist wie sie ist." Nun klang auch ihre Stimme etwas bitter. "Diese Situation, wie du es nennst, ist ein absolutes Debakel!", brauste Aubrey nun auf. "Es wird alles nur noch schlimmer machen, wenn er davon erfährt!" Ich hörte wie jemand auf etwas einschlug. "Verdammt Bobbie!", kreischte Aubrey. "Tut mir leid", murmelte diese. "Aber, es ist einfach so, dass das Ganze zu wichtig ist um es ihm vorenthalten zu können", fuhr sie mit klarer, aber mitfühlender Stimme fort. "Ich will es ihm aber nicht sagen. Ich habe Angst", flüsterte Aubrey. Beide Mädchen seufzten. "Du willst Jesse also wirklich nicht sagen, dass er Vater wird?"

Kapitel 10

 

Jesse

 

Du willst Jesse also wirklich nicht sagen, dass er Vater wird? Diese Worte klangen in meinem Kopf nach. Ich musste mich verhört haben. Etwas anderes war schlicht nicht möglich! Oder etwa doch? Ich musste mich wirklich zusammen reißen um nicht in den Raum zu stürmen und eine Erklärung zu verlangen. Das wäre zwar angebracht, aber nicht mein Stil. Ich blieb also weiterhin den Mund und lauschte angespannt weiter. Ich hörte Aubrey erneut aufseufzen. "Ich weiß es doch auch nicht", lenkte sie ein. "Ich meine, was glaubst du wie er reagiert? ich habe einfach Angst Bobbie." Seltsamerweise verstand ich das sogar. Ich wusste selbst nicht, wie ich reagieren sollte. Im Moment reagierte ich jedenfalls überhaupt nicht. Ich ertappte mich dabei wie ich Fluchtpläne schmiedete, doch ich sah gleichzeitig ein, dass ich sie niemals mit diesem, meinem, Kind allein lassen würde. das würde ich nicht übers Herz bringen. Ich wappnete mich innerlich, bevor ich der Tür einen leichten Schubs gab und eintrat. Die Stille, welche sich im Raum ausbreitete hätte man mit einem Brotmesser schneiden können, nur, das ich gerade weder eines zur Hand hatte, noch es in meinem Interesse lag geschnittene Stille zu haben. Meine Güte. Ich begann schon wieder wirres Zeug zu denken. Das geschah immer, wenn ich nervös war und nicht wusste, was ich tun sollte. Nach einer gefühlten Ewigkeit hauchte Aubrey: "Jesse" und ich sah wie eine Träne ihre Wange hinab rollte. Ich schritt langsam auf sie zu, setzte mich neben sie und nahm sie in den Arm. Sie klammerte sich an mir fest und begann zu schluchzen. Ich strich ihr sanft über den Rücken und begann eindringlich zu flüstern: "Wir schaffen das. Alle wird wieder gut. Wir schaffen das schon." Sie schluchzte und zitterte weiterhin. "Ich liebe dich, Jesse", flüsterte sie zwischen den leiser werdenden Schluchzern. Wie gern ich diese Worte zurück geben würde, doch ich konnte es nicht. Der Grund dafür war das blonde Mädchen, das am Fenster stand und bis eben aus selbigem gestarrt hatte. Nun hob Bobbie den Kopf und sah mir direkt in die Augen. ich sah den Schmerz in ihrem Blick. Ich saß in einer Zwickmühle fest. Wenn ich Aubrey jetzt sagte, dass ich sie auch liebte, würde ich sie nicht nur anlügen, sondern ich würde Bobbie verlieren, obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob sie mir denn gehörte. Auf der anderen Seite würde Aubrey vermutlich das Vertrauen zu mir verlieren und mich fort schicken, falls ich es nicht tat. Diese Möglichkeit würde wohl Kind und Mutter nicht unbedingt gut bekommen. Also nahm ich all mein Schauspielerisches Talent zusammen und sagte: "Ich dich auch." Ich sah Bobbie intensiv und entschuldigen an. Das fühlte sich so falsch an, doch sie nickte nur leicht und lächelte traurig. "Ich gehe dann mal", sagte sie mit fester Stimme. Aubreys Kopf schoss hoch. "Bobbie, danke für... einfach dafür, dass du für mich da bist." Bobbie kam zu uns herüber und nahm Aubrey, die sich von mir löste kurz in dem Arm. "Ich werde immer für dich da sein, egal was passiert." Ihre Worte klangen so ehrlich und so sanft, das Aubrey erneut den Tränen nahe war. Die beiden Mädchen lösten sich voneinander und Bobbie wandte sich erneut zum Gehen. Diesmal war ich es, der ihr nachrief. "Können wir kurz reden?", fragte ich, fast schon zaghaft. Sie nickte. Ich sah Aubrey an. "ich komme gleich wieder, ja?" Auch sie nickte und legte sich in ihr Bett zurück. ich drückte ihr einen Kuss auf den Kopf und folgte Bobbie, die sich auf den Weg nach draußen machte. Vor der Haustür blieb sie stehen sah mich abwartend an. In ihrem Blick war keinerlei Wut oder ähnliches zu erkennen. "Es tut mir leid", sagte ich und wusste nicht einmal genau was ich meinte. Meinte ich, dass ich sie geküsst hatte oder, dass ich meiner schwangeren Ex-Freundin gerade gesagt hatte, dass ich sie liebte obwohl ich das gar nicht tat? Vielleicht, tat es mir auch leid, dass ich sie überhaupt erst geschwängert hatte. Bobbie sah auf und runzelte die Stirn. "Was meinst du?" Ich zuckte die Schultern. "Ich weiß es nicht", gab ich zu. "Ich... Es tut mir leid, dass ich dich geküsst habe", sagte ich schließlich. "Warum", wollte sie mit neutraler Stimme wissen. Ich sah in ihre Augen. Ich konnte den Ausdruck darin nicht deuten, doch er machte mich beklommen. "Ich vermute, weil es falsch war. Ich meine, ich war verzweifelt und verletzt und wusste nicht, was ich tat." Ich hatte wohl das Falsche gesagt, denn ich sah den Schmerz und die aufflackernde Wut in ihren Augen. "Du hättest mich also nicht geküsst, wenn du nicht verzweifelt gewesen wärst?", fragte sie und ihre Stimme war wie ein Peitschenschlag, der mich ins Herz traf. Ich wusste, dass ich es nicht getan hätte, aber nicht aus dem Grund, von dem sie dachte, dass er mich dazu bewegt hätte. "Nein", antwortete ich also wahrheitsgemäß. Sie wandte sich zum Gehen, doch ich hielt sie am Arm fest. "Ich hätte es nicht getan, aus Angst du würdest mich zurück weisen." Ich hielt den Atem an und wartete auf ihre Reaktion auf mein Geständnis. Sie kam einen Schritt auf mich zu und nahm mein Hand in ihre. "Ich habe dich aber nicht zurück gewiesen", erwiderte sie leise. Ich glaubte Bitterkeit in ihrer Stimme zu hören, hoffte jedoch mich zu irren. "Und was machen wir jetzt?", fragte sie nach einer Weile. Das war eine gute Frage. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich schlage vor, wir erzählen Aubrey nichts davon und du kümmerst dich um sie und dein ungeborenes Baby", schlug sie mit neutraler, fast schon monotoner Stimme vor. Ich schluckte. "Du meinst, ich soll sie anlügen?" Sie nickte leicht. "Es ist besser für alle. Ihr liebt euch und Aubrey braucht dich jetzt." Ihr liebt euch. Wenn das doch stimmen würde. Es würde alles einfacher machen. Außerdem schmerzte mein Herz bei Bobbies Worten. Sie schien den Kuss zu bereuen, wenn ich ihren Ton richtig gedeutet hatte. Trotz des starken Stiches, der dadurch in meinem Herzen ausgelöst wurde, nickte ich. Bobbie umarmte mich zum Abschied und ich wollte sie am liebsten nicht wieder loslassen, doch sie löste sich von mir und machte sich auf den Weg zur Bushaltestelle. ich sah ihr kurz hinterher und trat dann den Rückweg zu meiner schwangeren Freundin an.

 

Aubrey

 

Nachdem Bobbie und Jesse das Zimmer verlassen hatte, ließ ich meinen Tränen erneut freien Lauf. Diesmal waren es allerdings Tränen der Erleichterung, nicht der Verzweiflung. Auch wenn das eigentliche Gespräch ja noch anstand, wusste ich, dass ich Jesse an meiner Seite hatte. Ich wusste auch, dass Bobbie immer für mich da sein würde. Sie war eine echte Freundin und ich war ihr so unendlich dankbar. Nun wussten also drei Menschen von meinem Geheimnis. Es fiel mir schwer an die dritte Person zu denken, die Bescheid wusste. Tyler. Ich wusste einfach nicht, was ich von seiner Reaktion halten sollte. Er hatte einfach da gestanden und mich angestarrt. Dann war er aus dem Zimmer verschwunden und erst am Morgen wieder gekommen. Ich hatte mich auf seinem Bett zusammengerollt und seinen Pullover, der auf dem Bett lag, angezogen. Er hatte mich nicht angesehen, sondern nur seine Sachen gepackt und war gegangen. Er hatte so ausdruckslos und stumpf geguckt. Wie ein Zombie. Seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Ich hatte den Pullover die ganze Woche angehabt, weil er nach ihm roch und mich das beruhigte. Doch nun war er in der Wäsche, weil ich mich ja unbedingt mit Klamotten in die Dusche setzten musste. Warum hatte ich das noch mal getan? ich wusste es nicht. Ich wusste in letzter Zeit so einiges nicht. Zum Beispiel wusste ich nicht, ob ich es vorhin ernst gemeint hatte, als ich Jesse gesagt hatte, dass ich ihn liebte. Eine garstige Stimme in meinem Hinterkopf zischte beharrlich "Nein, du liebst ihn nicht und das weißt du auch." Ich beschloss diese Stimme zu ignorieren. Was wusste die schon und wie kam sie überhaupt in meinen Kopf? Hatte die eine Aufenthaltserlaubnis?

Jesse betrat den Raum und setzte sich an mein Bett. Wir sahen uns minutenlang einfach an, bis er fragte: "Willst du das Kind behalten?" Darüber hatte ich mir eigentlich noch gar keine Gedanken gemacht. Es gäbe die Möglichkeit das Kind abzutreiben, doch das kam für mich nicht in Frage. Ich nickte entschlossen und sagte mit fester Stimme: "Ja, ich werde es behalten. Ich werde kein unschuldiges Kind für meine Fehler bezahlen lassen." Jesse nickte und lächelte. Dann legte er sich neben mich und nahm mich in den Arm. "Hast du es deinen Eltern schon gesagt?", wollte er nun wissen. "Nein", sagte ich etwas lahm. Es graute mir davor mit meinen Eltern darüber zu sprechen. Sie würden mich garantiert köpfen und Jesse auch. Das wäre höchst unerfreulich. Er sagte nichts dazu, sondern zog mich nur dichter an sich. Ich schloss erschöpft die Augen und schlief nach kurzer Zeit ein.

 

Bobbie

 

Ich stieg in den Bus und machte, sobald ich saß, meine Musik an. Ich versucht mich so gut wie möglich abzulenken. Es war mir schwer gefallen, doch ich hatte Jesse zurück in Aubreys Arme getrieben. Sie brauchte ihn jetzt. Auch hatte ich mich dazu gebracht ihm vorzuspielen, dass ich den Kuss bereute. Was ich natürlich nicht tat, oder doch? Meine Fresse, warum war das Leben denn so kompliziert? Ich würde mich jedoch hüten irgendetwas zu tun, das Aubrey schaden könnte. Sie war meine beste Freundin, sie war schwanger und sie liebte Jesse, den Vater ihres ungeborenen Kindes. War doch perfekt oder? Ja, eigentlich schon. Der einzige Haken war, dass ich mein Herz ebenso an Jesse verloren hatte. Tja, ich konnte es ja nicht ändern. Leider. Ich seufzte unwillkürlich auf. Ein kleines Mädchen drehte sich zu mir um und sah mich skeptisch an. Ich sah skeptisch zurück. Wir starrten uns eine Weile lang nur an, bis es fragte: "Warum seufzt du?" Sie klang wie etwa neun und sah auch so aus. Ich seufzte erneut und antwortete: "Meine beste Freundin ist von dem Jungen schwanger in den ich verliebt bin." Ich wusste nicht, warum ich ihr das sagte, doch es fühlte sich irgendwie gut an es loszuwerden. Sie sah mich mitleidig an. "Weiß sie denn, dass du ihn magst?", wollte die Kleine wissen. Ich schüttelte den Kopf. "Warum sagst du es ihr nicht?", bohrte sie weiter. "Ich will unsere Freundschaft nicht zerstören", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Glaubst du sie wäre böse, wenn du es ihr sagst?" Die stellte Fragen. Woher sollte ich denn wissen, ob Aubrey sauer sein würde? Ich zuckte mit den Schultern. "Weiß er, dass du ihn magst?", wollte sie nun wissen. "Ja", seufzte ich. "Und mag er dich auch?" Ich nickte, doch dann hielt ich inne. Mochte er mich? Er hatte ja zugegeben, dass er Angst gehabt hatte, ich würde ihn zurückweisen. Und doch, hatte er nicht bestritten, dass er Aubrey liebte, mehr noch, er hatte es selbst gesagt. Andererseits hatte er mir auch gestanden, dass er nichts gefühlt hatte, als sie sich getrennt hatten. Meine Güte, wer sollte denn aus diesem Typen schlau werden? Es war doch zum Mäusemelken! "Du musst dringend mit ihm reden", riet mir das kleine Mädchen, welches auf einmal ziemlich erwachsen und vernünftig klang. "Werde ich machen. Danke", sagte ich und schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln. Das Mädchen erwiderte das Lächeln und drehte sich auf ihrem Sitz wieder nach vorn.

Als ich zuhause ankam regnete es Bindfäden. Ich rannte die Treppen zur Haustür hinauf und stieß dort auf Tyler. Er saß auf der obersten Stufe unter dem Vordach und sah elend aus. Fast so elend wie Aubrey. Da hatte ich allerdings die Antwort auf die Frage, warum er so elend aussah. Aubrey. ich ließ mich neben meinem Bruder auf die Treppe sinken und sah ihn forschend an. "Du weißt es?", fragte ich sanft. Er nickte nur. Er wandte mir seinen Kopf zu. "Wie geht es ihr?", wollte er wissen. "Recht gut, denke ich. Sie hat starke Stimmungsschwankungen und ist mit Klamotten unter die Dusche gegangen, aber ich denke, sie hat sich so weit unter Kontrolle." Ich wusste nicht, ob ich ihm sagen sollte, dass Aubrey und Jesse wieder zusammen waren. Sein Blick war ziemlich glasig. Ich wusste nicht, wie das hatte passieren können. Wie hatten wir uns in derart kurzer Zeit so sehr in zwei Personen verlieben können, die wir nicht haben konnten? Es war frustrierend. Es tat weh Tyler in dieser Verfassung zu sehen, auch wenn ich wusste, dass es in mir selbst nicht viel anders aussah. Ich konnte es einfach besser verbergen.

Ich hatte gerade beschlossen, meinen Bruder nicht noch mehr in seine Betrübnis zu stürzen und die jüngsten Ereignisse für mich zu behalten, als er von sich aus fragte: "Hat sie es Jesse schon gesagt?" Verdammt. Ich könnte mich ja rausreden. "Naja, nicht direkt", druckste ich herum. Tyler zog eine Augenbraue hoch. "Soll heißen?", hakte er nach. Mann, stand der auf Schmerzen? "Er hat gehört wie wir darüber geredet haben", gab ich zu. "Und wie hat er es aufgenommen?" Ich seufzte. "Sie haben sich gegenseitig Liebeserklärungen gemacht. Ich bin geflüchtet, bevor sie mehr besprechen konnten." Ich rieb mir die Schläfen. Dieser Tag war echt anstrengend gewesen, jedenfalls mental. Wir seufzten zeitgleich und ich lehnte meinen Kopf an Tylers Schulter. "Was machen wir jetzt?", fragte Tyler matt. Ich zuckte mit den Schultern. "Weitermachen wie vorher. Uns ablenken", schlug ich vor. Ich spürte sein Nicken. Ich stand auf und beantwortete seinen fragenden Blick mit einem einfachen "Mir ist kalt" und ging auf mein Zimmer. Dort angekommen schmiss ich mich auf mein Bett und schloss die Augen.

Eine halbe Stunde später wurde ich durch den Ton geweckt, den mein Handy machte, wenn ich eine Nachricht bekam. Ich öffnete sie ohne auf den Absender zu achten.

 

Kommst du dieses Wochenende zu meiner Party? Ohne dich würde etwas sehr Wichtiges fehlen.

Love Dan

 

Ach Mensch, den hatte ich ja vollkommen vergessen.

Kapitel 11

Tyler

 

Ich saß inzwischen seit guten drei Stunden auf der Treppe vor unserem Haus und hatte mich, seit Bobbie vor ungefähr einer halben Stunde hineingegangen war, nicht mehr bewegt. Ich starrte in den grauen Himmel und beobachtete die langsam abziehenden Regenwolken. Ich überlegte, was ich tun sollte. Ich dachte daran, einfach so zu tun, als hätte ich Aubrey niemals kennengelernt, doch ich wusste sehr wohl, dass das nicht klappen würde. Also würde ich einfach das tun, was Bobbie vorgeschlagen hatte. So tun, als wäre nichts passiert, oder jedenfalls so tun, als ob das, was passiert war mir nichts ausmachen würde. Gedankenverloren griff ich in meine Tasche und zog mein Handy hervor. Ich tippte darauf herum, bis ich eine SMS an Aubrey fertig gestellt hatte. Ich sah auf das hinab was ich geschrieben hatte:

 

Es tut mir leid, dass ich einfach verschwunden bin. Das hätte ich nicht machen sollen. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Ich wusste einfach nicht, was ich fühlen sollte. Ich weiß es immer noch nicht. Bitte sei mir nicht böse. Das würde ich nicht aushalten.

Tyler

 

Ich seufzte, löschte alles Geschriebene und ersetzte es durch ein einfaches:

 

Tut mir leid wegen letzter Woche. Wie geht's dir?

Tyler

 

Das erschien mir weniger riskant. Ich klickte auf "Senden" und steckte das Handy wieder ein. Ich stand schwerfällig auf und sah ein letztes Mal in den Himmel hinauf, der sich langsam klärte und einen wolkenlosen nächsten Tag versprachen.

Ich saß unruhig auf meinem Bett und starrte mein Handy an. Es fühlte sich an als wären Ewigkeiten vergangen, seit ich Aubrey geschrieben hatte, dabei waren es keine fünfzehn Minuten. Ich starrte wie besessen auf mein Handy, bis ich weitere fünf Minuten später beschloss, dass dieser Wahnsinn aufhören musste. Energisch schüttelte ich den Kopf und ging ins Bad um zu duschen.

 

Aubrey

 

Mein Handy klingelte, und ich sah auf das Display. Eine SMS von Tyler. Ich hatte Angst sie zu öffnen. Was war, wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte? So wie er sich benommen hatte konnte ich mir das gut vorstellen, obwohl er ja überhaupt keinen Grund hatte, oder? Okay, ich hatte ihn schließlich geküsst und ihm anschließend eröffnet, dass ich schwanger von einem Anderen war, aber war das so schlimm? Ja, anscheinend schon. Ich fragte mich manchmal wie ich es bloß schaffte immer alles kaputt zu machen, wenn es gut lief. Andererseits konnte man nicht wirklich behaupten, dass hier im Moment irgendwas gut lief. Ich seufzte frustriert auf und biss mir auf die Lippe, während ich versuchte dem Drang die SMS zu öffnen nicht nachzugeben. Irgendwann konnte ich nicht mehr und sah auf die Worte hinab die er geschrieben hatte:

Tut mir leid wegen letzter Woche. Wie geht's dir?

Tyler

Es tat ihm leid? Wieso zum Teufe sollte es ihm leid tun? Klar es war scheiße von ihm gewesen einfach abzuhauen, aber man konnte es doch verstehen. Moment, hatte ich ihm nicht eben noch Vorwürfe gemacht, weil ich nicht verstand was sein Problem war? Wow, ich verstand meine eigenen Gedanken nicht.

Ich begann zu überlegen, was ich ihm antworten sollte. Am besten ich machte ihm klar, dass es nicht seine Schuld war. Genau. Ich dachte darüber nach, wie ich das am besten formulierte und schrieb dann:

 

Es muss dir nicht leid tun, ich war schließlich diejenige, die Mist gebaut hat.

Es geht mir gut, also den Umständen entsprechend. Und dir?

Aubrey

Ich schickte die Nachricht ab und drehte mich auf den Rücken, so das ich nun die Decke anstarrte.

Was sollte ich meinen Eltern erzählen? Diese Frage schlich sich seit einer Woche immer wieder in meine Gedanken. Ich konnte es schließlich nicht ewig geheim halten.

Kapitel 12

Jesse

 

Ich saß zuhause und wusste nicht, was ich denken, geschweige denn tun sollte. Gestern hatte mir meine Ex-Freundin, mit der ich augenscheinlich wieder zusammen war, gebeichtet, dass sie ein Kind von mir erwartete. Ich stand auf und ging an das Fenster, durch das ich die Wolken anstarrte, die gerade aufgehört hatten die Erde mit Regen zu beschütten. Es wurde immer dunkler draußen. Wie ein Roboter öffnete ich das Fenster und atmete die frische Luft ein. Ich zog ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug aus der Tasche. Als ich die Kippe schon zwischen den Lippen und angezündet hatte dachte ich daran, warum ich schon seit mehreren Wochen immer weniger rauchte. Bobbie. Sie hasste Raucher. Ich wollte nicht, dass sie mich hasste. Außerdem hatte sie ja recht. Es war schädlich und stank. Zudem kostete es eine Menge. Ich seufzte resigniert und starrte die Schachtel in meiner Hand an. Entschlossen nahm ich die angefangene Zigarette und drückte sie aus. Mit der Schachtel in meiner Hand ging ich die Treppe hinunter ins Arbeitszimmer meines Vaters. Er war nicht da, wie ich erwartet hatte. Ich legte die Schachtel in die Schreibtischschublade, in der er seine eigenen aufbewahrte und schloss sie seufzend wieder. Es würde hart werden sich das Rauchen abzugewöhnen, aber ich würde es machen.

Als ich wieder in meinem Zimmer war und nichts mehr hatte, mit dem ich mich ablenken konnte ließ ich mich verzweifelt auf den Holzboden fallen. Ich saß mit dem Rücken zur Tür und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich würde Vater werden. Langsam aber unaufhaltsam breitete sich Verzweiflung in mir aus. Ich war gerade mal achtzehn! Wie zum Teufel sollte ich mit einem Kind klarkommen? Mit einem Mädchen, das du nicht liebst, flüsterte eine garstige Stimme in meinem Kopf. Ich ließ meinen Kopf gegen die Wand fallen, als könnte ich sie damit zum schweigen bringen. Das konnte ich natürlich nicht. Sie murmelte stetig Wahrheiten vor sich hin, die ich am liebsten vergessen hätte. Aubrey ist schwanger. Ihr habt keinen Abschluss. Deine Eltern werden dich umbringen. Ich schloss die Augen und spürte wie es hinter den geschlossenen Lidern anfing zu brennen. Nein, ich würde nicht weinen. Ich würde stark sein. Es reichte schon wenn einer von uns beiden verzweifelte. Dabei waren wir gar nicht nur zu zweit. Wir hatten Bobbie an unserer Seite und ich war mir komischerweise auch ziemlich sicher, dass wir Tyler hatten. Ich konnte es nicht erklären, aber ich wusste auf eine schräge Art und Weise, dass Aubrey es ihm erzählt hatte. Vermutlich vor irgendjemand anderem. Ich seufzte und sah auf die Uhr. Ich brauchte dringend Ablenkung.

Glücklicherweise hatte ich von einer Party gehört, die heute bei irgendeinem Schüler stattfinden sollte. Ich schrieb schnell einem Kumpel und fragte ihn, ob er wüsste, wo ich hinmusste. Er gab mir die Adresse durch und kaum eine dreiviertel Stunde später stand ich vor einem Haus, aus dem ich bereits laute Musik dröhnen hörte. Ich ging auf die Tür zu und bevor ich klopfen konnte wurde die sie aufgerissen und ein sehr betrunkenes Mädchen stolperte heraus. Sie begann zu kichern als ich sie auffing und lallte etwas unverständliches. Ich stand etwas perplex da und hinderte sie daran zu Boden zu kippen. Ich versuchte sie so gut wie möglich zurück ins Innere des Hauses zu bugsieren und stieß prompt mit jemandem zusammen.

„Dan“, sagte ich überrascht und begrüßte meinen älteren Kumpel  mit einem Handschlag, der etwas darunter litt, dass ich noch immer die Betrunkene stabilisierte. Dan half mir sie auf einen Sessel zu verfrachten und ging dann mit mir in die Küche. Es stellte sich heraus, dass dies seine Party war. Zu seinem Geburtstag. Ich beeilte mich ihm zu gratulieren und entschuldigte mich, da ich kein Geschenk hatte. Er lachte nur und sagte: „Das ist schon okay. Wir haben ja nicht so viel miteinander zu tun. Außerdem habe ich heute Abend alles was ich möchte.“ Ich zog die Augenbrauen hoch und sah ihn fragend an. Lachend deutete er auf die Tanzfläche, an deren Rand ein Mädchen stand und sich mit mehreren Anderen unterhielt. Ihr kurzes blondes Haar war gewellt und sie trug ein weißes Top und Galaxy-Leggins, die ihre Beine sehr vorteilhaft betonten. An ihrem Handgelenk sah ich die vielen Armbänder, die ich schon öfter bei ihr gesehen hatte. Ich betrachtete ihren Rücken noch wenige Augenblicke, bevor ich mich zwang den Blick abzuwenden. Warum war sie hier? Sie kannte doch kaum jemanden. „Warum ist sie hier?“, wollte ich wissen und bemerkte zu spät, dass meine Stimme etwas zu scharf klang. Ich kassierte einen abschätzigen Blick von Dan. „Weil ich sie eingeladen habe. Hast du was dagegen?“ Da machte es Klick bei mir. „Nein, nein“, beeilte ich mich zu sagen. „Du bist der mit dem sie neulich ausgegangen ist, oder?“, fragte ich so beiläufig wie möglich. Er nickte und sein Lächeln wurde wieder breiter. Ich unterdrückte die aufkommende Woge der Eifersucht, da sie erstens vollkommen unangebracht und zweitens gefährlich war.  „Und ihr habt in der letzten Woche viel zusammen gemacht, habe ich gehört“, wollte er nun wissen. Das hatten wir wirklich. Wir hatten ganz normale Dinge gemacht, wie Freunde. Wir hatten uns besser kennengelernt und ich hatte gehofft, dass wir eine Chance hätten. Aber worauf eigentlich?  Worauf auch immer, jetzt spielte das keine Rolle mehr. „Wir sind Freunde“, antwortete ich und es tat beinahe körperlich weh. Dan nickte. „Willst du was trinken?“, fragte er und ich nahm das Bier, das er mir anbot. Ich trank einen Schluck und sah mich unschlüssig im Raum um. „Ich werfe mich dann mal ins Getümmel“, verabschiedete sich Dan und verschwand auf der Tanzfläche. Ich nahm einen weiteren großen Schluck aus meiner Flasche und ging auf Bobbie zu. Sie lachte gerade ihr wunderschönes Lachen als ich bei ihr ankam. Ich tippte ihr auf die Schulter und wollte eigentlich „Hey“ sagen, war aber sprachlos. Sie hatte es irgendwie geschafft mit dunkel geschminkten Augen natürlich auszusehen. Als sie mich erkannte begann sie zu strahlen und warf sich mir um den Hals. Sie schien nicht mehr ganz nüchtern zu sein, was mich allerdings nicht daran hinderte ihre stürmische Umarmung zu erwidern. „Was machst du hier?“, wollte sie wissen, als sie sich etwas von mir entfernt hatte, ihre Arme jedoch weiterhin um meinen Hals geschlungen ließ. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich brauchte Ablenkung“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Ihr Lächeln wurde etwas kleiner. „Ich auch“, sagte sie sehr leise. „Hey, denk nicht dran. Deshalb sind wir doch hier oder? Zum vorübergehend Vergessen“, sagte ich und sah in ihre großen, grünen Augen, die heute nicht hinter ihrer Brille versteckt waren. Sie grinste und hob ihr Glas so, dass ich es sehen konnte. „Lass uns anstoßen. Auf das vorübergehende Vergessen!“, sagte sie. Ich hob meine Flasche und stieß mit ihr an. „Auf das vorübergehende Vergessen!“

 

Bobbie

 

Ich war froh, dass ich Dans Einladung nachgekommen war. Ich stand hier schon seit einer halben Stunde und lachte mehr und mehr, da der Alkohol, der zweifellos in den süßen, bunten Cocktails enthalten war, die ich schon seit meiner Ankunft trank, seine Wirkung entfaltete. Plötzlich fühlte ich wie mich jemand antippte und drehte mich um. Da stand Jesse. Ich blinzelte kurz um sicher zu gehen, dass er keine durch den Alkohol ausgelöste Halluzination war, warf mich dann allerdings in seine Arme. Es war auch egal wenn er eine Halluzination war. Er roch sehr gut und sah auch sehr gut aus. Wie immer eben. Ich musste ein Kichern unterdrücken. „Was machst du hier?“, fragte ich und freute mich, dass meine Worte einigermaßen verständlich und klar waren. „Ich brauchte Ablenkung“, sagte er leise. „Ich auch“, sagte ich auf einmal wieder ziemlich nüchtern. Alles schien auf mich einzustürzen.  Jesse schien meinen Stimmungsumschwung zu bemerken und sagte: „Hey, denk nicht dran. Deshalb sind wir doch hier oder? Zum vorübergehend Vergessen.“ Er hatte recht. Also hob ich mein Glas und stieß mit ihm an. Ich wollte wieder in die bunte Welt voller Gekicher zurück, aus der ich gerade aufgetaucht war. Oder den Abend einfach in Jesses Armen verbringen. Das wäre vermutlich noch schöner. Ich hatte auf einmal das Bedürfnis zu tanzen und zog Jesse ohne Erklärung mit mir.

Ich konnte nicht tanzen. Überhaupt nicht, nicht einmal ansatzweise. Jesse allerdings auch nicht, weshalb wir einfach irgendwie in einer Umarmung steckten und uns dabei so gut wie möglich im Takt der Musik bewegten. Das musste für einen Außenstehenden wahrscheinlich ziemlich bescheuert aussehen, was mir in meiner derzeitigen Position allerdings herzlich egal war. Nach einigen Minuten, oder Stunden, ich konnte das in meinem angetrunkenen Zustand nicht mehr wirklich einschätzen, kam jemand zu uns und fragte: „Darf ich ablösen?“, ich hob den Kopf und sah Dan an, der mir seine Hand hinhielt. Er lächelte mich an und ich lächelte zurück. Ich löste mich von Jesse und begann mit Dan zu tanzen, was allerdings weniger einfach war. Bei ihm dachte ich die ganze Zeit darüber nach, was ich im nächsten Moment tun müsste und wo ich meine Füße hinsetzen musste um ihn nicht zu verletzen. Tatsächlich trat ich ihm mehrmals auf die Schuhe und entschuldigte mich dauernd, was er allerdings nur mit einer Handbewegung abtat. Bei Jesse hatte ich überhaupt nicht darüber nachdenken müssen, was ich tat. Ich hatte es einfach getan und es hatte perfekt zu dem gepasst was er getan hatte. Irgendwann gab ich das Denken auf und ließ mich von Dan führen, der mich durch die Gegend wirbelte, als wäre ich leicht wie eine Feder. Irgendwann war mir so schwindelig, dass ich mich setzen musste.

Ich ließ Dan auf der Tanzfläche zurück und suchte den Raum mit den Augen nach Jesse ab. Er saß auf einem Sofa und war von einer Schar angetrunkener Mädchen umringt. Er sah ziemlich verzweifelt aus, weshalb ich beschloss ihn zu retten. Ich ging so selbstbewusst wie möglich zu ihnen rüber und warf ein fröhliches „Na Mädels“ in die Runde. Die Köpfe schnellten zu mir herum und ich bekam einige giftige Blicke zugeschossen. „Soll ich euch mal ein Geheimnis verraten?“, fragte ich laut. Ich wartete gar nicht auf eine Antwort sondern fuhr einfach gespielt geheimnisvoll fort. „Dieer Junge den ihr da anhimmelt ist vergeben.“ Viele untertassengroße Paar Augen starrten mir entgegen. Ich nickte bestätigend. „Ja, er hat eine Freundin“, sagte ich und eine der Tussies fragte: „Dich oder was?“ Ich sah zu Jesse, da ich nicht wusste was zu tun war. „Genau“, sagte er so selbstsicher, dass er selbst mich davon überzeugte. Er umfasste meine Hüfte mit seinen Händen und zog mich auf seinen Schoß, wobei er zwei Mädchen wegschubste, die ihm besonders nah auf die Pelle gerückt waren. Ich lehnte mich an ihn und lächelte. „Könntet ihr euch jetzt bitte jemand anderen zum angaffen suchen?“, forderte ich die Damen freundlich zum Gehen auf. Sie verzogen sich tatsächlich.

„Danke“, murmelte Jesse und ließ seine Stirn an meine sinken. Ich lächelte nur und fragte: „Passiert dir so was öfter?“ Er schüttelte den Kopf und grinste. „Nur wenn ich an Orten bin wo niemand Aubrey und mich kennt oder wenn ich von vielen betrunkenen Menschen umgeben bin“, antwortete er. Ich ließ mich gegen ihn sinken, da ich doch ziemlich ausgepowert war. Allerdings hatte das lange Tanzen bewirkt, dass ich keine Zeit mehr zum trinken hatte, weshalb ich wieder halbwegs an der Realität teilnahm. Das war auch der Grund, warum ich wusste, dass ich mich eigentlich von Jesse lösen und gehen sollte, bevor ich noch schwach wurde. Ach verdammt, dachte ich. Ich war doch schon längst schwach geworden. Ich sah es ein. Ich sah auch ein, dass es falsch war einfach hier sitzen zu bleiben und meine Stirn wieder an seine zu lehnen, aber ich wollte es in diesem Moment einfach nicht ändern. Wir hatten diese Nacht dem vorübergehenden Vergessen gewidmet und deshalb drängte ich alles, woran ich im Moment nicht denken wollte in die hinterste Ecke meines Verstandes und nahm nur noch Jesse war. Ich blickte in seine schokoladenbraunen Augen und lächelte ihn an. Als er mein Lächeln erwiderte begannen seine Augen zu leuchten und ich begann darin zu versinken. Ich löste den Blick von ihnen und betrachtete sein Gesicht. Ich machte den selben Fehler, den ich schon vor einiger Zeit bei mir zuhause auf dem Sofa gemacht hatte. Ich starrte seine Lippen an. Und seine Lippen schienen zurückzustarren. Es war als würden sie darum flehen von mir geküsst zu werden. Ich wusste nicht, ob ich die Einzige war auf die er einen solchen Effekt hatte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von ihm vollkommen kalt gelassen werden könnte. In diesem Moment hielt ich es nicht mehr aus und lehnte mich nach vorn um meine Lippen auf seine zu legen. Da war wieder dieses Gefühl, als würde ich jedes Gewicht verlieren und beginnen zu fliegen. Als er meinen Kuss erwiderte breitete sich eine Wärme in mir aus und das Feuerwerk in meinem Bauch startete wieder. Ich lächelte in den Kuss hinein und er lächelte zurück. So saßen wir eine Weile und genossen es einfach zusammen zu sein, ohne, dass uns jemand, nicht einmal wir selbst, Vorwürfe machte. Wir waren einfach ein weiteres knutschendes Paar auf einer Party.

Kapitel 13

Tyler

 

Als ich gestern eine SMS von Aubrey erhalten hatte, waren mir mehrere Steine vom Herzen gefallen. Der erste durch den einfachen Umstand, dass sie überhaupt geantwortet hatte, der zweite, weil sie nicht sauer war und der dritte, weil es ihr einigermaßen gut ging. Es war inzwischen Abend und ich hatte ihr noch immer nicht geantwortet, weil ich einfach keine Ahnung hatte was. Ich kam gerade absolut nicht mit meinen Gefühlen klar. Ich hatte so etwas noch nie gehabt. Ich war nicht arrogant, aber ich wusste, dass ich gut aussah und bis jetzt hatte ich eigentlich jedes Mädchen, das ich gewollt hatte, früher oder später bekommen. Allerdings war ich auch noch nie in ein schwangeres Mädchen, das in einer Beziehung steckte verliebt gewesen.

Ich stand auf und lief durch mein Zimmer. Das machte ich schon den ganzen Tag. Ich lag entweder auf meinem Bett und starrte die Decke an oder lief nervös durchs Haus. Ich rieb mir die Schläfen und dachte an Aubrey. Am liebsten würde ich sie natürlich für mich haben, aber ich wusste, dass das nicht wirklich die beste Lösung wäre. Also musste ich mich jetzt entscheiden, ob ich sie ihrem Schicksal überlassen sollte, oder ihr als guter Freund zur Seite stand. Das würde mir beides ziemlich weh tun, aber ich glaubte nicht, dass es ihr helfen würde, wenn sich einer der drei Menschen die von ihrem Problem wussten von ihr abwenden würde. Ich griff zu meinem Handy und begann gerade eine Nachricht zu tippen, als es an meiner Zimmertür klopfte.

"Herein", rief ich. Die Tür wurde aufgeschoben und Bobbie trat ein. Ich machte große Augen. So in Schale geworfen hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Sie sah echt gut aus. "Wo soll's denn hingehen Schwesterchen?", wollte ich wissen. Sie lächelte und sagte schlicht: "Dans Party." Ich nickte. Sie sah nicht gerade motiviert aus, aber das konnte ich durchaus verstehen. Ich trat einen Schritt auf sie zu und nahm sie in den Arm. "Das wird schon", murmelte ich ihr zu. Sie sah wenig überzeugt zu mir auf. "Okay, wahrscheinlich nicht heute und nicht morgen, aber irgendwann." Sie zuckte mit den Schultern und fuhr mit der Hand hoch zu ihrem Gesicht, wahrscheinlich um gewohnheitsmäßig die Brille hoch zu schieben, aber die hatte sie heute durch Kontaktlinsen ersetzt. So sah sie mir noch ähnlicher. Irgendwie war sie mir auch inzwischen viel ähnlicher. Sie hatte schon eine ganze Weile keine Scheiße mehr gebaut. Wenn ich so drüber nachdachte war das letzte Verbotene, was sie getan hatte die Prügelei gewesen, wegen der man sie weggeschickt hatte. Ich fragte mich woran das lag.

Sie löste sich von mir und fragte: "Wie seh ich aus?" ich musterte sie gespielt kritisch und sagte dann: "Umwerfend." Sie lächelte mich an und bedankte sich. "Und jetzt geh und amüsier dich!", befahl ich und sie verabschiedete sich.

Wieder allein sah ich auf mein Handy, das ich die ganze Zeit in der Hand gehabt hatte. Genervt löschte ich den Anfang der Nachricht, die ich hatte schreiben wollen und drückte einfach auf den "Anruf"-Button. Es klingelte mehrere Male, bevor ich ein vorsichtiges "Hallo" hörte. "Hi", war im Moment das einzige, was ich rausbrachte. Nach längerem Schweigen sagte ich "Tut mir leid". Ich war allerdings nicht der Einzige. "Was tut dir denn leid?", fragte ich Aubrey, die ziemlich geknickt klang. "Naja, du weißt schon... Wie ich dich behandelt habe und so", antwortete sie. "Schon okay...", setzte ich an, wurde allerdings sofort von ihr unterbrochen. "Nein, das ist absolut nicht okay. Ich hätte das nicht machen dürfen. Es tut mir so leid, Tyler. Ich hab Mist gebaut. Das ist alles großer Mist." Ich hörte wie sie schluchzte. Das tat mir fast körperlich weh. "Nicht weinen", sagte ich geistreich. Als wenn sie damit einfach so aufhören könnte. "Hast du es deinen Eltern schon gesagt?", fragte ich um abzulenken. Sie verneinte. "Die sind auf Dienstreise bis Mittwoch", erklärte sie. Sie weinte immer noch und das war auch der Auslöser für meine nächste Tat. "Ich komm rüber", sagte ich und lief zu meinem Auto.

 

Aubrey

 

"Tyler", rief ich ins Telefon, doch ich hörte schon das Tuten, das anzeigte, dass er aufgelegt hatte. Na super. Nun kam er her und ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Klar, ich freute mich, dass er kam, schließlich mochte ich ihn sehr, aber ich wusste nicht, ob das unserer allgemeinen Situation gut tun würde. Seufzend ging ich hinunter in die Küche, wo ich auf einem Stapel frisch gewaschener Wäsche Tylers Pullover entdeckte. Ich nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn. Als ich ihn im Hotel an mich genommen hatte, war er wie ein kleiner Teil seines Trägers gewesen. Er hatte mir Trost gespendet und mir Kraft gegeben. Irgendwie war dieser Effekt nicht mehr so stark. Ich überlegte fieberhaft woran das lag und hob ihn nah vor mein Gesicht, als es mir auffiel. Der Pullover roch nicht mehr nach Tyler. Das war das eigentlich schöne an dem Kleidungsstück gewesen. Ich legte den Pullover zusammen und auf den Küchentisch, während ich auf die Ankunft seines Besitzers wartete.

Er ließ nicht lange auf sich warten.

 

Tyler

 

Als ich ungefähr zwanzig Minuten später vor ihrer Haustür stand wurde mir plötzlich ziemlich flau im Magen. Warum war ich noch gleich hier? Genau, weil sie geweint hatte und ich das nicht hatte ertragen können. Na super. Herzlichen Glückwunsch Tyler, du hast dich wieder in eine vollkommen aussichtslose Situation manövriert, in der du eigentlich nur mit einem gebrochenen Herzen wieder herauskommen kannst, gratulierte ich mir in Gedanken selbst. Theoretisch könnte ich ja noch flüchten. ich hatte noch nicht geklingelt, also könnte ich mich einfach auf dem Absatz umdrehen und dieses vermaledeite Grundstück verlassen ohne von ihr gesehen zu werden. Andererseits wusste sie ja, dass ich vorbeikommen wollte, also wartete sie vermutlich. ich könnte ja auch einfach nur kurz nachschauen ob es ihr auch gut ging und dann sofort wieder gehen. Ich müsste das Haus ja gar nicht betreten. Während ich so da stand und hin und her überlegte wurden meine Hände immer schwitziger und ich grub sie Fingernägel in die Ärmelsäume meines Pullis. Dabei fiel mir ein, dass sie meinen Pullover noch haben musste. jedenfalls ging ich davon aus, dass sie ihn hatte, schließlich war ich mir ziemlich sicher, dass sie ihn aus dem Hotel mitgenommen hatte. Wenn nicht, war ich einen Pulli ärmer. das wäre schade, denn ich mochte meine Pullover, besonders diesen. Moment, ich erinnerte mich gar nicht mehr welcher das gewesen war. Naja, ich hatte ihn sicher trotzdem gemocht, auch wenn er meiner Erinnerung irgendwie entschwunden war.

So... wie kam ich noch gleich zu der Pulloverüberlegung? Ach richtig, Aubrey hatte einen von meinen Pullovern. Na, das nannte ich doch mal einen Grund um ihr einen Besuch abzustatten. Erleichtert endliche eine Ausrede für mein Erscheinen auf ihrer Türschwelle gefunden zu haben drückte ich auf die Klingel. Die Tatsache, dass meine Hände noch immer durchaus schwitzig waren ignorierte ich gekonnt, als sie die Tür öffnete.

"Du bist tatsächlich gekommen", murmelte sie und schüttelte leicht ihren hübschen Kopf. Sie trat einen Schritt zur Seite und bedeutete mir einzutreten. Das vereitelte nun also meinen Plan nur kurz vorbeizuschauen um mich zu vergewissern, dass sie okay war. "Ich hatte überlegt einfach wieder weg zu fahren, aber...", ich ließ den Satz in der Luft hängen und erntete einen fragenden Blick von Aubrey. "Naja... irgendwie weiß ich grad nicht wirklich was ich hier mache", gab ich kleinlaut zu. Sie begann zu lächeln und sagte: "Ich auch nicht, aber wo du schon mal da bist kannst du auch bleiben." Ich erwiderte ihr Lächeln und folgte ihr in die Küche. "Sag mal, hast du zufällig einen Pullover von mir?", fragte ich so beiläufig wie möglich, während ich ausgiebig die Kücheneinrichtung betrachtete, die in warmen Rottönen gehalten war. "Ja, den hab ich wirklich", erwiderte sie und ich sah wie leichte Röte ihre Wangen überzog. Wie süß sie doch war. Halt Stopp! Ich musste aufhören immer wieder daran zu denken wie süß und perfekt und unglaublich sie war. Da half es mir nicht wirklich sie so oft zu sehen und ihr bei jeder Gelegenheit so nah wie möglich zu sein.

Ich versuchte mich zurück in die derzeitige Situation zu holen indem ich Aubrey fragte wo sich besagter Pullover denn befände. "Hier", sagte sie und streckte beide Arme aus, mit denen sie bis eben noch ein dunkelgraues Stoffknäuel umklammert hatte, welches ich nun als meinen Lieblingspulli identifizieren konnte. Ich nahm ihn dankend an und steckte ihn in meine Tasche. Wie ich es geschafft hatte das Fehlen meines liebsten Kleidungsstückes zu übersehen war mir irgendwie ein Rätsel, aber es war ja auch eigentlich absolut nicht wichtig.

"Wie geht's dir?", wollte ich wissen, als wir in ihrem Zimmer saßen. Das war wichtig. Das war der Grund warum ich hier war. Diese Frage schwirrte mir dauernd im Kopf herum und ließ mich nicht in Ruhe. Sie zuckte mit den Schultern. "Mal so, mal so", sagte sie leichthin, obwohl hier eigentlich nichts leicht war. "Ich weiß es inzwischen seit über einer Woche und ich weiß immer noch nicht was ich dazu überhaupt denke", lenkte sie das Thema zurück auf das Problem, über dessen Lösung wir uns im Unklaren waren. "Was soll ich bloß machen, Tyler?" Ja, was sollte sie bloß machen? Das war hier die große Frage. ich ließ meinen Blick in die Ferne schweifen. Ich brütete schon länger über dieser Frage. Ich überlegte hin und her und bekam am Ende meist einfach nur Kopfschmerzen. Die Wahrheit war, dass ich absolut keine Ahnung hatte was zum Teufel sie machen sollte.

Kapitel 14

Jesse

Ich fand mich knutschend auf einer Party wieder. Das war an sich nichts ungewöhnliches, nur, dass meine Knutschpartnerin eine andere war als normalerweise. Ich zog Bobbie auf meinem Schoß näher zu mir und intensivierte den Kuss in dem wir beide gefangen zu sein schienen. Mir war gerade vollkommen egal wer uns sehen könnte und welche Konsequenzen das Ganze nach sich ziehen würde. Eigentlich war es mir immer egal wer uns sah. Ihr aber nicht. Sie wollte Aubrey nicht verletzen und ich eigentlich auch nicht. Aber irgendwie war ich egoistischer veranlagt als Bobbie. Ich wollte das Glück, das ich gerade verspürte einfach nicht wieder loslassen und deshalb hielt ich es fest. Ich hielt sie fest.

Und doch fühlte ich mich irgendwie schäbig. Ich war in einer Beziehung verdammt noch mal! Ich hatte Verpflichtungen. Das Problem war nur, dass ich schon immer nur zu gern vor Verpflichtungen davongelaufen war. Ich war geflüchtet. Und das tat ich jetzt wieder. Ich wusste es, aber ich wollte es einfach nicht ändern. Es fühlte sich einfach zu richtig an. Verdammt ich war ein Arsch. Das hier hatte keines der beiden Mädchen, die ich mit reingezogen hatte, verdient. Ich musste dringend mit einer von beiden Schluss machen. Aber mit welcher?

Das eigentliche Problem war ja, dass ich mit Bobbie gar nicht wirklich zusammen war, aber trotzdem irgendwie an sie gebunden war. Das war aber überhaupt kein schlechtes Gefühl. Im Gegenteil. Das fiel mir immer wieder auf. Und wieder zog ich sie näher in den noch immer andauernden Kuss. Sie löste sich kurz von mir uns sah mir in die Augen. Ihr Atem ging flach und sie schien ziemlich perplex von dem was gerade schon wieder mit uns passierte. Ihre grünen Augen strahlten mir entgegen und hielten mich gefangen.

"Was zur Hölle machen wir schon wieder?", fragte sie nach Luft ringend. "Ich weiß es nicht", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Willst du aufhören?", wollte ich verunsichert wissen und hoffte gleichzeitig, dass sie weitermachen wollte. Sie schüttelte den Kopf und senkte ihre Stirn gegen meine. "Ich will auf gar keinen Fall aufhören."

Also zog ich sie lächelnd in einen erneuten Kussmarathon. Das Gefühl, das mich immer beschlich wenn sie da war verstärkte sich und mir wurde unglaublich warm. Das bedeutete wohl ich hatte meine Wahl getroffen. Gleich morgen würde ich mit Aubrey reden.

 Bobbie

Scheiße, ich war so hoffnungslos verknallt. Hoffnungslos in doppelter Hinsicht. Zum Einen würde das, was meine Gefühle mit mir anstellten wohl nicht so schnell aufhören und zum Anderen war Jesse verdammt noch mal in einer Beziehung. Ach, und wäre das noch nicht genug wurde er ja auch noch Vater. Aber interessierte mich das? Nein. Doch, eigentlich schon, schließlich interessierte es ihn ja. Was machte ich dann hier? Gute Frage das. Na super. Was machte ich jetzt? Keine Ahnung.

Meine Gedanken drehten sich immer wieder im Kreis und ich bekam langsam Kopfschmerzen. Allerdings nur langsam, da mein Gehirn nur auf Standby geschaltet war. Ich war ja beschäftigt. Verdammt. Ich war echt lächerlich. Ach, lächerlich war ja gar kein Ausdruck. Aha, das stellte Alkohol also bei mir an. Erst ließ er mein Gehirn aussetzen und mich Dinge tun, die ich nüchtern zwar tun wollte, aber niemals tatsächlich machen würde. Dann machte es mich vollkommen verwirrt und ließ mich alles mindestens fünfzig Mal denken und dann verschaffte es mir Selbsthass-Zustände.

Ich musste das Ganze hier beenden. Das war im Moment der einzige klare Gedanke, den ich fassen konnte. Er war wie in Leuchtbuchstaben auf meine Lider gebrannt und immer wenn ich die Augen geschlossen hatte, was an diesem Abend fast durchgängig der Fall war, sah ich ihn vor mir und fühlte mich schäbig. da! Schäbig war ein gutes Wort dafür wie ich mich fühlte.

Es war spät, als ich endlich die Kraft aufbrachte meine Lippen von Jesses zu nehmen. Ich sah in seine unglaublichen Augen und strich ihm noch einmal durchs Haar. Dann stand ich abrupt auf und streckte meine Beine, die, ohne dass ich es gemerkt hatte, eingeschlafen waren. Bei dieser Bewegung bekam ich einen Krampf im Fuß und fing an zu hüpfen um den Schmerz loszuwerden. Jesse, der meinen Versuch zu gehen bis eben noch überrascht beobachtet hatte, bekam bei meiner Hüpferei erstmal einen Lachanfall. Das fand ich dann doch reichlich unsozial. Als ich wieder auf beiden Füßen stehen konnte schlug ich ihm mit der flachen Hand gegen die Brust, was er mit einem "Hey, wofür war das denn?" quittierte. Nun musste ich über seinen empörten Gesichtsausdruck lachen und schlug noch einmal nach ihm. Diesmal war er allerdings darauf vorbereitet und zog mich an der hand zurück auf seinen Schoß, wo ich dann einfach nur sitzen konnte und ihn anstarrte.

Na super, jetzt saß ich ja schon wieder hier. Ich hatte doch gerade die Kraft aufgebracht aufzustehen.

"Ich muss los", sagte ich bestimmt. Okay, es klang sehr viel weniger bestimmt als beabsichtigt, weil ich durch seinen Blick gefangen war und glatt das Atmen vergessen hatte. Seit wann machte ich denn so was? Bei mir lief doch auch irgendwas nicht mehr ganz sauber. Vielleicht müsste ich einfach mal weg von hier. In dem Moment kam mir die Lösung für das ganze Chaos hier in den Sinn. Wenn ich für einige Zeit verschwinden würde, dann könnten wir Alle erst mal mit unseren Gefühlen klarkommen. Oder womit wir grade so klarkommen mussten. Wir hatten ja jeder unser Päckchen zu tragen und zwar Eine von uns wortwörtlich. Beim Gedanken an Aubrey verstärkte sich das Schuldgefühl, das sich in mir aufgebaut hatte, seit ich Jesse zum ersten Mal geküsst hatte.

"Ich muss los", wiederholte ich mit fester Stimme und sah Jesse noch einmal an. Ich beugte mich zu ihm herunter und küsste ihn ein letztes Mal kurz. Die Intensität überraschte mich zwar inzwischen nicht mehr so sehr, aber der Effekt ging trotzdem nicht spurlos an mir vorüber. "Schöne Ferien", sagte ich und verließ das Haus ohne zurück zu blicken. Schon als ich in den garten trat fühlte ich die Tränen, die ich nicht weinen wollte, weil sie das Ganze wie eine Trennung erscheinen ließen. Aber es war keine Trennung. Dafür war es einfach nicht genug.

Kapitel 15

 

Aubrey

 

Ich wachte vom Geräusch der zuschlagenden Haustür auf. Na super, meine Eltern waren zuhause. Ich stemmte mich aus meinem Bett und bewegte mich lustlos ins Bad. Es hatte mir gut getan mit Tyler zu reden. Er war einfach da gewesen und hatte mir zugehört, wie ich mich über mein verkorkstes Leben beschwert hatte. Leider hatten wir keine Lösung für das Problem gefunden. Allerdings waren wir uns einig gewesen, dass ich meinen Eltern noch nichts davon erzählen sollte. Ich wollte ehrlich gesagt gar nicht wissen, wie sie reagieren würden.

Nachdem ich geduscht hatte ging ich in die Küche, wo ich meine Eltern antraf, die sich über irgendetwas unterhielten, was mir viel zu wissenschaftlich erschien um in die Konversation einzusteigen. Nach einer gefühlten Ewigkeit schienen sie mich endlich zu bemerken, obwohl ich schon die ganze Zeit um sie herum wuselte und mir Kaffee machte.

"Guten Morgen, Schatz", sagte meine Mutter und begrüßte mich mit einem Kuss auf die Stirn, dem ich leider nicht ausweichen konnte.

"Wie war deine Woche?", fragte mein Vater nun und nahm sich dreister weise einfach den Kaffee, den ich soeben hatte trinken wollen. Ich beschloss ihm nicht zu antworten und ihn stattdessen möglichst vorwurfsvoll anzustarren. Als ihm auffiel, dass ich ihm nicht antworten würde, stellte er die Tasse ab und kam auf mich zu. "Geht es dir gut?", fragte er und sah besorgt von mir zu meiner Mutter, die nun auch mit kritischem Auge meine Erscheinung musterte. Ich hatte im Moment nicht die Kraft sie anzulügen und schüttelte deshalb einfach nur den Kopf.

"Sie scheint noch nicht wieder ganz auf dem Damm zu sein", murmelte meine Mutter meinem Vater zu. "Ein Glück, dass jetzt Ferien sind", antwortete er, schon wieder etwas vergnügter dreinschauend.

Nachdenklich griff ich mir die Kaffeetasse, die mein Vater hatte stehen lassen und ging wieder in mein Zimmer. Er hatte recht. Es war gut, dass jetzt Ferien waren, denn ich war mit Sicherheit nicht in der Lage in die Schule zu gehen. Ehrlich gesagt hatte ich nicht im Geringsten Lust, Zeit mit Menschen zu verbringen, die nicht Jesse, Bobbie oder Tyler waren. Wenn ich so darüber nachdachte, war es sogar schwierig für mich zeit mit den dreien zu verbringen.

Ich seufzte und ließ mich mit meinem Kaffee auf meinem Bett nieder. Ich zog die Beine an und streckte mich um eines der vielen Bücher von der Kommode nehmen zu können. Ohne überhaupt auf das Cover zu blicken schlug ich es auf und begann zu lesen.

 

 

Jesse

 

Ich erwachte mit brummendem Schädel. Ich rieb mir die Augen und setzte mich so langsam wie möglich auf. Ich saß auf der Bettkante und sah auf den Wecker, dessen blaue Leuchtzahlen mir verrieten, dass es fünf Minuten nach Elf war. Das war eine relativ normale Uhrzeit für einen Samstag und da Ferien waren würde mein Vater nicht einmal was dagegen haben, wenn ich den ganzen Tag schlief.

Ich stand auf und lief hinüber zu meinem Fenster. Dabei wünschte ich, ich hätte gestern Abend weniger getrunken. Nachdem Bobbie einfach gegangen war hatte ich mir die Kante gegeben und war insgeheim schon froh, dass ich überhaupt in meinem eigenen Bett und nicht auf irgendeiner Parkbank aufgewacht war.

Auf dem Weg hinunter in die Küche begegnete mir meine Schwester, die wie ein Flummi herum hüpfte und Klamotten aus dem ganzen Haus zusammen suchte. Sie würde die Ferien bei unserer Mutter verbringen und freute sich schon seit Ewigkeiten darauf.

"Guten Morgen, Jesse", rief sie und warf sich mir um den Hals. Mein Kopf dröhnte und ich verzog das Gesicht. "Hast du Kopfschmerzen?", fragte Franky mit einem, meiner Meinung nach viel zu wissenden, Grinsen. Ich nickte, was eine weniger gute Entscheidung war, weil mich diese kleine Bewegung leicht ins schwanken brachte und ich die Augen schließen musste. Franky lachte. "Willst du nicht mit zu Mom kommen?", wollte sie plötzlich wissen. Überrumpelt sah ich sie an. Sie zuckte mit den Schultern. "Naja, ihr habt euch schon über zwei Monate nicht gesehen", erklärte sie altklug. Das stimmte. Meine Mutter und ich sahen uns nicht oft, aber wir telefonierten regelmäßig und hatten auch ein relativ gutes Verhältnis. Franky sah mich erwartungsvoll an und ich überlegte, ob ich sie nicht begleiten sollte. Wenn ich mit meinem Auto zum Haus meiner Mutter fahren würde könnte ich ja einfach wiederfahren, wenn ich keine Lust mehr hatte, dort zu sein.

"Ich komme mit", sagte ich und ging in Begleitung meiner kleinen Schwester zurück in mein Zimmer um meinen Koffer zu packen.

Impressum

Texte: Die Geschichte und die darin enthaltenen Charaktere entstammen meiner Phantasie und gehören somit mir, was bedeutet, dass sie nicht kopiert oder weiterverwendet werden dürfen. Meine größte Inspiration: Catii ♥
Lektorat: Leon
Tag der Veröffentlichung: 29.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Alle, die mir helfen weiter zu machen. Für meine Inspiration Cati und den Ersten, abgesehen von meiner Mutter, der jemals von meinem Geschreibe wusste und der mich seither unterstützt. Leon.

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